L 13 AS 1294/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 360/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1294/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die nach § 73 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig; insbesondere ist sie gemäß § 172 Abs. 3 Nr.1 SGG statthaft. Die Beschwerde der Antragsteller ist jedoch unbegründet und wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG zurückgewiesen.

Der Senat lässt offen, ob ein Anordnungsgrund erst bei Erhebung der Räumungsklage oder bereits bei erfolgter Kündigung gegeben ist. Die aktuelle Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass eine aktuelle Gefährdung der Unterkunft regelmäßig frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen ist (so etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Mai 2012 - L 19 AS 957/12 B ER - Juris, m.w.N.). Andererseits wird die Ansicht vertreten, dass es den Betroffenen nicht regelmäßig zuzumuten ist, einen zivilrechtlichen Kündigungsgrund nach §§ 543, 569 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entstehen zu lassen, eine Kündigung hinzunehmen, eine Räumungsklage abzuwarten und auf eine von mehreren Voraussetzungen abhängige nachfolgende Beseitigung der Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zu hoffen (so aktuell Bayerisches LSG, Beschluss vom 21. Januar 2013 - L 7 AS 882/12 B ER und Beschluss vom 19. März 2013 - L 16 AS 61/13 B; ebenso offen gelassen von LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Oktober 2011 - L 12 AS 4216/11 ER-B und von LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. März 2013 - L 2 AS 842/13 ER-B - zitiert jeweils nach Juris). Bereits die Kündigung der Wohnung ist nicht glaubhaft gemacht. Es ist sehr zweifelhaft, ob die durch die Vermieterin am 7. Dezember 2012 ausgesprochene fristlose Kündigung überhaupt aufrechterhalten worden ist; nachdem mit Schreiben der Bevollmächtigten der Vermieterin vom 8. Januar 2013 dargelegt wurde, dass zwischenzeitlich Zahlungen eingegangen seien, der verbleibende Rückstand von 1.222,11 EUR zur Vermeidung einer Räumungsklage bis zum 31. Januar 2013 zu erfolgen habe und - bei weiteren Rückständen - "ggf. eine weitere Kündigung" erfolgen werde. Bereits hieraus und aus dem Umstand, dass eine Räumungsklage bislang nicht erfolgt ist und das Mietverhältnis fortbesteht, folgt, dass eine besondere Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund nicht gegeben ist.

Jedenfalls ist aber ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden. Nach § 22 Abs. 8 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der hier geltenden Fassung können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

Das SG hat bereits zutreffend dargelegt, dass die Höhe der geltend gemachten Mietschulden von 1.222,11 EUR nicht nachvollziehbar ist. Insoweit wird auf die durch den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 5. April 2013 ausgeführten Berechnungen sowie die vorgelegte Auszahlungsübersicht Bezug genommen. Der geltend gemachte Betrag lässt sich nicht nachvollziehen und wird durch die Antragsteller auch nicht schlüssig erläutert. Trotz des gerichtlichen Hinweises des SG und der Ausführungen im angefochtenen Beschluss erfolgte auch im Beschwerdeverfahren keine substantiierte Darlegung der geltenden Mietschulden, die behaupteten Mietschulden wurden damit zumindest im behaupteten Umfang nicht glaubhaft gemacht. Auch wurde eine konkret drohende Wohnungslosigkeit aufgrund einer fristlosen Kündigung nicht glaubhaft gemacht; insoweit wird auf die Ausführungen zum Anordnungsgrund Bezug genommen. Das SG weist auch insoweit zutreffend darauf hin, dass die fristlose Kündigung - soweit diese aktuell aufrechterhalten ist - aufgrund der Nachzahlung von Mietrückständen rechtswidrig sein dürfte; jedenfalls sind die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 3 BGB nicht glaubhaft gemacht worden. Anhaltspunkte dafür, dass Mietrückstände durch eine rechtswidrige Leistungsablehnung des Grundsicherungsträgers entstanden sind, die die Übernahme der Schulden rechtfertigt und das Übernahmeermessen auf Null reduziert (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 - L 5 B 504/07 ER AS - Juris) liegen ebenfalls nicht vor. Vielmehr sind die Mietschulden - wie der Antragsgegner nachvollziehbar darlegt - zumindest auch dadurch entstanden, dass aufgrund der Arbeitsaufnahme des Antragstellers Ziff. 1 die Kosten der Unterkunft nicht mehr in vollem Umfang durch den Antragsgegner übernommen wurden und durch die Antragsteller selbst weiterzuleiten gewesen wären.

Das SG hat den Antrag der Antragsteller zu Recht abgelehnt.

Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war mangels Erfolgsaussichten nicht zu gewähren (§ 73a SGG i.V.m. §§ 114 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG und darauf, dass die Beschwerde erfolglos geblieben ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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