S 15 KN 315/11 P ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 15 KN 315/11 P ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 P 20/12 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 01. Juni 2011 gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 13. Mai 2011 wird angeordnet.
Die Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 01.06.2011 gegen den Maßnahmebescheid der Antragsgegner vom 13.05.2011 nach einer Qualitätsprüfung.

Bei der Antragstellerin, einem häuslichen Pflegedienst, erfolgte am 01.02.2011eine Prüfung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) nach §§ 114 ff. Sozialgesetzbuch 11. Buch (SGB XI). Der Prüfbericht ergab als Gesamtergebnis die Note 1,6 (gut), wobei im Bereich "pflegerische Leistungen" bei den Kriterien Nr. 8, 11 und 13 die Note 5 (mangelhaft) gegeben wurde. Bei dem Bereich der "ärztlich verordneten pflegerischen Leistungen wurde bei dem Kriterium Nr. 23 die Note 4,1 gegeben. Alle anderen Einzelnoten bewegen sich im Bereich zwischen 1,0 – 2,9. Anlässlich der Anhörung zum Maßnahmebescheid nach § 115 Abs. 2 SGB XI wegen Feststellung von Qualitätsmängeln erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10.03.2011 und 29.03.2011 umfassende Einwendungen gegen die aus ihrer Sicht falschen Feststellungen. Die Antragsgegner hörten den MDK mit Schriftsatz vom 01.04.2010 zu den Einwendungen der Antragstellerin an. In seiner pflegefachlichen Stellungnahme vom 05.05.2011 berücksichtigte der MDK 3 Einwendungen der Antragstellerin, verblieb aber im übrigen bei den Ergebnissen des Prüfberichtes. Der Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 13.05.2011 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den abgeänderten Transparenzbericht am 03.06.2011 zu veröffentlichen und es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 02.06.2011 gegeben.

Am 13.05.2011 erteilten die Antragsgegner den Maßnahmebescheid nach § 115 SGB XI.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die beim Sozialgericht Duisburg unter dem Az.: S 15 KN 310/11 P erhobene Klage der Antragstellerin vom 01.06.2011, welche am 03.06.2011 beim Sozialgericht einging.

Mit Antrag vom 01.06.2011 begehrt die Antragstellerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Nach Auffassung der Antragstellerin ist der Maßnahmebescheid vom 13.05.2011 formell und materiell rechtswidrig. Er sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt gem. § 33 Abs. I Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X). Es lasse sich nicht erkennen, welche konkreten Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Auch sei ein falscher Prüfsachverhalt ermittelt worden. Desweiteren fehle es an einer Rechtsgrundlage für die QPR-Prüfung.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,

die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 01.06.2011 gegen den Bescheid vom 13.05.2011.

Die Antragsgegnerin zu 1) beantragt schrifsätzlich,

den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückzuweisen.

Der Maßnahmebescheid vom 13.05.2011 sei formell und materiell rechtmäßig. Die angeordneten Maßnahmen seien durchaus bestimmt und konkret. Die Antragstellerin habe diese auch vereinzelt bereits umgesetzt. Der Prüfsachverhalt sei ordnungsgemäß ermittelt worden. Rechtsgrundlage für die QPR sei § 114 a Abs. 7 S. 1 SGB XI.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte der Antragsgegner Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Die Statthaftigkeit des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage folgt aus § 86 a Abs. 2 Nr. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Bei dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegner vom 13.05.2011 handelt es sich um einen Verwaltungsakt, gegen den nach der gemäß § 115 Abs. 2 Satz 3 SGB XI entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 73 Abs. 2 SGB XI der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ohne Durchführung eines Vorverfahrens gegeben ist. § 73 Abs. 2 Satz 2,2. Halbsatz SGB XI bestimmt ausdrücklich, dass die Klage keine aufschiebende Wirkung hat.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die hiernach zu treffende Entscheidung erfolgt aufgrund einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und das öffentliche Interesse an einer zeitnahen Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Ein wichtiges Kriterium dieser Abwägungsentscheidung sind die Erfolgsaussichten in dem Hauptsacheverfahren, d. h. die Prüfung der Rechtmäßigkeit des belastenden Verwaltungsakts (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 86 b Rdnr. 12 e).

Bei dieser Interessenabwägung ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer gesetzlichen Sofortvollziehungsanordnung besondere Umstände vorliegen müssen, um von einer gesetzlichen Anordnung des Vollziehungsinteresses abzuweichen. Deshalb genügen lediglich geringe Erfolgsaussichten in der Hauptsache i.d.R. bei einem vom Gesetzgeber angeordneten Sofortvollzug nicht für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bietet die Klage im Hauptsacheverfahren überwiegende Aussicht auf Erfolg. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist jedoch offen, so dass eine Interessenabwägung erforderlich ist.

Danach überwiegt hier das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, denn der Massnahmebescheid vom 13.05.2011 ist nach summarischer Prüfung rechtswidrig.

Er verstößt zunächst gegen das Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. I SGB X. Die der Antragstellerin auferlegten Maßnahmen erscheinen überwiegend nicht eindeutig. Dem Adressaten dieses Bescheides kann nicht ohne Weiteres klar sein, was von ihm erwartet wird. Die Maßnahmen enthalten oftmals nur allgemeine Anforderungen, die dem Gesetz oder allgemeinen fachlichen Standards entnommen werden können. Größtenteils liest sich der Maßnahmebescheid eher wie eine Dokumentation der gefundenen Mängel, ohne dass konkrete Maßnahmen erkennbar sind.

Des weiteren sollten die Maßnahmen lt. Bescheid vom 13.05.2011 unverzüglich umgesetzt werden. Dies erscheint ebenfalls rechtswidrig. Der Antragstellerin hätte ein bestimmter Zeitraum zur Umsetzung der Maßnahmen zugebilligt werden müssen.

Ferner lässt sich dem Bescheid nicht entnehmen, dass tatsächlich ein Auswahlermessen ausgeübt worden ist. Der bloße Hinweis auf das Auswahlermessen im Tenor des Bescheides vom 13.05.2011 stellt keine nachweisbare Ermessensausübung dar.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des §197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO, da Antragstellerin und Antragsgegner nicht unter den Personenkreis des § 183 SGG fallen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Mangels konkreter Anhaltspunkte für die Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für die Antragstellerin wird von dem Regelstreitwert von 5.000 EUR ausgegangen und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon die Hälfte angesetzt.
Rechtskraft
Aus
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