L 2 AL 49/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 44 AL 320/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 49/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Mai 2012 wird als unzulässig verworfen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe.

Die 1967 geborene Klägerin war aufgrund eines bis 31. Dezember 2009 befristeten Arbeitsvertrages ab dem 15. Mai 2009 als Hausarbeiterin bei der Vereinigung K. Servicegesellschaft mbH (im Folgenden: Arbeitgeberin) in H. teilzeitbeschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:

§ 4 Urlaub 1. 2. der Urlaub wird in Abstimmung mit der Arbeitnehmerin unter Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmerin und der übrigen Arbeitnehmer festgelegt. Es kann insbesondere ein Urlaubsplan aufgestellt werden, der die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen hat. 3. § 6 Lohnfortzahlung und Arbeitsverhinderung 1. Die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, dem Arbeitgeber jede Dienstverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. 2.

Am Freitag, dem XXXXX 2009, verstarb der Schwiegervater der Klägerin. Um an dessen Beisetzung in der T. teilnehmen zu können, flog die Klägerin am Morgen des XXXXX 2009 in die T. und blieb dort für knapp zwei Wochen, obwohl sie am XXXXX 2009 ihren Dienst bei der Arbeitgeberin hätte antreten müssen. Zwischen den Beteiligten ist streitig, wann genau und auf welchem Weg die Klägerin ihre Arbeitgeberin hiervon in Kenntnis setzte, insbesondere, ob der schlechte Gesundheitszustand ihres Schwiegervaters sowie das zeitnah zu erwartende Versterben bereits Thema des Vorstellungsgesprächs vor Abschluss des Arbeitsvertrages gewesen waren und ob die Arbeitgeberin in Gestalt der Zeugin E. der Klägerin zugesagt hatte, dass sie im Falle des Versterbens ihres Schwiegervaters sofort zwei Wochen Urlaub nehmen dürfe, wenn sie eine Vertretung stelle, was sie wiederum in Gestalt der ebenfalls bei der Arbeitgeberin teilzeitbeschäftigten Zeugin S. getan habe.

Die Arbeitgeberin kündigte wegen unentschuldigten Fehlens der Klägerin nach Anhörung des Betriebsrats das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26. Juni 2009 fristlos und für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung zugleich ordentlich zum 31. Juli 2009. Die Klägerin setzte sich gegen die Kündigung zur Wehr; das daraufhin durchgeführte arbeitsgerichtliche Verfahren endete durch arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 30. Juni 2010, in welchem sich die Arbeitsvertragsparteien u.a. darauf einigten, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der arbeitgeberseitigen Kündigung aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 15. Juli 2009 geendet habe.

Am 16. Juli 2009 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 1. August 2009 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 11. August 2009 den Eintritt einer Sperrzeit in der Zeit vom 1. August 2009 bis 23. Oktober 2009 fest. In dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld, der sich auch um 90 Tage mindere. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Klägerin ihre Beschäftigung verloren habe, weil sie seit dem 15. Juni 2009 unentschuldigt gefehlt habe; da davon auszugehen gewesen sei, dass die Arbeitgeberin ein solches Verhalten nicht dulde, sei der Verlust des Arbeitsplatzes leicht abzusehen gewesen.

Unter demselben Datum ergingen noch zwei weitere Bescheide: Die Beklagte stellte den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit vom 24. bis 30. Oktober 2009 wegen verspäteter Meldung nebst Ruhen und Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs um sieben Tage fest und bewilligte der Klägerin Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 8,87 EUR ab 31. Oktober 2009 für noch 57 Tage bis 26. Dezember 2009. In der Zeit vom 1. August bis 23. Oktober werde der Anspruch um (entgegen dem Sperrzeitbescheid "nur") 84 Tage, in der Zeit vom 24. bis 30. Oktober um sieben Tage gemindert.

Mit Widerspruch vom 14. August 2009 wandte die Klägerin sich gegen die Feststellung der 12-wöchigen Sperrzeit und deren Folgen. Sie machte vor allem geltend, dass der Urlaub von der Arbeitgeberin bereits im Vorfeld genehmigt worden sei.

Nachdem die Arbeitgeberin dies im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen bestritten hatte, wies Letztere den Widerspruch mit am 3. Mai 2010 abgesandtem Widerspruchsbescheid vom 30. April 2010 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 3. Juni 2010 Klage erhoben, die das Sozialgericht Hamburg nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 31. Mai 2012 abgewiesen hat. Die Klägerin habe sich vertragswidrig verhalten und dadurch Anlass für die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung ihrer Arbeitgeberin gegeben und so grob fahrlässig sowie ohne wichtigen Grund ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Die Arbeitgeberin sei wegen des eigenmächtigen Urlaubsantritts berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Die Klägerin hätte sich in jedem Fall mit der Arbeitgeberin abstimmen müssen. Das bloße Inkenntnissetzen reiche auch für den Fall, dass es die behauptete Abrede für den Fall des Versterbens des Schwiegervaters der Klägerin gegeben haben sollte, nicht aus. Nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgeblichen Tatsachen liege auch keine besondere Härte vor, die eine Verkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen rechtfertigen würde.

Gegen diesen, ihrem Bevollmächtigten am 14. Juni 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16. Juli 2012, einem Montag, Berufung eingelegt.

Sie verfolgt ihr Begehren weiter und beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Mai 2012 sowie den Bescheid über die Feststellung einer Sperrzeit vom 11. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 11. August 2009, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2010, zu verurteilen ihr auch für die Zeit vom 1. August 2009 bis 23. Oktober 2009 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Berufung nicht statthaft sei, weil die Beschwer der Klägerin unter 750 EUR liege. Jedenfalls sei die Berufung unbegründet. Der weitere Vortrag der Klägerin und die Beweisaufnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2013 hätten keine neuen wesentlichen Erkenntnisse erbracht.

Der Senat hat durch Beschluss vom 19. November 2012 die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet (§ 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 13. März 2013, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Mai 2012 ist nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG).

Gemäß § 143 SGG findet die Berufung gegen die Urteile - und in Verbindung mit § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG auch gegen die Gerichtsbescheide - der Sozialgerichte an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften des ersten Unterabschnitts des zweiten Abschnitts im zweiten Teil des SGG nichts anderes ergibt. Zu diesen Vorschriften gehört der § 144 SGG, in dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 geregelt ist, dass die Berufung der Zulassung in dem Urteil - bzw. dem Gerichtsbescheid - des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts bedarf, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. So liegt der Fall hier.

Da die Klägerin die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Dauer der 12-wöchigen Sperrzeit vom 1. August bis 23. Oktober 2009 und damit in Höhe von insgesamt 745,08 EUR (84 Tage à 8,87 EUR) begehrt, hätte ihre Berufung der Zulassung bedurft. Eine solche liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils zu entnehmen. Das Sozialgericht hat ihm lediglich die bei zulässiger Berufung übliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, ohne die Zulassungsbedürftigkeit erkannt zu haben. Die Höhe der begehrten Leistung ließ sich erst anhand des Bewilligungsbescheides vom 11. August 2009 feststellen, der jedoch nicht in der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten vorhanden und erst auf Verlangen des Senats am 8. März 2013 zur Prozessakte gelangt ist. Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seit dem Urteil vom 14. Dezember 1955 – 7 RAr 69/55, BSGE 2, 121; s.a. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 144 Rn. 40 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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