Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 3 EG 15/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 EG 7/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein neuer, späterer Antrag eines Elternteils auf Elterngeld für weitere Monate führt nicht dazu, dass gemäß § 5 Abs. 2 BEEG der Anspruch des anderen Elternteils, der über die Hälfte der Monatsbeträge begehrt, automatisch gekürzt wird.
2. Es ist nicht Intention der Härtefallregelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 BEEG, auf Änderungen der persönlichen Lebensplanung oder in den persönlichen Lebensumständen flexibel reagieren zu können.
2. Es ist nicht Intention der Härtefallregelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 BEEG, auf Änderungen der persönlichen Lebensplanung oder in den persönlichen Lebensumständen flexibel reagieren zu können.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte dem Kläger nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Elterngeld für den 11. und 12. Lebensmonat seiner am 2007 geborenen Tochter.
Am 4. April 2007 beantragte die Mutter der gemeinsamen Tochter, C M , Elterngeld für 14 Lebensmonate des Kindes. Dabei gab sie an, dass ihr das elterliche Sorgerecht allein zustehe und ihr Partner, der Kläger, weder einen Antrag auf Elterngeld gestellt habe noch selber Elterngeld beziehen wolle. Der Antrag wurde vom Kläger unterschrieben.
Zu diesem Zeitpunkt bis zum 17. September 2007 wohnte der Kläger in B und war noch verheiratet. Am 18. September 2007 zog er in den gemeinsamen Haushalt mit seiner Tochter und der Kindesmutter. Zuvor hatte der Kläger am 13. Februar 2007 die Vaterschaft zur Niederschrift des Jugendamtes der Stadt L anerkannt. Eine gemeinsame Sorgeerklärung gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wurde nicht abgegeben.
Mit Bescheid vom 24. April 2007 bewilligte das Amt für Familie und Soziales L der Kindesmutter Elterngeld für die ersten 12 Lebensmonate der Tochter in Höhe von 300,00 EUR je Lebensmonat. Für den 13. und 14. Lebensmonat könne kein Elterngeld bewilligt werden, da eine Erwerbstätigkeit weder unterbrochen noch eingeschränkt werde. Sie absolviere seit 2001 ein Studium. Während des Sommersemesters 2007 habe sie ein Urlaubssemester in Anspruch genommen. Bis zum 31. März 2007 habe sie Leistungen nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) und ab dem 1. April 2007 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bezogen.
Am 14. Juli 2007 beantragte der Kläger für vier weitere Lebensmonate des Kindes Elterngeld. Auf Nachfrage teilte er mit, dass er den Bezug von Elterngeld im Zeitraum vom 24. September 2007 bis 23. November 2007 sowie vom 24. Januar 2008 bis 23. März 2008 wünsche. Er wolle die alleinige Betreuung der Tochter übernehmen, um der Mutter den Abschluss ihres Studiums zu ermöglichen. Insofern diene die Gewährung einer viermonatigen Elternzeit für den Vater der Abwendung einer unverhältnismäßigen Härte für die Kindesmutter.
Den Antrag wertete das Amt für Familie und Soziales L zugleich als Antrag auf Neufeststellung des Bewilligungsbescheides vom 24. April 2007. Mit dem an die Kindesmutter adressierten Bescheid vom 19. Oktober 2007 lehnte das Amt diesen Antrag ab. Der Antrag der Kindesmutter vom 4. April 2007 auf Bewilligung von Elterngeld sei auch vom Kindesvater unterschrieben worden. Ihr seien 12 Monate Elterngeld bewilligt worden. Damit könne nur für zwei weitere Lebensmonate Elterngeld an den Kindesvater bewilligt werden. Die im Antrag getroffene Entscheidung sei für die gesamte Zeit des Elterngeldbezuges bindend, sofern nicht ein besonderer Härtefall eintrete. Um besondere Härtefälle handele es sich beispielsweise beim Ausfall des für die Betreuung des Kindes vorgesehenen Elternteils durch Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod. Ein besonderer Härtefall sei auch anzunehmen, wenn ein Einkommenserwerb durch die Betreuungsperson zur Vermeidung einer konkreten Gefahr für die wirtschaftliche Existenz der Eltern und damit der Familie dringend erforderlich erscheine. Die Kindesmutter sei jedoch bereits bei Antragstellung Studentin gewesen. Somit seien keine Änderungen in den Verhältnissen oder ein unvorhersehbares Ereignis eingetreten. Gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch eingelegt.
Gegenüber dem Kläger bewilligte das Amt für Familie und Soziales L mit Bescheid vom 15. Oktober 2007 Elterngeld für den siebten und achten Lebensmonat der Tochter (vom 24. September 2007 bis 23. November 2007) in Höhe von monatlich 1.393,35 EUR. Für zwei weiteren Monaten lehnte das Amt den Antrag auf Gewährung von Elterngeld ab.
Hiergegen legte der Kläger am 2. November 2007 Widerspruch ein. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei er nicht sorgeberechtigt gewesen. Daher sei seine Unterschrift unter dem Antrag vom 4. April 2007 unbeachtlich. Die Kindesmutter befinde sich im letzten Semester ihres Lehramtsstudiums, in welchem zehn Prüfungen abzulegen seien. Als alleinerziehende Mutter sei es ihr nicht möglich, diese Mehrfachbelastung zu bewältigen. Auf Grund dieser sozialen Härtesituation sei die Entscheidung getroffen worden, dass er für einen bestimmten Zeitraum zum Kind ziehen und es erziehen solle.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2007 zurückgewiesen. Mit der Unterschrift im Antragsformular der Kindesmutter vom 4. April 2007 habe der Kläger seine Kenntnis von der Entscheidung der Kindesmutter dokumentiert. Eine eigene Inanspruchnahme von Elterngeldmonaten habe er im Antrag verneint. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass er auf die verbleibenden Monate verzichte.
Hiergegen hat der Kläger am 17. Dezember 2007 Klage erhoben. Er sei mit der Übertragung aller Monate des Bezugszeitraumes auf die Kindesmutter nicht einverstanden gewesen. Er habe den Antrag nur unterzeichnet, weil ansonsten die Gefahr bestanden habe, dass dieser nicht bearbeitet werde. Die Unterschrift sei daher als nicht getätigt zu betrachten. Er sei auch kein Anspruchsberechtigter gewesen, da er zum Zeitpunkt der Antragstellung der Kindesmutter weder mit dem Kind in einem Haushalt gelebt noch es betreut oder erzogen habe. Es läge ein Härtefalle gemäß § 5 Abs. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) vor.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 5. Oktober 2009 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe bereits mit Bescheid vom 27. April 2007 der Kindesmutter für die ersten 12 Lebensmonate des am 24. März 2007 geborenen Kindes Elterngeld bewilligt und deren Antrag auf Neufeststellung mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 bestandskräftig abgelehnt. Damit könne der Kläger grundsätzlich nur noch für zwei Lebensmonate des Kindes (§ 7 Abs. 2 Satz 5 BEEG) Elterngeld beanspruchen. Darüber hinaus habe der Kläger keinen Anspruch auf Neufeststellung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 BEEG, da kein Härtefall vorliege.
Gegen das ihm am 27. Oktober 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. November 2009 Berufung eingelegt. Er habe die Unterschrift zum Antrag der Kindesmutter vom 4. April 2007 unter falschen Voraussetzungen getätigt. Daraus sei jedoch kein Einverständnis abzuleiten, dass er auf einen eigenen Antrag verzichte. Die Unterschrift sei als rechtlich nicht getätigt zu betrachten. Er sei zu keinem Zeitpunkt sorgeberechtigt gewesen. Darüber hinaus sei im April 2007 nicht absehbar gewesen, dass es der Stadt L innerhalb von 11 Monaten nicht möglich sein werde, einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen. Insbesondere sei zu beachten, dass die aktuelle Fassung des § 7 Abs. 2 BEEG genau für den vorliegenden Sachverhalt konzipiert worden sei. Dies bestätige auch die Bundestagsdrucksache 16/9415, wonach "die Praxis zeigt, dass es weitere Fälle gibt, in denen eine Änderung des Elterngeldantrages für die Familie wichtig sein kann". Um einen solchen Fall handele es sich hier. Darüber hinaus sei die wirtschaftliche Existenz der alleinerziehenden Kindesmutter dadurch gefährdet gewesen, dass sie ihre Prüfungen ohne entsprechende Kinderbetreuung nicht habe ablegen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Oktober 2009 aufzuheben sowie den Bescheid des Amtes für Familie und Soziales L vom 15. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales vom 22. November 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den 11. und 12. Lebensmonat des am 24. März 2007 geborenen Kindes Elterngeld in Höhe von jeweils 1.393,35 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (vgl. §§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Insbesondere ist die Stadt L zum 1. August 2008 als neue Beklagte an die Stelle des zuvor verfahrensbeteiligten Freistaates Sachsen getreten. Denn im Zuge der Verwaltungsreform wurden das Landesamt für Familie und Soziales sowie die Ämter für Familie und Soziales in C , D und L aufgelöst (vgl. § 14 des Gesetzes über die Verwaltungsorganisation des Freistaates Sachsen [Sächsisches Verwaltungsorganisationsgesetz – SächsVwOrgG] vom 25. November 2003 [SächsGVBl. S. 899] i. d. F. von Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 138]). Sachlich zuständig für die Ausführung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes und für die Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes sind seitdem die Landkreise und Kreisfreien Städte als untere Verwaltungsbehörden (vgl. § 5 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Gewährung von Landeserziehungsgeld im Freistaat Sachsen [Sächsisches Landeserziehungsgeldgesetz – SächsLErzGG] i. d. F. der Bekanntmachung vom 7. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 60], zuletzt geändert durch Artikel 42 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 138, 174]). Durch diesen Wechsel in der Behördenzuständigkeit ist ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 – B 10 EG 8/08 R – BSGE 103, 291 ff. [Rdnr. 19] = SozR 4-7837 § 2 Nr. 2 Rdnr. 19 = JURIS-Dokument Rdnr. 19, m. w. N.)
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch auf Gewährung von Elterngeld für den 11. und 12. Lebensmonat seines Kindes. Nummer 2 des Bescheides des Amtes für Familie und Soziales L vom 15. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales vom 22. November 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG).
Anspruch auf Elterngeld hat gemäß § 1 Abs. 1 BEEG, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut und erzieht und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Elterngeld wird in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 BEEG). Die Eltern haben insgesamt Anspruch auf 12 Monatsbeträge (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 BEEG). Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG). Die Eltern können die jeweiligen Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 4 BEEG). Nach § 7 Abs. 2 Satz 4 BEEG in der hier maßgebenden, bis zum 23. Januar 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) erhält der Antragsteller oder die Antragstellerin, wenn der Behörde weder ein Antrag noch eine Anzeige der anderen berechtigten Person nach § 7 Abs. 2 Satz 3 BEEG vorliegt, die Monatsbeträge ausgezahlt; die andere berechtigte Person kann bei einem späteren Antrag abweichend von § 5 Abs. 2 BEEG nur für die unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 BEEG verbleibenden Monate Elterngeld erhalten.
Der Kläger hat deshalb gemäß § 7 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 BEEG a. F. Anspruch auf Elterngeld für (nur) zwei Lebensmonate seines Kindes, weil mit Bescheid vom 27. April 2007 der Kindesmutter bereits für die ersten 12 Lebensmonate Elterngeld bewilligt und der Antrag auf Neufeststellung mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 bestandskräftig abgelehnt wurde. Ein Anspruch auf einen weitergehenden Bezug von Elterngeld lässt sich aus dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz nicht herleiten.
Insbesondere führt ein neuer Antrag entgegen der Ansicht des Klägers nicht dazu, dass gemäß § 5 Abs. 2 BEEG der Anspruch desjenigen Elternteils, der über die Hälfte der Monatsbeträge begehrt, automatisch gekürzt wird. Denn nach dem Wortlaut dieser Regelung ist Voraussetzung für die Kürzung, dass beide Elternteile "zusammen" mehr als die ihnen zustehenden zwölf oder 14 Monatsbeträge Elterngeld beanspruchen. Damit hätte bereits zum Zeitpunkt der (Erst-)Antragstellung, hier am 4. April 2007, ein entsprechender Antrag des Klägers vorliegen müssen. Dies war aber nicht der Fall. Die Kindsmutter hat mit ihrem Antrag vom 4. April 2007 eine gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BEEG verbindliche Entscheidung über die Beanspruchung aller ihr zustehender Monatsbeiträge auf Elterngeld getroffen. Ein gemeinsamer Antrag wurde von den Eltern, wie diese selbst einräumen, nicht gestellt. Damit verbleibt es bei der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BEEG a. F., wonach bei einer späteren Antragstellung nur die unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 BEEG verbliebenen Elterngeldmonate beansprucht werden können.
Der Kläger kann sich auch nicht auf einen Härtefall im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 BEEG in der hier maßgebenden, bis zum 23. Januar 2009 geltenden Fassung berufen. Nach dieser Regelung war eine einmalige Änderung bis zum Ende des Bezugszeitraums möglich in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei Eintritt einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod eines Elternteils oder eines Kindes oder bei erheblich gefährdeter wirtschaftlicher Existenz der Eltern nach Antragstellung. Ein derartiger Härtefall lag weder beim Kläger noch bei der Kindesmutter vor.
Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass sich die Lebensumstände der Eltern nicht geändert haben. Das Elternpaar stellte lediglich fest, dass sich die persönliche Lebensplanung der Kindesmutter, Studium und Familie miteinander zu verbinden, nur schwer realisieren lies. Geplant war, entgegen der Ausführungen des Klägers, eben nicht die Betreuung der Tochter in einer Kindereinrichtung, sondern durch die Kindesmutter. Aus diesem Grund greift der Einwand des Klägers, man habe mit der Bereitstellung eines Betreuungsplatzes durch die Beklagte innerhalb des ersten Lebensjahres der Tochter gerechnet, nicht. Ebenso wenig war die wirtschaftliche Existenz der Familie durch die Beibehaltung der beantragten und bewilligten Elterngeldmonate gefährdet, da gerade der Kläger bereit war, auf sein höheres Einkommen zu verzichten. Dass durch die Ablegung der Lehramtsprüfung die berufliche Existenz der Kindesmutter künftig gesichert werden sollte, diente nicht der aktuellen wirtschaftlichen Existenzsicherung während des Elterngeldbezuges.
Andere Härtefallgründe sind nicht erkennbar. Auf Änderungen der persönlichen Lebensplanung flexibel reagieren zu können, ist nicht Intention einer Härtefallregelung
Dies belegt auch die zum 24. Januar 2009 neu geschaffene die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 BEEG. Danach kann die im Antrag getroffene Entscheidung bis zum Ende des Bezugszeitraums ohne Angabe von Gründen einmal geändert werden. Nach der amtlichen Begründung der Bundesregierung (vgl. BT-Drs. 16/9415 S. 6) soll dadurch die Flexibilität für die Eltern erhöht und die Verwaltung von einer Begründungsprüfung entlastet werden. Es habe sich in der Praxis gezeigt, dass es außer den bislang als Änderungsgrund vorgesehenen Fällen der besonderen Härte weiteren Handlungsbedarf gebe, beispielsweise wenn ein erwerbsloser Elternteil während seines Elterngeldbezuges einen Arbeitsplatz angeboten bekomme und nunmehr der andere Elternteil diese Leistung beziehen möchte.
Diese amtliche Gesetzesbegründung zeigt, dass sogar die Änderungen in den persönlichen Lebensumständen (Arbeitslosigkeit etc.) nicht unter die Härtefallregelung fallen. Insoweit hat der Gesetzgeber bisher eine vorausschauende, wohl überlegte Planung von den Eltern gefordert. Das sich persönliche Erwartungen nicht immer realisieren lassen, ist dem persönlichen Lebensrisiko zumindest solange zuzurechnen, bis der Gesetzgeber den Betroffenen einen weiteren Handlungsspielraum einräumt. Dies hat er erst mit Wirkung zum 24. Januar 2009 getan. Dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, die neue Regelung rückwirkend in Kraft zu setzen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Schließlich macht die Gesetzesbegründung auch deutlich, dass der Gesetzgeber die bisherige Gesetzeslage als nicht ausreichend erachten und für sich einen Gesetzgebungsbedarf gesehen hat. Er wollte nicht auf eine etwaige unklare Rechtslage oder auf divergierende Gesetzesauslegungen reagieren, sondern den Eltern über die bisherige Rechtslage hinaus weitere Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten verschaffen. Damit hat er eine neue Rechtlage geschaffen und nicht, wie der Kläger meint, lediglich die bisherige Gesetzeslage klargestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Höhl Atanassov
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte dem Kläger nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Elterngeld für den 11. und 12. Lebensmonat seiner am 2007 geborenen Tochter.
Am 4. April 2007 beantragte die Mutter der gemeinsamen Tochter, C M , Elterngeld für 14 Lebensmonate des Kindes. Dabei gab sie an, dass ihr das elterliche Sorgerecht allein zustehe und ihr Partner, der Kläger, weder einen Antrag auf Elterngeld gestellt habe noch selber Elterngeld beziehen wolle. Der Antrag wurde vom Kläger unterschrieben.
Zu diesem Zeitpunkt bis zum 17. September 2007 wohnte der Kläger in B und war noch verheiratet. Am 18. September 2007 zog er in den gemeinsamen Haushalt mit seiner Tochter und der Kindesmutter. Zuvor hatte der Kläger am 13. Februar 2007 die Vaterschaft zur Niederschrift des Jugendamtes der Stadt L anerkannt. Eine gemeinsame Sorgeerklärung gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wurde nicht abgegeben.
Mit Bescheid vom 24. April 2007 bewilligte das Amt für Familie und Soziales L der Kindesmutter Elterngeld für die ersten 12 Lebensmonate der Tochter in Höhe von 300,00 EUR je Lebensmonat. Für den 13. und 14. Lebensmonat könne kein Elterngeld bewilligt werden, da eine Erwerbstätigkeit weder unterbrochen noch eingeschränkt werde. Sie absolviere seit 2001 ein Studium. Während des Sommersemesters 2007 habe sie ein Urlaubssemester in Anspruch genommen. Bis zum 31. März 2007 habe sie Leistungen nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) und ab dem 1. April 2007 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bezogen.
Am 14. Juli 2007 beantragte der Kläger für vier weitere Lebensmonate des Kindes Elterngeld. Auf Nachfrage teilte er mit, dass er den Bezug von Elterngeld im Zeitraum vom 24. September 2007 bis 23. November 2007 sowie vom 24. Januar 2008 bis 23. März 2008 wünsche. Er wolle die alleinige Betreuung der Tochter übernehmen, um der Mutter den Abschluss ihres Studiums zu ermöglichen. Insofern diene die Gewährung einer viermonatigen Elternzeit für den Vater der Abwendung einer unverhältnismäßigen Härte für die Kindesmutter.
Den Antrag wertete das Amt für Familie und Soziales L zugleich als Antrag auf Neufeststellung des Bewilligungsbescheides vom 24. April 2007. Mit dem an die Kindesmutter adressierten Bescheid vom 19. Oktober 2007 lehnte das Amt diesen Antrag ab. Der Antrag der Kindesmutter vom 4. April 2007 auf Bewilligung von Elterngeld sei auch vom Kindesvater unterschrieben worden. Ihr seien 12 Monate Elterngeld bewilligt worden. Damit könne nur für zwei weitere Lebensmonate Elterngeld an den Kindesvater bewilligt werden. Die im Antrag getroffene Entscheidung sei für die gesamte Zeit des Elterngeldbezuges bindend, sofern nicht ein besonderer Härtefall eintrete. Um besondere Härtefälle handele es sich beispielsweise beim Ausfall des für die Betreuung des Kindes vorgesehenen Elternteils durch Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod. Ein besonderer Härtefall sei auch anzunehmen, wenn ein Einkommenserwerb durch die Betreuungsperson zur Vermeidung einer konkreten Gefahr für die wirtschaftliche Existenz der Eltern und damit der Familie dringend erforderlich erscheine. Die Kindesmutter sei jedoch bereits bei Antragstellung Studentin gewesen. Somit seien keine Änderungen in den Verhältnissen oder ein unvorhersehbares Ereignis eingetreten. Gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch eingelegt.
Gegenüber dem Kläger bewilligte das Amt für Familie und Soziales L mit Bescheid vom 15. Oktober 2007 Elterngeld für den siebten und achten Lebensmonat der Tochter (vom 24. September 2007 bis 23. November 2007) in Höhe von monatlich 1.393,35 EUR. Für zwei weiteren Monaten lehnte das Amt den Antrag auf Gewährung von Elterngeld ab.
Hiergegen legte der Kläger am 2. November 2007 Widerspruch ein. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei er nicht sorgeberechtigt gewesen. Daher sei seine Unterschrift unter dem Antrag vom 4. April 2007 unbeachtlich. Die Kindesmutter befinde sich im letzten Semester ihres Lehramtsstudiums, in welchem zehn Prüfungen abzulegen seien. Als alleinerziehende Mutter sei es ihr nicht möglich, diese Mehrfachbelastung zu bewältigen. Auf Grund dieser sozialen Härtesituation sei die Entscheidung getroffen worden, dass er für einen bestimmten Zeitraum zum Kind ziehen und es erziehen solle.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2007 zurückgewiesen. Mit der Unterschrift im Antragsformular der Kindesmutter vom 4. April 2007 habe der Kläger seine Kenntnis von der Entscheidung der Kindesmutter dokumentiert. Eine eigene Inanspruchnahme von Elterngeldmonaten habe er im Antrag verneint. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass er auf die verbleibenden Monate verzichte.
Hiergegen hat der Kläger am 17. Dezember 2007 Klage erhoben. Er sei mit der Übertragung aller Monate des Bezugszeitraumes auf die Kindesmutter nicht einverstanden gewesen. Er habe den Antrag nur unterzeichnet, weil ansonsten die Gefahr bestanden habe, dass dieser nicht bearbeitet werde. Die Unterschrift sei daher als nicht getätigt zu betrachten. Er sei auch kein Anspruchsberechtigter gewesen, da er zum Zeitpunkt der Antragstellung der Kindesmutter weder mit dem Kind in einem Haushalt gelebt noch es betreut oder erzogen habe. Es läge ein Härtefalle gemäß § 5 Abs. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) vor.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 5. Oktober 2009 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe bereits mit Bescheid vom 27. April 2007 der Kindesmutter für die ersten 12 Lebensmonate des am 24. März 2007 geborenen Kindes Elterngeld bewilligt und deren Antrag auf Neufeststellung mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 bestandskräftig abgelehnt. Damit könne der Kläger grundsätzlich nur noch für zwei Lebensmonate des Kindes (§ 7 Abs. 2 Satz 5 BEEG) Elterngeld beanspruchen. Darüber hinaus habe der Kläger keinen Anspruch auf Neufeststellung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 BEEG, da kein Härtefall vorliege.
Gegen das ihm am 27. Oktober 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. November 2009 Berufung eingelegt. Er habe die Unterschrift zum Antrag der Kindesmutter vom 4. April 2007 unter falschen Voraussetzungen getätigt. Daraus sei jedoch kein Einverständnis abzuleiten, dass er auf einen eigenen Antrag verzichte. Die Unterschrift sei als rechtlich nicht getätigt zu betrachten. Er sei zu keinem Zeitpunkt sorgeberechtigt gewesen. Darüber hinaus sei im April 2007 nicht absehbar gewesen, dass es der Stadt L innerhalb von 11 Monaten nicht möglich sein werde, einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen. Insbesondere sei zu beachten, dass die aktuelle Fassung des § 7 Abs. 2 BEEG genau für den vorliegenden Sachverhalt konzipiert worden sei. Dies bestätige auch die Bundestagsdrucksache 16/9415, wonach "die Praxis zeigt, dass es weitere Fälle gibt, in denen eine Änderung des Elterngeldantrages für die Familie wichtig sein kann". Um einen solchen Fall handele es sich hier. Darüber hinaus sei die wirtschaftliche Existenz der alleinerziehenden Kindesmutter dadurch gefährdet gewesen, dass sie ihre Prüfungen ohne entsprechende Kinderbetreuung nicht habe ablegen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Oktober 2009 aufzuheben sowie den Bescheid des Amtes für Familie und Soziales L vom 15. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales vom 22. November 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den 11. und 12. Lebensmonat des am 24. März 2007 geborenen Kindes Elterngeld in Höhe von jeweils 1.393,35 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (vgl. §§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Insbesondere ist die Stadt L zum 1. August 2008 als neue Beklagte an die Stelle des zuvor verfahrensbeteiligten Freistaates Sachsen getreten. Denn im Zuge der Verwaltungsreform wurden das Landesamt für Familie und Soziales sowie die Ämter für Familie und Soziales in C , D und L aufgelöst (vgl. § 14 des Gesetzes über die Verwaltungsorganisation des Freistaates Sachsen [Sächsisches Verwaltungsorganisationsgesetz – SächsVwOrgG] vom 25. November 2003 [SächsGVBl. S. 899] i. d. F. von Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 138]). Sachlich zuständig für die Ausführung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes und für die Ausführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes sind seitdem die Landkreise und Kreisfreien Städte als untere Verwaltungsbehörden (vgl. § 5 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Gewährung von Landeserziehungsgeld im Freistaat Sachsen [Sächsisches Landeserziehungsgeldgesetz – SächsLErzGG] i. d. F. der Bekanntmachung vom 7. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 60], zuletzt geändert durch Artikel 42 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 [SächsGVBl. S. 138, 174]). Durch diesen Wechsel in der Behördenzuständigkeit ist ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 – B 10 EG 8/08 R – BSGE 103, 291 ff. [Rdnr. 19] = SozR 4-7837 § 2 Nr. 2 Rdnr. 19 = JURIS-Dokument Rdnr. 19, m. w. N.)
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch auf Gewährung von Elterngeld für den 11. und 12. Lebensmonat seines Kindes. Nummer 2 des Bescheides des Amtes für Familie und Soziales L vom 15. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales vom 22. November 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG).
Anspruch auf Elterngeld hat gemäß § 1 Abs. 1 BEEG, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut und erzieht und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Elterngeld wird in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 BEEG). Die Eltern haben insgesamt Anspruch auf 12 Monatsbeträge (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 BEEG). Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG). Die Eltern können die jeweiligen Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 4 BEEG). Nach § 7 Abs. 2 Satz 4 BEEG in der hier maßgebenden, bis zum 23. Januar 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) erhält der Antragsteller oder die Antragstellerin, wenn der Behörde weder ein Antrag noch eine Anzeige der anderen berechtigten Person nach § 7 Abs. 2 Satz 3 BEEG vorliegt, die Monatsbeträge ausgezahlt; die andere berechtigte Person kann bei einem späteren Antrag abweichend von § 5 Abs. 2 BEEG nur für die unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 BEEG verbleibenden Monate Elterngeld erhalten.
Der Kläger hat deshalb gemäß § 7 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 BEEG a. F. Anspruch auf Elterngeld für (nur) zwei Lebensmonate seines Kindes, weil mit Bescheid vom 27. April 2007 der Kindesmutter bereits für die ersten 12 Lebensmonate Elterngeld bewilligt und der Antrag auf Neufeststellung mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 bestandskräftig abgelehnt wurde. Ein Anspruch auf einen weitergehenden Bezug von Elterngeld lässt sich aus dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz nicht herleiten.
Insbesondere führt ein neuer Antrag entgegen der Ansicht des Klägers nicht dazu, dass gemäß § 5 Abs. 2 BEEG der Anspruch desjenigen Elternteils, der über die Hälfte der Monatsbeträge begehrt, automatisch gekürzt wird. Denn nach dem Wortlaut dieser Regelung ist Voraussetzung für die Kürzung, dass beide Elternteile "zusammen" mehr als die ihnen zustehenden zwölf oder 14 Monatsbeträge Elterngeld beanspruchen. Damit hätte bereits zum Zeitpunkt der (Erst-)Antragstellung, hier am 4. April 2007, ein entsprechender Antrag des Klägers vorliegen müssen. Dies war aber nicht der Fall. Die Kindsmutter hat mit ihrem Antrag vom 4. April 2007 eine gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BEEG verbindliche Entscheidung über die Beanspruchung aller ihr zustehender Monatsbeiträge auf Elterngeld getroffen. Ein gemeinsamer Antrag wurde von den Eltern, wie diese selbst einräumen, nicht gestellt. Damit verbleibt es bei der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BEEG a. F., wonach bei einer späteren Antragstellung nur die unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 BEEG verbliebenen Elterngeldmonate beansprucht werden können.
Der Kläger kann sich auch nicht auf einen Härtefall im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 BEEG in der hier maßgebenden, bis zum 23. Januar 2009 geltenden Fassung berufen. Nach dieser Regelung war eine einmalige Änderung bis zum Ende des Bezugszeitraums möglich in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei Eintritt einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod eines Elternteils oder eines Kindes oder bei erheblich gefährdeter wirtschaftlicher Existenz der Eltern nach Antragstellung. Ein derartiger Härtefall lag weder beim Kläger noch bei der Kindesmutter vor.
Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass sich die Lebensumstände der Eltern nicht geändert haben. Das Elternpaar stellte lediglich fest, dass sich die persönliche Lebensplanung der Kindesmutter, Studium und Familie miteinander zu verbinden, nur schwer realisieren lies. Geplant war, entgegen der Ausführungen des Klägers, eben nicht die Betreuung der Tochter in einer Kindereinrichtung, sondern durch die Kindesmutter. Aus diesem Grund greift der Einwand des Klägers, man habe mit der Bereitstellung eines Betreuungsplatzes durch die Beklagte innerhalb des ersten Lebensjahres der Tochter gerechnet, nicht. Ebenso wenig war die wirtschaftliche Existenz der Familie durch die Beibehaltung der beantragten und bewilligten Elterngeldmonate gefährdet, da gerade der Kläger bereit war, auf sein höheres Einkommen zu verzichten. Dass durch die Ablegung der Lehramtsprüfung die berufliche Existenz der Kindesmutter künftig gesichert werden sollte, diente nicht der aktuellen wirtschaftlichen Existenzsicherung während des Elterngeldbezuges.
Andere Härtefallgründe sind nicht erkennbar. Auf Änderungen der persönlichen Lebensplanung flexibel reagieren zu können, ist nicht Intention einer Härtefallregelung
Dies belegt auch die zum 24. Januar 2009 neu geschaffene die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 BEEG. Danach kann die im Antrag getroffene Entscheidung bis zum Ende des Bezugszeitraums ohne Angabe von Gründen einmal geändert werden. Nach der amtlichen Begründung der Bundesregierung (vgl. BT-Drs. 16/9415 S. 6) soll dadurch die Flexibilität für die Eltern erhöht und die Verwaltung von einer Begründungsprüfung entlastet werden. Es habe sich in der Praxis gezeigt, dass es außer den bislang als Änderungsgrund vorgesehenen Fällen der besonderen Härte weiteren Handlungsbedarf gebe, beispielsweise wenn ein erwerbsloser Elternteil während seines Elterngeldbezuges einen Arbeitsplatz angeboten bekomme und nunmehr der andere Elternteil diese Leistung beziehen möchte.
Diese amtliche Gesetzesbegründung zeigt, dass sogar die Änderungen in den persönlichen Lebensumständen (Arbeitslosigkeit etc.) nicht unter die Härtefallregelung fallen. Insoweit hat der Gesetzgeber bisher eine vorausschauende, wohl überlegte Planung von den Eltern gefordert. Das sich persönliche Erwartungen nicht immer realisieren lassen, ist dem persönlichen Lebensrisiko zumindest solange zuzurechnen, bis der Gesetzgeber den Betroffenen einen weiteren Handlungsspielraum einräumt. Dies hat er erst mit Wirkung zum 24. Januar 2009 getan. Dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, die neue Regelung rückwirkend in Kraft zu setzen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Schließlich macht die Gesetzesbegründung auch deutlich, dass der Gesetzgeber die bisherige Gesetzeslage als nicht ausreichend erachten und für sich einen Gesetzgebungsbedarf gesehen hat. Er wollte nicht auf eine etwaige unklare Rechtslage oder auf divergierende Gesetzesauslegungen reagieren, sondern den Eltern über die bisherige Rechtslage hinaus weitere Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten verschaffen. Damit hat er eine neue Rechtlage geschaffen und nicht, wie der Kläger meint, lediglich die bisherige Gesetzeslage klargestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Höhl Atanassov
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