Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SB 1364/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4456/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. August 2012 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 statt des bislang zuerkannten von 30. Bei dem am 26.12.1957 geborenen Kläger, der über eine portugiesische Staatsangehörigkeit verfügt und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, wurde zuletzt mit Bescheid vom 26.10.2007 ein GdB von 20 seit dem 13.08.2007 wegen einer seelischen Störung festgestellt. In dem damaligen Verwaltungsverfahren wurde auch der Entlassungsbericht von Dr. G. u. a. vom 02.03.2007 über eine stationäre Rehabilitation des Klägers in der Klinik G. vom 02.01. bis 12.02.2007 vorgelegt. Ein Neufeststellungsantrag des Klägers vom 14.06.2010 wegen orthopädischer Beschwerden, darunter der Folgen eines Risses der Bizepssehne, wurde mit Bescheid vom 15.07.2010 abgelehnt. Am 17.01.2011 beantragte der Kläger bei dem als Versorgungsamt zuständigen Landratsamt G. (LRA) erneut Neufeststellung. Er trug vor, sein Augenlicht betrage nur noch 8 bis 10 %. Das LRA zog unter anderem einen Bericht des Augenarztes Dr. H. vom 08.07.2010 bei. Hiernach bestanden bei dem Kläger ein Macula-Ödem rechts und der Verdacht auf (V.a.) eine Macula-Degeneration rechts; der Visus betrug korrigiert (cc) 0,1 rechts und 1,0 links. Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 28.01.2011 lehnte das LRA den Antrag mit Bescheid vom 01.02.2011 ab. Im Widerspruchsverfahren reichte der Kläger einen weiteren Bericht von Dr. H. vom 10.02.2011 nach, nach dem die Makula-Degeneration rechts - bei unveränderten Visen - nunmehr gesichert sei. Dr. H. nahm unter dem 01.03.2011 dahin Stellung, dass für die Sehminderung und die seelische Störung je ein Einzel-GdB von 20 anerkannt werden könne und der Gesamt-GdB 30 betrage. Das LRA stellte daraufhin mit Teil-Abhilfe-Bescheid vom 17.03.2011 einen GdB von 30 ab dem 17.01.2011 fest. Den weitergehenden, nicht weiter begründeten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart als Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2011 zurück. Am 20.04.2011 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, die seelische Störung und die Sehminderung seien nicht ausreichend gewürdigt. Der Riss der Bizepssehne links und die Wirbelsäulenbeschwerden seien überhaupt nicht berücksichtigt. Er leide an erheblichen Angstattacken, fühle sich niedergeschlagen und könne keine Freude mehr empfinden. Er nehme Antidepressiva, die aber wirkungslos seien. Es bestehe das zwanghafte Verhalten, sich nahezu täglich die Stirn blutig zu kratzen. Der Kratzreflex sei unwillkürlich. Die Wunde am Kopf werde ständig größer und entzünde sich. Er leide auch an dem eingeschränkten Stereosehen und könne kleinere Gegenstände kaum noch erkennen. Dies sei auch bei der Ausübung seines Berufs als Maschinenbediener problematisch. Er könne auch den linken Arm nur noch eingeschränkt belasten und mittelschwere Gewichte kaum noch heben oder tragen. An der Wirbelsäule bestehe eine skoliotische Fehlhaltung. Es seien auch eine breitbasige Protrusion und ein kleiner Prolaps diagnostiziert worden. Nachdem das beklagte Land der Klage entgegengetreten war, hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Neurologin und Psychiaterin Dr. S.-R. hat unter dem 07.07.2011 bekundet, es bestehe eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig. Diese sei gleichbleibend. Es könne ein GdB von 30 angenommen werden. Im Frühjahr 2010 sei es im Rahmen einer Unruhesymptomatik bei Depression zu massivem selbstschädigendem Verhalten in dem Sinne gekommen, dass sich der Kläger die Stirnhaut blutig aufgekratzt habe. Augenarzt Dr. H. hat unter dem 18.07.2011 die bekannten Diagnosen bestätigt und einen Visus (cc) von 0,16 rechts und 0,7 links angegeben. Dr. G., Arzt an der chirurgischen und orthopädischen S.-Klinik, hat mit Schreiben vom 25.07.2011 mitgeteilt, es bestehe ein Zustand nach (Z.n.) distaler Bizeps¬seh¬nen¬ruptur links. Ärztin Groß von der Psychosomatischen Klinik Schloss W. in M. hat unter dem 09.08.2011 die psychiatrische Diagnose von Dr. S.-R. bestätigt und von starker Unruhe und Anspannung, Grübelneigung, Schlaflosigkeit bei ständiger Müdigkeit, Antriebsstörungen, Niedergeschlagenheit und sozialem Rückzug seit zwei Jahren berichtet. Sie hat insoweit einen GdB von 40 vorgeschlagen. Der Kläger hat ferner das Attest des Orthopäden Dr. W. vom 25.10.2011 (chronische Lumboischialgie, chronisches Cervikalsyndrom) vorgelegt. Das SG hat sodann den vollständigen Entlassungsbericht aus Schloss W. vom 14.07.2011 über die stationäre Behandlung des Klägers daselbst vom 07.06. bis 12.07.2011 beigezogen. Auf die darin enthaltenen Ausführungen u. a. von Ärztin G. wird verwiesen. Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 15.08.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Abänderung des bindenden Bescheids vom 26.10.2007 in Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 17.03.2011 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) lägen nicht vor. Bei dem Kläger sei weiterhin im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ein GdB von 30 anzunehmen. Zur Bewertung der aus den Gesundheitsschäden folgenden Funktionsbeeinträchtigungen seien im Streitzeitraum bis zum 31.12.2008 die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht als antizipiertes Sachverständigengutachten (AHP) und ab dem 01.01.2009 die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) als Anlage zu der nach § 30 Abs. 16 Bundesversorgungsgesetz (BVG) erlassenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) heranzuziehen. Hiernach seien die psychiatrischen Behinderungen des Klägers mit einem GdB von 20 zu bewerten. Für eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wie sie nach Teil B Nr. 3.7 VG für einen GdB von 30 vorauszusetzen sei, beständen keine Anhaltspunkte. Insbesondere seien aus dem Entlassungsbericht vom 14.07.2011 keine allzu starken Beeinträchtigungen ersichtlich. Der Kläger habe dort ein gutes Verhältnis zu seiner Familie und einem kleinen Bekanntenkreis geschildert, er gehe Hobbies wie Fahrradfahren und Saunabesuchen nach. In den zwölf Monaten vor der Rehabilitations-maßnahme in W. sei er nicht arbeitsunfähig gewesen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Angaben des Klägers während der mündlichen Verhandlung. So habe das SG dort das vom Kläger angegebene zwanghafte Kratzen nicht wahrnehmen können. Es sei auch keine Wunde auf der Stirn sichtbar gewesen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wieso hier eine ständige Zwangshandlung anzunehmen sein solle. Der Kläger habe auch selbst angegeben, einen geregelten Tagesablauf zu haben und seine Hobbies auszuüben. Für die dauernden Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet in Form der Behinderung der Wirbelsäule sei kein GdB anzunehmen. Maßstab seien hier die Vorgaben in Teil B Nr. 18.9 VG. Dr. G. habe den Kläger seit 2010 nicht mehr gesehen und daher keine Angaben zu etwaigen Einschränkungen machen können. Das Attest von Dr. W. biete ebenfalls keine Anhaltspunkte für Instabilitäten der Wirbelsäule oder Bewegungseinschränkungen. Der Kläger habe auch nichts dergleichen konkret vorgetragen. Er habe nur angegeben, er leide an Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen, die aber kein Arzt bestätigen könne. Die Bewegungsmaße nach dem Entlassungsbericht aus W. zeigten allenfalls geringfügige Bewegungsein-schränkungen an der Wirbelsäule. Die oberen und unteren Extremitäten seien dort als frei beweglich beschrieben worden. Die Sehminderung des Klägers mit Visen von 0,16 rechts und 0,7 links sei nach Teil B Nr. 4.3 VG zutreffend mit einem GdB von 20 bewertet. Der Riss der Bizepssehne im linken Arm bedinge nur einen GdB von 10. Nach Teil B Nr. 18.13 VG seien hierfür nur GdB-Werte von 0 bis 10 vorgesehen; dieser Spielraum sei bereits nach oben ausgeschöpft. Weitergehende Funktionseinbußen seien nicht ersichtlich. Insgesamt, so das SG, ergebe sich nach den Kriterien aus Teil A Nr. 3 VG ein Gesamt-GdB von 30, wie ihn der Beklagte festgestellt habe. Gegen dieses Urteil, das seinen Prozessbevollmächtigten am 04.10.2012 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 25.10.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er rügt, das SG habe die von Ärztin G. und Dr. S.-R. angegebenen GdB-Werte nicht gewürdigt. Auch habe ein psychiatrisches Gutachten eingeholt werden müssen. Er behauptet ferner, seine Sehbehinderung habe sich verschlechtert. Hierzu hat er das Attest von Dr. H. vom 26.11.2012 vorgelegt. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. August 2012 aufzuheben und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 01. Februar 2011 in Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 17. März 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 01. April 2011 zu verpflichten, bei dem Kläger ab dem 17. Januar 2011 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verweist auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 10.12.2012. Hiernach ergebe sich aus dem Entlassungsbericht vom 14.07.2011, dass der Kläger bereits bei Aufnahme nur an einer allenfalls subdepressiven Stimmung bei unbeeinträchtigten kognitiven Fähigkeiten und unauffälligem Antrieb und Affekt gelitten habe. Es habe keine Suizidalität bestanden. Ferner würden dort das Behandlungsergebnis als zufriedenstellend und die depressive Stimmungslage als deutlich verbessert beschrieben. Eine anhaltende und therapeutisch nicht beeinflussbare stärker behindernde seelische Störung sei nicht nachweislich abzuleiten. Der Beklagte hat sich unter dem 22.01.2013, der Kläger mit Schriftsatz vom 11.02.2013 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat entscheidet nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat in dem angegriffenen Urteil die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGG) zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht aus § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX kein Anspruch auf Zuerkennung eines höheren GdB als 30 zu. Zur Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffende Begründung des SG in dem angegriffenen Urteil. Dies gilt insbesondere für die Ausführungen zur Anwendbarkeit der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) als Anlage zu § 1 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) für Zeiten seit dem 01.01.2009 und zur Heranziehung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und bei Fragen des Schwerbehindertenrechts (AHP) bis Ende 2008. Ergänzend ist lediglich auszuführen: a) Als freizügigkeitsberechtigtem portugiesischem Staatsangehörigen mit deshalb gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland kann dem Kläger der begehrte Anspruch zustehen, § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), § 2 Abs. 2 SGB IX. b) Die Sehbehinderung des Klägers ist nach wie vor mit einem GdB von 20 zu bewerten. Zwar hat Dr. H. in dem aktuellen Attest vom 26.11.2012 eine beginnende Macula-Degeneration nun auch am linken Auge beschrieben, der Visus links ist - entsprechend - auf 0,6 abgesunken. Aber dafür hat er nunmehr am rechten Auge einen Visus von 0,2 (statt bislang 0,16) angegeben. Dies führt dazu, dass die Sehbehinderung insgesamt nach der Tabelle bei Teil B Nr. 4.3 VG nach wie vor zu einem GdB von 20 führt. Dieser gilt für alle Fälle mit einem Restvisus von 0,2 auf dem einen und einem solchen von 0,5 bis 0,63 auf dem anderen Auge. Bei einem Visus von 0,8 auf dem besseren Auge wäre nur ein GdB von 15 anzunehmen; bei einem entsprechenden Visus von 0,4 ergäbe sich ein GdB von 25. c) Auch der Senat sieht die psychische Behinderung des Klägers mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet. Ein GdB von 30 bis 40 für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen setzt nach Teil B Nr. 3.7 VG eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägte depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen) voraus. Diese Anforde-rungen sind hier nicht erfüllt. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat im Wesentlichen auf den Entlassungsbericht der Klinik Schloss W ... Dieser ist überzeugender als die Zeugenaussagen von Dr. S.-R. und Ärztin G ... Während der Rehabilitation stand der Kläger für längere Zeit unter ärztlicher Betreuung, sodass eine umfassendere Einschätzung möglich ist. Auch hatte Dr. S.-R. insgesamt eine rezidivierende depressive Erkrankung und nur gegenwärtig eine mittelgradige Episode angenommen und unter Frage 5 ihrer Aussage augenscheinlich nur diese Episode mit einem GdB von 30 bewertet. Für die Bewertung mit einem GdB ist aber der Durchschnittszustand während eines längeren Zeitraums maßgeblich. Die Zeugenaussage von Ärztin G. vom 09.08.2011 überzeugt schon deshalb weniger als der Entlassungsbericht, weil sie (unter Frage 3) bestimmte Symptome (starke Unruhe ) als feststehend (gesichert) beschreibt, während diese in dem Entlassungsbericht - an dem die Ärztin selbst beteiligt war - nur teilweise als solche Diagnose (Bl. 2.4) genannt sind und sich im Übrigen nur in der Beschwerdeschilderung des Klägers (Bl. 2.2) wiederfinden. Die Feststellungen und Bewertungen des Entlassungsberichts tragen nicht die Annahme, bei dem Kläger liege eine stärker behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Nach den Angaben des Klägers stehen im Vordergrund eine Nervosität und ggfs. daraus folgende Schlafstörungen. Ein Grund mögen - neben einer familiären Belastung durch die Erkrankung der Ehefrau - Sorgen um den Arbeitsplatz sein, den der Kläger bei einem Unternehmen hat, das zwischenzeitlich ein Insolvenzverfahren durchlaufen hat. Die übrigen Angaben des Klägers sind vage. So hat er mitgeteilt, er fühle sich "manchmal wegen Lustlosigkeit benachteiligt". Nach wie vor verfügt der Kläger über den "kleinen" Bekanntenkreis, fährt Fahrrad, läuft und geht in die Sauna. Dass er ohne relevante Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vollschichtig im Schichtbetrieb als Maschinenbediener tätig ist, stände zwar eine stärker behindernden Störung nicht zwingend entgegen, zumal z. B. die Arbeit des Klägers keine stärkeren sozialen Kontakte erfordert. Aber dieser Umstand ist ein weiteres Indiz, dass die sozialen Funktionen und Fähigkeiten des Klägers (bezogen sogar auf die Teilhabe an der Gesellschaft insgesamt und nicht nur berufliche Umstände) nicht übermäßig eingeschränkt sind. Bestätigt wird diese Einschätzung letztlich durch die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 15.08.2012, die das SG in dem angegriffenen Urteil wiedergegeben hat. Das Kratzen des Klägers führt nicht zu einer höheren GdB-Bewertung. Wäre es eine echte Zwangskrankheit auch mit den vom Kläger in der Klageschrift beschriebenen Folgen für die Stirnhaut, so käme ein höherer GdB in Betracht. Zwangskrankheiten beeinträchtigen grundsätzlich stark die Teilhabe an der Gesellschaft. Dies zeigt sich in der Regelung in Teil B Nr. 3.7 VG, die für "schwere Zwangskrankheiten" sogar GdB-Werte ab 50 vorsehen, sofern mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten, z. B. eine erhebliche - negative - Auffälligkeit bei anderen Menschen bestehen. Aber beim Kläger kann nicht von einer Zwangskrankheit in diesem Sinne ausgegangen werden. Vielmehr scheint ein Kratzen an der Stirn im gesellschaftlich üblichen und akzeptierten Ausmaß vorzuliegen, das allenfalls gelegentlich zu Hautschäden an der Stirn führt. Blutende Stellen hat keiner der gehörten Ärzte beschrieben. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung - obwohl der Kläger hier sicher angespannt war - weder ein Kratzen noch Verletzungen an der Stirn wahrgenommen. Auch der Entlassungsbericht aus W. vermerkt das Kratzen nur in der Eigenanamnese des Klägers, nicht aber wurde ein solches Symptom dort objektiv festgestellt. Zu berücksichtigen ist auch, dass der psychische Zustand des Klägers in W. ausweislich des Entlassungsberichts durch die Rehabilitation erheblich verbessert werden konnte. Es wurden eine körperliche Aktivierung und ein besserer Umgang mit seinen Emotionen beschrieben. Dies deutet darauf hin, dass die psychischen Beeinträchtigungen auch in dem zuvor vorliegenden Ausmaß jedenfalls keinen über sechs Monate hinweg laufenden Dauercharakter hatten, der aber für die Annahme und die Bewertung einer Behinderung notwendig ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). d) Ein Riss der langen Bizepssehne bedingt nach Teil B Nr. 18.13 VG ohne weitere Funktionsbeeinträchtigungen einen GdB von 0 bis 10. Entsprechend hat der Beklagte hier zutreffend einen GdB von 10 zuerkannt. Einschränkungen in der Beweglichkeit des linken Arms als Folge dieses Risses hat der Kläger nicht geltend gemacht. Sie sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr wurden die oberen (und die unteren) Extremitäten in dem Entlassungsbericht aus W. als frei beweglich beschrieben. e) Für die Wirbelsäulenschäden des Klägers ist - entgegen den bisherigen Feststellungen des Beklagten - ein GdB von 10 anzunehmen. Es liegen in ein oder zwei Wirbelsäulenabschnitten geringe funktionelle Auswirkungen im Sinne von Teil B Nr. 18.9 VG vor, und zwar an der Hals- und an der Lendenwirbelsäule. Dies ergibt sich, nachdem allerdings in dem Entlassungsbericht keine solchen Symptome genannt werden und der Kläger bei dem Orthopäden Dr. G. seit Februar 2010 nicht mehr in Behandlung war, aus dem Attest von Dr. W. vom 25.10.2011. Dort ist von einer Zunahme der Hyperlordose und der Spondylarthrose gegenüber früheren Aufnahmen und von einer daraus folgenden Verschlechterung der Beschwerden die Rede. Der Kläger hat dort über eine Lumbalgie mit Ausstrahlungen in die rechte Hüfte berichtet. Dr. W. hat die HWS als allseitig schmerzhaft eingeschränkt und die LWS als druckschmerzhaft beschrieben. Auch hatte sich z. B. der FBA (Finger-Boden-Abstand) von 25 cm in W. auf 40 cm vergrößert. Allerdings waren die Hüften auch hier noch beidseits frei ohne Schmerzangabe. Für einen GdB von 20, der z. B. mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt voraussetzt, ergeben sich dagegen keine genügenden Anhaltspunkte. f) Den Gesamt-GdB aus diesen Einzel-GdB von 20, 20, 10 und 10 hat das SG zutreffend nach Teil A Nr. 3 lit. a bis d VG mit 30 angenommen. Dem schließt sich der Senat an.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
3. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG).
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 statt des bislang zuerkannten von 30. Bei dem am 26.12.1957 geborenen Kläger, der über eine portugiesische Staatsangehörigkeit verfügt und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, wurde zuletzt mit Bescheid vom 26.10.2007 ein GdB von 20 seit dem 13.08.2007 wegen einer seelischen Störung festgestellt. In dem damaligen Verwaltungsverfahren wurde auch der Entlassungsbericht von Dr. G. u. a. vom 02.03.2007 über eine stationäre Rehabilitation des Klägers in der Klinik G. vom 02.01. bis 12.02.2007 vorgelegt. Ein Neufeststellungsantrag des Klägers vom 14.06.2010 wegen orthopädischer Beschwerden, darunter der Folgen eines Risses der Bizepssehne, wurde mit Bescheid vom 15.07.2010 abgelehnt. Am 17.01.2011 beantragte der Kläger bei dem als Versorgungsamt zuständigen Landratsamt G. (LRA) erneut Neufeststellung. Er trug vor, sein Augenlicht betrage nur noch 8 bis 10 %. Das LRA zog unter anderem einen Bericht des Augenarztes Dr. H. vom 08.07.2010 bei. Hiernach bestanden bei dem Kläger ein Macula-Ödem rechts und der Verdacht auf (V.a.) eine Macula-Degeneration rechts; der Visus betrug korrigiert (cc) 0,1 rechts und 1,0 links. Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 28.01.2011 lehnte das LRA den Antrag mit Bescheid vom 01.02.2011 ab. Im Widerspruchsverfahren reichte der Kläger einen weiteren Bericht von Dr. H. vom 10.02.2011 nach, nach dem die Makula-Degeneration rechts - bei unveränderten Visen - nunmehr gesichert sei. Dr. H. nahm unter dem 01.03.2011 dahin Stellung, dass für die Sehminderung und die seelische Störung je ein Einzel-GdB von 20 anerkannt werden könne und der Gesamt-GdB 30 betrage. Das LRA stellte daraufhin mit Teil-Abhilfe-Bescheid vom 17.03.2011 einen GdB von 30 ab dem 17.01.2011 fest. Den weitergehenden, nicht weiter begründeten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart als Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2011 zurück. Am 20.04.2011 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, die seelische Störung und die Sehminderung seien nicht ausreichend gewürdigt. Der Riss der Bizepssehne links und die Wirbelsäulenbeschwerden seien überhaupt nicht berücksichtigt. Er leide an erheblichen Angstattacken, fühle sich niedergeschlagen und könne keine Freude mehr empfinden. Er nehme Antidepressiva, die aber wirkungslos seien. Es bestehe das zwanghafte Verhalten, sich nahezu täglich die Stirn blutig zu kratzen. Der Kratzreflex sei unwillkürlich. Die Wunde am Kopf werde ständig größer und entzünde sich. Er leide auch an dem eingeschränkten Stereosehen und könne kleinere Gegenstände kaum noch erkennen. Dies sei auch bei der Ausübung seines Berufs als Maschinenbediener problematisch. Er könne auch den linken Arm nur noch eingeschränkt belasten und mittelschwere Gewichte kaum noch heben oder tragen. An der Wirbelsäule bestehe eine skoliotische Fehlhaltung. Es seien auch eine breitbasige Protrusion und ein kleiner Prolaps diagnostiziert worden. Nachdem das beklagte Land der Klage entgegengetreten war, hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Neurologin und Psychiaterin Dr. S.-R. hat unter dem 07.07.2011 bekundet, es bestehe eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig. Diese sei gleichbleibend. Es könne ein GdB von 30 angenommen werden. Im Frühjahr 2010 sei es im Rahmen einer Unruhesymptomatik bei Depression zu massivem selbstschädigendem Verhalten in dem Sinne gekommen, dass sich der Kläger die Stirnhaut blutig aufgekratzt habe. Augenarzt Dr. H. hat unter dem 18.07.2011 die bekannten Diagnosen bestätigt und einen Visus (cc) von 0,16 rechts und 0,7 links angegeben. Dr. G., Arzt an der chirurgischen und orthopädischen S.-Klinik, hat mit Schreiben vom 25.07.2011 mitgeteilt, es bestehe ein Zustand nach (Z.n.) distaler Bizeps¬seh¬nen¬ruptur links. Ärztin Groß von der Psychosomatischen Klinik Schloss W. in M. hat unter dem 09.08.2011 die psychiatrische Diagnose von Dr. S.-R. bestätigt und von starker Unruhe und Anspannung, Grübelneigung, Schlaflosigkeit bei ständiger Müdigkeit, Antriebsstörungen, Niedergeschlagenheit und sozialem Rückzug seit zwei Jahren berichtet. Sie hat insoweit einen GdB von 40 vorgeschlagen. Der Kläger hat ferner das Attest des Orthopäden Dr. W. vom 25.10.2011 (chronische Lumboischialgie, chronisches Cervikalsyndrom) vorgelegt. Das SG hat sodann den vollständigen Entlassungsbericht aus Schloss W. vom 14.07.2011 über die stationäre Behandlung des Klägers daselbst vom 07.06. bis 12.07.2011 beigezogen. Auf die darin enthaltenen Ausführungen u. a. von Ärztin G. wird verwiesen. Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 15.08.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Abänderung des bindenden Bescheids vom 26.10.2007 in Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 17.03.2011 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) lägen nicht vor. Bei dem Kläger sei weiterhin im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) ein GdB von 30 anzunehmen. Zur Bewertung der aus den Gesundheitsschäden folgenden Funktionsbeeinträchtigungen seien im Streitzeitraum bis zum 31.12.2008 die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht als antizipiertes Sachverständigengutachten (AHP) und ab dem 01.01.2009 die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) als Anlage zu der nach § 30 Abs. 16 Bundesversorgungsgesetz (BVG) erlassenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) heranzuziehen. Hiernach seien die psychiatrischen Behinderungen des Klägers mit einem GdB von 20 zu bewerten. Für eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wie sie nach Teil B Nr. 3.7 VG für einen GdB von 30 vorauszusetzen sei, beständen keine Anhaltspunkte. Insbesondere seien aus dem Entlassungsbericht vom 14.07.2011 keine allzu starken Beeinträchtigungen ersichtlich. Der Kläger habe dort ein gutes Verhältnis zu seiner Familie und einem kleinen Bekanntenkreis geschildert, er gehe Hobbies wie Fahrradfahren und Saunabesuchen nach. In den zwölf Monaten vor der Rehabilitations-maßnahme in W. sei er nicht arbeitsunfähig gewesen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Angaben des Klägers während der mündlichen Verhandlung. So habe das SG dort das vom Kläger angegebene zwanghafte Kratzen nicht wahrnehmen können. Es sei auch keine Wunde auf der Stirn sichtbar gewesen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wieso hier eine ständige Zwangshandlung anzunehmen sein solle. Der Kläger habe auch selbst angegeben, einen geregelten Tagesablauf zu haben und seine Hobbies auszuüben. Für die dauernden Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet in Form der Behinderung der Wirbelsäule sei kein GdB anzunehmen. Maßstab seien hier die Vorgaben in Teil B Nr. 18.9 VG. Dr. G. habe den Kläger seit 2010 nicht mehr gesehen und daher keine Angaben zu etwaigen Einschränkungen machen können. Das Attest von Dr. W. biete ebenfalls keine Anhaltspunkte für Instabilitäten der Wirbelsäule oder Bewegungseinschränkungen. Der Kläger habe auch nichts dergleichen konkret vorgetragen. Er habe nur angegeben, er leide an Rückenschmerzen und Bewegungseinschränkungen, die aber kein Arzt bestätigen könne. Die Bewegungsmaße nach dem Entlassungsbericht aus W. zeigten allenfalls geringfügige Bewegungsein-schränkungen an der Wirbelsäule. Die oberen und unteren Extremitäten seien dort als frei beweglich beschrieben worden. Die Sehminderung des Klägers mit Visen von 0,16 rechts und 0,7 links sei nach Teil B Nr. 4.3 VG zutreffend mit einem GdB von 20 bewertet. Der Riss der Bizepssehne im linken Arm bedinge nur einen GdB von 10. Nach Teil B Nr. 18.13 VG seien hierfür nur GdB-Werte von 0 bis 10 vorgesehen; dieser Spielraum sei bereits nach oben ausgeschöpft. Weitergehende Funktionseinbußen seien nicht ersichtlich. Insgesamt, so das SG, ergebe sich nach den Kriterien aus Teil A Nr. 3 VG ein Gesamt-GdB von 30, wie ihn der Beklagte festgestellt habe. Gegen dieses Urteil, das seinen Prozessbevollmächtigten am 04.10.2012 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 25.10.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er rügt, das SG habe die von Ärztin G. und Dr. S.-R. angegebenen GdB-Werte nicht gewürdigt. Auch habe ein psychiatrisches Gutachten eingeholt werden müssen. Er behauptet ferner, seine Sehbehinderung habe sich verschlechtert. Hierzu hat er das Attest von Dr. H. vom 26.11.2012 vorgelegt. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. August 2012 aufzuheben und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 01. Februar 2011 in Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 17. März 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 01. April 2011 zu verpflichten, bei dem Kläger ab dem 17. Januar 2011 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verweist auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 10.12.2012. Hiernach ergebe sich aus dem Entlassungsbericht vom 14.07.2011, dass der Kläger bereits bei Aufnahme nur an einer allenfalls subdepressiven Stimmung bei unbeeinträchtigten kognitiven Fähigkeiten und unauffälligem Antrieb und Affekt gelitten habe. Es habe keine Suizidalität bestanden. Ferner würden dort das Behandlungsergebnis als zufriedenstellend und die depressive Stimmungslage als deutlich verbessert beschrieben. Eine anhaltende und therapeutisch nicht beeinflussbare stärker behindernde seelische Störung sei nicht nachweislich abzuleiten. Der Beklagte hat sich unter dem 22.01.2013, der Kläger mit Schriftsatz vom 11.02.2013 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat entscheidet nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat in dem angegriffenen Urteil die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGG) zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht aus § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX kein Anspruch auf Zuerkennung eines höheren GdB als 30 zu. Zur Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffende Begründung des SG in dem angegriffenen Urteil. Dies gilt insbesondere für die Ausführungen zur Anwendbarkeit der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) als Anlage zu § 1 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) für Zeiten seit dem 01.01.2009 und zur Heranziehung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und bei Fragen des Schwerbehindertenrechts (AHP) bis Ende 2008. Ergänzend ist lediglich auszuführen: a) Als freizügigkeitsberechtigtem portugiesischem Staatsangehörigen mit deshalb gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland kann dem Kläger der begehrte Anspruch zustehen, § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), § 2 Abs. 2 SGB IX. b) Die Sehbehinderung des Klägers ist nach wie vor mit einem GdB von 20 zu bewerten. Zwar hat Dr. H. in dem aktuellen Attest vom 26.11.2012 eine beginnende Macula-Degeneration nun auch am linken Auge beschrieben, der Visus links ist - entsprechend - auf 0,6 abgesunken. Aber dafür hat er nunmehr am rechten Auge einen Visus von 0,2 (statt bislang 0,16) angegeben. Dies führt dazu, dass die Sehbehinderung insgesamt nach der Tabelle bei Teil B Nr. 4.3 VG nach wie vor zu einem GdB von 20 führt. Dieser gilt für alle Fälle mit einem Restvisus von 0,2 auf dem einen und einem solchen von 0,5 bis 0,63 auf dem anderen Auge. Bei einem Visus von 0,8 auf dem besseren Auge wäre nur ein GdB von 15 anzunehmen; bei einem entsprechenden Visus von 0,4 ergäbe sich ein GdB von 25. c) Auch der Senat sieht die psychische Behinderung des Klägers mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet. Ein GdB von 30 bis 40 für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen setzt nach Teil B Nr. 3.7 VG eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägte depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen) voraus. Diese Anforde-rungen sind hier nicht erfüllt. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat im Wesentlichen auf den Entlassungsbericht der Klinik Schloss W ... Dieser ist überzeugender als die Zeugenaussagen von Dr. S.-R. und Ärztin G ... Während der Rehabilitation stand der Kläger für längere Zeit unter ärztlicher Betreuung, sodass eine umfassendere Einschätzung möglich ist. Auch hatte Dr. S.-R. insgesamt eine rezidivierende depressive Erkrankung und nur gegenwärtig eine mittelgradige Episode angenommen und unter Frage 5 ihrer Aussage augenscheinlich nur diese Episode mit einem GdB von 30 bewertet. Für die Bewertung mit einem GdB ist aber der Durchschnittszustand während eines längeren Zeitraums maßgeblich. Die Zeugenaussage von Ärztin G. vom 09.08.2011 überzeugt schon deshalb weniger als der Entlassungsbericht, weil sie (unter Frage 3) bestimmte Symptome (starke Unruhe ) als feststehend (gesichert) beschreibt, während diese in dem Entlassungsbericht - an dem die Ärztin selbst beteiligt war - nur teilweise als solche Diagnose (Bl. 2.4) genannt sind und sich im Übrigen nur in der Beschwerdeschilderung des Klägers (Bl. 2.2) wiederfinden. Die Feststellungen und Bewertungen des Entlassungsberichts tragen nicht die Annahme, bei dem Kläger liege eine stärker behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Nach den Angaben des Klägers stehen im Vordergrund eine Nervosität und ggfs. daraus folgende Schlafstörungen. Ein Grund mögen - neben einer familiären Belastung durch die Erkrankung der Ehefrau - Sorgen um den Arbeitsplatz sein, den der Kläger bei einem Unternehmen hat, das zwischenzeitlich ein Insolvenzverfahren durchlaufen hat. Die übrigen Angaben des Klägers sind vage. So hat er mitgeteilt, er fühle sich "manchmal wegen Lustlosigkeit benachteiligt". Nach wie vor verfügt der Kläger über den "kleinen" Bekanntenkreis, fährt Fahrrad, läuft und geht in die Sauna. Dass er ohne relevante Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vollschichtig im Schichtbetrieb als Maschinenbediener tätig ist, stände zwar eine stärker behindernden Störung nicht zwingend entgegen, zumal z. B. die Arbeit des Klägers keine stärkeren sozialen Kontakte erfordert. Aber dieser Umstand ist ein weiteres Indiz, dass die sozialen Funktionen und Fähigkeiten des Klägers (bezogen sogar auf die Teilhabe an der Gesellschaft insgesamt und nicht nur berufliche Umstände) nicht übermäßig eingeschränkt sind. Bestätigt wird diese Einschätzung letztlich durch die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 15.08.2012, die das SG in dem angegriffenen Urteil wiedergegeben hat. Das Kratzen des Klägers führt nicht zu einer höheren GdB-Bewertung. Wäre es eine echte Zwangskrankheit auch mit den vom Kläger in der Klageschrift beschriebenen Folgen für die Stirnhaut, so käme ein höherer GdB in Betracht. Zwangskrankheiten beeinträchtigen grundsätzlich stark die Teilhabe an der Gesellschaft. Dies zeigt sich in der Regelung in Teil B Nr. 3.7 VG, die für "schwere Zwangskrankheiten" sogar GdB-Werte ab 50 vorsehen, sofern mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten, z. B. eine erhebliche - negative - Auffälligkeit bei anderen Menschen bestehen. Aber beim Kläger kann nicht von einer Zwangskrankheit in diesem Sinne ausgegangen werden. Vielmehr scheint ein Kratzen an der Stirn im gesellschaftlich üblichen und akzeptierten Ausmaß vorzuliegen, das allenfalls gelegentlich zu Hautschäden an der Stirn führt. Blutende Stellen hat keiner der gehörten Ärzte beschrieben. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung - obwohl der Kläger hier sicher angespannt war - weder ein Kratzen noch Verletzungen an der Stirn wahrgenommen. Auch der Entlassungsbericht aus W. vermerkt das Kratzen nur in der Eigenanamnese des Klägers, nicht aber wurde ein solches Symptom dort objektiv festgestellt. Zu berücksichtigen ist auch, dass der psychische Zustand des Klägers in W. ausweislich des Entlassungsberichts durch die Rehabilitation erheblich verbessert werden konnte. Es wurden eine körperliche Aktivierung und ein besserer Umgang mit seinen Emotionen beschrieben. Dies deutet darauf hin, dass die psychischen Beeinträchtigungen auch in dem zuvor vorliegenden Ausmaß jedenfalls keinen über sechs Monate hinweg laufenden Dauercharakter hatten, der aber für die Annahme und die Bewertung einer Behinderung notwendig ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). d) Ein Riss der langen Bizepssehne bedingt nach Teil B Nr. 18.13 VG ohne weitere Funktionsbeeinträchtigungen einen GdB von 0 bis 10. Entsprechend hat der Beklagte hier zutreffend einen GdB von 10 zuerkannt. Einschränkungen in der Beweglichkeit des linken Arms als Folge dieses Risses hat der Kläger nicht geltend gemacht. Sie sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr wurden die oberen (und die unteren) Extremitäten in dem Entlassungsbericht aus W. als frei beweglich beschrieben. e) Für die Wirbelsäulenschäden des Klägers ist - entgegen den bisherigen Feststellungen des Beklagten - ein GdB von 10 anzunehmen. Es liegen in ein oder zwei Wirbelsäulenabschnitten geringe funktionelle Auswirkungen im Sinne von Teil B Nr. 18.9 VG vor, und zwar an der Hals- und an der Lendenwirbelsäule. Dies ergibt sich, nachdem allerdings in dem Entlassungsbericht keine solchen Symptome genannt werden und der Kläger bei dem Orthopäden Dr. G. seit Februar 2010 nicht mehr in Behandlung war, aus dem Attest von Dr. W. vom 25.10.2011. Dort ist von einer Zunahme der Hyperlordose und der Spondylarthrose gegenüber früheren Aufnahmen und von einer daraus folgenden Verschlechterung der Beschwerden die Rede. Der Kläger hat dort über eine Lumbalgie mit Ausstrahlungen in die rechte Hüfte berichtet. Dr. W. hat die HWS als allseitig schmerzhaft eingeschränkt und die LWS als druckschmerzhaft beschrieben. Auch hatte sich z. B. der FBA (Finger-Boden-Abstand) von 25 cm in W. auf 40 cm vergrößert. Allerdings waren die Hüften auch hier noch beidseits frei ohne Schmerzangabe. Für einen GdB von 20, der z. B. mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt voraussetzt, ergeben sich dagegen keine genügenden Anhaltspunkte. f) Den Gesamt-GdB aus diesen Einzel-GdB von 20, 20, 10 und 10 hat das SG zutreffend nach Teil A Nr. 3 lit. a bis d VG mit 30 angenommen. Dem schließt sich der Senat an.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
3. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 SGG).
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