Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 25 AL 156/08 WA
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 21/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist der Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe mit den daraus resultierenden Folgen.
Nachdem im Jahr 2001 ein erster Antrag des 1942 geborenen, zuvor als Anlageberater selbständig tätig gewesenen Klägers auf Bewilligung von Arbeitslosengeld von der Beklagten abgelehnt worden war, weil er zuvor keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hatte, beantragte das Versicherungsbüro K. und S., dessen Inhaber der Zeuge B. war, im Mai 2002 bei der Beklagten die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen für die Dauer von 36 Monaten. Der Zeuge B. gab an, er werde den Kläger, dem 1977 ein Schwerbehindertenausweis aufgrund eines festgestellten Grades der Behinderung von 50 nebst erheblicher Gehbehinderung ausgestellt worden war, ab 1. Juni 2002 als Vertriebsleiter im Außendienst beschäftigen und ihm ein Arbeitsentgelt von 4.550,- EUR brutto monatlich zahlen. Die Beklagte bewilligte den beantragten Zuschuss für die Zeit vom 1. Juni 2002 bis 31. Mai 2005, zunächst in Höhe von 3.780,- EUR monatlich, ab 1. Juni 2004 in Höhe von 3.240,- EUR monatlich. Die Fragen, ob der Kläger aufgrund des damals behaupteten Arbeitsvertrages vom Zeugen B. beschäftigt wurde, ob es sich insgesamt oder teilweise im Hinblick auf die Höhe der angegebenen Vergütung um ein Scheingeschäft handelte, waren Gegenstand später geführter Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht Hamburg (Kündigungsschutzklage unter dem Aktenzeichen 23 Ca 14/06 bzw. Berufungsaktenzeichen 3 Sa 2/07, Beendigung mit gerichtlichem Vergleich vom 4. April 2008) sowie vor dem Amtsgericht Hamburg-Bergedorf (Strafsache gegen den Kläger und den Zeugen B. wegen gemeinschaftlichen Betrugs zulasten der Beklagten unter dem Aktenzeichen 411a Ds 3105 Js 338/06 (211/07), Beendigung mit freisprechendem Urteil vom 26. Oktober 2009).
Am 9. Januar 2006 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum Folgetag bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld, da ihm am 4. Januar 2006 fristlos gekündigt worden sei. In der von dem Zeugen B. ausgefüllten Arbeitsbescheinigung war angegeben, dass das Beschäftigungsverhältnis vom 1. Juni 2002 bis 5. Dezember 2005 bestanden habe. Vom 27. Mai 2004 bis 5. Dezember 2005 sei der Kläger krank gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch den Arbeitgeber zum 5. Dezember 2005 wegen Arbeitsverweigerung gekündigt worden. In dem - dem Kläger am 4. Januar 2006 per Einschreiben/Rückschein zugegangenen - Kündigungsschreiben vom 24. Dezember 2005 hieß es unter Bezugnahme auf die Zustimmung des Integrationsamtes zur außerordentlichen Kündigung vom 20. Dezember 2005, der Kläger sei nach seiner Krankenzeit ohne Einverständnis des Zeugen B. nicht zur Arbeit erschienen. Er hätte ab dem 5. Dezember 2005 seine Arbeit aufnehmen müssen, da er gesundgeschrieben gewesen sei. Er sei zur Arbeitsaufnahme nicht erschienen, obwohl er schriftlich abgemahnt worden und die fristlose Kündigung angedroht worden sei.
Mit Bescheid vom 3. Februar 2006 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 6. Dezember 2005 bis 27. Februar 2006, das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs in diesem Zeitraum sowie dessen Minderung um 90 Tage fest (Sperrzeitbescheid). Mit weiterem Bescheid vom 7. Februar 2006 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld für 360 Tage bei einem Anspruchsbeginn am 9. Januar 2006 mit einem Zahlungsanspruch von zunächst 0,00 EUR und ab 28. Februar 2006 bis 29. November 2006 in Höhe von täglich 47,49 EUR bewilligt (Bewilligungsbescheid); der tägliche Zahlbetrag wurde in der Folge mit zwei Änderungsbescheiden vom 28. März 2006 und 3. August 2006 zunächst auf 47,66 EUR erhöht und dann wieder auf 47,53 EUR abgesenkt.
Gegen die Feststellung einer Sperrzeit nebst daraus resultierenden Folgen legte der Kläger am 6. Februar Widerspruch mit der Begründung ein, die Kündigung sei nicht wirksam. Das ihm zum Vorwurf gemachte Verhalten sei nicht vertragswidrig. Nach der sehr frühzeitigen Bekanntgabe und Beantragung seines Urlaubswunsches habe er auch ohne Vorliegen des Einverständnisses des Arbeitgebers nicht am 5. Dezember 2005 seine Arbeit aufnehmen müssen, weil der Arbeitgeber selbst keinen den Wünschen des Klägers zuwider laufenden alternativen Urlaubsplan aufgestellt habe. Er habe seinem Arbeitgeber frühzeitig seinen Wunsch nach Antritt eines Erholungsurlaubs unmittelbar im Anschluss an die am 2. Dezember 2012 beendete postoperative Rehabilitationsmaßnahme mitgeteilt. Diesen Urlaubsantrag hätte der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 Satz 3 und auch nach dessen Abs. 3 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) genehmigen müssen. Er, der Kläger, habe den vollen Urlaubsanspruch für 2005 von 35 Arbeitstagen zu beanspruchen gehabt. Der konkrete Beginn des Urlaubsantritts sei dem Arbeitgeber umgehend nach Kenntnis der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt worden. Es habe zum Urlaubsantritt ab 5. Dezember 2005 weder rechtlich noch zeitlich eine praktische Alternative gegeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Beschäftigungsverhältnis sei von dem Arbeitgeber zum 5. Dezember 2005 wegen vertragswidrigen Verhaltens des Klägers gelöst worden. Das vertragswidrige Verhalten sei darin zu sehen, dass der Kläger seinen Urlaub ohne vorherige Absprache mit dem Arbeitgeber angetreten habe. Der Kläger habe damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber das Verhalten nicht hinnehmen, sondern das Beschäftigungsverhältnis beenden würde. Er sei durch den Arbeitgeber mehrfach, unter anderem am 22. Oktober 2005, darauf hingewiesen worden, dass ein Urlaub nur nach vorheriger Genehmigung angetreten werden dürfe. Daher habe er die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Ein wichtiger Grund hierfür sei nicht erkennbar. Dem Kläger sei ein anderes Verhalten im Einklang mit § 5 des Anstellungsvertrages zuzumuten gewesen, wonach der Zeitpunkt des Urlaubsantritts mit den betrieblichen Notwendigkeiten abzustimmen sei.
Mit der am 11. April 2006 hiergegen erhobenen Klage (Aktenzeichen zunächst S 25 AL 332/06) hat der Kläger unter anderem vorgetragen, der Arbeitgeber habe zu keiner Zeit irgendein Interesse daran gehabt, dass er, der Kläger, den Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt nehmen sollte, sondern nur die Gelegenheit genutzt, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ohnehin habe er seinen Urlaub niemals genehmigt bekommen, sondern schlicht angetreten. Er habe bei seinem Urlaubsantritt keine Alternative und keine Wahl mehr gehabt. Zwar habe ihn der Arbeitgeber, der die Ausdehnung des Urlaubsanspruchs über den 31. März des Folgejahres hinaus abgelehnt habe, mehrfach darauf hingewiesen, dass ein Urlaub nur nach vorheriger Genehmigung angetreten werden dürfe. Dies sei aber weder eine Abmahnung noch ein konkretes Urlaubsverbot. Er sei nach weitgehender Besserung der unmittelbar mit der Zwerchfell-Bruch-Operation im Sommer 2005 zusammenhängenden Folgen (Wunden, Atmungsbeschwerden, Schulterschmerzen, Schluckproblematik u.a.) ab Mitte/Ende September 2005 noch nicht hundertprozentig arbeitsfähig gewesen. Die restliche Wiederherstellung der vollen Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit hätte entweder mittels einer angeratenen Kurmaßnahme bewirkt oder im Zuge einer stufenweisen Wiedereingliederung parallel dazu ambulant durchgeführt werden können. Da für den Arbeitgeber eine stufenweise Wiedereingliederung erklärtermaßen nicht in Betracht gekommen sei, er eine neuerliche Reha-Kur nicht habe finanzieren können, hätten die verordneten Rehabilitationsmaßnahmen in Form von 30 intensiven physiotherapeutischen Dreifachbehandlungen (heiße Rolle, Krankengymnastik, manuelle Therapie) nur ambulant vor Ort durchgeführt werden können. Mit der Klage hat der Kläger auch darauf hingewiesen, dass sein ehemaliger Arbeitgeber gegenüber dem Integrationsamt am 6. Dezember 2005 zunächst die Zustimmung zur Kündigung wegen unzumutbarer Risiken wegen der lang andauernden Arbeitsunfähigkeit und der gesundheitlichen Situation des Klägers und erst danach am 13. Dezember 2005 wegen des eigenmächtigen Urlaubs beantragt habe. Da er bis zum Ende seiner Arbeitsunfähigkeit Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch genommen habe, habe er einen Anspruch auf Urlaub nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG gehabt.
Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das Sozialgericht im Rahmen der Amtsermittlung Unterlagen aus den oben erwähnten arbeits- und strafgerichtlichen Verfahren beigezogen, aus denen sich unter anderem ergab, dass die von dem Kläger vor dem Arbeitsgericht Hamburg erhobene Klage gegen die Kündigung zunächst abgewiesen worden war (Urteil vom 29. November 2006). Zur Begründung hat das Arbeitsgericht Hamburg ausgeführt, zwischen den Parteien sei gar kein wirksames Arbeitsverhältnis zustande gekommen, da es wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sei. Der Prozessbevollmächtigte des Zeugen B. hatte in jenem Verfahren erklärt, der Arbeitsvertrag sei zur Täuschung der Bundesagentur für Arbeit fingiert worden. Außerdem hatte er betont, dass der Kläger sich geweigert habe, ihn zu sprechen. Er habe mehrfach schriftlich, zuletzt mit Telefax vom 5. Dezember 2005, darauf hingewiesen, dass er bei eigenmächtig angetretenem Urlaub fristlos kündigen würde.
Nachdem das Arbeitsgericht Hamburg Zweifel an der Wirksamkeit des Arbeitsverhältnisses des Klägers geäußert hatte und Berufung gegen dieses Urteil eingelegt worden war, hat das Sozialgericht das Klageverfahren zunächst zum Ruhen gebracht.
Mit dem Wiederaufnahmeantrag vom 26. Februar 2008 hat der Kläger zugleich Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2007 in der Fassung der Bescheide vom 16. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2008 erhoben, mit denen die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 28. Februar 2006 teilweise mit der Begründung zurückgenommen und die Erstattung der Überzahlung verlangt hatte, dass das vom ehemaligen Arbeitgeber bescheinigte Entgelt bedeutend geringer gewesen sei als das tatsächliche (S 25 AL 157/09). Nach Abschluss des Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht und dem Freispruch des Klägers und seines ehemaligen Arbeitgebers in dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Hamburg-Bergedorf hat die Beklagte diese Bescheide zurückgenommen und insoweit den Klaganspruch anerkannt. Der vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg - dessen Akte beizuziehen der Kläger nicht gestattet hat - am 4. April 2008 geschlossene Vergleich hatte folgenden Inhalt: 1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen gemäß Arbeitsvertrag mit Wirkung ab 01.06.2002 bestanden hat, insbesondere mit dem Inhalt der Vergütungsregelung gemäß § 3 (monatliches Brutto-Gehalt von 4.500,00 EUR). Die Parteien bestätigen den Inhalt des in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren 1. Instanz als Anlage K 2 vorgelegten Anstellungsvertrages. 2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen infolge fristgemäßer betriebsbedingter arbeitgeberseitiger Kündigung vom 24.12.2005 zum Ablauf des 28.02.2006 beendet worden ist. Für die Zeit ab dem 03.12.2005 war der Kläger freigestellt ohne Zahlung der vertragsgemäßen Vergütung. 3. Der Beklagte erkennt an, dem Kläger netto 30.009,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu schulden. Sollte der Beklagte bis zum 30.04.2008 an den Kläger 4.000,- EUR gezahlt haben, verzichtet der Kläger auf die Restforderung.
Das Sozialgericht hat das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 25 AL 156/08 WA fortgesetzt und am 20. Januar 2011 eine mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahme durchgeführt, in der der Zeuge B. erklärt hat, er habe den Kläger eingestellt gehabt, um einen neuen Vertrieb aufzubauen; der Kläger habe angekündigt, dass man mit den Produkten, die er anbieten könne, viel Geld verdienen werde. Es habe sich dann aber kein Erfolg eingestellt. Er habe mehr Leistung verlangt und der Kläger habe sich den Arbeitsanweisungen durch Krankheit entzogen. Er habe mit ihm sprechen wollen, als er wieder genesen gewesen sei. Der Kläger habe dies aber verweigert. Wenn der Kläger am 5. Dezember 2005 seine Arbeit aufgenommen hätte, hätte er mit ihm über eine Vertragsauflösung gesprochen. Eine Zusammenarbeit mit ihm sei nicht mehr möglich gewesen. Der Kläger hat erklärt, dass er am 5. Dezember 2005 aus gesundheitlichen Gründen Erholungsurlaub benötigt habe. Bei einer Wiederaufnahme der Arbeit wäre für ihn ohnehin nichts zu tun gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass der Zeuge B. ihm bei Erscheinen im Betrieb eine Kündigung hätte aushändigen wollen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht nach §§ 144 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 sowie Abs. 3, 128 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) eine Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt und die Anspruchsdauer um ein Viertel gemindert. Der Kläger habe sich arbeitsvertragswidrig verhalten, indem er am 5. Dezember 2005 nicht zur Arbeit erschienen sei, sondern eigenmächtig einen Urlaub angetreten habe. Hierzu sei er nicht berechtigt gewesen. Der Kläger sei nach lang andauernder Arbeitsunfähigkeit ab 5. Dezember 2005 wieder arbeitsfähig gewesen. Damit habe er die arbeitsvertragliche Pflicht gehabt, an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen und seine Arbeitskraft seinem Arbeitgeber anzubieten. Ein Recht, ohne Genehmigung des Arbeitgebers Urlaub zu nehmen, habe dem Kläger nicht zugestanden. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG, wonach ein Urlaub zu gewähren sei, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlange, hätten nicht vorgelegen. Der Kläger habe zuvor keine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt. Die nach seinem Vortrag durchgeführten physiotherapeutischen Behandlungen seien nicht als eine solche anzusehen. Der Wunsch des Klägers, nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in den Urlaub zu fahren statt die Arbeit aufzunehmen und einen bereits gebuchten Urlaub auch tatsächlich durchzuführen, möge nachvollziehbar sein; er stehe aber im Gegensatz zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten. Es sei für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum der Kläger seinem Arbeitgeber nicht am 5. Dezember 2005 seine Arbeitskraft angeboten und mit ihm über die weitere Gestaltung des Arbeitsverhältnisses einschließlich der Urlaubsregelung gesprochen habe. Der Kläger habe auch gewusst, dass sein Arbeitgeber ihm kündigen würde, wenn er ohne Genehmigung seinen Urlaub antreten würde, denn dies habe ihm der Arbeitgeber, wie der Kläger selbst eingeräumt habe, mehrfach mitgeteilt. Dass der Kläger der Auffassung gewesen und bis heute auch sei, er habe ein Recht gehabt, den Urlaub auch ohne Genehmigung seines Arbeitgebers anzutreten, ändere nichts daran, dass in diesem Verhalten objektiv ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten gelegen habe. Dass in dem Kündigungsschutzprozess des Klägers vergleichsweise eine betriebsbedingte Kündigung vereinbart worden sei, sei für die Beurteilung nach sozialrechtlichen Maßstäben unbeachtlich. Das Sozialgericht habe von Amts wegen zu prüfen, ob der Arbeitnehmer durch ein vertragswidriges Verhalten Anlass für eine Kündigung gegeben habe. Weder ein arbeitsgerichtlicher Vergleich noch eine Entscheidung des Arbeitsgerichts entfalteten eine Bindungswirkung für das sozialgerichtliche Verfahren.
Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 9. März 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. April 2011, einem Montag, eingelegte Berufung des Klägers.
Er hält daran fest, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG vorgelegen hätten. Bei den im Herbst 2005 durchgeführten physiotherapeutische Behandlungen nach der im Juli 2005 durchgeführten Operation habe es sich um postoperative Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitskraft und Arbeitsfähigkeit gehandelt. Hierzu überreicht er eine Bestätigung der Süddeutschen Krankenversicherung. Unter diesem Gesichtspunkt sei seine "Selbstbeurlaubung" keineswegs schuldhaft, zumindest nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gewesen. Ihm als sich selbst beurlaubendem juristischen Laien könne allenfalls leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Er habe sich in einer Rehabilitationsmaßnahme befunden, und ihm sei selbstverständlich verborgen geblieben, dass es sich angeblich bei Rehabilitationsmaßnahmen im Sinne von § 7 Abs. 1 BUrlG ausschließlich um stationäre Maßnahmen handeln müsse. Im Übrigen hätte er eigentlich nach seiner Operation im Juli 2005 eine stationäre Anschlussheilbehandlung durchführen müssen. Die hierfür erforderliche Eigenbeteiligung habe er aber nicht aufbringen können. Deshalb habe nur eine ambulante Anschlussheilbehandlung stattgefunden. Ab 5. Dezember 2005 sei er formal gesundgeschrieben worden, damit er seinen Urlaub für eine weitere Kurmaßnahme habe einsetzen können. Hierbei habe es sich um eine Alternative zu der sonst vorgesehenen stufenweisen Widereingliederung gehandelt. Er habe bei Freunden an der N. gewohnt und die Kuranwendungen im Kurzentrum durchgeführt. Anschließend habe der Kuraufenthalt überprüft und danach besprochen werden sollen, ob und wie eine stufenweise Widereingliederung stattfinden könnte. Darüber hinaus sei die Verweigerung, seines damaligen Arbeitgebers, des Zeugen B., ihm ab 5. Dezember 2005 Urlaub zu gewähren, rechtsmissbräuchlich. Diesem sei es unstreitig nicht darauf angekommen, mit dem Wiedererscheinen des Klägers dessen Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen. Er habe mit ihm allein über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandeln bzw. ihm die Kündigungserklärung in die Hand drücken wollen. Dies rechtfertige keinesfalls die Verweigerung von Erholungsurlaub. Sofern keine betrieblichen Gründe dagegen sprächen, habe der Arbeitgeber dem Wunsch des Arbeitnehmers auf Gewährung von Urlaub nachzukommen.
Nachdem die Beklagte auf Hinweis des Senats den Sperrzeitbescheid vom 3. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 dahingehend abgeändert hat, dass die Sperrzeit ab 5. Januar 2006 - dem Tag nach Zugang der fristlosen Kündigung als sperrzeitbegründendem Ereignis - bis 29. März 2006 läuft, beantragt der Kläger,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. Januar 2011 sowie den Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 3. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 und der Bescheidfassung vom 27. März 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 7. Februar 2006, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 sowie in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28. März und 3. August 2006 zu verurteilen, ihm ab dem 9. Januar 2006 Arbeitslosengeld dem Grunde nach für 360 Tage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Der Kläger habe gegen die arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen, nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit am Arbeitsplatz zu erscheinen. Ein Recht auf Selbstbeurlaubung habe dem Kläger nicht zugestanden. Laut § 5 Satz 4 des Anstellungsvertrages vom 28. Mai 2002 sei der Zeitpunkt des jeweiligen Urlaubsantritts mit den betrieblichen Notwendigkeiten der Firma abzustimmen. Auch lägen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG nicht vor. Die von dem Kläger durchgeführten physiotherapeutischen Behandlungen seien nicht als Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Dieser Begriff ersetze den Terminus der Kur im früheren Sprachgebrauch. Es sei nur eine Anpassung des Sprachgebrauchs an sozialversicherungsrechtliche Normen erfolgt, ohne dass eine inhaltliche Änderung bezweckt gewesen wäre (Hinweise auf die Kommentierung von Lampe im Beck schen Online-Kommentar § 10 BUrlG Rn. 2, Gallner im Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Auflage 2012, § 7 BUrlG Rn. 20, sowie auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom BT-Drs. 12/5798 S. 22, fünfter Teilstrich). Durch sein arbeitsvertragswidriges Verhalten habe der Kläger Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Der Kläger habe gewusst bzw. hätte wissen müssen, dass der Urlaub nur mit Genehmigung seines Arbeitgebers angetreten werden durfte. Trotz der eindeutigen und dem Kläger bekannten Weigerung des Arbeitgebers, den Urlaub zu genehmigen, und trotz der Gewissheit, dass bei einem eigenmächtigen Urlaubsantritt eine Kündigung drohte, sei der Kläger arbeitsvertragswidrig nicht an seinem Arbeitsplatz erschienen. Ein wichtiger Grund habe ihm nicht zur Seite gestanden, da ihm ein anderes Verhalten – hier das Anbieten seiner Arbeitskraft am 5. Dezember 2005 – durchaus zuzumuten gewesen wäre. Auf einen wichtigen Grund könne sich nämlich nicht berufen, wer nicht alle zumutbaren Anstrengungen unternehme, um den Eintritt des Versicherungsfalles zu vermeiden. Da dem Kläger trotz der mehrfachen Hinweise und Abmahnungen des Arbeitgebers bewusst gewesen sei, dass er seinen Arbeitsplatz verlieren würde, falls er am 5. Dezember 2005 die Arbeit nicht antreten würde, habe er die angekündigte fristlose Kündigung billigend in Kauf genommen. Dass der Arbeitgeber am 5. Dezember 2005 angeblich lediglich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger verhandeln bzw. die Kündigungserklärung aushändigen wollte, ändere hieran nichts. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 hat die Beklagte noch die vor dem Erlass eines Sperrzeitbescheids erforderliche Anhörung nachgeholt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Protokolle des am 23. Januar 2013 durchgeführten Erörterungstermins vor dem Berichterstatter und der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 27. März 2013 sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich des Protokolls vom 27. März 2012 beigezogenen, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist nach der Änderung des festgestellten Sperrzeitzeitraums auf die zwölf Wochen nach dem Zugang der außerordentlichen Kündigung beim Kläger als sperrzeitbegründendem Ereignis im Sinne des § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) - dem Beginn der Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinn - sowie nach der Nachholung der nach § 24 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch erforderlichen Anhörung des Klägers durch die Beklagte unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Übrigen zu Recht und mit insoweit zutreffender Begründung, auf die nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer 90 Tage Arbeitslosengeld ab 9. Januar 2006. Die Beklagte hat zu Recht den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs während dieses Zeitraums und dessen Minderung um 90 Tage festgestellt.
Gegenstand des Verfahrens ist nicht nur der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 3. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 in der Fassung vom 27. März 2013, sondern darüber hinaus der korrespondierende Bewilligungsbescheid vom 7. Februar 2006, dieser ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006, in der Fassung der späteren Änderungsbescheide vom 28. März 2006 und 3. August 2006, der eine rechtliche Einheit mit dem Sperrzeitbescheid bildet (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99 R, BSGE 84, 225, Rn. 14 mwN), der jedoch nicht dem geänderten Sperrzeitbescheid dergestalt angepasst werden muss, dass der Zahlungsanspruch erst am 30. März 2006 beginnt und sich dann entsprechend nach hinten verschiebt. Die Bewilligung für die Zeit ab 28. Februar 2006 ist mangels dadurch bedingter Beschwer des Klägers bestandskräftig geworden, und der um 90 Tage geminderte Anspruch von noch 270 Tagen ist am 29. November 2006 durch Zahlung verbraucht.
Die Rechtmäßigkeit der Sperrzeit beurteilt sich nach § 144 SGB III in der Fassung vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848), dessen Voraussetzungen nach dem dortigen Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1 vorliegen. Der Kläger hat sich dadurch arbeitsvertragswidrig verhalten, dass er nach Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit Erholungsurlaub angetreten hat, ohne dies mit seinem damaligen Arbeitgeber abzustimmen. Die Pflicht, sich den Urlaub vorab genehmigen zu lassen, besteht grundsätzlich (vergleiche Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93, NZA 1994, 548; Lampe in: BeckOK BUrlG, Stand: 1. Dezember 2012, § 7 Rn 7) und war vorliegend auch ausdrücklich in § 5 Satz 2 des Anstellungsvertrags vom 28. Mai 2002 geregelt.
Der Kläger kann nicht mit dem Argument gehört werden, er habe einen Anspruch auf Urlaubsgewährung gehabt, weil er diesen im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG verlangt habe, er anderenfalls seinen wegen der langanhaltenden Arbeitsunfähigkeit noch bestehenden Resturlaub nicht mehr hätte nehmen können und sein damaliger Arbeitgeber sich durch die Weigerung, ihm Urlaub zu gewähren, treuwidrig verhalten habe. Ein solcher behaupteter Anspruch hätte von ihm im Wege des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes durchgesetzt werden können und müssen. Wegen dieser Möglichkeit ist ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, grundsätzlich abzulehnen, eine Rechtsgrundlage hierfür nicht ersichtlich (ebenso: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 1994, aaO). Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Urteil (in Rn. 25) ausgeführt, dass nicht abschließend entschieden werden müsse, ob überhaupt Sachverhaltsgestaltungen denkbar seien, in denen ausnahmsweise ein Selbstbeurlaubungsrecht des Arbeitnehmers anzuerkennen sei, wie dies etwa für den Fall vertreten werde, dass innerhalb des Urlaubsjahres, des Übertragungszeitraums oder der Kündigungsfrist nur noch ein dem restlichen Urlaubsanspruch entsprechender Zeitraum zur Verfügung stehe und der Arbeitgeber sich grundlos weigere, den Urlaub zu gewähren (Hinweis auf verschiedene Kommentierungen sowie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Januar 1991 – 6 Sa 829/90). Der Kläger räumt jedoch selbst in der Klagebegründung vom 9. April 2006 ein, dass es ihm möglich gewesen wäre, den Resturlaub noch bis 31. März des Folgejahres zu nehmen, so dass insoweit keine Gefährdung ersichtlich ist.
Im Übrigen hätte ihm auch nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG kein Anspruch auf Urlaubsgewährung zugestanden, weil die durchgeführte ambulante Rehabilitationsbehandlung keine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation im Sinne dieser Vorschrift darstellte. Diese Vorschrift wurde durch das Pflegeversicherungsgesetz vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1068) eingeführt. Mit dem Inkrafttreten der sozialen Pflegeversicherung fielen beispielsweise bei ärztlich verordneten, also medizinisch notwendigen Heilkuren die bisher üblichen – in der Regel ein bis drei – Schontage weg, die dazu gedient hatten, den Übergang von der Ruhephase im Sanatorium zum Alltagstrubel am Arbeitsplatz erleichtern. Der Gesetzgeber hielt es nunmehr für vertretbar, den Arbeitnehmer im Anschluss an eine Kurmaßnahme ("stationäre Maßnahme, die in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation oder einer vergleichbaren Einrichtung durchgeführt wird") auf einen Urlaubsanspruch zu verweisen, wenn keine Arbeitsunfähigkeit mehr bestand und nahm zur Absicherung dieser Möglichkeit die genannte Regelung in das Bundesurlaubsgesetz auf. Gleichzeitig und hiermit korrespondierend wurden Änderungen in anderen Vorschriften des BUrlG (vergleiche § 10) und des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) (vergleiche § 9) vorgenommen, wobei mit der Ersetzung des Terminus "Kur" keine inhaltliche Änderung beabsichtigt war (vergleiche Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 29. September 1993, BT-Drs. 12/5798 S. 1, 22, sowie Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 17. August 1994, BT-Drs. 12/8379, S. 1, 2; Lampe in: BeckOK BUrlG, Stand 1. Dezember 2012, § 7 Rn. 13 und § 10 Rn. 2; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 13. Auflage 2013, EFZG § 9 Rn. 6). Soweit ersichtlich, vertritt lediglich eine vereinzelte Mindermeinung in der Literatur, dass der Begriff der "medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation" in § 9 EFZG dahingehend auszulegen sei, dass es sich auch um eine ambulante Maßnahme handeln könne (Ricken in: BeckOK EFZG § 9 Rn. 17), ohne dies näher zu begründen. Vor dem Hintergrund des Wortlauts in § 9 Abs. 1 Satz 1 aE sowie Satz 2 EFZG, wonach nur solche Maßnahmen erfasst sind, "die in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt werden", der vorzitierten Gesetzesmaterialien und anderen Kommentarstellen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es erscheint auch nicht notwendig, nach ambulanten Reha-Behandlungen "Schontage" zu ermöglichen, um den Übergang zum Alltagstrubel zu erleichtern, wie es nach einer in einer stationären Maßnahme und der dort erlebten Ruhephase sinnvoll sein mag.
Das nach alledem arbeitsvertragswidrige Handeln des Klägers würde auch durch ein etwaiges treuwidriges Verhalten seines damaligen Arbeitgebers nicht zu einem vertragsgemäßen.
Durch dieses Verhalten hat der Kläger Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben. Dass der damalige Arbeitgeber die Genehmigung der Kündigung durch die Hauptfürsorgestelle des Integrationsamts zunächst mit Blick auf einen anderen Kündigungsgrund – die langen Fehlzeiten – beantragt hatte, ändert nichts daran, dass der Nichtantritt beim Arbeitgeber nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit in dem ohnehin stark belasteten Verhältnis zum Anlass der arbeitgeberseitigen Kündigung genommen wurde und genommen werden durfte.
Hierdurch hat der Kläger auch zumindest grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Auch ohne die, erst recht aber mit der Vorgeschichte mit der mehrfachen ausdrücklichen Ablehnung der Gewährung von Urlaub durch den damaligen Arbeitgeber sowie der unmissverständlichen Aufforderung, nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit am Arbeitsplatz zu erscheinen, verbunden mit der Androhung einer fristlosen Kündigung, muss dem Kläger wie jedem verständigen Arbeitnehmer klar gewesen sein, dass eine "Selbstbeurlaubung" ohne Erlaubnis des Arbeitgebers zur Kündigung führen kann. Da der damalige Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ausdrücklich abgelehnt hatte, ist sogar von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung auszugehen. Der Kläger musste auch mit einer fristlosen Kündigung rechnen und hat diese kausal herbeigeführt. Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten, und ein solches Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 1994, aaO; Lampe in: BeckOK BUrlG, § 7 Rn. 7). Allerdings wäre im Rahmen der noch vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, wenn der Arbeitgeber zu Unrecht einen Urlaubsantrag abgelehnt und von vornherein den Betriebsablauf nicht so organisiert hat, dass die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers nach den gesetzlichen Vorschriften erfüllt werden konnten (vergleiche Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 1994, aaO). Nach den obigen Ausführungen fehlt es jedoch bereits an einer rechtswidrigen Ablehnung des Urlaubsantrags, und der Urlaub hätte vor dem Verfallsdatum noch genommen werden können. Es ist darüber hinaus nachvollziehbar, dass der Zeuge B. nach der gut anderthalbjährigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers, dessen beharrlicher Weigerung, mit dem damaligen Arbeitgeber persönlich zu sprechen, und den in der Sache und im Ton durchaus heftigen schriftlichen Auseinandersetzungen auf einem persönlichen Erscheinen des Klägers am Arbeitsplatz nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zur Ermöglichung eines Gesprächs über die Frage der zukünftigen Gestaltung oder auch Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand. Ein Aufrechterhalten des Arbeitsverhältnisses – und sei es auch nur für die ordentliche Kündigungsfrist – war dem damaligen Arbeitgeber nach der ausdrücklich untersagten Selbstbeurlaubung nicht mehr zuzumuten. Einen wichtigen Grund für das Verhalten des Klägers vermag der Senat nicht zu erkennen. Es war ihm zuzumuten, nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit den Arbeitsplatz aufzusuchen, auch wenn er damit rechnen konnte, dass ein unangenehmes Gespräch und möglicherweise die Kündigung erfolgen würden. Die Notwendigkeit einer "Schonzeit" ist bei nicht mehr bestehender Arbeitsunfähigkeit nicht ersichtlich.
Eine Fallgestaltung, die aufgrund der hier im Einzelfall die Sperrzeit begründenden Umstände die Regeldauer von zwölf Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III) als unbillig hart im Sinne des § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b SGB III erscheinen ließe und eine solche von "nur" sechs Wochen begründen würde, liegt im Ergebnis nicht vor. Insbesondere ist dies nicht aufgrund des behaupteten Irrtums über das Recht zur Selbstbeurlaubung der Fall. Ein Irrtum über das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen kann nach ständiger instanzübergreifender Rechtsprechung überhaupt nur eine besondere Härte begründen, wenn er auf einer Auskunft einer damit betrauten Stelle, insbesondere der Agentur für Arbeit selbst, beruht (Karmanski in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 159 Rn. 164 mN), an der es vorliegend fehlte.
Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld auch schon daran scheitern könnte, dass der Kläger möglicherweise gar nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei dem Zeugen B. stand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache; der "Teilerfolg" der Feststellung eines anderen Sperrzeitzeitraums rechtfertigt keine für den Kläger positive Kostenquote, weil dies keinerlei Auswirkungen auf den begehrten Arbeitslosengeldanspruch hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit ist der Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe mit den daraus resultierenden Folgen.
Nachdem im Jahr 2001 ein erster Antrag des 1942 geborenen, zuvor als Anlageberater selbständig tätig gewesenen Klägers auf Bewilligung von Arbeitslosengeld von der Beklagten abgelehnt worden war, weil er zuvor keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hatte, beantragte das Versicherungsbüro K. und S., dessen Inhaber der Zeuge B. war, im Mai 2002 bei der Beklagten die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen für die Dauer von 36 Monaten. Der Zeuge B. gab an, er werde den Kläger, dem 1977 ein Schwerbehindertenausweis aufgrund eines festgestellten Grades der Behinderung von 50 nebst erheblicher Gehbehinderung ausgestellt worden war, ab 1. Juni 2002 als Vertriebsleiter im Außendienst beschäftigen und ihm ein Arbeitsentgelt von 4.550,- EUR brutto monatlich zahlen. Die Beklagte bewilligte den beantragten Zuschuss für die Zeit vom 1. Juni 2002 bis 31. Mai 2005, zunächst in Höhe von 3.780,- EUR monatlich, ab 1. Juni 2004 in Höhe von 3.240,- EUR monatlich. Die Fragen, ob der Kläger aufgrund des damals behaupteten Arbeitsvertrages vom Zeugen B. beschäftigt wurde, ob es sich insgesamt oder teilweise im Hinblick auf die Höhe der angegebenen Vergütung um ein Scheingeschäft handelte, waren Gegenstand später geführter Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht Hamburg (Kündigungsschutzklage unter dem Aktenzeichen 23 Ca 14/06 bzw. Berufungsaktenzeichen 3 Sa 2/07, Beendigung mit gerichtlichem Vergleich vom 4. April 2008) sowie vor dem Amtsgericht Hamburg-Bergedorf (Strafsache gegen den Kläger und den Zeugen B. wegen gemeinschaftlichen Betrugs zulasten der Beklagten unter dem Aktenzeichen 411a Ds 3105 Js 338/06 (211/07), Beendigung mit freisprechendem Urteil vom 26. Oktober 2009).
Am 9. Januar 2006 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum Folgetag bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld, da ihm am 4. Januar 2006 fristlos gekündigt worden sei. In der von dem Zeugen B. ausgefüllten Arbeitsbescheinigung war angegeben, dass das Beschäftigungsverhältnis vom 1. Juni 2002 bis 5. Dezember 2005 bestanden habe. Vom 27. Mai 2004 bis 5. Dezember 2005 sei der Kläger krank gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch den Arbeitgeber zum 5. Dezember 2005 wegen Arbeitsverweigerung gekündigt worden. In dem - dem Kläger am 4. Januar 2006 per Einschreiben/Rückschein zugegangenen - Kündigungsschreiben vom 24. Dezember 2005 hieß es unter Bezugnahme auf die Zustimmung des Integrationsamtes zur außerordentlichen Kündigung vom 20. Dezember 2005, der Kläger sei nach seiner Krankenzeit ohne Einverständnis des Zeugen B. nicht zur Arbeit erschienen. Er hätte ab dem 5. Dezember 2005 seine Arbeit aufnehmen müssen, da er gesundgeschrieben gewesen sei. Er sei zur Arbeitsaufnahme nicht erschienen, obwohl er schriftlich abgemahnt worden und die fristlose Kündigung angedroht worden sei.
Mit Bescheid vom 3. Februar 2006 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 6. Dezember 2005 bis 27. Februar 2006, das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs in diesem Zeitraum sowie dessen Minderung um 90 Tage fest (Sperrzeitbescheid). Mit weiterem Bescheid vom 7. Februar 2006 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld für 360 Tage bei einem Anspruchsbeginn am 9. Januar 2006 mit einem Zahlungsanspruch von zunächst 0,00 EUR und ab 28. Februar 2006 bis 29. November 2006 in Höhe von täglich 47,49 EUR bewilligt (Bewilligungsbescheid); der tägliche Zahlbetrag wurde in der Folge mit zwei Änderungsbescheiden vom 28. März 2006 und 3. August 2006 zunächst auf 47,66 EUR erhöht und dann wieder auf 47,53 EUR abgesenkt.
Gegen die Feststellung einer Sperrzeit nebst daraus resultierenden Folgen legte der Kläger am 6. Februar Widerspruch mit der Begründung ein, die Kündigung sei nicht wirksam. Das ihm zum Vorwurf gemachte Verhalten sei nicht vertragswidrig. Nach der sehr frühzeitigen Bekanntgabe und Beantragung seines Urlaubswunsches habe er auch ohne Vorliegen des Einverständnisses des Arbeitgebers nicht am 5. Dezember 2005 seine Arbeit aufnehmen müssen, weil der Arbeitgeber selbst keinen den Wünschen des Klägers zuwider laufenden alternativen Urlaubsplan aufgestellt habe. Er habe seinem Arbeitgeber frühzeitig seinen Wunsch nach Antritt eines Erholungsurlaubs unmittelbar im Anschluss an die am 2. Dezember 2012 beendete postoperative Rehabilitationsmaßnahme mitgeteilt. Diesen Urlaubsantrag hätte der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 Satz 3 und auch nach dessen Abs. 3 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) genehmigen müssen. Er, der Kläger, habe den vollen Urlaubsanspruch für 2005 von 35 Arbeitstagen zu beanspruchen gehabt. Der konkrete Beginn des Urlaubsantritts sei dem Arbeitgeber umgehend nach Kenntnis der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt worden. Es habe zum Urlaubsantritt ab 5. Dezember 2005 weder rechtlich noch zeitlich eine praktische Alternative gegeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Beschäftigungsverhältnis sei von dem Arbeitgeber zum 5. Dezember 2005 wegen vertragswidrigen Verhaltens des Klägers gelöst worden. Das vertragswidrige Verhalten sei darin zu sehen, dass der Kläger seinen Urlaub ohne vorherige Absprache mit dem Arbeitgeber angetreten habe. Der Kläger habe damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber das Verhalten nicht hinnehmen, sondern das Beschäftigungsverhältnis beenden würde. Er sei durch den Arbeitgeber mehrfach, unter anderem am 22. Oktober 2005, darauf hingewiesen worden, dass ein Urlaub nur nach vorheriger Genehmigung angetreten werden dürfe. Daher habe er die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Ein wichtiger Grund hierfür sei nicht erkennbar. Dem Kläger sei ein anderes Verhalten im Einklang mit § 5 des Anstellungsvertrages zuzumuten gewesen, wonach der Zeitpunkt des Urlaubsantritts mit den betrieblichen Notwendigkeiten abzustimmen sei.
Mit der am 11. April 2006 hiergegen erhobenen Klage (Aktenzeichen zunächst S 25 AL 332/06) hat der Kläger unter anderem vorgetragen, der Arbeitgeber habe zu keiner Zeit irgendein Interesse daran gehabt, dass er, der Kläger, den Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt nehmen sollte, sondern nur die Gelegenheit genutzt, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ohnehin habe er seinen Urlaub niemals genehmigt bekommen, sondern schlicht angetreten. Er habe bei seinem Urlaubsantritt keine Alternative und keine Wahl mehr gehabt. Zwar habe ihn der Arbeitgeber, der die Ausdehnung des Urlaubsanspruchs über den 31. März des Folgejahres hinaus abgelehnt habe, mehrfach darauf hingewiesen, dass ein Urlaub nur nach vorheriger Genehmigung angetreten werden dürfe. Dies sei aber weder eine Abmahnung noch ein konkretes Urlaubsverbot. Er sei nach weitgehender Besserung der unmittelbar mit der Zwerchfell-Bruch-Operation im Sommer 2005 zusammenhängenden Folgen (Wunden, Atmungsbeschwerden, Schulterschmerzen, Schluckproblematik u.a.) ab Mitte/Ende September 2005 noch nicht hundertprozentig arbeitsfähig gewesen. Die restliche Wiederherstellung der vollen Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit hätte entweder mittels einer angeratenen Kurmaßnahme bewirkt oder im Zuge einer stufenweisen Wiedereingliederung parallel dazu ambulant durchgeführt werden können. Da für den Arbeitgeber eine stufenweise Wiedereingliederung erklärtermaßen nicht in Betracht gekommen sei, er eine neuerliche Reha-Kur nicht habe finanzieren können, hätten die verordneten Rehabilitationsmaßnahmen in Form von 30 intensiven physiotherapeutischen Dreifachbehandlungen (heiße Rolle, Krankengymnastik, manuelle Therapie) nur ambulant vor Ort durchgeführt werden können. Mit der Klage hat der Kläger auch darauf hingewiesen, dass sein ehemaliger Arbeitgeber gegenüber dem Integrationsamt am 6. Dezember 2005 zunächst die Zustimmung zur Kündigung wegen unzumutbarer Risiken wegen der lang andauernden Arbeitsunfähigkeit und der gesundheitlichen Situation des Klägers und erst danach am 13. Dezember 2005 wegen des eigenmächtigen Urlaubs beantragt habe. Da er bis zum Ende seiner Arbeitsunfähigkeit Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch genommen habe, habe er einen Anspruch auf Urlaub nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG gehabt.
Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das Sozialgericht im Rahmen der Amtsermittlung Unterlagen aus den oben erwähnten arbeits- und strafgerichtlichen Verfahren beigezogen, aus denen sich unter anderem ergab, dass die von dem Kläger vor dem Arbeitsgericht Hamburg erhobene Klage gegen die Kündigung zunächst abgewiesen worden war (Urteil vom 29. November 2006). Zur Begründung hat das Arbeitsgericht Hamburg ausgeführt, zwischen den Parteien sei gar kein wirksames Arbeitsverhältnis zustande gekommen, da es wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sei. Der Prozessbevollmächtigte des Zeugen B. hatte in jenem Verfahren erklärt, der Arbeitsvertrag sei zur Täuschung der Bundesagentur für Arbeit fingiert worden. Außerdem hatte er betont, dass der Kläger sich geweigert habe, ihn zu sprechen. Er habe mehrfach schriftlich, zuletzt mit Telefax vom 5. Dezember 2005, darauf hingewiesen, dass er bei eigenmächtig angetretenem Urlaub fristlos kündigen würde.
Nachdem das Arbeitsgericht Hamburg Zweifel an der Wirksamkeit des Arbeitsverhältnisses des Klägers geäußert hatte und Berufung gegen dieses Urteil eingelegt worden war, hat das Sozialgericht das Klageverfahren zunächst zum Ruhen gebracht.
Mit dem Wiederaufnahmeantrag vom 26. Februar 2008 hat der Kläger zugleich Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2007 in der Fassung der Bescheide vom 16. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2008 erhoben, mit denen die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 28. Februar 2006 teilweise mit der Begründung zurückgenommen und die Erstattung der Überzahlung verlangt hatte, dass das vom ehemaligen Arbeitgeber bescheinigte Entgelt bedeutend geringer gewesen sei als das tatsächliche (S 25 AL 157/09). Nach Abschluss des Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht und dem Freispruch des Klägers und seines ehemaligen Arbeitgebers in dem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Hamburg-Bergedorf hat die Beklagte diese Bescheide zurückgenommen und insoweit den Klaganspruch anerkannt. Der vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg - dessen Akte beizuziehen der Kläger nicht gestattet hat - am 4. April 2008 geschlossene Vergleich hatte folgenden Inhalt: 1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen gemäß Arbeitsvertrag mit Wirkung ab 01.06.2002 bestanden hat, insbesondere mit dem Inhalt der Vergütungsregelung gemäß § 3 (monatliches Brutto-Gehalt von 4.500,00 EUR). Die Parteien bestätigen den Inhalt des in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren 1. Instanz als Anlage K 2 vorgelegten Anstellungsvertrages. 2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen infolge fristgemäßer betriebsbedingter arbeitgeberseitiger Kündigung vom 24.12.2005 zum Ablauf des 28.02.2006 beendet worden ist. Für die Zeit ab dem 03.12.2005 war der Kläger freigestellt ohne Zahlung der vertragsgemäßen Vergütung. 3. Der Beklagte erkennt an, dem Kläger netto 30.009,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu schulden. Sollte der Beklagte bis zum 30.04.2008 an den Kläger 4.000,- EUR gezahlt haben, verzichtet der Kläger auf die Restforderung.
Das Sozialgericht hat das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 25 AL 156/08 WA fortgesetzt und am 20. Januar 2011 eine mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahme durchgeführt, in der der Zeuge B. erklärt hat, er habe den Kläger eingestellt gehabt, um einen neuen Vertrieb aufzubauen; der Kläger habe angekündigt, dass man mit den Produkten, die er anbieten könne, viel Geld verdienen werde. Es habe sich dann aber kein Erfolg eingestellt. Er habe mehr Leistung verlangt und der Kläger habe sich den Arbeitsanweisungen durch Krankheit entzogen. Er habe mit ihm sprechen wollen, als er wieder genesen gewesen sei. Der Kläger habe dies aber verweigert. Wenn der Kläger am 5. Dezember 2005 seine Arbeit aufgenommen hätte, hätte er mit ihm über eine Vertragsauflösung gesprochen. Eine Zusammenarbeit mit ihm sei nicht mehr möglich gewesen. Der Kläger hat erklärt, dass er am 5. Dezember 2005 aus gesundheitlichen Gründen Erholungsurlaub benötigt habe. Bei einer Wiederaufnahme der Arbeit wäre für ihn ohnehin nichts zu tun gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass der Zeuge B. ihm bei Erscheinen im Betrieb eine Kündigung hätte aushändigen wollen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht nach §§ 144 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 sowie Abs. 3, 128 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) eine Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt und die Anspruchsdauer um ein Viertel gemindert. Der Kläger habe sich arbeitsvertragswidrig verhalten, indem er am 5. Dezember 2005 nicht zur Arbeit erschienen sei, sondern eigenmächtig einen Urlaub angetreten habe. Hierzu sei er nicht berechtigt gewesen. Der Kläger sei nach lang andauernder Arbeitsunfähigkeit ab 5. Dezember 2005 wieder arbeitsfähig gewesen. Damit habe er die arbeitsvertragliche Pflicht gehabt, an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen und seine Arbeitskraft seinem Arbeitgeber anzubieten. Ein Recht, ohne Genehmigung des Arbeitgebers Urlaub zu nehmen, habe dem Kläger nicht zugestanden. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG, wonach ein Urlaub zu gewähren sei, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlange, hätten nicht vorgelegen. Der Kläger habe zuvor keine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt. Die nach seinem Vortrag durchgeführten physiotherapeutischen Behandlungen seien nicht als eine solche anzusehen. Der Wunsch des Klägers, nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in den Urlaub zu fahren statt die Arbeit aufzunehmen und einen bereits gebuchten Urlaub auch tatsächlich durchzuführen, möge nachvollziehbar sein; er stehe aber im Gegensatz zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten. Es sei für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum der Kläger seinem Arbeitgeber nicht am 5. Dezember 2005 seine Arbeitskraft angeboten und mit ihm über die weitere Gestaltung des Arbeitsverhältnisses einschließlich der Urlaubsregelung gesprochen habe. Der Kläger habe auch gewusst, dass sein Arbeitgeber ihm kündigen würde, wenn er ohne Genehmigung seinen Urlaub antreten würde, denn dies habe ihm der Arbeitgeber, wie der Kläger selbst eingeräumt habe, mehrfach mitgeteilt. Dass der Kläger der Auffassung gewesen und bis heute auch sei, er habe ein Recht gehabt, den Urlaub auch ohne Genehmigung seines Arbeitgebers anzutreten, ändere nichts daran, dass in diesem Verhalten objektiv ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten gelegen habe. Dass in dem Kündigungsschutzprozess des Klägers vergleichsweise eine betriebsbedingte Kündigung vereinbart worden sei, sei für die Beurteilung nach sozialrechtlichen Maßstäben unbeachtlich. Das Sozialgericht habe von Amts wegen zu prüfen, ob der Arbeitnehmer durch ein vertragswidriges Verhalten Anlass für eine Kündigung gegeben habe. Weder ein arbeitsgerichtlicher Vergleich noch eine Entscheidung des Arbeitsgerichts entfalteten eine Bindungswirkung für das sozialgerichtliche Verfahren.
Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 9. März 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. April 2011, einem Montag, eingelegte Berufung des Klägers.
Er hält daran fest, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG vorgelegen hätten. Bei den im Herbst 2005 durchgeführten physiotherapeutische Behandlungen nach der im Juli 2005 durchgeführten Operation habe es sich um postoperative Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitskraft und Arbeitsfähigkeit gehandelt. Hierzu überreicht er eine Bestätigung der Süddeutschen Krankenversicherung. Unter diesem Gesichtspunkt sei seine "Selbstbeurlaubung" keineswegs schuldhaft, zumindest nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gewesen. Ihm als sich selbst beurlaubendem juristischen Laien könne allenfalls leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Er habe sich in einer Rehabilitationsmaßnahme befunden, und ihm sei selbstverständlich verborgen geblieben, dass es sich angeblich bei Rehabilitationsmaßnahmen im Sinne von § 7 Abs. 1 BUrlG ausschließlich um stationäre Maßnahmen handeln müsse. Im Übrigen hätte er eigentlich nach seiner Operation im Juli 2005 eine stationäre Anschlussheilbehandlung durchführen müssen. Die hierfür erforderliche Eigenbeteiligung habe er aber nicht aufbringen können. Deshalb habe nur eine ambulante Anschlussheilbehandlung stattgefunden. Ab 5. Dezember 2005 sei er formal gesundgeschrieben worden, damit er seinen Urlaub für eine weitere Kurmaßnahme habe einsetzen können. Hierbei habe es sich um eine Alternative zu der sonst vorgesehenen stufenweisen Widereingliederung gehandelt. Er habe bei Freunden an der N. gewohnt und die Kuranwendungen im Kurzentrum durchgeführt. Anschließend habe der Kuraufenthalt überprüft und danach besprochen werden sollen, ob und wie eine stufenweise Widereingliederung stattfinden könnte. Darüber hinaus sei die Verweigerung, seines damaligen Arbeitgebers, des Zeugen B., ihm ab 5. Dezember 2005 Urlaub zu gewähren, rechtsmissbräuchlich. Diesem sei es unstreitig nicht darauf angekommen, mit dem Wiedererscheinen des Klägers dessen Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen. Er habe mit ihm allein über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandeln bzw. ihm die Kündigungserklärung in die Hand drücken wollen. Dies rechtfertige keinesfalls die Verweigerung von Erholungsurlaub. Sofern keine betrieblichen Gründe dagegen sprächen, habe der Arbeitgeber dem Wunsch des Arbeitnehmers auf Gewährung von Urlaub nachzukommen.
Nachdem die Beklagte auf Hinweis des Senats den Sperrzeitbescheid vom 3. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 dahingehend abgeändert hat, dass die Sperrzeit ab 5. Januar 2006 - dem Tag nach Zugang der fristlosen Kündigung als sperrzeitbegründendem Ereignis - bis 29. März 2006 läuft, beantragt der Kläger,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. Januar 2011 sowie den Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 3. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 und der Bescheidfassung vom 27. März 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 7. Februar 2006, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 sowie in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28. März und 3. August 2006 zu verurteilen, ihm ab dem 9. Januar 2006 Arbeitslosengeld dem Grunde nach für 360 Tage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Der Kläger habe gegen die arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen, nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit am Arbeitsplatz zu erscheinen. Ein Recht auf Selbstbeurlaubung habe dem Kläger nicht zugestanden. Laut § 5 Satz 4 des Anstellungsvertrages vom 28. Mai 2002 sei der Zeitpunkt des jeweiligen Urlaubsantritts mit den betrieblichen Notwendigkeiten der Firma abzustimmen. Auch lägen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG nicht vor. Die von dem Kläger durchgeführten physiotherapeutischen Behandlungen seien nicht als Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Dieser Begriff ersetze den Terminus der Kur im früheren Sprachgebrauch. Es sei nur eine Anpassung des Sprachgebrauchs an sozialversicherungsrechtliche Normen erfolgt, ohne dass eine inhaltliche Änderung bezweckt gewesen wäre (Hinweise auf die Kommentierung von Lampe im Beck schen Online-Kommentar § 10 BUrlG Rn. 2, Gallner im Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Auflage 2012, § 7 BUrlG Rn. 20, sowie auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom BT-Drs. 12/5798 S. 22, fünfter Teilstrich). Durch sein arbeitsvertragswidriges Verhalten habe der Kläger Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Der Kläger habe gewusst bzw. hätte wissen müssen, dass der Urlaub nur mit Genehmigung seines Arbeitgebers angetreten werden durfte. Trotz der eindeutigen und dem Kläger bekannten Weigerung des Arbeitgebers, den Urlaub zu genehmigen, und trotz der Gewissheit, dass bei einem eigenmächtigen Urlaubsantritt eine Kündigung drohte, sei der Kläger arbeitsvertragswidrig nicht an seinem Arbeitsplatz erschienen. Ein wichtiger Grund habe ihm nicht zur Seite gestanden, da ihm ein anderes Verhalten – hier das Anbieten seiner Arbeitskraft am 5. Dezember 2005 – durchaus zuzumuten gewesen wäre. Auf einen wichtigen Grund könne sich nämlich nicht berufen, wer nicht alle zumutbaren Anstrengungen unternehme, um den Eintritt des Versicherungsfalles zu vermeiden. Da dem Kläger trotz der mehrfachen Hinweise und Abmahnungen des Arbeitgebers bewusst gewesen sei, dass er seinen Arbeitsplatz verlieren würde, falls er am 5. Dezember 2005 die Arbeit nicht antreten würde, habe er die angekündigte fristlose Kündigung billigend in Kauf genommen. Dass der Arbeitgeber am 5. Dezember 2005 angeblich lediglich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger verhandeln bzw. die Kündigungserklärung aushändigen wollte, ändere hieran nichts. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 hat die Beklagte noch die vor dem Erlass eines Sperrzeitbescheids erforderliche Anhörung nachgeholt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Protokolle des am 23. Januar 2013 durchgeführten Erörterungstermins vor dem Berichterstatter und der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 27. März 2013 sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich des Protokolls vom 27. März 2012 beigezogenen, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist nach der Änderung des festgestellten Sperrzeitzeitraums auf die zwölf Wochen nach dem Zugang der außerordentlichen Kündigung beim Kläger als sperrzeitbegründendem Ereignis im Sinne des § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) - dem Beginn der Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinn - sowie nach der Nachholung der nach § 24 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch erforderlichen Anhörung des Klägers durch die Beklagte unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Übrigen zu Recht und mit insoweit zutreffender Begründung, auf die nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer 90 Tage Arbeitslosengeld ab 9. Januar 2006. Die Beklagte hat zu Recht den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs während dieses Zeitraums und dessen Minderung um 90 Tage festgestellt.
Gegenstand des Verfahrens ist nicht nur der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 3. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006 in der Fassung vom 27. März 2013, sondern darüber hinaus der korrespondierende Bewilligungsbescheid vom 7. Februar 2006, dieser ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2006, in der Fassung der späteren Änderungsbescheide vom 28. März 2006 und 3. August 2006, der eine rechtliche Einheit mit dem Sperrzeitbescheid bildet (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99 R, BSGE 84, 225, Rn. 14 mwN), der jedoch nicht dem geänderten Sperrzeitbescheid dergestalt angepasst werden muss, dass der Zahlungsanspruch erst am 30. März 2006 beginnt und sich dann entsprechend nach hinten verschiebt. Die Bewilligung für die Zeit ab 28. Februar 2006 ist mangels dadurch bedingter Beschwer des Klägers bestandskräftig geworden, und der um 90 Tage geminderte Anspruch von noch 270 Tagen ist am 29. November 2006 durch Zahlung verbraucht.
Die Rechtmäßigkeit der Sperrzeit beurteilt sich nach § 144 SGB III in der Fassung vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848), dessen Voraussetzungen nach dem dortigen Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1 vorliegen. Der Kläger hat sich dadurch arbeitsvertragswidrig verhalten, dass er nach Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit Erholungsurlaub angetreten hat, ohne dies mit seinem damaligen Arbeitgeber abzustimmen. Die Pflicht, sich den Urlaub vorab genehmigen zu lassen, besteht grundsätzlich (vergleiche Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93, NZA 1994, 548; Lampe in: BeckOK BUrlG, Stand: 1. Dezember 2012, § 7 Rn 7) und war vorliegend auch ausdrücklich in § 5 Satz 2 des Anstellungsvertrags vom 28. Mai 2002 geregelt.
Der Kläger kann nicht mit dem Argument gehört werden, er habe einen Anspruch auf Urlaubsgewährung gehabt, weil er diesen im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG verlangt habe, er anderenfalls seinen wegen der langanhaltenden Arbeitsunfähigkeit noch bestehenden Resturlaub nicht mehr hätte nehmen können und sein damaliger Arbeitgeber sich durch die Weigerung, ihm Urlaub zu gewähren, treuwidrig verhalten habe. Ein solcher behaupteter Anspruch hätte von ihm im Wege des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes durchgesetzt werden können und müssen. Wegen dieser Möglichkeit ist ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, grundsätzlich abzulehnen, eine Rechtsgrundlage hierfür nicht ersichtlich (ebenso: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 1994, aaO). Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Urteil (in Rn. 25) ausgeführt, dass nicht abschließend entschieden werden müsse, ob überhaupt Sachverhaltsgestaltungen denkbar seien, in denen ausnahmsweise ein Selbstbeurlaubungsrecht des Arbeitnehmers anzuerkennen sei, wie dies etwa für den Fall vertreten werde, dass innerhalb des Urlaubsjahres, des Übertragungszeitraums oder der Kündigungsfrist nur noch ein dem restlichen Urlaubsanspruch entsprechender Zeitraum zur Verfügung stehe und der Arbeitgeber sich grundlos weigere, den Urlaub zu gewähren (Hinweis auf verschiedene Kommentierungen sowie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Januar 1991 – 6 Sa 829/90). Der Kläger räumt jedoch selbst in der Klagebegründung vom 9. April 2006 ein, dass es ihm möglich gewesen wäre, den Resturlaub noch bis 31. März des Folgejahres zu nehmen, so dass insoweit keine Gefährdung ersichtlich ist.
Im Übrigen hätte ihm auch nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG kein Anspruch auf Urlaubsgewährung zugestanden, weil die durchgeführte ambulante Rehabilitationsbehandlung keine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation im Sinne dieser Vorschrift darstellte. Diese Vorschrift wurde durch das Pflegeversicherungsgesetz vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1068) eingeführt. Mit dem Inkrafttreten der sozialen Pflegeversicherung fielen beispielsweise bei ärztlich verordneten, also medizinisch notwendigen Heilkuren die bisher üblichen – in der Regel ein bis drei – Schontage weg, die dazu gedient hatten, den Übergang von der Ruhephase im Sanatorium zum Alltagstrubel am Arbeitsplatz erleichtern. Der Gesetzgeber hielt es nunmehr für vertretbar, den Arbeitnehmer im Anschluss an eine Kurmaßnahme ("stationäre Maßnahme, die in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation oder einer vergleichbaren Einrichtung durchgeführt wird") auf einen Urlaubsanspruch zu verweisen, wenn keine Arbeitsunfähigkeit mehr bestand und nahm zur Absicherung dieser Möglichkeit die genannte Regelung in das Bundesurlaubsgesetz auf. Gleichzeitig und hiermit korrespondierend wurden Änderungen in anderen Vorschriften des BUrlG (vergleiche § 10) und des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) (vergleiche § 9) vorgenommen, wobei mit der Ersetzung des Terminus "Kur" keine inhaltliche Änderung beabsichtigt war (vergleiche Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 29. September 1993, BT-Drs. 12/5798 S. 1, 22, sowie Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 17. August 1994, BT-Drs. 12/8379, S. 1, 2; Lampe in: BeckOK BUrlG, Stand 1. Dezember 2012, § 7 Rn. 13 und § 10 Rn. 2; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 13. Auflage 2013, EFZG § 9 Rn. 6). Soweit ersichtlich, vertritt lediglich eine vereinzelte Mindermeinung in der Literatur, dass der Begriff der "medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation" in § 9 EFZG dahingehend auszulegen sei, dass es sich auch um eine ambulante Maßnahme handeln könne (Ricken in: BeckOK EFZG § 9 Rn. 17), ohne dies näher zu begründen. Vor dem Hintergrund des Wortlauts in § 9 Abs. 1 Satz 1 aE sowie Satz 2 EFZG, wonach nur solche Maßnahmen erfasst sind, "die in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt werden", der vorzitierten Gesetzesmaterialien und anderen Kommentarstellen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es erscheint auch nicht notwendig, nach ambulanten Reha-Behandlungen "Schontage" zu ermöglichen, um den Übergang zum Alltagstrubel zu erleichtern, wie es nach einer in einer stationären Maßnahme und der dort erlebten Ruhephase sinnvoll sein mag.
Das nach alledem arbeitsvertragswidrige Handeln des Klägers würde auch durch ein etwaiges treuwidriges Verhalten seines damaligen Arbeitgebers nicht zu einem vertragsgemäßen.
Durch dieses Verhalten hat der Kläger Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben. Dass der damalige Arbeitgeber die Genehmigung der Kündigung durch die Hauptfürsorgestelle des Integrationsamts zunächst mit Blick auf einen anderen Kündigungsgrund – die langen Fehlzeiten – beantragt hatte, ändert nichts daran, dass der Nichtantritt beim Arbeitgeber nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit in dem ohnehin stark belasteten Verhältnis zum Anlass der arbeitgeberseitigen Kündigung genommen wurde und genommen werden durfte.
Hierdurch hat der Kläger auch zumindest grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Auch ohne die, erst recht aber mit der Vorgeschichte mit der mehrfachen ausdrücklichen Ablehnung der Gewährung von Urlaub durch den damaligen Arbeitgeber sowie der unmissverständlichen Aufforderung, nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit am Arbeitsplatz zu erscheinen, verbunden mit der Androhung einer fristlosen Kündigung, muss dem Kläger wie jedem verständigen Arbeitnehmer klar gewesen sein, dass eine "Selbstbeurlaubung" ohne Erlaubnis des Arbeitgebers zur Kündigung führen kann. Da der damalige Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ausdrücklich abgelehnt hatte, ist sogar von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung auszugehen. Der Kläger musste auch mit einer fristlosen Kündigung rechnen und hat diese kausal herbeigeführt. Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten, und ein solches Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 1994, aaO; Lampe in: BeckOK BUrlG, § 7 Rn. 7). Allerdings wäre im Rahmen der noch vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, wenn der Arbeitgeber zu Unrecht einen Urlaubsantrag abgelehnt und von vornherein den Betriebsablauf nicht so organisiert hat, dass die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers nach den gesetzlichen Vorschriften erfüllt werden konnten (vergleiche Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 1994, aaO). Nach den obigen Ausführungen fehlt es jedoch bereits an einer rechtswidrigen Ablehnung des Urlaubsantrags, und der Urlaub hätte vor dem Verfallsdatum noch genommen werden können. Es ist darüber hinaus nachvollziehbar, dass der Zeuge B. nach der gut anderthalbjährigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers, dessen beharrlicher Weigerung, mit dem damaligen Arbeitgeber persönlich zu sprechen, und den in der Sache und im Ton durchaus heftigen schriftlichen Auseinandersetzungen auf einem persönlichen Erscheinen des Klägers am Arbeitsplatz nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zur Ermöglichung eines Gesprächs über die Frage der zukünftigen Gestaltung oder auch Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand. Ein Aufrechterhalten des Arbeitsverhältnisses – und sei es auch nur für die ordentliche Kündigungsfrist – war dem damaligen Arbeitgeber nach der ausdrücklich untersagten Selbstbeurlaubung nicht mehr zuzumuten. Einen wichtigen Grund für das Verhalten des Klägers vermag der Senat nicht zu erkennen. Es war ihm zuzumuten, nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit den Arbeitsplatz aufzusuchen, auch wenn er damit rechnen konnte, dass ein unangenehmes Gespräch und möglicherweise die Kündigung erfolgen würden. Die Notwendigkeit einer "Schonzeit" ist bei nicht mehr bestehender Arbeitsunfähigkeit nicht ersichtlich.
Eine Fallgestaltung, die aufgrund der hier im Einzelfall die Sperrzeit begründenden Umstände die Regeldauer von zwölf Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III) als unbillig hart im Sinne des § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b SGB III erscheinen ließe und eine solche von "nur" sechs Wochen begründen würde, liegt im Ergebnis nicht vor. Insbesondere ist dies nicht aufgrund des behaupteten Irrtums über das Recht zur Selbstbeurlaubung der Fall. Ein Irrtum über das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen kann nach ständiger instanzübergreifender Rechtsprechung überhaupt nur eine besondere Härte begründen, wenn er auf einer Auskunft einer damit betrauten Stelle, insbesondere der Agentur für Arbeit selbst, beruht (Karmanski in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 159 Rn. 164 mN), an der es vorliegend fehlte.
Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld auch schon daran scheitern könnte, dass der Kläger möglicherweise gar nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei dem Zeugen B. stand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache; der "Teilerfolg" der Feststellung eines anderen Sperrzeitzeitraums rechtfertigt keine für den Kläger positive Kostenquote, weil dies keinerlei Auswirkungen auf den begehrten Arbeitslosengeldanspruch hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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