Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 136/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 14/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Teilurteil
Leitsätze
1. Zur Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalls durch Teilurteil.
2. Zum Vorliegen einer Wie Beschäftigung, wenn die persönliche Beziehung des Klägers zu den Angehörigen des Unternehmers hinter die Motivation, sich durch seine Mithilfe Geld zu verdienen, zurückgetreten ist und er nicht unternehmerähnlich tätig geworden ist.
2. Zum Vorliegen einer Wie Beschäftigung, wenn die persönliche Beziehung des Klägers zu den Angehörigen des Unternehmers hinter die Motivation, sich durch seine Mithilfe Geld zu verdienen, zurückgetreten ist und er nicht unternehmerähnlich tätig geworden ist.
I. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Unfall vom 3. Juli 2008 um einen Arbeitsunfall handelt.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der endgültigen Entscheidung vorbehalten.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung des Versicherungsfalls durch den Beklagten.
Der Kläger, gelernter Metzger, stürzte am 3. Juli 2008 als Helfer bei einer Renovierung einer Betondecke von ca. 3 m Höhe auf den Boden. Es handelte sich um die vermietete Halle des C., einem Betriebsunternehmer mit Handel von Nutzfahrzeugen und Maschinen. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt mit der Exfrau des Bruders des Herrn C. leiert, der Bruder der damaligen Lebensgefährtin war außerdem mit der Tochter des Herrn C. verheiratet. Der Kläger zog sich hierbei eine Calcaneusfraktur links sowie eine Lissfranc-Luxationsfraktur rechts zu, die operativ versorgt wurde. Am 10. Juli 2008 musste eine operative Revision und Plattenosteosynthese des Calcaneus links nach Fehlstellung vorgenommen werden. Am 28. August 2008 erfolgte eine erneute stationäre Behandlung wegen Wundheilungsstörung der linken Ferse lateral.
Der Bauherr gab gegenüber der Beklagten am 20. Oktober 2008 an, dass der Kläger zuvor drei Stunden gearbeitet hatte. Es seien jedoch noch weitere Arbeiten (Einbau der Stützen für die Betondecken) geplant gewesen. Insgesamt seien ca. 10 Stunden eingeplant gewesen. Aufgrund des bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses sei die Hilfe üblich gewesen. Gegenüber der Beklagten gab der Kläger an, keine Entschädigung für die geleistete Arbeit erhalten zu haben.
Mit Bescheid vom 11. November 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Die Mithilfe sei von der verwandtschaftlichen und bekanntschaftlichen Beziehung geprägt gewesen. Somit habe bei der Mithilfe keine fremdbestimmte Tätigkeit für ein anderes Unternehmen (hier: Privathaushalt C.) im Vordergrund gestanden. Die Tätigkeit habe keinen arbeitnehmerähnlichen Charakter gehabt. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2010 zurück. Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) als Beschäftigter scheide aus. Es bestehe aber auch kein Versicherungsschutz als sog. Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII. Vielmehr sei die Mithilfe im Wesentlichen von der freundschaftlichen engen Beziehung zur damaligen Lebenspartnerin geprägt gewesen. Im Rahmen dieser Freundschaft sei die angebotene Hilfe typisch und üblich gewesen.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er mit dem Bauherrn nicht verwandt oder verschwägert gewesen sei. Es habe sich nicht um eine unentgeltliche Gefälligkeit gehandelt, auch nicht im Rahmen der Gegenhilfe.
Das Sozialgericht hat in nichtöffentlichen Sitzungen vom 20. Juli 2010 und 29. September 2010 Zeugen gehört. Auf die Niederschriften wird verwiesen. In der Sitzung vom 20. Juli 2010 hat der Kläger angegeben, dass er dem Bauherrn schon vorher - gegen Entlohnung von 100.- bzw. 400.- EUR - bei Arbeiten geholfen habe. Für die Tätigkeit am 3. Juli 2008 habe er keinen Lohn erhalten, allerdings habe der Bauherr ihm im Krankenhaus mehrmals Geld gegeben und einen Beitragsrückstand bei der Krankenkasse in Höhe von 400.- EUR übernommen. Zur Zeit des Unfalls sei er seit einem 3/4-Jahr arbeitslos gewesen. Die Arbeiten am Unfalltag selber habe er nach den Anweisungen des Zeugen durchgeführt.
Der Zeuge C. gab an, es sei üblich gewesen, dass alle bei Arbeiten mithelfen. Bis auf den Umbau des Hallendachs habe der Kläger aber bei keinen anderen Arbeiten mitgeholfen. Ob und was dieser für seinen Schwiegersohn gemacht habe, wisse er nicht. Er habe ihn nicht gebeten, mitzuhelfen. Für die Mithilfe habe der Kläger kein Geld erhalten. Im Krankenhaus habe er ihm 20.- oder 30.- EUR gegeben, da dieser kein Geld gehabt habe. Die Beiträge an die Krankenkasse habe vielleicht sein Schwiegersohn oder seine Tochter gezahlt.
Im zweiten Termin gab der Kläger an, etwa 30 bis 40 Tage auf dem Grundstück von Herrn C. gearbeitet zu haben. Er sei von Herrn C. und Herrn O. bezahlt worden.
Die Zeugin S. O. - Tochter des Zeugen C. - erklärte, den Beitragsrückstand bei der Krankenkasse in Höhe von 800.- bis 900.- EUR beglichen zu haben, d.h. ihr Vater habe ihr die Überweisung für sein Konto ausgehändigt. Der Kläger habe bis heute nichts zurückgezahlt. Der Kläger habe ihr und ihrem Mann mehrfach bei Bauarbeiten geholfen. Er habe vielleicht 30.- oder 50.- EUR am Tag und freie Kost bekommen. Ob ihr Vater sie gebeten habe, den Kläger um seine Mithilfe beim Dachumbau zu bitten, oder ob sie ihn von sich aus gefragt hat, wisse sie nicht mehr.
Der Zeuge E. O. - Ehemann der obigen Zeugin - hat mitbekommen, dass am Tag vor dem Unfall der Kläger mit seinem Schwiegervater über das Aufbringen der Betonplatten gesprochen hat. Bereits zuvor habe der Kläger bei einigen Bauarbeiten geholfen. Für seine Mithilfe habe er 50.- bis 100.- EUR erhalten. Ob er von dem Schwiegervater auch beim Dachneubau Geld bekommen sollte, wisse er nicht mehr. Ob der Kläger dem Schwiegervater vor der Dachreparatur einmal geholfen habe, wisse er ebenfalls nicht.
Der Zeuge D. ist der Vermieter des Klägers und kennt diesen seit Kindheit. Der Kläger habe bei dem Dachumbau mehrere Wochen lang ab etwa Mitte Juni 2008 mitgearbeitet. Er habe ihm gesagt, dass er hierfür Geld bekomme; wie viel er erhalten habe, wisse er nicht. Allerdings stehe die Miete für Juni und Juli (jeweils 430.- EUR) noch aus. Der Kläger habe auch ihm und dem Herrn O. bei Bauvorhaben geholfen.
Die Zeugin T. A., Tochter des Klägers, hat angegeben, dass ihr Vater Ende Juni, Anfang Juli 2008 bei Dacharbeiten mitgeholfen habe, da er handwerklich sehr begabt sei. Er habe schon öfter auf dem Grundstück der beiden Familien bei Bauarbeiten mitgeholfen. Für die Mithilfe habe er auch Geld bekommen, mal 20.- EUR, mal 50.- EUR. Was bezüglich der Bezahlung für die Mithilfe beim Dachausbau vereinbart gewesen sei, wisse sie nicht.
Der Zeuge D. A., Sohn des Klägers, hat nur angeben können, dass der Vater bei einem Bauvorhaben am Dach auf dem Grundstück des Herrn C. mitgeholfen hat. Ob und wie viel Geld er dafür erhalten hat, wisse er nicht. Sein Vater sei öfters zum Arbeiten bei den beiden Familien gewesen. Damals habe es wohl ein enges Verhältnis gegeben.
In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2010 hat das Sozialgericht nochmals die Zeugen C. und T. A. gehört. Die Zeugin A. hat erklärte, nicht zu wissen, ob und wie viel Geld ihr Vater für eine Mithilfe erhalten hat. Bereits 2007 habe man darüber gesprochen, auf dem Hallendach ein Schwimmbad zu errichten. Bereits damals hätten die O. ihren Vater gefragt, ob er nicht mithelfen könne. Sie wisse, dass sich Herr C. und ihr Vater im Krankenhaus über Geld unterhalten haben.
Der Zeuge C. hat ausgesagt, er habe dem Kläger kein Geld für seine Mithilfe versprochen. Er habe seiner Tochter etwa 500.- bis 700.- EUR geliehen, damit sie die Krankenkassenbeiträge für den Kläger bezahlen konnte. Er habe das Geld bis heute nicht zurück bekommen. Er habe dem Kläger im Krankenhaus keine größeren Geldbeträge angeboten. Vorher habe er den Kläger nie bezahlt, wohl aber der Schwiegersohn und die Tochter.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 29. November 2010 den Bescheid des Beklagten vom 11. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2010 aufgehoben und festgestellt, dass der Unfall am 3. Juli 2008 ein Arbeitsunfall ist, für dessen Entschädigung der Beklagte zuständig ist. Der Kläger sei als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII tätig gewesen. Dieser habe bei dem Bauvorhaben in einer arbeitnehmerähnlichen Weise mitgeholfen. Die unstreitige Mitarbeit sei nicht von engen persönlichen Bindungen geprägt gewesen. Zwar sei der Kläger mit der Nichte des Bauherrn enger befreundet gewesen. Das Sozialgericht ist im Zuge der Beweisaufnahme jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass für den Kläger die Verdienstmöglichkeit und nicht eine persönliche Verpflichtung im Vordergrund gestanden hat. Der Kläger hat mehrfach (30 bis 40 Tage im Jahre 2008) bei Bauvorhaben der Familie des Zeugen C. mitgeholfen. Dafür habe er neben freiem Essen und Trinken pro Tag bis zu 50.- EUR erhalten. Ohne die zugesagte Bezahlung hätte er am 3. Juli 2008 nicht mitgeholfen. Der feststehende Umfang, in dem der Kläger tätig geworden ist, entspreche nicht mehr dem üblichen und zu erwartenden Rahmen bei verwandtschaftlichen oder - wie hier - lediglich freundschaftlichen Verhältnissen. Insbesondere habe keine bloße Gefälligkeit vorgelegen. Schließlich sei der Kläger auch nicht unternehmerähnlich tätig gewesen; hierfür fehlten deutliche Indizien wie die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos bzw. eine Haftung für Schlechtleistung. Ferner hat das Sozialgericht ausgeführt, dass für die Entschädigung auch der Beklagte zuständig sei (§ 129 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII).
Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt und zur Begründung vorgebracht, dass nach dem Gesamtbild der Tätigkeit keine Wie-Beschäftigung, sondern eine unternehmerähnliche Tätigkeit des Klägers vorliege. Der Kläger habe offenbar seit mehreren Jahren sein Einkommen mit einem selbstständigen Schrotthandel sowie mit Schwarzarbeit bestritten, wobei ihm seine besondere Fachkunde zugute gekommen sei. Nach Aussage des Zeugen D. habe der Kläger bereits im Juni bei Dacharbeiten mitgeholfen; er habe mehrere Wochen lang ab Mitte Juni 2008 mitgearbeitet und Geld dafür bekommen. Der Kläger habe mitgeholfen und den Bauherrn beraten.
Selbst bei Annahme eines Arbeitsunfalls sei die Zuständigkeit des Beklagten nicht gegeben. Für das in Rede stehende Bauvorhaben wäre deutlich mehr als die im Bauhauptgewerbe geltende tarifliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden zu veranschlagen gewesen. Es habe eine längerfristige, nicht gewerbsmäßige Bauarbeit vorgelegen, so dass die Zuständigkeit der BG Bau gegeben wäre.
In Betracht komme aber auch die Zuständigkeit der Verwaltungs-BG. Der Auffassung des Sozialgerichts, dass das Bauvorhaben seiner Ausführung nach vornehmlich privaten Zwecken und nicht so sehr dem Zweck, das Dach der an eine gewerbliche Firma vermieteten Halle zu renovieren, diente, könne nicht zugestimmt werden.
Der Kläger hat vorgetragen, dass eine reine Gefälligkeit nicht vorgelegen habe. Er sei darauf angewiesen gewesen, mit seiner Tätigkeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und seine Mietschulden abzutragen. Er sei auch trotz seines Fachwissens nicht unternehmerähnlich tätig gewesen. Vielmehr habe der Bauherr die Bauarbeiten sowie die Art und den Umfang der Arbeiten bestimmt und z.B. die Hilfsmittel besorgt.
Mit Beschluss vom 8. Juni 2011 hat der Senat die BG Bau notwendig beigeladen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29. November 2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11. November 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2010 abzuweisen, hilfsweise den Sachverhalt weiter aufzuklären und die für die gewerbliche Vermietung zuständige Fachberufsgenossenschaft (Verwaltungs-BG) beizuladen (Thema: durchgeführte Dachreparatur als Voraussetzung für weitere Vermietung), hilfsweise ein Gutachten - auf Grund Ortsbesichtigung - einzuholen zum zeitlichen Umfang der durchgeführten Arbeiten an der vermieteten Lagerhalle sowie die Revision zuzulassen (Thema: Klärung der Zuständigkeit für eine gewerblich vermietete Lagerhalle nach geänderter Bauplanung).
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, soweit diese die Feststellung eines Arbeitsunfalls betrifft. Zutreffend hat das Sozialgericht insoweit den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass der Unfall vom 3. Juli 2008 ein Arbeitsunfall ist.
Zulässige Klageart für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (z.B. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Darüber hinaus ist auch streitig, ob der Arbeitsunfall von der Beklagten, von der Beigeladenen oder möglicherweise von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft zu entschädigen ist. Auch hierüber hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil entschieden. Das Gericht kann durch Teilurteil über einen Teil des Anspruchs entscheiden, hier über die Frage, ob überhaupt ein Leistungsfall im Sinne der §§ 7 Abs. 1, 8 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) vorliegt. Ob ein Teilurteil ergeht, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 125 Rdnr. 3 c). Es ist zulässig, wenn ein selbstständiger Teil des Streitgegenstandes zur Endentscheidung reif ist, so dass er von dem Verlauf des Verfahrens über den Rest nicht mehr berührt werden kann (BGHZ 20, 312). Der Senat erachtet insoweit den Erlass eines Teilurteils (§ 202 SGG in Verbindung mit § 301 Zivilprozessordnung - ZPO) für zweckmäßig. Dabei hatte der Senat auch zu berücksichtigen, dass bei Feststellung des Leistungsfalls vom Kläger zumindest vorläufige Leistungen geltend gemacht werden können, so dass gemäß dem Rechtsstaatsprinzip eine Entscheidung vorrangig vor der endgültigen Klärung der Zuständigkeiten war. Eine Entscheidung über die Zuständigkeit für die aus der Feststellung des Versicherungsfalls (§§ 7 Abs. 1, 8 SGB VII) ergebenden Rechte bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne der §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 SGB VII, der vom Kläger in dem Ereignis vom 3. Juli 2008 gesehen wird. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit, § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Unstreitig ereignete sich am 3. Juli 2008 während der Arbeiten auf dem Dach der Halle ein Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII.
Der Kläger, der in keinem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis mit dem Bauherrn stand, hatte kein vertragliches Verhältnis mit diesem geschlossen. Dies bestätigt auch der als Zeuge vom Sozialgericht vernommene Bauherr. Der Kläger war somit nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter versichert.
Auch liegt keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne der § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in Verbindung mit § 7 Abs. 1 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) vor. Hierbei ist zwar ausreichend, dass eine ernstliche, dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit verrichtet wird, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und die ihrer Art nach auch von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen und die ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (BSG SozR 3-2200 § 58 Nr. 20). Allerdings ist eine familiäre Mitarbeit bzw. eine gefällige Mithilfe nicht von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erfasst (vgl. auch Beck OnlineKommentar § 2 Rdnr. 9). Ein Arbeitsverhältnis liegt hier nur dann vor, wenn der Bauherr auf die Verwertung der Arbeitskraft angewiesen ist, der Kläger dem Kreis der berufsmäßigen Arbeitnehmer zuzurechnen wäre, er eine für die Tätigkeit verwertbare Arbeitskraft darstellt, der einem Weisungsrecht des Betriebsinhabers, wenn auch in abgeschwächter Form, unterworfen ist und ein Entgelt als angemessener Gegenwert für die geleistete Arbeit vereinbart und gezahlt wird. Zumindest Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Zeuge C. hat nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er den Kläger nicht entlohnt hat und eine angemessene Entlohnung nicht vereinbart war. Soweit er ihm im Krankenhaus nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme etwas Bargeld gegeben hat, stand dies - ebenso wie die Übernahme der Krankenkassenrückstände - allein im Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Ohne den Unfall wären diese Zahlungen nicht erfolgt. Für eine angemessene Entlohnung ist auch ein Betrag von bis zu 50.- EUR pro Tag mit Verköstigung, wie nach den Zeugenaussagen der Kläger bei früheren Hilfsarbeiten, die jedoch nicht für den jetzigen Bauherrn erbracht wurden, erhalten hatte, nicht ausreichend.
Zutreffend hat das Sozialgericht unter Würdigung der Zeugenaussagen ausgeführt, dass der Kläger bei der Verrichtung gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII jedoch wie ein Beschäftigter versichert war, d.h., der Unfall in sachlichem Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit stand. Die Arbeiten des Klägers auf der Baustelle hatten einen wirtschaftlichen Wert, dienten dem Bauherrn C., entsprachen dessen Willen, konnten von ihrer Art nach von Arbeitnehmern verrichtet werden und wurden konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen (zu den Voraussetzungen: KassKomm-Ricke, Bd. 2, § 2 SGB VII, Rdnr. 104). Grundsätzlich schließen dabei Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII nicht aus (BSGE 5, 168, 172). Dieser ist nur dann ausgeschlossen, wenn die zum Unfall führende Verrichtung nach Art und Umfang durch das verwandtschaftliche Verhältnis geprägt war (BSG SozR 3 - 2200 § 539 Nr. 25). Hierbei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Gemäß § 153 Abs. 2 SGG wird vollumfänglich auf die Ausführungen des Sozialgerichts in dem vom Beklagten angefochtenen Urteil verwiesen. Insbesondere teilt der Senat die Ansicht, dass die persönliche Beziehung des Klägers zu den Angehörigen des Bauherrn hinter die Motivation, sich durch seine Mithilfe Geld zu verdienen, zurückgetreten ist.
Auch die vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgebrachten Gründe führen zu keinem anderen Ergebnis: Es liegt nämlich entgegen der Ansicht des Beklagten keine unternehmerähnliche Tätigkeit vor. Bei Gesamtwürdigung aller Umstände sprechen mehr Indizien gegen eine unternehmerähnliche Tätigkeit. Zunächst vermag der Senat nicht zu erkennen, inwieweit der vom Kläger offensichtlich betriebene Schrotthandel Einfluss auf die Beurteilung dieser Frage haben soll. Insoweit besteht von der Art der Tätigkeit betrachtet kein Sachzusammenhang.
Allerdings half der Kläger - aufgrund seiner besonderen handwerklichen Fähigkeit und aufgrund finanzieller Engpässe - offensichtlich öfters bei Bauvorhaben aus. Hierbei war er mehrmals für die Familie O. tätig. Der Senat berücksichtigte auch, dass der Kläger zur damaligen Zeit eine persönliche Bindung zu der Nichte des Bauherrn hatte. Wesentliche Indizien für eine unternehmerische Tätigkeit, insbesondere die fehlende Weisungsgebundenheit, ein eigenes unternehmerisches Risiko oder der Einsatz eigener Arbeitsmittel, fehlen aber. Auch eine angemessene Bezahlung für die Tätigkeit wurde, wie oben ausgeführt, nicht vereinbart.
In der Gesamtabwägung teilt der Senat daher die Bewertung des Sozialgerichts hinsichtlich des Vorliegens eines Versicherungsfalls.
Auch den hilfsweise gestellten Beweisanträgen des Beklagten war nicht stattzugeben. Der Antrag, den Sachverhalt weiter aufzuklären, stellt bereits keinen zulässigen Beweisantrag dar; ein Beweisantrag muss in prozessordnungsgerechter Weise formuliert sein (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr. 6) und ein Beweisthema - möglichst konkret - angeben. Dabei muss auch wenigstens umrissen werden, was die Beweisaufnahme ergeben soll. Schließlich muss sich der Antrag regelmäßig auf ein Beweismittel beziehen (vgl. zum Ganzen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 160 Rdnr. 18 a). Hieran fehlt es vorliegend vollständig. Die weiteren Beweisanträge betreffen die Frage, ob die Beklagte, die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft oder die Beigeladene für die sich aufgrund der Feststellung eines Arbeitsunfalls geltend machbaren Ansprüche zuständig ist. Hierüber ist erst durch Schlussurteil zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG verbleibt einem Schlussurteil bzw. erfolgt ggf. im Beschlusswege.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der endgültigen Entscheidung vorbehalten.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung des Versicherungsfalls durch den Beklagten.
Der Kläger, gelernter Metzger, stürzte am 3. Juli 2008 als Helfer bei einer Renovierung einer Betondecke von ca. 3 m Höhe auf den Boden. Es handelte sich um die vermietete Halle des C., einem Betriebsunternehmer mit Handel von Nutzfahrzeugen und Maschinen. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt mit der Exfrau des Bruders des Herrn C. leiert, der Bruder der damaligen Lebensgefährtin war außerdem mit der Tochter des Herrn C. verheiratet. Der Kläger zog sich hierbei eine Calcaneusfraktur links sowie eine Lissfranc-Luxationsfraktur rechts zu, die operativ versorgt wurde. Am 10. Juli 2008 musste eine operative Revision und Plattenosteosynthese des Calcaneus links nach Fehlstellung vorgenommen werden. Am 28. August 2008 erfolgte eine erneute stationäre Behandlung wegen Wundheilungsstörung der linken Ferse lateral.
Der Bauherr gab gegenüber der Beklagten am 20. Oktober 2008 an, dass der Kläger zuvor drei Stunden gearbeitet hatte. Es seien jedoch noch weitere Arbeiten (Einbau der Stützen für die Betondecken) geplant gewesen. Insgesamt seien ca. 10 Stunden eingeplant gewesen. Aufgrund des bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses sei die Hilfe üblich gewesen. Gegenüber der Beklagten gab der Kläger an, keine Entschädigung für die geleistete Arbeit erhalten zu haben.
Mit Bescheid vom 11. November 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Die Mithilfe sei von der verwandtschaftlichen und bekanntschaftlichen Beziehung geprägt gewesen. Somit habe bei der Mithilfe keine fremdbestimmte Tätigkeit für ein anderes Unternehmen (hier: Privathaushalt C.) im Vordergrund gestanden. Die Tätigkeit habe keinen arbeitnehmerähnlichen Charakter gehabt. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2010 zurück. Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) als Beschäftigter scheide aus. Es bestehe aber auch kein Versicherungsschutz als sog. Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII. Vielmehr sei die Mithilfe im Wesentlichen von der freundschaftlichen engen Beziehung zur damaligen Lebenspartnerin geprägt gewesen. Im Rahmen dieser Freundschaft sei die angebotene Hilfe typisch und üblich gewesen.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er mit dem Bauherrn nicht verwandt oder verschwägert gewesen sei. Es habe sich nicht um eine unentgeltliche Gefälligkeit gehandelt, auch nicht im Rahmen der Gegenhilfe.
Das Sozialgericht hat in nichtöffentlichen Sitzungen vom 20. Juli 2010 und 29. September 2010 Zeugen gehört. Auf die Niederschriften wird verwiesen. In der Sitzung vom 20. Juli 2010 hat der Kläger angegeben, dass er dem Bauherrn schon vorher - gegen Entlohnung von 100.- bzw. 400.- EUR - bei Arbeiten geholfen habe. Für die Tätigkeit am 3. Juli 2008 habe er keinen Lohn erhalten, allerdings habe der Bauherr ihm im Krankenhaus mehrmals Geld gegeben und einen Beitragsrückstand bei der Krankenkasse in Höhe von 400.- EUR übernommen. Zur Zeit des Unfalls sei er seit einem 3/4-Jahr arbeitslos gewesen. Die Arbeiten am Unfalltag selber habe er nach den Anweisungen des Zeugen durchgeführt.
Der Zeuge C. gab an, es sei üblich gewesen, dass alle bei Arbeiten mithelfen. Bis auf den Umbau des Hallendachs habe der Kläger aber bei keinen anderen Arbeiten mitgeholfen. Ob und was dieser für seinen Schwiegersohn gemacht habe, wisse er nicht. Er habe ihn nicht gebeten, mitzuhelfen. Für die Mithilfe habe der Kläger kein Geld erhalten. Im Krankenhaus habe er ihm 20.- oder 30.- EUR gegeben, da dieser kein Geld gehabt habe. Die Beiträge an die Krankenkasse habe vielleicht sein Schwiegersohn oder seine Tochter gezahlt.
Im zweiten Termin gab der Kläger an, etwa 30 bis 40 Tage auf dem Grundstück von Herrn C. gearbeitet zu haben. Er sei von Herrn C. und Herrn O. bezahlt worden.
Die Zeugin S. O. - Tochter des Zeugen C. - erklärte, den Beitragsrückstand bei der Krankenkasse in Höhe von 800.- bis 900.- EUR beglichen zu haben, d.h. ihr Vater habe ihr die Überweisung für sein Konto ausgehändigt. Der Kläger habe bis heute nichts zurückgezahlt. Der Kläger habe ihr und ihrem Mann mehrfach bei Bauarbeiten geholfen. Er habe vielleicht 30.- oder 50.- EUR am Tag und freie Kost bekommen. Ob ihr Vater sie gebeten habe, den Kläger um seine Mithilfe beim Dachumbau zu bitten, oder ob sie ihn von sich aus gefragt hat, wisse sie nicht mehr.
Der Zeuge E. O. - Ehemann der obigen Zeugin - hat mitbekommen, dass am Tag vor dem Unfall der Kläger mit seinem Schwiegervater über das Aufbringen der Betonplatten gesprochen hat. Bereits zuvor habe der Kläger bei einigen Bauarbeiten geholfen. Für seine Mithilfe habe er 50.- bis 100.- EUR erhalten. Ob er von dem Schwiegervater auch beim Dachneubau Geld bekommen sollte, wisse er nicht mehr. Ob der Kläger dem Schwiegervater vor der Dachreparatur einmal geholfen habe, wisse er ebenfalls nicht.
Der Zeuge D. ist der Vermieter des Klägers und kennt diesen seit Kindheit. Der Kläger habe bei dem Dachumbau mehrere Wochen lang ab etwa Mitte Juni 2008 mitgearbeitet. Er habe ihm gesagt, dass er hierfür Geld bekomme; wie viel er erhalten habe, wisse er nicht. Allerdings stehe die Miete für Juni und Juli (jeweils 430.- EUR) noch aus. Der Kläger habe auch ihm und dem Herrn O. bei Bauvorhaben geholfen.
Die Zeugin T. A., Tochter des Klägers, hat angegeben, dass ihr Vater Ende Juni, Anfang Juli 2008 bei Dacharbeiten mitgeholfen habe, da er handwerklich sehr begabt sei. Er habe schon öfter auf dem Grundstück der beiden Familien bei Bauarbeiten mitgeholfen. Für die Mithilfe habe er auch Geld bekommen, mal 20.- EUR, mal 50.- EUR. Was bezüglich der Bezahlung für die Mithilfe beim Dachausbau vereinbart gewesen sei, wisse sie nicht.
Der Zeuge D. A., Sohn des Klägers, hat nur angeben können, dass der Vater bei einem Bauvorhaben am Dach auf dem Grundstück des Herrn C. mitgeholfen hat. Ob und wie viel Geld er dafür erhalten hat, wisse er nicht. Sein Vater sei öfters zum Arbeiten bei den beiden Familien gewesen. Damals habe es wohl ein enges Verhältnis gegeben.
In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2010 hat das Sozialgericht nochmals die Zeugen C. und T. A. gehört. Die Zeugin A. hat erklärte, nicht zu wissen, ob und wie viel Geld ihr Vater für eine Mithilfe erhalten hat. Bereits 2007 habe man darüber gesprochen, auf dem Hallendach ein Schwimmbad zu errichten. Bereits damals hätten die O. ihren Vater gefragt, ob er nicht mithelfen könne. Sie wisse, dass sich Herr C. und ihr Vater im Krankenhaus über Geld unterhalten haben.
Der Zeuge C. hat ausgesagt, er habe dem Kläger kein Geld für seine Mithilfe versprochen. Er habe seiner Tochter etwa 500.- bis 700.- EUR geliehen, damit sie die Krankenkassenbeiträge für den Kläger bezahlen konnte. Er habe das Geld bis heute nicht zurück bekommen. Er habe dem Kläger im Krankenhaus keine größeren Geldbeträge angeboten. Vorher habe er den Kläger nie bezahlt, wohl aber der Schwiegersohn und die Tochter.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 29. November 2010 den Bescheid des Beklagten vom 11. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2010 aufgehoben und festgestellt, dass der Unfall am 3. Juli 2008 ein Arbeitsunfall ist, für dessen Entschädigung der Beklagte zuständig ist. Der Kläger sei als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII tätig gewesen. Dieser habe bei dem Bauvorhaben in einer arbeitnehmerähnlichen Weise mitgeholfen. Die unstreitige Mitarbeit sei nicht von engen persönlichen Bindungen geprägt gewesen. Zwar sei der Kläger mit der Nichte des Bauherrn enger befreundet gewesen. Das Sozialgericht ist im Zuge der Beweisaufnahme jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass für den Kläger die Verdienstmöglichkeit und nicht eine persönliche Verpflichtung im Vordergrund gestanden hat. Der Kläger hat mehrfach (30 bis 40 Tage im Jahre 2008) bei Bauvorhaben der Familie des Zeugen C. mitgeholfen. Dafür habe er neben freiem Essen und Trinken pro Tag bis zu 50.- EUR erhalten. Ohne die zugesagte Bezahlung hätte er am 3. Juli 2008 nicht mitgeholfen. Der feststehende Umfang, in dem der Kläger tätig geworden ist, entspreche nicht mehr dem üblichen und zu erwartenden Rahmen bei verwandtschaftlichen oder - wie hier - lediglich freundschaftlichen Verhältnissen. Insbesondere habe keine bloße Gefälligkeit vorgelegen. Schließlich sei der Kläger auch nicht unternehmerähnlich tätig gewesen; hierfür fehlten deutliche Indizien wie die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos bzw. eine Haftung für Schlechtleistung. Ferner hat das Sozialgericht ausgeführt, dass für die Entschädigung auch der Beklagte zuständig sei (§ 129 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII).
Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt und zur Begründung vorgebracht, dass nach dem Gesamtbild der Tätigkeit keine Wie-Beschäftigung, sondern eine unternehmerähnliche Tätigkeit des Klägers vorliege. Der Kläger habe offenbar seit mehreren Jahren sein Einkommen mit einem selbstständigen Schrotthandel sowie mit Schwarzarbeit bestritten, wobei ihm seine besondere Fachkunde zugute gekommen sei. Nach Aussage des Zeugen D. habe der Kläger bereits im Juni bei Dacharbeiten mitgeholfen; er habe mehrere Wochen lang ab Mitte Juni 2008 mitgearbeitet und Geld dafür bekommen. Der Kläger habe mitgeholfen und den Bauherrn beraten.
Selbst bei Annahme eines Arbeitsunfalls sei die Zuständigkeit des Beklagten nicht gegeben. Für das in Rede stehende Bauvorhaben wäre deutlich mehr als die im Bauhauptgewerbe geltende tarifliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden zu veranschlagen gewesen. Es habe eine längerfristige, nicht gewerbsmäßige Bauarbeit vorgelegen, so dass die Zuständigkeit der BG Bau gegeben wäre.
In Betracht komme aber auch die Zuständigkeit der Verwaltungs-BG. Der Auffassung des Sozialgerichts, dass das Bauvorhaben seiner Ausführung nach vornehmlich privaten Zwecken und nicht so sehr dem Zweck, das Dach der an eine gewerbliche Firma vermieteten Halle zu renovieren, diente, könne nicht zugestimmt werden.
Der Kläger hat vorgetragen, dass eine reine Gefälligkeit nicht vorgelegen habe. Er sei darauf angewiesen gewesen, mit seiner Tätigkeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und seine Mietschulden abzutragen. Er sei auch trotz seines Fachwissens nicht unternehmerähnlich tätig gewesen. Vielmehr habe der Bauherr die Bauarbeiten sowie die Art und den Umfang der Arbeiten bestimmt und z.B. die Hilfsmittel besorgt.
Mit Beschluss vom 8. Juni 2011 hat der Senat die BG Bau notwendig beigeladen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29. November 2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11. November 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2010 abzuweisen, hilfsweise den Sachverhalt weiter aufzuklären und die für die gewerbliche Vermietung zuständige Fachberufsgenossenschaft (Verwaltungs-BG) beizuladen (Thema: durchgeführte Dachreparatur als Voraussetzung für weitere Vermietung), hilfsweise ein Gutachten - auf Grund Ortsbesichtigung - einzuholen zum zeitlichen Umfang der durchgeführten Arbeiten an der vermieteten Lagerhalle sowie die Revision zuzulassen (Thema: Klärung der Zuständigkeit für eine gewerblich vermietete Lagerhalle nach geänderter Bauplanung).
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, soweit diese die Feststellung eines Arbeitsunfalls betrifft. Zutreffend hat das Sozialgericht insoweit den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass der Unfall vom 3. Juli 2008 ein Arbeitsunfall ist.
Zulässige Klageart für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (z.B. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Darüber hinaus ist auch streitig, ob der Arbeitsunfall von der Beklagten, von der Beigeladenen oder möglicherweise von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft zu entschädigen ist. Auch hierüber hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil entschieden. Das Gericht kann durch Teilurteil über einen Teil des Anspruchs entscheiden, hier über die Frage, ob überhaupt ein Leistungsfall im Sinne der §§ 7 Abs. 1, 8 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) vorliegt. Ob ein Teilurteil ergeht, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 125 Rdnr. 3 c). Es ist zulässig, wenn ein selbstständiger Teil des Streitgegenstandes zur Endentscheidung reif ist, so dass er von dem Verlauf des Verfahrens über den Rest nicht mehr berührt werden kann (BGHZ 20, 312). Der Senat erachtet insoweit den Erlass eines Teilurteils (§ 202 SGG in Verbindung mit § 301 Zivilprozessordnung - ZPO) für zweckmäßig. Dabei hatte der Senat auch zu berücksichtigen, dass bei Feststellung des Leistungsfalls vom Kläger zumindest vorläufige Leistungen geltend gemacht werden können, so dass gemäß dem Rechtsstaatsprinzip eine Entscheidung vorrangig vor der endgültigen Klärung der Zuständigkeiten war. Eine Entscheidung über die Zuständigkeit für die aus der Feststellung des Versicherungsfalls (§§ 7 Abs. 1, 8 SGB VII) ergebenden Rechte bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne der §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 SGB VII, der vom Kläger in dem Ereignis vom 3. Juli 2008 gesehen wird. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit, § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Unstreitig ereignete sich am 3. Juli 2008 während der Arbeiten auf dem Dach der Halle ein Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII.
Der Kläger, der in keinem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis mit dem Bauherrn stand, hatte kein vertragliches Verhältnis mit diesem geschlossen. Dies bestätigt auch der als Zeuge vom Sozialgericht vernommene Bauherr. Der Kläger war somit nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter versichert.
Auch liegt keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne der § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in Verbindung mit § 7 Abs. 1 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) vor. Hierbei ist zwar ausreichend, dass eine ernstliche, dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit verrichtet wird, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und die ihrer Art nach auch von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen und die ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (BSG SozR 3-2200 § 58 Nr. 20). Allerdings ist eine familiäre Mitarbeit bzw. eine gefällige Mithilfe nicht von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erfasst (vgl. auch Beck OnlineKommentar § 2 Rdnr. 9). Ein Arbeitsverhältnis liegt hier nur dann vor, wenn der Bauherr auf die Verwertung der Arbeitskraft angewiesen ist, der Kläger dem Kreis der berufsmäßigen Arbeitnehmer zuzurechnen wäre, er eine für die Tätigkeit verwertbare Arbeitskraft darstellt, der einem Weisungsrecht des Betriebsinhabers, wenn auch in abgeschwächter Form, unterworfen ist und ein Entgelt als angemessener Gegenwert für die geleistete Arbeit vereinbart und gezahlt wird. Zumindest Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Zeuge C. hat nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er den Kläger nicht entlohnt hat und eine angemessene Entlohnung nicht vereinbart war. Soweit er ihm im Krankenhaus nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme etwas Bargeld gegeben hat, stand dies - ebenso wie die Übernahme der Krankenkassenrückstände - allein im Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Ohne den Unfall wären diese Zahlungen nicht erfolgt. Für eine angemessene Entlohnung ist auch ein Betrag von bis zu 50.- EUR pro Tag mit Verköstigung, wie nach den Zeugenaussagen der Kläger bei früheren Hilfsarbeiten, die jedoch nicht für den jetzigen Bauherrn erbracht wurden, erhalten hatte, nicht ausreichend.
Zutreffend hat das Sozialgericht unter Würdigung der Zeugenaussagen ausgeführt, dass der Kläger bei der Verrichtung gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII jedoch wie ein Beschäftigter versichert war, d.h., der Unfall in sachlichem Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit stand. Die Arbeiten des Klägers auf der Baustelle hatten einen wirtschaftlichen Wert, dienten dem Bauherrn C., entsprachen dessen Willen, konnten von ihrer Art nach von Arbeitnehmern verrichtet werden und wurden konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen (zu den Voraussetzungen: KassKomm-Ricke, Bd. 2, § 2 SGB VII, Rdnr. 104). Grundsätzlich schließen dabei Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII nicht aus (BSGE 5, 168, 172). Dieser ist nur dann ausgeschlossen, wenn die zum Unfall führende Verrichtung nach Art und Umfang durch das verwandtschaftliche Verhältnis geprägt war (BSG SozR 3 - 2200 § 539 Nr. 25). Hierbei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Gemäß § 153 Abs. 2 SGG wird vollumfänglich auf die Ausführungen des Sozialgerichts in dem vom Beklagten angefochtenen Urteil verwiesen. Insbesondere teilt der Senat die Ansicht, dass die persönliche Beziehung des Klägers zu den Angehörigen des Bauherrn hinter die Motivation, sich durch seine Mithilfe Geld zu verdienen, zurückgetreten ist.
Auch die vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgebrachten Gründe führen zu keinem anderen Ergebnis: Es liegt nämlich entgegen der Ansicht des Beklagten keine unternehmerähnliche Tätigkeit vor. Bei Gesamtwürdigung aller Umstände sprechen mehr Indizien gegen eine unternehmerähnliche Tätigkeit. Zunächst vermag der Senat nicht zu erkennen, inwieweit der vom Kläger offensichtlich betriebene Schrotthandel Einfluss auf die Beurteilung dieser Frage haben soll. Insoweit besteht von der Art der Tätigkeit betrachtet kein Sachzusammenhang.
Allerdings half der Kläger - aufgrund seiner besonderen handwerklichen Fähigkeit und aufgrund finanzieller Engpässe - offensichtlich öfters bei Bauvorhaben aus. Hierbei war er mehrmals für die Familie O. tätig. Der Senat berücksichtigte auch, dass der Kläger zur damaligen Zeit eine persönliche Bindung zu der Nichte des Bauherrn hatte. Wesentliche Indizien für eine unternehmerische Tätigkeit, insbesondere die fehlende Weisungsgebundenheit, ein eigenes unternehmerisches Risiko oder der Einsatz eigener Arbeitsmittel, fehlen aber. Auch eine angemessene Bezahlung für die Tätigkeit wurde, wie oben ausgeführt, nicht vereinbart.
In der Gesamtabwägung teilt der Senat daher die Bewertung des Sozialgerichts hinsichtlich des Vorliegens eines Versicherungsfalls.
Auch den hilfsweise gestellten Beweisanträgen des Beklagten war nicht stattzugeben. Der Antrag, den Sachverhalt weiter aufzuklären, stellt bereits keinen zulässigen Beweisantrag dar; ein Beweisantrag muss in prozessordnungsgerechter Weise formuliert sein (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr. 6) und ein Beweisthema - möglichst konkret - angeben. Dabei muss auch wenigstens umrissen werden, was die Beweisaufnahme ergeben soll. Schließlich muss sich der Antrag regelmäßig auf ein Beweismittel beziehen (vgl. zum Ganzen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 160 Rdnr. 18 a). Hieran fehlt es vorliegend vollständig. Die weiteren Beweisanträge betreffen die Frage, ob die Beklagte, die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft oder die Beigeladene für die sich aufgrund der Feststellung eines Arbeitsunfalls geltend machbaren Ansprüche zuständig ist. Hierüber ist erst durch Schlussurteil zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG verbleibt einem Schlussurteil bzw. erfolgt ggf. im Beschlusswege.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved