Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 27 KA 11/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KA 1/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. November 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 2. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 2008 aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der ihm zur Ausführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen erteilten Genehmigung.
Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und nimmt mit dieser Facharztbezeichnung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung H. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er ist berechtigt, die Zusatzbezeichnung Akupunktur zu führen.
Aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner 119. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 neu in den seinerzeit gültigen Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen (im Folgenden: EBM2005). Nr. 30790 EBM2005 erfasst die Eingangsdiagnostik und Abschlussdiagnostik zur Behandlung mittels Körperakupunktur gemäß der Qualitätsvereinbarung nach § 135 Abs. 2 SGB V bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule oder chronischen Schmerzen eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose. Nr. 30791 EBM2005 erfasst die Durchführung der Körperakupunktur und ggf. Revision des Therapieplans gemäß den Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Behandlung bei den genannten Indikationen.
Der Kläger, der an einem Modellvorhaben zur Akupunkturbehandlung mitgewirkt hatte, beantragte bei der Beklagten die Erteilung der zur Ausführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 erforderlichen Genehmigung. Diese wurde ihm mit Bescheid vom 14. Februar 2007, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 als "widerrufliche Genehmigung" erteilt.
Aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner 126. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2007 die Präambel zu Abschnitt 30.7 EBM2005 (Schmerztherapie) um eine Nr. 4 ergänzt. Danach sind Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 nur von Angehörigen bestimmter Arztgruppen berechnungsfähig. Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zählen nicht dazu.
Daraufhin "widerrief" die Beklagte mit Bescheid vom 2. September 2008, auf den vollumfänglich Bezug genommen wird, die erteilte Genehmigung ohne vorherige Anhörung des Klägers mit Wirkung zum 31. Dezember 2008. Seit dem 1. Juli 2007 könnten unter anderem Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtsheilkunde nicht mehr auf das Kapitel 30.7. EBM 2005 zugreifen. Der Kläger sei mit seiner Gebietsbezeichnung daher nicht mehr zur Erbringung und Abrechnung von Körperakupunkturleistungen berechtigt. Aus Gründen des Vertrauensschutzes werde allerdings allen bisherigen Genehmigungsinhabern eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2008 gewährt.
Zur Begründung seines Widerspruchs brachte der Kläger unter anderem vor, ohne Abrechnung der Akupunkturleistungen sei seine wirtschaftliche Existenz bedroht, zumal er im Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung seine Praxisräume für die Akupunkturbehandlung umgebaut und hierfür einen Kredit aufgenommen habe. Im Übrigen sei er nicht ausschließlich auf dem Gebiet der Frauenheilkunde tätig, sondern habe für viele seiner Patientinnen, die keinen Hausarzt hätten, die primäre Versorgung übernommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2008, auf den vollumfänglich Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Ausführung und Abrechnung von Akupunktur sei dem Kläger gemäß den verbindlichen Bestimmungen des EBM2005 ab dem 1. Juli 2007 nicht mehr möglich gewesen.
Am 16. Januar 2009 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat zunächst sein Vorbringen, die Akupunktur habe sich für ihn zu einem selbstständigen zweiten Tätigkeitsfeld neben der frauenärztlichen Tätigkeit entwickelt, vertieft. Zudem hält er schon den ursprünglichen Widerrufsvorbehalt für rechtswidrig; die Beklagte habe nicht deutlich gemacht, unter welchen Voraussetzungen sie die Genehmigung widerrufen könne. Allenfalls bestehe eine Widerrufsmöglichkeit für den Fall, dass er die Genehmigungsvoraussetzungen nicht länger erfülle. Er erfülle aber sowohl in seiner Person als auch mit der Ausstattung seiner Praxis nach wie vor die Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur. Der Kläger beruft sich weiterhin auf Vertrauensschutz; zumindest müsse ihm eine längere Übergangsfrist eingeräumt werden.
Die Beklagte hat an ihrem Bescheid festgehalten und darauf hingewiesen, der vom Bewertungsausschuss in seiner 126. Sitzung gefasste Beschluss sei im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht worden. Zu einer gesonderten Mitteilung an die betroffenen Ärzte sei sie nicht verpflichtet gewesen. Die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (Beigeladene zu 2) hält diesen Beschluss für mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Körperakupunktur sei zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur zur Behandlung bestimmter chronischer Schmerzen der Lendenwirbelsäule und zur Diagnostik und Therapie von bestimmten chronischen Schmerzen mindestens eines Kniegelenks durch Gonarthrose zulässig. Die Diagnose und Behandlung solcher Erkrankungen gehöre nicht zum Kern des Fachgebiets Frauenheilkunde und Geburtshilfe, weshalb die Arztgruppe des Klägers von der Leistungserbringung und Abrechnung ausgeschlossen worden sei.
Der Kläger hat darauf erwidert, auch seine Facharztgruppe erbringe schmerztherapeutische Leistungen, ohne dabei auf die in der Frauenheilkunde typischerweise behandelten Organsysteme oder Körperregionen beschränkt zu sein. Der Körperakupunktur liege keine fachgruppenspezifische Spezialkompetenz zu Grunde, sondern eine Zusatzqualifikation, die er sich unstreitig in den letzten Jahren erworben habe. Im Übrigen würden die von ihm mit Akupunktur behandelten Rückenschmerzen häufig während der Schwangerschaft oder nach mehreren Schwangerschaften auftreten, so dass sie durchaus frauenspezifisch seien.
Im Rahmen eines vom Kläger angestrengten einstweiligen Anordnungsverfahrens (S 27 KA 365/09 ER) hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Klage gegen den hier streitbefangenen Bescheid aufschiebende Wirkung entfaltet und der Kläger daher weiterhin Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 erbringen und abrechnen darf (Beschluss vom 18. Oktober 2009). Die Beklagte hat mit Bescheid vom 13. Oktober 2009 die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung angeordnet. Ein zweites Eilverfahren des Klägers (S 27 KA 420/09 ER=L 2 B 459/09 ER KA) ist erfolglos geblieben (Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 2. November 2009; Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Dezember 2009).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. November 2011 abgewiesen. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die erteilte Genehmigung wegen der nachträglichen Änderung der Rechtslage gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) aufzuheben. Die vom Bewertungsausschuss vorgenommene Beschränkung der Körperakupunkturleistungen auf bestimmte Arztgruppen sei als eine nicht statusrelevante Berufsausübungsregelung zu qualifizieren und auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Bewertungsausschuss habe an die berufsrechtliche Qualifikation als Facharzt anknüpfen dürfen, zumal für Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 nunmehr eine enge körperbezogene Indikation verlangt werde. Der Ausschluss der Facharztgruppe des Klägers erscheine nicht sachwidrig. Auch wenn die Behandlung gewisser Rückenbeschwerden bei einem Frauenarzt häufiger indiziert sei, gehöre doch die Behandlung der betroffenen chronischen Rücken- oder Knieschmerzen weder zum Kern des gynäkologischen Fachgebiets noch sei es für dieses wesentlich und prägend. Ebenso wenig sei die dem Kläger eingeräumte Übergangsfrist als zu kurz zu beanstanden. Dieser habe ausreichend Zeit gehabt, bereits begonnene Akupunkturbehandlungen abzuschließen. Er habe die Leistungen sogar noch bis zur Anordnung des Sofortvollzugs erbringen und abrechnen können.
Das Urteil ist dem Kläger am 12. Dezember 2011 zugestellt worden. Am 11. Januar 2012 hat er dagegen Berufung eingelegt. Er trägt nunmehr vertiefend vor, die von ihm in der Vergangenheit erbrachten Akupunkturleistungen würden zum Kern seines Fachgebiets gehören, da ein Großteil seiner Patientinnen schwanger sei. Hierzu bietet er Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Zudem habe er darauf vertraut, zeitlich unbegrenzt Akupunkturbehandlungen durchführen zu können.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. November 2011 und den Bescheid vom 2. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbeides vom 18. Dezember 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und vertieft ihr Vorbringen dazu, dass die Behandlung von Lendenwirbelsäulenschmerzen bei schwangeren Frauen nicht zum Kern des Fachgebiets des Klägers gehöre. Im Übrigen ergebe sich aus den Abrechnungen des Klägers nicht, dass er mittels Akupunktur vor allem Schwangere behandelt habe. Beispielsweise im Quartal 3/2008 habe er in lediglich acht Fällen Leistungen nach Nr. 01770 EBM2005 (Betreuung einer Schwangeren) neben den streitbefangenen Akupunkturleistungen erbracht. Eine hausärztliche Tätigkeit sei dem Kläger verwehrt.
Der beigeladene GKV-Spitzenverband (Beigeladener zu 1) hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Die Beigeladene zu 2 hat sich im Berufungsverfahren nicht mehr zur Sache geäußert. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Akte der Beklagten und der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 25. April 2013 hinzugezogenen weiteren Akten des Sozial- und Landessozialgerichts Hamburg Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden.
II. Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Sozialgericht hat die als Anfechtungsklage zulässige Klage zu Unrecht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 2. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbeides vom 18. Dezember 2008 erweist sich als rechtswidrig, so dass der Kläger durch ihn i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert ist.
1. Der angegriffene Bescheid bedarf der Auslegung. Obgleich die Beklagte formulierte, die Genehmigung werde "widerrufen", bezog sie sich an keiner Stelle auf den bei Genehmigungserteilung ausgesprochenen Widerrufsvorbehalt oder einen etwaigen Widerrufsgrund. Vielmehr wollte sie erkennbar auf die zum 1. Juli 2007 bewirkte Änderung des EBM2005 reagieren, wie ihre Wortwahl im Aufhebungsbescheid wie im Widerspruchsbescheid verdeutlicht. Aus ihrer Sicht war der Kläger wegen veränderter rechtlicher Verhältnisse nicht länger berechtigt, Akupunkturleistungen zu erbringen und abzurechnen. Sie beabsichtigte mithin, die mit Dauerwirkung ausgestattete Altgenehmigung für die Zukunft aufzuheben (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BSG 18.3.1998 – B 6 KA 23/97 R – Juris; zum Verhältnis von § 47 und § 48 SGB X Freischmidt in Hauck/Noftz, SGB X, K § 47 Rn. 2; Schütze in von Wulffen, SGB X, § 47 Rn. 2).
2. Die Beklagte kann ihre so verstandene Aufhebungsentscheidung nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) stützen.
Die Anwendbarkeit der Vorschrift wird allerdings nicht gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – durch eine vertragsarztrechtliche Sonderregelung ausgeschlossen. Insbesondere enthalten weder die "Qualitätssicherungsvereinbarung zur Akupunktur bei chronisch schmerzkranken Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V (Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur)" vom 8. Dezember 2006 noch die "Rahmenvereinbarung für Qualitätssicherungsvereinbarungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V" (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) vom 1. April 2008 oder die "Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Verfahren zur Qualitätssicherung (Qualitätssicherungs-Richtlinien) nach § 75 Abs. 7 SGB V" vom 20. Januar 2000 eine vorrangige Regelung. § 2 Abs. 7 Satz 1 der Rahmenvereinbarung betrifft allein Fallgestaltungen, in denen der Arzt in seiner Person oder Praxis die unveränderten Genehmigungsvoraussetzungen nicht länger erfüllt. Die vorliegende Fallgestaltung wird davon nicht erfasst. Gleichwohl besteht keinerlei Anlass zu der Annahme, in allen anderen als den von § 2 Abs. 7 Satz 1 der Rahmenvereinbarung erfassten Konstellationen solle eine Aufhebung der Genehmigung ausgeschlossen sein. Die Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur, die Rahmenvereinbarung und die Qualitätssicherungs-Richtlinien regeln die Möglichkeiten der Korrektur einer einmal erteilten Genehmigung nicht abschließend und lassen insbesondere das Recht der Beklagten zur Aufhebung nach Maßgabe des Sozialverwaltungsverfahrensrechts unberührt (vgl. bezogen auf die Qualitätssicherungs-Richtlinien bereits LSG Hamburg 7.7.2012 – L 1 KA 65/09 – Juris, die Nichtzulassungsbeschwerde ist unter B 6 KA 15/13 R anhängig).
Obgleich § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nach seinem Wortlaut nicht danach unterscheidet, ob ein rechtmäßiger oder ein rechtswidriger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufgehoben werden soll, ist seine Anwendung aber nach dem Sinn und Zweck ausgeschlossen, wenn und soweit der Vertrauensschutz des Betroffenen, wie er sich aus § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X ergibt, unterlaufen würde. Bei einem Verwaltungsakt, der zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen ist, findet daher grundsätzlich nur § 45 Abs. 1 SGB X Anwendung (vgl. BSG 27.7.1989 – 11/7 RAr 115/87 – Juris; 28.11.1995 – 11b/7 RAr 128/84 – Juris; 1.6.2006 – B 7a AL 76/05 R – Juris, st. Rspr.; aus jüngerer Zeit etwa BSG 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R – Juris). So ist es hier. Der Bescheid vom 14. Februar 2007, der nach dem Willen der Beklagten aufgehoben werden sollte, war bei seinem Erlass rechtswidrig. Die Genehmigung hätte dem Kläger von Anfang an nicht erteilt werden dürfen. Zwar gibt es keinerlei Anlass daran zu zweifeln, dass der Kläger zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur befähigt war (§ 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur) und dass die räumlichen und apparativen Voraussetzungen vorlagen (§ 4 der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur), so dass die in § 2 Satz 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur ausdrücklich normierten Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt waren. Doch darf eine Genehmigungen zur Erbringung und Durchführung von Akupunkturleistungen nur gegenüber Vertragsärzten erteilt werden, für die diese Leistungen nicht fachfremd sind (so bereits LSG Niedersachsen-Bremen 27.5.2009 – L 3 KA 28/08 – Juris; vgl. zur Strahlendiagnostik-Vereinbarung LSG Baden-Württemberg 8.11.2006 – L 5 KA 1894/05 – Juris). Dabei handelt es sich um eine allgemeine Genehmigungsvoraussetzung, die die ausdrücklich normierten Genehmigungsvoraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur ergänzt. Denn die Bindung an die Grenzen des eigenen Fachgebiets, die sich berufsrechtlich aus § 31 Abs. 3 Hamburgisches Kammergesetz für die Heilberufe (HmbKGH) ergibt, gilt auch in der vertragsärztlichen Versorgung. Vertragsärzte sind an die Grenzen des Fachgebiets, für das sie zugelassen sind, gebunden. Für Leistungen, mit denen sie in unzulässiger Weise ihr Fachgebiet überschreiten, können sie keine Vergütung verlangen (vgl. BSG 28.5.1965 – 6 RKa 1/65 – Juris; 20.3.1996 – 6 RKa 34/95 – Juris, st. Rspr.). Weder für die Normierung der Bindung des Vertragsarztes an die Grenzen des Fachgebietes, für das er zugelassen ist, noch für den Vergütungsausschluss bei fachfremden vertragsärztlichen Leistungen bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Ein gegliedertes Facharztwesen mit einer arztgruppenbezogenen Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen, die ebenfalls auf die jeweilige Arztgruppe zugeschnitten sind, könnte seine Funktion nicht erfüllen, wenn jeder Facharzt Leistungen auf anderen ärztlichen Gebieten ohne Einschränkungen erbringen und abrechnen dürfte (vgl. BSG 20.3.1996 – 6 RKa 34/95 – Juris, st. Rspr.). Für den Kläger waren die Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 bereits bei Erteilung der Genehmigung fachfremd.
Für die Abgrenzung der einzelnen Fachgebiete sind auch im vertragsärztlichen Bereich die auf landesgesetzlicher Grundlage beruhenden Bestimmungen der Weiterbildungsord-
nungen der Ärztekammern maßgeblich (vgl. erneut BSG 20.3.1996 – 6 RKa 34/95 – Juris – m.w.N, st. Rspr.). Einschlägig ist hier die Weiterbildungsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen vom 21. Februar 2005 i.d.F. vom 30. Oktober 2006 (Weiterbildungsordnung a.F). Das Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe umfasst die Erkennung, Vorbeugung, konservative und operative Behandlung sowie Nachsorge von geschlechtsspezifischen Gesundheitsstörungen der Frau einschließlich plastisch-rekonstruktiver Eingriffe, der gynäkologischen Onkologie, Endokrinologie, Fortpflanzungsmedizin, der Betreuung und Überwachung normaler und gestörter Schwangerschaften, Geburten und Wochenbettverläufe sowie der Prä- und Perinatalmedizin, vgl. Abschnitt B Nr. 7 Weiterbildungsordnung a.F. Das Fachgebiet des Klägers ist mithin durch die Diagnostik und Therapie frauenspezifischer Gesundheitsstörungen und durch die Geburtshilfe geprägt. Chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule sowie eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose – und nur zu deren Behandlung wurde die Genehmigung erteilt – können hingegen bei Männern wie bei Frauen auftreten. Nichts anderes ergibt sich, wenn man das klägerische Vorbringen als wahr unterstellt, bei manchen Frauen führe die (mehrfache) Schwangerschaft zu chronischen, die Schwangerschaft überdauernden Rückenschmerzen, so dass auch von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen werden konnte. Denn allein der Umstand, dass eine chronische Schmerzerkrankung durch eine Schwangerschaft begünstigt oder sogar ausgelöst wird, würde diese Erkrankung nicht zu einer frauenspezifischen Gesundheitsstörung machen. Soweit die Schmerzen nur während der Schwangerschaft auftreten, sind sie schon nicht chronisch im Sinne einer sich langsam entwickelnden und in aller Regel bleibenden Erkrankung.
Auch aus den EBM-Regelungen lässt sich nicht herleiten, dass Leistungen der Körperakupunktur zum Fachgebiet des Klägers gehören. Zwar heißt es in Ziff. 5 der Präambel zu Abschnitt 8 EBM2005 (Frauenärztliche Leistungen, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin), dass in dieser Facharztgruppe unter anderem Leistungen des Abschnitts 30.7 (Schmerztherapie), zu denen die Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 gehören, zusätzlich berechnungsfähig sind. Doch enthält Ziff. 6 der Präambel den Vorbehalt, dass bei Berechnung dieser zusätzlich berechnungsfähigen Leistungen unter anderem die berufsrechtliche Verpflichtung zur grundsätzlichen Beschränkung auf das jeweilige Fachgebiet zu beachten ist. Im Übrigen könnte der EBM als untergesetzliche Norm keine gesetzliche Regelung wie § 31 Abs. 3 HmbKGH ändern (so bereits LSG Niedersachsen-Bremen 27.5.2009 – L 3 KA 28/08 – Juris).
Dass der Kläger bereits bei Erteilung der Genehmigung berechtigt war, die Zusatzbezeichnung Akupunktur zu führen, führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Durch erfolgreich absolvierte Zusatz-Weiterbildungen werden die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten nicht erweitert, wie § 2 Abs. 4 Satz 4 Weiterbildungsordnung a.F. ausdrücklich normiert. Maßgeblich bleiben allein die Grenzen des Fachgebiets (vgl. BSG 18.10.1995 – 6 RKa 52/94 – Juris). Das ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Leistungserbringer, die einerseits von den Vorteilen des öffentlich-rechtlichen Systems des Vertragsarztrechts profitieren, müssen andererseits im Interesse der Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit des Systems auch Einschränkungen hinnehmen, die ihnen das Berufsrecht nicht abverlangt (vgl. BVerfG 16.7.2004 – 1 BvR 1127/01 – Juris).
Die Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 sind selbst dann als fachfremd für den Kläger zu qualifizieren, wenn er tatsächlich für einige seiner Patientinnen die hausärztliche Versorgung übernommen haben sollte. Der Kläger gehörte bei Erteilung der Genehmigung und gehört bis heute nicht zur Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, der Fachärzte für Innere und Allgemeinmedizin, der Praktischen Ärzte und der Ärzte ohne Gebietsbezeichnung, welche die Akupunkturleistungen unproblematisch berechnen können. Der Vortrag des Klägers gibt Anlass hervorzuheben, dass seine Arztgruppenzugehörigkeit sich nicht anhand der faktisch von ihm erbrachten Leistungen bestimmt, sondern umgekehrt entscheidet sich aufgrund seiner Gebietsbezeichnung, mit der er als Vertragsarzt zugelassen ist, welche Leistungen er im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen und abrechnen darf. Der Kläger wird nicht von den bestehenden Facharztgrenzen freigestellt, soweit er die Akupunktur im Einzelfall als Teil eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzepts erbringen sollte. Denn der einzelne Arzt, der als Gebietsarzt schmerztherapeutische Leistungen erbringen will, hat keinen Anspruch darauf, dass diese Tätigkeit generell wie die Tätigkeit eines praktischen Arztes oder eines Arztes für Allge- meinmedizin behandelt wird (vgl. auch zum Folgenden BSG 18.10.1995 – 6 RKa 52/94 – Juris). Die Freistellung von Fachgebietsgrenzen und die Berechtigung, grundsätzlich alle Gesundheitsstörungen der Patienten behandeln zu dürfen, gehören zum Wesen der allgemeinmedizinischen und allgemein-hausärztlichen Tätigkeit. Als Facharzt für Frauenheilkunde und Gynäkologie muss der Kläger hingegen wie jeder Gebietsarzt die geltenden Fachgebietsgrenzen hinnehmen.
Bei den Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 handelt es sich schließlich nicht um Leistungen, die keine fachspezifische Kompetenz erfordern. Zwar zählen sie systematisch zu den arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen des IV. Abschnitts. Indessen ist ihre Erbringung und Abrechnung aufgrund der engen körperbezogenen Indikationsstellung bereits bei Aufnahme in den EBM2005 auf einzelne Arztgruppen beschränkt gewesen. Die Körperakupunktur wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2007 erstmals und beschränkt auf zwei Indikationen in den Katalog der anerkannten Untersuchung- oder Behandlungsmethoden aufgenommen und zwar als Nr. 12 der Anlage I der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung. Grundlage war der Beschluss des Gemeinsamen Bewertungsausschusses (G-BA) vom 18. April 2006/19. September 2006 (BAnz. Nr. 214 (S. 6952) vom 14. November 2006). Der G-BA empfahl in den tragenden Gründen seines Beschlusses zur Qualitätssicherung: "Die Anwendung der Akupunktur ist nicht als isolierte Maßnahme, sondern nur im Rahmen eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzeptes sinnvoll. Die Einführung der Akupunktur erfolgt deshalb nicht als isolierte Aufnahme einer neuen therapeutischen Option, sondern eingebettet in ein umfassendes Qualitätssicherungskonzept der Therapie chronischer Schmerzen Die Erstellung bzw. Überprüfung eines inhaltlich und zeitlich gestaffelten Therapieplans unter Einbeziehung der Akupunktur im Rahmen eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzepts entspricht der bei chronischen Schmerzpatienten notwendigen multimodalen Vorgehensweise. Die Akupunktur kann daher nur eine Komponente im Rahmen eines Therapieplans sein " Die zum 1. Januar 2007 bewirkte Aufnahme der Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 in den EBM2005 folgte ersichtlich dieser Empfehlung. Akupunkturleistungen wurden nur insoweit in den EBM aufgenommen, als sie zuvor vom G-BA als Behandlungsleistung der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt worden waren. Die Leistungen waren daher von Anfang an nur für diejenigen Arztgruppen berechnungsfähig, die chronische Schmerzen in der Lendenwirbelsäule oder in den Knien therapieren. Auf die Arztgruppe des Klägers trifft dies nicht zu; die Erstellung, Durchführung und Überprüfung von Therapieplänen bei chronischen Lendenwirbelsäulen- oder Knieschmerzen gehört nicht zum typischen Leistungsgeschehen in einer gynäkologischen Praxis. Dieses Verständnis der Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 ist auch mit dem Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vereinbar. Hierin liegt eine nicht statusrelevante Berufsausübungsregelung, denn es geht lediglich um die Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, die den Kläger nicht im Kernbereich seines Fachgebietes einschränkt (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG 16.7.2004 – 1 BvR 1127/01 – Juris). Leistungen der Körperakupunktur sind weder wesentlich noch prägend für das gynäkologische Fachgebiet. Der mit der Fachgebietsabgrenzung verbundene Eingriff ist gerechtfertigt, weil das Ziel einer sachgerechten und klaren Abgrenzung der einzelnen ärztlichen Disziplinen sowie das mit der vertragsärztlichen Bedarfsplanung verfolgte Ziel der Erhaltung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung hinreichende Gemeinwohlbelange darstellen (vgl. BVerfG 8.7.2010 – 2 BvR 520/07 – Juris).
Die Beklagte war nicht befugt, dem Kläger die Abrechnung der für ihn demnach fachfremden Leistungen zu ermöglichen. Der Gesetzgeber hat mit § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Kompetenz zur Festlegung des EBM abschließend dem Bewertungsausschuss zugewiesen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind auch unter dem Gesichtspunkt des ihnen übertragenen Sicherstellungsauftrags, §§ 72 Abs. 1 Satz 1, 75 Abs. 1 SGB V, nicht berechtigt, eine vom EBM abweichende Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums zu gestatten (vgl. BSG 28.10.2009 – B 6 KA 22/08 R – Juris, st. Rspr.). Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass Sicherstellungsgründe seinerzeit eine Genehmigungserteilung gegenüber dem Kläger erforderlich gemacht hätten.
Bei dem demnach von Anfang an rechtswidrigen Genehmigungsbescheid vom 14. Februar 2007 kommt § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch nicht ausnahmsweise zur Anwendung, weil zusätzlich zu Fachfremdheit der Akupunkturleistungen eine weitere Rechtmäßigkeitsvoraussetzung später wegfiel (vgl. zu derartigen Fallgestaltungen BSG 27.2.1996 – 10 RKg 27/93 – Juris; 17.6.2008 – B 8 AY 9/07 R – Juris; 13.2.2013 – B 2 U 25/11 R – Juris). Durch die zum 1. Juli 2007 bewirkte Ergänzung der Präambel zu Abschnitt 30.7 EBM2005 kam es im maßgeblichen Zeitraum nach Erlass des Genehmigungsbescheids zu keiner wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Jedenfalls für den Kläger, der als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe wie ausgeführt von Anfang an nicht zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen nach den Nrn. 301790 und 30791 EBM2005 berechtigt war, bedeutete es keine zusätzliche Einschränkung, dass nunmehr die abrechnungsberechtigten Arztgruppen ausdrücklich aufgeführt wurden. Hierdurch konkretisierte sich lediglich der für ihn schon zuvor bestehende Abrechnungsausschluss. Ein möglicherweise während des Modellvorhabens diskutierter Ansatz, die Akupunktur aufgrund ihres ganzheitlichen Ansatzes als fachübergreifende Leistung einzuordnen, hat sich gerade nicht durchgesetzt. Dies gilt nicht erst mit Blick auf die zum 1. Juli 2007 erfolgte Anfügung der Nr. 4 der Präambel zu Abschnitt 30.7 EBM2005, sondern aufgrund der erwähnten Historie, insbesondere der von Anfang bestehenden Beschränkung auf zwei körperbezogene Indikationen, bereits bezogen auf die zum 1. Januar 2007 bewirkte Aufnahme der Akupunkturleistungen in den EBM2005 (noch offen gelassen von SG Marburg 7.5.2008 – S 12 KA 363/07 – Juris).
3. Die Aufhebungsentscheidung der Beklagten, die sich demnach nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X stützen lässt, kann auch nicht in eine Rücknahme nach § 45 Abs. 1 SGB X umgedeutet werden. Bei letzterer handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. BSG 15.2.1990 – R7 RAr 28/88 – Juris – m.w.N., st. Rspr.; aus jüngerer Zeit etwa BSG 23.3.2010 – B 8 SO 12/08 – Juris). Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X müsste die schriftliche Rücknahme daher die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen bei der Ermessensausübung ausgegangen worden ist. Die Beklagte machte aber weder im Bescheid vom 2. September 2008 noch im Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2008 von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch. Erst recht nicht setzte sie sich mit der vom Kläger behaupteten Existenzgefährdung auseinander. Die pauschal allen Inhabern einer Altgenehmigung eingeräumte Übergangsfrist vermag eine einzelfallbezogene Ermessensausübung nicht zu ersetzen.
4. Weitere Rechtsgrundlagen für die Aufhebungsentscheidung der Beklagten kommen nicht in Betracht. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheids schützt den Kläger grundsätzlich nicht vor einer neuerlichen Aufhebungsentscheidung der Beklagten. Dabei wird diese allerdings § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X, insbesondere die Frist des Abs. 3 Satz 1 zu beachten haben.
III. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig erklärt worden, weil diese jeweils keinen eigenen Antrag gestellt haben.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der ihm zur Ausführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen erteilten Genehmigung.
Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und nimmt mit dieser Facharztbezeichnung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung H. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er ist berechtigt, die Zusatzbezeichnung Akupunktur zu führen.
Aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner 119. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 neu in den seinerzeit gültigen Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen (im Folgenden: EBM2005). Nr. 30790 EBM2005 erfasst die Eingangsdiagnostik und Abschlussdiagnostik zur Behandlung mittels Körperakupunktur gemäß der Qualitätsvereinbarung nach § 135 Abs. 2 SGB V bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule oder chronischen Schmerzen eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose. Nr. 30791 EBM2005 erfasst die Durchführung der Körperakupunktur und ggf. Revision des Therapieplans gemäß den Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Behandlung bei den genannten Indikationen.
Der Kläger, der an einem Modellvorhaben zur Akupunkturbehandlung mitgewirkt hatte, beantragte bei der Beklagten die Erteilung der zur Ausführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 erforderlichen Genehmigung. Diese wurde ihm mit Bescheid vom 14. Februar 2007, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 als "widerrufliche Genehmigung" erteilt.
Aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner 126. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2007 die Präambel zu Abschnitt 30.7 EBM2005 (Schmerztherapie) um eine Nr. 4 ergänzt. Danach sind Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 nur von Angehörigen bestimmter Arztgruppen berechnungsfähig. Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zählen nicht dazu.
Daraufhin "widerrief" die Beklagte mit Bescheid vom 2. September 2008, auf den vollumfänglich Bezug genommen wird, die erteilte Genehmigung ohne vorherige Anhörung des Klägers mit Wirkung zum 31. Dezember 2008. Seit dem 1. Juli 2007 könnten unter anderem Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtsheilkunde nicht mehr auf das Kapitel 30.7. EBM 2005 zugreifen. Der Kläger sei mit seiner Gebietsbezeichnung daher nicht mehr zur Erbringung und Abrechnung von Körperakupunkturleistungen berechtigt. Aus Gründen des Vertrauensschutzes werde allerdings allen bisherigen Genehmigungsinhabern eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2008 gewährt.
Zur Begründung seines Widerspruchs brachte der Kläger unter anderem vor, ohne Abrechnung der Akupunkturleistungen sei seine wirtschaftliche Existenz bedroht, zumal er im Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung seine Praxisräume für die Akupunkturbehandlung umgebaut und hierfür einen Kredit aufgenommen habe. Im Übrigen sei er nicht ausschließlich auf dem Gebiet der Frauenheilkunde tätig, sondern habe für viele seiner Patientinnen, die keinen Hausarzt hätten, die primäre Versorgung übernommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2008, auf den vollumfänglich Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Ausführung und Abrechnung von Akupunktur sei dem Kläger gemäß den verbindlichen Bestimmungen des EBM2005 ab dem 1. Juli 2007 nicht mehr möglich gewesen.
Am 16. Januar 2009 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat zunächst sein Vorbringen, die Akupunktur habe sich für ihn zu einem selbstständigen zweiten Tätigkeitsfeld neben der frauenärztlichen Tätigkeit entwickelt, vertieft. Zudem hält er schon den ursprünglichen Widerrufsvorbehalt für rechtswidrig; die Beklagte habe nicht deutlich gemacht, unter welchen Voraussetzungen sie die Genehmigung widerrufen könne. Allenfalls bestehe eine Widerrufsmöglichkeit für den Fall, dass er die Genehmigungsvoraussetzungen nicht länger erfülle. Er erfülle aber sowohl in seiner Person als auch mit der Ausstattung seiner Praxis nach wie vor die Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur. Der Kläger beruft sich weiterhin auf Vertrauensschutz; zumindest müsse ihm eine längere Übergangsfrist eingeräumt werden.
Die Beklagte hat an ihrem Bescheid festgehalten und darauf hingewiesen, der vom Bewertungsausschuss in seiner 126. Sitzung gefasste Beschluss sei im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht worden. Zu einer gesonderten Mitteilung an die betroffenen Ärzte sei sie nicht verpflichtet gewesen. Die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (Beigeladene zu 2) hält diesen Beschluss für mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Körperakupunktur sei zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur zur Behandlung bestimmter chronischer Schmerzen der Lendenwirbelsäule und zur Diagnostik und Therapie von bestimmten chronischen Schmerzen mindestens eines Kniegelenks durch Gonarthrose zulässig. Die Diagnose und Behandlung solcher Erkrankungen gehöre nicht zum Kern des Fachgebiets Frauenheilkunde und Geburtshilfe, weshalb die Arztgruppe des Klägers von der Leistungserbringung und Abrechnung ausgeschlossen worden sei.
Der Kläger hat darauf erwidert, auch seine Facharztgruppe erbringe schmerztherapeutische Leistungen, ohne dabei auf die in der Frauenheilkunde typischerweise behandelten Organsysteme oder Körperregionen beschränkt zu sein. Der Körperakupunktur liege keine fachgruppenspezifische Spezialkompetenz zu Grunde, sondern eine Zusatzqualifikation, die er sich unstreitig in den letzten Jahren erworben habe. Im Übrigen würden die von ihm mit Akupunktur behandelten Rückenschmerzen häufig während der Schwangerschaft oder nach mehreren Schwangerschaften auftreten, so dass sie durchaus frauenspezifisch seien.
Im Rahmen eines vom Kläger angestrengten einstweiligen Anordnungsverfahrens (S 27 KA 365/09 ER) hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Klage gegen den hier streitbefangenen Bescheid aufschiebende Wirkung entfaltet und der Kläger daher weiterhin Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 erbringen und abrechnen darf (Beschluss vom 18. Oktober 2009). Die Beklagte hat mit Bescheid vom 13. Oktober 2009 die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung angeordnet. Ein zweites Eilverfahren des Klägers (S 27 KA 420/09 ER=L 2 B 459/09 ER KA) ist erfolglos geblieben (Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 2. November 2009; Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Dezember 2009).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. November 2011 abgewiesen. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die erteilte Genehmigung wegen der nachträglichen Änderung der Rechtslage gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) aufzuheben. Die vom Bewertungsausschuss vorgenommene Beschränkung der Körperakupunkturleistungen auf bestimmte Arztgruppen sei als eine nicht statusrelevante Berufsausübungsregelung zu qualifizieren und auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Bewertungsausschuss habe an die berufsrechtliche Qualifikation als Facharzt anknüpfen dürfen, zumal für Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 nunmehr eine enge körperbezogene Indikation verlangt werde. Der Ausschluss der Facharztgruppe des Klägers erscheine nicht sachwidrig. Auch wenn die Behandlung gewisser Rückenbeschwerden bei einem Frauenarzt häufiger indiziert sei, gehöre doch die Behandlung der betroffenen chronischen Rücken- oder Knieschmerzen weder zum Kern des gynäkologischen Fachgebiets noch sei es für dieses wesentlich und prägend. Ebenso wenig sei die dem Kläger eingeräumte Übergangsfrist als zu kurz zu beanstanden. Dieser habe ausreichend Zeit gehabt, bereits begonnene Akupunkturbehandlungen abzuschließen. Er habe die Leistungen sogar noch bis zur Anordnung des Sofortvollzugs erbringen und abrechnen können.
Das Urteil ist dem Kläger am 12. Dezember 2011 zugestellt worden. Am 11. Januar 2012 hat er dagegen Berufung eingelegt. Er trägt nunmehr vertiefend vor, die von ihm in der Vergangenheit erbrachten Akupunkturleistungen würden zum Kern seines Fachgebiets gehören, da ein Großteil seiner Patientinnen schwanger sei. Hierzu bietet er Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Zudem habe er darauf vertraut, zeitlich unbegrenzt Akupunkturbehandlungen durchführen zu können.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. November 2011 und den Bescheid vom 2. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbeides vom 18. Dezember 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und vertieft ihr Vorbringen dazu, dass die Behandlung von Lendenwirbelsäulenschmerzen bei schwangeren Frauen nicht zum Kern des Fachgebiets des Klägers gehöre. Im Übrigen ergebe sich aus den Abrechnungen des Klägers nicht, dass er mittels Akupunktur vor allem Schwangere behandelt habe. Beispielsweise im Quartal 3/2008 habe er in lediglich acht Fällen Leistungen nach Nr. 01770 EBM2005 (Betreuung einer Schwangeren) neben den streitbefangenen Akupunkturleistungen erbracht. Eine hausärztliche Tätigkeit sei dem Kläger verwehrt.
Der beigeladene GKV-Spitzenverband (Beigeladener zu 1) hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Die Beigeladene zu 2 hat sich im Berufungsverfahren nicht mehr zur Sache geäußert. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Akte der Beklagten und der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 25. April 2013 hinzugezogenen weiteren Akten des Sozial- und Landessozialgerichts Hamburg Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden.
II. Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Sozialgericht hat die als Anfechtungsklage zulässige Klage zu Unrecht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 2. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbeides vom 18. Dezember 2008 erweist sich als rechtswidrig, so dass der Kläger durch ihn i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert ist.
1. Der angegriffene Bescheid bedarf der Auslegung. Obgleich die Beklagte formulierte, die Genehmigung werde "widerrufen", bezog sie sich an keiner Stelle auf den bei Genehmigungserteilung ausgesprochenen Widerrufsvorbehalt oder einen etwaigen Widerrufsgrund. Vielmehr wollte sie erkennbar auf die zum 1. Juli 2007 bewirkte Änderung des EBM2005 reagieren, wie ihre Wortwahl im Aufhebungsbescheid wie im Widerspruchsbescheid verdeutlicht. Aus ihrer Sicht war der Kläger wegen veränderter rechtlicher Verhältnisse nicht länger berechtigt, Akupunkturleistungen zu erbringen und abzurechnen. Sie beabsichtigte mithin, die mit Dauerwirkung ausgestattete Altgenehmigung für die Zukunft aufzuheben (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BSG 18.3.1998 – B 6 KA 23/97 R – Juris; zum Verhältnis von § 47 und § 48 SGB X Freischmidt in Hauck/Noftz, SGB X, K § 47 Rn. 2; Schütze in von Wulffen, SGB X, § 47 Rn. 2).
2. Die Beklagte kann ihre so verstandene Aufhebungsentscheidung nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) stützen.
Die Anwendbarkeit der Vorschrift wird allerdings nicht gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – durch eine vertragsarztrechtliche Sonderregelung ausgeschlossen. Insbesondere enthalten weder die "Qualitätssicherungsvereinbarung zur Akupunktur bei chronisch schmerzkranken Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V (Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur)" vom 8. Dezember 2006 noch die "Rahmenvereinbarung für Qualitätssicherungsvereinbarungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V" (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) vom 1. April 2008 oder die "Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Verfahren zur Qualitätssicherung (Qualitätssicherungs-Richtlinien) nach § 75 Abs. 7 SGB V" vom 20. Januar 2000 eine vorrangige Regelung. § 2 Abs. 7 Satz 1 der Rahmenvereinbarung betrifft allein Fallgestaltungen, in denen der Arzt in seiner Person oder Praxis die unveränderten Genehmigungsvoraussetzungen nicht länger erfüllt. Die vorliegende Fallgestaltung wird davon nicht erfasst. Gleichwohl besteht keinerlei Anlass zu der Annahme, in allen anderen als den von § 2 Abs. 7 Satz 1 der Rahmenvereinbarung erfassten Konstellationen solle eine Aufhebung der Genehmigung ausgeschlossen sein. Die Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur, die Rahmenvereinbarung und die Qualitätssicherungs-Richtlinien regeln die Möglichkeiten der Korrektur einer einmal erteilten Genehmigung nicht abschließend und lassen insbesondere das Recht der Beklagten zur Aufhebung nach Maßgabe des Sozialverwaltungsverfahrensrechts unberührt (vgl. bezogen auf die Qualitätssicherungs-Richtlinien bereits LSG Hamburg 7.7.2012 – L 1 KA 65/09 – Juris, die Nichtzulassungsbeschwerde ist unter B 6 KA 15/13 R anhängig).
Obgleich § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nach seinem Wortlaut nicht danach unterscheidet, ob ein rechtmäßiger oder ein rechtswidriger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufgehoben werden soll, ist seine Anwendung aber nach dem Sinn und Zweck ausgeschlossen, wenn und soweit der Vertrauensschutz des Betroffenen, wie er sich aus § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X ergibt, unterlaufen würde. Bei einem Verwaltungsakt, der zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen ist, findet daher grundsätzlich nur § 45 Abs. 1 SGB X Anwendung (vgl. BSG 27.7.1989 – 11/7 RAr 115/87 – Juris; 28.11.1995 – 11b/7 RAr 128/84 – Juris; 1.6.2006 – B 7a AL 76/05 R – Juris, st. Rspr.; aus jüngerer Zeit etwa BSG 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R – Juris). So ist es hier. Der Bescheid vom 14. Februar 2007, der nach dem Willen der Beklagten aufgehoben werden sollte, war bei seinem Erlass rechtswidrig. Die Genehmigung hätte dem Kläger von Anfang an nicht erteilt werden dürfen. Zwar gibt es keinerlei Anlass daran zu zweifeln, dass der Kläger zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur befähigt war (§ 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur) und dass die räumlichen und apparativen Voraussetzungen vorlagen (§ 4 der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur), so dass die in § 2 Satz 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur ausdrücklich normierten Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt waren. Doch darf eine Genehmigungen zur Erbringung und Durchführung von Akupunkturleistungen nur gegenüber Vertragsärzten erteilt werden, für die diese Leistungen nicht fachfremd sind (so bereits LSG Niedersachsen-Bremen 27.5.2009 – L 3 KA 28/08 – Juris; vgl. zur Strahlendiagnostik-Vereinbarung LSG Baden-Württemberg 8.11.2006 – L 5 KA 1894/05 – Juris). Dabei handelt es sich um eine allgemeine Genehmigungsvoraussetzung, die die ausdrücklich normierten Genehmigungsvoraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur ergänzt. Denn die Bindung an die Grenzen des eigenen Fachgebiets, die sich berufsrechtlich aus § 31 Abs. 3 Hamburgisches Kammergesetz für die Heilberufe (HmbKGH) ergibt, gilt auch in der vertragsärztlichen Versorgung. Vertragsärzte sind an die Grenzen des Fachgebiets, für das sie zugelassen sind, gebunden. Für Leistungen, mit denen sie in unzulässiger Weise ihr Fachgebiet überschreiten, können sie keine Vergütung verlangen (vgl. BSG 28.5.1965 – 6 RKa 1/65 – Juris; 20.3.1996 – 6 RKa 34/95 – Juris, st. Rspr.). Weder für die Normierung der Bindung des Vertragsarztes an die Grenzen des Fachgebietes, für das er zugelassen ist, noch für den Vergütungsausschluss bei fachfremden vertragsärztlichen Leistungen bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Ein gegliedertes Facharztwesen mit einer arztgruppenbezogenen Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen, die ebenfalls auf die jeweilige Arztgruppe zugeschnitten sind, könnte seine Funktion nicht erfüllen, wenn jeder Facharzt Leistungen auf anderen ärztlichen Gebieten ohne Einschränkungen erbringen und abrechnen dürfte (vgl. BSG 20.3.1996 – 6 RKa 34/95 – Juris, st. Rspr.). Für den Kläger waren die Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 bereits bei Erteilung der Genehmigung fachfremd.
Für die Abgrenzung der einzelnen Fachgebiete sind auch im vertragsärztlichen Bereich die auf landesgesetzlicher Grundlage beruhenden Bestimmungen der Weiterbildungsord-
nungen der Ärztekammern maßgeblich (vgl. erneut BSG 20.3.1996 – 6 RKa 34/95 – Juris – m.w.N, st. Rspr.). Einschlägig ist hier die Weiterbildungsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen vom 21. Februar 2005 i.d.F. vom 30. Oktober 2006 (Weiterbildungsordnung a.F). Das Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe umfasst die Erkennung, Vorbeugung, konservative und operative Behandlung sowie Nachsorge von geschlechtsspezifischen Gesundheitsstörungen der Frau einschließlich plastisch-rekonstruktiver Eingriffe, der gynäkologischen Onkologie, Endokrinologie, Fortpflanzungsmedizin, der Betreuung und Überwachung normaler und gestörter Schwangerschaften, Geburten und Wochenbettverläufe sowie der Prä- und Perinatalmedizin, vgl. Abschnitt B Nr. 7 Weiterbildungsordnung a.F. Das Fachgebiet des Klägers ist mithin durch die Diagnostik und Therapie frauenspezifischer Gesundheitsstörungen und durch die Geburtshilfe geprägt. Chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule sowie eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose – und nur zu deren Behandlung wurde die Genehmigung erteilt – können hingegen bei Männern wie bei Frauen auftreten. Nichts anderes ergibt sich, wenn man das klägerische Vorbringen als wahr unterstellt, bei manchen Frauen führe die (mehrfache) Schwangerschaft zu chronischen, die Schwangerschaft überdauernden Rückenschmerzen, so dass auch von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen werden konnte. Denn allein der Umstand, dass eine chronische Schmerzerkrankung durch eine Schwangerschaft begünstigt oder sogar ausgelöst wird, würde diese Erkrankung nicht zu einer frauenspezifischen Gesundheitsstörung machen. Soweit die Schmerzen nur während der Schwangerschaft auftreten, sind sie schon nicht chronisch im Sinne einer sich langsam entwickelnden und in aller Regel bleibenden Erkrankung.
Auch aus den EBM-Regelungen lässt sich nicht herleiten, dass Leistungen der Körperakupunktur zum Fachgebiet des Klägers gehören. Zwar heißt es in Ziff. 5 der Präambel zu Abschnitt 8 EBM2005 (Frauenärztliche Leistungen, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin), dass in dieser Facharztgruppe unter anderem Leistungen des Abschnitts 30.7 (Schmerztherapie), zu denen die Akupunkturleistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 gehören, zusätzlich berechnungsfähig sind. Doch enthält Ziff. 6 der Präambel den Vorbehalt, dass bei Berechnung dieser zusätzlich berechnungsfähigen Leistungen unter anderem die berufsrechtliche Verpflichtung zur grundsätzlichen Beschränkung auf das jeweilige Fachgebiet zu beachten ist. Im Übrigen könnte der EBM als untergesetzliche Norm keine gesetzliche Regelung wie § 31 Abs. 3 HmbKGH ändern (so bereits LSG Niedersachsen-Bremen 27.5.2009 – L 3 KA 28/08 – Juris).
Dass der Kläger bereits bei Erteilung der Genehmigung berechtigt war, die Zusatzbezeichnung Akupunktur zu führen, führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Durch erfolgreich absolvierte Zusatz-Weiterbildungen werden die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten nicht erweitert, wie § 2 Abs. 4 Satz 4 Weiterbildungsordnung a.F. ausdrücklich normiert. Maßgeblich bleiben allein die Grenzen des Fachgebiets (vgl. BSG 18.10.1995 – 6 RKa 52/94 – Juris). Das ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Leistungserbringer, die einerseits von den Vorteilen des öffentlich-rechtlichen Systems des Vertragsarztrechts profitieren, müssen andererseits im Interesse der Funktionsfähigkeit und Finanzierbarkeit des Systems auch Einschränkungen hinnehmen, die ihnen das Berufsrecht nicht abverlangt (vgl. BVerfG 16.7.2004 – 1 BvR 1127/01 – Juris).
Die Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 sind selbst dann als fachfremd für den Kläger zu qualifizieren, wenn er tatsächlich für einige seiner Patientinnen die hausärztliche Versorgung übernommen haben sollte. Der Kläger gehörte bei Erteilung der Genehmigung und gehört bis heute nicht zur Gruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, der Fachärzte für Innere und Allgemeinmedizin, der Praktischen Ärzte und der Ärzte ohne Gebietsbezeichnung, welche die Akupunkturleistungen unproblematisch berechnen können. Der Vortrag des Klägers gibt Anlass hervorzuheben, dass seine Arztgruppenzugehörigkeit sich nicht anhand der faktisch von ihm erbrachten Leistungen bestimmt, sondern umgekehrt entscheidet sich aufgrund seiner Gebietsbezeichnung, mit der er als Vertragsarzt zugelassen ist, welche Leistungen er im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen und abrechnen darf. Der Kläger wird nicht von den bestehenden Facharztgrenzen freigestellt, soweit er die Akupunktur im Einzelfall als Teil eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzepts erbringen sollte. Denn der einzelne Arzt, der als Gebietsarzt schmerztherapeutische Leistungen erbringen will, hat keinen Anspruch darauf, dass diese Tätigkeit generell wie die Tätigkeit eines praktischen Arztes oder eines Arztes für Allge- meinmedizin behandelt wird (vgl. auch zum Folgenden BSG 18.10.1995 – 6 RKa 52/94 – Juris). Die Freistellung von Fachgebietsgrenzen und die Berechtigung, grundsätzlich alle Gesundheitsstörungen der Patienten behandeln zu dürfen, gehören zum Wesen der allgemeinmedizinischen und allgemein-hausärztlichen Tätigkeit. Als Facharzt für Frauenheilkunde und Gynäkologie muss der Kläger hingegen wie jeder Gebietsarzt die geltenden Fachgebietsgrenzen hinnehmen.
Bei den Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 handelt es sich schließlich nicht um Leistungen, die keine fachspezifische Kompetenz erfordern. Zwar zählen sie systematisch zu den arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen des IV. Abschnitts. Indessen ist ihre Erbringung und Abrechnung aufgrund der engen körperbezogenen Indikationsstellung bereits bei Aufnahme in den EBM2005 auf einzelne Arztgruppen beschränkt gewesen. Die Körperakupunktur wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2007 erstmals und beschränkt auf zwei Indikationen in den Katalog der anerkannten Untersuchung- oder Behandlungsmethoden aufgenommen und zwar als Nr. 12 der Anlage I der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung. Grundlage war der Beschluss des Gemeinsamen Bewertungsausschusses (G-BA) vom 18. April 2006/19. September 2006 (BAnz. Nr. 214 (S. 6952) vom 14. November 2006). Der G-BA empfahl in den tragenden Gründen seines Beschlusses zur Qualitätssicherung: "Die Anwendung der Akupunktur ist nicht als isolierte Maßnahme, sondern nur im Rahmen eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzeptes sinnvoll. Die Einführung der Akupunktur erfolgt deshalb nicht als isolierte Aufnahme einer neuen therapeutischen Option, sondern eingebettet in ein umfassendes Qualitätssicherungskonzept der Therapie chronischer Schmerzen Die Erstellung bzw. Überprüfung eines inhaltlich und zeitlich gestaffelten Therapieplans unter Einbeziehung der Akupunktur im Rahmen eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzepts entspricht der bei chronischen Schmerzpatienten notwendigen multimodalen Vorgehensweise. Die Akupunktur kann daher nur eine Komponente im Rahmen eines Therapieplans sein " Die zum 1. Januar 2007 bewirkte Aufnahme der Leistungen nach den Nrn. 30790 und 30791 in den EBM2005 folgte ersichtlich dieser Empfehlung. Akupunkturleistungen wurden nur insoweit in den EBM aufgenommen, als sie zuvor vom G-BA als Behandlungsleistung der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt worden waren. Die Leistungen waren daher von Anfang an nur für diejenigen Arztgruppen berechnungsfähig, die chronische Schmerzen in der Lendenwirbelsäule oder in den Knien therapieren. Auf die Arztgruppe des Klägers trifft dies nicht zu; die Erstellung, Durchführung und Überprüfung von Therapieplänen bei chronischen Lendenwirbelsäulen- oder Knieschmerzen gehört nicht zum typischen Leistungsgeschehen in einer gynäkologischen Praxis. Dieses Verständnis der Nrn. 30790 und 30791 EBM2005 ist auch mit dem Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vereinbar. Hierin liegt eine nicht statusrelevante Berufsausübungsregelung, denn es geht lediglich um die Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, die den Kläger nicht im Kernbereich seines Fachgebietes einschränkt (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG 16.7.2004 – 1 BvR 1127/01 – Juris). Leistungen der Körperakupunktur sind weder wesentlich noch prägend für das gynäkologische Fachgebiet. Der mit der Fachgebietsabgrenzung verbundene Eingriff ist gerechtfertigt, weil das Ziel einer sachgerechten und klaren Abgrenzung der einzelnen ärztlichen Disziplinen sowie das mit der vertragsärztlichen Bedarfsplanung verfolgte Ziel der Erhaltung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung hinreichende Gemeinwohlbelange darstellen (vgl. BVerfG 8.7.2010 – 2 BvR 520/07 – Juris).
Die Beklagte war nicht befugt, dem Kläger die Abrechnung der für ihn demnach fachfremden Leistungen zu ermöglichen. Der Gesetzgeber hat mit § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Kompetenz zur Festlegung des EBM abschließend dem Bewertungsausschuss zugewiesen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind auch unter dem Gesichtspunkt des ihnen übertragenen Sicherstellungsauftrags, §§ 72 Abs. 1 Satz 1, 75 Abs. 1 SGB V, nicht berechtigt, eine vom EBM abweichende Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums zu gestatten (vgl. BSG 28.10.2009 – B 6 KA 22/08 R – Juris, st. Rspr.). Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass Sicherstellungsgründe seinerzeit eine Genehmigungserteilung gegenüber dem Kläger erforderlich gemacht hätten.
Bei dem demnach von Anfang an rechtswidrigen Genehmigungsbescheid vom 14. Februar 2007 kommt § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch nicht ausnahmsweise zur Anwendung, weil zusätzlich zu Fachfremdheit der Akupunkturleistungen eine weitere Rechtmäßigkeitsvoraussetzung später wegfiel (vgl. zu derartigen Fallgestaltungen BSG 27.2.1996 – 10 RKg 27/93 – Juris; 17.6.2008 – B 8 AY 9/07 R – Juris; 13.2.2013 – B 2 U 25/11 R – Juris). Durch die zum 1. Juli 2007 bewirkte Ergänzung der Präambel zu Abschnitt 30.7 EBM2005 kam es im maßgeblichen Zeitraum nach Erlass des Genehmigungsbescheids zu keiner wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Jedenfalls für den Kläger, der als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe wie ausgeführt von Anfang an nicht zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen nach den Nrn. 301790 und 30791 EBM2005 berechtigt war, bedeutete es keine zusätzliche Einschränkung, dass nunmehr die abrechnungsberechtigten Arztgruppen ausdrücklich aufgeführt wurden. Hierdurch konkretisierte sich lediglich der für ihn schon zuvor bestehende Abrechnungsausschluss. Ein möglicherweise während des Modellvorhabens diskutierter Ansatz, die Akupunktur aufgrund ihres ganzheitlichen Ansatzes als fachübergreifende Leistung einzuordnen, hat sich gerade nicht durchgesetzt. Dies gilt nicht erst mit Blick auf die zum 1. Juli 2007 erfolgte Anfügung der Nr. 4 der Präambel zu Abschnitt 30.7 EBM2005, sondern aufgrund der erwähnten Historie, insbesondere der von Anfang bestehenden Beschränkung auf zwei körperbezogene Indikationen, bereits bezogen auf die zum 1. Januar 2007 bewirkte Aufnahme der Akupunkturleistungen in den EBM2005 (noch offen gelassen von SG Marburg 7.5.2008 – S 12 KA 363/07 – Juris).
3. Die Aufhebungsentscheidung der Beklagten, die sich demnach nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X stützen lässt, kann auch nicht in eine Rücknahme nach § 45 Abs. 1 SGB X umgedeutet werden. Bei letzterer handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. BSG 15.2.1990 – R7 RAr 28/88 – Juris – m.w.N., st. Rspr.; aus jüngerer Zeit etwa BSG 23.3.2010 – B 8 SO 12/08 – Juris). Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X müsste die schriftliche Rücknahme daher die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen bei der Ermessensausübung ausgegangen worden ist. Die Beklagte machte aber weder im Bescheid vom 2. September 2008 noch im Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2008 von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch. Erst recht nicht setzte sie sich mit der vom Kläger behaupteten Existenzgefährdung auseinander. Die pauschal allen Inhabern einer Altgenehmigung eingeräumte Übergangsfrist vermag eine einzelfallbezogene Ermessensausübung nicht zu ersetzen.
4. Weitere Rechtsgrundlagen für die Aufhebungsentscheidung der Beklagten kommen nicht in Betracht. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheids schützt den Kläger grundsätzlich nicht vor einer neuerlichen Aufhebungsentscheidung der Beklagten. Dabei wird diese allerdings § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X, insbesondere die Frist des Abs. 3 Satz 1 zu beachten haben.
III. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig erklärt worden, weil diese jeweils keinen eigenen Antrag gestellt haben.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved