Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 SO 22/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 SO 168/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 30. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 16.055,69 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In Streit ist ein Erstattungsanspruch zwischen zwei Sozialhilfeträgern wegen Sozialhilfekosten in Höhe von 16.055,69 EUR, die zur Betreuung des beigeladenen, inzwischen verstorbenen Herrn A. (A.) im Zeitraum 14. März bis 31. Dezember 2006 von der Stadt KE. aufgewendet und dieser vom Kläger ersetzt wurden.
Der 1964 geborene, alkoholkranke A. hielt sich seit 14. März 2006 bis zum 31. Dezember 2006 im Übergangsheim, Q1-Straße des KE. Vereins für soziale Heimstätten e.V. (KE. Verein) auf. Bei dem Übergangsheim handelt es sich um eine vom Kläger (Landeswohlsfahrtsverband Hessen) anerkannte Einrichtung. Die Leistungserbringung gegenüber A. erfolgte durch den KE. Verein aufgrund einer vorläufigen Kostenzusicherung der Stadt KE. für Maßnahmen nach § 67 SGB XII i.V.m. § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII vom 15. Mai 2006.
Seit 20. Juli 1999 lebte A. in einer Wohnung in LN1. bei HI., seit Oktober 2005 befand er sich in Privatinsolvenz, die im April 2006 mangels Masse aufgehoben wurde. Im Juli 2005 wurde A. im XE-heim in HI., einer Einrichtung nach § 67 SGB XII, die u.a. Suchtkranke betreut, aufgenommen. Sein Personalausweis gibt am 20. September 2005 als Wohnort die Adresse des XE-heims (Altstadt, ST-Straße) in HI. an. Die stationäre Maßnahme im XE-heim war am 10. Oktober 2005 beendet. An diesem Tag wurde A. zur Langzeittherapie in die XY. Klinik in HH. (Klinik für Psychosomatik und Sucht) gebracht. Dort blieb er bis zum 10. März 2006, zuletzt nach erfolgreicher Entwöhnungsbehandlung in Adaption. Als Wohnort war zu diesem Zeitpunkt noch die Adresse des XE-heims in HI. im Personalausweis von A. eingetragen. Ein Bescheid über Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) des Jobcenters HI. für den Zeitraum 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2006 war an A. in der XY. Klinik in HH. adressiert. Ein Antrag von A. auf Leistungen nach dem SGB II in OQ. scheiterte, weil er keine feste Adresse im Zuständigkeitsbereich des Grundsicherungsträgers hatte, sondern noch stationär in der XY. Klinik behandelt wurde. Nach seiner Entlassung aus der XY. Klinik am 10. März 2006 hielt sich A. nach eigener Aussage bei einer Freundin in OO. auf. Am 14. März 2006 nahm A. über eine Beratungsstelle der Caritas in OQ. Kontakt zu dem Übergangswohnheim in KE. auf, wo er noch am selben Tag in eine Wohngruppe aufgenommen wurde. In der Nacht vom 14. auf den 15. März 2006 erlitt A. einen Rückfall, weswegen er in die psychiatrische Abteilung der Uni-Klinik OO., aufgenommen wurde, von wo er einige Tage später wieder in das Übergangswohnheim gelangte, wo er sich dann bis 31. Dezember 2006 aufhielt. Am 14. März 2006 wurde die Arbeitslosengeld II-Bewilligung des Jobcenters in HI. wegen des Umzugs von A. nach KE. aufgehoben. Der Umzug fand laut Meldebescheinigung von der XY. Klinik in HH. nach KE. am 14. März 2006 statt.
Am 4. Mai 2006 stellte das Übergangsheim bei dem Beklagten einen Antrag auf Kostenzusicherung für stationäre Hilfe nach § 67 SGB XII, weil es aufgrund der Angaben des A. die örtliche Zuständigkeit für stationäre Hilfen bei dem Beklagten vermutete. Mit Schreiben vom 15. Mai 2006, Eingang bei dem Beklagten am 18. Mai 2006, stellte dann die Stadt KE. bei dem Beklagten einen Antrag auf Kostenzusicherung für stationäre Hilfe nach § 67 SGB XII, die die Stadt KE. vorläufig sichergestellt habe. Außerdem wurde ein Kostenerstattungsanspruch nach § 106 Abs. 1 SGB XII geltend gemacht.
Der Antrag wurde mit Schreiben an die Stadt KE. vom 24. Mai 2006 von dem Beklagten mit der Begründung abgelehnt, er sei nicht örtlich zuständig, weil A. seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in der Einrichtung oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme nicht im Rhein-Neckar-Kreis, also nicht im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehabt habe.
Am 9. Februar 2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben und geltend gemacht, er habe im Zeitraum 14. März bis 31. Dezember 2006 insgesamt 16.055,69 EUR an die Stadt KE. bezahlt, die diese für die Betreuung von A. in dem Übergangswohnheim des Klägers nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII vorläufig aufgewendet habe. Der Beklagte sei der örtliche zuständige Sozialhilfeträger und damit für die Tragung der Kosten zuständig. Der Vortrag des Beklagten, der Kläger habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Rhein-Neckar-Kreis gehabt, sei unrichtig. Der Kläger hat zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 16.055,69 EUR zu erstatten.
Der Beklagte hat unter Verweis auf § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII vorgetragen, örtlich zuständig sei der Sozialhilfeträger, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder in den 2 Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Seien bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in eine weitere Einrichtung übergetreten oder trete nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, sei der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend gewesen sei, entscheidend. Ein Übertritt liege vor, wenn die Notwendigkeit oder die Absicht bestehe, von einer Einrichtung in eine andere zu wechseln und dieses Vorhaben ohne erhebliche zeitliche Unterbrechung verwirklicht werde. Die örtliche Zuständigkeit bleibe daher nur bei einem nahtlosen Wechsel erhalten, für welchen in aller Regel nur durch die Gegebenheiten des Transports bedingte zeitliche Unterbrechungen unschädlich seien. Eine rechtserhebliche Unterbrechung, die einen Übertritt ausschließe, liege vor allem dann vor, wenn im Zeitpunkt des Verlassens der bisherigen Einrichtung nicht feststehe, ob, wann und wo die Hilfegewährung fortgesetzt werden solle, selbst wenn nur ein kurzer Zeitraum zwischen dem Verlassen der einen und der Aufnahme in eine andere Einrichtung liege, dieses Verlassen jedoch nicht zielstrebig auf den Wechsel ausgerichtet sei und somit kein gewollter Wechsel, sondern lediglich eine sich zufällig anschließende Aufnahme in eine neue Einrichtung vorliege. Hier sei mit der Entlassung von A. aus der XY. Klinik in HH. eine rechtserhebliche Unterbrechung seines Aufenthalts in Einrichtungen eingetreten, nachdem A. sich nach seiner Entlassung aus der XY. Klinik am 10. März 2006 zunächst zu einer Freundin nach OO. begeben habe. Mit der Übergangseinrichtung in KE. habe er dann erstmals am 14. März 2006 Kontakt aufgenommen, wobei die tatsächliche Aufnahme erst am 23. März 2006 erfolgt sei, nachdem sich A. zwischenzeitlich am 15. März 2006 in OO. habe stationär behandeln lassen müssen. Nach alledem liege somit kein gewollter Wechsel, sondern lediglich eine sich zufällig anschließende Aufnahme in eine neue Einrichtung vor. Bei Beendigung der Therapie in HH. habe die Fortsetzung der Hilfegewährung in der KE. Einrichtung noch nicht festgestanden; sie sei erst am 14. März 2006 angebahnt worden. Verlassen habe A. das Gebiet des Beklagten schließlich auch bereits am 29. Juni 2005. Er habe damit seinen dortigen gewöhnlichen Aufenthalt dann auch bereits vor Beginn des sogenannten Zweimonatszeitraums des § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII aufgegeben. Das folge daraus, dass er ab 1. Januar 2006 laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) durch das Jobcenter HI. erhalten habe, das für den Stadtkreis HI. zuständig sei.
Das Sozialgericht Kassel hat auf der Klage mit Urteil vom 30. Juni 2010 stattgegeben. Der Beklagte habe dem Kläger die von diesem für A. aus Sozialhilfemitteln vorläufig übernommenen Kosten der stationären Betreuung nach § 67 SGB XII in der Zeit vom 14. März bis 31. Dezember 2006 in der geltend gemachten Höhe gemäß § 106 Abs. 1 SGB XII zu erstatten. An der Notwendigkeit und dem Umfang der erbrachten Hilfegewährung und der Höhe der entstandenen Kosten bestünden keine Zweifel. Die Kammer halte auch, dem Vortrag des Klägers folgend, den Beklagten für den zuständigen Sozialhilfeträger. Aus § 106 Abs. 2 SGB XII folge, dass es als Aufenthalt in einer stationären Einrichtung auch gelte, wenn jemand außerhalb der Einrichtung untergebracht werde, aber in ihrer Betreuung verbleibe oder aus der Einrichtung beurlaubt werde, so dass die Leistungsgewährung nach dem SGB II wie auch stattdessen von Sozialhilfe (§ 106 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) noch nicht dazu führe, dass mit dem Beginn dieser Leistungsgewährung auch die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in einer Einrichtung verbunden wäre. Der Kläger habe bis zu seiner Aufnahme im Wohnheim zu Recht noch als wohnsitzlos gegolten. Nicht nur habe er zu diesem Zeitpunkt über keine Wohnung verfügt. Er habe auch über keinen anderen gewöhnlichen Aufenthalt verfügt im Sinne des Gesetzes als dem vor Beginn der Rehabilitation im XE-heim in HI. Ein gewöhnlicher Aufenthalt sei weder in OO. noch direkt in KE. begründet worden. Es liege ein im Ergebnis nahtloser Einrichtungswechsel vor. Entscheidend sei, dass hier ein, wenn auch nicht übergangsloser Einrichtungswechsel von Anfang an ins Auge gefasst war, was sich bereits aus der Begründung des Antrags auf Gewährung von Leistungen nach § 67 SGB XII ergebe, so dass insgesamt von einem nahtlosen Einrichtungswechsel ausgegangen werden müsse. Die Zustellung an den Beklagten erfolgte am 23. August 2010.
Mit der am 20. September 2010 eingelegten Berufung macht der Beklagte geltend, eine Erstattungspflicht liege nicht vor. Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII habe der nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII dem vorläufig leistenden Träger die aufgewendeten Kosten zu erstatten.
Eine Erstattungspflicht des Beklagten lasse sich zum einen begründen, wenn A. im Zeitpunkt der Aufnahme in das Übergangsheim seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten hatte. Dies sei vorliegend offensichtlich zu verneinen. Eine Erstattungspflicht des Beklagten lasse sich zum anderen begründen, wenn zum Zeitpunkt der Aufnahme in das XE-heim HI. am 29. Juni 2005 der nach § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten über die so genannte Einrichtungskette des § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII perpetuiert worden wäre. Auch das sei zu verneinen. Das Tatbestandsmerkmal des Übertritts gemäß § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII sei nicht erfüllt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 30. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf seine Schriftsätze im Klageverfahren und die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung, in dem der Beschluss über die Beiladung des A. aufgehoben und der Inhalt des Beschlusses über die vorläufige Festsetzung des Streitwerts auf 16.055,69 EUR mitgeteilt worden ist, wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20. März 2013 verwiesen. Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen A. betreffenden Verwaltungsakten der Stadt KE., die qua Delegation die Sozialhilfe nach § 67 SGB XII für den Kläger durchführt und für den Kläger die Akten führt, und auf die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat als nach § 98 Abs. 2 S. 3, Abs. 1 SGB XII vorläufig leistender Träger einen Kostenerstattungsanspruch nach § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gegen den Beklagten, wenn dieser für die Erbringung der Hilfe sachlich und örtlich zuständig war.
A. hat sich im Zeitraum 14. März bis 31. Dezember 2006 in dem Übergangsheim in KE., einer Einrichtung i.S. des § 13 Abs. 2 SGB XII, zu einer Maßnahme nach § 67 SGB XII aufgehalten. Für Maßnahmen nach § 67 SGB XII ist grundsätzlch der überörtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig (§ 97 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII). Diese Zuständigkeit steht unter dem Vorbehalt einer anderweitigen Regelung im Landesrecht, hier also des Hessischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (HAG). In § 2 HAG ist keine anderweitige Regelung für Zuständigkeiten nach § 97 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII getroffen.
Der Kläger hat als sachlich und örtlich vorläufig eintrittspflichtiger Sozialhilfeträger (§§ 97, 98 Abs. 2 Satz 3, Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der seit 1. Januar 2005 insoweit unveränderten Fassung) Kosten für den Aufenthalt von A. in der Einrichtung bezahlt, wobei die Stadt KE. gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Delegationsbeschlusses des Verwaltungsausschusses des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen über die Heranziehung der örtlichen Träger der Sozialhilfe zur Durchführung von Aufgaben des überörtlichen Sozialhilfeträger vom 24. September 1993 in der Fassung vom 27. Juli 2001 als örtlicher Träger der Sozialhilfe die Hilfe praktisch durchgeführt hat und der Kläger der Stadt KE. die Kosten ersetzt hat. § 1 Abs. 2 des genannten Delegationsbeschlusses sieht vor, dass der örtliche Träger der Sozialhilfe, der nach Absatz 1 Aufgaben durchführt, auch den Kostenbeitrag, Aufwendungsersatz, Kostenersatz und den Kostenerstattungsanspruch gegen andere Sozialleistungsträger und Erstattungs- und Ersatzansprüche gegen Dritte geltend zu machen und zu verwirklichen sowie den Übergang von Ansprüchen gegen Dritte zu bewirken und die Beträge einzuziehen sowie die Feststellung von Sozialleistungen nach § 91a Bundessozialhilfegsetz (BSHG) zu betreiben hat.
Der Delegationsbeschluss kann an der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung nichts ändern. Geregelt wird in § 1 Abs. 2 des Delegationsbeschlusses aber auch die Prozessführungsbefugnis dergestalt, dass in Abweichung von der gesetzlichen Rechtslage die Aktivlegitimation von der Prozessführungsbefugnis getrennt wird. Ob diese Regelung gegenüber Dritten wirksam ist, kann dahin stehen. Um Zweifel an der Prozessführungsbefugnis des Klägers auszuräumen, hat die Stadt KE. mit Vollmacht vom 19. März 2013 sich damit einverstanden erklärt, dass der Kläger entgegen der Regelung in § 1 Abs. 2 des Delegationsbeschlusses die zunächst der Stadt KE. als örtlichem Sozialhilfeträger entstandenen Kosten, die diese vom Kläger wegen dessen gesetzlicher Zuständigkeit (§ 97 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII) als überörtlichem Sozialhilfeträger ersetzt worden sind, gerichtlich geltend macht.
Der Beklagte hat die Kosten für die Betreuung von A. im Übergangsheim in KE. dem Kläger zu erstatten, wenn er i.S. des § 106 Abs. 1 SGB XII der sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträger ist.
Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten richtet sich nach § 97 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII. Auch auf Beklagtenseite gilt die grundsätzliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Allerdings bestimmen §§ 1 und 2 des Gesetzes zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände vom 1. Juli 2004, dass die Landeswohlfahrtsverbände Baden und Württemberg-Hohenzollern mit Ablauf des 31. Dezember 2004 aufgelöst werden und die von den Landeswohlfahrtsverbänden wahrgenommenen Aufgaben auf die Stadt- und Landkreise und den Kommunalverband für Jugend und Soziales übergehen. Seither führen die Kreise und kreisfreien Städte in Baden-Württemberg die Angelegenheiten nach § 97 SGB XII in originärer Zuständigkeit durch.
Der Beklagte ist auch der nach § 98 Abs. 2 SGB XII für die erfolgte Betreuung von A. in dem Übergangsheim in KE. örtlich zuständige Sozialhilfeträger.
Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der seit 1. Januar 2005 insoweit unveränderten Fassung des Gesetzes ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten.
Nach § 30 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor Aufnahme in das XE-heim in HI. hatte A., der seit Juli 1999 eine Wohnung in LN1. bewohnte, im Gebiet des Beklagten. Im Zeitpunkt der Aufnahme in das Übergangsheim, Q1-Straße in KE. am 14. März 2006 hatte A. keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr. Am 20. September 2005 – zu diesem Zeitpunkt hielt sich A. noch im XE-heim auf – weist sein Personalausweis die Anschrift des XE heims in HI. aus (Altstadt, ST-Straße). Laut Bescheid des Jobcenters HI. vom 24. März 2006 endete der Leistungsbezug wegen Umzugs nach KE. dort am 13. März 2006. A. war jedenfalls ab 20. September 2005, u.U. auch schon davor, wohnsitzlos. Seit 20. Oktober 2005 bis 10. März 2006 hielt er sich in der XY. Klinik in HH. auf, danach in OO. und ab 14. März 2006 im Übergangsheim in KE.
Damit lässt sich ein gewöhnlicher Aufenthalt von A. direkt vor und im Zeitraum zwei Monate vor Aufnahme in das Übergangsheim in KE. am 14. März 2006 weder im Zuständigkeitsbereich des Beklagten noch in HI. und auch nicht in OO. oder im Zuständigkeitsbereich des Klägers feststellen. Der gewöhnliche Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten endete mit der Aufnahme im XE-heim in HI. Ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt wurde durch den Aufenthalt in der Einrichtung nicht begründet, ebenso wenig durch den anschließenden Klinikaufenthalt in der XY. Klinik. Auch durch den offenbar dreitätigen Aufenthalt bei einer Freundin irgendwo in OO. – für den außer der Angabe von A. keine Belege gibt – begründete A. keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass A. im Sinne eines zukunftsoffenen Aufenthalts (zu diesem Maßstab zur Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts BVerwG, 18. Mai 2000 – 5 C 27/99, juris Rn. 13) plante, bis auf weiteres in OO. zu verbleiben.
§ 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII in der seit 1. Januar 2005 insoweit unveränderten Fassung bestimmt: Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend.
§ 106 Abs. 1 SGB XII, auf den der Kläger seinen Anspruch stützt, verweist nicht auf die Bestimmung des Anstaltsübertritts in § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII. Gleichwohl wird man wegen des Schutzzwecks des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, der zur Folge hat, dass eine einmal begründete örtliche Zuständigkeit nicht geändert wird durch den mehrfachen nahtlosen Wechsel der stationären Einrichtungen, auch in dem Fall einer Perpetuierung nach § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII die Erstattungsvorschrift des § 106 Abs. 1 SGB XII heranziehen können (zum Parallelproblem bei einem Erstattungsanspruch nach § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X), vgl. LSG Baden-Württemberg vom 30. März 2011 – L 2 SO 1196/10, juris Rn. 37). Würde man dies nicht zulassen, könnte das die Bereitschaft zur vorläufigen Leistungsgewährung nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII beeinträchtigen, weil der angegangene Sozialhilfeträger dann befürchten muss, auf den Kosten sitzen zu bleiben, wenn sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit eines anderen Sozialhilfeträgers nur über § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII bestimmen lässt.
Liegt eine ununterbrochene "Einrichtungs- oder Anstaltskette" vor, so ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war (hier im Rhein-Neckar-Kreis) maßgeblich für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit und damit die Erstattungspflicht nach § 106 Abs. 1 SGB XII. Als A. ins XE-heim in HI. aufgenommen wurde, hatte er seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuvor im Rhein-Neckar-Kreis gehabt. Von dort gelangte er nahtlos, ohne zeitliche Unterbrechung zur Langzeittherapie in die XY. Klinik nach HH., wo er sechs Monate verblieb und sich zuletzt, nach erfolgreicher Entwöhnung, in Adaption befand. Zwischen der Entlassung aus der XY. Klinik am 10. März 2006 und der Aufnahme im Übergangsheim am 14. März liegt ein kurzer Zeitraum, während dem sich A. offenbar bei einer Freundin in OO. aufhielt.
Der Senat ist der Auffassung, dass die kurzzeitige Unterbrechung des Aufenthalts nicht zu einer Durchbrechung der Einrichtungskette geführt hat und damit eine fortbestehende Zuständigkeit des Beklagten nicht ausgeschlossen wird.
Zunächst ist es für einen Anstaltsübertritt unerheblich, ob der Wechsel auf einer eigenen Willensentscheidung des Betroffenen oder durch eine Disposition eines Dritten veranlasst ist (Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 98 Rn 23). Es steht daher einem Anstaltsübertritt nicht entgegen, dass nicht die XY. Klinik A. an das Übergangsheim verwies, sondern er sich über die Caritas Beratungsstelle selbst dort hin wandte.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil vom 18. Mai 2000 (Az. 5 C 27/99, juris Rn. 16) einen eintätigen Aufenthalt des Hilfeempfängers in der Wohnung der Mutter als eine nicht maßgebliche Unterbrechung seines Aufenthalts angesehen. Auch längere Unterbrechungen (mehrwöchiger Ferienaufenthalt bei Angehörigen) wurde in der Rechtsprechung als unschädlich angesehen (Nachweise bei Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 98 Rn 23).
Das Bundesverwaltungsgericht hat zur zu § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII inhaltsgleichen Vorläuferbestimmung des § 97 Abs. 2 S. 2 BSHG allerdings entschieden, dass von einem "Übertritt" im Sinne dieser Bestimmung nicht gesprochen werden kann, wenn der Betreffende – im konkreten Fall durch einen fünfwöchigen Aufenthalt im Haushalt der Mutter – zwischen dem Wechsel aus der einen in die andere Einrichtung einen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb beider Einrichtungen begründet hat (BVerwG Beschluss vom 3. Juli 2003 – 5 B 211/02 – juris). Vorliegend ist wie bereits festgestellt indessen nichts dafür ersichtlich, dass A. im Sinne eines zukunftsoffenen Aufenthalts plante, bis auf weiteres in OO. zu verbleiben und damit einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in OO. begründet hat.
Schließlich folgt der Senat nicht der in Rechtsprechung (OVG Brandenburg, Beschluss vom 7. Dezember 1999 – 4 B 59/99, juris) und Literatur (Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 98 Rn 23; Münder in: LPK SGB XII, 7. Aufl. 2005, § 98 Rn. 38) vertretenen Auffassung, wonach eine rechtserhebliche Unterbrechung der Heimbebetreuung dann angenommen wird, wenn beim Verlassen der Einrichtung nicht feststeht, wann und wo die stationäre Hilfegewährung fortgesetzt werden soll. Ein Übertritt i.S.v. § 97 Abs. 2 S. 2 BSHG (jetzt: § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII) liege dann vor, wenn die Absicht bestehe, von einer Einrichtung in eine andere überzuwechseln und dieses Vorhaben ohne erhebliche zeitliche Unterbrechung verwirklicht werde (Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, § 97 Rn. 73). Eine Ungewissheit, wann und wo sich welche Hilfeleistung an die Entlassung aus der Einrichtung anschließen wird, stehe einem Übertritt zwingend entgegen (so OVG Brandenburg Beschluss vom 7. Dezember 1999 – 4 B 59/99).
Demgegenüber leitet der Senat vorliegend aus dem äußeren Ablauf – Entlassung von A. am 10. März 2006 aus der XY. Klinik ohne dauerhafte Aufenthaltsperspektive und Aufnahme im Übergangswohnheim am 14. März 2006 bei suchtbedingter Instabilität von A., die sich in dem Rückfall am 14. März 2006 mit anschließender Aufnahme in die Psychiatrie manifestierte – ab, dass für A., der ohne festen Wohnsitz aus der XY. Klinik entlassen wurde, die Notwendigkeit bestand, in eine andere Einrichtung überzuwechseln. Dass vorliegend offenbar bei Entlassung von A. aus der XY. Klinik nicht feststand, in welche Einrichtung A. überwechseln sollte, hält der Senat im konkreten Fall nicht für entscheidend, um eine Einrichtungskette auszuschließen. Wollte man dies in jedem Fall für ein eine Einrichtungskette ausschließendes Kriterium halten, so würde dies einen Anreiz darstellen, zur Kappung der Einrichtungskette mit der entsprechenden Folge für die Kostentragung Personen, die auf eine Weiterbetreuung angewiesen sind, ohne konkrete Perspektive auf eine solche Weiterbetreuung zu entlassen.
Der Senat sieht in dem Wechsel von der XY. Klinik in das Übergangsheim auch keinen "rein zufälligen Anstaltswechsel", der durch die Formulierung des § 97 Abs. 2 S. 2 BSHG (jetzt § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII) nicht gedeckt sei (so Schellhorn BSHG § 97 Rn. 73). A. hatte zwar wohl noch eine Meldeadresse im XE-heim in HI., aber keine Wohnung, in die er hätte zurückkehren können. Das erklärt aus Sicht des Senats, weshalb A., als er aus der XY. Klinik entlassen worden war, sich zunächst kurzzeitig bei einer Freundin in OO. aufhielt, bevor er Rat bei der Caritas im OQ. suchte. Die Vermittlung in das Übergangsheim in KE. über die Caritas-Stelle in OQ. ist aus Sicht des Senats damit nicht "zufällig", sondern eine in Anbetracht der Umstände notwendige Folgemaßnahme im Anschluss an den letzten Aufenthalt in einer Einrichtung. Damit ist, auch wenn der Übertritt von A. aus der XY. Klinik in das Übergangsheim in KE. weder von A. noch von der entlassenden Klinik im Zeitpunkt der Klinikentlassung so geplant war, gleichwohl ein Anstaltsübertritt zu bejahen mit der Folge der Kostentragungspflicht des Beklagten nach § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, die Streitwertentscheidung auf §§ 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 160 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Der Beklagte trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 16.055,69 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In Streit ist ein Erstattungsanspruch zwischen zwei Sozialhilfeträgern wegen Sozialhilfekosten in Höhe von 16.055,69 EUR, die zur Betreuung des beigeladenen, inzwischen verstorbenen Herrn A. (A.) im Zeitraum 14. März bis 31. Dezember 2006 von der Stadt KE. aufgewendet und dieser vom Kläger ersetzt wurden.
Der 1964 geborene, alkoholkranke A. hielt sich seit 14. März 2006 bis zum 31. Dezember 2006 im Übergangsheim, Q1-Straße des KE. Vereins für soziale Heimstätten e.V. (KE. Verein) auf. Bei dem Übergangsheim handelt es sich um eine vom Kläger (Landeswohlsfahrtsverband Hessen) anerkannte Einrichtung. Die Leistungserbringung gegenüber A. erfolgte durch den KE. Verein aufgrund einer vorläufigen Kostenzusicherung der Stadt KE. für Maßnahmen nach § 67 SGB XII i.V.m. § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII vom 15. Mai 2006.
Seit 20. Juli 1999 lebte A. in einer Wohnung in LN1. bei HI., seit Oktober 2005 befand er sich in Privatinsolvenz, die im April 2006 mangels Masse aufgehoben wurde. Im Juli 2005 wurde A. im XE-heim in HI., einer Einrichtung nach § 67 SGB XII, die u.a. Suchtkranke betreut, aufgenommen. Sein Personalausweis gibt am 20. September 2005 als Wohnort die Adresse des XE-heims (Altstadt, ST-Straße) in HI. an. Die stationäre Maßnahme im XE-heim war am 10. Oktober 2005 beendet. An diesem Tag wurde A. zur Langzeittherapie in die XY. Klinik in HH. (Klinik für Psychosomatik und Sucht) gebracht. Dort blieb er bis zum 10. März 2006, zuletzt nach erfolgreicher Entwöhnungsbehandlung in Adaption. Als Wohnort war zu diesem Zeitpunkt noch die Adresse des XE-heims in HI. im Personalausweis von A. eingetragen. Ein Bescheid über Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) des Jobcenters HI. für den Zeitraum 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2006 war an A. in der XY. Klinik in HH. adressiert. Ein Antrag von A. auf Leistungen nach dem SGB II in OQ. scheiterte, weil er keine feste Adresse im Zuständigkeitsbereich des Grundsicherungsträgers hatte, sondern noch stationär in der XY. Klinik behandelt wurde. Nach seiner Entlassung aus der XY. Klinik am 10. März 2006 hielt sich A. nach eigener Aussage bei einer Freundin in OO. auf. Am 14. März 2006 nahm A. über eine Beratungsstelle der Caritas in OQ. Kontakt zu dem Übergangswohnheim in KE. auf, wo er noch am selben Tag in eine Wohngruppe aufgenommen wurde. In der Nacht vom 14. auf den 15. März 2006 erlitt A. einen Rückfall, weswegen er in die psychiatrische Abteilung der Uni-Klinik OO., aufgenommen wurde, von wo er einige Tage später wieder in das Übergangswohnheim gelangte, wo er sich dann bis 31. Dezember 2006 aufhielt. Am 14. März 2006 wurde die Arbeitslosengeld II-Bewilligung des Jobcenters in HI. wegen des Umzugs von A. nach KE. aufgehoben. Der Umzug fand laut Meldebescheinigung von der XY. Klinik in HH. nach KE. am 14. März 2006 statt.
Am 4. Mai 2006 stellte das Übergangsheim bei dem Beklagten einen Antrag auf Kostenzusicherung für stationäre Hilfe nach § 67 SGB XII, weil es aufgrund der Angaben des A. die örtliche Zuständigkeit für stationäre Hilfen bei dem Beklagten vermutete. Mit Schreiben vom 15. Mai 2006, Eingang bei dem Beklagten am 18. Mai 2006, stellte dann die Stadt KE. bei dem Beklagten einen Antrag auf Kostenzusicherung für stationäre Hilfe nach § 67 SGB XII, die die Stadt KE. vorläufig sichergestellt habe. Außerdem wurde ein Kostenerstattungsanspruch nach § 106 Abs. 1 SGB XII geltend gemacht.
Der Antrag wurde mit Schreiben an die Stadt KE. vom 24. Mai 2006 von dem Beklagten mit der Begründung abgelehnt, er sei nicht örtlich zuständig, weil A. seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in der Einrichtung oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme nicht im Rhein-Neckar-Kreis, also nicht im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehabt habe.
Am 9. Februar 2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben und geltend gemacht, er habe im Zeitraum 14. März bis 31. Dezember 2006 insgesamt 16.055,69 EUR an die Stadt KE. bezahlt, die diese für die Betreuung von A. in dem Übergangswohnheim des Klägers nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII vorläufig aufgewendet habe. Der Beklagte sei der örtliche zuständige Sozialhilfeträger und damit für die Tragung der Kosten zuständig. Der Vortrag des Beklagten, der Kläger habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Rhein-Neckar-Kreis gehabt, sei unrichtig. Der Kläger hat zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 16.055,69 EUR zu erstatten.
Der Beklagte hat unter Verweis auf § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII vorgetragen, örtlich zuständig sei der Sozialhilfeträger, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder in den 2 Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Seien bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in eine weitere Einrichtung übergetreten oder trete nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, sei der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend gewesen sei, entscheidend. Ein Übertritt liege vor, wenn die Notwendigkeit oder die Absicht bestehe, von einer Einrichtung in eine andere zu wechseln und dieses Vorhaben ohne erhebliche zeitliche Unterbrechung verwirklicht werde. Die örtliche Zuständigkeit bleibe daher nur bei einem nahtlosen Wechsel erhalten, für welchen in aller Regel nur durch die Gegebenheiten des Transports bedingte zeitliche Unterbrechungen unschädlich seien. Eine rechtserhebliche Unterbrechung, die einen Übertritt ausschließe, liege vor allem dann vor, wenn im Zeitpunkt des Verlassens der bisherigen Einrichtung nicht feststehe, ob, wann und wo die Hilfegewährung fortgesetzt werden solle, selbst wenn nur ein kurzer Zeitraum zwischen dem Verlassen der einen und der Aufnahme in eine andere Einrichtung liege, dieses Verlassen jedoch nicht zielstrebig auf den Wechsel ausgerichtet sei und somit kein gewollter Wechsel, sondern lediglich eine sich zufällig anschließende Aufnahme in eine neue Einrichtung vorliege. Hier sei mit der Entlassung von A. aus der XY. Klinik in HH. eine rechtserhebliche Unterbrechung seines Aufenthalts in Einrichtungen eingetreten, nachdem A. sich nach seiner Entlassung aus der XY. Klinik am 10. März 2006 zunächst zu einer Freundin nach OO. begeben habe. Mit der Übergangseinrichtung in KE. habe er dann erstmals am 14. März 2006 Kontakt aufgenommen, wobei die tatsächliche Aufnahme erst am 23. März 2006 erfolgt sei, nachdem sich A. zwischenzeitlich am 15. März 2006 in OO. habe stationär behandeln lassen müssen. Nach alledem liege somit kein gewollter Wechsel, sondern lediglich eine sich zufällig anschließende Aufnahme in eine neue Einrichtung vor. Bei Beendigung der Therapie in HH. habe die Fortsetzung der Hilfegewährung in der KE. Einrichtung noch nicht festgestanden; sie sei erst am 14. März 2006 angebahnt worden. Verlassen habe A. das Gebiet des Beklagten schließlich auch bereits am 29. Juni 2005. Er habe damit seinen dortigen gewöhnlichen Aufenthalt dann auch bereits vor Beginn des sogenannten Zweimonatszeitraums des § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII aufgegeben. Das folge daraus, dass er ab 1. Januar 2006 laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) durch das Jobcenter HI. erhalten habe, das für den Stadtkreis HI. zuständig sei.
Das Sozialgericht Kassel hat auf der Klage mit Urteil vom 30. Juni 2010 stattgegeben. Der Beklagte habe dem Kläger die von diesem für A. aus Sozialhilfemitteln vorläufig übernommenen Kosten der stationären Betreuung nach § 67 SGB XII in der Zeit vom 14. März bis 31. Dezember 2006 in der geltend gemachten Höhe gemäß § 106 Abs. 1 SGB XII zu erstatten. An der Notwendigkeit und dem Umfang der erbrachten Hilfegewährung und der Höhe der entstandenen Kosten bestünden keine Zweifel. Die Kammer halte auch, dem Vortrag des Klägers folgend, den Beklagten für den zuständigen Sozialhilfeträger. Aus § 106 Abs. 2 SGB XII folge, dass es als Aufenthalt in einer stationären Einrichtung auch gelte, wenn jemand außerhalb der Einrichtung untergebracht werde, aber in ihrer Betreuung verbleibe oder aus der Einrichtung beurlaubt werde, so dass die Leistungsgewährung nach dem SGB II wie auch stattdessen von Sozialhilfe (§ 106 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) noch nicht dazu führe, dass mit dem Beginn dieser Leistungsgewährung auch die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in einer Einrichtung verbunden wäre. Der Kläger habe bis zu seiner Aufnahme im Wohnheim zu Recht noch als wohnsitzlos gegolten. Nicht nur habe er zu diesem Zeitpunkt über keine Wohnung verfügt. Er habe auch über keinen anderen gewöhnlichen Aufenthalt verfügt im Sinne des Gesetzes als dem vor Beginn der Rehabilitation im XE-heim in HI. Ein gewöhnlicher Aufenthalt sei weder in OO. noch direkt in KE. begründet worden. Es liege ein im Ergebnis nahtloser Einrichtungswechsel vor. Entscheidend sei, dass hier ein, wenn auch nicht übergangsloser Einrichtungswechsel von Anfang an ins Auge gefasst war, was sich bereits aus der Begründung des Antrags auf Gewährung von Leistungen nach § 67 SGB XII ergebe, so dass insgesamt von einem nahtlosen Einrichtungswechsel ausgegangen werden müsse. Die Zustellung an den Beklagten erfolgte am 23. August 2010.
Mit der am 20. September 2010 eingelegten Berufung macht der Beklagte geltend, eine Erstattungspflicht liege nicht vor. Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII habe der nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII dem vorläufig leistenden Träger die aufgewendeten Kosten zu erstatten.
Eine Erstattungspflicht des Beklagten lasse sich zum einen begründen, wenn A. im Zeitpunkt der Aufnahme in das Übergangsheim seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten hatte. Dies sei vorliegend offensichtlich zu verneinen. Eine Erstattungspflicht des Beklagten lasse sich zum anderen begründen, wenn zum Zeitpunkt der Aufnahme in das XE-heim HI. am 29. Juni 2005 der nach § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten über die so genannte Einrichtungskette des § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII perpetuiert worden wäre. Auch das sei zu verneinen. Das Tatbestandsmerkmal des Übertritts gemäß § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII sei nicht erfüllt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 30. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf seine Schriftsätze im Klageverfahren und die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung, in dem der Beschluss über die Beiladung des A. aufgehoben und der Inhalt des Beschlusses über die vorläufige Festsetzung des Streitwerts auf 16.055,69 EUR mitgeteilt worden ist, wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20. März 2013 verwiesen. Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen A. betreffenden Verwaltungsakten der Stadt KE., die qua Delegation die Sozialhilfe nach § 67 SGB XII für den Kläger durchführt und für den Kläger die Akten führt, und auf die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat als nach § 98 Abs. 2 S. 3, Abs. 1 SGB XII vorläufig leistender Träger einen Kostenerstattungsanspruch nach § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gegen den Beklagten, wenn dieser für die Erbringung der Hilfe sachlich und örtlich zuständig war.
A. hat sich im Zeitraum 14. März bis 31. Dezember 2006 in dem Übergangsheim in KE., einer Einrichtung i.S. des § 13 Abs. 2 SGB XII, zu einer Maßnahme nach § 67 SGB XII aufgehalten. Für Maßnahmen nach § 67 SGB XII ist grundsätzlch der überörtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig (§ 97 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII). Diese Zuständigkeit steht unter dem Vorbehalt einer anderweitigen Regelung im Landesrecht, hier also des Hessischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (HAG). In § 2 HAG ist keine anderweitige Regelung für Zuständigkeiten nach § 97 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII getroffen.
Der Kläger hat als sachlich und örtlich vorläufig eintrittspflichtiger Sozialhilfeträger (§§ 97, 98 Abs. 2 Satz 3, Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der seit 1. Januar 2005 insoweit unveränderten Fassung) Kosten für den Aufenthalt von A. in der Einrichtung bezahlt, wobei die Stadt KE. gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Delegationsbeschlusses des Verwaltungsausschusses des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen über die Heranziehung der örtlichen Träger der Sozialhilfe zur Durchführung von Aufgaben des überörtlichen Sozialhilfeträger vom 24. September 1993 in der Fassung vom 27. Juli 2001 als örtlicher Träger der Sozialhilfe die Hilfe praktisch durchgeführt hat und der Kläger der Stadt KE. die Kosten ersetzt hat. § 1 Abs. 2 des genannten Delegationsbeschlusses sieht vor, dass der örtliche Träger der Sozialhilfe, der nach Absatz 1 Aufgaben durchführt, auch den Kostenbeitrag, Aufwendungsersatz, Kostenersatz und den Kostenerstattungsanspruch gegen andere Sozialleistungsträger und Erstattungs- und Ersatzansprüche gegen Dritte geltend zu machen und zu verwirklichen sowie den Übergang von Ansprüchen gegen Dritte zu bewirken und die Beträge einzuziehen sowie die Feststellung von Sozialleistungen nach § 91a Bundessozialhilfegsetz (BSHG) zu betreiben hat.
Der Delegationsbeschluss kann an der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung nichts ändern. Geregelt wird in § 1 Abs. 2 des Delegationsbeschlusses aber auch die Prozessführungsbefugnis dergestalt, dass in Abweichung von der gesetzlichen Rechtslage die Aktivlegitimation von der Prozessführungsbefugnis getrennt wird. Ob diese Regelung gegenüber Dritten wirksam ist, kann dahin stehen. Um Zweifel an der Prozessführungsbefugnis des Klägers auszuräumen, hat die Stadt KE. mit Vollmacht vom 19. März 2013 sich damit einverstanden erklärt, dass der Kläger entgegen der Regelung in § 1 Abs. 2 des Delegationsbeschlusses die zunächst der Stadt KE. als örtlichem Sozialhilfeträger entstandenen Kosten, die diese vom Kläger wegen dessen gesetzlicher Zuständigkeit (§ 97 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII) als überörtlichem Sozialhilfeträger ersetzt worden sind, gerichtlich geltend macht.
Der Beklagte hat die Kosten für die Betreuung von A. im Übergangsheim in KE. dem Kläger zu erstatten, wenn er i.S. des § 106 Abs. 1 SGB XII der sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträger ist.
Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten richtet sich nach § 97 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII. Auch auf Beklagtenseite gilt die grundsätzliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Allerdings bestimmen §§ 1 und 2 des Gesetzes zur Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände vom 1. Juli 2004, dass die Landeswohlfahrtsverbände Baden und Württemberg-Hohenzollern mit Ablauf des 31. Dezember 2004 aufgelöst werden und die von den Landeswohlfahrtsverbänden wahrgenommenen Aufgaben auf die Stadt- und Landkreise und den Kommunalverband für Jugend und Soziales übergehen. Seither führen die Kreise und kreisfreien Städte in Baden-Württemberg die Angelegenheiten nach § 97 SGB XII in originärer Zuständigkeit durch.
Der Beklagte ist auch der nach § 98 Abs. 2 SGB XII für die erfolgte Betreuung von A. in dem Übergangsheim in KE. örtlich zuständige Sozialhilfeträger.
Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der seit 1. Januar 2005 insoweit unveränderten Fassung des Gesetzes ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten.
Nach § 30 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor Aufnahme in das XE-heim in HI. hatte A., der seit Juli 1999 eine Wohnung in LN1. bewohnte, im Gebiet des Beklagten. Im Zeitpunkt der Aufnahme in das Übergangsheim, Q1-Straße in KE. am 14. März 2006 hatte A. keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr. Am 20. September 2005 – zu diesem Zeitpunkt hielt sich A. noch im XE-heim auf – weist sein Personalausweis die Anschrift des XE heims in HI. aus (Altstadt, ST-Straße). Laut Bescheid des Jobcenters HI. vom 24. März 2006 endete der Leistungsbezug wegen Umzugs nach KE. dort am 13. März 2006. A. war jedenfalls ab 20. September 2005, u.U. auch schon davor, wohnsitzlos. Seit 20. Oktober 2005 bis 10. März 2006 hielt er sich in der XY. Klinik in HH. auf, danach in OO. und ab 14. März 2006 im Übergangsheim in KE.
Damit lässt sich ein gewöhnlicher Aufenthalt von A. direkt vor und im Zeitraum zwei Monate vor Aufnahme in das Übergangsheim in KE. am 14. März 2006 weder im Zuständigkeitsbereich des Beklagten noch in HI. und auch nicht in OO. oder im Zuständigkeitsbereich des Klägers feststellen. Der gewöhnliche Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten endete mit der Aufnahme im XE-heim in HI. Ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt wurde durch den Aufenthalt in der Einrichtung nicht begründet, ebenso wenig durch den anschließenden Klinikaufenthalt in der XY. Klinik. Auch durch den offenbar dreitätigen Aufenthalt bei einer Freundin irgendwo in OO. – für den außer der Angabe von A. keine Belege gibt – begründete A. keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass A. im Sinne eines zukunftsoffenen Aufenthalts (zu diesem Maßstab zur Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts BVerwG, 18. Mai 2000 – 5 C 27/99, juris Rn. 13) plante, bis auf weiteres in OO. zu verbleiben.
§ 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII in der seit 1. Januar 2005 insoweit unveränderten Fassung bestimmt: Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend.
§ 106 Abs. 1 SGB XII, auf den der Kläger seinen Anspruch stützt, verweist nicht auf die Bestimmung des Anstaltsübertritts in § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII. Gleichwohl wird man wegen des Schutzzwecks des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, der zur Folge hat, dass eine einmal begründete örtliche Zuständigkeit nicht geändert wird durch den mehrfachen nahtlosen Wechsel der stationären Einrichtungen, auch in dem Fall einer Perpetuierung nach § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII die Erstattungsvorschrift des § 106 Abs. 1 SGB XII heranziehen können (zum Parallelproblem bei einem Erstattungsanspruch nach § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X), vgl. LSG Baden-Württemberg vom 30. März 2011 – L 2 SO 1196/10, juris Rn. 37). Würde man dies nicht zulassen, könnte das die Bereitschaft zur vorläufigen Leistungsgewährung nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII beeinträchtigen, weil der angegangene Sozialhilfeträger dann befürchten muss, auf den Kosten sitzen zu bleiben, wenn sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit eines anderen Sozialhilfeträgers nur über § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII bestimmen lässt.
Liegt eine ununterbrochene "Einrichtungs- oder Anstaltskette" vor, so ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war (hier im Rhein-Neckar-Kreis) maßgeblich für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit und damit die Erstattungspflicht nach § 106 Abs. 1 SGB XII. Als A. ins XE-heim in HI. aufgenommen wurde, hatte er seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuvor im Rhein-Neckar-Kreis gehabt. Von dort gelangte er nahtlos, ohne zeitliche Unterbrechung zur Langzeittherapie in die XY. Klinik nach HH., wo er sechs Monate verblieb und sich zuletzt, nach erfolgreicher Entwöhnung, in Adaption befand. Zwischen der Entlassung aus der XY. Klinik am 10. März 2006 und der Aufnahme im Übergangsheim am 14. März liegt ein kurzer Zeitraum, während dem sich A. offenbar bei einer Freundin in OO. aufhielt.
Der Senat ist der Auffassung, dass die kurzzeitige Unterbrechung des Aufenthalts nicht zu einer Durchbrechung der Einrichtungskette geführt hat und damit eine fortbestehende Zuständigkeit des Beklagten nicht ausgeschlossen wird.
Zunächst ist es für einen Anstaltsübertritt unerheblich, ob der Wechsel auf einer eigenen Willensentscheidung des Betroffenen oder durch eine Disposition eines Dritten veranlasst ist (Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 98 Rn 23). Es steht daher einem Anstaltsübertritt nicht entgegen, dass nicht die XY. Klinik A. an das Übergangsheim verwies, sondern er sich über die Caritas Beratungsstelle selbst dort hin wandte.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil vom 18. Mai 2000 (Az. 5 C 27/99, juris Rn. 16) einen eintätigen Aufenthalt des Hilfeempfängers in der Wohnung der Mutter als eine nicht maßgebliche Unterbrechung seines Aufenthalts angesehen. Auch längere Unterbrechungen (mehrwöchiger Ferienaufenthalt bei Angehörigen) wurde in der Rechtsprechung als unschädlich angesehen (Nachweise bei Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 98 Rn 23).
Das Bundesverwaltungsgericht hat zur zu § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII inhaltsgleichen Vorläuferbestimmung des § 97 Abs. 2 S. 2 BSHG allerdings entschieden, dass von einem "Übertritt" im Sinne dieser Bestimmung nicht gesprochen werden kann, wenn der Betreffende – im konkreten Fall durch einen fünfwöchigen Aufenthalt im Haushalt der Mutter – zwischen dem Wechsel aus der einen in die andere Einrichtung einen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb beider Einrichtungen begründet hat (BVerwG Beschluss vom 3. Juli 2003 – 5 B 211/02 – juris). Vorliegend ist wie bereits festgestellt indessen nichts dafür ersichtlich, dass A. im Sinne eines zukunftsoffenen Aufenthalts plante, bis auf weiteres in OO. zu verbleiben und damit einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in OO. begründet hat.
Schließlich folgt der Senat nicht der in Rechtsprechung (OVG Brandenburg, Beschluss vom 7. Dezember 1999 – 4 B 59/99, juris) und Literatur (Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 98 Rn 23; Münder in: LPK SGB XII, 7. Aufl. 2005, § 98 Rn. 38) vertretenen Auffassung, wonach eine rechtserhebliche Unterbrechung der Heimbebetreuung dann angenommen wird, wenn beim Verlassen der Einrichtung nicht feststeht, wann und wo die stationäre Hilfegewährung fortgesetzt werden soll. Ein Übertritt i.S.v. § 97 Abs. 2 S. 2 BSHG (jetzt: § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII) liege dann vor, wenn die Absicht bestehe, von einer Einrichtung in eine andere überzuwechseln und dieses Vorhaben ohne erhebliche zeitliche Unterbrechung verwirklicht werde (Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, § 97 Rn. 73). Eine Ungewissheit, wann und wo sich welche Hilfeleistung an die Entlassung aus der Einrichtung anschließen wird, stehe einem Übertritt zwingend entgegen (so OVG Brandenburg Beschluss vom 7. Dezember 1999 – 4 B 59/99).
Demgegenüber leitet der Senat vorliegend aus dem äußeren Ablauf – Entlassung von A. am 10. März 2006 aus der XY. Klinik ohne dauerhafte Aufenthaltsperspektive und Aufnahme im Übergangswohnheim am 14. März 2006 bei suchtbedingter Instabilität von A., die sich in dem Rückfall am 14. März 2006 mit anschließender Aufnahme in die Psychiatrie manifestierte – ab, dass für A., der ohne festen Wohnsitz aus der XY. Klinik entlassen wurde, die Notwendigkeit bestand, in eine andere Einrichtung überzuwechseln. Dass vorliegend offenbar bei Entlassung von A. aus der XY. Klinik nicht feststand, in welche Einrichtung A. überwechseln sollte, hält der Senat im konkreten Fall nicht für entscheidend, um eine Einrichtungskette auszuschließen. Wollte man dies in jedem Fall für ein eine Einrichtungskette ausschließendes Kriterium halten, so würde dies einen Anreiz darstellen, zur Kappung der Einrichtungskette mit der entsprechenden Folge für die Kostentragung Personen, die auf eine Weiterbetreuung angewiesen sind, ohne konkrete Perspektive auf eine solche Weiterbetreuung zu entlassen.
Der Senat sieht in dem Wechsel von der XY. Klinik in das Übergangsheim auch keinen "rein zufälligen Anstaltswechsel", der durch die Formulierung des § 97 Abs. 2 S. 2 BSHG (jetzt § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII) nicht gedeckt sei (so Schellhorn BSHG § 97 Rn. 73). A. hatte zwar wohl noch eine Meldeadresse im XE-heim in HI., aber keine Wohnung, in die er hätte zurückkehren können. Das erklärt aus Sicht des Senats, weshalb A., als er aus der XY. Klinik entlassen worden war, sich zunächst kurzzeitig bei einer Freundin in OO. aufhielt, bevor er Rat bei der Caritas im OQ. suchte. Die Vermittlung in das Übergangsheim in KE. über die Caritas-Stelle in OQ. ist aus Sicht des Senats damit nicht "zufällig", sondern eine in Anbetracht der Umstände notwendige Folgemaßnahme im Anschluss an den letzten Aufenthalt in einer Einrichtung. Damit ist, auch wenn der Übertritt von A. aus der XY. Klinik in das Übergangsheim in KE. weder von A. noch von der entlassenden Klinik im Zeitpunkt der Klinikentlassung so geplant war, gleichwohl ein Anstaltsübertritt zu bejahen mit der Folge der Kostentragungspflicht des Beklagten nach § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, die Streitwertentscheidung auf §§ 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 160 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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