Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
165
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 165 SF 2606/13 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.Zur Bestimmung der Geschäftsgebühr für Widerspruchsverfahren über die Feststellung der Zuziehungsnotwendigkeit eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 63 Abs. 2 SGB X ist der Gebührenrahmen der Nr. 2400 VV RVG zugrunde zu legen.
2.Für Verfahren über die Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit ist in der Regel – vorbehaltlich von Besonderheiten des Einzelfalles – von einer Geschäftsgebühr bzw. einer Verfahrensgebühr in Höhe von 60 % der jeweiligen Mittelgebühr auszugehen.
2.Für Verfahren über die Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit ist in der Regel – vorbehaltlich von Besonderheiten des Einzelfalles – von einer Geschäftsgebühr bzw. einer Verfahrensgebühr in Höhe von 60 % der jeweiligen Mittelgebühr auszugehen.
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts vom 28. Februar 2013 - S 84 AL 8204/12 - wird zurückgewiesen. Die Erinnerungsführerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit Schreiben vom 9. März 2012 hatte der Bevollmächtigte des Erinnerungsgegners anwaltlichen Widerspruch gegen den Mahngebührenbescheid der Erinnerungsführerin vom 27. Februar 2012 eingelegt. Mit Abhilfebescheid vom 24. Juli 2012 hob die Erinnerungsführerin den Mahngebührenbescheid vom 27. Februar 2012 auf und traf darin folgende "Kostenentscheidung: Nach § 63 Abs. 1 SGB X werden die im Widerspruchsverfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen auf Antrag und gegen Nachweis erstattet. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten wird nicht für notwendig im Sinne des § 63 Abs. 2 SGB X anerkannt.". Den dagegen am 27. Juli 2012 eingelegten und mit dreiseitigem Schriftsatz vom 17. Oktober 2012 begründeten Widerspruch wies die Erinnerungsführerin mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2012 zurück, wogegen der Erinnerungsgegner am 12. Dezember 2005 Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhob. Die Klagebegründung vom 12. Dezember 2012, in welcher die Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Rechtsgrundlage des § 63 Abs. 1 SGB X unter den dargelegten Sachverhalt subsumiert wurden umfasste drei Seiten Text. In der Klageerwiderung vom 1. Februar 2013 erkannte die Erinnerungsführerin die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten sowie die Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsgegners dem Grunde nach an. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2013 nahm der Erinnerungsgegner dieses Anerkenntnis an, erklärte den Rechtsstreit für erledigt und beantragte die Kostenfestsetzung lt. nachstehender Berechnung:
Widerspruchsverfahren – W 5459/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 240,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 49,40 EUR
Summe 309,40 EUR
Widerspruchsverfahren – W 3959/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 240,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 49,40 EUR
Summe 309,40 EUR
Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 74,10 EUR
Summe 464,10 EUR.
Gesamtsumme 1082,90 EUR.
Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2013 nahm die Erinnerungsführerin dazu wie folgt Stellung:
I. Vorverfahren gegen die Festsetzung der Mahngebühr (W3959/12)
( inzwischen unstreitig)
II. Vorverfahren gegen die Kostengrundentscheidung (W5459/12)
Geschäftsgebühr Nr. 2401 VV RVG 80,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 18,24 EUR
Summe 114,24 EUR
Im vorliegenden Fall sei nach ihrer Auffassung eine Tätigkeit des Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren vorausgegangen, so dass sich die Geschäftsgebühr zunächst nach Nr. 2401 VV RVG richte. Nach Abs. 2 der Nr. 2401 VV RVG könne eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien im vorliegenden Fall unterdurchschnittlich gewesen. Hierbei seien zum einen der zeitliche Aufwand und die Intensität der anwaltlichen Tätigkeit berücksichtigt worden und zum anderen diese Kriterien bei objektiver Betrachtung gewertet. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei, wenn überhaupt, durchschnittlich gewesen. In Bezug hierauf komme es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an. Umstritten gewesen seien nicht wiederkehrende oder Existenz sichernde Leistungen, sondern im Ergebnis Aufwendungen für ein abgeschlossenes Widerspruchsverfahren. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers seien unterdurchschnittlich gewesen. Ein besonderes Haftungsrisiko sei nicht ersichtlich. Darüber hinaus weise das hiesige Verfahren keine sonstigen Besonderheiten auf, die eine höhere Geschäftsgebühr als die doppelte Mindestgebühr rechtfertigen würden. Diese Kosten seien erstattungsfähig in Anlehnung der Beschlüsse des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2009 – S 164 SF 374/09 E - und des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2012 - L 25 AS 550711 B -.
III. Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 40,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 40,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 18,24 EUR
Summe 114,24 EUR.
Die Darlegungen zum Widerspruchsverfahren unter II. seien auch auf das Klageverfahren übertragbar und bei der Kostenfestsetzung entsprechend zu berücksichtigen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Februar 2013 setzte die Urkundsbeamtin des SG die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 483,14 EUR lt. nachstehender Berechnung fest:
Widerspruchsverfahren – W 5459/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 144,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 102,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 120,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 77,14 EUR
Summe 483,14 EUR.
Zur Begründung führte sie aus, es handele sich im vorliegenden Klageverfahren und im vorangegangenen Widerspruchsverfahren – W 5451/12 - nicht um die Festsetzung der Mahngebühr, sondern um die Anerkennung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren - W 3959/12 -, demzufolge um die dem Kläger für das Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung der Mahngebühr entstandenen Rechtsanwaltskosten, so dass dem Widerspruchsverfahren - W 5459/12 - kein Verwaltungsverfahren hinsichtlich der streitigen Kostengrundentscheidung des Widerspruchsverfahrens - W 3959/12 - vorausgegangen sei. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens – W 3959/12 - seien durch den Beklagten in eigener Zuständigkeit festzusetzen, § 63 SGB X. Bei der Bestimmung der angemessenen Gebühr sei hier zwingend zu berücksichtigen, dass der Kläger (nur) seinen Kostenerstattungsanspruch bzgl. eines Widerspruchsverfahrens gegen die Beklagte dem Grunde nach habe durchsetzen wollen, was die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber als deutlich unterdurchschnittlich kennzeichne. Vorliegend seien nicht etwa Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II Streitgegenstand gewesen. Es habe sich also nicht um die Gewährung Existenz sichernder Leistungen gehandelt. Die Bedeutung der Angelegenheit sei somit deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Gleiches gelte für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, der SGB II-Leistungen bezogen habe. Umfang und Schwierigkeit der Anwaltstätigkeit seien ebenfalls merklich unterdurchschnittlich gewesen. Dem Rechtsanwalt sei die Sachlage durch seine Beteiligung im vorausgegangenen Widerspruchsverfahren – W 3959/12 - präsent gewesen. Er habe sich insoweit nicht erst neu einarbeiten müssen. Hieraus resultiere ein wesentlicher Energieeffekt. Irgendwelche Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art seien ebenso wenig ersichtlich. Der Sachverhalt sei geklärt gewesen, es sei einzig um die Verpflichtung zur Erstattung der Vorverfahrenskosten gegangen. Andere Umstände, die für (über-)durchschnittliche Umstände im Sinne des §§ 14 Abs. 1 RVG sprechen könnten, seien ebenfalls nicht ersichtlich. Unter den gegebenen Umständen sei bei Gesamtbetrachtung aufgrund der merklichen Unterdurchschnittlichkeit der wesentlichen Bemessungskriterien ein Abschlag auf die Schwellen- bzw. Mittelgebühr in Höhe von 40% gerechtfertigt. Die fiktive Terminsgebühr sei in Anlehnung an die Verfahrensgebühr bzw. die ihr zu Grunde liegenden Kriterien festzulegen.
Gegen den - ausweislich des am 15. März 2013 beim Sozialgericht eingegangenen Empfangsbekenntnisses - am 13. März 2013 bei der Erinnerungsführerin eingegangenen Kostenfestsetzungsbeschluss legte diese am 25. März 2013 Erinnerung ein.
Sie verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 25. Februar 2013. Ergänzend dazu trägt sie vor, hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens gegen die Kostenentscheidung könne nur die Mindestgebühr als angemessen erachtet werden. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts beschränke sich auf die Begründung der Notwendigkeit der Hinzuziehung. Individuelle Voraussetzungen seines Mandanten, die hierfür angeführt werden könnten, trage der Bevollmächtigte nicht vor. Mit seinem Widerspruchsschreiben beschränke er sich auf pauschale Formulierungen und Textbausteine, die in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle genutzt worden seien. Von der Fertigung eines zweiseitigen Widerspruchsschreibens im eigentlichen Sinne könne also nicht ausgegangen werden. Die Angelegenheit weise weder besondere Schwierigkeiten auf, noch verursachte sie einen nennenswerten Arbeitsaufwand des Bevollmächtigten. Das anschließende Klageverfahren habe seitens des Klägers kaum nennenswerten Mehraufwand verursacht. Die Begründung des Widerspruches sei hier übernommen worden. Neue Sachverhaltsermittlungen hätten nicht stattgefunden. In den festzusetzenden Verfahren liege, wie bereits erwähnt, weder eine besondere Schwierigkeiten noch eine besondere Bedeutung für den Kläger. Es sei insbesondere nicht um die Gewährung oder Rückforderung von Sozialleistungen, sondern und Erstattung von Kosten eines Rechtsmittelverfahrens gegangen. Die Erstattung der Mindestgebühr werde hier dem Aufwand, im Kostenrisiko und der Bedeutung der Angelegenheit ausreichend gerecht.
Die Erinnerungsführerin beantragt, die anwaltliche Gebührenbestimmung unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des SG Berlin vom 28. Februar 2013 lt. folgender Berechnung auf einen Gesamtbetrag von 228,48 EUR zzgl. Zinsen zu ersetzen:
Widerspruchsverfahren – W 5459/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2401 VV RVG 80,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 18,24 EUR
Summe 114,24 EUR
Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 40,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 40,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 18,24 EUR
Summe 114,24 EUR.
Der Erinnerungsgegner beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen und verweist zunächst auf die Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Februar 2013. Ergänzend führt er wie folgt aus: Eine Mindestgebühr - wie sie die Erinnerungsführerin hier ansetzen wolle - sei stets nur in den denkbar einfachsten Fällen mit dem denkbar geringsten Aufwand des Prozessbevollmächtigten angemessen. Derart einfach gelagerte Fälle dürften wohl lediglich dann vorliegen, sofern ausschließlich eine Vertretung in einem bereits anhängigen Widerspruchs- oder Klageverfahren angezeigt worden sei, ohne dass weitere Tätigkeiten des Bevollmächtigten unternommen worden seien. Bereits das Einlegen eines Rechtsmittels, verbunden mit der Formulierung konkreter Anträge dürfte bereits eine mehr als unterdurchschnittliche Tätigkeit darstellen, infolgedessen mehr als eine Mindestgebühr entstehe. Zumindest bei der vollständigen Durchführung eines erfolgreichen Rechtsmittelverfahrens unter Verfassen eines mehrseitigen Schriftsatzes (wie vorliegend) rechtfertige der entfaltete Aufwand schlussendlich mehr als nur eine Mindestgebühr und führe folglich zum Entstehen einer Mittelgebühr. Daran ändere auch die teilweise Nutzung von Textbausteinen nichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der Ursprungsakte zum Aktenzeichen - S 84 AL 8204/12 -, der bei gezogenen Akte des SG Berlin – S 164 SF 374/09 E - sowie der Verwaltungsakte der Erinnerungsführerin verwiesen, die bei der Entscheidung vorlagen.
II.
Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet.
Hinsichtlich der – im Erinnerungsverfahren unstreitigen - Ablehnung der Festsetzung der Kosten für das Widerspruchsverfahren – W 3959/12 – im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss verweist das Gericht zur Begründung in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach eigener Prüfung auf die nach Ansicht der Kammer umfassend zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, § 142 Rz. 5d). Von einer weiteren Darstellung der Gründe wird insoweit abgesehen.
Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin ist zur Überzeugung der Kammer für die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens – W 5459/12 - der Gebührenrahmen der Nr. 2400 VV RVG einschlägig und nicht derjenige der Nr. 2401 VV RVG. Denn dem hier zu beurteilenden Widerspruchsverfahren W 5459/12 ist kein, jedenfalls nicht dasselbe Verwaltungsverfahren im Sinne der Nr. 2401 VV RVG vorausgegangen. Denn das Widerspruchsverfahren W 3959/12 hatte bereits einen anderen Verfahrensgegenstand (Festsetzung der Mahngebühr), darüber hinaus wurde der hiesige Verfahrensgegenstand (Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit) erstmals in der – alleine und isoliert anfechtbaren – Kostenentscheidung im Abhilfebescheid vom 24. Juli 2012 eröffnet, denn zur Notwendigkeit der Hinzuziehung findet sich erstmals eine belastende Regelung im Abhilfebescheid, d.h. das Widerspruchsverfahren war damit das erste – eigene -Verfahren mit diesem Verfahrensgegenstand. Nr. 2401 VV RVG wäre dagegen nur anwendbar, wenn der Rechtsanwalt tatsächlich Gebühren für ein vorausgegangenes Verwaltungsverfahren (und sei es auch nur gegenüber seinem Auftraggeber) geltend machen könnte, was hier gerade nicht der Fall war. Denn der Bevollmächtigte konnte die Kosten des Widerspruchsverfahren – W 3959/12 – gegenüber dem Erinnerungsgegner abrechnen, während dieser gegenüber der Erinnerungsführerin auf den Weg nach § 63 SGB X zu verweisen war. Dementsprechend stritt der Erinnerungsgegner im hiesigen Ursprungsverfahren gerade um die Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit als Voraussetzung dafür, um von der Erinnerungsführerin auch seine Anwaltskosten dem Grunde nach übernommen zu erhalten. Übertragbar auf die vorliegende Konstellation sind schließlich auch die in ständiger Rechtsprechung der Kostenkammern des SG Berlin angewandten Grundsätze zur Anwendbarkeit der Nr. 3102 VV RVG statt der Nr. 3103 VV RVG in Fällen der Anfechtung im Widerspruchsbescheid erfolgter isolierter Kostengrundentscheidungen im Klageverfahren (z.B. SG Berlin vom 15. März 2010 - S 180 SF 1025/09 E –, nicht veröffentlicht: "Der Bevollmächtigte des Erinnerungsführers hat diesbezüglich auch zutreffend darauf verwiesen, dass dem Klageverfahren kein Vorverfahren hinsichtlich der streitigen Kostengrundentscheidung des Widerspruchsverfahrens vorausgegangen war. Zwar ist ihm zuzustimmen, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG und nicht Nr. 3103 VV RVG zu bestimmen war. Dies ergibt sich daraus, dass - wie bereits dargelegt - dem Klageverfahren kein Widerspruchsverfahren vorausgegangen war. Es ging um eine isolierte Anfechtung der negativen Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides.").
Soweit sich die Erinnerungsführerin auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2012 "– L 25 AS 559711 B –" richtigerweise: - L 25 AS 559/11 B PKH -, in juris, beruft, teilt die Kammer die Auffassung des LSG nicht. Ebenso wenig wie das "Verfahren" auf Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit im Sinne von § 63 Abs. 2 SGB X, welches mit einer entsprechenden Entscheidung in einem Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid seinen Abschluss findet, dasselbe, dem nachfolgenden Widerspruchsverfahren im Sinne der Nr. 2401 VV RVG vorausgehende Verwaltungsverfahren darstellt, gilt dies für das im Fall des LSG Berlin-Brandenburg zugrundeliegende "Verfahren" hinsichtlich der zusätzlich zur Sachentscheidung zu treffenden Kostengrundentscheidung nach gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X und dem dagegen gerichteten Widerspruchsverfahren. Denn gerade die Tatsache, dass die Kostengrundentscheidung und damit auch die Entscheidung über die Hinzuziehungsnotwendigkeit als Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit auch der Kosten eines Rechtsanwaltes oder sonstigen Bevollmächtigten dem Grunde nach nicht Teil der Sachentscheidung, sondern zusätzlich zu treffen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 66/04 R – juris), rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer und entgegen der Ansicht des LSG eine andere Betrachtungsweise im dargestellten Sinne.
Soweit die Erinnerungsführerin aus grundsätzlichen Erwägungen – insbesondere auch in z. Zt. zahlreichen weiteren vergleichbaren Fällen regelmäßig - Mindestgebühren bzw. doppelte Mindestgebühren geltend macht, ist dem - ebenso grundsätzlich - nicht zu folgen. Gebühren in Höhe von 60% der jeweiligen Mittelgebühren (im Rahmen der Geschäftsgebühr bezogen auf die "echte" Mittelgebühr in Höhe von 280,00 EUR nach Nr. 2400 VV RVG, nicht: bezogen auf die sog. "Schwellengebühr", wie von der Urkundsbeamtin im Kostenfestsetzungsbeschluss vorgenommen, vgl. dazu BSG vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R -, in juris) sind zur Überzeugung der Kammer dagegen in der Regel – wie stets vorbehaltlich von Besonderheiten des Einzelfalles - als billig anzusehen für typische Verfahren - sowohl im Widerspruchs- als auch im Klageverfahren - über die Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 63 Abs. 2 SGB X und lassen sich anhand der Billigkeitskriterien des § 14 Abs. 1 RVG wie folgt bestimmen:
Sowohl der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als auch deren Schwierigkeit sind in solchen Verfahren als unterdurchschnittlich zu erachten. Die übersichtlichen und begrenzten sowie schwerpunktmäßig sachlich gelagerten Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch nach § 63 Abs. 2 SGB X lassen sich zur Überzeugung der Kammer in der Regel auf maximal zwei bis drei Seiten und in relativ einfacher Weise begründen, zumal die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden kann (BSG vom 2. November 2012 - B 4 AS 97/11 R -, in juris Tz. 19 ff.), im Regelfall zu bejahen ist (Diering/Timme/Waschull, SGB X, 2. Auflage 2007 § 63, Rz. 20 f.) und grundsätzliche oder schwierige Rechtsfragen im Normalfall nicht zu beantworten sind, ohne dass es insoweit auf eine besondere Rechtsprechung ankäme. Im Rahmen der Geschäftsgebühr ist trotz der festgestellten Anwendbarkeit der Nr. 2400 VV RVG zu berücksichtigen, dass dem Rechtsanwalt jedenfalls faktisch die generelle Sachlage durch seine Beteiligung im vorausgegangenen Widerspruchsverfahren präsent war. Hieraus resultiert ein weiterer Vereinfachungseffekt.
Nach alledem erreichen Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht das in durchschnittlichen sozialrechtlichen bzw. sozialgerichtlichen Verfahren erforderliche Maß mit den dort typischen Verfahrens- bzw. Streitgegenständen etwa der Geltendmachung von (auch sozialmedizinisch betonter) Grundsicherungs-, Regel- oder Rentenleistungen, der Anfechtung von Leistungsaufhebungen oder -beschränkungen oder der Abwehr von Erstattungsansprüchen. Der anwaltliche Aufwand bewegt sich aber keinesfalls am unteren oder gar untersten Bereich, wie die Erinnerungsführerin meint.
Bei der Bewertung der Bedeutung der Angelegenheit ist zwingend zu berücksichtigen, dass mittels der geltend gemachten Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit letztendlich der Kostenerstattungsanspruch gegen die Behörde hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach bezüglich eines Widerspruchsverfahrens durchgesetzt werden soll, was die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber zunächst als deutlich unterdurchschnittlich kennzeichnet, da nicht etwa Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II Streitgegenstand waren und es sich nicht um die Gewährung Existenz sichernder Leistungen handelte.
In Fällen isolierter Widerspruchsverfahren bezogen auf das behördliche Kostenfestsetzungsverfahren erachten die Kostenkammern des SG Berlin überwiegend Gebühren in Höhe von 30% bis 60% der Mittelgebühr(en) als billig, je nachdem, ob die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach (bis zu 60% der Mittelgebühr) oder "lediglich" hinsichtlich einer – variierenden - Kostenquote dem Grunde nach und/oder der Kostenfestsetzung der Höhe nach (nach "unten" bis hin zu 30% der Mittelgebühr im Streit standen (SG Berlin vom 14. März 2013 - S 165 SF 18406/11 E -, in juris).
Daran orientiert und angesichts der Tatsache, dass von der Geltendmachung der Hinzuziehungsnotwendigkeit die Erstattung der Anwaltskosten für das Widerspruchsverfahren dem Grunde nach, d.h. überhaupt erst abhängt, führt die Bedeutung der Angelegenheit bei vergleichbar unterdurchschnittlichem anwaltlichem Aufwand sowie im Falle unterdurchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnissen zur Überzeugung der Kammer im Ergebnis regelmäßig zu einer Geschäftsgebühr bzw. Verfahrensgebühr in Höhe von 60% der jeweiligen Mittelgebühr.
Die gebotene Absenkung der Mittelgebühr fügt sich auch in die Wertungen der Kostenkammern des SG Berlin zu anderweitig typisierbaren "Regelgebühren" - unter Wahrung der zwischen diesen jeweils bestehenden Abstandsgebote: Gebühren in Höhe von 50% der Mittelgebühr oder gar darunter, scheiden hier grundsätzlich aus: Bereits 40% der Mittelgebühren erachten die Kostenkammern beim Sozialgericht Berlin vielmehr regelmäßig für Untätigkeitsklagen als angemessen (SG Berlin vom 2. Februar 2009 - S 165 SF 11/09 E -, in juris), während 50% der Mittelgebühren dem im Vergleich dazu hier doch in der Regel merklich höheren anwaltlichen Aufwand nicht gerecht würden. 70% der Mittelgebühren dagegen wären zur Überzeugung der Kammer wiederum mit den festgestellten weiteren unterdurchschnittlichen Verhältnissen nicht vereinbar, zumal die als billig erachteten 60% der Mittelgebühren sich im wesentlichen mit der genannten Bewertung der Gebührenhöhe in Fällen isolierter Widerspruchsverfahren bezogen auf das behördliche Kostenfestsetzungsverfahren, jedenfalls im Streit um die Kostenerstattung dem Grunde nach decken. Soweit die Kostenkammern des SG Berlin im Übrigen tatsächlich regelmäßig von einer Geschäftsgebühr bzw. einer Verfahrensgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr ausgehen, nämlich für Verfahren der Anfechtung von Mahngebührenbescheiden (SG Berlin vom 14. März 2013 - S 165 SF 18406/11 E - , in juris) unterscheiden sich diese Fälle entscheidender Weise schon hinsichtlich der dort bei weitem unterdurchschnittlicheren Bedeutung der Angelegenheit gegenüber den vorliegend zu beurteilenden Verfahren.
Soweit sich die Erinnerungsführerin im Übrigen auf den Beschluss des SG Berlin vom 2. März 2009 – S 164 SF 374/09 E -, in juris, beruft ist dieser Fall nicht einschlägig: Dort ging es um die billige Gebührenhöhe für eine Untätigkeitsklage auf Bescheidung eines Widerspruchs gegen eine umfassend negative Kostengrundentscheidung in einem Abhilfebescheid, welche zwar in Höhe der doppelten Mindestgebühr bestätigt wurde, nach neuerer und gefestigter Rechtsprechung der Kostenkammern des SG Berlin nunmehr mit 25% der Mittelgebühr zu bewerten wäre (SG Berlin vom 23. September 2009 - S 165 SF 791/09 E -, in juris).
Im konkreten Fall war zur Überzeugung der Kammer die anwaltliche Gebührenbestimmung in Höhe der sog. Schwellengebühr für die Geschäftsgebühr nach der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG und in Höhe der Mittelgebühr für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG unbillig und daher gem. § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG als unverbindlich zu ersetzen, und zwar – ausgehend von den festgestellten Grundsätzen - auf 60% der jeweiligen Mittelgebühren:
Die Widerspruchsbegründung vom 17. Oktober 2012 – W 5459/12 – und die Klagebegründung vom 12. Dezember 2012 entsprechen nach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der Angelegenheit und den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Erinnerungsgegners dem oben dargelegten Regelfall, so dass eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG und eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 60% der Mittelgebühr angefallen sind. Die ausschließlich der Höhe nach streitige (fiktive) Terminsgebühr nach Anmerkung 3. zu Nr. 3106 VV RVG ist diese nach gefestigter Rechtsprechung der Kostenkammern des SG Berlin (vgl. SG Berlin vom 2. Februar 2009 - S 165 SF 11/09 E –, in juris) in Anlehnung an die Verfahrensgebühr festzusetzen, d.h. im vorliegenden Fall entsprechend 60% der Mittelgebühr der Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 60% der Mittelgebühr der Nr. 3106 VV RVG, was zu dem diesbezüglichen Betrag von 120,00 EUR führt.
Entsprechend der sonach abschließend getroffenen Feststellungen wären die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 511,17 EUR lt. nachstehender Berechnung festzusetzen:
Widerspruchsverfahren – W 5459/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 168,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 35,72 EUR
Summe 223,72 EUR
Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 102,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 120,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 45,98 EUR
Summe 287,98 EUR.
Gesamtsumme 511,17 EUR,
wobei einer solchen Festsetzung der damit verbundene Verstoß gegen die reformatio in peius entgegenstünde, das ermittelte Endergebnis aber zur Zurückweisung der Erinnerung führt.
Die Kostenentscheidung für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2, § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG).
Gründe:
I.
Mit Schreiben vom 9. März 2012 hatte der Bevollmächtigte des Erinnerungsgegners anwaltlichen Widerspruch gegen den Mahngebührenbescheid der Erinnerungsführerin vom 27. Februar 2012 eingelegt. Mit Abhilfebescheid vom 24. Juli 2012 hob die Erinnerungsführerin den Mahngebührenbescheid vom 27. Februar 2012 auf und traf darin folgende "Kostenentscheidung: Nach § 63 Abs. 1 SGB X werden die im Widerspruchsverfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen auf Antrag und gegen Nachweis erstattet. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten wird nicht für notwendig im Sinne des § 63 Abs. 2 SGB X anerkannt.". Den dagegen am 27. Juli 2012 eingelegten und mit dreiseitigem Schriftsatz vom 17. Oktober 2012 begründeten Widerspruch wies die Erinnerungsführerin mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2012 zurück, wogegen der Erinnerungsgegner am 12. Dezember 2005 Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhob. Die Klagebegründung vom 12. Dezember 2012, in welcher die Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Rechtsgrundlage des § 63 Abs. 1 SGB X unter den dargelegten Sachverhalt subsumiert wurden umfasste drei Seiten Text. In der Klageerwiderung vom 1. Februar 2013 erkannte die Erinnerungsführerin die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten sowie die Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsgegners dem Grunde nach an. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2013 nahm der Erinnerungsgegner dieses Anerkenntnis an, erklärte den Rechtsstreit für erledigt und beantragte die Kostenfestsetzung lt. nachstehender Berechnung:
Widerspruchsverfahren – W 5459/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 240,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 49,40 EUR
Summe 309,40 EUR
Widerspruchsverfahren – W 3959/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 240,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 49,40 EUR
Summe 309,40 EUR
Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 74,10 EUR
Summe 464,10 EUR.
Gesamtsumme 1082,90 EUR.
Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2013 nahm die Erinnerungsführerin dazu wie folgt Stellung:
I. Vorverfahren gegen die Festsetzung der Mahngebühr (W3959/12)
( inzwischen unstreitig)
II. Vorverfahren gegen die Kostengrundentscheidung (W5459/12)
Geschäftsgebühr Nr. 2401 VV RVG 80,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 18,24 EUR
Summe 114,24 EUR
Im vorliegenden Fall sei nach ihrer Auffassung eine Tätigkeit des Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren vorausgegangen, so dass sich die Geschäftsgebühr zunächst nach Nr. 2401 VV RVG richte. Nach Abs. 2 der Nr. 2401 VV RVG könne eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien im vorliegenden Fall unterdurchschnittlich gewesen. Hierbei seien zum einen der zeitliche Aufwand und die Intensität der anwaltlichen Tätigkeit berücksichtigt worden und zum anderen diese Kriterien bei objektiver Betrachtung gewertet. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei, wenn überhaupt, durchschnittlich gewesen. In Bezug hierauf komme es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an. Umstritten gewesen seien nicht wiederkehrende oder Existenz sichernde Leistungen, sondern im Ergebnis Aufwendungen für ein abgeschlossenes Widerspruchsverfahren. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers seien unterdurchschnittlich gewesen. Ein besonderes Haftungsrisiko sei nicht ersichtlich. Darüber hinaus weise das hiesige Verfahren keine sonstigen Besonderheiten auf, die eine höhere Geschäftsgebühr als die doppelte Mindestgebühr rechtfertigen würden. Diese Kosten seien erstattungsfähig in Anlehnung der Beschlüsse des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2009 – S 164 SF 374/09 E - und des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2012 - L 25 AS 550711 B -.
III. Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 40,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 40,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 18,24 EUR
Summe 114,24 EUR.
Die Darlegungen zum Widerspruchsverfahren unter II. seien auch auf das Klageverfahren übertragbar und bei der Kostenfestsetzung entsprechend zu berücksichtigen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Februar 2013 setzte die Urkundsbeamtin des SG die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 483,14 EUR lt. nachstehender Berechnung fest:
Widerspruchsverfahren – W 5459/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 144,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 102,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 120,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 77,14 EUR
Summe 483,14 EUR.
Zur Begründung führte sie aus, es handele sich im vorliegenden Klageverfahren und im vorangegangenen Widerspruchsverfahren – W 5451/12 - nicht um die Festsetzung der Mahngebühr, sondern um die Anerkennung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren - W 3959/12 -, demzufolge um die dem Kläger für das Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung der Mahngebühr entstandenen Rechtsanwaltskosten, so dass dem Widerspruchsverfahren - W 5459/12 - kein Verwaltungsverfahren hinsichtlich der streitigen Kostengrundentscheidung des Widerspruchsverfahrens - W 3959/12 - vorausgegangen sei. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens – W 3959/12 - seien durch den Beklagten in eigener Zuständigkeit festzusetzen, § 63 SGB X. Bei der Bestimmung der angemessenen Gebühr sei hier zwingend zu berücksichtigen, dass der Kläger (nur) seinen Kostenerstattungsanspruch bzgl. eines Widerspruchsverfahrens gegen die Beklagte dem Grunde nach habe durchsetzen wollen, was die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber als deutlich unterdurchschnittlich kennzeichne. Vorliegend seien nicht etwa Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II Streitgegenstand gewesen. Es habe sich also nicht um die Gewährung Existenz sichernder Leistungen gehandelt. Die Bedeutung der Angelegenheit sei somit deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Gleiches gelte für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, der SGB II-Leistungen bezogen habe. Umfang und Schwierigkeit der Anwaltstätigkeit seien ebenfalls merklich unterdurchschnittlich gewesen. Dem Rechtsanwalt sei die Sachlage durch seine Beteiligung im vorausgegangenen Widerspruchsverfahren – W 3959/12 - präsent gewesen. Er habe sich insoweit nicht erst neu einarbeiten müssen. Hieraus resultiere ein wesentlicher Energieeffekt. Irgendwelche Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art seien ebenso wenig ersichtlich. Der Sachverhalt sei geklärt gewesen, es sei einzig um die Verpflichtung zur Erstattung der Vorverfahrenskosten gegangen. Andere Umstände, die für (über-)durchschnittliche Umstände im Sinne des §§ 14 Abs. 1 RVG sprechen könnten, seien ebenfalls nicht ersichtlich. Unter den gegebenen Umständen sei bei Gesamtbetrachtung aufgrund der merklichen Unterdurchschnittlichkeit der wesentlichen Bemessungskriterien ein Abschlag auf die Schwellen- bzw. Mittelgebühr in Höhe von 40% gerechtfertigt. Die fiktive Terminsgebühr sei in Anlehnung an die Verfahrensgebühr bzw. die ihr zu Grunde liegenden Kriterien festzulegen.
Gegen den - ausweislich des am 15. März 2013 beim Sozialgericht eingegangenen Empfangsbekenntnisses - am 13. März 2013 bei der Erinnerungsführerin eingegangenen Kostenfestsetzungsbeschluss legte diese am 25. März 2013 Erinnerung ein.
Sie verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 25. Februar 2013. Ergänzend dazu trägt sie vor, hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens gegen die Kostenentscheidung könne nur die Mindestgebühr als angemessen erachtet werden. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts beschränke sich auf die Begründung der Notwendigkeit der Hinzuziehung. Individuelle Voraussetzungen seines Mandanten, die hierfür angeführt werden könnten, trage der Bevollmächtigte nicht vor. Mit seinem Widerspruchsschreiben beschränke er sich auf pauschale Formulierungen und Textbausteine, die in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle genutzt worden seien. Von der Fertigung eines zweiseitigen Widerspruchsschreibens im eigentlichen Sinne könne also nicht ausgegangen werden. Die Angelegenheit weise weder besondere Schwierigkeiten auf, noch verursachte sie einen nennenswerten Arbeitsaufwand des Bevollmächtigten. Das anschließende Klageverfahren habe seitens des Klägers kaum nennenswerten Mehraufwand verursacht. Die Begründung des Widerspruches sei hier übernommen worden. Neue Sachverhaltsermittlungen hätten nicht stattgefunden. In den festzusetzenden Verfahren liege, wie bereits erwähnt, weder eine besondere Schwierigkeiten noch eine besondere Bedeutung für den Kläger. Es sei insbesondere nicht um die Gewährung oder Rückforderung von Sozialleistungen, sondern und Erstattung von Kosten eines Rechtsmittelverfahrens gegangen. Die Erstattung der Mindestgebühr werde hier dem Aufwand, im Kostenrisiko und der Bedeutung der Angelegenheit ausreichend gerecht.
Die Erinnerungsführerin beantragt, die anwaltliche Gebührenbestimmung unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des SG Berlin vom 28. Februar 2013 lt. folgender Berechnung auf einen Gesamtbetrag von 228,48 EUR zzgl. Zinsen zu ersetzen:
Widerspruchsverfahren – W 5459/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2401 VV RVG 80,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 18,24 EUR
Summe 114,24 EUR
Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 40,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 40,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 18,24 EUR
Summe 114,24 EUR.
Der Erinnerungsgegner beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen und verweist zunächst auf die Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Februar 2013. Ergänzend führt er wie folgt aus: Eine Mindestgebühr - wie sie die Erinnerungsführerin hier ansetzen wolle - sei stets nur in den denkbar einfachsten Fällen mit dem denkbar geringsten Aufwand des Prozessbevollmächtigten angemessen. Derart einfach gelagerte Fälle dürften wohl lediglich dann vorliegen, sofern ausschließlich eine Vertretung in einem bereits anhängigen Widerspruchs- oder Klageverfahren angezeigt worden sei, ohne dass weitere Tätigkeiten des Bevollmächtigten unternommen worden seien. Bereits das Einlegen eines Rechtsmittels, verbunden mit der Formulierung konkreter Anträge dürfte bereits eine mehr als unterdurchschnittliche Tätigkeit darstellen, infolgedessen mehr als eine Mindestgebühr entstehe. Zumindest bei der vollständigen Durchführung eines erfolgreichen Rechtsmittelverfahrens unter Verfassen eines mehrseitigen Schriftsatzes (wie vorliegend) rechtfertige der entfaltete Aufwand schlussendlich mehr als nur eine Mindestgebühr und führe folglich zum Entstehen einer Mittelgebühr. Daran ändere auch die teilweise Nutzung von Textbausteinen nichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der Ursprungsakte zum Aktenzeichen - S 84 AL 8204/12 -, der bei gezogenen Akte des SG Berlin – S 164 SF 374/09 E - sowie der Verwaltungsakte der Erinnerungsführerin verwiesen, die bei der Entscheidung vorlagen.
II.
Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet.
Hinsichtlich der – im Erinnerungsverfahren unstreitigen - Ablehnung der Festsetzung der Kosten für das Widerspruchsverfahren – W 3959/12 – im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss verweist das Gericht zur Begründung in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach eigener Prüfung auf die nach Ansicht der Kammer umfassend zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, § 142 Rz. 5d). Von einer weiteren Darstellung der Gründe wird insoweit abgesehen.
Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin ist zur Überzeugung der Kammer für die Geschäftsgebühr des Widerspruchsverfahrens – W 5459/12 - der Gebührenrahmen der Nr. 2400 VV RVG einschlägig und nicht derjenige der Nr. 2401 VV RVG. Denn dem hier zu beurteilenden Widerspruchsverfahren W 5459/12 ist kein, jedenfalls nicht dasselbe Verwaltungsverfahren im Sinne der Nr. 2401 VV RVG vorausgegangen. Denn das Widerspruchsverfahren W 3959/12 hatte bereits einen anderen Verfahrensgegenstand (Festsetzung der Mahngebühr), darüber hinaus wurde der hiesige Verfahrensgegenstand (Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit) erstmals in der – alleine und isoliert anfechtbaren – Kostenentscheidung im Abhilfebescheid vom 24. Juli 2012 eröffnet, denn zur Notwendigkeit der Hinzuziehung findet sich erstmals eine belastende Regelung im Abhilfebescheid, d.h. das Widerspruchsverfahren war damit das erste – eigene -Verfahren mit diesem Verfahrensgegenstand. Nr. 2401 VV RVG wäre dagegen nur anwendbar, wenn der Rechtsanwalt tatsächlich Gebühren für ein vorausgegangenes Verwaltungsverfahren (und sei es auch nur gegenüber seinem Auftraggeber) geltend machen könnte, was hier gerade nicht der Fall war. Denn der Bevollmächtigte konnte die Kosten des Widerspruchsverfahren – W 3959/12 – gegenüber dem Erinnerungsgegner abrechnen, während dieser gegenüber der Erinnerungsführerin auf den Weg nach § 63 SGB X zu verweisen war. Dementsprechend stritt der Erinnerungsgegner im hiesigen Ursprungsverfahren gerade um die Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit als Voraussetzung dafür, um von der Erinnerungsführerin auch seine Anwaltskosten dem Grunde nach übernommen zu erhalten. Übertragbar auf die vorliegende Konstellation sind schließlich auch die in ständiger Rechtsprechung der Kostenkammern des SG Berlin angewandten Grundsätze zur Anwendbarkeit der Nr. 3102 VV RVG statt der Nr. 3103 VV RVG in Fällen der Anfechtung im Widerspruchsbescheid erfolgter isolierter Kostengrundentscheidungen im Klageverfahren (z.B. SG Berlin vom 15. März 2010 - S 180 SF 1025/09 E –, nicht veröffentlicht: "Der Bevollmächtigte des Erinnerungsführers hat diesbezüglich auch zutreffend darauf verwiesen, dass dem Klageverfahren kein Vorverfahren hinsichtlich der streitigen Kostengrundentscheidung des Widerspruchsverfahrens vorausgegangen war. Zwar ist ihm zuzustimmen, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG und nicht Nr. 3103 VV RVG zu bestimmen war. Dies ergibt sich daraus, dass - wie bereits dargelegt - dem Klageverfahren kein Widerspruchsverfahren vorausgegangen war. Es ging um eine isolierte Anfechtung der negativen Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides.").
Soweit sich die Erinnerungsführerin auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2012 "– L 25 AS 559711 B –" richtigerweise: - L 25 AS 559/11 B PKH -, in juris, beruft, teilt die Kammer die Auffassung des LSG nicht. Ebenso wenig wie das "Verfahren" auf Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit im Sinne von § 63 Abs. 2 SGB X, welches mit einer entsprechenden Entscheidung in einem Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid seinen Abschluss findet, dasselbe, dem nachfolgenden Widerspruchsverfahren im Sinne der Nr. 2401 VV RVG vorausgehende Verwaltungsverfahren darstellt, gilt dies für das im Fall des LSG Berlin-Brandenburg zugrundeliegende "Verfahren" hinsichtlich der zusätzlich zur Sachentscheidung zu treffenden Kostengrundentscheidung nach gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X und dem dagegen gerichteten Widerspruchsverfahren. Denn gerade die Tatsache, dass die Kostengrundentscheidung und damit auch die Entscheidung über die Hinzuziehungsnotwendigkeit als Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit auch der Kosten eines Rechtsanwaltes oder sonstigen Bevollmächtigten dem Grunde nach nicht Teil der Sachentscheidung, sondern zusätzlich zu treffen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 66/04 R – juris), rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer und entgegen der Ansicht des LSG eine andere Betrachtungsweise im dargestellten Sinne.
Soweit die Erinnerungsführerin aus grundsätzlichen Erwägungen – insbesondere auch in z. Zt. zahlreichen weiteren vergleichbaren Fällen regelmäßig - Mindestgebühren bzw. doppelte Mindestgebühren geltend macht, ist dem - ebenso grundsätzlich - nicht zu folgen. Gebühren in Höhe von 60% der jeweiligen Mittelgebühren (im Rahmen der Geschäftsgebühr bezogen auf die "echte" Mittelgebühr in Höhe von 280,00 EUR nach Nr. 2400 VV RVG, nicht: bezogen auf die sog. "Schwellengebühr", wie von der Urkundsbeamtin im Kostenfestsetzungsbeschluss vorgenommen, vgl. dazu BSG vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R -, in juris) sind zur Überzeugung der Kammer dagegen in der Regel – wie stets vorbehaltlich von Besonderheiten des Einzelfalles - als billig anzusehen für typische Verfahren - sowohl im Widerspruchs- als auch im Klageverfahren - über die Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 63 Abs. 2 SGB X und lassen sich anhand der Billigkeitskriterien des § 14 Abs. 1 RVG wie folgt bestimmen:
Sowohl der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als auch deren Schwierigkeit sind in solchen Verfahren als unterdurchschnittlich zu erachten. Die übersichtlichen und begrenzten sowie schwerpunktmäßig sachlich gelagerten Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch nach § 63 Abs. 2 SGB X lassen sich zur Überzeugung der Kammer in der Regel auf maximal zwei bis drei Seiten und in relativ einfacher Weise begründen, zumal die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden kann (BSG vom 2. November 2012 - B 4 AS 97/11 R -, in juris Tz. 19 ff.), im Regelfall zu bejahen ist (Diering/Timme/Waschull, SGB X, 2. Auflage 2007 § 63, Rz. 20 f.) und grundsätzliche oder schwierige Rechtsfragen im Normalfall nicht zu beantworten sind, ohne dass es insoweit auf eine besondere Rechtsprechung ankäme. Im Rahmen der Geschäftsgebühr ist trotz der festgestellten Anwendbarkeit der Nr. 2400 VV RVG zu berücksichtigen, dass dem Rechtsanwalt jedenfalls faktisch die generelle Sachlage durch seine Beteiligung im vorausgegangenen Widerspruchsverfahren präsent war. Hieraus resultiert ein weiterer Vereinfachungseffekt.
Nach alledem erreichen Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht das in durchschnittlichen sozialrechtlichen bzw. sozialgerichtlichen Verfahren erforderliche Maß mit den dort typischen Verfahrens- bzw. Streitgegenständen etwa der Geltendmachung von (auch sozialmedizinisch betonter) Grundsicherungs-, Regel- oder Rentenleistungen, der Anfechtung von Leistungsaufhebungen oder -beschränkungen oder der Abwehr von Erstattungsansprüchen. Der anwaltliche Aufwand bewegt sich aber keinesfalls am unteren oder gar untersten Bereich, wie die Erinnerungsführerin meint.
Bei der Bewertung der Bedeutung der Angelegenheit ist zwingend zu berücksichtigen, dass mittels der geltend gemachten Feststellung der Hinzuziehungsnotwendigkeit letztendlich der Kostenerstattungsanspruch gegen die Behörde hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach bezüglich eines Widerspruchsverfahrens durchgesetzt werden soll, was die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber zunächst als deutlich unterdurchschnittlich kennzeichnet, da nicht etwa Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II Streitgegenstand waren und es sich nicht um die Gewährung Existenz sichernder Leistungen handelte.
In Fällen isolierter Widerspruchsverfahren bezogen auf das behördliche Kostenfestsetzungsverfahren erachten die Kostenkammern des SG Berlin überwiegend Gebühren in Höhe von 30% bis 60% der Mittelgebühr(en) als billig, je nachdem, ob die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach (bis zu 60% der Mittelgebühr) oder "lediglich" hinsichtlich einer – variierenden - Kostenquote dem Grunde nach und/oder der Kostenfestsetzung der Höhe nach (nach "unten" bis hin zu 30% der Mittelgebühr im Streit standen (SG Berlin vom 14. März 2013 - S 165 SF 18406/11 E -, in juris).
Daran orientiert und angesichts der Tatsache, dass von der Geltendmachung der Hinzuziehungsnotwendigkeit die Erstattung der Anwaltskosten für das Widerspruchsverfahren dem Grunde nach, d.h. überhaupt erst abhängt, führt die Bedeutung der Angelegenheit bei vergleichbar unterdurchschnittlichem anwaltlichem Aufwand sowie im Falle unterdurchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnissen zur Überzeugung der Kammer im Ergebnis regelmäßig zu einer Geschäftsgebühr bzw. Verfahrensgebühr in Höhe von 60% der jeweiligen Mittelgebühr.
Die gebotene Absenkung der Mittelgebühr fügt sich auch in die Wertungen der Kostenkammern des SG Berlin zu anderweitig typisierbaren "Regelgebühren" - unter Wahrung der zwischen diesen jeweils bestehenden Abstandsgebote: Gebühren in Höhe von 50% der Mittelgebühr oder gar darunter, scheiden hier grundsätzlich aus: Bereits 40% der Mittelgebühren erachten die Kostenkammern beim Sozialgericht Berlin vielmehr regelmäßig für Untätigkeitsklagen als angemessen (SG Berlin vom 2. Februar 2009 - S 165 SF 11/09 E -, in juris), während 50% der Mittelgebühren dem im Vergleich dazu hier doch in der Regel merklich höheren anwaltlichen Aufwand nicht gerecht würden. 70% der Mittelgebühren dagegen wären zur Überzeugung der Kammer wiederum mit den festgestellten weiteren unterdurchschnittlichen Verhältnissen nicht vereinbar, zumal die als billig erachteten 60% der Mittelgebühren sich im wesentlichen mit der genannten Bewertung der Gebührenhöhe in Fällen isolierter Widerspruchsverfahren bezogen auf das behördliche Kostenfestsetzungsverfahren, jedenfalls im Streit um die Kostenerstattung dem Grunde nach decken. Soweit die Kostenkammern des SG Berlin im Übrigen tatsächlich regelmäßig von einer Geschäftsgebühr bzw. einer Verfahrensgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr ausgehen, nämlich für Verfahren der Anfechtung von Mahngebührenbescheiden (SG Berlin vom 14. März 2013 - S 165 SF 18406/11 E - , in juris) unterscheiden sich diese Fälle entscheidender Weise schon hinsichtlich der dort bei weitem unterdurchschnittlicheren Bedeutung der Angelegenheit gegenüber den vorliegend zu beurteilenden Verfahren.
Soweit sich die Erinnerungsführerin im Übrigen auf den Beschluss des SG Berlin vom 2. März 2009 – S 164 SF 374/09 E -, in juris, beruft ist dieser Fall nicht einschlägig: Dort ging es um die billige Gebührenhöhe für eine Untätigkeitsklage auf Bescheidung eines Widerspruchs gegen eine umfassend negative Kostengrundentscheidung in einem Abhilfebescheid, welche zwar in Höhe der doppelten Mindestgebühr bestätigt wurde, nach neuerer und gefestigter Rechtsprechung der Kostenkammern des SG Berlin nunmehr mit 25% der Mittelgebühr zu bewerten wäre (SG Berlin vom 23. September 2009 - S 165 SF 791/09 E -, in juris).
Im konkreten Fall war zur Überzeugung der Kammer die anwaltliche Gebührenbestimmung in Höhe der sog. Schwellengebühr für die Geschäftsgebühr nach der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG und in Höhe der Mittelgebühr für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG unbillig und daher gem. § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG als unverbindlich zu ersetzen, und zwar – ausgehend von den festgestellten Grundsätzen - auf 60% der jeweiligen Mittelgebühren:
Die Widerspruchsbegründung vom 17. Oktober 2012 – W 5459/12 – und die Klagebegründung vom 12. Dezember 2012 entsprechen nach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der Angelegenheit und den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Erinnerungsgegners dem oben dargelegten Regelfall, so dass eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG und eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 60% der Mittelgebühr angefallen sind. Die ausschließlich der Höhe nach streitige (fiktive) Terminsgebühr nach Anmerkung 3. zu Nr. 3106 VV RVG ist diese nach gefestigter Rechtsprechung der Kostenkammern des SG Berlin (vgl. SG Berlin vom 2. Februar 2009 - S 165 SF 11/09 E –, in juris) in Anlehnung an die Verfahrensgebühr festzusetzen, d.h. im vorliegenden Fall entsprechend 60% der Mittelgebühr der Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 60% der Mittelgebühr der Nr. 3106 VV RVG, was zu dem diesbezüglichen Betrag von 120,00 EUR führt.
Entsprechend der sonach abschließend getroffenen Feststellungen wären die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 511,17 EUR lt. nachstehender Berechnung festzusetzen:
Widerspruchsverfahren – W 5459/12 -
Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG 168,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 35,72 EUR
Summe 223,72 EUR
Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 102,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 120,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 45,98 EUR
Summe 287,98 EUR.
Gesamtsumme 511,17 EUR,
wobei einer solchen Festsetzung der damit verbundene Verstoß gegen die reformatio in peius entgegenstünde, das ermittelte Endergebnis aber zur Zurückweisung der Erinnerung führt.
Die Kostenentscheidung für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2, § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved