Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 192/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 KR 513/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung weiterer Kosten einer Krankenhausbehandlung in einer Privatklinik in der Türkei in Höhe von 10.617,00 EUR abzüglich eines Selbstbehaltes von 180,00 EUR, insgesamt 10.437,00 EUR.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war bis April 2013 und auch im hier streitbefangenen Zeitraum bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Ab 12.09.2011 hielt er sich mit seiner damaligen Freundin und der gemeinsamen Tochter zum Urlaub in Side/Türkei auf, dort im Sural Hotel. Die Urlaubsreise war vom 12. bis 19.09.2011 geplant und gebucht. Am 17.09.2011 hatte der Kläger einen Unfall, dessen Verlauf er wie folgt beschreibt: Er sei im Bereich des Hotel-Außenpools ausgerutscht, mit dem Hinterkopf auf den gefliesten Boden geschlagen und habe ein Schädelhirntrauma mit teils subduralen, teils intrazerebralen Blutungen erlitten. Er sei durch den Sturz sofort bewusstlos gewesen. Auf Veranlassung der Hotelleitung und des Sanitätsdienstes des Hotels sei er in das Anadolu-Hastanesi-Krankenhaus in Side, einer Privatklinik und Einrichtung des Kemer-Medical Center (KMC) gebracht worden. Dort habe er zunächst drei Tage im Koma gelegen, sei künstlich beatmet und insgesamt bis zum 04.10.2011 stationär behandelt worden.
Am Entlassungstag (04.10.2011) stellte ihm das Krankenhaus für die Behandlung 35.143,20 Türkische Lira (TL), ersatzweise 13.500,00 EUR in Rechnung. Da – so der Kläger – die Klinik auf sofortiger Bezahlung bestand, besorgte er sich der über Verwandte und Freunde das Geld und beglich die Rechnung an Ort und Stelle in bar am 04.10.2011.
Am 17.10.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der Kosten der Auslandskrankenhausbehandlung. Er legte hierzu die Rechnung Nr. 116476 des türkischen Krankenhauses vom 04.10.2011 vor, in der 47 Abrechnungspositionen aufgelistet waren, desweiteren einen Bericht des Krankenhauses über den Verlauf der dortigen Behandlung vom 17.09. bis 04.10.2011 sowie eine Bestätigung seines Bruders und seiner Schwägerin, dass diese ihm das Geld für die Klinikrechnung vorgestreckt hatten.
Die Beklagte legte die Krankenhausunterlagen ihrer für Krankenhausabrechnungen zuständigen Fachabteilung vor. Diese ermittelte anhand der Daten, dass eine vergleichbare Krankenhausbehandlung in einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland nach der Fallpauschale (DRG) B78B abzurechnen gewesen wäre und dem Krankenhaus eine Vergütung von 3.682,94 EUR zugestanden hätte; abzüglich der vom Patienten zu leistenden gesetzlichen Zuzahlung von 180,00 EUR (18 Krankenhaustage à 10,00 EUR) wären der Krankenkasse Kosten in Höhe von 3.502,94 EUR entstanden. Die Beklagte legte die Krankenhausrechnung auch der Verbindungsstelle nach dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen (DT-SVA), der "Sosyal Güvenlik il Müdürlügü" in Antalya/Türkei vor; diese erteilte die Auskunft, dass bei Erbringung dieser Krankenhausbehandlung als Sachleistung durch den türkischen Sozialversicherungsträger diesem von der Beklagten 2.883,00 EUR zu erstatten gewesen wären.
Daraufhin erstattete die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 19.12.2011 einen Betrag von 2.883,00 EUR.
Dagegen erhob der Kläger am 29.12.2011 Widerspruch. Er trug vor, er sei durch den Sturz bewusstlos geworden; seine Freundin habe um Behandlung in einer städtischen Klinik gebeten, aber das Hotel habe die Privatklinik angerufen; das türkische Personal habe das Anliegen seiner Freundin ignoriert und sie noch zur Seite gedrängt; seine Freundin habe sofort den Hotelarzt und die Privatklinik informiert, dass eine Privatrechnung nicht versichert sei und nicht aus eigener Tasche gezahlt werden könne. Das Hotel habe grundsätzlich zwei Rettungswagen der Privatklinik vor dem Hotel stehen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.05.2012, zugestellt am 21.05.2012, zurück mit der Begründung, die Kostenerstattung sei nach § 13 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 15 Abs. 3 der Satzung der AOK Rheinland/Hamburg i.V.m. dem DT-SVA auf den Betrag von 2.883,00 EUR begrenzt.
Dagegen hat der Kläger am 20.06.2012 Klage erhoben. Er behauptet, vom Unfallzeitpunkt bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung nicht in der Lage gewesen zu sein, Entscheidungen im Bezug auf die Wahl der Behandlung und/oder des Krankenhauses zu treffen. Er behauptet weiter, die Kosten wären noch höher gewesen, wenn er in einem deutschen Krankenhaus behandelt worden wäre. Trotz Hinweise seiner Freundin auf den Umstand, eine Privatklinikbehandlung nicht bezahlen zu können, sei er in das Krankenhaus verbracht worden; er oder die Freundin hätten darauf keinen Einfluss gehabt; über Behandlungsalternativen, Kosten etc. sei auch nicht aufgeklärt worden. Er sei während der ersten Tage auf der Intensivstation ohne Bewusstsein gewesen; jedenfalls könne er sich an diese Zeit nicht erinnern. Vor Beginn der Reise, die seine erste Auslandsreise gewesen sei, habe er sich bei der Beklagten nicht einen Auslandskrankenversicherungsnachweis (für die Türkei Vordruck T/A 11) ausstellen lassen, da ihm die Notwendigkeit nicht bekannt gewesen sei. Aus demselben Grund (Unerfahrenheit und/oder Unkenntnis) habe er für den Türkeiaufenthalt auch keine private Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Weder er noch seine damalige Freundin seien von der Privatklinik vor Beginn der Behandlung oder später vor der Rechnungsstellung über die Mehrkosten gegenüber einer Behandlung in einer staatlichen Einrichtung aufgeklärt worden. Er oder seine Freundin hätten sich gegenüber der Privatklinik auch nicht mit der stationären Behandlung einverstanden erklärt; zu der dortigen Aufnahme sei es durch den Notarzt gekommen, der erklärt habe, dass man den Kläger aufgrund der Schwere seiner Verletzungen in dieser (Privat-)Klinik eher helfen könne als in einem staatlichen Krankenhaus. Nach der Verlegung von der Intensiv- auf die Normalstation habe er mehrfach gefragt, ob eine Verlegung in ein staatliches Krankenhaus möglich sei, was jedoch mit dem Hinweis auf die noch nicht gegebene Transportfähigkeit stets verneint worden sei. Soweit im Krankenhausbehandlungsbericht ausgeführt werde, er sei bei der dortigen Aufnahme bei Bewusstsein und kooperativ gewesen, sei dies irritierend, weil er über die Zeit vom Sturz bis kurz vor der Verlegung auf die Normalstation keinerlei Erinnerung mehr habe; vor diesem Hintergrund sei die Äußerung im Bericht äußerst zweifelhaft und unglaubwürdig. Der Kläger hat zur Stützung seines Vortrags zum Krankheitsgeschehen und –verlauf das vom Rentenversicherungsträger im Rahmen eines Rentenverfahrens eingeholte Gutachten des Neurologen und Psychiater Dr. L. vom 27.01.2013 vorgelegt und auf die dortigen Ausführungen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.12.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2012 zu verurteilen, ihm weitere 10.617,00 EUR abzüglich 180,00 EUR Eigenanteil zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist klarstellend daraufhin, dass nicht das Recht der Europäischen Union (EU), sondern dasjenige nach dem DT-SVA gelte. Sie meint, ein abkommenswidriges Verhalten der Krankenkasse in Zusammenhang mit dem Transport des Klägers in die Privatklinik und der dortigen Behandlung liege nicht vor. Das nächstgelegene staatliche Krankenhaus habe sich in 11 km Entfernung in Manavgat, die nächste Universitätsklinik in Antalya, ca. 78 km entfernt, befunden. Die Behandlung hätte auch in einem staatlichen Krankenhaus erfolgen können. Die Beklagte meint, die Aufnahme in die Privatklinik sei nicht zwingend notwendig gewesen; dies belege auch die vom Notarzt gemachte Aussage, dass man den Kläger in einer Privatklinik "eher" hätte helfen können als in einem staatlichen Krankenhaus. Die Beklagte verweist insoweit auch auf den Behandlungsbericht des türkischen Krankenhauses, wonach der Kläger bei der Aufnahme bei Bewusstsein und kooperativ gewesen sei und weder motorische noch sensorische Ausfälle gehabt habe, lediglich über Übelkeit und Erbrechen geklagt habe; nach dem Bericht sei sein Allgemeinzustand in den folgenden Tagen gut gewesen, er habe aber weiter über Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen geklagt. Dies – so die Beklagte – sei bei einem Komapatienten wohl kaum möglich. Auch wenn der Kläger aus Unkenntnis oder Unerfahrenheit, was sehr fraglich sei, keine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen habe, könne daraus kein weitergehender Leistungsanspruch abgeleitet werden.
Das Gericht hat den Krankenhausbericht der türkischen Klinik übersetzen lassen. Auf Aufforderung des Gerichts hat die Beklagte Anfragen an den türkischen Sozialversicherungsträger gerichtet; dieser hat geantwortet, der Kläger habe mit dem Berechtigungsschein (T/A 11) in der Türkei in einem staatlichen Krankenhaus die Möglichkeit der Behandlung gehabt; in seinem Aufenthaltsort habe er das staatliche Krankenhaus in Manavgat in Anspruch nehmen können; wäre der Kläger türkischer Staatsbürger, hätte er ebenfalls wie diese für die Behandlung in einem privaten Krankenhaus seinen Eigenanteil selbst tragen müssen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere der Umstände des Unfalls in der Türkei und der Behandlung in der Privatklinik, hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin E ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 11.06.2013 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten, die ihm anlässlich der Behandlung in einer türkischen Privatklinik entstanden sind. Zu Recht hat die Beklagte den Erstattungsbetrag auf 2.883,00 EUR begrenzt.
Als Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf volle Erstattung der Kosten für die Behandlung in der türkischen Privatklinik kommt – entgegen der von der Beklagten noch im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung – nicht § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V i.V.m. § 15 Abs. 3 der Satzung der Beklagten in Betracht. Denn diese Bestimmungen gelten allein für Versicherte, die Leistungen in einem anderen Mitgliedstaat der EU, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz in Anspruch nehmen. Dazu gehört die Türkei nicht.
Der rechtliche Ausgangspunkt für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch des Klägers sind die Vorschriften des SGB V i.V.m. den Vorschriften des DT-SVA.
Allerdings sieht das SGB V eine Leistungspflicht der Krankenkassen bei einer im Ausland stattfindenden Krankenbehandlung nur ausnahmsweise vor. Der Anspruch auf Leistungen, zu denen auch die Krankenhausbehandlung gehört (§ 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 SGB V), ruht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, "soweit in diesem Gesetzbuch nichts abweichendes bestimmt ist." Aus dem "soweit"-Halbsatz ergibt sich, dass die nationale Rechtsordnung durch Regelungen des internationalen Rechts überlagert oder ergänzt werden kann, dies mit der Folge, dass Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen auch Ansprüche haben können, die unter Berücksichtigung allein der nationalen Rechtsordnung nicht bestünden (BSG, Urteil vom 24.05.2007 – B 1 KR 18/06 R). Dies gilt auch im Fall des Klägers. Die Vorschriften des SGB V werden durch die Vorschriften des DT-SVA überlagert und ergänzt.
Der sachliche Anwendungsbereich des Abkommens erstreckt sich auf Leistungen der Krankenversicherung (Artikel 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a DT-SVA), um die es hier geht. Als bei der beklagten Krankenkasse versicherter deutscher Staatsangehöriger fällt der Kläger grundsätzlich unter den persönlichen Anwendungsbereich des Abkommens (vgl. Artikel 3 Buchstabe a DT-SVA). Da das DT-SVA insoweit Anwendung findet, folgt unter den Voraussetzungen des Artikel 4a DT-SVA eine so genannte Gebietsgleichstellung. Danach gelten, soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, die Rechtsvorschriften einer Vertragspartei, nach denen die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen oder die Gewährung von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen vom Aufenthalt im Gebiet dieser Vertragspartei abhängig ist, nicht für die Personen, die sich im Gebiet der anderen Vertragspartei aufhalten. Für den Fall der Krankheit wird die Anwendung der Gebietsgleichstellungsklausel des Artikel 4a durch Artikel 12 des DT-SVA eingeschränkt. Nach Artikel 12 Abs. 1 Buchstabe b DT-SVA gilt Artikel 4a für eine Person, bei der der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthalts im Gebiet in der anderen Vertragspartei eingetreten ist, nur, wenn sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigt.
Ein solcher Notfall lag hier – unstrittig – vor. Die Voraussetzungen des Artikel 12 Abs. 1 Buchstabe b DT-SVA sind erfüllt, weil der Kläger wegen seines Zustandes nach dem am 17.09.2011 in der Türkei erlittenen Unfalls "sofort" Leistungen benötigte.
Aufgrund der Gebietsgleichstellung durch das Abkommensrecht ruhten die sich grundsätzlich aus dem SGB V ergebenden Leistungsansprüche des Klägers nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V während einer Krankenhausbehandlung in der Türkei also nicht. Daraus folgt jedoch nicht, dass das Leistungsrecht des SGB V uneingeschränkt Anwendung fände. Vielmehr wird der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Leistungsrechts des SGB V durch Artikel 15 DT-SVA als Spezialnorm für Sachleistungen modifiziert. Der Anspruch der Versicherten und damit die Leistungspflicht der Krankenkassen in der Türkei richtet sich nach türkischem Recht. Nach Artikel 15 DT-SVA werden die Leistungen im Wege der so genannten Leistungsaushilfe von dem nach türkischem Recht zuständigen Träger, der (Sozialversicherungsanstalt) Sosyal Sigortalar Kurumu (vgl. Artikel 15 Abs. 1 DT-SVA) nach dem für diesen geltenden – türkischen – Recht mit Wirkung für die deutschen Krankenkassen erbracht (vgl. für das insoweit vergleichbare deutsch-tunesische Sozialversicherungsabkommen: BSG, Urteil vom 24.05.2007 – B 1 KR 18/06 R).
Nach Artikel 15 Abs. 2 DT-SVA gelten für die Erbringung der Sachleistungen die für den Kläger des Aufenthaltsortes maßgebenden Rechtsvorschriften (mit Ausnahme der Rechtsvorschriften über die Dauer der Leistungsgewährung, den Kreis der zu berücksichtigenden Angehörigen sowie der sich hierauf beziehenden Rechtsvorschriften über das Leistungsstreitverfahren). Nach Artikel 15 Abs. 4 DT-SVA sind Personen und Einrichtungen, die mit der Sosyal Sigortalar Kurumu (SSK) Verträge über die Erbringung von Sachleistungen für deren Versicherte abgeschlossen haben, verpflichtet, die Sachleistungen auch für die in Artikel 4a DT-SVA genannten Personen zu erbringen, und zwar unter denselben Bedingungen, wie wenn diese Personen bei der SSK versichert oder Angehörige solcher Versicherten wären und als ob die Verträge sich auch auf diese Personen erstreckten. Der krankenversicherungsrechtliche Sachleistungsanspruch des Klägers war mithin bei dem in der Türkei eingetretenen Leistungsfall wirksam durch Artikel 15 DT-SVA auf die nach dem türkischen Krankenversicherungssystem zustehenden Leistungen beschränkt.
Auch wenn sich Artikel 15 DT-SVA lediglich mit "Sachleistungen" befasst, nicht aber mit Kostenerstattungsansprüchen, bezieht er sich seinem Sinn und Zweck nach auch auf sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche. Solche Ansprüche dienen der Ergänzung des Sachleistungssystems – etwa bei Systemmängeln – und sind dessen integraler Bestandteil (vgl. für das deutsch-tunesische Sozialversicherungsabkommen: BSG, a.a.O.).
Die Ermittlungen der Beklagten bei der türkischen Sozialversicherungsanstalt haben ergeben, dass das maßgebliche türkische Recht sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche zur Zeit der Behandlung des Klägers vorgesehen hat. Dem türkischen Sozialversicherungsträger hat die Rechnung des Krankenhauses in Side, die Grundlage der Zahlungen des Klägers und seines geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs sind, vorgelegt. Er hat der Beklagten auf dieser Grundlage mitgeteilt, dass ihm Kosten in Höhe von 2.883,00 EUR entstanden wären, wenn die Leistungen durch ihn erbracht worden wären. Angesichts der Differenziertheit der türkischen Krankenhausrechnung hat die Kammer keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Kostenauskunft des türkischen Sozialversicherungsträgers zutreffend ist. Allein der Umstand, dass die Differenz zwischen dem mitgeteilten Kostenbetrag und dem tatsächlichen Rechnungsbetrag mehr als 10.000,00 EUR beträgt, bedeutet nicht, dass der vom türkischen Sozialversicherungsträger mitgeteilte Betrag falsch ist. Zu einem handelt es sich bei dem Krankenhaus um eine Privatklinik; die privatärztliche Behandlung in einer solchen Privatklinik ist üblicherweise um ein Vielfaches höher als die Behandlung in einem (staatlichen) Vertragskrankenhaus, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Türkei; dies belegt auch die Berechnung, die die Krankenhausabrechnungsstelle der Beklagten angestellt hat; danach hätte eine vergleichbare Krankenhausbehandlung in Deutschland in einem Vertragskrankenhaus brutto 3.682,94 EUR gekostet. Zum anderen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich dem Kläger in Rechnung gestellten und von ihm bezahlten Kosten von 13.500,00 EUR eine irgendwie nachvollziehbare rechtliche Grundlage hat, wie sie etwa in Deutschland die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) darstellt. Nach den Angaben des Klägers ist ihm seitens des Krankenhauses zunächst ein Kostenbetrag von 15.000,00 EUR genannt worden. Als sein Vater mit dem Geld aus Deutschland im Krankenhaus vorgesprochen hat, wurde ihm ein Betrag von 17.000,00 EUR genannt; diesen hat der Vater dann auf 13.500,00 EUR heruntergehandelt. Maßstab für den Kostenerstattungsanspruch ist aber nicht eine – wie auch immer begründete (oder unbegründete) – Kostenforderung der türkischen Privatklinik, sondern der Kostenansatz, den die türkische Sozialversicherungsanstalt bei einer vergleichbaren Behandlung in einem Vertragskrankenhaus zu zahlen gehabt hätte. Dies wären 2.883,00 EUR gewesen. Und diesen Betrag hat die Beklagte dem Kläger auch erstattet.
Außerhalb des Kostenerstattungsanspruchs nach dem DT-SVA könnte der Kläger eine weitergehende Kostenerstattung nur nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative SGB V verlangen, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies wäre der Fall, wenn der türkische Sozialversicherungsträger seinen Pflichten im Rahmen der Leistungsaushilfe mit Sachleistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Denn dessen Verhalten müssen sich die Krankenkassen aufgrund der Einwirkungsmöglichkeiten Deutschlands auf den Abkommenspartner Türkei zurechnen lassen (vgl. für das deutsch-tunesische Recht: BSG, a.a.O.). Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V kommt jedoch nur in Betracht, wenn dem Kläger bei der Umsetzung des DT-SVA abkommenswidrig dasjenige vorenthalten worden ist, was nach türkischem Recht auch einem gegenüber der SSK leistungsberechtigten türkischen Staatsangehörigen in der Situation des Klägers vor Ort zu gewähren gewesen wäre, und wenn der Kläger durch die (deshalb) notwendige privatärztliche Krankenhausbehandlung einer rechtsgültigen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt war. Das beruht darauf, dass grundsätzlich in Deutschland wohnende Versicherte, die in der Türkei erkranken und dem persönlichen und mit ihren Ansprüchen dem sachlichen Anwendungsbereich des DT-SVA unterfallen, hinsichtlich ihrer Berechtigung auf Sachleistungen auf dasjenige beschränkt sind, was ihnen das türkische Recht – auch an sachleistungsersetzenden Erstattungsansprüchen – zur Verfügung stellt. Die Garantiefunktion, die § 13 Abs. 3 SGB V bei Naturalleistungsstörungen ("Systemversagen") in Deutschland übernimmt, ist damit bereits weitgehend abgedeckt. Soweit das von Artikel 15 DT-SVA berufene türkische Sachleistungsrecht keine Regelungen zu Fällen des "Systemversagens" wegen spezifischer Verletzungen des DT-SVA enthält, ist diese verbliebene Lücke über den Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zu schließen. Nur in diesem Umfang bleibt Raum für Kostenerstattung außerhalb von Artikel 15 DT-SVA (vgl. für das deutsch-tunesische Sozialversicherungsrecht: BSG, a.a.O. und Urteil vom 11.09.2012 – B 1 KR 21/11 R).
Ausgangspunkt des Anspruchs aus § 13 Abs. 3 SGB V ist auch in diesem Fall der Primärleistungsanspruch, also das, worauf der Kläger nach türkischem Sachleistungsrecht nach Aufnahme in einer staatlichen Klinik Anspruch gehabt hätte. Ist ihm dies gewährt worden, fehlt es an den Anspruchsvoraussetzungen für eine – weitergehende als die erfolgte – Erstattung. Denn die Beklagte hat die – geschuldete – Leistung erbracht. Dem steht es gleich, wenn die Beklagte den nach Artikel 15 DT-SVA bestehenden sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruch nach türkischem Recht erfüllt hat. Dies war hier der Fall.
Der vom Kläger geltend gemachte weitergehende Kostenerstattungsanspruch könnte allenfalls dann noch unter dem Gesichtspunkt eines verbleibenden Systemversagens gerechtfertigt sein, wenn die Beklagte durch die SSK eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte, die dem Kläger nach türkischem Sach- und dem Abkommensrecht zustand. Dies war jedoch nicht der Fall. Der türkische Sozialversicherungsträger hat die Auskunft erteilt, dass der Kläger ohne Einschränkung auch die Möglichkeit gehabt hätte, in seinem Aufenthaltsort das staatliche Krankenhaus in Manavgat in Anspruch zu nehmen. Dieses Krankenhaus lag – ebenso wie die aufgesuchte Privatklinik – nur wenige Kilometer vom Hotel entfernt. Der Grund dafür, dass der Kläger nicht in das Vertragskrankenhaus des türkischen Sozialversicherungsträgers nach Manavgat, sondern in die Privatklinik gefahren wurde, liegt offensichtlich, wie sich aus den Darlegungen des Klägers und der Zeugin E. ergibt, daran, dass sich stets Rettungswagen der Privatklinik in der Nähe der Hotelanlage aufhielten und die Hotelleitung üblicherweise Hotelgäste, die ärztlicher Hilfe bedürfen, in diese Privatklinik transportieren lassen. Diese Erfahrung hatten der Kläger und seine (damalige) Freundin, die Zeugin E., selbst in ihrem Türkeiurlaub im Zusammenhang mit der Erkrankung ihres Kindes gemacht. Anlässlich dieser Erkrankung waren sie vom Personal des Hotels auf die Privatklinik hingewiesen worden. Als sie mit dem Kind dorthin fuhren und über die Problematik einer privaten Behandlung informiert wurden, haben sie von einer Behandlung des Kindes in der Privatklinik Abstand genommen und sich die notwendigen Medikamente für das Kind in der Apotheke beschafft; zwei Tage später war das Kind ohne ärztliche Behandlung gesund geworden. Wenn der Hotelarzt, wie der Kläger und die Zeugin E. dargelegt haben, ebenso wie die Hotelleitung trotz entgegenstehender Bitten und Hinweisen der Zeugin E. den Krankentransport des Klägers in die Privatklinik veranlasst haben, mit der Folge, dass er dann dort privatärztlich behandelt wurde, dürfte es bereits erheblichen rechtlichen Zweifeln unterliegen, ob zwischen dem Kläger und dem Krankenhaus überhaupt ein Behandlungsvertrag, der eine Kostenforderung von 13.500,00 EUR gerechtfertigt hätte, wirksam zustande gekommen ist. Auch wenn der Kläger seinerzeit in einer akuten Notlage war und unmittelbar nach dem Unfall nicht selbst bestimmen konnte, in welches Krankenhaus er transportiert werden wollte, kann die – jedenfalls nach der Schilderung des Klägers und der Zeugin fragwürdige – Praxis der Hotelleitung und des Hotelarztes sowie der Privatklinik nicht dazu führen, dass die Beklagte für die Mehrkosten einer privatärztlichen Behandlung gegenüber einer solchen in einem Vertragskrankenhaus des türkischen Sozialversicherungsträgers aufzukommen hat.
Indem der Kläger vor dem Türkeiurlaub weder bei der Beklagten um einen so genannten Auslandskrankenschein (T/A 11) nachgesucht, noch sich von der Beklagten über seinen Krankenversicherungsschutz im Falle einer Erkrankung im Ausland hat beraten lassen, noch eine private Auslandskrankenversicherung für den Urlaub abgeschlossen hat, ist er ein hohes Risiko eingegangen, in einem Fall, wie er vorliegend geschehen ist, mit unerwartet hohen Kosten belasten zu werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass nicht die gesamte Aufenthaltsdauer des Klägers im Krankenhaus mit letzter Sicherheit auf medizinischen Gründen beruht hat. Der Kläger und die Zeugin E. haben dargelegt, dass ihnen seitens des Krankenhauses klar zu verstehen gegeben worden ist, dass der Kläger das Krankenhaus erst verlassen könne, wenn er die Kosten der Krankenhausbehandlung bezahlt hat. Trotz seiner Nachfrage mit der Bitte um eine vorzeitige Verlegung nach Deutschland ist dies vom Krankenhaus mit dem Hinweis auf die noch nicht gegebene Transportmöglichkeit abgelehnt worden. Als aber der Vater des Klägers mit dem aus Deutschland mitgebrachten Geld ins Krankenhaus kam, war der Kläger am selben Tag aus Sicht des Krankenhauses transportfähig. Wenn das Krankenhaus dann zunächst einen Kostenbetrag von 15.000,00 EUR genannt hat, beim Eintreffen des Vaters mit dem Geld jedoch17.000, 00 EUR gefordert hat und sich schließlich auf den Endpreis 13.500,00 EUR hat herunterhandeln lassen, liegt es nahe, dass das Krankenhaus die Notlage des Klägers weidlich ausgenutzt hat. Dann aber läge es nahe, auf dem Rechtswege gegen das Krankenhaus vorzugehen und diesem gegenüber eventuell bestehende Ansprüche geltend zu machen. Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch gegenüber der beklagten Krankenkasse besteht jedoch aus den oben dargelegten Gründen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung weiterer Kosten einer Krankenhausbehandlung in einer Privatklinik in der Türkei in Höhe von 10.617,00 EUR abzüglich eines Selbstbehaltes von 180,00 EUR, insgesamt 10.437,00 EUR.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war bis April 2013 und auch im hier streitbefangenen Zeitraum bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Ab 12.09.2011 hielt er sich mit seiner damaligen Freundin und der gemeinsamen Tochter zum Urlaub in Side/Türkei auf, dort im Sural Hotel. Die Urlaubsreise war vom 12. bis 19.09.2011 geplant und gebucht. Am 17.09.2011 hatte der Kläger einen Unfall, dessen Verlauf er wie folgt beschreibt: Er sei im Bereich des Hotel-Außenpools ausgerutscht, mit dem Hinterkopf auf den gefliesten Boden geschlagen und habe ein Schädelhirntrauma mit teils subduralen, teils intrazerebralen Blutungen erlitten. Er sei durch den Sturz sofort bewusstlos gewesen. Auf Veranlassung der Hotelleitung und des Sanitätsdienstes des Hotels sei er in das Anadolu-Hastanesi-Krankenhaus in Side, einer Privatklinik und Einrichtung des Kemer-Medical Center (KMC) gebracht worden. Dort habe er zunächst drei Tage im Koma gelegen, sei künstlich beatmet und insgesamt bis zum 04.10.2011 stationär behandelt worden.
Am Entlassungstag (04.10.2011) stellte ihm das Krankenhaus für die Behandlung 35.143,20 Türkische Lira (TL), ersatzweise 13.500,00 EUR in Rechnung. Da – so der Kläger – die Klinik auf sofortiger Bezahlung bestand, besorgte er sich der über Verwandte und Freunde das Geld und beglich die Rechnung an Ort und Stelle in bar am 04.10.2011.
Am 17.10.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der Kosten der Auslandskrankenhausbehandlung. Er legte hierzu die Rechnung Nr. 116476 des türkischen Krankenhauses vom 04.10.2011 vor, in der 47 Abrechnungspositionen aufgelistet waren, desweiteren einen Bericht des Krankenhauses über den Verlauf der dortigen Behandlung vom 17.09. bis 04.10.2011 sowie eine Bestätigung seines Bruders und seiner Schwägerin, dass diese ihm das Geld für die Klinikrechnung vorgestreckt hatten.
Die Beklagte legte die Krankenhausunterlagen ihrer für Krankenhausabrechnungen zuständigen Fachabteilung vor. Diese ermittelte anhand der Daten, dass eine vergleichbare Krankenhausbehandlung in einem zugelassenen Krankenhaus in Deutschland nach der Fallpauschale (DRG) B78B abzurechnen gewesen wäre und dem Krankenhaus eine Vergütung von 3.682,94 EUR zugestanden hätte; abzüglich der vom Patienten zu leistenden gesetzlichen Zuzahlung von 180,00 EUR (18 Krankenhaustage à 10,00 EUR) wären der Krankenkasse Kosten in Höhe von 3.502,94 EUR entstanden. Die Beklagte legte die Krankenhausrechnung auch der Verbindungsstelle nach dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen (DT-SVA), der "Sosyal Güvenlik il Müdürlügü" in Antalya/Türkei vor; diese erteilte die Auskunft, dass bei Erbringung dieser Krankenhausbehandlung als Sachleistung durch den türkischen Sozialversicherungsträger diesem von der Beklagten 2.883,00 EUR zu erstatten gewesen wären.
Daraufhin erstattete die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 19.12.2011 einen Betrag von 2.883,00 EUR.
Dagegen erhob der Kläger am 29.12.2011 Widerspruch. Er trug vor, er sei durch den Sturz bewusstlos geworden; seine Freundin habe um Behandlung in einer städtischen Klinik gebeten, aber das Hotel habe die Privatklinik angerufen; das türkische Personal habe das Anliegen seiner Freundin ignoriert und sie noch zur Seite gedrängt; seine Freundin habe sofort den Hotelarzt und die Privatklinik informiert, dass eine Privatrechnung nicht versichert sei und nicht aus eigener Tasche gezahlt werden könne. Das Hotel habe grundsätzlich zwei Rettungswagen der Privatklinik vor dem Hotel stehen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.05.2012, zugestellt am 21.05.2012, zurück mit der Begründung, die Kostenerstattung sei nach § 13 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 15 Abs. 3 der Satzung der AOK Rheinland/Hamburg i.V.m. dem DT-SVA auf den Betrag von 2.883,00 EUR begrenzt.
Dagegen hat der Kläger am 20.06.2012 Klage erhoben. Er behauptet, vom Unfallzeitpunkt bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung nicht in der Lage gewesen zu sein, Entscheidungen im Bezug auf die Wahl der Behandlung und/oder des Krankenhauses zu treffen. Er behauptet weiter, die Kosten wären noch höher gewesen, wenn er in einem deutschen Krankenhaus behandelt worden wäre. Trotz Hinweise seiner Freundin auf den Umstand, eine Privatklinikbehandlung nicht bezahlen zu können, sei er in das Krankenhaus verbracht worden; er oder die Freundin hätten darauf keinen Einfluss gehabt; über Behandlungsalternativen, Kosten etc. sei auch nicht aufgeklärt worden. Er sei während der ersten Tage auf der Intensivstation ohne Bewusstsein gewesen; jedenfalls könne er sich an diese Zeit nicht erinnern. Vor Beginn der Reise, die seine erste Auslandsreise gewesen sei, habe er sich bei der Beklagten nicht einen Auslandskrankenversicherungsnachweis (für die Türkei Vordruck T/A 11) ausstellen lassen, da ihm die Notwendigkeit nicht bekannt gewesen sei. Aus demselben Grund (Unerfahrenheit und/oder Unkenntnis) habe er für den Türkeiaufenthalt auch keine private Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Weder er noch seine damalige Freundin seien von der Privatklinik vor Beginn der Behandlung oder später vor der Rechnungsstellung über die Mehrkosten gegenüber einer Behandlung in einer staatlichen Einrichtung aufgeklärt worden. Er oder seine Freundin hätten sich gegenüber der Privatklinik auch nicht mit der stationären Behandlung einverstanden erklärt; zu der dortigen Aufnahme sei es durch den Notarzt gekommen, der erklärt habe, dass man den Kläger aufgrund der Schwere seiner Verletzungen in dieser (Privat-)Klinik eher helfen könne als in einem staatlichen Krankenhaus. Nach der Verlegung von der Intensiv- auf die Normalstation habe er mehrfach gefragt, ob eine Verlegung in ein staatliches Krankenhaus möglich sei, was jedoch mit dem Hinweis auf die noch nicht gegebene Transportfähigkeit stets verneint worden sei. Soweit im Krankenhausbehandlungsbericht ausgeführt werde, er sei bei der dortigen Aufnahme bei Bewusstsein und kooperativ gewesen, sei dies irritierend, weil er über die Zeit vom Sturz bis kurz vor der Verlegung auf die Normalstation keinerlei Erinnerung mehr habe; vor diesem Hintergrund sei die Äußerung im Bericht äußerst zweifelhaft und unglaubwürdig. Der Kläger hat zur Stützung seines Vortrags zum Krankheitsgeschehen und –verlauf das vom Rentenversicherungsträger im Rahmen eines Rentenverfahrens eingeholte Gutachten des Neurologen und Psychiater Dr. L. vom 27.01.2013 vorgelegt und auf die dortigen Ausführungen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.12.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2012 zu verurteilen, ihm weitere 10.617,00 EUR abzüglich 180,00 EUR Eigenanteil zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist klarstellend daraufhin, dass nicht das Recht der Europäischen Union (EU), sondern dasjenige nach dem DT-SVA gelte. Sie meint, ein abkommenswidriges Verhalten der Krankenkasse in Zusammenhang mit dem Transport des Klägers in die Privatklinik und der dortigen Behandlung liege nicht vor. Das nächstgelegene staatliche Krankenhaus habe sich in 11 km Entfernung in Manavgat, die nächste Universitätsklinik in Antalya, ca. 78 km entfernt, befunden. Die Behandlung hätte auch in einem staatlichen Krankenhaus erfolgen können. Die Beklagte meint, die Aufnahme in die Privatklinik sei nicht zwingend notwendig gewesen; dies belege auch die vom Notarzt gemachte Aussage, dass man den Kläger in einer Privatklinik "eher" hätte helfen können als in einem staatlichen Krankenhaus. Die Beklagte verweist insoweit auch auf den Behandlungsbericht des türkischen Krankenhauses, wonach der Kläger bei der Aufnahme bei Bewusstsein und kooperativ gewesen sei und weder motorische noch sensorische Ausfälle gehabt habe, lediglich über Übelkeit und Erbrechen geklagt habe; nach dem Bericht sei sein Allgemeinzustand in den folgenden Tagen gut gewesen, er habe aber weiter über Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen geklagt. Dies – so die Beklagte – sei bei einem Komapatienten wohl kaum möglich. Auch wenn der Kläger aus Unkenntnis oder Unerfahrenheit, was sehr fraglich sei, keine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen habe, könne daraus kein weitergehender Leistungsanspruch abgeleitet werden.
Das Gericht hat den Krankenhausbericht der türkischen Klinik übersetzen lassen. Auf Aufforderung des Gerichts hat die Beklagte Anfragen an den türkischen Sozialversicherungsträger gerichtet; dieser hat geantwortet, der Kläger habe mit dem Berechtigungsschein (T/A 11) in der Türkei in einem staatlichen Krankenhaus die Möglichkeit der Behandlung gehabt; in seinem Aufenthaltsort habe er das staatliche Krankenhaus in Manavgat in Anspruch nehmen können; wäre der Kläger türkischer Staatsbürger, hätte er ebenfalls wie diese für die Behandlung in einem privaten Krankenhaus seinen Eigenanteil selbst tragen müssen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere der Umstände des Unfalls in der Türkei und der Behandlung in der Privatklinik, hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin E ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 11.06.2013 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten, die ihm anlässlich der Behandlung in einer türkischen Privatklinik entstanden sind. Zu Recht hat die Beklagte den Erstattungsbetrag auf 2.883,00 EUR begrenzt.
Als Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf volle Erstattung der Kosten für die Behandlung in der türkischen Privatklinik kommt – entgegen der von der Beklagten noch im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung – nicht § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V i.V.m. § 15 Abs. 3 der Satzung der Beklagten in Betracht. Denn diese Bestimmungen gelten allein für Versicherte, die Leistungen in einem anderen Mitgliedstaat der EU, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz in Anspruch nehmen. Dazu gehört die Türkei nicht.
Der rechtliche Ausgangspunkt für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch des Klägers sind die Vorschriften des SGB V i.V.m. den Vorschriften des DT-SVA.
Allerdings sieht das SGB V eine Leistungspflicht der Krankenkassen bei einer im Ausland stattfindenden Krankenbehandlung nur ausnahmsweise vor. Der Anspruch auf Leistungen, zu denen auch die Krankenhausbehandlung gehört (§ 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 SGB V), ruht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, "soweit in diesem Gesetzbuch nichts abweichendes bestimmt ist." Aus dem "soweit"-Halbsatz ergibt sich, dass die nationale Rechtsordnung durch Regelungen des internationalen Rechts überlagert oder ergänzt werden kann, dies mit der Folge, dass Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen auch Ansprüche haben können, die unter Berücksichtigung allein der nationalen Rechtsordnung nicht bestünden (BSG, Urteil vom 24.05.2007 – B 1 KR 18/06 R). Dies gilt auch im Fall des Klägers. Die Vorschriften des SGB V werden durch die Vorschriften des DT-SVA überlagert und ergänzt.
Der sachliche Anwendungsbereich des Abkommens erstreckt sich auf Leistungen der Krankenversicherung (Artikel 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a DT-SVA), um die es hier geht. Als bei der beklagten Krankenkasse versicherter deutscher Staatsangehöriger fällt der Kläger grundsätzlich unter den persönlichen Anwendungsbereich des Abkommens (vgl. Artikel 3 Buchstabe a DT-SVA). Da das DT-SVA insoweit Anwendung findet, folgt unter den Voraussetzungen des Artikel 4a DT-SVA eine so genannte Gebietsgleichstellung. Danach gelten, soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, die Rechtsvorschriften einer Vertragspartei, nach denen die Entstehung von Ansprüchen auf Leistungen oder die Gewährung von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen vom Aufenthalt im Gebiet dieser Vertragspartei abhängig ist, nicht für die Personen, die sich im Gebiet der anderen Vertragspartei aufhalten. Für den Fall der Krankheit wird die Anwendung der Gebietsgleichstellungsklausel des Artikel 4a durch Artikel 12 des DT-SVA eingeschränkt. Nach Artikel 12 Abs. 1 Buchstabe b DT-SVA gilt Artikel 4a für eine Person, bei der der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthalts im Gebiet in der anderen Vertragspartei eingetreten ist, nur, wenn sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigt.
Ein solcher Notfall lag hier – unstrittig – vor. Die Voraussetzungen des Artikel 12 Abs. 1 Buchstabe b DT-SVA sind erfüllt, weil der Kläger wegen seines Zustandes nach dem am 17.09.2011 in der Türkei erlittenen Unfalls "sofort" Leistungen benötigte.
Aufgrund der Gebietsgleichstellung durch das Abkommensrecht ruhten die sich grundsätzlich aus dem SGB V ergebenden Leistungsansprüche des Klägers nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V während einer Krankenhausbehandlung in der Türkei also nicht. Daraus folgt jedoch nicht, dass das Leistungsrecht des SGB V uneingeschränkt Anwendung fände. Vielmehr wird der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Leistungsrechts des SGB V durch Artikel 15 DT-SVA als Spezialnorm für Sachleistungen modifiziert. Der Anspruch der Versicherten und damit die Leistungspflicht der Krankenkassen in der Türkei richtet sich nach türkischem Recht. Nach Artikel 15 DT-SVA werden die Leistungen im Wege der so genannten Leistungsaushilfe von dem nach türkischem Recht zuständigen Träger, der (Sozialversicherungsanstalt) Sosyal Sigortalar Kurumu (vgl. Artikel 15 Abs. 1 DT-SVA) nach dem für diesen geltenden – türkischen – Recht mit Wirkung für die deutschen Krankenkassen erbracht (vgl. für das insoweit vergleichbare deutsch-tunesische Sozialversicherungsabkommen: BSG, Urteil vom 24.05.2007 – B 1 KR 18/06 R).
Nach Artikel 15 Abs. 2 DT-SVA gelten für die Erbringung der Sachleistungen die für den Kläger des Aufenthaltsortes maßgebenden Rechtsvorschriften (mit Ausnahme der Rechtsvorschriften über die Dauer der Leistungsgewährung, den Kreis der zu berücksichtigenden Angehörigen sowie der sich hierauf beziehenden Rechtsvorschriften über das Leistungsstreitverfahren). Nach Artikel 15 Abs. 4 DT-SVA sind Personen und Einrichtungen, die mit der Sosyal Sigortalar Kurumu (SSK) Verträge über die Erbringung von Sachleistungen für deren Versicherte abgeschlossen haben, verpflichtet, die Sachleistungen auch für die in Artikel 4a DT-SVA genannten Personen zu erbringen, und zwar unter denselben Bedingungen, wie wenn diese Personen bei der SSK versichert oder Angehörige solcher Versicherten wären und als ob die Verträge sich auch auf diese Personen erstreckten. Der krankenversicherungsrechtliche Sachleistungsanspruch des Klägers war mithin bei dem in der Türkei eingetretenen Leistungsfall wirksam durch Artikel 15 DT-SVA auf die nach dem türkischen Krankenversicherungssystem zustehenden Leistungen beschränkt.
Auch wenn sich Artikel 15 DT-SVA lediglich mit "Sachleistungen" befasst, nicht aber mit Kostenerstattungsansprüchen, bezieht er sich seinem Sinn und Zweck nach auch auf sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche. Solche Ansprüche dienen der Ergänzung des Sachleistungssystems – etwa bei Systemmängeln – und sind dessen integraler Bestandteil (vgl. für das deutsch-tunesische Sozialversicherungsabkommen: BSG, a.a.O.).
Die Ermittlungen der Beklagten bei der türkischen Sozialversicherungsanstalt haben ergeben, dass das maßgebliche türkische Recht sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche zur Zeit der Behandlung des Klägers vorgesehen hat. Dem türkischen Sozialversicherungsträger hat die Rechnung des Krankenhauses in Side, die Grundlage der Zahlungen des Klägers und seines geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs sind, vorgelegt. Er hat der Beklagten auf dieser Grundlage mitgeteilt, dass ihm Kosten in Höhe von 2.883,00 EUR entstanden wären, wenn die Leistungen durch ihn erbracht worden wären. Angesichts der Differenziertheit der türkischen Krankenhausrechnung hat die Kammer keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Kostenauskunft des türkischen Sozialversicherungsträgers zutreffend ist. Allein der Umstand, dass die Differenz zwischen dem mitgeteilten Kostenbetrag und dem tatsächlichen Rechnungsbetrag mehr als 10.000,00 EUR beträgt, bedeutet nicht, dass der vom türkischen Sozialversicherungsträger mitgeteilte Betrag falsch ist. Zu einem handelt es sich bei dem Krankenhaus um eine Privatklinik; die privatärztliche Behandlung in einer solchen Privatklinik ist üblicherweise um ein Vielfaches höher als die Behandlung in einem (staatlichen) Vertragskrankenhaus, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Türkei; dies belegt auch die Berechnung, die die Krankenhausabrechnungsstelle der Beklagten angestellt hat; danach hätte eine vergleichbare Krankenhausbehandlung in Deutschland in einem Vertragskrankenhaus brutto 3.682,94 EUR gekostet. Zum anderen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich dem Kläger in Rechnung gestellten und von ihm bezahlten Kosten von 13.500,00 EUR eine irgendwie nachvollziehbare rechtliche Grundlage hat, wie sie etwa in Deutschland die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) darstellt. Nach den Angaben des Klägers ist ihm seitens des Krankenhauses zunächst ein Kostenbetrag von 15.000,00 EUR genannt worden. Als sein Vater mit dem Geld aus Deutschland im Krankenhaus vorgesprochen hat, wurde ihm ein Betrag von 17.000,00 EUR genannt; diesen hat der Vater dann auf 13.500,00 EUR heruntergehandelt. Maßstab für den Kostenerstattungsanspruch ist aber nicht eine – wie auch immer begründete (oder unbegründete) – Kostenforderung der türkischen Privatklinik, sondern der Kostenansatz, den die türkische Sozialversicherungsanstalt bei einer vergleichbaren Behandlung in einem Vertragskrankenhaus zu zahlen gehabt hätte. Dies wären 2.883,00 EUR gewesen. Und diesen Betrag hat die Beklagte dem Kläger auch erstattet.
Außerhalb des Kostenerstattungsanspruchs nach dem DT-SVA könnte der Kläger eine weitergehende Kostenerstattung nur nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative SGB V verlangen, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies wäre der Fall, wenn der türkische Sozialversicherungsträger seinen Pflichten im Rahmen der Leistungsaushilfe mit Sachleistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Denn dessen Verhalten müssen sich die Krankenkassen aufgrund der Einwirkungsmöglichkeiten Deutschlands auf den Abkommenspartner Türkei zurechnen lassen (vgl. für das deutsch-tunesische Recht: BSG, a.a.O.). Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V kommt jedoch nur in Betracht, wenn dem Kläger bei der Umsetzung des DT-SVA abkommenswidrig dasjenige vorenthalten worden ist, was nach türkischem Recht auch einem gegenüber der SSK leistungsberechtigten türkischen Staatsangehörigen in der Situation des Klägers vor Ort zu gewähren gewesen wäre, und wenn der Kläger durch die (deshalb) notwendige privatärztliche Krankenhausbehandlung einer rechtsgültigen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt war. Das beruht darauf, dass grundsätzlich in Deutschland wohnende Versicherte, die in der Türkei erkranken und dem persönlichen und mit ihren Ansprüchen dem sachlichen Anwendungsbereich des DT-SVA unterfallen, hinsichtlich ihrer Berechtigung auf Sachleistungen auf dasjenige beschränkt sind, was ihnen das türkische Recht – auch an sachleistungsersetzenden Erstattungsansprüchen – zur Verfügung stellt. Die Garantiefunktion, die § 13 Abs. 3 SGB V bei Naturalleistungsstörungen ("Systemversagen") in Deutschland übernimmt, ist damit bereits weitgehend abgedeckt. Soweit das von Artikel 15 DT-SVA berufene türkische Sachleistungsrecht keine Regelungen zu Fällen des "Systemversagens" wegen spezifischer Verletzungen des DT-SVA enthält, ist diese verbliebene Lücke über den Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zu schließen. Nur in diesem Umfang bleibt Raum für Kostenerstattung außerhalb von Artikel 15 DT-SVA (vgl. für das deutsch-tunesische Sozialversicherungsrecht: BSG, a.a.O. und Urteil vom 11.09.2012 – B 1 KR 21/11 R).
Ausgangspunkt des Anspruchs aus § 13 Abs. 3 SGB V ist auch in diesem Fall der Primärleistungsanspruch, also das, worauf der Kläger nach türkischem Sachleistungsrecht nach Aufnahme in einer staatlichen Klinik Anspruch gehabt hätte. Ist ihm dies gewährt worden, fehlt es an den Anspruchsvoraussetzungen für eine – weitergehende als die erfolgte – Erstattung. Denn die Beklagte hat die – geschuldete – Leistung erbracht. Dem steht es gleich, wenn die Beklagte den nach Artikel 15 DT-SVA bestehenden sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruch nach türkischem Recht erfüllt hat. Dies war hier der Fall.
Der vom Kläger geltend gemachte weitergehende Kostenerstattungsanspruch könnte allenfalls dann noch unter dem Gesichtspunkt eines verbleibenden Systemversagens gerechtfertigt sein, wenn die Beklagte durch die SSK eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte, die dem Kläger nach türkischem Sach- und dem Abkommensrecht zustand. Dies war jedoch nicht der Fall. Der türkische Sozialversicherungsträger hat die Auskunft erteilt, dass der Kläger ohne Einschränkung auch die Möglichkeit gehabt hätte, in seinem Aufenthaltsort das staatliche Krankenhaus in Manavgat in Anspruch zu nehmen. Dieses Krankenhaus lag – ebenso wie die aufgesuchte Privatklinik – nur wenige Kilometer vom Hotel entfernt. Der Grund dafür, dass der Kläger nicht in das Vertragskrankenhaus des türkischen Sozialversicherungsträgers nach Manavgat, sondern in die Privatklinik gefahren wurde, liegt offensichtlich, wie sich aus den Darlegungen des Klägers und der Zeugin E. ergibt, daran, dass sich stets Rettungswagen der Privatklinik in der Nähe der Hotelanlage aufhielten und die Hotelleitung üblicherweise Hotelgäste, die ärztlicher Hilfe bedürfen, in diese Privatklinik transportieren lassen. Diese Erfahrung hatten der Kläger und seine (damalige) Freundin, die Zeugin E., selbst in ihrem Türkeiurlaub im Zusammenhang mit der Erkrankung ihres Kindes gemacht. Anlässlich dieser Erkrankung waren sie vom Personal des Hotels auf die Privatklinik hingewiesen worden. Als sie mit dem Kind dorthin fuhren und über die Problematik einer privaten Behandlung informiert wurden, haben sie von einer Behandlung des Kindes in der Privatklinik Abstand genommen und sich die notwendigen Medikamente für das Kind in der Apotheke beschafft; zwei Tage später war das Kind ohne ärztliche Behandlung gesund geworden. Wenn der Hotelarzt, wie der Kläger und die Zeugin E. dargelegt haben, ebenso wie die Hotelleitung trotz entgegenstehender Bitten und Hinweisen der Zeugin E. den Krankentransport des Klägers in die Privatklinik veranlasst haben, mit der Folge, dass er dann dort privatärztlich behandelt wurde, dürfte es bereits erheblichen rechtlichen Zweifeln unterliegen, ob zwischen dem Kläger und dem Krankenhaus überhaupt ein Behandlungsvertrag, der eine Kostenforderung von 13.500,00 EUR gerechtfertigt hätte, wirksam zustande gekommen ist. Auch wenn der Kläger seinerzeit in einer akuten Notlage war und unmittelbar nach dem Unfall nicht selbst bestimmen konnte, in welches Krankenhaus er transportiert werden wollte, kann die – jedenfalls nach der Schilderung des Klägers und der Zeugin fragwürdige – Praxis der Hotelleitung und des Hotelarztes sowie der Privatklinik nicht dazu führen, dass die Beklagte für die Mehrkosten einer privatärztlichen Behandlung gegenüber einer solchen in einem Vertragskrankenhaus des türkischen Sozialversicherungsträgers aufzukommen hat.
Indem der Kläger vor dem Türkeiurlaub weder bei der Beklagten um einen so genannten Auslandskrankenschein (T/A 11) nachgesucht, noch sich von der Beklagten über seinen Krankenversicherungsschutz im Falle einer Erkrankung im Ausland hat beraten lassen, noch eine private Auslandskrankenversicherung für den Urlaub abgeschlossen hat, ist er ein hohes Risiko eingegangen, in einem Fall, wie er vorliegend geschehen ist, mit unerwartet hohen Kosten belasten zu werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass nicht die gesamte Aufenthaltsdauer des Klägers im Krankenhaus mit letzter Sicherheit auf medizinischen Gründen beruht hat. Der Kläger und die Zeugin E. haben dargelegt, dass ihnen seitens des Krankenhauses klar zu verstehen gegeben worden ist, dass der Kläger das Krankenhaus erst verlassen könne, wenn er die Kosten der Krankenhausbehandlung bezahlt hat. Trotz seiner Nachfrage mit der Bitte um eine vorzeitige Verlegung nach Deutschland ist dies vom Krankenhaus mit dem Hinweis auf die noch nicht gegebene Transportmöglichkeit abgelehnt worden. Als aber der Vater des Klägers mit dem aus Deutschland mitgebrachten Geld ins Krankenhaus kam, war der Kläger am selben Tag aus Sicht des Krankenhauses transportfähig. Wenn das Krankenhaus dann zunächst einen Kostenbetrag von 15.000,00 EUR genannt hat, beim Eintreffen des Vaters mit dem Geld jedoch17.000, 00 EUR gefordert hat und sich schließlich auf den Endpreis 13.500,00 EUR hat herunterhandeln lassen, liegt es nahe, dass das Krankenhaus die Notlage des Klägers weidlich ausgenutzt hat. Dann aber läge es nahe, auf dem Rechtswege gegen das Krankenhaus vorzugehen und diesem gegenüber eventuell bestehende Ansprüche geltend zu machen. Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch gegenüber der beklagten Krankenkasse besteht jedoch aus den oben dargelegten Gründen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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