L 9 R 2180/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 491/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2180/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der 1965 geborene Kläger kam im 14. Lebensjahr nach Deutschland und besuchte noch 2 Jahre die Hauptschule, die er mit einem Hauptschulabschluss beendete. Er hat keinen Beruf erlernt und war in der Zeit von März 1981 bis September 1993 als Arbeiter in einer Härterei vollschichtig beschäftigt gewesen. Bis zum Sommer 1995 war er sodann arbeitslos gemeldet und absolvierte daraufhin eine vom Arbeitsamt geförderte, 6 Monate dauernde Maßnahme zum Busfahrer, die er im Dezember 1995 abgeschlossen hatte. Als Busfahrer war er nur noch eine Woche tätig, nachdem ihm von der Firma zum 31.12.1995 gekündigt worden war.

Unter Berücksichtigung eines Gutachtens von Dr. K. vom 19.06.1996 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 27.06.1996 eine Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit auf Dauer. Nach dem Gutachten bestand eine terminale Niereninsuffizienz, die mithilfe der chronischen Hämodialyse (seit 3/96) im Stadium der kompensierten Retention gehalten werde. Leichte Tätigkeiten könnten noch zweistündig bis unter halbschichtig ausgeführt werden. Nur durch eine Nierentransplantation, für die der Kläger bereits gemeldet worden sei, sei eine ausreichende Stabilisierung des Gesundheitszustandes zu erwarten.

Auf Anfrage der Beklagten teilten die behandelnden Nephrologen Dres. H. unter dem 27.02.2009 mit, dass am 27.05.2008 eine zweite Nierentransplantation stattgefunden habe, worauf eine gute Funktion des Nierentransplantates bestehe. Der Kläger sei gut belastbar. Die Beklagte gab hierauf ein weiteres internistisches Gutachten in Auftrag. In ihrem Gutachten vom 01.04.2009 stellte Dr. H. eine stabil gute Nierenfunktion nach Zweittransplantation 5/08 bei Transplantatversagen der ersten Niere und IgA-Nephropathie der Eigennieren fest. Es bestehe ein medikamentös gut eingestellter renaler Bluckhochdruck und eine geringgradige Wirbelsäulenfehlhaltung ohne Funktionsminderung. Im Vergleich zur Begutachtung im Jahr 1996 habe sich das Leistungsvermögen aufgrund der zwischenzeitlich erfolgreichen Nierentransplantation deutlich verbessert. Es sei jetzt wieder davon auszugehen, dass vollschichtig leichte Tätigkeiten ohne häufiges Bücken möglich seien. Der Kläger arbeite seit etwa 3 Monaten stundenweise bei einer Putzfirma und sei mit der Müllentsorgung beschäftigt. Die Arbeit werde seinerseits als leicht beschrieben und könnte auch vollschichtig verrichtet werden.

Unter dem 22.04.2009 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Entziehung der gewährten Rente wegen Erwerbsminderung an. Die Beklagte führte aus, dass sich das Leistungsvermögen des Klägers aufgrund der zwischenzeitlich erfolgreichen Nierentransplantation im Vergleich zur Vorbegutachtung im Jahr 1996 deutlich verbessert habe. Nach Ansicht des ärztlichen Sachverständigen sei eine vollschichtige Tätigkeit (6 Stunden am Tag) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder möglich.

Hierauf hat der Kläger erwidert und geltend gemacht, von einer vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne nicht ausgegangen werden.

Mit Bescheid vom 20.05.2009 entzog die Beklagte die mit Bescheid vom 27.06.1996 gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Ablauf des Monats Mai 2009. Nach den getroffenen Feststellungen sei eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten, weil sich das Leistungsvermögen des Klägers im Vergleich zur Vorbegutachtung im Jahr 1996 deutlich gebessert habe. Nach Ansicht des ärztlichen Sachverständigen könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder vollschichtig tätig sein. Die Rente wegen Erwerbsminderung werde daher nach § 48 Sozialgesetzbuch X (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) entzogen. Die Erwerbsfähigkeit sei somit nicht mehr in dem Ausmaß gemindert, dass Berufsunfähigkeit vorliege. Die Entziehung der Rente werde mit Ablauf des Monats, in dem dieser Bescheid zugestellt werde, somit zum 31.05.2009 wirksam.

Hiergegen erhob der Kläger unter dem 08.06.2009 Widerspruch und wies u.a. darauf hin, an starken Depressionen zu leiden. Die Beklagte beauftragte sodann Dr. S. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Dr. S. stellte in seinem Gutachten vom 31.07.2009 unter Berücksichtigung beigezogener Befundberichte einen derzeit leicht bis mäßig ausgeprägten reaktiv-depressiven Verstimmungszustand fest. Aus nervenärztlicher Sicht sei die Belastbarkeit allein qualitativ beeinträchtigt. In Betracht kämen leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht, ohne erheblich überdurchschnittlichen Zeitdruck oder andere, das arbeitsmarktübliche Ausmaß übersteigende Stressfaktoren. Es könne von einer leicht- bis mittelgradig ausgeprägten depressiven Symptomatik ausgegangen werden, wobei es sich am ehesten um eine länger dauernde Anpassungsstörung handele. Der Kläger sei vermehrt reizbar, aufgeregt, gerade immer wieder unter Spannung, könne sich dann aber abreagieren, indem er beispielsweise rumschimpfe. Von seiner Primärpersönlichkeit her wirke er etwas anankastisch, der Befund sei allerdings nicht gravierend ausgeprägt oder für die Erwerbsfähigkeit ansonsten relevant. Durch die depressive Symptomatik sei der Kläger qualitativ in seiner Belastbarkeit eingeschränkt. Angemessene Tätigkeiten kämen aber vollschichtig in Betracht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 08.12.2009 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben.

Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen bei den den Kläger behandelnden Ärzten.

Der Neurologe und Psychiater Dr. T. hat unter dem 02.08.2010 über eine Behandlung vom 12.07.2009 - 30.07.2010 berichtet. Unter der kombinierten Behandlung mit Cipralex und Amitryptilin habe der Kläger am 30.07.2010 über Wohlbefinden berichtet, er habe jetzt keine psychischen Probleme, könne auch ohne Schwierigkeiten durchschlafen. Diagnostisch gehe er von einer mittelgradigen depressiven Episode aus, mit dem Gutachten von Dr. S. stimme er im Wesentlichen überein. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B. hat unter dem 02.08.2010 mitgeteilt, die Belastbarkeit des Klägers sei qualitativ beeinträchtigt. Für leichtere Arbeiten ohne Stressfaktoren sei der Kläger geeignet, z.B. für eine stundenweise Wiedereingliederung ab Herbst 2010. Er stimme mit der Leistungseinschätzung im Gutachten von Dr. S. im Wesentlichen überein. Der Internist und Gastroenterologe Dr. N. hat unter dem 09.08.2010 ausgeführt, dass die auf gastroenterologischem Fachgebiet von ihm erhobenen Befunde keine Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit hätten. Der Nephrologe Dr. H. hat über eine kontinuierliche Behandlung seit 1996 berichtet (Schreiben vom 25.08.2010). Er hat ausgeführt, dass der Kläger seit Jahren chronisch nierenkrank sei. Auch ein transplantierter Patient sei und bleibe krank. In der Regel sei auch bei sonst gesunden und erfolgreich transplantierten nur mit 50 % der Leistungsfähigkeit eines vergleichbar alten gesunden Patienten zu rechnen. Der Kläger habe eine Reihe von Begleiterkrankungen und die Notwendigkeit einer Mehrfachmedikation, sei von Abstoßung und Infekten bedroht. Desweiteren sei er sicher depressiv. Er könne und werde nicht mehr als 6 Stunden arbeiten, auch wenn formal die Werte gut seien und die Transplantation erfolgreich gewesen sei. Seines Erachtens könne er höchstens drei bis sechs Stunden leichte Tätigkeiten ausüben.

In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 22.09.2010 hat der Internist Dr. B. die Auffassung vertreten, dass aufgrund der vorliegenden Zeugenaussagen kein Anlass bestünde, die vorgenommene Leistungsbeurteilung zu revidieren. Eine weitere Sachaufklärung halte er nicht für erforderlich.

Mit Urteil vom 30.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Vergleich zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung jedenfalls im April/Mai 2009 eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Im Zeitpunkt der Rentenbewilligung vom 27.06.1996 sei der Kläger wegen einer terminalen Niereninsuffizienz, welche mithilfe der chronischen Hämodialyse im Stadium der kompensierten Retention gehalten worden sei, nicht in der Lage gewesen, einer geregelten entgeltlichen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Voraussetzungen des § 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien in der damals geltenden Fassung erfüllt gewesen. Nach der erfolgreich durchgeführten Nierentransplantation im Mai 2008 und der stabil guten Nierenfunktion sei der Kläger wieder in der Lage, vollschichtig zu arbeiten. Maßgebender Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitigen Rentenentziehung sei der Zeitpunkt des von der Beklagten verfügten Wegfalls der Rente. Es komme allein darauf an, ob der Kläger im Zeitpunkt des von der Beklagten verfügten Wegfalls der Rente die Voraussetzungen für diese Rente noch erfüllte. Dies sei nicht der Fall. Die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten bestätigten nicht nur ein sechs- und mehrstündiges Leistungsvermögen, sondern ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Dr. H. habe aufgrund ihrer Untersuchung am 01.04.2009 die Einschätzung vertreten, dass der Kläger nach erfolgreicher Nierentransplantation aus internistischer Sicht zur Zeit der Begutachtung wieder vollschichtig leichte Tätigkeiten ohne häufiges Bücken verrichten könne. Diese Einschätzung sei nach den erhobenen und ausgewerteten Befunden schlüssig und nachvollziehbar. Nach dem Bericht des Klinikums S. vom 22.07.2008 sei es nach unkompliziertem intraoperativen Verlauf zu einer raschen Funktionsaufnahme des Organs gekommen. Weitere Hämodialysen seien nicht nötig gewesen. Der bestehende arterielle Hypertonus lasse sich mit der Gabe eines Kalziumantagonisten hinreichend behandeln. Ein Anhalt für einen Posttransplant-Diabetes mellitus oder infektiöse Komplikationen hätten sich nicht ergeben. Unter Berücksichtigung des dargestellten Krankheitsverlaufes und unter Berücksichtigung näher ausgeführter Berichte des Klinikums Stuttgart sei es für die Kammer überzeugend, wenn im Gutachten von Dr. H. von einer stabil guten Nierenfunktion nach Zweittransplantation im Mai 2008 berichtet und einer darauf beruhenden deutlichen Verbesserung des Leistungsvermögens gegenüber der Begutachtung am 19.06.1996 ausgegangen worden sei. Leichte Tätigkeiten ohne häufiges Bücken seien zu Recht wieder vollschichtig für zumutbar erachtet worden. Auf psychiatrischem Fachgebiet habe zum Zeitpunkt des Wegfalls der Rente nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. S. ein leicht bis mäßig ausgeprägter reaktiv-depressiver Verstimmungszustand vorgelegen, welcher jedoch nicht zu einer Unzumutbarkeit einer vollschichtigen Verrichtung leichter Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne erheblich überdurchschnittlichen Zeitdruck oder andere, das arbeitsübliche Ausmaß übersteigende Stressfaktoren führte. Zweifel am Vorliegen eines vollschichtigen Leistungsvermögens ab Mai 2009 ergäben sich für die Kammer auch nicht aus den Angaben der sachverständigen Zeugen im Klageverfahren. Der Auffassung von Dr. H. könne nicht gefolgt werden. Er bestätige lediglich, dass der Kläger chronisch nierenkrank sei. Seiner Aussage ließen sich keinerlei Anhaltspunkte für das konkrete Leistungsvermögen des Klägers entnehmen. Die vorliegenden Befunde rechtfertigten die Annahme einer auf drei bis unter sechs Stunden reduzierten täglichen Leistungsfähigkeit nicht. In der von Dr. H. vorgelegten Übersicht sei seit der Nierentransplantation nahezu durchgängig ein gutes Befinden des Klägers dokumentiert. Die Beklagte sei zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides auch berechtigt und verpflichtet gewesen, die ursprüngliche Rentenbewilligung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die nach § 48 Abs. 4 SGB X maßgeblichen Fristen seien eingehalten.

Gegen das ihm am 30.04.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.05.2012 Berufung eingelegt. Er hält daran fest, dass eine wesentliche Besserung bezüglich der gesundheitlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entziehung der Rente bzw. der Verwaltungsentscheidung nicht eingetreten sei. Er habe mit Antrag vom 01.09.2011 Beweis angetreten und beantragt, von Amts wegen ein Sachverständigengutachten dahingehend einzuholen, dass der Leistungsfall bereits zum Zeitpunkt der Entziehung der Rente bzw. der Verwaltungsentscheidung aufgetreten sei und zum jetzigen Zeitpunkt bestehe. Dem sei das Sozialgericht nicht nachgekommen und stütze seine Entscheidung lediglich auf das Verwaltungsgutachten der Beklagten sowie die ärztlichen Befundberichte. Die eingeholten Befundberichte rechtfertigten es nicht, von einer weiteren Sachaufklärung durch Sachverständigengutachten nach § 106 SGG abzusehen. Das SG hätte sich angesichts der gemachten Angaben der behandelnden Ärzte gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen einzuholen. Er bezieht sich auf die Auskunft des Dr. H., der entgegen dem vorliegenden Verwaltungsgutachten davon ausgegangen sei, dass höchstens eine drei bis sechsstündige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten bestünde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. März 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 01. Juni 2009 an Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer bislang vertretenen Rechtsauffassung fest.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines fachärztlichen Gutachtens bei Dr. S., S ... Er stellte die Diagnosen einer sehr guten Transplantatfunktion nach Nieren-Lebend-Transplantation (Niere der Schwester) 2008, einen Zustand nach Transplantatversagen des Erstimplantates von 2001, ein Grundleiden: Terminale Niereninsuffizienz wegen chronischer Glomerulonephritis, einen gut eingestellten Bluthochdruck, eine Talassämia minor mit normalem Hb-Wert (keine renale Anämie) sowie eine Anpassungsstörung mit Depression fest. Er hat ausgeführt, dass die zweite Nierentransplantation unkompliziert gewesen sei. Die Niere funktioniere hervorragend und weise eine so gute Clearance auf, dass überwiegend normale Kreatinwerte erreicht würden. Das Ergebnis der Transplantation sei somit als hervorragend einzustufen und der gefundene Gesamtzustand des Klägers ließe eine ausreichende Kräftigung erkennen, so dass zum Untersuchungszeitpunkt zweifelsohne ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vorhanden sei. Die aktuelle Frage, ob der Zustand des Probanden bereits beim Rentenentzug, spätestens mit Erlass des Widerspruchsbescheides das jetzige Leistungsvermögen aufgewiesen habe, sei zu bejahen, da sowohl die verschiedenen aktenkundigen Berichte über die Nachuntersuchungen als auch die in den Gutachten von Dr. H. festgehaltenen Befunde dies bestätigten, und diese Befunde auch mit den allgemeinen Erkenntnissen zur Krankheitsentwicklung nach einer erfolgreichen Transplantation in Übereinstimmung stünden. Seit Mai 2009 seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten möglich. Zu meiden seien Arbeiten unter besonderen klimatischen Umgebungsbedingungen (Hitze, Kälte, Nässe) oder Tätigkeiten mit besonderer Infektionsgefährdung.

Der Kläger hat hierauf "nach § 109 SGG beantragt", ein ärztliches Gutachten dahingehend zu erstellen zu lassen, dass der Leistungsfall bereits zum Zeitpunkt der Entziehung der Rente bzw. der Verwaltungsentscheidung eingetreten war und zum jetzigen Zeitpunkt bestehe.

Hierauf wurde dem Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 18.02.2013 aufgegeben, einen zur Erstellung des Gutachtens bereiten Arzt zu benennen, eine Kostenverpflichtungserklärung vorzulegen und einen Vorschuss auf die hierdurch entstehenden Kosten in Höhe von 1.700,00 EUR bis 26.04.2013 zu leisten. Gleichzeitig wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass - sofern die Berufung nicht zurückgenommen und ein Antrag nach § 109 SGG nicht gestellt werde - das Landessozialgericht gemäß § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückweisen kann. Hierauf ist nur die Stellungnahme der Beklagten eingegangen, die mit einer solchen Verfahrensweise einverstanden war.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger ab dem 01.06.2009 keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit mehr hat.

Der Antrag des Klägers im Berufungsverfahren war entsprechend auszulegen. Das Begehren des Klägers ist auf die Fortzahlung der auf Dauer gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.06.2009 gerichtet. Der im Klageverfahren protokollierte Antrag im Sinne einer reinen Anfechtungsklage wird diesem Begehren in vollem Umfang gerecht, nachdem bei Erfolg der Anfechtungsklage die mit Verwaltungsakt der Beklagten verfügte Entziehung der gewährten Rente aufzuheben wäre, worauf die Beklagte zur Weiterzahlung aus dem ursprünglichen Verwaltungsakt verpflichtet wäre. Einer Anfechtungs- und Leistungsklage bedarf es daher im vorliegenden Fall nicht. Im Sinne einer Teilanfechtung umfasst die Anfechtungsklage auch den Antrag auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nach der bis 31.12.2000 anzuwendenden Rechtslage. Eine solche ist zumindest konkludent in der Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit enthalten, sodass hierüber nach Auffassung des Senats auch ohne konkret erforderlichen Antrag für die Zeit ab 01.06.2009 zu entscheiden war (vgl. insoweit auch Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg Urt. v. 22.07.2011, L 22 R 43/10, in Juris).

In den tatsächlichen Verhältnissen, wie sie zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 27.06.1996 vorlagen, ist eine wesentliche Änderung spätestens zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides vom 20.05.2009 eingetreten, als der Kläger wegen einer Besserung seines Gesundheitszustandes nicht mehr erwerbs- oder berufsunfähig war. Grundlage für die Entscheidung am 27.06.1996 waren die §§ 44 und 43 SGB VI in der Fassung vor dem am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-Reformgesetz) vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I 2000, 1827). Nach § 302b SGB VI besteht ein solcher Rentenanspruch bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weiter, solange seine Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistungen maßgeblich waren, worauf das SG bereits zutreffend hingewiesen hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht nur die rechtlichen Grundlagen für den geltend gemachten Anspruch dargelegt, sondern hat ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht besteht, weil der Kläger wenigstens seit 01.09.2009 wieder vollschichtig täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass auch für den Senat kein Zweifel daran besteht, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Aufhebung der gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Ablauf des Monats Mai 2009 durch den Bescheid vom 20.05.2009 die Voraussetzungen für die Fortzahlung der Rente nicht mehr erfüllte. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung ausführlich, schlüssig und überzeugend dargelegt, dass aufgrund der vorliegenden Befunde der behandelnden Ärzte und Klinken sowie der im Urkundsbeweis verwertbaren Gutachten von Dr. H. und Dr. S. im April/Mai 2009 sowohl auf internistischem wie auch psychiatrischem Fachgebiet wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen hat, welches die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ausgeschlossen und die Beklagte ermächtigt hat, die gewährte Rente zu diesem Zeitpunkt zu entziehen. Darüber hinaus hat es sich eingehend mit den teilweise entgegenstehenden Äußerungen der behandelnden Ärzte auseinandergesetzt und zutreffend festgestellt, dass hierdurch eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt ist. Diese Auffassung wird durch das vom Senat bei Dr. S. eingeholte Gutachten in vollem Umfang gestützt und bestätigt, der unter Berücksichtigung der bekannten Diagnosen ausgeführt hat, dass die zweite Nierentransplantation unkompliziert gewesen ist, die Niere hervorragend funktioniert und eine so gute Clearance aufweist, dass überwiegend normale Kreatinwerte erreicht werden. Das Ergebnis der Transplantation beschrieb er als hervorragend, und der gefundene Gesamtzustand des Klägers ließ zudem eine ausreichende Kräftigung erkennen, so dass zum Untersuchungszeitpunkt ohne Zweifel ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vorhanden war. Unter Berücksichtigung der vom SG bereits zitierten verschiedenen aktenkundigen Berichte über die Nachuntersuchungen, als auch der Befunde in dem Gutachten von Dr. H. sowie unter Berücksichtigung allgemeiner Erkenntnisse zur Krankheitsentwicklung nach einer erfolgreichen Transplantation hat er schlüssig und überzeugend dargelegt, dass das Leistungsvermögen in ähnlicher Ausprägung bereits zum Zeitpunkt der Rentenentziehung vorgelegen hat. In diesem Zusammenhang hat er sich auch ausführlich mit der Äußerung von Dr. H. auseinandergesetzt, wonach zwar richtig sei, dass ein Nierentransplantierter nicht die Leistungsfähigkeit eines Gesunden erreichen könne. Dies - so Dr. S. - betreffe aber die körperliche Belastbarkeit eines gesunden Erwachsenen und zwar im Wesentlichen hinsichtlich der Kraftentwicklung und nicht in Bezug auf die Ausdauer. Die Reduktion der Belastbarkeit ist danach nicht so erheblich, dass eine quantitative, also zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf 50 % verbleibt, die geringere Belastbarkeit äußert sich vielmehr im Bereich der noch zumutbaren Schwere noch möglicher Tätigkeiten. Darüber hinaus hat er darauf hingewiesen, dass der zeitliche Verlauf der Erholung nach einer erfolgreichen Nierentransplantation naturgemäß unterschiedlich ist, jedoch davon auszugehen sei, dass das erwerbsbezogene Leistungsvermögen etwa zwischen einem halben und einem Jahr wieder soweit hergestellt sei, dass leichte Tätigkeiten möglich seien. Zum Zeitpunkt der Entziehung der Rente am 20.05.2009 war ein Jahr bereits vergangen; Anhaltspunkte für eine verzögerte Rekonvaleszenz liegen nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Dr. S. aber nicht vor, weshalb ein begründeter Zweifel an einer tatsächlichen und recht erheblichen Besserung des Leistungsvermögens zum Zeitpunkt der Entziehung nicht besteht. Dies gilt auch im Hinblick auf die nach der zweiten Transplantation aufgetretene behandlungsbedürftige Depression. Insoweit setzt er sich ebenfalls umfassend und überzeugend mit der Frage auseinander, ob bei zwar gut wieder hergestelltem somatischen Leistungsvermögen zum Zeitpunkt des Rentenentzuges gleichwohl aufgrund der seelischen Störung eine ebenso große Minderung des erwerbsbezogenen Leistungsvermögens bestanden haben könnte. Davon kann jedoch auch nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen nicht ausgegangen werden. Denn nach dem Bericht des behandelnden Nervenarztes Dr. T. vom 22.05.2009, der bereits Dr. S. im Rahmen der Begutachtung zur Verfügung gestanden hat, war bereits von einer Besserung der Beschwerden nach medikamentöser Behandlung am 12.05.2009 berichtet worden. Eine - anhaltende - Besserung ist durch das Gutachten von Dr. S. zudem belegt und wird auch von Dr. T. in der vom SG eingeholten sachverständigen Zeugenaussage bestätigt, der den Ausführungen in dem ihm zur Verfügung gestellten Gutachten von Dr. S. ausdrücklich zugestimmt hat. Es verbleiben daher auch beim Senat keine Zweifel daran, dass eine psychiatrische Erkrankung einer vollschichtigen Tätigkeit ab Juni 2009 unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (Beschränkung auf leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Arbeiten unter besonderen klimatischen Umgebungsbedingungen (Hitze, Kälte, Nässe) und mit besonderer Infektionsgefährdung) nicht entgegenstand.

Schließlich bleibt nur darauf hinzuweisen, dass der Kläger bei Erteilung des Bescheides vom 23. August 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2006 auch nicht mehr berufsunfähig war.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (BSG - SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130). Allerdings bleibt eine frühere versicherungspflichtige Beschäftigung maßgeblicher Beruf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (vgl. BSGE 2, 181, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158).

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N.). Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe in vier Gruppen eingeteilt, nämlich die des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung bzw. Einweisung von weniger als drei Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Stufe des angelernten Arbeiters wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Dem Angelernten, der innerhalb seiner Gruppe dem oberen Bereich angehört, ist mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen, denn einem solchen Arbeiter sind nur Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar, die sich hieraus durch Qualitätsmerkmale, z. B. durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder durch die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse, herausheben (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45).

Davon ausgehend ist die Tätigkeit eines Härters der Gruppe der ungelernten, allenfalls angelernten Arbeiter des unteren Bereiches zuzuordnen, nachdem der Kläger über keinerlei Ausbildung verfügt und eine Ausbildung nach der Anamnese im Gutachten von Dr. H. an den unzureichenden Deutschkenntnissen gescheitert war. Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der erfolgten Bildungsmaßnahme zum Busfahrer, die schon angesichts der Dauer von ebenfalls nur sechs Monaten keine andere Beurteilung rechtfertigen kann. Er ist daher auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ohne dass es der Benennung einer konkreten Tätigkeit bedarf, verweisbar, auf dem er wie ausgeführt acht Stunden täglich zu den oben genannten maßgebenden Zeitpunkten arbeiten konnte, so dass er auch nicht mehr berufsunfähig ist.

Die Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X für die Zukunft ist eine gebundene Entscheidung, sodass die Beklagte kein Ermessen auszuüben hatte. Darüber hinaus sind die formalen Voraussetzungen der Aufhebung, wie die Anhörung nach § 24 Abs. 1 SGB I, erfüllt. Fristen spielen bei der Aufhebung für die Zukunft keine Rolle (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2012, § 48 SGB X Rz 34, 77ff.).

Einen Antrag nach § 109 SGG, für den zwingend die Benennung des zu hörenden Arztes erforderlich ist, hat der Kläger weder innerhalb der vom Senat gesetzten Frist noch bis heute gestellt.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved