S 1 SO 3906/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 3906/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Anspruch auf Gewährung von Taschengeld aus Sozialhilfemitteln während der Untersuchungshaft bei Einreise des Hilfesuchenden aus dem Ausland allein zum Zweck der Begehung von Straftaten
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Taschengeld aus Mitteln der Sozialhilfe für die Dauer von Untersuchungshaft des Klägers in der Zeit vom 09.05.2012 bis zum 28.08.2012.

Der 1979 geborene Kläger stammt aus der Ukraine. Er ist nach dem Urteil des Landgerichts Karlsruhe (LG) - 5. Große Strafkammer - vom 29.08.2012 (5 KLs 621 Js 25914/11) staatenlos und wohnte seit 1983 mit seiner Mutter in Lettland. Zum Zeitpunkt seiner vorläufigen Festnahme am 20.10.2011 in Bochum war er im Besitz eines gültigen lettischen Fremdenpasses. Nachfolgend befand sich der Kläger bis zum 28.08.2012 in Untersuchungshaft in den Justizvollzugsanstalten M. und K ... Seinen eigenen Angaben in der Klageschrift zufolge erfolgte seine Verhaftung am 20.10.2011 im Hotel "A", D.

Mit Schreiben vom 04.05.2012, bei der Beklagten am 09.05.2012 eingegangen, stellte er den Antrag, ihm aus Mitteln der Sozialhilfe für die Dauer der Untersuchungshaft ein monatliches Taschengeld zu gewähren. Er verfüge über keine Geldmittel oder Vermögensgegenstände. Er legte ein Schreiben der Justizvollzugsanstalt K. vor, demzufolge dort für ihn kein Arbeitsplatz vorhanden sei. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe vor seiner Inhaftierung seinen rechtserheblichen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich gehabt. Er sei in D. weder wohnhaft noch gemeldet gewesen. Er habe auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) und dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Vor seiner Inhaftierung in Deutschland habe er sich in einem Hotel als Tourist aufgehalten. Zur Sicherstellung seines persönlichen Bedarfs möge er sich mit der Botschaft seines Heimatlandes in Verbindung setzen ("Schreiben" vom 22.05.2012 und vom 26.06.2012).

Am 25.10.2012 hat der Kläger deswegen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, als EU-Bürger mit Aufenthalt in Deutschland bis zu seiner Festnahme habe er Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Er sei in D. im Hotel "A" polizeilich gemeldet gewesen. Er verfüge über keine Mittel, um sich Hygieneartikel, Tabak, Kaffee oder ähnliches zu kaufen.

Auf Anregung des erkennenden Gerichts hat die Beklagte die Klageschrift als Widerspruch gegen die Bescheide vom 22.05.2012 und vom 26.06.2012 gewertet und diesen durch Widerspruchsbescheid vom 03.04.2013 zurückgewiesen.

Das Gericht hat zu Beweiszwecken eine schriftliche Auskunft des Hotels "A" eingeholt. Danach hat der Kläger dort vom 18.10.2011 bis zum 20.10.2011 gewohnt.

Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,

die Bescheide vom 22. Mai 2012 und vom 26. Juni 2012, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. April 2013, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 09. Mai 2012 bis zum 28. August 2012 ein monatliches Taschengeld aus Mitteln der Sozialhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Ergänzend legt sie einen Auszug aus ihrem Melderegister betreffend das Anwesen Ö-Straße 10, D., vor.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten, den der Prozessakte sowie den des beigezogenen Urteils des LG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1) Die bereits am 25.10.2012 erhobene Klage ist, nachdem der Widerspruchsbescheid vom 03.04.2013 vor Schluss der mündlichen Verhandlung ergangen ist, als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4, § 56 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) zulässig geworden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 78, Rdnr. 3 m.w.N.). Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Taschengeld für die Zeit der Untersuchungshaft der Klägers vom 09.05.2012, dem Tag, an dem sie Kenntnis von der Bedarfslage erhielt (§ 18 Abs. 1 SGB XII), bis zum 28.08.2012, dem Ende der Untersuchungshaft und Übertritt des Klägers in den Strafvollzug, versagt. Denn die Beklagte ist nicht der örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe.

Gegenstand des Klageverfahrens ist neben den Bescheiden vom 22.05.2012 und vom 26.06.2012 auch - entgegen der darin enthaltenen Rechtsmittelbelehrung - der Widerspruchsbescheid vom 03.04.2013 (§ 95 SGG).

2) Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Anspruch auf Gewährung eines Taschengeldes aus Sozialhilfemitteln ist § 19 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 27 Abs. 1, 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII. Danach ist Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Der gesamte notwendige Lebensunterhalt mit Ausnahme hier nicht streitiger Bedarfe ergibt den monatlichen Regelbedarf (§ 27a Abs. 2 S. 1 SGB XII). Zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben, sind monatliche Regelsätze zu gewähren (§ 27a Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Im Einzelfall wird der individuelle Bedarf abweichend vom Regelsatz festgelegt, wenn ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Hinsichtlich der Höhe des monatlichen Taschengelds erachtet die Kammer im Anschluss an die Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (in FEVS 58, 564 ff), des LSG Niedersachsen-Bremen (in ZFSH/SGB 2006, 346 ff) und der Verwaltungsgerichte (vgl. u.a. OVG Lüneburg, FEVS 43, 241 ff) ohne weitere Ermittlungen zum tatsächlichen Aufwand eines Untersuchungshäftlings für Bedürfnisses des täglichen Lebens einen Betrag von 10 v.H. des Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1, d.s. im hier streitigen Zeitraum monatlich 37,40 EUR, für angemessen (vgl. Urteil vom 26.02.2010 - S 1 SO 3685/09 - (nicht veröffentlicht)).

a) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten nach § 98 Abs. 4 SGB XII die Regelungen in § 98 Abs. 1 und 2 SGB XII entsprechend. Damit werden in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers Vollzugseinrichtungen den vollstationären Einrichtungen nach § 13 SGB XII gleichgestellt (vgl. Söhngen in Juris-PK SGB XII, Stand 18.03.2013, § 98, Rdnr. 43). Durch den Verweis auf § 98 Abs. 2 SGB XII wird der Träger für örtlich zuständig erklärt, in dessen Bereich der Hilfesuchende zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Unter einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung ist u. a. der Vollzug von Untersuchungshaft zu verstehen (vgl. Söhngen, a.a.O., Rdnr. 44 sowie Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Auflage 2012, § 98, Rdnr. 33).

Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 98 Abs. 4 Satz 1 SGB XII ist danach für Hilfeleistungen während der Dauer von Untersuchungshaft der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend (§ 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII).

b) Orientiert an diesen gesetzlichen Bestimmungen ist vorliegend die örtliche Zuständigkeit der Beklagten nicht begründet, weil nicht zur Überzeugung der Kammer erwiesen ist, dass der Kläger im Zeitpunkt des Beginns der Untersuchungshaft am 20.10.2011 oder in den letzten zwei Monaten zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in D. hatte.

aa) Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) legal definiert. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat danach jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zwar betrifft die Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I unmittelbar lediglich die Regelung des § 30 Abs. 1 SGB I über den räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Für die Zuständigkeitsregelungen des SGB XII gilt sie nicht unmittelbar; in Ermangelung einer eigenständigen sozialhilferechtlichen Definition des gewöhnlichen Aufenthaltes ist allerdings ergänzend auf § 30 Abs. 3 SGB XII zurückzugreifen (vgl. bereits für das Bundessozialhilfegesetz: BVerwG, FEVS 46, 133 und BVerwG, NDV-RD 1999, 73; für das SGB XII vgl. BSG, FEVS 61, 74; LSG Sachsen-Anhalt vom 21.12.2010 - L 8 SO 8/08 - (juris) sowie Wahrendorf, a.a.O., Rdnr. 22 und Rabe in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 98, Rdnr. 13). Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes ist nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) erforderlich, dass ein Aufenthalt von voraussichtlich einer gewissen Dauer vorliegt (vgl. u.a. BSGE 57, 93). Zumindest muss die Absicht bestehen, an einem bestimmen Ort nicht nur vorübergehend zu verweilen (vgl. u.a. BVerwGE 42, 198 und BVerwG, ZfSH/SGB 2003, 229), d.h. es darf nicht nur ein vorübergehender oder besuchsweiser Aufenthalt vorliegen (vgl. Rabe, a.a.O., Rand-Nrn. 14 und 19); vielmehr ist entscheidend, dass der Betroffene an dem Aufenthaltsort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung begründet und dort letztlich "bis auf weiteres" im Sinne von zukunftsoffen verweilt (vgl. BVerwG, NDV-RD 1999, 73; LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.; Bay. VGH, FEVS 52, 373; Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 98, Rdnrn. 46 und 48; Schoch in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 98, Rdnr. 18 sowie Rabe, a.a.O., Rdnr. 13), auch wenn später unvorhergesehene Umstände die Aufgabe des Aufenthalts in kürzerer Zeit erfordern (vgl. Hohm, a.a.O. Rdnr. 47). Es kommt darauf an, ob sich die Lebensverhältnisse des Betroffenen an dem betreffenden Ort in familiärer, sozialer und beruflicher Hinsicht verfestigen und sich dieser dort zu etablieren vermag. Dafür ist einerseits der Wille des Betroffenen maßgebend, wobei es nicht auf den rechtsgeschäftlichen Willen, sondern den tatsächlich zum Ausdruck kommenden Willen ankommt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. und OVG Rheinland-Pfalz, FEVS 53, 91). Andererseits muss sich der Wille zu einem letztlich zukunftsoffenen Aufenthalt in den tatsächlichen Verhältnissen des Aufenthaltes objektiv niederschlagen. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthaltes im Übrigen sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen. Das Vorhalten einer Wohnung oder das Aufrechterhalten eines Wohnsitzes in melderechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Hinsicht steht der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes an einem anderen Ort nicht entgegen (vgl. Rabe, a.a.O., Rdnrn. 13 und 17). Ein zeitlich unbedeutender Aufenthalt von Stunden - Kurzaufenthalt - reicht dagegen für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes regelmäßig nicht aus (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. sowie Wahrendorf, a.a.O., Rdnr. 24; ähnlich Bay. VGH, FEVS 52, 373 ff.). Auch durch einen Aufenthalt, der nur wenige Tage währt, wird ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I regelmäßig nicht begründet, wenn er wegen seiner Art des Zwecks nur zu einer flüchtigen Begegnung mit dem Ort führt und der Wille einer nur kurzfristigen Verweildauer erkennbar ist (vgl. Hohm, a.a.O., Rdnr. 47 sowie SG Karlsruhe vom 29.01.2009 - S 4 SO 971/08 - (Juris) und vom 17.02.2012 - S 1 SO 2433/11 - (nicht veröffentlicht)).

bb) Diese rechtlichen Maßstäbe zugrunde gelegt, ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens ein gewöhnlicher Aufenthalt des Klägers im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten, das heißt in D., zum Zeitpunkt des Beginns seiner Untersuchungshaft am 20.10.2011, nicht zur Überzeugung der Kammer erwiesen. Soweit der Kläger in der Klageschrift angegeben hat, seine vorläufige Festnahme sei an diesem Tag im Hotel "A" in D. erfolgt, stehen dem die überzeugenden Darlegungen im Urteil des LG entgegen, denen zufolge der Kläger in B. festgenommen worden ist. Auch die aktenkundigen Auszüge aus dem Melderegister der Beklagten betreffend das Hotel "A" bieten keinen Anhalt dafür, dass der Kläger sich dort am oder um den 20.10.2011 in der Absicht, dort seinen Lebensmittelpunkt zu wählen, aufgehalten hat. Dies lässt sich auch der glaubhaften Auskunft des Hotels "A" vom 02.05.2013 nicht entnehmen. Denn danach hat der Kläger dort lediglich in der Zeit vom 18. bis zum 20.10.2011 "gewohnt", d.h. übernachtet. Ein Aufenthalt in einem Hotel erfolgt indes - wie hier - regelmäßig nur vorübergehend und zeitlich zudem auf zumeist nur wenige Tage beschränkt. Er ist deshalb nur besuchsweise und geschieht insbesondere nicht in der Absicht, an diesem Ort zukunftsoffen zu verweilen und dort den Lebensmittelpunkt zu nehmen. Ein solcher Hotelaufenthalt ist deshalb von vornherein nicht geeignet, einen "gewöhnlichen Aufenthalt" i.S.d. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zu begründen.

Weiter steht nach dem überzeugenden Inhalt des Urteils des LG fest, dass der Kläger zuletzt seit 1983 mit seiner Mutter in Lettland gewohnt hat und von dort in der zweiten Hälfte des Monats Juli 2011 allein zum Zweck der Begehung von Straftaten (banden- und gewerbsmäßiger Computerbetrug) und der dafür aus seiner Sicht erforderlichen Vorbereitungshandlungen in das Bundesgebiet eingereist war. Dabei hatte er zahlreiche persönliche Kontakte zu von ihm selbst oder auf seine Veranlassung hin durch Dritte angeworbenen "Finanzagenten" an unterschiedlichen Orten in der Bundesrepublik, unter anderem im Raum Ö./M./O., Br., H., Mü., Ha., Hi., K., D. und B. Damit ist zur Überzeugung des erkennenden Gerichts erwiesen, dass der Kläger - selbst wenn er sich zuletzt über einen nennenswerten Zeitraum tatsächlich in D. aufgehalten haben sollte - diesen Ort seiner Niederlassung nicht als seinen Lebensmittelpunkt, sondern allein als Ausgangsbasis für die Begehung von Straftaten und Vorbereitungshandlungen angesehen hat. Dieser von ihm beabsichtigte strafbewehrte Zweck stand indes nach Auffassung der Kammer ebenfalls von vornherein einer Verfestigung des Aufenthalts in familiärer, sozialer und/oder beruflicher Hinsicht entgegen. Zudem verfügte der Kläger in D. über keine persönlichen Bindungen mit Ausnahme des nicht entscheidungsrelevanten Umstands, dass er dort - ebenfalls nach dem Urteil des LG - einen seiner Komplizen kennen lernte. Aus vorgenannten Gründen begründet deshalb auch die im Strafverfahren vorgetragene Anmietung einer Wohnung im Anwesen Ö-Straße 10 in D. im Verlauf des Monats August 2011 keinen gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers dort. Denn ungeachtet der Frage, ob tatsächlich der Kläger diese Wohnung angemietet hatte - dagegen dürfte der von der Beklagten hierzu vorgelegte Auszug aus ihrem Melderegister sprechen -, diente auch diese Wohnungsanmietung nicht der Vertiefung familiärer, sozialer oder beruflicher Bindungen, sondern stand ebenfalls allein im Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem Umstand, dass sich in dieser Wohnung nach den weiteren Darlegungen im Urteil des LG und bestätigt durch den Auszug aus dem Melderegister der Beklagten jedenfalls zeitweise auch die beiden "Finanzagenten" des Klägers, V. G. und St. A., aufgehalten haben. Allein diese "Finanzagenten" waren zudem - ohne dass dies hier allerdings rechtserheblich wäre - unter dieser Anschrift bis etwa Mitte September 2011 polizeilich gemeldet

3) Mangels gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers zu Beginn seiner Untersuchungshaft oder in den letzten zwei Monaten davor in D. ist die Beklagte deshalb nicht der für die Gewährung von Taschengeld während der hier streitigen Dauer der Untersuchungshaft des Klägers örtlich zuständige Sozialhilfeträger im Sinne von § 98 Abs. 4 i.V.m. § 98 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII.

Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig. Das Begehren des Klägers musste daher erfolglos bleiben.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Der Streitwert des vorliegenden Rechtsstreits (3 x 37,40 EUR zzgl. 24,93 EUR (= 37,40 EUR./. 30 x 20), d.s. zusammen 137,13 EUR) erreicht nicht die Berufungssumme von wenigstens 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Auch stehen keine wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Anlass, die Berufung zuzulassen (§ 144 Abs. 2 SGG), bestand nicht, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen aus Sicht der Kammer nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
Saved