Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 6 R 2/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 336/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen eine seitens der Beklagten zugunsten der beigeladenen AOK Hessen wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge vorgenommene Verrechnung.
Die Beklagte bewilligte der 1950 geborenen Klägerin auf entsprechenden Antrag durch in der Sache bindend gewordenen Bescheid vom 30. Juli 2010 (Bl. 37 Rentenakten) für die Zeit ab 1. August 2010 eine Altersrente für Frauen mit einem Zahlbetrag in Höhe von 449,32 EUR monatlich.
Aufgrund einer vorgemerkten Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen vom 11. Januar 1995 (Bl. 67, 65 Rentenakten) über rückständige Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 6.874,99 EUR (Hauptforderung bezüglich der Zeit vom 1. November 1981 bis zum 14. Januar 1982) nahm die Beklagte nach vorheriger Anhörung durch Bescheid vom 17. Januar 2011 (Bl. 78 Rentenakten) für die Zeit ab 1. März 2011 in Höhe von 224,66 EUR monatlich eine Verrechnung mit der laufenden Rentenzahlung vor.
Die Klägerin erhob am 17. Januar 2011 Widerspruch und legte vom Kreisausschuss des Werra-Meisser-Kreises ausgestellte Bedarfsbescheinigungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) vom 11. Oktober 2010 (übersteigendes Einkommen: 77,12 EUR; Bl. 82 Rentenakten), vom 28. Februar 2011 (übersteigendes Einkommen: 55,81 EUR; Bl. 97 Rentenakten) und vom 6. Juni 2011 (übersteigendes Einkommen: 40,22 EUR; Bl. 104 Rentenakten) vor. Durch Teilabhilfebescheide vom 31. Januar 2011, vom 12. April 2011 und vom 16. August 2011 setzte die Beklagte daraufhin den Verrechnungsbetrag jeweils auf das in der neu vorgelegten Bedarfsbescheinigung genannte übersteigende Einkommen herab. Den weitergehenden Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 30. November 2011 (Bl. 111 Rentenakten) als unbegründet zurück.
Die Klägerin erhob daraufhin am 2. Januar 2012 (Bl. 20 Gerichtsakten) Klage bei dem Sozialgericht Kassel und machte geltend, dass bei ihr Hilfebedürftigkeit eintrete, wenn der Betrag von 40,22 EUR verrechnet werde. Die Beklagte berief sich demgegenüber darauf, dass die gesetzlichen Grenzen für eine Verrechnung eingehalten worden seien.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin durch die angefochtenen Verrechnungsbescheide der Beklagten vom 17. Januar 2011, vom 31. Januar 2011, vom 12. April 2011 und vom 16. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2011 nicht in eigenen Rechten verletzt werde.
Die Beklagte habe die Verrechnung zutreffend auf §§ 52, 51 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) gestützt.
Formelle Bedenken gegen das Vorgehen der Beklagten bestünden nicht. Die Beklagte habe die Klägerin insbesondere vor Erlass der Bescheide ordnungsgemäß nach Maßgabe von § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört.
Die angefochtenen Bescheide in der Fassung des Widerspruchsbescheides seien auch materiell rechtmäßig. Gemäß § 52 SGB I könne der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs. 1 SGB I könne der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen könne der zuständige Leistungsträger nach § 51 Abs. 2 SGB I gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfsbedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) wird. Der Verweis des § 52 SGB I auf § 51 SGB I schaffe ein Dreiecksverhältnis und damit einen Verzicht auf die Gegenseitigkeit der Forderungen zwischen dem Verrechnenden und dem Schuldner (Pflüger in: jurisPK-SGB I, Stand 1. September 2008, § 52 Rdnr. 8).
Vorliegend habe die AOK eine Aufstellung über die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge übersandt, so dass für das Gericht das Bestehen einer hinreichend bestimmten Forderung, die mit den laufenden Rentenleistungen verrechnet werden kann, feststehe. Die Beklagte habe auch in Form des Bescheids eine wirksame Verrechnungserklärung abgegeben und bei der Verrechnung die Grenze der Hälfte der Rente nicht überschritten.
Auch habe die Beklagte die Grenzen des Ausschlusstatbestands des § 51 Abs. 2 SGB I eingehalten. Die Pfändungsgrenzen des § 54 Abs. 3 bis 5 SGB l seien bei der Verrechnung gemäß § 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I nicht zu beachten (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2009 - L 33 R 204/09 B ER, L 33 R 207/09 B PKH, juris, Rn. 15). Es handele sich bei § 51 Abs. 2 SGB I um eine die Sozialleistungsträger privilegierende Sondervorschrift, auf welche die Sozialleistungsträger auch für den Fall zurückgreifen können, dass ein Zugriff auf das Einkommen des Versicherten wegen einer durch die Pfändungsfreigrenzen bedingten Unpfändbarkeit des Einkommens nach §§ 51 Abs. 1, 54 Abs. 4 SGB I in Verbindung mit § 850c Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht besteht (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Januar 2009 - L 21 B 1829/08 R ER, juris, Rdnr. 20; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. Oktober 2008 - L 5 R 100/05, juris, Rdnr. 27).
Die Privilegierung von Beitragsansprüchen sei durch den Grundsatz der Funktionsfähigkeit der Leistungsträger gerechtfertigt. Weil diese ihre Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch durch Beiträge finanzieren, seien sie auf die pünktliche Zahlung der Beiträge angewiesen (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. Oktober 2008 - L 5 R 100/05, juris, Rdnr. 27). § 51 Abs. 2 SGB I enthalte somit eine dem allgemeinen Zivilrecht bzw. dem Zivilprozessrecht unbekannte Privilegierung der Sozialleistungsträger, welchen die Möglichkeit eingeräumt sei, auch mit dem unpfändbaren Teil der Sozialleistung zur Hälfte der Ansprüche auf laufende Geldleistungen sowie bis zur Grenze der nachgewiesenen Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II und des SGB XII zu verrechnen (SG Dortmund, Urteil vom 21. Februar 2008 5 26 R 320/06, juris, Rdnr. 39). Die Vorschrift sei nach Auffassung der Kammer auch nicht verfassungswidrig, da eine entsprechende Privilegierung der Sozialleistungsträger durch überwiegende Gemeinwohlbelange, nämlich der Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungssysteme, gerechtfertigt sei.
Die Klägerin habe auch nicht nachgewiesen, dass sie durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder SGB XII würde. Die Beklagte habe die Höhe der Verrechnung immer an die von der Klägerin selbst eingereichten Bescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises angepasst. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beklagten insoweit ein Fehler unterlaufen sei.
Die Kammer habe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bedarf, der in den Bescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises zugrunde gelegt wird, zu niedrig sein könnte. Die Gesundheitsstörungen des Ehemanns der Klägerin begründeten keinen bedarfserhöhenden Mehrbedarf wegen einer kostenaufwändigen Ernährung. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass mit der Regelleistung grundsätzlich eine gesunde Ernährung möglich sei. Diese Entscheidung des Gesetzgebers habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 2 BvL 3/09; 1 BvL 4/09, Rdnr. 151) bestätigt, in der ausgeführt worden sei, dass die Regelleistung für Erwachsene zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht als evident unzureichend erkannt werden kann. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Rdnr. 152) könne unter Bezugnahme auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins entnommen werden, dass der in der Regelleistung für Ernährung vorgesehene Betrag ausreicht, um die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken zu können. Aus der gesetzlichen Formulierung, dass der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II zu gewähren ist, wenn die Hilfebedürftigen "aus medizinischen Gründen" einer kostenaufwändigen Ernährung "bedürfen", werde deutlich, dass ein Anspruch nach § 21 Abs. 5 SGB II voraussetzt, dass aus medizinischen Gründen eine besondere Ernährungsform indiziert sein muss, die im Vergleich zu der gesunden "Normalernährung" im Sinne der Regelleistung kostenaufwändiger ist. Hierbei gehe der Gesetzgeber davon aus, dass die Leistungsträger und Gerichte zur Beurteilung dieser Frage auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, die im Oktober 2008 in der 3. überarbeiteten Fassung veröffentlicht wurden, zurückgreifen können (vgl. Münder in: ders. (Hrsg.), LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 21 Rdnr. 28). Die neuen Empfehlungen seien erstellt worden, da die 2. Auflage der Empfehlungen aus dem Jahr 1997 seit längerer Zeit als nicht mehr dem Stand der Ernährungswissenschaft entsprechend kritisiert wurde. Der Deutsche Verein habe vor diesem Hintergrund seine Empfehlungen im Rahmen einer Arbeitsgruppe aus Medizinern und Ernährungswissenschaftlern aktualisieren lassen und diese gegenüber der 2. Auflage nicht unerheblich modifiziert.
Die rechtliche Einordnung der Empfehlungen sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Ob es sich bei den "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe" um antizipierte Sachverständigengutachten (Hessisches LSG, Urteil vom 21. August 2007 - L 6 AS 97/08, juris; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9. März 2009 - L 8 AS 68/08, juris; offen gelassen: Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - L 7 SO 7/08 B ER, juris) handele oder nicht (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/11b AS 3/07 R, juris), könne nach Auffassung der Kammer letztlich dahinstehen. Es entspreche jedenfalls der einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und des wissenschaftlichen Schrifttums (vgl. exemplarisch: Busse, MED SACH 2009, 142 ff.; Göpfert, MED SACH 2009, 147 ff.), dass es sich bei den Empfehlungen um eine "Sammlung von Erfahrungssätzen" handele, um einen erkrankungsbedingten Ernährungsaufwand quantifizieren zu können (Bayerisches LSG, Urteil vom 23. April 2009 - L 11 AS 124/08, juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - L 7 SO 7/08 B ER, juris). Das Bayerische LSG führe in seinem Urteil vom 23. April 2009 (L 11 AS 124/08, juris) in der Sache übereinstimmend mit der übrigen Rechtsprechung zu den neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins aus, dass die Empfehlungen im Hinblick auf ihre Aktualität eine hinreichende Erfahrungsgrundlage darstellten, um den regelmäßigen Ernährungsaufwand für die dort aufgeführten Erkrankungen typisierend bewerten zu können. Dem schließe sich die Kammer an. Dies habe für den jeweiligen Einzelfall zur Folge, dass den Empfehlungen zu folgen ist, wenn nicht (ausnahmsweise) Besonderheiten substantiiert dargelegt werden, die eine Abweichung von den Empfehlungen gebieten (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Dezember 2009 - L 10 AS 1717/09 NZB, juris). Die Empfehlungen seien für die Leistungsträger und Gerichte mithin eine Orientierungshilfe, die im Normalfall eine gleichmäßige und schnelle Bearbeitung geltend gemachter Mehrbedarfe im Bereich der Krankenkost erlaubt (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 32/06 R, juris, Rdnr. 39; Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - L 7 SO 7/08 B ER, juris).
Der Ehemann der Klägerin leide vorliegend unter einem Diabetes mellitus, einer Hyperurikämie und einem Hypertonus. Bei diesen Erkrankungen sei nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins (S.11) eine Vollkost medizinisch indiziert, also eine Kost (Empfehlungen S.16), die 1. den Bedarf an essentiellen Nährstoffen deckt, 2. in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt, 3. Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und auch zur Therapie berücksichtigt und 4. in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1 bis 3 nicht tangiert werden. Bei einer solchen Vollkost sei ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsbedarf zu verneinen. Damit werde der ernährungswissenschaftlichen Erkenntnis Rechnung getragen, dass die indizierte Ernährung von Menschen mit diesen Erkrankungen im Wesentlichen einer gesunden, vollwertigen, kaloriengerechten Mischkost entspricht, wie sie auch gesunden Menschen empfohlen wird (vgl. hinsichtlich der diabetischen Ernährung: Standl & Mehnert (Hrsg.), Das große TRIAS-Handbuch für Diabetiker, 8. Auflage 2006, S.158). Die Angaben der Klägerin zur Frage der Ernährung des Ehemanns seien daher nicht geeignet, einen Mehrbedarf zu rechtfertigen, und auch aufgrund der orthopädischen Leiden der Klägerin ergebe sich kein Mehrbedarf.
Die Kammer habe nach einem Abgleich der Informationen im Prozesskostenhilfe-Heft mit den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren allerdings Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten und dem Werra-Meißner-Kreis keine wahrheitsgemäßen, vollständigen Angaben gemacht habe. Aus dem Prozesskostenhilfe-Heft könne nämlich entnommen werden, dass der Ehemann der Klägerin über zusätzliche Einnahmen im Jahr 2011 in Höhe von 3600,00 EUR aus Vermietung verfügte. Diese Einnahmen tauchten in den Bescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises nicht auf. Die Klägerin sei aber verpflichtet gewesen, diese Einnahmen anzugeben, da es nämlich nicht ihre Sache sei zu beurteilen, ob von diesen Einnahmen verschiedene Ausgabenpositionen in Abzug gebracht werden dürfen. Dass die Klägerin und ihr Ehemann Gütertrennung vereinbart hätten, ändere hieran nichts. Die Kammer gehe davon aus, dass auch der Klägerin dies bekannt sein dürfte, da in den Bedarfsbescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises schließlich auch der Bedarf und das Einkommen des Ehemannes Berücksichtigung fänden. Eine solche Berücksichtigung entspreche auch der materiellen Rechtslage nach dem SGB XII. Nach § 2 SGB XII gelte – wie im SGB II – der Grundsatz der Nachrangigkeit steuerfinanzierter Sozialleistungen. Es seien also vorrangig eigenes Einkommen oder Vermögen oder das Einkommen oder das Vermögen des Ehepartners einzubringen. Die Klägerin könne sich also nicht auf Gütertrennung berufen, wobei aus der Verwaltungsakte der Beklagten auch hervorgehe, dass die Rente der Klägerin auf dem Konto des Ehemanns eingeht (BI. 90 Verwaltungsakte), so dass bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen sei, dass die Klägerin an den Einnahmen aus Vermietung beteiligt ist.
Weiterhin gelte im Bereich des SGB II und des SGB XII der Grundsatz, dass bereite Mittel vorrangig der Existenzsicherung und nicht der Schuldentilgung dienen (BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14/7b AS 10/07 R, juris). Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit im Sinne des SGB XII seien also die anteiligen Leistungen zur Tilgung der Kredite nicht von den Einnahmen aus der Vermietung der Einliegerwohnung in Abzug zu bringen, wobei die Kammer sich frage, von welchen Mitteln der Ehemann der Klägerin eigentlich Kreditkosten in Höhe von monatlich 658,00 EUR bediene (BI. 32 Gerichtsakte). Die Frage, ob das Haus des Ehemanns als zu berücksichtigendes, nicht mehr angemessenes Vermögen im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII einer Hilfebedürftigkeit der Klägerin grundsätzlich entgegenstehe, könne vorliegend aus den genannten Gründen dahinstehen.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 30. Juli 2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 30. August 2012 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen und macht unter Vorlage von Bescheinigungen der Ärztin für Allgemeinmedizin QQ. vom 25. Oktober 2010 geltend, dass der gesundheitsbedingt erhöhte Bedarf insbesondere ihres Ehemannes zu niedrig angesetzt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Juli 2012 sowie die Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2011, vom 31. Januar 2011, vom 12. April 2011 und vom 16. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Die durch Senatsbeschluss vom 5. März 2013 zum Verfahren beigeladene AOK Hessen hat keinen eigenen Sachantrag gestellt.
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der die Klägerin betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Juli 2012 ist nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2011, vom 31. Januar 2011, vom 12. April 2011 und vom 16. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2011 sind zu Recht ergangen. Die seitens der Beklagten wegen der ausstehenden Beitragsforderungen der Beigeladenen vorgenommene Verrechnung mit dem Rentenanspruch der Klägerin ist rechtens.
Wie bereits das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, kann nach § 52 SGB I der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Die Verrechnung steht somit der Aufrechnung gleich; während jedoch bei der Aufrechnung der Leistungsträger Gläubiger der Geldforderung ist, mit der aufgerechnet wird, besteht bei der Verrechnung keine Identität von Gläubiger und Schuldner. Eine wirksame Verrechnung setzt mit Ausnahme des Erfordernisses der Gegenseitigkeit den Tatbestand der Aufrechnung voraus sowie eine Ermächtigung für den ermächtigten Leistungsträger, die Verrechnung vorzunehmen.
Im vorliegenden Fall ist das Bestehen einer hinreichend substantiierten Ermächtigungserklärung seitens der Beigeladenen ebenso unstreitig wie die Höhe der zur Verrechnung gestellten Forderung selbst. Die Beteiligten streiten lediglich darüber, in welchem Umfang seitens der Beklagten eine Verrechnung zugunsten der Beigeladenen vorgenommen werden darf. Insoweit hat das Sozialgericht zu Recht dargelegt, dass gemäß § 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen und mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen kann, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird.
Ein dementsprechender Nachweis des Eintritts der Hilfebedürftigkeit ist seitens der Klägerin vorliegend nicht erbracht worden. Wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, wurden seitens der Beklagten nämlich bei der Verrechnung stets die aktuellen von der Klägerin vorgelegten Bedarfsbescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises berücksichtigt. Ob diese Bescheinigungen unter Berücksichtigung der seitens des Sozialgerichts angesprochenen Einkünfte des Ehemannes der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung möglicherweise als übersteigendes Einkommen einen zu niedrigen Betrag ausweisen, kann dahingestellt bleiben, denn hierdurch wird die Klägerin möglicherweise zu Unrecht begünstigt, aber jedenfalls nicht in ihren sich aus §§ 52, 51 SGB I ergebenden Rechten verletzt. Wie das Sozialgericht ausführlich dargelegt hat, besteht im Übrigen auch keine Veranlassung, aufgrund der Erkrankungen der Klägerin oder ihres Ehemannes bei der Bedarfsberechnung einen Mehrbedarf wegen des Erfordernisses einer besonders kostenaufwändigen Ernährung zu berücksichtigen. Es ist auch weder vorgetragen worden noch sonst erkennbar, dass der Klägerin oder ihrem Ehemann wegen der Behandlungsbedürftigkeit ihrer jeweiligen Erkrankungen besondere Kosten entstehen, die nicht von ihrer Krankenversicherung gedeckt sind.
Auf die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) kann die Klägerin sich nicht berufen, denn die betreffenden Schuldnerschutzbestimmungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers im Falle der Verrechnung von laufenden Sozialleistungsansprüchen mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen keine Anwendung finden. Der Wortlaut der Vorschrift des § 51 Abs. 2 SGB I ist insoweit eindeutig und unmissverständlich.
Die Beklagte hat im Übrigen auch in hinreichendem Umfang das ihr zustehende und im Rahmen von § 51 Abs. 2 SGB I grundsätzlich auch auszuübende Ermessen bestätigt. Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I erforderlich, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (überhaupt) ausübt und dass er dabei im Übrigen auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält. Der gemäß § 39 Abs. 1 SGB I von der Ermessensentscheidung Betroffene hat einen korrespondierenden Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Nur in diesem – eingeschränkten – Umfang unterliegt nach Maßgabe des § 54 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Ermessensentscheidung einer gerichtlichen Kontrolle. Rechtswidrig können Verwaltungsakte demnach nur in Fällen des Ermessensfehlgebrauchs (entweder in Gestalt des Ermessensnichtgebrauchs oder in Gestalt der Ermessensüberschreitung) sein (vgl. BSG vom 14. Dezember 1994 - 4 RA 42/94 = SozR 3-1200 § 39 Nr. 1). Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist und ob diese gegebenenfalls rechtmäßig war, beurteilt sich dabei nach dem Inhalt des Verrechnungsbescheides, insbesondere nach seiner Begründung. Diese muss erkennen lassen, dass eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, und sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. BSG SozR 3 1300 § 45 Nrn. 5, 20).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zur Überzeugung des Senats eine diesen Grundsätzen entsprechende hinreichende Ermessensentscheidung getroffen, indem sie in den angefochtenen Bescheiden die vorgetragenen Einwände der Klägerin zur Kenntnis genommen und die von der Klägerin vorgelegten Bedarfsbescheinigungen bei der Ausübung des ihr zustehenden Ermessens ohne Abstriche berücksichtigt hat. Es kann zur Überzeugung des Senats rechtlich nicht beanstandet werden, dass die Beklagte im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse bzw. das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Entrichtung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge höher bewertet hat als das Interesse der Klägerin an einer weitgehend ungeschmälerten Auszahlung ihrer Altersrente.
Da die Klägerin im Übrigen keine im Vergleich zur I. Instanz neuen Gesichtspunkte vorzutragen vermochte, die ihre Rechtsverteidigung stützen könnten, sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist bezüglich der sonstigen Einzelheiten auf die ausführlichen und in der Sache vollauf zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2012.
Die Berufung konnte deshalb im Ergebnis keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen eine seitens der Beklagten zugunsten der beigeladenen AOK Hessen wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge vorgenommene Verrechnung.
Die Beklagte bewilligte der 1950 geborenen Klägerin auf entsprechenden Antrag durch in der Sache bindend gewordenen Bescheid vom 30. Juli 2010 (Bl. 37 Rentenakten) für die Zeit ab 1. August 2010 eine Altersrente für Frauen mit einem Zahlbetrag in Höhe von 449,32 EUR monatlich.
Aufgrund einer vorgemerkten Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen vom 11. Januar 1995 (Bl. 67, 65 Rentenakten) über rückständige Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 6.874,99 EUR (Hauptforderung bezüglich der Zeit vom 1. November 1981 bis zum 14. Januar 1982) nahm die Beklagte nach vorheriger Anhörung durch Bescheid vom 17. Januar 2011 (Bl. 78 Rentenakten) für die Zeit ab 1. März 2011 in Höhe von 224,66 EUR monatlich eine Verrechnung mit der laufenden Rentenzahlung vor.
Die Klägerin erhob am 17. Januar 2011 Widerspruch und legte vom Kreisausschuss des Werra-Meisser-Kreises ausgestellte Bedarfsbescheinigungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) vom 11. Oktober 2010 (übersteigendes Einkommen: 77,12 EUR; Bl. 82 Rentenakten), vom 28. Februar 2011 (übersteigendes Einkommen: 55,81 EUR; Bl. 97 Rentenakten) und vom 6. Juni 2011 (übersteigendes Einkommen: 40,22 EUR; Bl. 104 Rentenakten) vor. Durch Teilabhilfebescheide vom 31. Januar 2011, vom 12. April 2011 und vom 16. August 2011 setzte die Beklagte daraufhin den Verrechnungsbetrag jeweils auf das in der neu vorgelegten Bedarfsbescheinigung genannte übersteigende Einkommen herab. Den weitergehenden Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 30. November 2011 (Bl. 111 Rentenakten) als unbegründet zurück.
Die Klägerin erhob daraufhin am 2. Januar 2012 (Bl. 20 Gerichtsakten) Klage bei dem Sozialgericht Kassel und machte geltend, dass bei ihr Hilfebedürftigkeit eintrete, wenn der Betrag von 40,22 EUR verrechnet werde. Die Beklagte berief sich demgegenüber darauf, dass die gesetzlichen Grenzen für eine Verrechnung eingehalten worden seien.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin durch die angefochtenen Verrechnungsbescheide der Beklagten vom 17. Januar 2011, vom 31. Januar 2011, vom 12. April 2011 und vom 16. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2011 nicht in eigenen Rechten verletzt werde.
Die Beklagte habe die Verrechnung zutreffend auf §§ 52, 51 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) gestützt.
Formelle Bedenken gegen das Vorgehen der Beklagten bestünden nicht. Die Beklagte habe die Klägerin insbesondere vor Erlass der Bescheide ordnungsgemäß nach Maßgabe von § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört.
Die angefochtenen Bescheide in der Fassung des Widerspruchsbescheides seien auch materiell rechtmäßig. Gemäß § 52 SGB I könne der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs. 1 SGB I könne der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen könne der zuständige Leistungsträger nach § 51 Abs. 2 SGB I gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfsbedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) wird. Der Verweis des § 52 SGB I auf § 51 SGB I schaffe ein Dreiecksverhältnis und damit einen Verzicht auf die Gegenseitigkeit der Forderungen zwischen dem Verrechnenden und dem Schuldner (Pflüger in: jurisPK-SGB I, Stand 1. September 2008, § 52 Rdnr. 8).
Vorliegend habe die AOK eine Aufstellung über die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge übersandt, so dass für das Gericht das Bestehen einer hinreichend bestimmten Forderung, die mit den laufenden Rentenleistungen verrechnet werden kann, feststehe. Die Beklagte habe auch in Form des Bescheids eine wirksame Verrechnungserklärung abgegeben und bei der Verrechnung die Grenze der Hälfte der Rente nicht überschritten.
Auch habe die Beklagte die Grenzen des Ausschlusstatbestands des § 51 Abs. 2 SGB I eingehalten. Die Pfändungsgrenzen des § 54 Abs. 3 bis 5 SGB l seien bei der Verrechnung gemäß § 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I nicht zu beachten (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2009 - L 33 R 204/09 B ER, L 33 R 207/09 B PKH, juris, Rn. 15). Es handele sich bei § 51 Abs. 2 SGB I um eine die Sozialleistungsträger privilegierende Sondervorschrift, auf welche die Sozialleistungsträger auch für den Fall zurückgreifen können, dass ein Zugriff auf das Einkommen des Versicherten wegen einer durch die Pfändungsfreigrenzen bedingten Unpfändbarkeit des Einkommens nach §§ 51 Abs. 1, 54 Abs. 4 SGB I in Verbindung mit § 850c Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht besteht (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Januar 2009 - L 21 B 1829/08 R ER, juris, Rdnr. 20; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. Oktober 2008 - L 5 R 100/05, juris, Rdnr. 27).
Die Privilegierung von Beitragsansprüchen sei durch den Grundsatz der Funktionsfähigkeit der Leistungsträger gerechtfertigt. Weil diese ihre Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch durch Beiträge finanzieren, seien sie auf die pünktliche Zahlung der Beiträge angewiesen (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. Oktober 2008 - L 5 R 100/05, juris, Rdnr. 27). § 51 Abs. 2 SGB I enthalte somit eine dem allgemeinen Zivilrecht bzw. dem Zivilprozessrecht unbekannte Privilegierung der Sozialleistungsträger, welchen die Möglichkeit eingeräumt sei, auch mit dem unpfändbaren Teil der Sozialleistung zur Hälfte der Ansprüche auf laufende Geldleistungen sowie bis zur Grenze der nachgewiesenen Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II und des SGB XII zu verrechnen (SG Dortmund, Urteil vom 21. Februar 2008 5 26 R 320/06, juris, Rdnr. 39). Die Vorschrift sei nach Auffassung der Kammer auch nicht verfassungswidrig, da eine entsprechende Privilegierung der Sozialleistungsträger durch überwiegende Gemeinwohlbelange, nämlich der Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungssysteme, gerechtfertigt sei.
Die Klägerin habe auch nicht nachgewiesen, dass sie durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder SGB XII würde. Die Beklagte habe die Höhe der Verrechnung immer an die von der Klägerin selbst eingereichten Bescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises angepasst. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beklagten insoweit ein Fehler unterlaufen sei.
Die Kammer habe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bedarf, der in den Bescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises zugrunde gelegt wird, zu niedrig sein könnte. Die Gesundheitsstörungen des Ehemanns der Klägerin begründeten keinen bedarfserhöhenden Mehrbedarf wegen einer kostenaufwändigen Ernährung. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass mit der Regelleistung grundsätzlich eine gesunde Ernährung möglich sei. Diese Entscheidung des Gesetzgebers habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 2 BvL 3/09; 1 BvL 4/09, Rdnr. 151) bestätigt, in der ausgeführt worden sei, dass die Regelleistung für Erwachsene zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht als evident unzureichend erkannt werden kann. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Rdnr. 152) könne unter Bezugnahme auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins entnommen werden, dass der in der Regelleistung für Ernährung vorgesehene Betrag ausreicht, um die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken zu können. Aus der gesetzlichen Formulierung, dass der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II zu gewähren ist, wenn die Hilfebedürftigen "aus medizinischen Gründen" einer kostenaufwändigen Ernährung "bedürfen", werde deutlich, dass ein Anspruch nach § 21 Abs. 5 SGB II voraussetzt, dass aus medizinischen Gründen eine besondere Ernährungsform indiziert sein muss, die im Vergleich zu der gesunden "Normalernährung" im Sinne der Regelleistung kostenaufwändiger ist. Hierbei gehe der Gesetzgeber davon aus, dass die Leistungsträger und Gerichte zur Beurteilung dieser Frage auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, die im Oktober 2008 in der 3. überarbeiteten Fassung veröffentlicht wurden, zurückgreifen können (vgl. Münder in: ders. (Hrsg.), LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 21 Rdnr. 28). Die neuen Empfehlungen seien erstellt worden, da die 2. Auflage der Empfehlungen aus dem Jahr 1997 seit längerer Zeit als nicht mehr dem Stand der Ernährungswissenschaft entsprechend kritisiert wurde. Der Deutsche Verein habe vor diesem Hintergrund seine Empfehlungen im Rahmen einer Arbeitsgruppe aus Medizinern und Ernährungswissenschaftlern aktualisieren lassen und diese gegenüber der 2. Auflage nicht unerheblich modifiziert.
Die rechtliche Einordnung der Empfehlungen sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Ob es sich bei den "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe" um antizipierte Sachverständigengutachten (Hessisches LSG, Urteil vom 21. August 2007 - L 6 AS 97/08, juris; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9. März 2009 - L 8 AS 68/08, juris; offen gelassen: Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - L 7 SO 7/08 B ER, juris) handele oder nicht (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/11b AS 3/07 R, juris), könne nach Auffassung der Kammer letztlich dahinstehen. Es entspreche jedenfalls der einhelligen Auffassung der Rechtsprechung und des wissenschaftlichen Schrifttums (vgl. exemplarisch: Busse, MED SACH 2009, 142 ff.; Göpfert, MED SACH 2009, 147 ff.), dass es sich bei den Empfehlungen um eine "Sammlung von Erfahrungssätzen" handele, um einen erkrankungsbedingten Ernährungsaufwand quantifizieren zu können (Bayerisches LSG, Urteil vom 23. April 2009 - L 11 AS 124/08, juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - L 7 SO 7/08 B ER, juris). Das Bayerische LSG führe in seinem Urteil vom 23. April 2009 (L 11 AS 124/08, juris) in der Sache übereinstimmend mit der übrigen Rechtsprechung zu den neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins aus, dass die Empfehlungen im Hinblick auf ihre Aktualität eine hinreichende Erfahrungsgrundlage darstellten, um den regelmäßigen Ernährungsaufwand für die dort aufgeführten Erkrankungen typisierend bewerten zu können. Dem schließe sich die Kammer an. Dies habe für den jeweiligen Einzelfall zur Folge, dass den Empfehlungen zu folgen ist, wenn nicht (ausnahmsweise) Besonderheiten substantiiert dargelegt werden, die eine Abweichung von den Empfehlungen gebieten (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Dezember 2009 - L 10 AS 1717/09 NZB, juris). Die Empfehlungen seien für die Leistungsträger und Gerichte mithin eine Orientierungshilfe, die im Normalfall eine gleichmäßige und schnelle Bearbeitung geltend gemachter Mehrbedarfe im Bereich der Krankenkost erlaubt (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 32/06 R, juris, Rdnr. 39; Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - L 7 SO 7/08 B ER, juris).
Der Ehemann der Klägerin leide vorliegend unter einem Diabetes mellitus, einer Hyperurikämie und einem Hypertonus. Bei diesen Erkrankungen sei nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins (S.11) eine Vollkost medizinisch indiziert, also eine Kost (Empfehlungen S.16), die 1. den Bedarf an essentiellen Nährstoffen deckt, 2. in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt, 3. Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und auch zur Therapie berücksichtigt und 4. in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1 bis 3 nicht tangiert werden. Bei einer solchen Vollkost sei ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsbedarf zu verneinen. Damit werde der ernährungswissenschaftlichen Erkenntnis Rechnung getragen, dass die indizierte Ernährung von Menschen mit diesen Erkrankungen im Wesentlichen einer gesunden, vollwertigen, kaloriengerechten Mischkost entspricht, wie sie auch gesunden Menschen empfohlen wird (vgl. hinsichtlich der diabetischen Ernährung: Standl & Mehnert (Hrsg.), Das große TRIAS-Handbuch für Diabetiker, 8. Auflage 2006, S.158). Die Angaben der Klägerin zur Frage der Ernährung des Ehemanns seien daher nicht geeignet, einen Mehrbedarf zu rechtfertigen, und auch aufgrund der orthopädischen Leiden der Klägerin ergebe sich kein Mehrbedarf.
Die Kammer habe nach einem Abgleich der Informationen im Prozesskostenhilfe-Heft mit den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren allerdings Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten und dem Werra-Meißner-Kreis keine wahrheitsgemäßen, vollständigen Angaben gemacht habe. Aus dem Prozesskostenhilfe-Heft könne nämlich entnommen werden, dass der Ehemann der Klägerin über zusätzliche Einnahmen im Jahr 2011 in Höhe von 3600,00 EUR aus Vermietung verfügte. Diese Einnahmen tauchten in den Bescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises nicht auf. Die Klägerin sei aber verpflichtet gewesen, diese Einnahmen anzugeben, da es nämlich nicht ihre Sache sei zu beurteilen, ob von diesen Einnahmen verschiedene Ausgabenpositionen in Abzug gebracht werden dürfen. Dass die Klägerin und ihr Ehemann Gütertrennung vereinbart hätten, ändere hieran nichts. Die Kammer gehe davon aus, dass auch der Klägerin dies bekannt sein dürfte, da in den Bedarfsbescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises schließlich auch der Bedarf und das Einkommen des Ehemannes Berücksichtigung fänden. Eine solche Berücksichtigung entspreche auch der materiellen Rechtslage nach dem SGB XII. Nach § 2 SGB XII gelte – wie im SGB II – der Grundsatz der Nachrangigkeit steuerfinanzierter Sozialleistungen. Es seien also vorrangig eigenes Einkommen oder Vermögen oder das Einkommen oder das Vermögen des Ehepartners einzubringen. Die Klägerin könne sich also nicht auf Gütertrennung berufen, wobei aus der Verwaltungsakte der Beklagten auch hervorgehe, dass die Rente der Klägerin auf dem Konto des Ehemanns eingeht (BI. 90 Verwaltungsakte), so dass bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen sei, dass die Klägerin an den Einnahmen aus Vermietung beteiligt ist.
Weiterhin gelte im Bereich des SGB II und des SGB XII der Grundsatz, dass bereite Mittel vorrangig der Existenzsicherung und nicht der Schuldentilgung dienen (BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14/7b AS 10/07 R, juris). Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit im Sinne des SGB XII seien also die anteiligen Leistungen zur Tilgung der Kredite nicht von den Einnahmen aus der Vermietung der Einliegerwohnung in Abzug zu bringen, wobei die Kammer sich frage, von welchen Mitteln der Ehemann der Klägerin eigentlich Kreditkosten in Höhe von monatlich 658,00 EUR bediene (BI. 32 Gerichtsakte). Die Frage, ob das Haus des Ehemanns als zu berücksichtigendes, nicht mehr angemessenes Vermögen im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII einer Hilfebedürftigkeit der Klägerin grundsätzlich entgegenstehe, könne vorliegend aus den genannten Gründen dahinstehen.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 30. Juli 2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 30. August 2012 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen und macht unter Vorlage von Bescheinigungen der Ärztin für Allgemeinmedizin QQ. vom 25. Oktober 2010 geltend, dass der gesundheitsbedingt erhöhte Bedarf insbesondere ihres Ehemannes zu niedrig angesetzt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Juli 2012 sowie die Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2011, vom 31. Januar 2011, vom 12. April 2011 und vom 16. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Die durch Senatsbeschluss vom 5. März 2013 zum Verfahren beigeladene AOK Hessen hat keinen eigenen Sachantrag gestellt.
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der die Klägerin betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 26. Juli 2012 ist nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2011, vom 31. Januar 2011, vom 12. April 2011 und vom 16. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2011 sind zu Recht ergangen. Die seitens der Beklagten wegen der ausstehenden Beitragsforderungen der Beigeladenen vorgenommene Verrechnung mit dem Rentenanspruch der Klägerin ist rechtens.
Wie bereits das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, kann nach § 52 SGB I der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Die Verrechnung steht somit der Aufrechnung gleich; während jedoch bei der Aufrechnung der Leistungsträger Gläubiger der Geldforderung ist, mit der aufgerechnet wird, besteht bei der Verrechnung keine Identität von Gläubiger und Schuldner. Eine wirksame Verrechnung setzt mit Ausnahme des Erfordernisses der Gegenseitigkeit den Tatbestand der Aufrechnung voraus sowie eine Ermächtigung für den ermächtigten Leistungsträger, die Verrechnung vorzunehmen.
Im vorliegenden Fall ist das Bestehen einer hinreichend substantiierten Ermächtigungserklärung seitens der Beigeladenen ebenso unstreitig wie die Höhe der zur Verrechnung gestellten Forderung selbst. Die Beteiligten streiten lediglich darüber, in welchem Umfang seitens der Beklagten eine Verrechnung zugunsten der Beigeladenen vorgenommen werden darf. Insoweit hat das Sozialgericht zu Recht dargelegt, dass gemäß § 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen und mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen kann, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird.
Ein dementsprechender Nachweis des Eintritts der Hilfebedürftigkeit ist seitens der Klägerin vorliegend nicht erbracht worden. Wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, wurden seitens der Beklagten nämlich bei der Verrechnung stets die aktuellen von der Klägerin vorgelegten Bedarfsbescheinigungen des Werra-Meißner-Kreises berücksichtigt. Ob diese Bescheinigungen unter Berücksichtigung der seitens des Sozialgerichts angesprochenen Einkünfte des Ehemannes der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung möglicherweise als übersteigendes Einkommen einen zu niedrigen Betrag ausweisen, kann dahingestellt bleiben, denn hierdurch wird die Klägerin möglicherweise zu Unrecht begünstigt, aber jedenfalls nicht in ihren sich aus §§ 52, 51 SGB I ergebenden Rechten verletzt. Wie das Sozialgericht ausführlich dargelegt hat, besteht im Übrigen auch keine Veranlassung, aufgrund der Erkrankungen der Klägerin oder ihres Ehemannes bei der Bedarfsberechnung einen Mehrbedarf wegen des Erfordernisses einer besonders kostenaufwändigen Ernährung zu berücksichtigen. Es ist auch weder vorgetragen worden noch sonst erkennbar, dass der Klägerin oder ihrem Ehemann wegen der Behandlungsbedürftigkeit ihrer jeweiligen Erkrankungen besondere Kosten entstehen, die nicht von ihrer Krankenversicherung gedeckt sind.
Auf die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) kann die Klägerin sich nicht berufen, denn die betreffenden Schuldnerschutzbestimmungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers im Falle der Verrechnung von laufenden Sozialleistungsansprüchen mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen keine Anwendung finden. Der Wortlaut der Vorschrift des § 51 Abs. 2 SGB I ist insoweit eindeutig und unmissverständlich.
Die Beklagte hat im Übrigen auch in hinreichendem Umfang das ihr zustehende und im Rahmen von § 51 Abs. 2 SGB I grundsätzlich auch auszuübende Ermessen bestätigt. Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I erforderlich, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (überhaupt) ausübt und dass er dabei im Übrigen auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält. Der gemäß § 39 Abs. 1 SGB I von der Ermessensentscheidung Betroffene hat einen korrespondierenden Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Nur in diesem – eingeschränkten – Umfang unterliegt nach Maßgabe des § 54 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Ermessensentscheidung einer gerichtlichen Kontrolle. Rechtswidrig können Verwaltungsakte demnach nur in Fällen des Ermessensfehlgebrauchs (entweder in Gestalt des Ermessensnichtgebrauchs oder in Gestalt der Ermessensüberschreitung) sein (vgl. BSG vom 14. Dezember 1994 - 4 RA 42/94 = SozR 3-1200 § 39 Nr. 1). Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist und ob diese gegebenenfalls rechtmäßig war, beurteilt sich dabei nach dem Inhalt des Verrechnungsbescheides, insbesondere nach seiner Begründung. Diese muss erkennen lassen, dass eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, und sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. BSG SozR 3 1300 § 45 Nrn. 5, 20).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zur Überzeugung des Senats eine diesen Grundsätzen entsprechende hinreichende Ermessensentscheidung getroffen, indem sie in den angefochtenen Bescheiden die vorgetragenen Einwände der Klägerin zur Kenntnis genommen und die von der Klägerin vorgelegten Bedarfsbescheinigungen bei der Ausübung des ihr zustehenden Ermessens ohne Abstriche berücksichtigt hat. Es kann zur Überzeugung des Senats rechtlich nicht beanstandet werden, dass die Beklagte im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse bzw. das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Entrichtung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge höher bewertet hat als das Interesse der Klägerin an einer weitgehend ungeschmälerten Auszahlung ihrer Altersrente.
Da die Klägerin im Übrigen keine im Vergleich zur I. Instanz neuen Gesichtspunkte vorzutragen vermochte, die ihre Rechtsverteidigung stützen könnten, sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist bezüglich der sonstigen Einzelheiten auf die ausführlichen und in der Sache vollauf zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2012.
Die Berufung konnte deshalb im Ergebnis keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
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