Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
180
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 180 SF 404/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Überträgt das Jobcenter rechtsgeschäftlich nach Maßgabe des § 44b Abs. 4 SGB II die Wahrnehmung einzelner Aufgaben (hier: des Forderungseinzugs) auf einen Träger, unterliegt dieser bei der Wahrnehmung der Aufgabe nicht der Pauschgebührenpflicht.
Auf die Erinnerung vom 12. November 2012 wird die gerichtliche Pauschgebührenrechnung (ohne Datum) betreffend den Juli 2012 zu Ziffer 29 (S 80 AL 3310/12 ER) aufgehoben.
Gründe:
I.
In dem zugrundeliegenden Eilrechtsschutzverfahren wandte sich der Antragsteller mit seinem Antrag vom 12. Juli 2012 gegen eine Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes – Vollstreckungsstelle -, in der die bevorstehende Vollstreckung eines Betrages von 981,69 EUR, bestehend aus Forderung Arbeitslosengeld II iHv 976,54 EUR sowie Mahngebühren iHv 5,15 EUR für die Bundesagentur für Arbeit, RD Berlin-Brandenburg, Inkasso aus dem Bescheid des Jobcenters ARGE Steglitz-Zehlendorf vom 5. Juli 2011 angekündigt worden ist. Er hat beantragt, die Vollstreckung aus dem vorgenannten Bescheid des Jobcenters ARGE Steglitz-Zehlendorf sowie die Vollstreckung des Mahngebührenbescheides unbekannten Datums der Antragsgegnerin vorläufig einzustellen. Das Eilrechtsschutzverfahren endete unstreitig durch Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung des Antragstellers. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle stellte unter dem 26. Juli 2012 eine Pauschgebühr nach §§ 184, 186 SGG iHv 75,- EUR fest. Die Erinnerungsführerin erhielt die gerichtliche Kostenansatzrechnung hierüber am 5. November 2012. Sie trägt mit der Erinnerung vom 12. November 2012, eingegangen am 14. November 2012 vor, sie sei als Trägerin der gemeinsamen Einrichtung ARGE Jobcenter Steglitz-Zehlendorf im Rahmen des ihr rechtsgeschäftlich übertragenen Forderungseinzugs tätig geworden und partizipiere daher an der Pauschgebührenbefreiung aus § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X.
II.
Die gemäß § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG zulässige Erinnerung ist begründet. Die Gebührenschuld in Höhe von 75,- EUR gemäß §§ 184, 186 SGG ist zu Unrecht festgestellt worden. Gemäß § 184 Abs. 1 Satz 1 SGG haben Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, für jede Streitsache eine (Pausch-) Gebühr zu entrichten. Einschränkend dazu normiert § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X ua eine Befreiung der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende von den Gerichtskosten ua im Verfahren vor den Sozialgerichten. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist die Bundesagentur für Arbeit Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seiner Entscheidung vom 26. Mai 2011 zum Verfahren B 14 AS 54/10 R (Juris) das Fehlen einer sachlichen Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit für den Erlass eines Mahngebührenbescheides festgestellt. Darüber hinaus hat es ausgeführt, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht befugt sei, einzelne Aufgabenbereiche im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne entsprechende gesetzliche Grundlage in eigener Zuständigkeit auszuüben. Weiter heißt es in der Entscheidung: "Für die Zulässigkeit einer vertraglichen Aufgabenübertragung im hier maßgeblichen Zeitraum kann auch die zwischenzeitlich in § 44b Abs. 4 SGB II ergangene Neuregelung nicht fruchtbar gemacht werden. Zwar heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, § 44b Abs 4. SGB II "stellt klar", dass die gemeinsame Einrichtung einzelne ihrer Aufgaben von den Trägern wahrnehmen lassen könne (BT-Drucks 17/1555, 24; wortgleich der Gesetzentwurf der Bundesregierung, vgl BR-Drucks 226/10, 37 f). Es ist aber nicht zu erkennen, worauf sich die Annahme, es handele sich lediglich um eine Klarstellung, gründet. Die Gesetzesbegründung macht im selben Zusammenhang zudem deutlich, dass erst durch die Neuregelung "die Möglichkeit eröffnet werden" sollte, einzelne Aufgaben rechtsgeschäftlich auf die Leistungsträger zu übertragen (BT-Drucks, aaO)." Nach § 44 b Abs. 4 SGB II in der zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Fassung durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I, 1112) kann die gemeinsame Einrichtung einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen, wofür nach der Gesetzesbegründung eine rechtsgeschäftliche Übertragung notwendig ist. Nach § 1 Abs. 2 der Vereinbarung nach § 44 b Abs. 2 SGB II zwischen der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2010 hat die Trägerversammlung des Jobcenters Steglitz-Zehlendorf in der Sitzung am 8. Dezember 2011 unter Top 5 die vom Jobcenter Steglitz-Zehlendorf vorgelegte Planung des Dienstleistungseinkaufs für das Haushaltsjahr 2012 beschlossen und die Geschäftsführung ermächtigt, die Dienstleistungen einzukaufen. Die Serviceleistung Inkasso findet sich in der der Trägerversammlung vorgelegten Planung unter Nr. O.8. Nach der vorgelegten Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der gemeinsamen Einrichtung - (gE) Jobcenter Berlin Steglitz-Zehlendorf vom 30. Januar 2012 bzw. 2. Februar 2012 ist die Serviceleistung Inkasso (Nr. O.8) ab dem 1. Januar 2012 für eine Laufzeit von 2 Jahren vollständig von der BA übernommen worden. Unter § 4 der vorgenannten Vereinbarung heißt es: "Die BA verpflichtet sich, ihre Aufgabenübernahme entsprechend der Beschreibung vollständig für den Zeitraum der Vereinbarung zu erbringen." Damit steht für die Kammer fest, dass die Aufgabe des Einzugs von (Erstattungs-)Forderungen, die grundsätzlich dem Jobcenter nach dem SGB II obliegt, von diesem wirksam rechtsgeschäftlich auf die Bundesagentur für Arbeit mWv 1. Januar 2012 übertragen worden ist. Die Bundesagentur hat daher in dem, dem Kostenstreit zugrunde liegenden Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz eine rechtsgeschäftlich übertragene Aufgabe des Jobcenters Steglitz-Zehlendorf wahrgenommen und ist daher nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Pflicht zur Entrichtung einer Pauschgebühr nach § 184 SGG befreit. Die Festsetzung von Mahngebühren ist untrennbar mit der Erfüllung der Aufgabe des Einzuges von Forderungen verbunden, da § 19 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG), was auch nach § 5a Satz 1 des VwVfgBln grundsätzlich anwendbar ist, die Erhebung einer Mahngebühr für eine Mahnung zwingend vorsieht. Ein Auftragsverhältnis iSd § 88 SGB X liegt unbeschadet des Umstandes, dass es sich bei der ARGE nicht um einen Leistungsträger iSd § 12 SGB I handelt (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 2011, Az.: B 14 AS 54/10 R, aaO), nicht vor, da für die Aufgabenübertragung zwischen dem Jobcenter (der ARGE) und der BA als Träger seit dem 1. Januar 2011 eine gesetzliche Ermächtigung in § 44 b Abs. 4 SGB II existent ist.
Diese Entscheidung ist endgültig (§ 189 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Gründe:
I.
In dem zugrundeliegenden Eilrechtsschutzverfahren wandte sich der Antragsteller mit seinem Antrag vom 12. Juli 2012 gegen eine Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes – Vollstreckungsstelle -, in der die bevorstehende Vollstreckung eines Betrages von 981,69 EUR, bestehend aus Forderung Arbeitslosengeld II iHv 976,54 EUR sowie Mahngebühren iHv 5,15 EUR für die Bundesagentur für Arbeit, RD Berlin-Brandenburg, Inkasso aus dem Bescheid des Jobcenters ARGE Steglitz-Zehlendorf vom 5. Juli 2011 angekündigt worden ist. Er hat beantragt, die Vollstreckung aus dem vorgenannten Bescheid des Jobcenters ARGE Steglitz-Zehlendorf sowie die Vollstreckung des Mahngebührenbescheides unbekannten Datums der Antragsgegnerin vorläufig einzustellen. Das Eilrechtsschutzverfahren endete unstreitig durch Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung des Antragstellers. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle stellte unter dem 26. Juli 2012 eine Pauschgebühr nach §§ 184, 186 SGG iHv 75,- EUR fest. Die Erinnerungsführerin erhielt die gerichtliche Kostenansatzrechnung hierüber am 5. November 2012. Sie trägt mit der Erinnerung vom 12. November 2012, eingegangen am 14. November 2012 vor, sie sei als Trägerin der gemeinsamen Einrichtung ARGE Jobcenter Steglitz-Zehlendorf im Rahmen des ihr rechtsgeschäftlich übertragenen Forderungseinzugs tätig geworden und partizipiere daher an der Pauschgebührenbefreiung aus § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X.
II.
Die gemäß § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG zulässige Erinnerung ist begründet. Die Gebührenschuld in Höhe von 75,- EUR gemäß §§ 184, 186 SGG ist zu Unrecht festgestellt worden. Gemäß § 184 Abs. 1 Satz 1 SGG haben Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, für jede Streitsache eine (Pausch-) Gebühr zu entrichten. Einschränkend dazu normiert § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X ua eine Befreiung der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende von den Gerichtskosten ua im Verfahren vor den Sozialgerichten. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist die Bundesagentur für Arbeit Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seiner Entscheidung vom 26. Mai 2011 zum Verfahren B 14 AS 54/10 R (Juris) das Fehlen einer sachlichen Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit für den Erlass eines Mahngebührenbescheides festgestellt. Darüber hinaus hat es ausgeführt, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht befugt sei, einzelne Aufgabenbereiche im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne entsprechende gesetzliche Grundlage in eigener Zuständigkeit auszuüben. Weiter heißt es in der Entscheidung: "Für die Zulässigkeit einer vertraglichen Aufgabenübertragung im hier maßgeblichen Zeitraum kann auch die zwischenzeitlich in § 44b Abs. 4 SGB II ergangene Neuregelung nicht fruchtbar gemacht werden. Zwar heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, § 44b Abs 4. SGB II "stellt klar", dass die gemeinsame Einrichtung einzelne ihrer Aufgaben von den Trägern wahrnehmen lassen könne (BT-Drucks 17/1555, 24; wortgleich der Gesetzentwurf der Bundesregierung, vgl BR-Drucks 226/10, 37 f). Es ist aber nicht zu erkennen, worauf sich die Annahme, es handele sich lediglich um eine Klarstellung, gründet. Die Gesetzesbegründung macht im selben Zusammenhang zudem deutlich, dass erst durch die Neuregelung "die Möglichkeit eröffnet werden" sollte, einzelne Aufgaben rechtsgeschäftlich auf die Leistungsträger zu übertragen (BT-Drucks, aaO)." Nach § 44 b Abs. 4 SGB II in der zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Fassung durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I, 1112) kann die gemeinsame Einrichtung einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen, wofür nach der Gesetzesbegründung eine rechtsgeschäftliche Übertragung notwendig ist. Nach § 1 Abs. 2 der Vereinbarung nach § 44 b Abs. 2 SGB II zwischen der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2010 hat die Trägerversammlung des Jobcenters Steglitz-Zehlendorf in der Sitzung am 8. Dezember 2011 unter Top 5 die vom Jobcenter Steglitz-Zehlendorf vorgelegte Planung des Dienstleistungseinkaufs für das Haushaltsjahr 2012 beschlossen und die Geschäftsführung ermächtigt, die Dienstleistungen einzukaufen. Die Serviceleistung Inkasso findet sich in der der Trägerversammlung vorgelegten Planung unter Nr. O.8. Nach der vorgelegten Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der gemeinsamen Einrichtung - (gE) Jobcenter Berlin Steglitz-Zehlendorf vom 30. Januar 2012 bzw. 2. Februar 2012 ist die Serviceleistung Inkasso (Nr. O.8) ab dem 1. Januar 2012 für eine Laufzeit von 2 Jahren vollständig von der BA übernommen worden. Unter § 4 der vorgenannten Vereinbarung heißt es: "Die BA verpflichtet sich, ihre Aufgabenübernahme entsprechend der Beschreibung vollständig für den Zeitraum der Vereinbarung zu erbringen." Damit steht für die Kammer fest, dass die Aufgabe des Einzugs von (Erstattungs-)Forderungen, die grundsätzlich dem Jobcenter nach dem SGB II obliegt, von diesem wirksam rechtsgeschäftlich auf die Bundesagentur für Arbeit mWv 1. Januar 2012 übertragen worden ist. Die Bundesagentur hat daher in dem, dem Kostenstreit zugrunde liegenden Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz eine rechtsgeschäftlich übertragene Aufgabe des Jobcenters Steglitz-Zehlendorf wahrgenommen und ist daher nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Pflicht zur Entrichtung einer Pauschgebühr nach § 184 SGG befreit. Die Festsetzung von Mahngebühren ist untrennbar mit der Erfüllung der Aufgabe des Einzuges von Forderungen verbunden, da § 19 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG), was auch nach § 5a Satz 1 des VwVfgBln grundsätzlich anwendbar ist, die Erhebung einer Mahngebühr für eine Mahnung zwingend vorsieht. Ein Auftragsverhältnis iSd § 88 SGB X liegt unbeschadet des Umstandes, dass es sich bei der ARGE nicht um einen Leistungsträger iSd § 12 SGB I handelt (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 2011, Az.: B 14 AS 54/10 R, aaO), nicht vor, da für die Aufgabenübertragung zwischen dem Jobcenter (der ARGE) und der BA als Träger seit dem 1. Januar 2011 eine gesetzliche Ermächtigung in § 44 b Abs. 4 SGB II existent ist.
Diese Entscheidung ist endgültig (§ 189 Abs. 2 Satz 2 SGG).
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