Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 U 2/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung – BKV (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können).
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war vom 02.03.2009 bis 01.03.2011 bei der Firma C. D. GmbH, C., als Chemiearbeiter in der Flaschenabfüllung eingesetzt. Sei-ne Tätigkeit bestand darin, Flaschen an verschiedenen Abfüllanlagen aufzusetzen, befüllte Flaschen in Kartons zu verpacken und die Kartons zu palettieren. Am 05.07.2012 zeigte er bei der Beklagten Beschwerden im Bereich der Lendenwir-belsäule an und begehrte die Feststellung dieser Leiden als Berufskrankheit. Die Beklagte holte bei der Krankenkasse des Klägers ein Vorerkrankungsverzeichnis ein und wertete Unterlagen des Radiologen Dr. H. vom 25.05.2011, des Facharztes für radiologische Diagnostik Dr. Q. vom 12.08.2011 und 08.08.2012, der Fachärztin für Orthopädie Dr. Q.-T. vom 11.01. und 05.04.2012 sowie der Fachärztin für Allge-meinmedizin von E.-N. vom 18.07.2011 aus. Zur Ermittlung der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten des Klägers holte die Beklagte eine schriftliche Auskunft der Firma C. GmbH vom 10.08.2012 ein und wertete eine Selbstauskunft des Klägers vom 09.08.2012 aus. Gestützt auf diese Ermittlungen errechnete der Präventionsdienst der Beklagten unter dem 27.09.2012 unter Anwendung des Mainz-Dortmunder-Dosismodells eine kumulative Belastungsdosis von 1,73 Mega-Newton-Stunden (MNh). Mit Bescheid vom 08.11.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädi-gung der BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Zur Begründung führte sie aus, bereits die Einwirkungen, denen der Kläger im Laufe seiner Erwerbstätigkeit bei der Firma C. Chemie GmbH ausgesetzt war, seien nicht geeignet, eine Berufskrankheit zu verursachen. Der Kläger legte am 28.11.2012 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 13.12.2012 unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurückwies.
Hiergegen hat der Kläger am 02.01.2013 Klage erhoben und gleichzeitig Prozess-kostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
Der Kläger beantragt seinem schriftsätzlichen Vorbringen nach sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.11.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2012 zu verurteilen, die bei ihm vorliegenden Erkrankungen der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm wegen der hieraus resultierenden Folgen Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 vom Hundert der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat den Kläger mit Schreiben vom 06.05.2013 darauf hingewiesen, dass zu den sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV bislang weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren ein Sachvortrag erfolgt ist. Bis heute hat der Kläger hierzu nichts auszuführen vermocht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessord-nung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO wird für diesen Fall ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt nach Wahl des beantragenden Beteiligten beige-ordnet.
Im vorliegenden Fall war Prozesskostenhilfe und Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwalts abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinrei-chende Aussicht auf Erfolg bietet. Denn die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Lendenwirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV und auch keinen Anspruch auf Entschädigung.
Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet hat und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet. Nur solche Krankheiten, die in Anlage 1 zur BKV (sogenannte Berufskrankheitenliste) im Einzelnen aufgeführt sind, können als Berufskrankheiten anerkannt werden.
Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987, 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14).
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an den sog. arbeitstechnischen Voraussetzun-gen. Im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV greift die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Ermittlung der für eine Krankheitsverursachung erforderlichen Belastungsdosis auf das sog. Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) zurück, das als geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der Nr. 2108 der Anlage zur BKV verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe des "langjährigen" Hebens und Tragens "schwerer" Lasten bzw. "langjähriger" Tätigkeiten in "extremer Rumpfbeugehaltung" angesehen wird (siehe nur BSG, Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R = juris, Rdnr. 18 ff. m.w.N.). Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass es sich bei dem MDD nicht um einen Rechtssatz, sondern allein um eine Zusammenfassung medizinischer Erfahrungstatsachen handelt (grundlegend BSG, Urteil vom 18.03.2003 – B 2 U 13/02 R = juris, Rdnr. 19). Gleichwohl wird das MDD nach wie vor als geeignetes Modell angesehen, die kritische Belastungsdosis eines Versicherten durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten für eine Arbeitsschicht und für das Berufsleben zu ermitteln und in Beziehung zu einem Erkrankungsrisiko zu setzen (BSG, Urteil vom 18.03.2003 – B 2 U 13/02 R = juris, Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/08 R = juris). Da das MDD indessen keine Mindestwerte für die Belastung durch Heben und Tra-gen festsetzt, kann es grundsätzlich nur als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Geeignetheit der Einwirkungen herangezogen werden. Jedoch ist ein unterer Grenzwert auf die Hälfte der Gesamtbelastungsdosis von 25 MHh, also auf 12,5 MNh, festzusetzen. Unterhalb dieses Wertes ist nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen den beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen und es kann deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden (BSG, Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R = juris, Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/08 R = juris, Rdnr. 30).
Im vorliegenden Fall hat der Präventionsdienst der Beklagten unter Zugrundelegung der detaillierten Angaben der Firma C. Chemie GmbH unter dem 27.09.2012 eine Gesamtbelastungsdosis von lediglich 1,73 MNh ermittelt. Dieser Wert entspricht 6,92% der nach dem MDD maßgeblichen Gesamtbelastungsdosis von 25 MNh. Angesichts dieser mehr als deutlichen Unterschreitung selbst des hälftigen Grenzwertes sind nach der o.g. Rechtsprechung des BSG einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen entbehrlich. Der anwaltlich vertretene Kläger hat im bisherigen Widerspruchs- und Klageverfahren nicht nur keine substantiierten Einwendungen gegen die ausführliche und nachvollziehbare Berechnung des Präventionsdienstes zu erheben vermocht; er hat sich zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV überhaupt nicht geäußert. Selbst nachdem ihn das Gericht unter dem 06.05.2013 ausdrücklich hierauf hingewiesen hat, ist im Hinblick auf die Einwirkungen und das MDD keinerlei Sachvortrag erfolgt.
Fehlt es damit bereits an einem Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1, 2. Akt SGB VII) der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV, scheidet eine Entschädigung des Klägers aus.
Ungeklärte Rechtsfragen oder tatsächliche Besonderheiten, welche die Gewährung von Prozesskostenhilfe trotz der mehr als deutlichen Unterschreitung der hälftigen Gesamtbelastungsdosis geböten, sind im vorliegenden Fall weder ersichtlich, noch vorgetragen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung – BKV (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können).
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war vom 02.03.2009 bis 01.03.2011 bei der Firma C. D. GmbH, C., als Chemiearbeiter in der Flaschenabfüllung eingesetzt. Sei-ne Tätigkeit bestand darin, Flaschen an verschiedenen Abfüllanlagen aufzusetzen, befüllte Flaschen in Kartons zu verpacken und die Kartons zu palettieren. Am 05.07.2012 zeigte er bei der Beklagten Beschwerden im Bereich der Lendenwir-belsäule an und begehrte die Feststellung dieser Leiden als Berufskrankheit. Die Beklagte holte bei der Krankenkasse des Klägers ein Vorerkrankungsverzeichnis ein und wertete Unterlagen des Radiologen Dr. H. vom 25.05.2011, des Facharztes für radiologische Diagnostik Dr. Q. vom 12.08.2011 und 08.08.2012, der Fachärztin für Orthopädie Dr. Q.-T. vom 11.01. und 05.04.2012 sowie der Fachärztin für Allge-meinmedizin von E.-N. vom 18.07.2011 aus. Zur Ermittlung der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten des Klägers holte die Beklagte eine schriftliche Auskunft der Firma C. GmbH vom 10.08.2012 ein und wertete eine Selbstauskunft des Klägers vom 09.08.2012 aus. Gestützt auf diese Ermittlungen errechnete der Präventionsdienst der Beklagten unter dem 27.09.2012 unter Anwendung des Mainz-Dortmunder-Dosismodells eine kumulative Belastungsdosis von 1,73 Mega-Newton-Stunden (MNh). Mit Bescheid vom 08.11.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädi-gung der BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Zur Begründung führte sie aus, bereits die Einwirkungen, denen der Kläger im Laufe seiner Erwerbstätigkeit bei der Firma C. Chemie GmbH ausgesetzt war, seien nicht geeignet, eine Berufskrankheit zu verursachen. Der Kläger legte am 28.11.2012 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 13.12.2012 unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurückwies.
Hiergegen hat der Kläger am 02.01.2013 Klage erhoben und gleichzeitig Prozess-kostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
Der Kläger beantragt seinem schriftsätzlichen Vorbringen nach sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.11.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2012 zu verurteilen, die bei ihm vorliegenden Erkrankungen der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm wegen der hieraus resultierenden Folgen Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 vom Hundert der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat den Kläger mit Schreiben vom 06.05.2013 darauf hingewiesen, dass zu den sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV bislang weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren ein Sachvortrag erfolgt ist. Bis heute hat der Kläger hierzu nichts auszuführen vermocht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessord-nung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO wird für diesen Fall ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt nach Wahl des beantragenden Beteiligten beige-ordnet.
Im vorliegenden Fall war Prozesskostenhilfe und Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwalts abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinrei-chende Aussicht auf Erfolg bietet. Denn die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Lendenwirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV und auch keinen Anspruch auf Entschädigung.
Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet hat und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet. Nur solche Krankheiten, die in Anlage 1 zur BKV (sogenannte Berufskrankheitenliste) im Einzelnen aufgeführt sind, können als Berufskrankheiten anerkannt werden.
Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 20.01.1987, 2 RU 27/86 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R = SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB VII Rdnr. 14).
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an den sog. arbeitstechnischen Voraussetzun-gen. Im Hinblick auf die Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV greift die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Ermittlung der für eine Krankheitsverursachung erforderlichen Belastungsdosis auf das sog. Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) zurück, das als geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der Nr. 2108 der Anlage zur BKV verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe des "langjährigen" Hebens und Tragens "schwerer" Lasten bzw. "langjähriger" Tätigkeiten in "extremer Rumpfbeugehaltung" angesehen wird (siehe nur BSG, Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R = juris, Rdnr. 18 ff. m.w.N.). Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass es sich bei dem MDD nicht um einen Rechtssatz, sondern allein um eine Zusammenfassung medizinischer Erfahrungstatsachen handelt (grundlegend BSG, Urteil vom 18.03.2003 – B 2 U 13/02 R = juris, Rdnr. 19). Gleichwohl wird das MDD nach wie vor als geeignetes Modell angesehen, die kritische Belastungsdosis eines Versicherten durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten für eine Arbeitsschicht und für das Berufsleben zu ermitteln und in Beziehung zu einem Erkrankungsrisiko zu setzen (BSG, Urteil vom 18.03.2003 – B 2 U 13/02 R = juris, Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/08 R = juris). Da das MDD indessen keine Mindestwerte für die Belastung durch Heben und Tra-gen festsetzt, kann es grundsätzlich nur als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Geeignetheit der Einwirkungen herangezogen werden. Jedoch ist ein unterer Grenzwert auf die Hälfte der Gesamtbelastungsdosis von 25 MHh, also auf 12,5 MNh, festzusetzen. Unterhalb dieses Wertes ist nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen den beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen und es kann deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden (BSG, Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R = juris, Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/08 R = juris, Rdnr. 30).
Im vorliegenden Fall hat der Präventionsdienst der Beklagten unter Zugrundelegung der detaillierten Angaben der Firma C. Chemie GmbH unter dem 27.09.2012 eine Gesamtbelastungsdosis von lediglich 1,73 MNh ermittelt. Dieser Wert entspricht 6,92% der nach dem MDD maßgeblichen Gesamtbelastungsdosis von 25 MNh. Angesichts dieser mehr als deutlichen Unterschreitung selbst des hälftigen Grenzwertes sind nach der o.g. Rechtsprechung des BSG einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen entbehrlich. Der anwaltlich vertretene Kläger hat im bisherigen Widerspruchs- und Klageverfahren nicht nur keine substantiierten Einwendungen gegen die ausführliche und nachvollziehbare Berechnung des Präventionsdienstes zu erheben vermocht; er hat sich zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV überhaupt nicht geäußert. Selbst nachdem ihn das Gericht unter dem 06.05.2013 ausdrücklich hierauf hingewiesen hat, ist im Hinblick auf die Einwirkungen und das MDD keinerlei Sachvortrag erfolgt.
Fehlt es damit bereits an einem Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1, 2. Akt SGB VII) der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV, scheidet eine Entschädigung des Klägers aus.
Ungeklärte Rechtsfragen oder tatsächliche Besonderheiten, welche die Gewährung von Prozesskostenhilfe trotz der mehr als deutlichen Unterschreitung der hälftigen Gesamtbelastungsdosis geböten, sind im vorliegenden Fall weder ersichtlich, noch vorgetragen.
Rechtskraft
Aus
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