Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 784/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 506/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.01.2012 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2013.
Der 1961 geborene Kläger italienischer Staatsangehörigkeit hat keinen Beruf erlernt. Zuletzt war er als Qualitätskontrolleur im Maschinenbau versicherungspflichtig beschäftigt. Im Versicherungsverlauf des Klägers sind Pflichtbeiträge wegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bis 27.10.1996 vermerkt, vom 28.10.1996 bis 28.02.1999 Pflichtbeiträge wegen des Bezugs von Krankengeld bzw Arbeitslosengeld und daneben ab 01.09.1995 durchgehend bis 31.12.2010 Pflichtbeiträge wegen Pflegetätigkeit. Seit 1999 ist der Kläger als Eventmanager selbständig tätig, sein letztes Engagement hatte er 2009.
Vom 30.03. bis 27.04.2010 wurde der Kläger stationär in der Privatklinik Bad G. wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome, generalisierten Angststörung, Hypertonie ohne hypertensive Krise und akzentuierter Persönlichkeit mit narzisstischen Zügen stationär behandelt.
Am 12.08.2010 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin ambulant nervenärztlich begutachten. In dem Gutachten vom 07.11.2010 kam Dr. B. zu der Einschätzung, dass der Kläger bei Vorliegen von Angstattacken, einer narzisstischen Persönlichkeitsakzentualisierung und Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Mit Bescheid vom 22.11.2010 lehnte die Beklagte sodann den Rentenantrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2011 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 21.02.2011 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Zur Begründung trägt der Kläger vor, trotz intensiver ambulanter und stationärer Behandlungen habe sich sein Gesundheitszustand eher verschlechtert. Die Beklagte verkenne, dass sich seine Erkrankungen wechselseitig verstärkten. Tatsächlich sei er seit Antragstellung nicht in der Lage, irgendeine Erwerbstätigkeit auszuüben.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dr. Be. hat mit Schreiben vom 26.05.2011 mitgeteilt, dass bei dem Kläger eine chronifizierte Depression mit persönlichkeitsimmanenten Komponenten vorliege, eine vollschichtige Verrichtung auch einer körperlich leichten Tätigkeit erscheine ausgeschlossen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie D. hat mit Schreiben vom 08.06.2011 geäußert, der Kläger klage über Appetitlosigkeit, Insomnie, innere Anspannung, Mangel an Ausdauer, Herabsetzung der Konzentrationsfähigkeit, Druckgefühl in der Brust, manchmal Schwitzattacken, außerdem generalisierte Angststörung mit Angst vor einem Herzinfarkt; bei konsequenter Behandlung sei der Kläger ohne weiteres in der Lage, eine körperlich leichte Berufstätigkeit auszuüben. Der Hausarzt Dr. W. hat schließlich am 03.08.2011 mitgeteilt, der depressive Zustand, begleitet von Angst- und Panikattacken habe sich im Verlauf eher diskret verschlechtert, körperlich sei der Kläger nicht eingeschränkt, hingegen schlössen die Medikation und die Depression seines Erachtens eine vollschichtige Tätigkeit aus. Zusätzlich hat das SG ein nervenärztliches Gutachten bei Prof. Dr. Br. eingeholt. In dem Gutachten vom 06.10.2011 werden folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Generalisierte Angststörung, Panikstörung, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Migräne mit Aura und chronischer Alkoholabusus. Dr. Br. kommt zu der Einschätzung, dass es dem Kläger derzeit und bis auf Weiteres nicht zumutbar sei, sich an irgendwelchen Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit zu beteiligen.
Die Beklagte hat hierzu mit Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vom 02.11.2011 durch Dr. Walter ausgeführt, dass der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. Br. nicht gefolgt werden könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2012 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2011 verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.10.2010 bis 30.09.2013 zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Leistungsvermögen des Klägers sei aus gesundheitlichen Gründen auf unter drei Stunden pro Tag begrenzt. Der Kläger leide nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Br. an einer generalisierten Angststörung, Panikstörung und rezidivierenden depressiven Störung, zudem betreibe er einen chronischen Alkoholabusus. Diese Diagnosen stünden im Einklang mit den übereinstimmenden Angaben der behandelnden Ärzte. Nicht zu überzeugen vermöge demgegenüber die Einschätzung von Dr. B., die depressive Symptomatik habe nicht überdauert. Dieser stütze seine Auffassung im Wesentlichen auf seinen punktuellen persönlichen Eindruck bei der Untersuchung am 02.11.2010 und berücksichtige dabei die Erkenntnisse der behandelnden Ärzte nicht in ausreichendem Maße. Ob eine rezidivierende depressive Störung zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögen führe, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Ungünstig wirke eine Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen sowie eine mittelgradig bis schwer ausgeprägte Symptomatik, chronifizierter Verlauf, erfolglose Behandlungsversuche bei ausreichend langer und hoher antidepressiver Medikation sowie gescheiterte Rehabilitationsmaßnahmen. Gemessen hieran überzeuge die Einschätzung von Prof. Dr. Br. Zur Zeit der stationären Behandlung in der Privatklinik Bad G. sei die depressive Symptomatik schwer ausgeprägt gewesen, bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Br. habe noch eine mittelgradige Ausprägung vorgelegen. Auch Dr. Dr. Be. beschreibe eine deutlich depressive Grundstimmung. Zu einer vollständigen Remission der Beschwerden sei es trotz verschiedener therapeutischer Ansätze nicht gekommen. Die Belastbarkeit werde zusätzlich beeinträchtigt durch die generalisierte Angst- und Panikstörung. Die Rente sei auf Zeit zu leisten, da derzeit die Annahme verfrüht erscheine, für den Kläger bestehe keinerlei Aussicht mehr auf Steigerung seines quantitativen Leistungsvermögens. Als Leistungsfall sei der 30.03.2010 mit Beginn der stationären Behandlung in Bad G. anzunehmen.
Die Beklagte hat gegen den Gerichtsbescheid am 31.01.2012 Berufung eingelegt und die Aussetzung der Vollstreckung aus dem Gerichtsbescheid beantragt. Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass das Gericht das Gesamtergebnis des Verfahrens würdigen müsse. Diesem Erfordernis genüge das SG nicht, da es jegliche schlüssige und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit der Stellungnahme vom 02.11.2011 von Dr. Walter vermissen lasse. Prof. Dr. Br. habe im psychischen Befund nach einer fünfstündigen Untersuchung keine Defizite im mnestischen oder kognitiven Bereich geschildert. Wie inzwischen bei einer Vielzahl von Gutachten des Sachverständigen Dr. Br. müsse auch vorliegend kritisiert werden, dass der Sachverständige ungeprüft eigene Angaben des Probanden als eigenständige Diagnosen übernehme, ohne diese kritisch zu hinterfragen und einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Soweit sich Prof. Dr. Br. mit dem Gutachten von Dr. B. befasse, gehe er allerdings nicht auf dessen überzeugende Argumentation ein, dass für die sozialmedizinische Beurteilung durchaus auch die beschreibende Ebene vom üblichen, auch aktuellen außerberuflichen Hintergrund, aufschlussreich sei (längere Pkw-Fahrten auch in den Urlaub, längeres Klavierspielen, Versorgung der querschnittsgelähmten Lebensgefährtin usw).
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.01.2012 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe ihm zu Recht eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Br. habe sich dezidiert mittels einer persönlichen Untersuchung mit der Frage der Erwerbs- und Leistungsfähigkeit des Klägers auseinandergesetzt. Dagegen habe der Gutachter der Beklagten, Dr. B., die Erkenntnisse aller anderen behandelnden Ärzte nicht berücksichtigt. Der Kläger sei nicht in der Lage, sich an irgendwelchen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit zu beteiligen.
Mit Beschluss vom 20.02.2012 hat der Senatsvorsitzende die Vollstreckung aus dem Gerichtsbescheid des SG bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz ausgesetzt. Zur Begründung hat er ausgeführt, beim derzeitigen Stand der Ermittlungen habe die Berufung Aussicht auf Erfolg, weil der Kläger nach dem Ergebnis der im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen noch in der Lage sein dürfte, leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die von Prof. Dr. Br. vorgenommene Leistungseinschätzung vermöge (noch) nicht zu überzeugen, weshalb weitere Ermittlungen geboten seien.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigengutachtens bei Dr. Sch., Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I, Psychiatrisches Zentrum N. in Wi ... In dem Gutachten vom 18.09.2012 stellt Dr. Sch. folgende Diagnosen: leichtgradige depressive Störung, Panikstörung, Alkohol-Abhängigkeitssyndrom, schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen und nebenbefundlich Kombinationskopfschmerz. Die depressive Störung und die Panikstörung führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit des Klägers; Akkord, Nachtarbeit, Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte sowie mit Absturzgefahr seien zu vermeiden, wegen der Alkoholerkrankung ebenso Tätigkeiten in der Gastronomie oder in der Logistik von Getränken oder Medikamenten. Körperlich leichte bis vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten könnten unter Beachtung der genannten Einschränkungen bis zu acht Stunden pro Werktag verrichtet werden. Dem stehe das leistungsbezogene Selbstbild des Klägers klar entgegen, dieses sei jedoch nicht realistisch.
Zusätzlich hat der Senat den Entlassungsbericht der A.-Klinik O. vom 21.12.2012 beigezogen über die stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 05.11. bis 11.12.2012. Dort wurde der Kläger wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode behandelt, er konnte in gut gebessertem psychopathologischen Zustand bei ausgeglichener Stimmungslage und guter Antriebslage arbeitsfähig entlassen werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheit des Sacherhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und damit zulässig, und in der Sache auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.10.2010 bis 30.09.2013 zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 22.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.10.2010 bis 30.09.2013.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom Senat und dem SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. B., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger (auch) seit 2010 noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord, Nachtschicht, erhöhte Verantwortung für Personen oder Sachwerte, Absturzgefahr und ohne Zugriffsmöglichkeiten auf Alkohol oder Medikamente sechs Stunden und mehr täglich an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Das Leistungsvermögen des Klägers ist im Wesentlichen durch eine rezidivierende depressive Störung sowie eine Panikstörung beeinträchtigt, daneben besteht Alkoholabhängigkeit, ein schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen und ein Kombinationskopfschmerz sowie Bluthochdruck. Das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen ergibt sich im Wesentlichen übereinstimmend aus den Aussagen sämtlicher behandelnder Ärzte und den im Laufe des Verfahrens eingeholten Gutachten. Dabei ist insbesondere hinsichtlich der depressiven Symptomatik eine wechselnde Ausprägung erkennbar. So bestand bei der stationären Behandlung in Bad G. im Frühjahr 2010 eine schwere Episode, ebenso bei Aufnahme in die A.-Klinik im November 2012. Prof. Dr. Br. berichtete im Oktober 2011 über eine mittelgradige depressive Symptomatik, während bei der Untersuchung durch Dr. B. im November 2010 und durch Dr. Sch. im September 2012 nur eine leichte Symptomatik vorlag. Auch zum Zeitpunkt der Entlassung aus der A.-Klinik bestand keine gravierende depressive Symptomatik mehr, der Kläger konnte bei ausgeglichener Stimmungslage und guter Antriebslage sogar arbeitsfähig entlassen werden.
Mit den vorgenannten Gesundheitsstörungen ist der Kläger zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, unter Beachtung der obengenannten Einschränkungen leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden werktäglich zu verrichten. Der Senat stützt sich insoweit im Wesentlichen auf das gerichtliche Sachverständigengutachten von Dr. Sch. In diesem aktuellen Gutachten werden die vorhandenen medizinischen Stellungnahmen, Befunde und Vorgutachten umfassend gewürdigt und aufgrund eigener ausführlicher Untersuchung des Klägers gelangt Dr. Sch. nachvollziehbar zu seiner Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers. Dieses Gutachten überzeugt den Senat. Insbesondere hat Dr. Sch. auch die subjektiven Angaben des Klägers kritisch gewürdigt und die tatsächlich im Alltagsleben auftretenden Beeinträchtigungen berücksichtigt. Bei der mehrstündigen Exploration konnte Dr. Sch. ein durchschnittlich ausgeprägtes Auffassungs- und Konzentrationsvermögen feststellen, wobei es zu keinen verstärkt ausgeprägten kognitiven Ermüdungszeichen kam. Auch Dr. B. beschrieb den Kläger als ungestört in Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnis ohne vorzeitige Ermüdungs- oder Erschöpfungszeichen ungeachtet subjektiver Schilderungen. Ebenso hat Prof. Dr. Br. unbeeinträchtigte Gedächtnisleistungen, durchschnittliche Intelligenz und unbeeinträchtigtes Auffassungsvermögen beschrieben, gleichwohl hat er die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit des Klägers als erheblich beeinträchtigt angenommen. Dr. Sch. weist in diesem Zusammenhang auf Diskrepanzen zwischen angegebenen Beschwerden des Klägers und beobachtbaren Befunden hin. So berichtete der Kläger das Vorliegen ausgeprägter Schmerzzustände im Bereich des Kopfes und beider Oberschenkel, deren Intensität er aktuell auf Stufe 7 (bei Skalierung von 0 - 10) einschätzte, wobei allerdings keinerlei relevante schmerztypische Verhaltensweisen gefunden werden konnten wie übervorsichtige Bewegungen, reiben eines Schmerzbereichs, entlasten einer Schmerzzone, starre/abnorme Haltung. Weitere Diskrepanzen ergaben sich nach der Schilderung von Dr. Sch. in Bezug auf die angegebenen Konzentrationsdefizite und Vergesslichkeit, denn im Rahmen der mehrstündigen Exploration waren auf Befundebene keine relevanten kognitiven Defizite festzustellen gewesen. Weitere Auffälligkeiten ergaben sich im Rahmen der testpsychologischen Untersuchungsverfahren, wobei die Ergebnisse der verwendeten testpsychologischen Beschwerdeevaluierungsverfahren klar dafür sprachen, dass eine instruktionswidrige Anstrengungsminderleistung zugrunde lag und insgesamt festzuhalten war, dass die Angaben des Klägers in Bezug auf verschiedene körperliche, körperlich funktionelle und psychische Beschwerden und Funktionsdefizite nicht vollständig authentisch waren. In diesem Punkt ist dagegen das Gutachten von Prof. Dr. Br. zu kritisieren, denn dieser lässt schon in seiner Befunderhebung wiederholt subjektive Angaben des Klägers einfließen ("mein Antrieb ist null ..."), ohne diese kritisch zu hinterfragen. Aus diesem Grund vermag auch die Leistungseinschätzung in dem Gutachten von Prof. Dr. Br. nicht zu überzeugen. Schließlich sprechen auch noch die in weiten Teilen erhaltenen Alltagsaktivitäten für ein erhaltenes Leistungsvermögen des Klägers auch in beruflicher Hinsicht, welches im Widerspruch zu dessen subjektiver Selbsteinschätzung steht. Besonders plastisch wird dies im Gutachten von Dr. B. geschildert mit längeren Pkw-Fahrten, Urlaubsreisen und nicht zuletzt Versorgung der nach einem Suizidversuch durch Sprung vom Balkon im Jahr 1995 querschnittsgelähmten Partnerin. Eine dauerhafte Einschränkung aufgrund einer höhergradigen depressiven Symptomatik liegt dagegen nicht vor, wie aktuell eindrucksvoll durch den Entlassungsbericht der A.-Klinik O. belegt wird. Dort wurde der Kläger zwar mit einer schweren depressiven Episode aufgenommen, er konnte jedoch in deutlich gebessertem, sogar arbeitsfähigem Zustand im Dezember 2012 wieder entlassen werden.
Die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte Dr. Be. und Dr. W. ist durch das gerichtliche Sachverständigengutachten von Dr. Sch. widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Diese Konsistenzprüfung ist im Übrigen, wie bereits oben ausgeführt, auch im gerichtlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Br. nicht in ausreichendem Maße erfolgt. Im Übrigen haben auch die behandelnden Ärzte des Klägers dessen berufliche Leistungsfähigkeit nicht einheitlich beurteilt, denn der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie D. hat keinerlei Leistungseinschränkungen für leichte Tätigkeiten gesehen.
Mit der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten mindestens sechsstündig - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.
Der Kläger kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese so genannten qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht wesentlich über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte körperliche Arbeiten erfasst wird. Die bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, dass eine besondere Stressbelastung, Tätigkeiten mit Absturzgefahr oder Zugriffsmöglichkeiten auf Alkohol oder Medikamente nicht mehr zumutbar sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass der Kläger noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen, noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar.
Der Kläger ist auch in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. Sch. und Prof. Dr. Br. hervor, die insoweit übereinstimmend keinerlei Beeinträchtigung der Wegefähigkeit gesehen haben.
Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht zur Überzeugung des Senats durchgehend seit Rentenantragstellung. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI), er hat damit weder einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser, noch voller Erwerbsminderung.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Ungeachtet dessen, ob in der vom SG ausgesprochenen Verurteilung zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit als Minus ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit enthalten ist oder es sich bei diesem Anspruch um ein Aliud handelt, besteht jedenfalls schon deshalb kein solcher Rentenanspruch, da nach § 240 SGB VI Voraussetzung ist, dass der Versicherte vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist indes erst am 24.11.1961 geboren, sodass eine Rente nach § 240 SGB VI ungeachtet dessen, dass der Kläger als ungelernter Arbeiter ohnehin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar wäre, bereits aus diesem Grund ausscheidet.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. Sch. und Dr. B. in Verbindung mit den vorliegenden Auskünften der als sachverständige Zeugen befragten Ärzte haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung). Die genannten Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben keinen Anlass, eine Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Wie bereits ausgeführt, konnte dem Gutachten von Prof. Dr. Br. aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2013.
Der 1961 geborene Kläger italienischer Staatsangehörigkeit hat keinen Beruf erlernt. Zuletzt war er als Qualitätskontrolleur im Maschinenbau versicherungspflichtig beschäftigt. Im Versicherungsverlauf des Klägers sind Pflichtbeiträge wegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bis 27.10.1996 vermerkt, vom 28.10.1996 bis 28.02.1999 Pflichtbeiträge wegen des Bezugs von Krankengeld bzw Arbeitslosengeld und daneben ab 01.09.1995 durchgehend bis 31.12.2010 Pflichtbeiträge wegen Pflegetätigkeit. Seit 1999 ist der Kläger als Eventmanager selbständig tätig, sein letztes Engagement hatte er 2009.
Vom 30.03. bis 27.04.2010 wurde der Kläger stationär in der Privatklinik Bad G. wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome, generalisierten Angststörung, Hypertonie ohne hypertensive Krise und akzentuierter Persönlichkeit mit narzisstischen Zügen stationär behandelt.
Am 12.08.2010 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin ambulant nervenärztlich begutachten. In dem Gutachten vom 07.11.2010 kam Dr. B. zu der Einschätzung, dass der Kläger bei Vorliegen von Angstattacken, einer narzisstischen Persönlichkeitsakzentualisierung und Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Mit Bescheid vom 22.11.2010 lehnte die Beklagte sodann den Rentenantrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2011 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 21.02.2011 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Zur Begründung trägt der Kläger vor, trotz intensiver ambulanter und stationärer Behandlungen habe sich sein Gesundheitszustand eher verschlechtert. Die Beklagte verkenne, dass sich seine Erkrankungen wechselseitig verstärkten. Tatsächlich sei er seit Antragstellung nicht in der Lage, irgendeine Erwerbstätigkeit auszuüben.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dr. Be. hat mit Schreiben vom 26.05.2011 mitgeteilt, dass bei dem Kläger eine chronifizierte Depression mit persönlichkeitsimmanenten Komponenten vorliege, eine vollschichtige Verrichtung auch einer körperlich leichten Tätigkeit erscheine ausgeschlossen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie D. hat mit Schreiben vom 08.06.2011 geäußert, der Kläger klage über Appetitlosigkeit, Insomnie, innere Anspannung, Mangel an Ausdauer, Herabsetzung der Konzentrationsfähigkeit, Druckgefühl in der Brust, manchmal Schwitzattacken, außerdem generalisierte Angststörung mit Angst vor einem Herzinfarkt; bei konsequenter Behandlung sei der Kläger ohne weiteres in der Lage, eine körperlich leichte Berufstätigkeit auszuüben. Der Hausarzt Dr. W. hat schließlich am 03.08.2011 mitgeteilt, der depressive Zustand, begleitet von Angst- und Panikattacken habe sich im Verlauf eher diskret verschlechtert, körperlich sei der Kläger nicht eingeschränkt, hingegen schlössen die Medikation und die Depression seines Erachtens eine vollschichtige Tätigkeit aus. Zusätzlich hat das SG ein nervenärztliches Gutachten bei Prof. Dr. Br. eingeholt. In dem Gutachten vom 06.10.2011 werden folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Generalisierte Angststörung, Panikstörung, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Migräne mit Aura und chronischer Alkoholabusus. Dr. Br. kommt zu der Einschätzung, dass es dem Kläger derzeit und bis auf Weiteres nicht zumutbar sei, sich an irgendwelchen Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit zu beteiligen.
Die Beklagte hat hierzu mit Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vom 02.11.2011 durch Dr. Walter ausgeführt, dass der Leistungseinschätzung von Prof. Dr. Br. nicht gefolgt werden könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2012 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2011 verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.10.2010 bis 30.09.2013 zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Leistungsvermögen des Klägers sei aus gesundheitlichen Gründen auf unter drei Stunden pro Tag begrenzt. Der Kläger leide nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Br. an einer generalisierten Angststörung, Panikstörung und rezidivierenden depressiven Störung, zudem betreibe er einen chronischen Alkoholabusus. Diese Diagnosen stünden im Einklang mit den übereinstimmenden Angaben der behandelnden Ärzte. Nicht zu überzeugen vermöge demgegenüber die Einschätzung von Dr. B., die depressive Symptomatik habe nicht überdauert. Dieser stütze seine Auffassung im Wesentlichen auf seinen punktuellen persönlichen Eindruck bei der Untersuchung am 02.11.2010 und berücksichtige dabei die Erkenntnisse der behandelnden Ärzte nicht in ausreichendem Maße. Ob eine rezidivierende depressive Störung zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögen führe, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Ungünstig wirke eine Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen sowie eine mittelgradig bis schwer ausgeprägte Symptomatik, chronifizierter Verlauf, erfolglose Behandlungsversuche bei ausreichend langer und hoher antidepressiver Medikation sowie gescheiterte Rehabilitationsmaßnahmen. Gemessen hieran überzeuge die Einschätzung von Prof. Dr. Br. Zur Zeit der stationären Behandlung in der Privatklinik Bad G. sei die depressive Symptomatik schwer ausgeprägt gewesen, bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Br. habe noch eine mittelgradige Ausprägung vorgelegen. Auch Dr. Dr. Be. beschreibe eine deutlich depressive Grundstimmung. Zu einer vollständigen Remission der Beschwerden sei es trotz verschiedener therapeutischer Ansätze nicht gekommen. Die Belastbarkeit werde zusätzlich beeinträchtigt durch die generalisierte Angst- und Panikstörung. Die Rente sei auf Zeit zu leisten, da derzeit die Annahme verfrüht erscheine, für den Kläger bestehe keinerlei Aussicht mehr auf Steigerung seines quantitativen Leistungsvermögens. Als Leistungsfall sei der 30.03.2010 mit Beginn der stationären Behandlung in Bad G. anzunehmen.
Die Beklagte hat gegen den Gerichtsbescheid am 31.01.2012 Berufung eingelegt und die Aussetzung der Vollstreckung aus dem Gerichtsbescheid beantragt. Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass das Gericht das Gesamtergebnis des Verfahrens würdigen müsse. Diesem Erfordernis genüge das SG nicht, da es jegliche schlüssige und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit der Stellungnahme vom 02.11.2011 von Dr. Walter vermissen lasse. Prof. Dr. Br. habe im psychischen Befund nach einer fünfstündigen Untersuchung keine Defizite im mnestischen oder kognitiven Bereich geschildert. Wie inzwischen bei einer Vielzahl von Gutachten des Sachverständigen Dr. Br. müsse auch vorliegend kritisiert werden, dass der Sachverständige ungeprüft eigene Angaben des Probanden als eigenständige Diagnosen übernehme, ohne diese kritisch zu hinterfragen und einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Soweit sich Prof. Dr. Br. mit dem Gutachten von Dr. B. befasse, gehe er allerdings nicht auf dessen überzeugende Argumentation ein, dass für die sozialmedizinische Beurteilung durchaus auch die beschreibende Ebene vom üblichen, auch aktuellen außerberuflichen Hintergrund, aufschlussreich sei (längere Pkw-Fahrten auch in den Urlaub, längeres Klavierspielen, Versorgung der querschnittsgelähmten Lebensgefährtin usw).
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.01.2012 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe ihm zu Recht eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Br. habe sich dezidiert mittels einer persönlichen Untersuchung mit der Frage der Erwerbs- und Leistungsfähigkeit des Klägers auseinandergesetzt. Dagegen habe der Gutachter der Beklagten, Dr. B., die Erkenntnisse aller anderen behandelnden Ärzte nicht berücksichtigt. Der Kläger sei nicht in der Lage, sich an irgendwelchen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit zu beteiligen.
Mit Beschluss vom 20.02.2012 hat der Senatsvorsitzende die Vollstreckung aus dem Gerichtsbescheid des SG bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz ausgesetzt. Zur Begründung hat er ausgeführt, beim derzeitigen Stand der Ermittlungen habe die Berufung Aussicht auf Erfolg, weil der Kläger nach dem Ergebnis der im Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen noch in der Lage sein dürfte, leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die von Prof. Dr. Br. vorgenommene Leistungseinschätzung vermöge (noch) nicht zu überzeugen, weshalb weitere Ermittlungen geboten seien.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigengutachtens bei Dr. Sch., Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I, Psychiatrisches Zentrum N. in Wi ... In dem Gutachten vom 18.09.2012 stellt Dr. Sch. folgende Diagnosen: leichtgradige depressive Störung, Panikstörung, Alkohol-Abhängigkeitssyndrom, schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen und nebenbefundlich Kombinationskopfschmerz. Die depressive Störung und die Panikstörung führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit des Klägers; Akkord, Nachtarbeit, Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte sowie mit Absturzgefahr seien zu vermeiden, wegen der Alkoholerkrankung ebenso Tätigkeiten in der Gastronomie oder in der Logistik von Getränken oder Medikamenten. Körperlich leichte bis vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten könnten unter Beachtung der genannten Einschränkungen bis zu acht Stunden pro Werktag verrichtet werden. Dem stehe das leistungsbezogene Selbstbild des Klägers klar entgegen, dieses sei jedoch nicht realistisch.
Zusätzlich hat der Senat den Entlassungsbericht der A.-Klinik O. vom 21.12.2012 beigezogen über die stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 05.11. bis 11.12.2012. Dort wurde der Kläger wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode behandelt, er konnte in gut gebessertem psychopathologischen Zustand bei ausgeglichener Stimmungslage und guter Antriebslage arbeitsfähig entlassen werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheit des Sacherhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und damit zulässig, und in der Sache auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.10.2010 bis 30.09.2013 zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 22.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.10.2010 bis 30.09.2013.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom Senat und dem SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. B., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger (auch) seit 2010 noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord, Nachtschicht, erhöhte Verantwortung für Personen oder Sachwerte, Absturzgefahr und ohne Zugriffsmöglichkeiten auf Alkohol oder Medikamente sechs Stunden und mehr täglich an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Das Leistungsvermögen des Klägers ist im Wesentlichen durch eine rezidivierende depressive Störung sowie eine Panikstörung beeinträchtigt, daneben besteht Alkoholabhängigkeit, ein schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen und ein Kombinationskopfschmerz sowie Bluthochdruck. Das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen ergibt sich im Wesentlichen übereinstimmend aus den Aussagen sämtlicher behandelnder Ärzte und den im Laufe des Verfahrens eingeholten Gutachten. Dabei ist insbesondere hinsichtlich der depressiven Symptomatik eine wechselnde Ausprägung erkennbar. So bestand bei der stationären Behandlung in Bad G. im Frühjahr 2010 eine schwere Episode, ebenso bei Aufnahme in die A.-Klinik im November 2012. Prof. Dr. Br. berichtete im Oktober 2011 über eine mittelgradige depressive Symptomatik, während bei der Untersuchung durch Dr. B. im November 2010 und durch Dr. Sch. im September 2012 nur eine leichte Symptomatik vorlag. Auch zum Zeitpunkt der Entlassung aus der A.-Klinik bestand keine gravierende depressive Symptomatik mehr, der Kläger konnte bei ausgeglichener Stimmungslage und guter Antriebslage sogar arbeitsfähig entlassen werden.
Mit den vorgenannten Gesundheitsstörungen ist der Kläger zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, unter Beachtung der obengenannten Einschränkungen leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden werktäglich zu verrichten. Der Senat stützt sich insoweit im Wesentlichen auf das gerichtliche Sachverständigengutachten von Dr. Sch. In diesem aktuellen Gutachten werden die vorhandenen medizinischen Stellungnahmen, Befunde und Vorgutachten umfassend gewürdigt und aufgrund eigener ausführlicher Untersuchung des Klägers gelangt Dr. Sch. nachvollziehbar zu seiner Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers. Dieses Gutachten überzeugt den Senat. Insbesondere hat Dr. Sch. auch die subjektiven Angaben des Klägers kritisch gewürdigt und die tatsächlich im Alltagsleben auftretenden Beeinträchtigungen berücksichtigt. Bei der mehrstündigen Exploration konnte Dr. Sch. ein durchschnittlich ausgeprägtes Auffassungs- und Konzentrationsvermögen feststellen, wobei es zu keinen verstärkt ausgeprägten kognitiven Ermüdungszeichen kam. Auch Dr. B. beschrieb den Kläger als ungestört in Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnis ohne vorzeitige Ermüdungs- oder Erschöpfungszeichen ungeachtet subjektiver Schilderungen. Ebenso hat Prof. Dr. Br. unbeeinträchtigte Gedächtnisleistungen, durchschnittliche Intelligenz und unbeeinträchtigtes Auffassungsvermögen beschrieben, gleichwohl hat er die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit des Klägers als erheblich beeinträchtigt angenommen. Dr. Sch. weist in diesem Zusammenhang auf Diskrepanzen zwischen angegebenen Beschwerden des Klägers und beobachtbaren Befunden hin. So berichtete der Kläger das Vorliegen ausgeprägter Schmerzzustände im Bereich des Kopfes und beider Oberschenkel, deren Intensität er aktuell auf Stufe 7 (bei Skalierung von 0 - 10) einschätzte, wobei allerdings keinerlei relevante schmerztypische Verhaltensweisen gefunden werden konnten wie übervorsichtige Bewegungen, reiben eines Schmerzbereichs, entlasten einer Schmerzzone, starre/abnorme Haltung. Weitere Diskrepanzen ergaben sich nach der Schilderung von Dr. Sch. in Bezug auf die angegebenen Konzentrationsdefizite und Vergesslichkeit, denn im Rahmen der mehrstündigen Exploration waren auf Befundebene keine relevanten kognitiven Defizite festzustellen gewesen. Weitere Auffälligkeiten ergaben sich im Rahmen der testpsychologischen Untersuchungsverfahren, wobei die Ergebnisse der verwendeten testpsychologischen Beschwerdeevaluierungsverfahren klar dafür sprachen, dass eine instruktionswidrige Anstrengungsminderleistung zugrunde lag und insgesamt festzuhalten war, dass die Angaben des Klägers in Bezug auf verschiedene körperliche, körperlich funktionelle und psychische Beschwerden und Funktionsdefizite nicht vollständig authentisch waren. In diesem Punkt ist dagegen das Gutachten von Prof. Dr. Br. zu kritisieren, denn dieser lässt schon in seiner Befunderhebung wiederholt subjektive Angaben des Klägers einfließen ("mein Antrieb ist null ..."), ohne diese kritisch zu hinterfragen. Aus diesem Grund vermag auch die Leistungseinschätzung in dem Gutachten von Prof. Dr. Br. nicht zu überzeugen. Schließlich sprechen auch noch die in weiten Teilen erhaltenen Alltagsaktivitäten für ein erhaltenes Leistungsvermögen des Klägers auch in beruflicher Hinsicht, welches im Widerspruch zu dessen subjektiver Selbsteinschätzung steht. Besonders plastisch wird dies im Gutachten von Dr. B. geschildert mit längeren Pkw-Fahrten, Urlaubsreisen und nicht zuletzt Versorgung der nach einem Suizidversuch durch Sprung vom Balkon im Jahr 1995 querschnittsgelähmten Partnerin. Eine dauerhafte Einschränkung aufgrund einer höhergradigen depressiven Symptomatik liegt dagegen nicht vor, wie aktuell eindrucksvoll durch den Entlassungsbericht der A.-Klinik O. belegt wird. Dort wurde der Kläger zwar mit einer schweren depressiven Episode aufgenommen, er konnte jedoch in deutlich gebessertem, sogar arbeitsfähigem Zustand im Dezember 2012 wieder entlassen werden.
Die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte Dr. Be. und Dr. W. ist durch das gerichtliche Sachverständigengutachten von Dr. Sch. widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens in der Regel keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Diese Konsistenzprüfung ist im Übrigen, wie bereits oben ausgeführt, auch im gerichtlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Br. nicht in ausreichendem Maße erfolgt. Im Übrigen haben auch die behandelnden Ärzte des Klägers dessen berufliche Leistungsfähigkeit nicht einheitlich beurteilt, denn der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie D. hat keinerlei Leistungseinschränkungen für leichte Tätigkeiten gesehen.
Mit der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten mindestens sechsstündig - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.
Der Kläger kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese so genannten qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht wesentlich über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte körperliche Arbeiten erfasst wird. Die bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, dass eine besondere Stressbelastung, Tätigkeiten mit Absturzgefahr oder Zugriffsmöglichkeiten auf Alkohol oder Medikamente nicht mehr zumutbar sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass der Kläger noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen, noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar.
Der Kläger ist auch in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. Sch. und Prof. Dr. Br. hervor, die insoweit übereinstimmend keinerlei Beeinträchtigung der Wegefähigkeit gesehen haben.
Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht zur Überzeugung des Senats durchgehend seit Rentenantragstellung. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI), er hat damit weder einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser, noch voller Erwerbsminderung.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Ungeachtet dessen, ob in der vom SG ausgesprochenen Verurteilung zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit als Minus ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit enthalten ist oder es sich bei diesem Anspruch um ein Aliud handelt, besteht jedenfalls schon deshalb kein solcher Rentenanspruch, da nach § 240 SGB VI Voraussetzung ist, dass der Versicherte vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist indes erst am 24.11.1961 geboren, sodass eine Rente nach § 240 SGB VI ungeachtet dessen, dass der Kläger als ungelernter Arbeiter ohnehin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar wäre, bereits aus diesem Grund ausscheidet.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. Sch. und Dr. B. in Verbindung mit den vorliegenden Auskünften der als sachverständige Zeugen befragten Ärzte haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung). Die genannten Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben keinen Anlass, eine Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Wie bereits ausgeführt, konnte dem Gutachten von Prof. Dr. Br. aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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