L 11 R 1815/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 214/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1815/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die vom Sozialgericht angeordnete aufschiebende Wirkung eines
Widerspruchs wird durch den Erlass des Widerspruchsbescheides
nicht unterbrochen. Die aufschiebende Wirkung dauert bis zur
Bestandskraft des Widerspruchsbescheides fort.
Aus Polen und der Slowakei angeworbene Betreuungskräfte, die an
private Haushalte ""vermittelt"" werden, können bei der Firma, die die
""Vermittlung"" vornimmt, abhängig beschäftigt sein.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.03.2013 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Verfahren in erster Instanz auf 4.280,32 EUR und für das Beschwerdeverfahren auf 2.878,13 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2013 über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.02.2007 bis 30.09.2009.

Der Antragsteller hat zum 01.11.2005 ein Gewerbe für einen 24 h-Haushaltsservice angemeldet. Er bietet eine 24-h Dauerbetreuung an und vermittelt dazu Betreuer aus Polen und der Slowakei, die im Haushalt eines Pflegebedürftigen wohnen und diesen versorgen. Zu deren Aufgaben gehört nach einem Flyer des Antragstellers Kochen, Aufräumen, Reinigen, Kehrwoche, Wäschepflege, Einkaufen, Bügeln, Hilfe bei der Nahrungsaufnahme, Unterstützung beim An- und Ausziehen, beim Toilettengang, bei Arztbesuchen, Erledigungen, mobilisierenden Spaziergängen und Ausflügen. Hierfür schließt der Antragsteller mit dem Kunden einen Dienstleistungsvertrag; der Kunde zahlt für 24 Stunden Dauerbetreuung 1.666 EUR monatlich an den Antragsteller zuzüglich einer einmaligen Vermittlungsprovision iHv 714 EUR. Daneben schließt der Antragsteller auf maximal drei Monate befristete "Freie-Mitarbeiter-Verträge" mit der Person, die beim Kunden eingesetzt werden soll und die hierfür monatlich idR 950 EUR erhält.

2009 nahm das Hauptzollamt H. Ermittlungen wegen des Verdachts der Schwarzarbeit gegen den Antragsteller auf. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart stellte mit Beschluss vom 26.05.2011 das Verfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 170 Abs 2 Strafprozessordnung ein, da ein Vorsatz dem Antragsteller nicht nachzuweisen sei.

Beim Antragsteller erfolgte für den Prüfzeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2009 eine Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), die zu keinen Beanstandungen führte. Hierüber erhielt der Antragsteller eine Prüfmitteilung vom 20.10.2010.

Am 22.02.2012 erfolgte nach Hinweis des Hauptzollamtes auf die durchgeführten Ermittlungen eine weitere Betriebsprüfung für den Zeitraum 01.02.2007 bis 30.09.2009. Nach Anhörung mit Schreiben vom 24.02.2012 stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 25.10.2012 fest, der Antragsteller habe im Prüfzeitraum vier polnische Arbeitnehmerinnen beschäftigt (C. P., I. Z., R. S., St. Z.), bei denen es sich nicht um Selbstständige gehandelt habe. Für den Prüfzeitraum wurden insgesamt Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen iHv 8.560,63 EUR nachgefordert. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.

Am 03.01.2013 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Heilbronn (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er macht geltend, die vier polnischen Haushaltshilfen seien selbstständig. Er habe ein Gewerbe angemeldet und die Zulässigkeit der Vertragsgestaltung durch einen Rechtsanwalt (den vorliegend Bevollmächtigten) prüfen lassen und eine Auskunft der Bundesagentur für Arbeit eingeholt.

Das SG hat mit Beschluss vom 20.03.2013 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 25.10.2012 angeordnet, soweit mehr als 5.756,25 EUR an Beiträgen gefordert werden. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, im Rahmen des § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei unter Gegenüberstellung der Interessen des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eine Abwägungsentscheidung zu treffen. Ausschlaggebend seien dabei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Es bestünden keine Zweifel, dass die Antragsgegnerin zu Recht Beiträge für die Beschäftigung der Haushaltshilfen R. S. und St. Z. für die Jahre 2008 und 2009 erhebe. Rechtsgrundlage sei § 28p SGB IV, wonach die Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern prüften, ob diese ihre Meldepflichten und sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllten und Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe erließen. Die vom Antragsteller beschäftigten Personen seien abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig. Die Vertragsgestaltung ergebe eine volle Eingliederung der Haushaltshilfen in die Betriebsorganisation des Antragstellers, diese seien weisungsabhängig. Dies gelte unabhängig davon, dass vor Ort der zu Pflegende im Einzelfall Weisungen erteilen könne, denn der Antragsteller habe die rechtliche Verantwortung durch den zwischen ihm und dem Kunden geschlossenen Vertrag übernommen. Diese Verantwortung sichere der Antragsteller durch den Vertrag mit den Haushaltshilfen ab. Ihnen obliege keine Möglichkeit, Art, Inhalt, Ausmaß, Zeit oder Ort der von ihnen zu erbringenden Leistung auch nur annähernd eigenverantwortlich zu gestalten. Insgesamt belegten die Regelungen eine engmaschige Kontrolle der Haushaltshilfen durch den Antragsteller, der nach den Angaben in seinem Flyer auch die Haushalte persönlich aufsuche. Er setze die Haushaltshilfen lediglich zur Erfüllung der ihm gegenüber seinen Kunden bestehenden Verpflichtungen ein. Damit habe die Antragsgegnerin zu Recht Beiträge für 2008 (1.876,54 EUR) und 2009 (3.879,71 EUR) erhoben. Insoweit sei der Antrag abzulehnen. Bezüglich der Beiträge für das Jahr 2007 bestünden allerdings erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung, da die Beiträge nach § 25 Abs 1 SGB IV verjährt sein dürften. Eine Hemmung der Verjährung nach § 25 Abs 2 SGB IV sei nicht eingetreten, denn die Ermittlungen des Hauptzollamtes seien dem Antragsteller nicht bekannt gegeben worden. Zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung im Jahr 2012 seien die Beiträge für 2007 indes bereits verjährt gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2013 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch zurückgewiesen. In der Rechtsmittelbelehrung wird über die Möglichkeit der Klage zum SG Stuttgart belehrt.

Am 18.04.2013 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des SG eingelegt. Er verweist darauf, dass für den Prüfzeitraum dem Antragsteller mit Schreiben vom 20.10.2010 bereits mitgeteilt worden sei, dass sich keine Beanstandungen ergeben hätten. Hierauf habe der Antragsteller vertraut. Da der Widerspruchsbescheid eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung enthalte - örtlich zuständig sei nicht Stuttgart, sondern Heilbronn - betrage die Klagefrist ein Jahr und sei daher noch nicht abgelaufen.

Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegen getreten. Mit der Erteilung des Widerspruchsbescheids sei das Beschwerdeverfahren unzulässig geworden, da es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Für den Fall der Klageerhebung wäre ein neuer Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu stellen, für den das Beschwerdegericht nicht zuständig wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 172 Abs 3 Nr 1 SGG nicht ausgeschlossen und damit zulässig. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin unterbricht der Erlass des Widerspruchsbescheids die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht, diese dauert vielmehr fort bis zur Bestandskraft des Widerspruchsbescheids (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Aufl, RdNr 87; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 86a RdNr 11). Dadurch wird sichergestellt, dass die aufschiebende Wirkung ununterbrochen bis zum Eintritt der Rechtskraft gilt, ansonsten entstünde ein Rechtsschutzvakuum für die Zeit zwischen dem Erlass des Widerspruchsbescheids und dem Zeitpunkt der Klageerhebung. Da der Widerspruchsbescheid vom 15.04.2013 eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung enthält im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit des SG, ist er noch nicht bestandskräftig geworden, denn es gilt die Jahresfrist des § 66 Abs 2 Satz 1 SGG. Der Antragsteller kann daher noch immer fristgerecht Klage erheben, so dass eine bestandskräftige Entscheidung in der Hauptsache, die einem Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz entgegen stehen würde, nicht vorliegt.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Streitgegenstand ist allein noch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich der für die Jahre 2008 und 2009 geforderten Beiträge iHv 5.756,25 EUR. Hinsichtlich der Beiträge für das Jahr 2007 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet, die Antragsgegnerin hat keine Beschwerde eingelegt. Bezüglich der Beiträge für 2008 und 2009 kann der Antragsteller indes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht verlangen.

Widerspruch und Anfechtungsklage haben nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Nach Abs 1 des mit Wirkung vom 02.01.2002 durch Art 1 Nr 35 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl I S 2144) eingefügten § 86a SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs 2 Nr 1 SGG entfällt jedoch - wie vorliegend - die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.

Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass der Antrag des Antragstellers als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs 1 Nr 2 SGG statthaft ist. Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (so auch Beschluss des Senats vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel in Sinne des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Senatsbeschluss vom 28.06.2010, L 11 R 1903/10 ER-B). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (ebenso Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p SGB IV. Nach Abs 1 dieser Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs 5 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).

Unter Beachtung dieser Vorschriften und Grundsätze bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts, soweit er hier streitig ist. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass die hier eingesetzten Haushaltshilfen beim Antragsteller abhängig beschäftigt sind. Insoweit hat das SG zutreffend darauf abgestellt, dass der Antragsteller die rechtliche Verantwortung für die zu erbringende Dienstleistung der Haushaltshilfen gegenüber seinen Kunden trägt und sich zur Gewährleistung entsprechende Weisungsrechte durch die vertragliche Gestaltung des jeweiligen "Freier-Mitarbeiter-Vertrags" gegenüber den Haushaltshilfen vorbehalten hat. So ist in § 3 des Vertrags zur Arbeitszeit eine täglich 24-stündige Leistungserbringung entsprechend den Bedürfnissen des Kunden vorgesehen; auch Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den Bedürfnissen der zu betreuenden Person. Bei Verletzung von Verschwiegenheitspflichten der Haushaltshilfe ist eine Vertragsstrafe von 5.000 EUR vorgesehen. In der Konkurrenzklausel (§ 10) sind Abreden und direkte Absprachen zwischen Haushaltshilfe und Kunden ausdrücklich nicht erwünscht; bei Annahmen von Aufträgen aufgrund von Kontakten, die sich durch den Einsatz ergeben, ist zugunsten des Antragsstellers eine Vertragsstrafe von 10.000 EUR vorgesehen. Eine eigene unternehmerische Tätigkeit der Haushaltshilfen etwa verbunden mit Werbung ist insoweit nicht möglich. Ein echtes unternehmerisches Risiko bestand auch nicht. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der Mittel also ungewiss ist (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Die Haushaltshilfen erhielten einen festen Monatslohn im Rahmen der befristeten Verträge. Die Gefahr, dass Kosten für betriebliche Investitionen oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brach liegen (LSG Baden-Württemberg 02.09.2011, L 4 R 1036/10, juris), bestand nicht. Es wurde keinerlei eigenes Kapital eingesetzt. Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit der - hier im Vordergrund stehenden - Verwertung der Arbeitskraft spricht nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 mwN). Dies war hier aber nicht der Fall. Soweit vertraglich Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausgeschlossen war (§ 5), ist dies kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, denn es handelt sich um eine typische Vertragsgestaltung, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Insbesondere im Bereich der Scheinselbstständigkeit sollen insoweit die Arbeitnehmerrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgangen werden; dem Arbeitnehmer werden so sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl LSG Baden-Württemberg 19.10.2012, L 4 R 761/11, juris). Auch auf die engmaschige Kontrolle durch den Antragsteller hat das SG zu Recht bereits hingewiesen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen (§ 142 Abs 2 Satz 3 SGG).

Der Festsetzung von Beitragsnachforderungen für 2008 und 2009 steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin für den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2009 bereits eine Betriebsprüfung durchgeführt und dem Antragsteller mit Schreiben vom 20.10.2010 mitgeteilt hat, es hätten sich keine Beanstandungen ergeben. Mit diesem Prüfbericht wird lediglich mitgeteilt, dass die stichprobenartige Betriebsprüfung der vorgelegte Lohn- und Gehaltsunterlagen keine Feststellungen bzw Beanstandungen ergeben habe. Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz dahin, dass der Antragsteller im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe, lässt sich dem ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont in keiner Weise entnehmen (vgl LSG Nordrhein-Westfalen 10.05.2012, L 8 R 164/12 B ER, NZS 2012, 948). Es wird vielmehr sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Lohnsteueraußenprüfung im Prüfzeitraum nicht stattgefunden habe und erfolgende Prüfungen der Finanzverwaltung sozialversicherungsrechtlich auszuwerten seien. Im Übrigen haben Betriebsprüfungen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und der Versicherten eine Kontrollfunktion, sie bezwecken grundsätzlich nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen (BSG 14.07.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2500 § 22 Nr 2). Auch der Prüfbericht hat insoweit nicht die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung. Arbeitgeber haben das Recht, in Zweifelsfällen nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle durch Verwaltungsakt herbeizuführen, an den die Versicherungsträger gebunden sind (BSG 29.07.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr 1).

Damit hat die Antragsgegnerin zu Recht Sozialversicherungsbeiträge für die Jahr 2008 und 2009 festgesetzt. Gegen die Höhe der Beitragsforderung sind Bedenken nicht ersichtlich, hierzu hat der Antragsteller auch nichts vorgetragen.

Eine mit der Einziehung der Forderung von 5.756,25 EUR verbundene unbillige Härte ist nicht ersichtlich. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein und keine unbillige Härte. Eine beachtliche Härte ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge, darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zur Zeit (LSG Nordrhein-Westfalen 06.12.2011- L 8 R 701/11 B ER, juris). Derartiges ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird nach § 197a SGG iVm §§ 63 Abs 1, 52 Abs 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG) auf die Hälfte der streitigen Beitragsnachforderung festgesetzt. Dabei sind im Beschwerdeverfahren von der in erster Instanz insgesamt streitigen Summe von 8.560,63 EUR nur 5.756,25 EUR streitig, so dass die Festsetzung in Höhe von ½ aus dieser Summe, mithin 2.878,13 EUR erfolgt. Gleichzeitig wird die Streitwertfestsetzung erster Instanz (bisher: 2.140,15 EUR) von Amts wegen geändert und auf 4.280,32 EUR (§ 63 Abs 3 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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