Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1468/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 371/13 NZB RG
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Anhörungsrüge unbegründet, wenn rechtliches Gehör nicht verletzt worden ist.
Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts vom 23.05.2013 - L 11 AS 248/13 NZB - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte die Kosten für die Ausstellung eines Personalausweises in Höhe von 26,50 EUR und der hierfür erforderlichen Passbilder in Höhe von 8,90 EUR zu erstatten hat.
Die Klägerin bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), zuletzt für die streitgegenständliche Zeit vom 01.05.2011 bis 31.10.2011 aufgrund des Bescheides vom 07.04.2011.
Am 20.10.2011 beantragte sie die Übernahme der Kosten für die Ausstellung eines Personalausweises und der hierfür erforderlichen Passbilder. Die Kosten hierfür seien gegenüber 2010 um das 3,5-fache gestiegen und daher im Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht ausreichend berücksichtigt bzw. nicht enthalten. Der festgelegte Regelbedarf sei deshalb verfassungswidrig. Mit Bescheid vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab.
Die dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 23.01.2013 abgewiesen. Die Berufung hat es nicht zugelassen. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erfolge nicht, denn der für 2011 festgelegte Regelbedarf sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R - verfassungsgemäß. Eine Erstattung der Kosten gemäß § 21 Abs 2 SGB II sei nicht möglich, es handle sich um keinen laufenden Bedarf. Eine Darlehensgewährung gemäß § 24 Abs 1 SGB II scheide ebenfalls aus.
Dagegen hat die Klägerin Berufung bzw. nach Hinweis des Senates Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Das Urteil des BSG vom 12.07.2012 sei erst in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom Beklagten angesprochen worden. Sie habe daher nicht dazu Stellung nehmen können. Der verspätete mündliche Vortrag des Beklagten sei als prozessualer Mangel anzusehen. Auch sei ihr nicht klar, was "EVS 2008" bedeute und wie dies mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zusammenhänge. Das Urteil des SG sei in sich widersprüchlich, unrichtig und fehlerhaft, es werde mangelnde Sachaufklärung gerügt. Die Kosten für die Ausstellung des Personalausweises könne sie nicht ansparen. Alles sei teurer geworden. Es sei ein großer Teil der Bevölkerung betroffen.
Mit Beschluss vom 23.05.2013 hat der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und den von der Klägerin gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt. Der Rechtsstreit habe nach der Entscheidung des BSG vom 12.07.2012 keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Das SG sei auch nicht von einer obergerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Ein Verfahrensfehler liege nicht vor, denn die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung, die der Verwirklichung des Anspruches auf rechtliches Gehör gerade diene, Stellung nehmen können. Ansonsten hätte sie einen Vertagungsantrag stellen können. Um eine Überraschungsentscheidung handle es sich nicht, denn der Rechtsstreit habe keine unerwartete Wendung genommen. Eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage bestehe nicht. Die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Urteils des SG finde im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht statt.
Dagegen hat die Klägerin Anhörungsrüge erhoben. Ihr sei rechtliches Gehör nicht gewährt worden. Die EVS 2008 hätte Preiserhöhungen im Jahr 2010 nicht berücksichtigen können und eine Ansparungsmöglichkeit hätte für sie nicht bestanden. Preiserhöhungen seien in vielen Bereichen erfolgt. Ein Vertagungsantrag habe nicht gestellt werden müssen, es bestehe eine Amtsermittlungspflicht des Gerichts hinsichtlich ihrer Ansparungsleistungsfähigkeit. Bei der Entscheidung des Erstgerichts habe es sich um eine Überraschungsentscheidung gehandelt. Die Rechtsfrage sei bisher nicht geklärt. Der Senat habe ihr Vorbringen mit objektiv willkürlicher, fehlerhafter Begründung zurückgewiesen. Sie hätte zu den Berechnungen des Beklagten gehört werden müssen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Anhörungsrüge ist zulässig. Sie ist innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses gemäß § 178a Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Die Klägerin hat dargelegt, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sei und sie hat ausgeführt, dass entscheidungserhebliche Aspekte unberücksichtigt geblieben wären. Ob sie gemäß § 178a Abs 2 Satz 5, Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG die für eine zulässige
Anhörungsrüge erforderliche Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung durch Darlegung schlüssiger Umstände aufgezeigt hat, kann offen gelassen werden, denn die erhobene Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet.
Die Klägerin hat im Rahmen der Berufungsbegründung, auf die sie sich zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bezieht, zu all den im Rahmen der Anhörungsrüge ausgeführten Gesichtspunkten bereits Stellung genommen. In der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nur zu den für diese Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten durch den Senat Stellung zu nehmen. Dies hat der Senat getan, er hat das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung im Anschluss an die Entscheidung vom BSG vom 12.07.2012 (im Beschluss vom 23.05.2013 ist das Entscheidungsjahr zum Teil unrichtig angegeben) ebenso wenig angenommen wie ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung. Einen Verfahrensfehler hat der Senat auch nicht erkannt, wobei die Ausführungen der Klägerin zur Überraschungsentscheidung und zur unterbliebenen Vertagung berücksichtigt worden sind. Damit ist der Senat auf alle für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde wesentlichen Gesichtspunkte eingegangen. Ein Eingehen auf das für die Entscheidung nicht bedeutsame Vorbringen der Klägerin ist nicht erforderlich, so dass "Parteivorbringen" der Klägerin nicht mit "objektiv willkürlicher, fehlerhafter Begründung" vom Senat zurückgewiesen worden ist.
Die Klägerin wiederholt im Rahmen der Anhörungsrüge im Wesentlichen ihr Vorbringen aus der Nichtzulassungsbeschwerde und der Berufungsbegründung, macht aber nicht eine sekundäre, neue, eigenständige Gehörsverletzung (vgl. BSG, Beschluss vom 20.12.2011 - B 2 U 12/11 C -) durch den Senat geltend. Ihr Vorbringen zielt nahezu ausschließlich darauf ab, die Richtigkeit der Entscheidung des Erstgerichts bzw. des Senats im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde zu beanstanden (vgl. BSG Beschluss vom 09.09.2010 - B 11 AL 4/10 C).
Nach alledem war die Anhörungsrüge zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 178a Abs 4 Satz 3, 177 SGG).
Es wird darauf hingewiesen, dass der Senat nicht über eine Verfassungsbeschwerde zu entscheiden hat. Eine Weiterleitung an das Bundesverfassungsgericht kommt, nachdem die Klägerin zunächst eine Anhörungsrüge erhoben hat, nach der Entscheidung über diese Anhörungsrüge nicht in Betracht. Die Klägerin hat die Möglichkeit, sich selbst an das Bundesverfassungsgericht zu wenden.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte die Kosten für die Ausstellung eines Personalausweises in Höhe von 26,50 EUR und der hierfür erforderlichen Passbilder in Höhe von 8,90 EUR zu erstatten hat.
Die Klägerin bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), zuletzt für die streitgegenständliche Zeit vom 01.05.2011 bis 31.10.2011 aufgrund des Bescheides vom 07.04.2011.
Am 20.10.2011 beantragte sie die Übernahme der Kosten für die Ausstellung eines Personalausweises und der hierfür erforderlichen Passbilder. Die Kosten hierfür seien gegenüber 2010 um das 3,5-fache gestiegen und daher im Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht ausreichend berücksichtigt bzw. nicht enthalten. Der festgelegte Regelbedarf sei deshalb verfassungswidrig. Mit Bescheid vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab.
Die dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 23.01.2013 abgewiesen. Die Berufung hat es nicht zugelassen. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erfolge nicht, denn der für 2011 festgelegte Regelbedarf sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.07.2012 - B 14 AS 153/11 R - verfassungsgemäß. Eine Erstattung der Kosten gemäß § 21 Abs 2 SGB II sei nicht möglich, es handle sich um keinen laufenden Bedarf. Eine Darlehensgewährung gemäß § 24 Abs 1 SGB II scheide ebenfalls aus.
Dagegen hat die Klägerin Berufung bzw. nach Hinweis des Senates Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Das Urteil des BSG vom 12.07.2012 sei erst in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom Beklagten angesprochen worden. Sie habe daher nicht dazu Stellung nehmen können. Der verspätete mündliche Vortrag des Beklagten sei als prozessualer Mangel anzusehen. Auch sei ihr nicht klar, was "EVS 2008" bedeute und wie dies mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zusammenhänge. Das Urteil des SG sei in sich widersprüchlich, unrichtig und fehlerhaft, es werde mangelnde Sachaufklärung gerügt. Die Kosten für die Ausstellung des Personalausweises könne sie nicht ansparen. Alles sei teurer geworden. Es sei ein großer Teil der Bevölkerung betroffen.
Mit Beschluss vom 23.05.2013 hat der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und den von der Klägerin gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt. Der Rechtsstreit habe nach der Entscheidung des BSG vom 12.07.2012 keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Das SG sei auch nicht von einer obergerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Ein Verfahrensfehler liege nicht vor, denn die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung, die der Verwirklichung des Anspruches auf rechtliches Gehör gerade diene, Stellung nehmen können. Ansonsten hätte sie einen Vertagungsantrag stellen können. Um eine Überraschungsentscheidung handle es sich nicht, denn der Rechtsstreit habe keine unerwartete Wendung genommen. Eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts über die Rechtslage bestehe nicht. Die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Urteils des SG finde im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht statt.
Dagegen hat die Klägerin Anhörungsrüge erhoben. Ihr sei rechtliches Gehör nicht gewährt worden. Die EVS 2008 hätte Preiserhöhungen im Jahr 2010 nicht berücksichtigen können und eine Ansparungsmöglichkeit hätte für sie nicht bestanden. Preiserhöhungen seien in vielen Bereichen erfolgt. Ein Vertagungsantrag habe nicht gestellt werden müssen, es bestehe eine Amtsermittlungspflicht des Gerichts hinsichtlich ihrer Ansparungsleistungsfähigkeit. Bei der Entscheidung des Erstgerichts habe es sich um eine Überraschungsentscheidung gehandelt. Die Rechtsfrage sei bisher nicht geklärt. Der Senat habe ihr Vorbringen mit objektiv willkürlicher, fehlerhafter Begründung zurückgewiesen. Sie hätte zu den Berechnungen des Beklagten gehört werden müssen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Anhörungsrüge ist zulässig. Sie ist innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses gemäß § 178a Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Die Klägerin hat dargelegt, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sei und sie hat ausgeführt, dass entscheidungserhebliche Aspekte unberücksichtigt geblieben wären. Ob sie gemäß § 178a Abs 2 Satz 5, Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG die für eine zulässige
Anhörungsrüge erforderliche Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung durch Darlegung schlüssiger Umstände aufgezeigt hat, kann offen gelassen werden, denn die erhobene Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet.
Die Klägerin hat im Rahmen der Berufungsbegründung, auf die sie sich zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bezieht, zu all den im Rahmen der Anhörungsrüge ausgeführten Gesichtspunkten bereits Stellung genommen. In der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nur zu den für diese Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten durch den Senat Stellung zu nehmen. Dies hat der Senat getan, er hat das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung im Anschluss an die Entscheidung vom BSG vom 12.07.2012 (im Beschluss vom 23.05.2013 ist das Entscheidungsjahr zum Teil unrichtig angegeben) ebenso wenig angenommen wie ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung. Einen Verfahrensfehler hat der Senat auch nicht erkannt, wobei die Ausführungen der Klägerin zur Überraschungsentscheidung und zur unterbliebenen Vertagung berücksichtigt worden sind. Damit ist der Senat auf alle für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde wesentlichen Gesichtspunkte eingegangen. Ein Eingehen auf das für die Entscheidung nicht bedeutsame Vorbringen der Klägerin ist nicht erforderlich, so dass "Parteivorbringen" der Klägerin nicht mit "objektiv willkürlicher, fehlerhafter Begründung" vom Senat zurückgewiesen worden ist.
Die Klägerin wiederholt im Rahmen der Anhörungsrüge im Wesentlichen ihr Vorbringen aus der Nichtzulassungsbeschwerde und der Berufungsbegründung, macht aber nicht eine sekundäre, neue, eigenständige Gehörsverletzung (vgl. BSG, Beschluss vom 20.12.2011 - B 2 U 12/11 C -) durch den Senat geltend. Ihr Vorbringen zielt nahezu ausschließlich darauf ab, die Richtigkeit der Entscheidung des Erstgerichts bzw. des Senats im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde zu beanstanden (vgl. BSG Beschluss vom 09.09.2010 - B 11 AL 4/10 C).
Nach alledem war die Anhörungsrüge zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 178a Abs 4 Satz 3, 177 SGG).
Es wird darauf hingewiesen, dass der Senat nicht über eine Verfassungsbeschwerde zu entscheiden hat. Eine Weiterleitung an das Bundesverfassungsgericht kommt, nachdem die Klägerin zunächst eine Anhörungsrüge erhoben hat, nach der Entscheidung über diese Anhörungsrüge nicht in Betracht. Die Klägerin hat die Möglichkeit, sich selbst an das Bundesverfassungsgericht zu wenden.
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