Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 37 AS 4429/06
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 95/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 342/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 28. Januar 2008 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten mehrerer Widerspruchsverfahren streitig.
Nach Erledigung von vier Widerspruchsverfahren erklärte sich der Beklagte bereit, die in den Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu einem Teil zu erstatten. Daraufhin reichte der Prozessbevollmächtigte unter dem 16. März 2006 und dem 20. März 2006 insgesamt vier Kostenrechnungen ein, in denen die Anwaltsgebühren auf zusammen 1669,01 Euro beziffert wurden.
Am 1. Dezember 2005 meldeten sich die Prozessbevollmächtigten der Kläger zunächst in einem anderen (nicht streitgegenständlichen) Verfahren und legten unter der Angabe:" unser Mandant: Herr J. B." Widerspruch für diesen ein. Der Anzeige war eine nur vom Kläger zu 1 unterschriebene Vollmacht für die Verfahren B .../. ARGE Grundsicherung beigefügt.
Die streitigen Widerspruchsverfahren, während derer die Kläger in Bedarfsgemeinschaft leb-ten, stellen sich im Einzelnen folgendermaßen dar:
W 385/06 Der Kläger zu 1 beantragte am 7. Oktober 2004 Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft. Mit Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 2004, gerichtet an den Kläger zu 1, erhielt die Be-darfsgemeinschaft der Kläger Leistungen für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2005 bewil-ligt. Mit Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2005, gerichtet an den Kläger zu 1, wurden die bewilligten Leistungen für 01-06/05 in der Höhe geändert. Mit Schreiben vom 5. Januar 2006 (Zugangsstempel: 6.Januar 2006) stellten die Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsver-fahren W 385/06 unter Verwendung der Formulierung: "unser Mandant: Herr J. B.", den An-trag, "den Bescheid vom 10.12.2004 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13.10.2005 für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2005 gemäß § 44 SGB X abzuändern." Dabei führte er aus: "Unser Mandant hat ( ) Nettoeinkommen ( ) Frau W. erzielte folgendes Einkommen ( ) dass sowohl unserem Mandanten als auch Frau W. der befristete Zuschlag zusteht". Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass Widerspruch in der Sache eingelegt wurde. Allerdings wurde ein Widerspruchsverfahren unter der Nummer W 385/06 angelegt, das nach Erlass ei-nes Änderungsbescheids am 14. März 2006 am gleichen Tag unter Bezugnahme auf das Wi-derspruchseingangsdatum 6. Januar 2006 mit einem Widerspruchsbescheid verbeschieden wurde, in dem der Beklagte sich zur teilweisen Übernahme der Kosten des Widerspruchsver-fahrens verpflichtete.
Die Prozessbevollmächtigten übersandten am 20. März 2006 eine Kostenrechnung über 468,64 Euro, die eine Erhöhung um 60 vom Hundert wegen mehrerer Auftraggeber beinhalte-te.
W 147/06 Die den Klägern für den Zeitraum 07-12/05 bewilligten Leistungen wurden mit Änderungsbe-scheiden vom 13. Oktober und 28. Dezember 2005 geändert. Die entsprechenden Bescheide waren an den Kläger zu 1 adressiert. Gegen letzteren Bescheid legten die Prozessbevollmäch-tigten am 12. Januar 2006 Widerspruch ein. Als Betreff war vermerkt: "unser Mandant: Herr J. B.". Als Begründung wurde ausgeführt, dass "Frau W. für Juli kein Kindergeld erhalten" habe und "der Versicherungsfreibetrag ( ) sowohl bei unserem Mandanten wie auch bei Frau W. nicht berücksichtigt" wurde. Die Klägerin zu 3 findet keine Erwähnung. Der Beklagte erließ am 10. März 2006 einen Änderungsbescheid und am 13. März 2006 einen Wider-spruchsbescheid, in dem er sich zur teilweisen Übernahme der Kosten des Widerspruchsver-fahrens verpflichtete. Die Prozessbevollmächtigten übersandten am 16. März 2006 eine Kos-tenrechnung über 513,65 Euro, die eine Erhöhung um 60 vom Hundert (insgesamt 144 Euro) wegen mehrerer Auftraggeber beinhaltete.
W 56/06 Mit Bewilligungsbescheid vom 28. Dezember 2005 bewilligte der Beklagte den Klägern, ad-ressiert an den Kläger zu 1, Leistungen für 01-06/06. Aufgrund des Widerspruchs der Pro-zessbevollmächtigten vom 4. Januar 2006 (Betreff: "unser Mandant: Herr J. B.") wurde mit Änderungsbescheid vom 10. März 2006 die Höhe der bewilligten Leistungen korrigiert und am 13. März 2006 ein entsprechender Abhilfebescheid erlassen. In der Begründung zum Wi-derspruch vom 4. Januar 2006 schreiben die Bevollmächtigten dabei ausdrücklich: "Unser Mandant hat im Jahr 2005 folgendes Nettoeinkommen erzielt ( ) Frau W. erzielte folgendes Einkommen ( ) da offen ist, welche Einkünfte unser Mandant und Frau W. im Jahre ( ) erzielt haben". Die Kostenrechnung vom 16. März 2006 über 385,12 Euro beinhaltete eine Erhöhung um 30 vom Hundert (72 Euro) wegen mehrerer Auftraggeber.
W 57/06 Am 27. Dezember 2005 übersandte der Beklagte eine an den Kläger zu 1 adressierten und diesen betreffenden Absenkungsbescheid. Der Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 13. März 2006 ab. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger übersandte am 16. März 2006 eine Kostenrechnung über 301,60 Euro ohne Erhöhung wegen mehrer Auftraggeber.
Der Beklagte erließ am 5. April 2006 einen gemeinsamen Kostenfestsetzungsbescheid über die Gebühren in allen oben genannten Widerspruchsverfahren. Dort erkannte er "als in den Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Aufwendungen 1251,41 Euro" an, wobei er die jeweiligen Erhöhungsgebühren von 360 Euro kürzte und die Mehrwertsteuer von damals noch 16 v.H. entsprechend um 57,60 Euro verminderte. Die Prozessbevollmächtigten legten hiergegen am 6. April 2006 Widerspruch ein, wieder mit dem Betreff: "unser Mandant: Herr J. B.". Der Rechtsbehelf blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. November 2006).
Das Sozialgericht Gotha hat die - auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer Gebühren in Höhe von 417,60 Euro wegen mehrerer Widerspruchsauftraggeber gerichtete - Klage mit Urteil vom 28. Januar 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Prozessbevollmächtigten lediglich den Kläger zu 1 vertreten hätten, er-sichtlich aus dem Betreff: "unser Mandant: Herr J. B.", und daher Erhöhungsgebühren nicht in Betracht kämen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wurde die Berufung zugelassen.
Im Berufungsverfahren wendet der Beklagte erneut ein, dass die Prozessbevollmächtigten nur vom Kläger zu 1 zivilrechtlich beauftragt worden seien.
Auf Nachfrage des Gerichts erklären die Klägerinnen zu 2 und 3 schriftlich unter dem 14. Mai 2012, dass die Bedarfgemeinschaft mit dem Kläger zu 1 aufgelöst ist und sie den Prozessbe-vollmächtigten "weder im Widerspruchs- noch im Gerichtsverfahren beauftragt" hätten, da zu diesem Zeitpunkt eine Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger zu 1 bestanden habe.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Erhöhungsgebühren für drei Auftraggeber gerecht-fertigt seien, da der Kläger zu 1 die Widersprüche für die gesamte Bedarfsgemeinschaft ein-gelegt habe.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 28. Januar 2008 aufzuheben und den Kostenfestsetzungsbescheid vom 5. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheids vom 20. November 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen weitere 417,60 Euro als notwendige Aufwendungen für die Widerspruchs-verfahren zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, das Urteil des Sozialgerichtes Gotha sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwal-tungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte L 9 B 59/08 AS NZB Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger wurde zugelassen und ist insgesamt als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2011 -B 4 AS 155/10 R). Dem steht der erstinstanzliche Bescheidungsantrag (vgl. die in der Niederschrift zur öffentli-chen Sitzung vom 28. Januar 2008 in Bezug genommene Klageschrift) nicht entgegen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 5. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2006, der die Höhe der in den zugrundeliegenden Widerspruchsverfahren entstandenen zu erstattenden Rechtsan-waltskosten regelt, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Das Sozial-gericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Beklagte bereits mehr erstattet hatte als er musste.
Das Verfahren W 57/06 betraf die Wirksamkeit einer Sanktion lediglich für den Kläger zu 1. Hier wurden keine Erhöhungsgebühren geltend gemacht und die Kostennote der Prozessbe-vollmächtigten des Klägers vom Beklagten vollumfänglich anerkannt.
Für das Verfahren W 385/06 sind keinerlei Kosten zu erstatten. Es handelt es sich gar nicht um ein Widerspruchsverfahren, das die Kostenfolge des § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auslösen könnte. Der Antrag im Schriftsatz vom 5. Januar 2006 ist ein Überprü-fungsantrag nach § 44 SGB X, der einen Teil des einem Widerspruchsverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens darstellt. Für ein solches werden keine Kosten übernommen (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X, § 63 Rn. 6).
Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte irrtümlich ein Widerspruchsverfahren angelegt und einen Widerspruchsbescheid mit Kostengrundentscheidung erlassen hat. Eine Wider-spruchsentscheidung hätte nicht ergehen dürfen. § 63 SGB X ist eng auszulegen (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X, § 63 Rn. 6) und muss deswegen auf die Kostenerstattung eines förmlichen, durch die Einlegung eines Widerspruchs eingeleiteten Widerspruchsverfahrens beschränkt bleiben. Eine Heranziehung der materiell rechtswidrigen Kostenentscheidung selbst als Anspruchsgrundlage für eine Erstattung verbietet sich dabei schon deshalb, weil hierin ein Verstoß gegen den das ganze Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (BSG, Urteil v. 16. Mai 2012 - B 4 AS 166/11 R) liegen würde. Den Klägern musste bekannt sein, dass ein Widerspruch überhaupt nicht eingelegt und das Widerspruchsverfahren W 385/06 vom Beklagten nur versehentlich angelegt worden war. Aus demselben Grund können auch Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht zum Tragen kommen.
Im Übrigen ergibt sich aus der im Widerspruchsbescheid vom 14. März 2006 ausgesproche-nen Kostengrundentscheidung noch nichts zur Höhe des tatsächlichen Anspruchs. Die Kos-tenfestsetzung erfolgte mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 5. April 2006 für alle vier hier aufgeführten Widerspruchsverfahren zusammen in einem einheitlichen Ver-fügungssatz, der ohne weitere Differenzierung den Klägern die Gesamterstattungssumme von 1251,41 Euro zusprach. Da nur dieser Verfügungssatz in Bestandskraft erwachsen kann (vgl. Waschull, LPK-SGB X, § 31 Rn. 9), kann der Senat bis zu dieser Höhe eine Saldierung der Erstattungssummen für die einzelnen Widerspruchsverfahren vornehmen und die Elemente, aus denen sich die Gesamterstattung zusammensetzt, einer Neubewertung unterziehen, solan-ge nicht hinter der Verwaltungsentscheidung zurückgeblieben wird (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig, SGG, § 123 Rn. 5).
Hinsichtlich der Widersprüche in den Verfahren W 147/06 und W 56/06 handelt es sich um anders gelagerte Sachverhalte. Den Verfahren zugrunde lagen Bewilligungs- bzw. Ände-rungsbescheide die gesamte Bedarfsgemeinschaft betreffend. In diesen Fällen ist ein An-spruch der Kläger auf höhere Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen von § 63 SGB X möglich, wenn diese eine weitere Kostenerstattung in Gestalt einer oder mehrerer Erhöhungen nach Nr 1008 Vergütungsverzeichnis Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) belegen können. Nr 1008 VV RVG bestimmt, dass sich die Geschäfts- oder Verfahrensgebühr bei der Mehrheit von Auftraggebern erhöht, bei Betragsrahmengebühren der Mindest- und Höchstbetrag um 30 vom Hundert für jede weitere Person, wenn Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen sind.
Vertragspartner und Auftraggeber iS der Nr 1008 VV RVG können auch unterschiedliche Personen sein und eine Mehrheit von Auftraggebern liegt bereits dann vor, wenn derselbe Rechtsanwalt für verschiedene natürliche Personen tätig wird. Es kommt insoweit nicht dar-auf an, wer persönlich dem Anwalt den Auftrag erteilt hat. Auch dann, wenn nur eine Person für eine von ihr vertretene Personenmehrheit Auftraggeber des Anwalts ist und mit diesem den Anwaltsvertrag abschließt, kann Nr 1008 VV RVG Anwendung finden (BSG, Urteil v. 27. September 2011 - B 4 AS 155/10 R). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere § 38 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), nach dem vermutet wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzu-nehmen (Satz 1). Leben mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt (Satz 2). Die Ver-mutung erfasst alle Verfahrenshandlungen, die mit der Antragstellung und der Entgegennah-me der Leistungen zusammenhängen und der Verfolgung des Anspruchs dienen, mithin auch die Einlegung eines Widerspruchs. Entscheidend kommt es auf die Feststellung an, "ob das (Widerspruchs-) Vorbringen des Bevollmächtigen im Auftrag des allein gegenüber ihm auf-tretenden Klägers (nur) ihren Individualanspruch oder die Ansprüche weiterer Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zum Gegenstand hatte" (BSG, a.a.O.).
Die vom Bundessozialgericht (BSG) angesprochene Vermutung, dass alle Verfahrenshand-lungen, die mit der Antragstellung und der Entgegennahme der Leistungen zusammenhängen und der Verfolgung des Anspruchs dienen, mithin auch die Einlegung eines Widerspruchs von einer (internen) Vertretung der Bedarfsgemeinschaft begründet sein können, greift hier zumindest teilweise ein (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 -B 7b AS 8/06 R). Durch die ausdrückliche, vom Bevollmächtigten vorgenommene und nach außen gegenüber dem Beklagten kundgetane Unterscheidung zwischen dem Kläger zu 1 als Mandanten und der Klägerin zu 2 als Frau W., die explizit nicht als Mandantin bezeichnet wurde, hat der Bevoll-mächtigte zwar nach außen unmissverständlich mitgeteilt, welche Personen Mandanten und welche nicht Mandanten sind, allerdings werden erkennbar in beiden Widerspruchsverfahren auch Individualansprüche der Klägerin zu 2 verfolgt, sodass die Erhöhungsgebühr für einen weiteren Auftraggeber bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts gerechtfertigt ist. Die Bevollmächtigten schreiben in der Widerspruchsbegründung zu W 56/06 ausdrücklich: "Unser Mandant hat im Jahr 2005 folgendes Nettoeinkommen erzielt ( ) Frau W. erzielte folgendes Einkommen ( ) da offen ist, welche Einkünfte unser Mandant und Frau W. im Jahre ( ) erzielt haben". In der Begründung zu W 147/06 heißt es, dass "Frau W. für Juli kein Kindergeld erhalten" habe und "der Versicherungsfreibetrag ( ) so-wohl bei unserem Mandanten wie auch bei Frau W. nicht berücksichtigt" wurde.
Im Verfahren W 147/06 wird aber eine weitere Erhöhungsgebühr für die Klägerin zu 3 gel-tend gemacht. Ob diese berechtigt ist, ist nach Auffassung des Senats zweifelhaft, kann aber letztlich dahinstehen, da die vom Beklagten geleistete Erstattungssumme auch bei Berück-sichtigung dieser weiteren Erhöhungsgebühr von 72 Euro noch höher ist als der tatsächlich den Klägern zustehende Anspruch (s. die Gegenüberstellung unten).
Die Vermutungsregel des § 38 SGB II kann durch tatsächliche Umstände widerlegt werden. Das Bundessozialgericht (a.a.O.) führt selbst aus, dass "nicht für alle Fallkonstellationen an-zunehmen ist, dass bei einer Bedarfsgemeinschaft die Zahl deren Mitglieder stets die Zahl der Auftraggeber bzw. der vertretenen Personen widerspiegelt." Hier werden Ansprüche der Klä-gerin zu 3 in den anwaltlichen Schriftsätzen nicht erwähnt. Aufgrund dessen vermag der Se-nat ein Tätigwerden der Bevollmächtigten für die Klägerin zu 3 nicht zu erkennen.
Der gesamte Schriftverkehr der Bevollmächtigten in den Verfahren beschränkte sich auf die bereits oben bezeichneten Schriftsätze, weitere Schreiben oder mündliche oder telefonische Auskünfte bzw. Kontaktaufnahmen zwischen den Klägern (dem Bevollmächtigten) und dem Beklagten liegen nicht vor.
Die Höhe der Geschäftsgebühren ist nicht angegriffen, es wurden die Schwellengebühren bewilligt. Anhaltspunkte dafür, dass diese bewilligten Gebühren zu gering sein könnten, gibt es nicht. Eine Entscheidung, ob sie zu hoch waren, kann vom Senat aufgrund der Einlegung des Rechtsmittels nur für die Kläger und des Verschlechterungsverbotes nicht getroffen wer-den.
Damit ergibt sich für die Kläger folgender Kostenerstattungsanspruch:
W 56/06: 385,12 Euro W 147/06: 430,13 Euro (bzw. 513,65 Euro mit einer weiteren Erhöhungsgebühr) W 57/06: 301,60 Euro W 385/06: 0 Euro
Diesem Anspruch von insgesamt 1116,85 Euro (bzw. 1200,37 Euro) steht eine bereits geleis-tete Erstattungssumme von 1251,41 Euro gegenüber (zur Möglichkeit der Saldierung s.o.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Die Revision war nicht zu zulassen, weil Revisionsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vor-liegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten mehrerer Widerspruchsverfahren streitig.
Nach Erledigung von vier Widerspruchsverfahren erklärte sich der Beklagte bereit, die in den Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen zu einem Teil zu erstatten. Daraufhin reichte der Prozessbevollmächtigte unter dem 16. März 2006 und dem 20. März 2006 insgesamt vier Kostenrechnungen ein, in denen die Anwaltsgebühren auf zusammen 1669,01 Euro beziffert wurden.
Am 1. Dezember 2005 meldeten sich die Prozessbevollmächtigten der Kläger zunächst in einem anderen (nicht streitgegenständlichen) Verfahren und legten unter der Angabe:" unser Mandant: Herr J. B." Widerspruch für diesen ein. Der Anzeige war eine nur vom Kläger zu 1 unterschriebene Vollmacht für die Verfahren B .../. ARGE Grundsicherung beigefügt.
Die streitigen Widerspruchsverfahren, während derer die Kläger in Bedarfsgemeinschaft leb-ten, stellen sich im Einzelnen folgendermaßen dar:
W 385/06 Der Kläger zu 1 beantragte am 7. Oktober 2004 Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft. Mit Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 2004, gerichtet an den Kläger zu 1, erhielt die Be-darfsgemeinschaft der Kläger Leistungen für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2005 bewil-ligt. Mit Änderungsbescheid vom 13. Oktober 2005, gerichtet an den Kläger zu 1, wurden die bewilligten Leistungen für 01-06/05 in der Höhe geändert. Mit Schreiben vom 5. Januar 2006 (Zugangsstempel: 6.Januar 2006) stellten die Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsver-fahren W 385/06 unter Verwendung der Formulierung: "unser Mandant: Herr J. B.", den An-trag, "den Bescheid vom 10.12.2004 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13.10.2005 für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2005 gemäß § 44 SGB X abzuändern." Dabei führte er aus: "Unser Mandant hat ( ) Nettoeinkommen ( ) Frau W. erzielte folgendes Einkommen ( ) dass sowohl unserem Mandanten als auch Frau W. der befristete Zuschlag zusteht". Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass Widerspruch in der Sache eingelegt wurde. Allerdings wurde ein Widerspruchsverfahren unter der Nummer W 385/06 angelegt, das nach Erlass ei-nes Änderungsbescheids am 14. März 2006 am gleichen Tag unter Bezugnahme auf das Wi-derspruchseingangsdatum 6. Januar 2006 mit einem Widerspruchsbescheid verbeschieden wurde, in dem der Beklagte sich zur teilweisen Übernahme der Kosten des Widerspruchsver-fahrens verpflichtete.
Die Prozessbevollmächtigten übersandten am 20. März 2006 eine Kostenrechnung über 468,64 Euro, die eine Erhöhung um 60 vom Hundert wegen mehrerer Auftraggeber beinhalte-te.
W 147/06 Die den Klägern für den Zeitraum 07-12/05 bewilligten Leistungen wurden mit Änderungsbe-scheiden vom 13. Oktober und 28. Dezember 2005 geändert. Die entsprechenden Bescheide waren an den Kläger zu 1 adressiert. Gegen letzteren Bescheid legten die Prozessbevollmäch-tigten am 12. Januar 2006 Widerspruch ein. Als Betreff war vermerkt: "unser Mandant: Herr J. B.". Als Begründung wurde ausgeführt, dass "Frau W. für Juli kein Kindergeld erhalten" habe und "der Versicherungsfreibetrag ( ) sowohl bei unserem Mandanten wie auch bei Frau W. nicht berücksichtigt" wurde. Die Klägerin zu 3 findet keine Erwähnung. Der Beklagte erließ am 10. März 2006 einen Änderungsbescheid und am 13. März 2006 einen Wider-spruchsbescheid, in dem er sich zur teilweisen Übernahme der Kosten des Widerspruchsver-fahrens verpflichtete. Die Prozessbevollmächtigten übersandten am 16. März 2006 eine Kos-tenrechnung über 513,65 Euro, die eine Erhöhung um 60 vom Hundert (insgesamt 144 Euro) wegen mehrerer Auftraggeber beinhaltete.
W 56/06 Mit Bewilligungsbescheid vom 28. Dezember 2005 bewilligte der Beklagte den Klägern, ad-ressiert an den Kläger zu 1, Leistungen für 01-06/06. Aufgrund des Widerspruchs der Pro-zessbevollmächtigten vom 4. Januar 2006 (Betreff: "unser Mandant: Herr J. B.") wurde mit Änderungsbescheid vom 10. März 2006 die Höhe der bewilligten Leistungen korrigiert und am 13. März 2006 ein entsprechender Abhilfebescheid erlassen. In der Begründung zum Wi-derspruch vom 4. Januar 2006 schreiben die Bevollmächtigten dabei ausdrücklich: "Unser Mandant hat im Jahr 2005 folgendes Nettoeinkommen erzielt ( ) Frau W. erzielte folgendes Einkommen ( ) da offen ist, welche Einkünfte unser Mandant und Frau W. im Jahre ( ) erzielt haben". Die Kostenrechnung vom 16. März 2006 über 385,12 Euro beinhaltete eine Erhöhung um 30 vom Hundert (72 Euro) wegen mehrerer Auftraggeber.
W 57/06 Am 27. Dezember 2005 übersandte der Beklagte eine an den Kläger zu 1 adressierten und diesen betreffenden Absenkungsbescheid. Der Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 13. März 2006 ab. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger übersandte am 16. März 2006 eine Kostenrechnung über 301,60 Euro ohne Erhöhung wegen mehrer Auftraggeber.
Der Beklagte erließ am 5. April 2006 einen gemeinsamen Kostenfestsetzungsbescheid über die Gebühren in allen oben genannten Widerspruchsverfahren. Dort erkannte er "als in den Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Aufwendungen 1251,41 Euro" an, wobei er die jeweiligen Erhöhungsgebühren von 360 Euro kürzte und die Mehrwertsteuer von damals noch 16 v.H. entsprechend um 57,60 Euro verminderte. Die Prozessbevollmächtigten legten hiergegen am 6. April 2006 Widerspruch ein, wieder mit dem Betreff: "unser Mandant: Herr J. B.". Der Rechtsbehelf blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. November 2006).
Das Sozialgericht Gotha hat die - auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer Gebühren in Höhe von 417,60 Euro wegen mehrerer Widerspruchsauftraggeber gerichtete - Klage mit Urteil vom 28. Januar 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Prozessbevollmächtigten lediglich den Kläger zu 1 vertreten hätten, er-sichtlich aus dem Betreff: "unser Mandant: Herr J. B.", und daher Erhöhungsgebühren nicht in Betracht kämen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wurde die Berufung zugelassen.
Im Berufungsverfahren wendet der Beklagte erneut ein, dass die Prozessbevollmächtigten nur vom Kläger zu 1 zivilrechtlich beauftragt worden seien.
Auf Nachfrage des Gerichts erklären die Klägerinnen zu 2 und 3 schriftlich unter dem 14. Mai 2012, dass die Bedarfgemeinschaft mit dem Kläger zu 1 aufgelöst ist und sie den Prozessbe-vollmächtigten "weder im Widerspruchs- noch im Gerichtsverfahren beauftragt" hätten, da zu diesem Zeitpunkt eine Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger zu 1 bestanden habe.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Erhöhungsgebühren für drei Auftraggeber gerecht-fertigt seien, da der Kläger zu 1 die Widersprüche für die gesamte Bedarfsgemeinschaft ein-gelegt habe.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 28. Januar 2008 aufzuheben und den Kostenfestsetzungsbescheid vom 5. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheids vom 20. November 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen weitere 417,60 Euro als notwendige Aufwendungen für die Widerspruchs-verfahren zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, das Urteil des Sozialgerichtes Gotha sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwal-tungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte L 9 B 59/08 AS NZB Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger wurde zugelassen und ist insgesamt als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2011 -B 4 AS 155/10 R). Dem steht der erstinstanzliche Bescheidungsantrag (vgl. die in der Niederschrift zur öffentli-chen Sitzung vom 28. Januar 2008 in Bezug genommene Klageschrift) nicht entgegen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 5. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2006, der die Höhe der in den zugrundeliegenden Widerspruchsverfahren entstandenen zu erstattenden Rechtsan-waltskosten regelt, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Das Sozial-gericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Beklagte bereits mehr erstattet hatte als er musste.
Das Verfahren W 57/06 betraf die Wirksamkeit einer Sanktion lediglich für den Kläger zu 1. Hier wurden keine Erhöhungsgebühren geltend gemacht und die Kostennote der Prozessbe-vollmächtigten des Klägers vom Beklagten vollumfänglich anerkannt.
Für das Verfahren W 385/06 sind keinerlei Kosten zu erstatten. Es handelt es sich gar nicht um ein Widerspruchsverfahren, das die Kostenfolge des § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auslösen könnte. Der Antrag im Schriftsatz vom 5. Januar 2006 ist ein Überprü-fungsantrag nach § 44 SGB X, der einen Teil des einem Widerspruchsverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens darstellt. Für ein solches werden keine Kosten übernommen (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X, § 63 Rn. 6).
Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte irrtümlich ein Widerspruchsverfahren angelegt und einen Widerspruchsbescheid mit Kostengrundentscheidung erlassen hat. Eine Wider-spruchsentscheidung hätte nicht ergehen dürfen. § 63 SGB X ist eng auszulegen (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X, § 63 Rn. 6) und muss deswegen auf die Kostenerstattung eines förmlichen, durch die Einlegung eines Widerspruchs eingeleiteten Widerspruchsverfahrens beschränkt bleiben. Eine Heranziehung der materiell rechtswidrigen Kostenentscheidung selbst als Anspruchsgrundlage für eine Erstattung verbietet sich dabei schon deshalb, weil hierin ein Verstoß gegen den das ganze Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (BSG, Urteil v. 16. Mai 2012 - B 4 AS 166/11 R) liegen würde. Den Klägern musste bekannt sein, dass ein Widerspruch überhaupt nicht eingelegt und das Widerspruchsverfahren W 385/06 vom Beklagten nur versehentlich angelegt worden war. Aus demselben Grund können auch Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht zum Tragen kommen.
Im Übrigen ergibt sich aus der im Widerspruchsbescheid vom 14. März 2006 ausgesproche-nen Kostengrundentscheidung noch nichts zur Höhe des tatsächlichen Anspruchs. Die Kos-tenfestsetzung erfolgte mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 5. April 2006 für alle vier hier aufgeführten Widerspruchsverfahren zusammen in einem einheitlichen Ver-fügungssatz, der ohne weitere Differenzierung den Klägern die Gesamterstattungssumme von 1251,41 Euro zusprach. Da nur dieser Verfügungssatz in Bestandskraft erwachsen kann (vgl. Waschull, LPK-SGB X, § 31 Rn. 9), kann der Senat bis zu dieser Höhe eine Saldierung der Erstattungssummen für die einzelnen Widerspruchsverfahren vornehmen und die Elemente, aus denen sich die Gesamterstattung zusammensetzt, einer Neubewertung unterziehen, solan-ge nicht hinter der Verwaltungsentscheidung zurückgeblieben wird (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig, SGG, § 123 Rn. 5).
Hinsichtlich der Widersprüche in den Verfahren W 147/06 und W 56/06 handelt es sich um anders gelagerte Sachverhalte. Den Verfahren zugrunde lagen Bewilligungs- bzw. Ände-rungsbescheide die gesamte Bedarfsgemeinschaft betreffend. In diesen Fällen ist ein An-spruch der Kläger auf höhere Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen von § 63 SGB X möglich, wenn diese eine weitere Kostenerstattung in Gestalt einer oder mehrerer Erhöhungen nach Nr 1008 Vergütungsverzeichnis Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) belegen können. Nr 1008 VV RVG bestimmt, dass sich die Geschäfts- oder Verfahrensgebühr bei der Mehrheit von Auftraggebern erhöht, bei Betragsrahmengebühren der Mindest- und Höchstbetrag um 30 vom Hundert für jede weitere Person, wenn Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen sind.
Vertragspartner und Auftraggeber iS der Nr 1008 VV RVG können auch unterschiedliche Personen sein und eine Mehrheit von Auftraggebern liegt bereits dann vor, wenn derselbe Rechtsanwalt für verschiedene natürliche Personen tätig wird. Es kommt insoweit nicht dar-auf an, wer persönlich dem Anwalt den Auftrag erteilt hat. Auch dann, wenn nur eine Person für eine von ihr vertretene Personenmehrheit Auftraggeber des Anwalts ist und mit diesem den Anwaltsvertrag abschließt, kann Nr 1008 VV RVG Anwendung finden (BSG, Urteil v. 27. September 2011 - B 4 AS 155/10 R). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere § 38 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), nach dem vermutet wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzu-nehmen (Satz 1). Leben mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt (Satz 2). Die Ver-mutung erfasst alle Verfahrenshandlungen, die mit der Antragstellung und der Entgegennah-me der Leistungen zusammenhängen und der Verfolgung des Anspruchs dienen, mithin auch die Einlegung eines Widerspruchs. Entscheidend kommt es auf die Feststellung an, "ob das (Widerspruchs-) Vorbringen des Bevollmächtigen im Auftrag des allein gegenüber ihm auf-tretenden Klägers (nur) ihren Individualanspruch oder die Ansprüche weiterer Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zum Gegenstand hatte" (BSG, a.a.O.).
Die vom Bundessozialgericht (BSG) angesprochene Vermutung, dass alle Verfahrenshand-lungen, die mit der Antragstellung und der Entgegennahme der Leistungen zusammenhängen und der Verfolgung des Anspruchs dienen, mithin auch die Einlegung eines Widerspruchs von einer (internen) Vertretung der Bedarfsgemeinschaft begründet sein können, greift hier zumindest teilweise ein (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 -B 7b AS 8/06 R). Durch die ausdrückliche, vom Bevollmächtigten vorgenommene und nach außen gegenüber dem Beklagten kundgetane Unterscheidung zwischen dem Kläger zu 1 als Mandanten und der Klägerin zu 2 als Frau W., die explizit nicht als Mandantin bezeichnet wurde, hat der Bevoll-mächtigte zwar nach außen unmissverständlich mitgeteilt, welche Personen Mandanten und welche nicht Mandanten sind, allerdings werden erkennbar in beiden Widerspruchsverfahren auch Individualansprüche der Klägerin zu 2 verfolgt, sodass die Erhöhungsgebühr für einen weiteren Auftraggeber bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts gerechtfertigt ist. Die Bevollmächtigten schreiben in der Widerspruchsbegründung zu W 56/06 ausdrücklich: "Unser Mandant hat im Jahr 2005 folgendes Nettoeinkommen erzielt ( ) Frau W. erzielte folgendes Einkommen ( ) da offen ist, welche Einkünfte unser Mandant und Frau W. im Jahre ( ) erzielt haben". In der Begründung zu W 147/06 heißt es, dass "Frau W. für Juli kein Kindergeld erhalten" habe und "der Versicherungsfreibetrag ( ) so-wohl bei unserem Mandanten wie auch bei Frau W. nicht berücksichtigt" wurde.
Im Verfahren W 147/06 wird aber eine weitere Erhöhungsgebühr für die Klägerin zu 3 gel-tend gemacht. Ob diese berechtigt ist, ist nach Auffassung des Senats zweifelhaft, kann aber letztlich dahinstehen, da die vom Beklagten geleistete Erstattungssumme auch bei Berück-sichtigung dieser weiteren Erhöhungsgebühr von 72 Euro noch höher ist als der tatsächlich den Klägern zustehende Anspruch (s. die Gegenüberstellung unten).
Die Vermutungsregel des § 38 SGB II kann durch tatsächliche Umstände widerlegt werden. Das Bundessozialgericht (a.a.O.) führt selbst aus, dass "nicht für alle Fallkonstellationen an-zunehmen ist, dass bei einer Bedarfsgemeinschaft die Zahl deren Mitglieder stets die Zahl der Auftraggeber bzw. der vertretenen Personen widerspiegelt." Hier werden Ansprüche der Klä-gerin zu 3 in den anwaltlichen Schriftsätzen nicht erwähnt. Aufgrund dessen vermag der Se-nat ein Tätigwerden der Bevollmächtigten für die Klägerin zu 3 nicht zu erkennen.
Der gesamte Schriftverkehr der Bevollmächtigten in den Verfahren beschränkte sich auf die bereits oben bezeichneten Schriftsätze, weitere Schreiben oder mündliche oder telefonische Auskünfte bzw. Kontaktaufnahmen zwischen den Klägern (dem Bevollmächtigten) und dem Beklagten liegen nicht vor.
Die Höhe der Geschäftsgebühren ist nicht angegriffen, es wurden die Schwellengebühren bewilligt. Anhaltspunkte dafür, dass diese bewilligten Gebühren zu gering sein könnten, gibt es nicht. Eine Entscheidung, ob sie zu hoch waren, kann vom Senat aufgrund der Einlegung des Rechtsmittels nur für die Kläger und des Verschlechterungsverbotes nicht getroffen wer-den.
Damit ergibt sich für die Kläger folgender Kostenerstattungsanspruch:
W 56/06: 385,12 Euro W 147/06: 430,13 Euro (bzw. 513,65 Euro mit einer weiteren Erhöhungsgebühr) W 57/06: 301,60 Euro W 385/06: 0 Euro
Diesem Anspruch von insgesamt 1116,85 Euro (bzw. 1200,37 Euro) steht eine bereits geleis-tete Erstattungssumme von 1251,41 Euro gegenüber (zur Möglichkeit der Saldierung s.o.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Die Revision war nicht zu zulassen, weil Revisionsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vor-liegen.
Rechtskraft
Aus
Login
FST
Saved