L 6 U 60/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 79/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 60/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die vom Kläger verauslagten Kosten werden in Höhe von 626,48 EUR auf die Landeskasse übernommen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Übernahme der von ihm gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verauslagten Kosten.

Die Beteiligten hatten darüber gestritten, ob ein Arbeitsunfall auch eine Ruptur der rechten Supraspinatussehne des Klägers umfasst und ihm deshalb Verletztenrente zu gewähren ist. Nachdem dies von der Beklagten mit Bescheid vom 5. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 abgelehnt worden war, hatte das Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 22. Juli 2009 abgewiesen. Grundlage hierfür war insbesondere das vom SG eingeholte Gutachten des Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. S ... Im Berufungsverfahren war der Chirurg/Unfallchirurg Dr. L. mit der Erstellung des Gutachtens vom 2. Juni 2011 beauftragt worden, der sich im Ergebnis der Einschätzung Dr. S. angeschlossen hatte.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hatte der Senat von der Orthopädin Dipl.-Med. B. das Gutachten vom 15. April 2012 nebst ergänzender Stellungnahme vom 7. Juli 2012 eingeholt. Diese hatte u.a. ausgeführt, dem Röntgenbild vom Unfalltag seien im Bereich der rechten Schulter altersgerechte Verhältnisse zu entnehmen, was ebenso für den geltend gemachten Kausalzusammenhang spreche wie der histologische Befund. In ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 15. Oktober bzw. 7. Dezember 2012 war von den Dres. S. bzw. L.-S. nochmals dargelegt worden, weshalb der Argumentation Dipl.-Med. B. nicht zu folgen sei. Dem hat sich der Senat im Urteil vom 14. März 2013 angeschlossen und die Berufung zurückgewiesen.

Unter dem 7. Juni 2013 hat der Kläger beantragt,

die von ihm nach § 109 SGG verauslagten Gutachterkosten der Staatskasse aufzuerlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

II.

Von den vom Kläger gemäß § 109 SGG insgesamt verauslagten 2.272,48 EUR sind 626,48 EUR auf die Landeskasse zu übernehmen. Die Kosten des Gutachtens von Dipl.-Med. B. in Höhe von 1.646,00 EUR sind dagegen nicht zu erstatten.

Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts selbst trägt. Bei der Entscheidung des Gerichts, ob der Antragsteller die Kosten des Gutachtens (endgültig) zu tragen hat oder diese der Landeskasse aufzuerlegen sind, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (siehe Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 109 Rn. 16). Wesentliches Kriterium ist insoweit die Frage, welche Bedeutung das Gutachten für das Gerichtsverfahren gewonnen hat. Maßgeblich abzustellen ist hierbei darauf, ob durch das Aufzeigen neuer, bisher noch nicht berücksichtigter Gesichtspunkte die Aufklärung des Sachverhalts objektiv gefördert worden ist. Berücksichtigungsfähig ist weiterhin, ob das Gutachten zur Erledigung des Rechtsstreits beigetragen hat oder nach dem Gutachten eine weitere von Amts wegen durchzuführende Beweisaufnahme erforderlich geworden ist. Dies bedeutet auch, dass eine Kostenübernahme dann ausscheidet, wenn das Gutachten für das anhängige Verfahren nichts Neues gebracht hat (Keller, a.a.O., Rn. 16a, m.w.N.).

Hier sind bereits deshalb 626,48 EUR auf die Landeskasse zu übernehmen, weil für das Gutachten von Dipl.-Med. B. "lediglich" Kosten in Höhe von 1.646,00 EUR angefallen sind. Die vom Kläger insgesamt nach § 109 SGG geleisteten 2.272,48 EUR (1.500,00 EUR Kostenvorschuss + 772,48 EUR Nachforderung) überschreiten diesen Betrag genau um 626,48 EUR. Hintergrund hierfür ist aber nicht etwa die ergänzende Stellungnahme Dipl.-Med. B.s, für die gar keine Abrechnung durch die Sachverständige erfolgt ist, sondern eine (unzutreffende) Zurechnung der von Dr. S. unter dem 16. Oktober 2012 für seine ergänzenden Ausführungen geltend gemachten Aufwendungen. Dagegen sind die Kosten des Gutachtens von Dipl.-Med. B. der Landeskasse unter Beachtung der aufgezeigten Grundsätze nicht aufzuerlegen. Denn die Sachverständige hat keine neuen Aspekte aufgezeigt, die objektiv der Aufklärung des Sachverhalts gedient hätten. Vielmehr ist sie nur von den vorherigen Bewertungen der Dres. S. und L.-S. abgewichen, ohne hierfür jedoch (zusätzliche) Argumente zu benennen, mit denen sich die beiden Vorgutachter nicht bereits auseinander gesetzt hätten. Als maßgeblich gegen den Unfallzusammenhang sprechend hatte Dr. S. den klinischen Erstbefund, die Beurteilung des am 28. September 2007 erstellten Magnetresonanztomogramms sowie den fehlenden Nachweis von Eiseneinlagerungen in der histologischen Untersuchung benannt. Auch mit den Röntgenaufnahmen vom Unfalltag hatte er sich bereits gutachtlich auseinander gesetzt. Seine Argumentation ist durch Dr. L. in dessen Gutachten gestützt worden, der daneben auf eine fehlende Geeignetheit des Unfallhergangs zur Verursachung einer traumatischen Supraspinatussehnenruptur sowie die intraoperative Befundbeschreibung abgehoben hatte.

Auch aus dem Umstand, dass der Senat von Amts wegen eine ergänzende Stellungnahme Dipl.-Med. B.s eingeholt hat, folgt kein Wert ihres Gutachtens für die weitere Sachaufklärung. Steht schon die Verwertbarkeit eines nach § 109 SGG erstellten Gutachtens in Frage, hat das Gericht wie bei jedem Sachverständigengutachten auf eine der Vollständigkeit nach verwertbare Leistung hinzuwirken, ohne dass daraus eine Förderung des Verfahrens durch das Gutachten folgt. Diese Lage war hier gegeben, weil die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen hatte, dass für die ärztliche Einschätzung wesentliche Aufnahmen durch Dipl.-Med. B. noch nicht ausgewertet waren.

Ebenso wenig führt die Beiziehung ergänzender Stellungnahmen der Dres. S. und L.-S. dazu, von einer Verbesserung der Beweislage durch das Gutachten zugunsten des Klägers auszugehen. Das Gericht hat selbst kaum jemals eigene Sachkenntnis, um wissenschaftlich unhaltbare ärztliche Überlegungen oder schlichte Befundauswertungsfehler zu verwerfen. Beschränkt sich die Aufgabenstellung für eine ergänzende Stellungnahme darauf, diese Prüfung auf medizinische Substanz zu übernehmen, ist dies für eine Kostenübernahme nach § 109 SGG nicht maßgeblich. So liegt der Fall hier: Dr. S. erklärt das Gutachten Dipl.-Med. B.s nachvollziehbar als "zur Sachaufklärung nicht geeignet". Der ebenso verständliche Ergebnissatz Dr. L.s lautet, er habe seinem Gutachten "nichts hinzuzufügen".

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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