Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 5688/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 537/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.12.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Überprüfungsantrags streitig, ob die Beklagte die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu Recht ablehnte.
Der am 1960 geborene Kläger absolvierte von 1975 bis 1978 eine Ausbildung zum Bäcker. Seinen Angaben zufolge war er bis 1984 in diesem Beruf und anschließend bis 1993 als Karosserieflaschnerhelfer beschäftigt. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit siedelte er im Jahr 1995 in die D. R. über, wo er eine selbständige Tätigkeit ausübte. Im Mai 2005 kehrte er in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Seither ist der Kläger arbeitslos.
Am 27.05.2008 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf die vorgelegten Arztbriefe, die ärztliche Konsultationen wegen Rücken- und Knieschmerzen dokumentieren. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Chirurgen Dr. R. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 23.07.2008, der eine Lumboischialgie bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1, L 3/L 4 und Wirbelgleiten L 5/S 1, eine aggressive Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression, eine Chondropathia patellae mit Patelladysplasie beidseits, eine Lebervergrößerung sowie eine Schilddrüsenvergrößerung diagnostizierte und die Indikation für die Durchführung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation sah. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Karosserieflaschnerhelfer erachtete der Gutachter lediglich noch im Umfang von weniger als drei Stunden täglich für zumutbar, leichte Tätigkeiten zeitweise im Stehen oder Gehen und überwiegend im Sitzen in Tagesschicht hielt er zumindest sechs Stunden täglich für möglich. Mit Bescheid vom 03.09.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers daraufhin ab. Im Widerspruchsverfahren wurde der Kläger in der Klinik L.-R. , Fachklinik für Innere Medizin und Orthopädie, vom 15.01. bis 05.02.2009 unter den Diagnosen LWS-Syndrom bei Spondylolisthesis vera 2. Grades L 5/S 1 und Skoliose, Wurzelreiz L 3/4 rechts (DD Meralgia paraesthetica) sowie initiale Retropatellararthrose links stationär behandelt. Ausweislich des Entlassungsberichts erachteten die behandelnden Ärzte den Kläger für fähig, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers daraufhin mit der Begründung zurück, unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, ohne dauerndes Gehen und Stehen, ohne viel Bücken, ohne Zwangshaltung) verfüge er über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen und sei daher nicht erwerbsgemindert. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da der Kläger in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Karosserieflaschnerhelfers keinen Berufsschutz als Facharbeiter genieße.
Im September 2009 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheids vom 03.09.2008 und machte geltend, auf Grund seines Rücken- und Knieschadens sowie seiner psychischen Beeinträchtigung nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen zu verfügen. Auch dem schweren Beruf des Bäckers bzw. Karosserieflaschnerhelfers sei er nicht mehr gewachsen. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Chirurgen Dr. R. , der den Kläger am 16.02.2010 untersuchte und rezidivierende LWS-Beschwerden bei Wirbelgleiten L 5/S 1, Instabilitätszeichen L 3/4 und degenerative Veränderungen (ohne wesentliche Funktionseinschränkung und ohne belangvolle Wurzelreizsymptomatik) sowie zeitweilige Kniebeschwerden bei beginnenden degenerativen Veränderungen (keine Reizzeichen, keine wesentliche Funktionseinschränkung) diagnostizierte. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit erachtete er lediglich noch weniger als drei Stunden täglich zumutbar, leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule hielt er jedoch täglich sechs Stunden und mehr für möglich.
Mit Bescheid vom 10.03.2010 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 03.09.2008 gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ab, da sich nach dem Ergebnis der durchgeführten medizinischen Ermittlungen keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des ergangenen Bescheides ergäben. Mit den vorhandenen Erkrankungen könne der Kläger zumindest sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Zwar sei die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Karosserieflaschnerhelfer nicht mehr zumindest sechs Stunden täglich zumutbar, jedoch sei er im Hinblick auf seinen beruflichen Werdegang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers, die Schwere seiner psychischen Beeinträchtigung sei verkannt worden, das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. auf Grund Untersuchung vom 21.05.2010 ein, der keinen Anhalt für eine nennenswerte psychische Erkrankung, auch nicht für ein leichtgradiges depressives Syndrom, fand. Auch die von Dr. R. gestellte Diagnose einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression habe sich nicht bestätigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers daraufhin zurück.
Am 17.08.2010 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht München, das den Rechtsstreit an das Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen hat, Klage erhoben und geltend gemacht, auf Grund seiner körperlichen und psychischen Beschwerden, die die Beklagte nicht in vollem Umfang in die Gesamtbetrachtung einbezogen habe, lediglich noch Erwerbstätigkeiten im Umfang von weniger als drei Stunden täglich verrichten zu können.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Bei Erlass des Bescheids vom 03.09.2008 sei die Beklagte nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Insbesondere habe Dr. R. in seinem Gutachten alle wesentlichen vom Kläger vorgetragenen Erkrankungen berücksichtigt; diese seien von Dr. R. lediglich zum Teil anders bezeichnet worden.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 03.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.02.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und wiederum geltend gemacht, die Beklagte habe zahlreiche Diagnosen nicht in die Gesamtbetrachtung einbezogen. Unberücksichtigt geblieben seien zudem somatoforme Beschwerden sowie seine depressive Stimmungslage mit den daraus resultierenden Beeinträchtigungen. Auf Grund seines Wirbelsäulenleidens, durch das er bis zu 16 Stunden täglich liegend entspannen müsse, seien zahlreiche qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen, weshalb ihm nur noch leichte Tätigkeiten unter drei Stunden täglich zumutbar seien. Eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt sei im Übrigen nicht mehr möglich, weshalb ihm wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes volle Erwerbsminderungsrente zustehe. Zumindest sei er jedoch berufsunfähig, da ihm sämtliche Ärzte in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Karosserieflaschnerhelfers lediglich ein dreistündiges Leistungsvermögen bescheinigt hätten. Bei dem Beruf des Karosserieflaschners handle es sich um einen Facharbeiterberuf, weshalb ihm Berufsschutz zustehe. Zur Stützung seiner Rechtsauffassung, wonach ihm Erwerbsminderungsrente zustehe, hat er sich auf die vorgelegten Arztbriefe des Orthopäden Dr. H. vom 04.05. und 07.09.2012 berufen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.12.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2010 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme des Bescheids vom 03.09.2008 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 01.05.2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Sie hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Dres. B. und K. vom 05.07.2012 vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagte vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Mit diesen Bescheiden lehnte es die Beklagte zutreffend ab, dem Kläger unter Rücknahme des Bescheids vom 03.09.2008 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Denn zum Zeitpunkt der Erteilung dieses Bescheids war der Kläger weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es mit Bescheid vom 03.09.2008 und Widerspruchsbescheid vom 24.03.2009 ablehnte dem Kläger eine entsprechende Erwerbsminderungsrente zu gewähren.
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die Beklagte wandte bei Erlass des Bescheids vom 03.09.2008, mit dem sie die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ablehnte, das Recht weder unrichtig an, noch ging sie von einem Sachverhalt aus, der sich nachträglich als unrichtig erwies. Vielmehr erfüllte der Kläger nicht die Anspruchsvoraussetzungen für die in Rede stehende Rente, da er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert war und auch nicht berufsunfähig.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 03.09.2008 nicht. Vielmehr ging die Beklagte zutreffend davon aus, dass der Kläger im Hinblick auf die Beeinträchtigungen von Seiten der Wirbelsäule und der Kniegelenke noch in der Lage war, leichte berufliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen lag weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Denn weder die durch die Instabilitätszeichen, das Wirbelgleiten und die degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule bedingten belastungsabhängigen Schmerzzustände noch die von den Veränderungen im Bereich der Kniegelenke ausgehenden zeitweiligen Beschwerdezustände beding(t)en eine rentenrelevante quantitative Leistungsminderung. Zweifellos war und ist die Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule des Klägers hierdurch eingeschränkt, weshalb schwere Tätigkeiten und häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule nicht mehr zumutbar waren und sind und auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Karosserieflaschnerhelfers nicht mehr leidensgerecht war und ist. Hingegen waren und sind leichte Tätigkeiten, die in wechselnder Körperhaltung ausgeübt werden, und nicht mit Zwangshaltungen verbunden sind, trotz der beim Kläger im Bereich der Wirbelsäule bestehenden Veränderungen zumindest sechs Stunden täglich zumutbar, ohne dass hierdurch die Gefahr einer Verschlimmerung bestand und besteht. Mit diesem Leistungsvermögen war und ist der Kläger im Sinne der maßgeblichen Vorschriften nicht erwerbsgemindert.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren wiederum geltend macht, die Beklagte habe zahlreiche Diagnosen (im Einzelnen: chronisches Lumbalsyndrom, Lumbalskoliose, Spondylolisthese L 5, Pseudo-Spondylolisthese L 4, multitagere Bandscheibenvorwölbungen, Chondropathia patellae, Patelladysplasie, aggressive Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression) in ihre Gesamtbetrachtung nicht einbezogen und bei der Beurteilung des Leistungsvermögens unberücksichtigt gelassen, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Denn der Arztbrief des Dr. H. vom 06.06.2008, dem die dargelegten Diagnosen entnommen sind, war Grundlage des dem Bescheid vom 03.09.2008 zu Grunde liegenden Gutachtens des Dr. R ... Soweit dieser die Diagnoseliste des Dr. H. nicht wortgleich und damit unverändert übernahm, bestehen hiergegen keine Bedenken. Denn mit den erfolgten Umformulierungen waren inhaltliche Abweichungen nicht verbunden. Hierauf hat schon zutreffend das SG in dem angefochtenen Gerichtsbescheid hingewiesen. Soweit der Kläger gar auf die Diagnose einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression hinweist, fand diese sogar ausdrücklich Eingang in die Diagnoseliste des Dr. R. und wurde daher zweifellos von diesem im Rahmen der Leistungsbeurteilung auch berücksichtigt, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass der den Kläger später untersuchende Facharzt für Neurologie und Psychiatrie B. , in dessen Fachgebiet diese Gesundheitsstörung gerade fällt, diese zuvor von orthopädischer Seite beschriebene Gesundheitsstörung nicht bestätigen konnte.
Soweit der Kläger im Übrigen geltend macht, seine psychischen Beeinträchtigungen in Form von somatoformen Beschwerden sowie die Schlafstörungen, innere Anspannung und Niedergeschlagenheit seien unberücksichtigt geblieben, ist nicht ersichtlich, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheids vom 03.09.2008 entsprechende Beeinträchtigungen mit Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen vorlagen. So finden sich in den vom Kläger vorgelegten Arztbriefen keine Hinweise auf Erkrankungen von psychiatrischer Seite. Auch stand der Kläger nicht in einer entsprechenden fachärztlichen Behandlung. Auf Veranlassung des Orthopäden Dr. H. stellte sich der Kläger zwar bei dem Neurologen und Psychiater Priv.-Doz. Dr. S. vor, jedoch fand dieser von psychiatrischer Seite keine Auffälligkeiten. Denn ausweislich seines Arztbriefes vom 17.04.2008 beschrieb er ausschließlich Befunde von neurologischer Seite. Auch der im Zugunstenverfahren auf den Hinweis des Klägers, seine psychiatrischen Beeinträchtigungen seien unberücksichtigt geblieben, mit einer Begutachtung beauftragte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie B. fand anlässlich seiner Untersuchung im Mai 2010 auf seinem Fachgebiet keine auffälligen Befunde, die auf eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit von psychiatrischer Seite hindeuten könnten. Vielmehr konnte er noch nicht einmal die von Dr. R. aufgeführte Diagnose einer "aggressiven Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression" bestätigen und auch eine erhebliche psychische Beeinträchtigung nicht nachvollziehen. Psychische Beeinträchtigungen können im Übrigen auch dem Entlassungsbericht der Klinik L.-R. , wo der Kläger ca. fünf Monate nach Erlass des Bescheids vom 03.09.2008 behandelt wurde, nicht entnommen werden. Vielmehr wird der Kläger vom psychischen Eindruck als zeitlich und örtlich voll orientiert mit präzisen Vorstellungen und Kenntnissen über alle Anspruchsvoraussetzungen und Durchsetzungsmittel sozialer und sozialmedizinischer Hilfen beschrieben, was nicht auf rentenrelevante Beeinträchtigungen von psychiatrischer Seite hinweist.
Soweit der Kläger im Übrigen aus den seines Erachtens zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen seiner beruflichen Leistungsfähigkeit ableitet, gleichzeitig auch quantitativ und damit rentenrelevant eingeschränkt zu sein, trifft dies nicht zu. Denn wenn der Kläger die sich auf sein Wirbelsäulenleiden nachteilig auswirkenden und zu Schmerzzuständen führenden schweren Arbeiten ebenso meidet, wie Tätigkeiten in einseitiger Körperhaltung, ist nicht ersichtlich, weshalb Tätigkeiten, die diesen Einschränkungen Rechnung tragen, gleichwohl selbst in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich nicht mehr in Betracht kommen sollen. Aus dem Erfordernis zur Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen lässt sich daher nicht gleichzeitig auch ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen herleiten.
Soweit der Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung zuletzt Arztbriefe des Dr. H. vom 04.05. und 07.09.2012 vorgelegt hat, sind diese nicht geeignet, eine Erwerbsminderung für den vorliegend allein maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 03.09.2008 zu begründen. Im Übrigen wiederholen die aktuellen Befundberichte nur Befunde und Diagnosen aus den bereits Dr. R. bekannten Arztbrief.
Unerheblich ist im Übrigen auch, ob dem Kläger ein seinem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz angeboten werden kann (BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94 in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13). Denn das Risiko, ob ein Versicherter auch tatsächlich einen für ihn geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz erhält, fällt in den Bereich der Arbeitslosenversicherung und ist deshalb nicht von der Rentenversicherung zu tragen, die ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat. Dem entsprechend bestimmt das Gesetz für alle Erwerbsminderungstatbestände ausdrücklich, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer die jeweils zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und dass die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§§ 43 Abs. 3, 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI)
Soweit der Kläger letztlich geltend macht, ihm habe jedenfalls Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zugestanden, ist der Bescheid vom 03.09.2008 gleichermaßen nicht zu beanstanden. Denn für den Senat sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger - entsprechend seiner Behauptung - Berufsschutz als Facharbeiter, und zwar als Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker genießt. Eine Ausbildung in diesem Beruf hat der Kläger nicht absolviert. Auch ist nicht ersichtlich, dass er sich die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten, um einen solchen Facharbeiterberuf wettbewerbsfähig ausüben zu können, im Rahmen seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit angeeignet haben könnte. Denn nach seinen Angaben war er zuletzt bei der Fa. Daimler Benz lediglich als Karosserieflaschnerhelfer beschäftigt und übte damit keine Facharbeitertätigkeit aus. Eine solche Helfertätigkeit konnte den Kläger auch nicht dazu befähigen, sich im Rahmen der beruflichen Tätigkeit die theoretischen und praktischen Fähigkeiten eines ausgebildeten Facharbeiters anzueignen.
Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben kann, ist diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Überprüfungsantrags streitig, ob die Beklagte die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu Recht ablehnte.
Der am 1960 geborene Kläger absolvierte von 1975 bis 1978 eine Ausbildung zum Bäcker. Seinen Angaben zufolge war er bis 1984 in diesem Beruf und anschließend bis 1993 als Karosserieflaschnerhelfer beschäftigt. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit siedelte er im Jahr 1995 in die D. R. über, wo er eine selbständige Tätigkeit ausübte. Im Mai 2005 kehrte er in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Seither ist der Kläger arbeitslos.
Am 27.05.2008 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf die vorgelegten Arztbriefe, die ärztliche Konsultationen wegen Rücken- und Knieschmerzen dokumentieren. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Chirurgen Dr. R. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 23.07.2008, der eine Lumboischialgie bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1, L 3/L 4 und Wirbelgleiten L 5/S 1, eine aggressive Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression, eine Chondropathia patellae mit Patelladysplasie beidseits, eine Lebervergrößerung sowie eine Schilddrüsenvergrößerung diagnostizierte und die Indikation für die Durchführung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation sah. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Karosserieflaschnerhelfer erachtete der Gutachter lediglich noch im Umfang von weniger als drei Stunden täglich für zumutbar, leichte Tätigkeiten zeitweise im Stehen oder Gehen und überwiegend im Sitzen in Tagesschicht hielt er zumindest sechs Stunden täglich für möglich. Mit Bescheid vom 03.09.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers daraufhin ab. Im Widerspruchsverfahren wurde der Kläger in der Klinik L.-R. , Fachklinik für Innere Medizin und Orthopädie, vom 15.01. bis 05.02.2009 unter den Diagnosen LWS-Syndrom bei Spondylolisthesis vera 2. Grades L 5/S 1 und Skoliose, Wurzelreiz L 3/4 rechts (DD Meralgia paraesthetica) sowie initiale Retropatellararthrose links stationär behandelt. Ausweislich des Entlassungsberichts erachteten die behandelnden Ärzte den Kläger für fähig, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers daraufhin mit der Begründung zurück, unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, ohne dauerndes Gehen und Stehen, ohne viel Bücken, ohne Zwangshaltung) verfüge er über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen und sei daher nicht erwerbsgemindert. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da der Kläger in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Karosserieflaschnerhelfers keinen Berufsschutz als Facharbeiter genieße.
Im September 2009 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheids vom 03.09.2008 und machte geltend, auf Grund seines Rücken- und Knieschadens sowie seiner psychischen Beeinträchtigung nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen zu verfügen. Auch dem schweren Beruf des Bäckers bzw. Karosserieflaschnerhelfers sei er nicht mehr gewachsen. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Chirurgen Dr. R. , der den Kläger am 16.02.2010 untersuchte und rezidivierende LWS-Beschwerden bei Wirbelgleiten L 5/S 1, Instabilitätszeichen L 3/4 und degenerative Veränderungen (ohne wesentliche Funktionseinschränkung und ohne belangvolle Wurzelreizsymptomatik) sowie zeitweilige Kniebeschwerden bei beginnenden degenerativen Veränderungen (keine Reizzeichen, keine wesentliche Funktionseinschränkung) diagnostizierte. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit erachtete er lediglich noch weniger als drei Stunden täglich zumutbar, leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule hielt er jedoch täglich sechs Stunden und mehr für möglich.
Mit Bescheid vom 10.03.2010 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 03.09.2008 gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ab, da sich nach dem Ergebnis der durchgeführten medizinischen Ermittlungen keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des ergangenen Bescheides ergäben. Mit den vorhandenen Erkrankungen könne der Kläger zumindest sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Zwar sei die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Karosserieflaschnerhelfer nicht mehr zumindest sechs Stunden täglich zumutbar, jedoch sei er im Hinblick auf seinen beruflichen Werdegang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers, die Schwere seiner psychischen Beeinträchtigung sei verkannt worden, das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. auf Grund Untersuchung vom 21.05.2010 ein, der keinen Anhalt für eine nennenswerte psychische Erkrankung, auch nicht für ein leichtgradiges depressives Syndrom, fand. Auch die von Dr. R. gestellte Diagnose einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression habe sich nicht bestätigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers daraufhin zurück.
Am 17.08.2010 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht München, das den Rechtsstreit an das Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen hat, Klage erhoben und geltend gemacht, auf Grund seiner körperlichen und psychischen Beschwerden, die die Beklagte nicht in vollem Umfang in die Gesamtbetrachtung einbezogen habe, lediglich noch Erwerbstätigkeiten im Umfang von weniger als drei Stunden täglich verrichten zu können.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Bei Erlass des Bescheids vom 03.09.2008 sei die Beklagte nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Insbesondere habe Dr. R. in seinem Gutachten alle wesentlichen vom Kläger vorgetragenen Erkrankungen berücksichtigt; diese seien von Dr. R. lediglich zum Teil anders bezeichnet worden.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 03.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.02.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und wiederum geltend gemacht, die Beklagte habe zahlreiche Diagnosen nicht in die Gesamtbetrachtung einbezogen. Unberücksichtigt geblieben seien zudem somatoforme Beschwerden sowie seine depressive Stimmungslage mit den daraus resultierenden Beeinträchtigungen. Auf Grund seines Wirbelsäulenleidens, durch das er bis zu 16 Stunden täglich liegend entspannen müsse, seien zahlreiche qualitative Einschränkungen zu berücksichtigen, weshalb ihm nur noch leichte Tätigkeiten unter drei Stunden täglich zumutbar seien. Eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt sei im Übrigen nicht mehr möglich, weshalb ihm wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes volle Erwerbsminderungsrente zustehe. Zumindest sei er jedoch berufsunfähig, da ihm sämtliche Ärzte in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Karosserieflaschnerhelfers lediglich ein dreistündiges Leistungsvermögen bescheinigt hätten. Bei dem Beruf des Karosserieflaschners handle es sich um einen Facharbeiterberuf, weshalb ihm Berufsschutz zustehe. Zur Stützung seiner Rechtsauffassung, wonach ihm Erwerbsminderungsrente zustehe, hat er sich auf die vorgelegten Arztbriefe des Orthopäden Dr. H. vom 04.05. und 07.09.2012 berufen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.12.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2010 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme des Bescheids vom 03.09.2008 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 01.05.2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Sie hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Dres. B. und K. vom 05.07.2012 vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagte vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Mit diesen Bescheiden lehnte es die Beklagte zutreffend ab, dem Kläger unter Rücknahme des Bescheids vom 03.09.2008 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Denn zum Zeitpunkt der Erteilung dieses Bescheids war der Kläger weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es mit Bescheid vom 03.09.2008 und Widerspruchsbescheid vom 24.03.2009 ablehnte dem Kläger eine entsprechende Erwerbsminderungsrente zu gewähren.
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die Beklagte wandte bei Erlass des Bescheids vom 03.09.2008, mit dem sie die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ablehnte, das Recht weder unrichtig an, noch ging sie von einem Sachverhalt aus, der sich nachträglich als unrichtig erwies. Vielmehr erfüllte der Kläger nicht die Anspruchsvoraussetzungen für die in Rede stehende Rente, da er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert war und auch nicht berufsunfähig.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 03.09.2008 nicht. Vielmehr ging die Beklagte zutreffend davon aus, dass der Kläger im Hinblick auf die Beeinträchtigungen von Seiten der Wirbelsäule und der Kniegelenke noch in der Lage war, leichte berufliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen lag weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Denn weder die durch die Instabilitätszeichen, das Wirbelgleiten und die degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule bedingten belastungsabhängigen Schmerzzustände noch die von den Veränderungen im Bereich der Kniegelenke ausgehenden zeitweiligen Beschwerdezustände beding(t)en eine rentenrelevante quantitative Leistungsminderung. Zweifellos war und ist die Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule des Klägers hierdurch eingeschränkt, weshalb schwere Tätigkeiten und häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule nicht mehr zumutbar waren und sind und auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Karosserieflaschnerhelfers nicht mehr leidensgerecht war und ist. Hingegen waren und sind leichte Tätigkeiten, die in wechselnder Körperhaltung ausgeübt werden, und nicht mit Zwangshaltungen verbunden sind, trotz der beim Kläger im Bereich der Wirbelsäule bestehenden Veränderungen zumindest sechs Stunden täglich zumutbar, ohne dass hierdurch die Gefahr einer Verschlimmerung bestand und besteht. Mit diesem Leistungsvermögen war und ist der Kläger im Sinne der maßgeblichen Vorschriften nicht erwerbsgemindert.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren wiederum geltend macht, die Beklagte habe zahlreiche Diagnosen (im Einzelnen: chronisches Lumbalsyndrom, Lumbalskoliose, Spondylolisthese L 5, Pseudo-Spondylolisthese L 4, multitagere Bandscheibenvorwölbungen, Chondropathia patellae, Patelladysplasie, aggressive Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression) in ihre Gesamtbetrachtung nicht einbezogen und bei der Beurteilung des Leistungsvermögens unberücksichtigt gelassen, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Denn der Arztbrief des Dr. H. vom 06.06.2008, dem die dargelegten Diagnosen entnommen sind, war Grundlage des dem Bescheid vom 03.09.2008 zu Grunde liegenden Gutachtens des Dr. R ... Soweit dieser die Diagnoseliste des Dr. H. nicht wortgleich und damit unverändert übernahm, bestehen hiergegen keine Bedenken. Denn mit den erfolgten Umformulierungen waren inhaltliche Abweichungen nicht verbunden. Hierauf hat schon zutreffend das SG in dem angefochtenen Gerichtsbescheid hingewiesen. Soweit der Kläger gar auf die Diagnose einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression hinweist, fand diese sogar ausdrücklich Eingang in die Diagnoseliste des Dr. R. und wurde daher zweifellos von diesem im Rahmen der Leistungsbeurteilung auch berücksichtigt, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass der den Kläger später untersuchende Facharzt für Neurologie und Psychiatrie B. , in dessen Fachgebiet diese Gesundheitsstörung gerade fällt, diese zuvor von orthopädischer Seite beschriebene Gesundheitsstörung nicht bestätigen konnte.
Soweit der Kläger im Übrigen geltend macht, seine psychischen Beeinträchtigungen in Form von somatoformen Beschwerden sowie die Schlafstörungen, innere Anspannung und Niedergeschlagenheit seien unberücksichtigt geblieben, ist nicht ersichtlich, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheids vom 03.09.2008 entsprechende Beeinträchtigungen mit Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen vorlagen. So finden sich in den vom Kläger vorgelegten Arztbriefen keine Hinweise auf Erkrankungen von psychiatrischer Seite. Auch stand der Kläger nicht in einer entsprechenden fachärztlichen Behandlung. Auf Veranlassung des Orthopäden Dr. H. stellte sich der Kläger zwar bei dem Neurologen und Psychiater Priv.-Doz. Dr. S. vor, jedoch fand dieser von psychiatrischer Seite keine Auffälligkeiten. Denn ausweislich seines Arztbriefes vom 17.04.2008 beschrieb er ausschließlich Befunde von neurologischer Seite. Auch der im Zugunstenverfahren auf den Hinweis des Klägers, seine psychiatrischen Beeinträchtigungen seien unberücksichtigt geblieben, mit einer Begutachtung beauftragte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie B. fand anlässlich seiner Untersuchung im Mai 2010 auf seinem Fachgebiet keine auffälligen Befunde, die auf eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit von psychiatrischer Seite hindeuten könnten. Vielmehr konnte er noch nicht einmal die von Dr. R. aufgeführte Diagnose einer "aggressiven Persönlichkeitsstruktur bei agitierter Depression" bestätigen und auch eine erhebliche psychische Beeinträchtigung nicht nachvollziehen. Psychische Beeinträchtigungen können im Übrigen auch dem Entlassungsbericht der Klinik L.-R. , wo der Kläger ca. fünf Monate nach Erlass des Bescheids vom 03.09.2008 behandelt wurde, nicht entnommen werden. Vielmehr wird der Kläger vom psychischen Eindruck als zeitlich und örtlich voll orientiert mit präzisen Vorstellungen und Kenntnissen über alle Anspruchsvoraussetzungen und Durchsetzungsmittel sozialer und sozialmedizinischer Hilfen beschrieben, was nicht auf rentenrelevante Beeinträchtigungen von psychiatrischer Seite hinweist.
Soweit der Kläger im Übrigen aus den seines Erachtens zu berücksichtigenden qualitativen Einschränkungen seiner beruflichen Leistungsfähigkeit ableitet, gleichzeitig auch quantitativ und damit rentenrelevant eingeschränkt zu sein, trifft dies nicht zu. Denn wenn der Kläger die sich auf sein Wirbelsäulenleiden nachteilig auswirkenden und zu Schmerzzuständen führenden schweren Arbeiten ebenso meidet, wie Tätigkeiten in einseitiger Körperhaltung, ist nicht ersichtlich, weshalb Tätigkeiten, die diesen Einschränkungen Rechnung tragen, gleichwohl selbst in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich nicht mehr in Betracht kommen sollen. Aus dem Erfordernis zur Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen lässt sich daher nicht gleichzeitig auch ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen herleiten.
Soweit der Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung zuletzt Arztbriefe des Dr. H. vom 04.05. und 07.09.2012 vorgelegt hat, sind diese nicht geeignet, eine Erwerbsminderung für den vorliegend allein maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 03.09.2008 zu begründen. Im Übrigen wiederholen die aktuellen Befundberichte nur Befunde und Diagnosen aus den bereits Dr. R. bekannten Arztbrief.
Unerheblich ist im Übrigen auch, ob dem Kläger ein seinem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz angeboten werden kann (BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94 in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13). Denn das Risiko, ob ein Versicherter auch tatsächlich einen für ihn geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz erhält, fällt in den Bereich der Arbeitslosenversicherung und ist deshalb nicht von der Rentenversicherung zu tragen, die ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat. Dem entsprechend bestimmt das Gesetz für alle Erwerbsminderungstatbestände ausdrücklich, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer die jeweils zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und dass die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§§ 43 Abs. 3, 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI)
Soweit der Kläger letztlich geltend macht, ihm habe jedenfalls Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zugestanden, ist der Bescheid vom 03.09.2008 gleichermaßen nicht zu beanstanden. Denn für den Senat sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger - entsprechend seiner Behauptung - Berufsschutz als Facharbeiter, und zwar als Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker genießt. Eine Ausbildung in diesem Beruf hat der Kläger nicht absolviert. Auch ist nicht ersichtlich, dass er sich die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten, um einen solchen Facharbeiterberuf wettbewerbsfähig ausüben zu können, im Rahmen seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit angeeignet haben könnte. Denn nach seinen Angaben war er zuletzt bei der Fa. Daimler Benz lediglich als Karosserieflaschnerhelfer beschäftigt und übte damit keine Facharbeitertätigkeit aus. Eine solche Helfertätigkeit konnte den Kläger auch nicht dazu befähigen, sich im Rahmen der beruflichen Tätigkeit die theoretischen und praktischen Fähigkeiten eines ausgebildeten Facharbeiters anzueignen.
Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben kann, ist diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved