Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 3449/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 796/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 15.02.2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 20.01.2010 in der Fassung des Bescheids vom 05.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin 10.664,06 EUR zu bezahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte erstattet der Klägerin 2/3 ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin 14.992,36 EUR zu erstatten hat, die diese für die Beschaffung eines neuen Elektrorollstuhls aufgewendet hat.
Die 1974 geborene Klägerin ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Sie ist seit Geburt an einer spastischen diplegischen Zerebralparese erkrankt und auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Ab dem Jahr 2000 war sie mit einem Elektrorollstuhl der Beklagten (Duvacare Storm) versorgt, den sie auf eigene Kosten und mit Genehmigung bzw Duldung durch die Beklagte dahingehend aufrüstete, dass der Rollstuhl 10 km/h schnell fuhr. Dieser Rollstuhl wird inzwischen nicht mehr hergestellt.
Der behandelnde Arzt der Klägerin Dr. F., Facharzt für Innere Medizin, verordnete der Klägerin am 10.11.2009 einen neuen elektrischen Rollstuhl. Als Diagnosen nannte er: Spastische Tetraparese und Tetraplegie (G82.4), Rollstuhlabhängigkeit. Die Klägerin beantragte unter Vorlage dieser Verordnung bei der Beklagten am 28.12.2009 die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl in der Version 10 km/h mit Hubfunktion als Ersatz für den bisherigen, nicht mehr einsatzbereiten Elektrorollstuhl. Sie gab an, sie möchte den Elektrorollstuhl regelmäßig auch im Auto transportieren, da sie zur Arbeit müsse und ein Behindertenfahrzeug habe. Die Beklagte richtete daraufhin ein Schreiben an Dr. F., in dem sie die Bedingungen aufführte, unter denen eine Versorgung mit einem Elektrorollstuhl angezeigt sei. Sie bat außerdem um schriftliche Mitteilung, ob die Klägerin in der Lage sei, sich mit einem Elektrorollstuhl ohne Fremd- und Eigengefährdung auch im Straßenverkehr fortzubewegen. Eine schriftliche Antwort von Dr. F. ist nicht eingegangen. Es fand aber eine telefonische Unterredung mit einer Mitarbeiterin der Beklagten statt. Diese informierte ihren Kollegen mit E-Mail vom 23.12.2009 über das Ergebnis des Gesprächs mit Dr. F ... Wörtlich führte sie darin aus, "ich soll Ihnen von Dr. F. ausrichten, dass er es eine Unverschämtheit findet, dass Sie eine Anfrage bzgl. der Notwendigkeit des Elektrorollstuhls geschickt haben. Sie sollen sich die Diagnosen der Pat. anschauen, dann wüßten Sie Bescheid." Nach Einholung einer nach Aktenlage erstellten Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) lehnte die Beklagte die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl mit Hubvorrichtung mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 20.01.2010 ab. Eine medizinische Indikation der Hubfunktion fehle, ebenso eine entsprechende Verordnung. Auch liege keine Stellungnahme des behandelnden Arztes zur Fahrtauglichkeit der Klägerin vor.
Hiergegen erhob die Klägerin am 03.03.2010 Widerspruch, den der von ihr damals beauftragte Rechtsanwalt zunächst nicht begründete. Am 23.03. und 28.03.2011 wandte sich die Klägerin dann persönlich erneut schriftlich an die Beklagte. Sie sitze quasi in ihrer Wohnung fest und könne nicht raus, weil sie Angst habe, dass der Rollstuhl durchbreche und sie dann aus dem Rollstuhl falle. Sie legte auch ein Attest des Dr. F. vom 24.03.2011 vor. Darin bestätigt der Arzt, dass und weshalb die Klägerin dringend auf einen Elektrorollstuhl mit Hubsitz angewiesen sei. Die Klägerin sei körperlich und geistig in der Lage, einen Elektrorollstuhl selbständig und ohne Fremd- und Eigengefährdung zu bedienen. Die Beklagte ermittelte, dass für die Reparatur des bisherigen, seit 2000 im Einsatz stehenden Rollstuhls, keine Ersatzteile mehr zur Verfügung stehen. Da in einem - wiederum nach Aktenlage - erstellten Gutachten des MDK vom 16.05.2011 aufgrund der bei der Klägerin beschriebenen schwerwiegenden körperlichen Defiziten Zweifel an der Fahrtauglichkeit der Klägerin aufgeworfen wurden, beauftragte die Beklagte am 06.06.2011 den TÜV Süd mit der Erstellung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit der Klägerin.
Daraufhin begab sich die Klägerin zum TÜV Süd. Nach dem Ergebnis einer am 14.06.2011 durchgeführten "Fahreignungsbegutachtung mit einem elektrischen Rollstuhl" bestanden an der Fahrtauglichkeit der Klägerin keine Zweifel. Diese Stellungnahme legte die Klägerin der Beklagten vor. Diese wandte sich mit zwei Schreiben vom 17.06.2011 an die Klägerin persönlich und an ihren Prozessbevollmächtigten. Sie teilte mit, mit großer Überraschung habe sie die Mitteilung über den Besuch der Klägerin beim TÜV Süd erhalten. Gegenüber der Klägerin führte sie ferner aus: " Am Dienstag, 14.06.2011 habe ich mit Ihnen und Herrn H. eine verbindliche telefonische Absprache getroffen: Für die weitere Prüfung unserer möglichen Kostenbeteiligung an dem beantragten Elektrorollstuhl benötigen wir für Sie noch ein Gutachten vom TÜV Süd Life Service. Hierfür haben wir für Sie bei dieser Stelle einen Termin für den 21.06.2011 vereinbart, ". Das Gutachten der TÜV Life Service GmbH vom 28.06.2011 kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aufgrund der aktuellen Befundlage die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere und verkehrsgerechte Führen eines motorisierten Krankenfahrstuhls erfüllt.
Mit Schreiben vom 05.07.2011, erneut ohne Rechtsbehelfsbelehrung, teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, da sie derzeit keinen geeigneten Rollstuhl auf Lager habe, werde die Firma Hä. einen Kostenvoranschlag über einen Elektrorollstuhl mit Hubvorrichtung als 6 km/h-Version schicken. Eine schnellere Version werde sie nicht bewilligen. Der Elektrorollstuhl werde als Leihgerät zur Verfügung gestellt. Die Klägerin möge mitteilen, ob sich mit diesem Angebot der Widerspruch erledigt habe. Hiergegen erhob die Klägerin - neben einer Dienstaufsichtsbeschwerde - am 08.07.2011 erneut Widerspruch mit dem Ziel der Versorgung mit einem Elektrorollstuhl mit einer Geschwindigkeit von maximal 10 km/h. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG könne ein Elektrorollstuhl lediglich dazu dienen, das Grundbedürfnis der Bewegungsfreiheit zu sichern, welches mit einem Rollstuhl der Version 6 km/h ausreichend möglich sei.
Am 18.10.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten sei mutwillig, da sie sich bereit erklärt habe, die Mehrkosten einer 10 km/h-Version gegenüber einer 6 km/h-Version selbst zu übernehmen. Die Beklagte habe in der Vergangenheit tausendfach solche Rollstühle genehmigt und nach Rücknahme auch wieder eingesetzt. Im Falle der Rückgabe werde sie den Rückbau auf eine 6 km/h-Version selbst bezahlen. Ha. Hi. habe die Beklagte sogar eine 12 km/h-Version genehmigt. Auch früher sei die Beklagte mit einem auf eigene Kosten erfolgten Umbau einverstanden gewesen.
Einen vom SG vorgeschlagenen Vergleich hat die Beklagte widerrufen.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 15.02.2012 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe weder Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Rollstuhls mit 10 km/h noch auf Genehmigung , den genehmigten Rollstuhl entsprechend auf eigene Kosten umbauen zu lassen. An der Notwendigkeit eines Elektrorollstuhls dem Grunde nach bestünden keine Bedenken. Der tatsächliche Leistungsumfang der Krankenkassen begrenze sich an der Unterscheidung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Behinderungsausgleich. Das bei der Klägerin betroffene Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraumes umfasse die Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich. Anknüpfungspunkte für die maßgebliche Reichweite des zur Wohnung gehörenden Nahbereiches sei dabei der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise zu Fuß zurücklege, was wiederum einem Umkreis entspreche, der von einem Behinderten mit einem selbst betriebenen Aktivrollstuhl erreicht werden könne. Insoweit sei dem Gericht nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin ihren Nahbereich nicht mittels eines Rollstuhles mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h erschließen könne. Medizinische Gründe, die eine höherwertige Leistung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Auch dass in der Vergangenheit eine entsprechende Genehmigung zum Umbau erteilt worden sei, stelle keinen Grund dafür dar, jetzt die Genehmigung zu erteilen. Eine gesetzliche Grundlage sei insoweit nicht ersichtlich. § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V bestimme lediglich, dass Versicherte Mehrkosten zu tragen hätten, wenn sie eine über das Maß des Notwendigen hinausgehende Versorgung gewählt hätten. Vorliegend handele es sich nicht um eine höherwertige, sondern um eine andere Versorgung. Auch sehe das Gesetz in § 33 Abs 5 SGB V ausdrücklich die leihweise Überlassung vor, wie sie von der Beklagten im Rahmen ihres Ermessens gewählt worden sei. Folglich bleibe die Beklagte Eigentümerin des Rollstuhles.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 20.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23.02.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Gerügt werde zunächst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, denn sie habe in der Klageschrift unter Angabe von Zeugen vorgetragen, die Beklagte habe in der Vergangenheit tausendfach einen Elektro-Rollstuhl als 10 km/h-Version genehmigt und setze diesen auch nach Rücknahme wieder ein. Der Vortrag sei von der Beklagten nicht bestritten worden, weshalb er zugestanden sei. Da das SG diesem Antrag als Ausforschungsbeweis nicht gefolgt sei, sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das Verfahren sei als grob unfair zu bezeichnen. Das Verhalten der Beklagten sei durch nicht nachzuvollziehende Willkür geprägt, weshalb der Versagungsbescheid rechtswidrig sei.
In der Vergangenheit habe sie von der Beklagten die Genehmigung erhalten, sich einen Elektro-Rollstuhl als 10 km/h-Version anzuschaffen. Offensichtlich sei, dass die Weigerung der Beklagten ihre Ursache in einer Dienstaufsichtsbeschwerde ihres Bevollmächtigten gegen die Sachbearbeiter der Beklagten habe. Möge dieses Verhalten die Beklagte geärgert haben, so dürfe dies gleichwohl nicht dazu führen, dass diese in der Sache nunmehr willkürlich entscheide.
Sie wolle letztlich nur die Genehmigung zum Umbau eines von der Beklagten beschafften Rollstuhles auf 10 km/h auf eigene Kosten. Das Sanitätshaus verweigere jedoch den Umbau des vorhandenen Rollstuhles, weil dieser im Eigentum der Beklagten stehe. Auch bestehe eine medizinische Notwendigkeit, einen Rollstuhl mit 10 km/h zu fahren. Aufgrund der Laktoseintoleranz und der damit verbundenen massiven Diarrhoen sei die Zurverfügungstellung eines Rollstuhls mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h medizinisch indiziert und notwendig. Auch wenn die Entscheidung des BSG vom 11.11.2004 (B 9 V 3/03 R) nicht einschlägig sei, gälten doch die dort zugrundeliegenden Erwägungen auch im vorliegenden Fall. Es finde sich im Gesetz keine zwingende Grenzziehung bezüglich der Geschwindigkeit.
Mit Schreiben vom 26.04.2013 hat die Klägerin mitgeteilt, sich mit Rechnung vom 06.11.2012 einen Elektrorollstuhl mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h für 15.402,38 EUR angeschafft und bezahlt zu haben (zur Rechnung des Sanitätshauses vgl Blatt 50 der Senatsakte). Der alte Rollstuhl sei derart verbraucht und beschädigt gewesen, dass er dringend hätte ausgewechselt werden müssen. Auf den Abschluss des Verfahrens habe nicht mehr gewartet werden können. Der Aufpreis für den Motor Typ 10 km/h habe im Verhältnis zum Motor Typ 6 km/h 410,02 EUR gekostet. Sie sei bereit, das Eigentum am Rollstuhl Zug um Zug gegen die Zahlung des Anschaffungspreises auf die Beklagte zu übertragen. Der Rollstuhl sei durch sie haftpflichtversichert, die Beiträge würden von ihr gezahlt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 15.02.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide vom 20.01.2010 und 05.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 zu verurteilen, ihr 14.992,36 EUR nebst 5,75 % Zinsen hieraus seit 20.12.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Leistungsantrag der Klägerin sei ordnungsgemäß bearbeitet worden. Sie sei keinesfalls schlechter behandelt worden als andere Versicherte. Inwieweit sich aus der Laktoseintoleranz eine medizinische Notwendigkeit für einen schnelleren Rollstuhl ergebe, sei nicht ersichtlich. Generell habe die Klägerin die Möglichkeit, auf laktosehaltige Produkte zu verzichten. Außerdem stünden - auch rezeptfreie - Medikamente zur Verfügung um auftretende Symptome zu unterdrücken. Im Rahmen eines mittelbaren Behinderungsausgleichs iS eines Basisausgleichs sei nur eine Versorgung im Nahbereich geschuldet, der ohne Zweifel auch mit einer 6 km/h-Version in angemessener Zeit erreichbar sei. Das SG Duisburg habe mit Urteil vom 07.09.2007 entschieden, dass leistungsstärkere Varianten keine höherwertige Versorgung iSd § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V darstellten, sondern eine andersartige Versorgung, wie auch durch die Notwendigkeit einer besonderen Haftpflichtversicherung belegt werde. Auch würden die 6 km/h-Rollstühle im Rahmen des Wiedereinsatzverfahrens nur leihweise zur Verfügung gestellt.
Die Klägerin hat ein Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. F. vom 28.03.2012 vorgelegt (Blatt 34 der Senatsakte). Dr. F. hat mitgeteilt, dass die Klägerin definitiv keine Laktose vertrage. Da aber Laktose in vielen Nahrungsmitteln, zB auch Fremdessen, enthalten sei, könne sie der ungewollten Laktoseaufnahme nicht immer entgehen. Folge seien Bachschmerzen und kurz darauf auftretende massive Diarrhoen (Durchfälle). Die Klägerin könne freie Toiletten in der Stadt nicht aufsuchen. Sie bedürfe fremder Hilfe, im Regelfall auch einen Toiletten-Lifter, der nur zu Hause stehe. Deshalb sei die Klägerin auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen, der "die notwendige Geschwindigkeit besitzt (10 km/h) um einigermaßen rasch nach Hause zu kommen um ein "Unglück" zu vermeiden". Dr. F. hat daher einen elektrischen Rollstuhl mit ca 10 km/h empfohlen. Eine 6 km/h-Version würde fast zu einer Verdopplung der Wegezeit nach Hause führen.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.05.2013 hat die Beklagte mitgeteilt, ein Elektrorollstuhl in einer 6 km/h-Version koste ca 10.000,00 EUR. Einen auf entsprechender Basis geschlossenen Vergleich hat die Beklagte widerrufen und mit Schreiben vom 04.06.2013 einen Kostenvoranschlag der Firma Hä. vom 04.06.2013 für einen dem Rollstuhl der Klägerin vergleichbaren Elektrorollstuhl in einer 6 km/h-Version über 10.664,06 EUR vorgelegt. Die Klägerin hat ausgeführt, sie bestreite diesen Betrag nicht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet. Da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben und der Senat eine (weitere) mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, konnte der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§§ 124 Abs 2, 153 Abs 1 SGG).
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) sind die Bescheide der Beklagten vom 20.01.2010 und 05.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011, soweit diese die Versorgung der Klägerin mit einem 10 km/h schnellen Elektrorollstuhl bzw die Genehmigung zum entsprechenden Umbau eines von der Beklagten zur Verfügung gestellten Elektro-Rollstuhls versagen; die Versorgung dem Grunde nach und auch mit einer Hubvorrichtung sind nicht mehr streitgegenständlich. Nachdem die Klägerin sich einen entsprechenden Rollstuhl beschafft hat, richtet sich ihr Leistungsbegehren auf einen Kostenerstattungsanspruch iHv 14.992,36 EUR zuzüglich Zinsen.
Die Klägerin hat Anspruch auf eine Kostenbeteiligung im Umfang von 10.664,06 EUR, nämlich im Umfang der Kosten eines Elektrorollstuhls in einer 6 km/h-Version. Anspruch auf Kostenerstattung für eine schnellere Version hat die Klägerin nicht. Denn nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses (das SGB V) oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) vorsieht. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs 3 Satz 1 SGB V). Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem SGB IX werden nach § 15 SGB IX erstattet (§ 13 Abs 3 Satz 2 SGB V). Der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse voraus. Denn der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch gegen ihre Krankenkasse ua auf Versorgung mit orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V durch Rechtsverordnung ausgeschlossen sind. Vorliegend geht es um ein "anderes Hilfsmittel", das erforderlich ist, um eine Behinderung auszugleichen. Der streitige Elektrorollstuhl ist weder ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, noch ist er durch Rechtsverordnung als Hilfsmittel ausgeschlossen. Er ist jedoch – bezogen auf die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls – nicht erforderlich, um eine Behinderung auszugleichen.
Der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet auch nach Inkrafttreten des SGB IX (§ 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) nicht, dass nicht nur die Behinderung selbst, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach wie vor die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibt Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG 16.09.1999, B 3 KR 8/98 R SozR 3–2500 § 33 Nr 31 = juris; BSG 16.09.1999, B 3 KR 9/98 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 32 = juris; BSG 23.07.2002, B 3 KR 3/02 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 46 = juris; BSG 21.11.2002, B 3 KR 8/02 R, juris; BSG 26.03.2003, B 3 KR 23/02 R, BSGE 91, 60-65 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 = juris), der sich der Senat anschließt, gehören zu derartigen Grundbedürfnissen die allgemeinen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, die auch die Aufnahme von Informationen, Kommunikation mit anderen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfassen (zum Ganzen vgl BSG 06.08.1998, B 3 KR 3/97 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 29 = Breithaupt 1999, 408 = juris mwN; BSG 26.03.2003, B 3 KR 23/02 R, BSGE 91, 60-65 = SozR 4–2500 § 33 Nr 3 = juris).
Das hier vorrangig in Betracht kommende Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraumes hat die Rechtsprechung nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst verstanden (BSG 03.11.2011, B 3 KR 4/11 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 36 = juris). Zwar ist die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis in der Rechtsprechung anerkannt, es wird dabei aber nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt (BSG 08.06.1994, 3/1 RK 13/93 SozR 3–2500 § 33 Nr 7 = juris; zuletzt BSG 03.11.2011, B 3 KR 4/11 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 36 = juris). Dies hat das BSG weiter dahingehend präzisiert, dass es auf die Fähigkeit ankommt, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG 16.09.1999, B 3 KR 8/98 R SozR 3–2500 § 33 Nr 31 = juris; zuletzt BSG 03.11.2011, B 3 KR 4/11 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 36 = juris). Für die Versorgung Erwachsener hat das BSG an dieser Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit eines Hilfsmittels auch nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch (SGB XI) festgehalten (BSG 26.03.2003, B 3 KR 23/02 R, BSGE 91, 60-65 = SozR 4–2500 § 33 Nr 3 = juris). Für den unmittelbaren ebenso wie für den mittelbaren Behinderungsausgleich besteht ein Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch ein Anspruch auf Optimalversorgung. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist; andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs 1 S 5 SGB V (ebenso § 31 Abs 3 SGB IX) von dem Versicherten selbst zu tragen (BSG 21.03.2013, B 3 KR 3/12 R, juris, mwN).
Der Senat konnte im Hinblick auf diesen Zweck der Hilfsmittelversorgung vorliegend keine Gründe erkennen, die in Bezug auf das Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraumes die Versorgung der Klägerin mit einem Elektrorollstuhl in 10 km/h-Ausführung erforderten. Diesen Zweck erfüllt bereits der Rollstuhl in der Standardausführung (6 km/h-Version). Mit einem Elektrorollstuhl, der in seiner Höchstgeschwindigkeit dem entspricht, was ein gesunder Mensch bei normaler gehender Fortbewegung zu Gehen regelmäßig im Stande ist, ist der Basisausgleich ausreichend abgedeckt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine besonders schnelle Fortbewegungsmöglichkeit, die sich etwa hinsichtlich der zurückzulegenden Entfernung und der Schnelligkeit bei der Fortbewegung an einem Radfahrer orientiert (LSG Niedersachsen 30.01.2002, L 4 KR 12/01, Breith 2002, 787-790 = juris). Vielmehr ist vergleichend der Fußgänger heranzuziehen, dessen Tempo beim Zurücklegen eines Weges üblicherweise 6 km/h nicht übersteigt. Der Senat verkennt nicht, dass der stärker motorisierte Rollstuhl größere Bewegungsfreiheit erschließt, zu dem von der Beklagten auszugleichenden Grundbedürfnis zählt dies indes nicht, auch ergibt sich diesbezüglich kein begründeter Hinweis auf eine medizinische Notwendigkeit. Denn den Folgen der Laktoseintoleranz der Klägerin kann nicht durch einen schnelleren Rollstuhl, sondern nur durch ein entsprechendes Ernährungsverhalten begegnet werden. Gerade auch der Hinweis darauf, dass die Klägerin alleine nicht in der Lage ist, die Toilette aufzusuchen (vgl Attest Dr. F.), spricht gegen die Versorgung der Klägerin mit dem begehrten Rollstuhl. Auch die Berücksichtigung eines Weges zur Arbeit führt zu keiner anderen Beurteilung, denn diese Entfernungen werden üblicherweise mit einem Fahrrad oder Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt und gehen über den Nahbereich bzw die Entfernungen, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt, hinaus. Die Fortbewegung über den Nahbereich hinaus hat die Beklagte indes nicht zu gewährleisten.
Die Klägerin hat auch unter dem Gesichtspunkt einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach anderen Leistungsrechten (zB § 14 Abs 2 SGB IX iVm §§ 9, 10, 16 SGB VI bzw §§ 112 ff SGB III iVm § 38 Abs 1, Abs 3 Nr 1 und 6, Abs 8 Satz 1 Nr 4 bzw 5 SGB IX) keinen Anspruch auf die Versorgung mit einem 10 km/h schnellen Elektro-Rollstuhl als Hilfsmittel im Wege der Sachleistung bzw Kostenerstattung. Denn dass ein 6 km/h schneller Elektro-Rollstuhl nicht ausreicht, um die Teilhabe der Klägerin am Arbeitsleben sicher zu stellen bzw ein 10 km/h schneller Elektro-Rollstuhl hierzu erforderlich ist, konnte der Senat nicht feststellen, zumal die Klägerin zusätzlich noch mit einem behindertengerechten Kfz (vgl die Angaben der Klägerin auf Blatt 163 der Verwaltungsakten der Beklagten) versorgt ist.
Die Beklagte hat der Klägerin einen Elektrorollstuhl mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h nicht als Sachleistung erbracht. Sie hat den Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl in einer 6 km/h-Version auch nicht dadurch erfüllt, dass sie mit Schreiben vom 05.07.2011 der Klägerin angeboten hat, ihr einen Elektrorollstuhl mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h als Sachleistung leihweise zur Verfügung zu stellen. Der Anspruch auf einen Rollstuhl wird als Sachleistung dadurch erfüllt, dass dem Versicherten zumindest die tatsächliche Verfügungsgewalt (Besitz) über den Rollstuhl verschafft wird, ein hierauf gerichtetes Angebot ist noch keine Erfüllung. Außerdem handelte es sich ausdrücklich um ein Angebot, das der Erledigung des Widerspruchs dienen sollte. Dieses Angebot hat die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.07.2011 abgelehnt. Stattdessen hat sie sich im November 2012 einen Elektrorollstuhl mit einer Höchstgeschwindigkeit 10 km/h selbst beschafft. Hierzu war sie aufgrund der konkreten Sachlage berechtigt.
Bereits mit Bescheid vom 20.01.2010 hatte die Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl insgesamt - also auch in Bezug auf eine nur 6 km/h schnelle Version - abgelehnt und somit das Verschaffungsrisiko auf die Klägerin verlagert (dazu vgl zB BSG 07.10.2010, B 3 KR 5/10 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 32 = juris RdNr 27). Mit Schreiben vom 17.06.2011 hat die Beklagte darüber hinaus der Klägerin persönlich mitgeteilt, mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine "verbindliche telefonische Absprache" getroffen zu haben, dass sie für die "weitere Prüfung unserer möglichen Kostenbeteiligung" noch ein TÜV-Gutachten benötige. Dadurch hat die Beklagte deutlich gemacht, dass sie nicht nur die leihweise Überlassung eines Elektrorollstuhles in Aussicht stellt, sondern vielmehr zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Eine Kostenbeteiligung ist aber nur möglich, wenn die Klägerin den Rollstuhl beschafft. Außerdem schließt eine bloße Beteiligung an den Kosten die Möglichkeit ein, dass der letztlich beschaffte Rollstuhl mehr kostet als die Beklagte schuldet. Soweit die Beklagte geltend macht, es habe sich beim Schreiben vom 17.06.2011 um ein bloßes Informationsschreiben gehandelt, mit dem auf die Erforderlichkeit eine TÜV-Gutachtens hingewiesen werden sollte, das auch noch von einem in Urlaubsvertretung handelnden Mitarbeiter gefertigt worden sei und darüber hinaus die Klägerin wie auch ihr Bevollmächtigter immer gewusst hätten, dass es sich bei dem zur Verfügung zu stellenden Rollstuhl immer um einen solchen in der "Krankenkassen-Version" handele (dazu verweist die Beklagte auf Telefonate vom 24.03.2011, 11.05.2011 und Schreiben vom 18.05.2011), steht dieses Vorbringen der Annahme einer Zusicherung einer Beteiligung der Beklagten an den Kosten eines selbst beschafften Elektrorollstuhls nicht entgegen. Denn weder die Erforderlichkeit eines TÜV-Gutachtens noch das Wissen um einen Anspruch "bloß auf die Krankenkassen-Version eines Elektrorollstuhls" schließen die in Aussicht gestellte Kostenbeteiligung an einem selbstbeschafften Rollstuhl aus. Vielmehr machen sie lediglich deutlich, dass die Beklagte – wie vorliegend geurteilt – nicht die Kosten eines schneller als 6 km/h fahrenden Elektro-Rollstuhles zu übernehmen bereit war.
Vor diesem Hintergrund ist das - vom zuständigen Sachbearbeiter - gemachte "Angebot" der Beklagten vom 05.07.2011, der Klägerin einen 6 km/h schnellen Rollstuhl leihweise zu überlassen, zu interpretieren. Wer ein Angebot macht, überlässt dem Adressaten die Wahl, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Da keinerlei Zweifel daran bestanden, dass die Klägerin einen Elektrorollstuhl benötigt, konnte sich das Angebot nur auf die in § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V geregelte Wahlmöglichkeit des Versicherten beziehen, auch ein Hilfsmittel zu wählen, das über das Maß des Notwendigen hinausgeht, dann aber auch die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. Es blieb der Klägerin dabei unbenommen, das Angebot abzulehnen und weiterhin die Auffassung zu vertreten, dass sie Anspruch auf einen 10 km/h schnellen Rollstuhl hat. Deshalb kann offen bleiben, ob das Schreiben der Beklagten vom 17.06.2011 als rechtsverbindliche Zusicherung iSd § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu werten ist. Ferner bedarf es in einer solchen Konstellation auch keiner Entscheidung darüber, ob ein 10 km/h schneller Rollstuhl im Vergleich zu einem 6 km/h schnellen ein "aliud" ist. Die Klägerin hat sich dafür entschieden, auf eigenes Kostenrisiko einen 10 km/h schnellen Elektrorollstuhl zu beschaffen. Da sie einen Primärleistungsanspruch nur auf einen Elektrorollstuhl mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 km/ hat, übersteigt der von ihr gekaufte Rollstuhl das Maß des Notwendigen. Sie deshalb nur einen Anspruch auf Übernahme anteiliger Kosten iSd § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V iHv 10.664,06 EUR.
Der Zinsanspruch richtet sich nach § 44 SGB I, wonach Ansprüche auf Sozialleistungen (in vollen Euro-Beträgen, vgl § 44 Abs 3 SGB I) nach Ablauf des Kalendermonats der Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor Zahlung mit 4 vH zu verzinsen sind (§ 44 Abs 1 SGB I), wobei die Verzinsung frühestens sechs Kalendermonate nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim Leistungsträger beginnt. Vorliegend hat die Klägerin erst mit Schreiben vom 26.04.2013, beim LSG eingegangen am 29.04.2013, erstmals die vollständigen Unterlagen (Rechnung) im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch vorgelegt, sodass Fälligkeit erst im April 2013 eintreten konnte. Da die Pflicht zur Zahlung von Zinsen damit nach § 44 Abs 2 SGB I erst am 01.11.2013 beginnt, hat die Klägerin derzeit keinen Zinsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin im Ergebnis teilweise Erfolg hatte.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Die Beklagte erstattet der Klägerin 2/3 ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin 14.992,36 EUR zu erstatten hat, die diese für die Beschaffung eines neuen Elektrorollstuhls aufgewendet hat.
Die 1974 geborene Klägerin ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Sie ist seit Geburt an einer spastischen diplegischen Zerebralparese erkrankt und auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Ab dem Jahr 2000 war sie mit einem Elektrorollstuhl der Beklagten (Duvacare Storm) versorgt, den sie auf eigene Kosten und mit Genehmigung bzw Duldung durch die Beklagte dahingehend aufrüstete, dass der Rollstuhl 10 km/h schnell fuhr. Dieser Rollstuhl wird inzwischen nicht mehr hergestellt.
Der behandelnde Arzt der Klägerin Dr. F., Facharzt für Innere Medizin, verordnete der Klägerin am 10.11.2009 einen neuen elektrischen Rollstuhl. Als Diagnosen nannte er: Spastische Tetraparese und Tetraplegie (G82.4), Rollstuhlabhängigkeit. Die Klägerin beantragte unter Vorlage dieser Verordnung bei der Beklagten am 28.12.2009 die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl in der Version 10 km/h mit Hubfunktion als Ersatz für den bisherigen, nicht mehr einsatzbereiten Elektrorollstuhl. Sie gab an, sie möchte den Elektrorollstuhl regelmäßig auch im Auto transportieren, da sie zur Arbeit müsse und ein Behindertenfahrzeug habe. Die Beklagte richtete daraufhin ein Schreiben an Dr. F., in dem sie die Bedingungen aufführte, unter denen eine Versorgung mit einem Elektrorollstuhl angezeigt sei. Sie bat außerdem um schriftliche Mitteilung, ob die Klägerin in der Lage sei, sich mit einem Elektrorollstuhl ohne Fremd- und Eigengefährdung auch im Straßenverkehr fortzubewegen. Eine schriftliche Antwort von Dr. F. ist nicht eingegangen. Es fand aber eine telefonische Unterredung mit einer Mitarbeiterin der Beklagten statt. Diese informierte ihren Kollegen mit E-Mail vom 23.12.2009 über das Ergebnis des Gesprächs mit Dr. F ... Wörtlich führte sie darin aus, "ich soll Ihnen von Dr. F. ausrichten, dass er es eine Unverschämtheit findet, dass Sie eine Anfrage bzgl. der Notwendigkeit des Elektrorollstuhls geschickt haben. Sie sollen sich die Diagnosen der Pat. anschauen, dann wüßten Sie Bescheid." Nach Einholung einer nach Aktenlage erstellten Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) lehnte die Beklagte die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl mit Hubvorrichtung mit einem ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 20.01.2010 ab. Eine medizinische Indikation der Hubfunktion fehle, ebenso eine entsprechende Verordnung. Auch liege keine Stellungnahme des behandelnden Arztes zur Fahrtauglichkeit der Klägerin vor.
Hiergegen erhob die Klägerin am 03.03.2010 Widerspruch, den der von ihr damals beauftragte Rechtsanwalt zunächst nicht begründete. Am 23.03. und 28.03.2011 wandte sich die Klägerin dann persönlich erneut schriftlich an die Beklagte. Sie sitze quasi in ihrer Wohnung fest und könne nicht raus, weil sie Angst habe, dass der Rollstuhl durchbreche und sie dann aus dem Rollstuhl falle. Sie legte auch ein Attest des Dr. F. vom 24.03.2011 vor. Darin bestätigt der Arzt, dass und weshalb die Klägerin dringend auf einen Elektrorollstuhl mit Hubsitz angewiesen sei. Die Klägerin sei körperlich und geistig in der Lage, einen Elektrorollstuhl selbständig und ohne Fremd- und Eigengefährdung zu bedienen. Die Beklagte ermittelte, dass für die Reparatur des bisherigen, seit 2000 im Einsatz stehenden Rollstuhls, keine Ersatzteile mehr zur Verfügung stehen. Da in einem - wiederum nach Aktenlage - erstellten Gutachten des MDK vom 16.05.2011 aufgrund der bei der Klägerin beschriebenen schwerwiegenden körperlichen Defiziten Zweifel an der Fahrtauglichkeit der Klägerin aufgeworfen wurden, beauftragte die Beklagte am 06.06.2011 den TÜV Süd mit der Erstellung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit der Klägerin.
Daraufhin begab sich die Klägerin zum TÜV Süd. Nach dem Ergebnis einer am 14.06.2011 durchgeführten "Fahreignungsbegutachtung mit einem elektrischen Rollstuhl" bestanden an der Fahrtauglichkeit der Klägerin keine Zweifel. Diese Stellungnahme legte die Klägerin der Beklagten vor. Diese wandte sich mit zwei Schreiben vom 17.06.2011 an die Klägerin persönlich und an ihren Prozessbevollmächtigten. Sie teilte mit, mit großer Überraschung habe sie die Mitteilung über den Besuch der Klägerin beim TÜV Süd erhalten. Gegenüber der Klägerin führte sie ferner aus: " Am Dienstag, 14.06.2011 habe ich mit Ihnen und Herrn H. eine verbindliche telefonische Absprache getroffen: Für die weitere Prüfung unserer möglichen Kostenbeteiligung an dem beantragten Elektrorollstuhl benötigen wir für Sie noch ein Gutachten vom TÜV Süd Life Service. Hierfür haben wir für Sie bei dieser Stelle einen Termin für den 21.06.2011 vereinbart, ". Das Gutachten der TÜV Life Service GmbH vom 28.06.2011 kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aufgrund der aktuellen Befundlage die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere und verkehrsgerechte Führen eines motorisierten Krankenfahrstuhls erfüllt.
Mit Schreiben vom 05.07.2011, erneut ohne Rechtsbehelfsbelehrung, teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, da sie derzeit keinen geeigneten Rollstuhl auf Lager habe, werde die Firma Hä. einen Kostenvoranschlag über einen Elektrorollstuhl mit Hubvorrichtung als 6 km/h-Version schicken. Eine schnellere Version werde sie nicht bewilligen. Der Elektrorollstuhl werde als Leihgerät zur Verfügung gestellt. Die Klägerin möge mitteilen, ob sich mit diesem Angebot der Widerspruch erledigt habe. Hiergegen erhob die Klägerin - neben einer Dienstaufsichtsbeschwerde - am 08.07.2011 erneut Widerspruch mit dem Ziel der Versorgung mit einem Elektrorollstuhl mit einer Geschwindigkeit von maximal 10 km/h. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG könne ein Elektrorollstuhl lediglich dazu dienen, das Grundbedürfnis der Bewegungsfreiheit zu sichern, welches mit einem Rollstuhl der Version 6 km/h ausreichend möglich sei.
Am 18.10.2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten sei mutwillig, da sie sich bereit erklärt habe, die Mehrkosten einer 10 km/h-Version gegenüber einer 6 km/h-Version selbst zu übernehmen. Die Beklagte habe in der Vergangenheit tausendfach solche Rollstühle genehmigt und nach Rücknahme auch wieder eingesetzt. Im Falle der Rückgabe werde sie den Rückbau auf eine 6 km/h-Version selbst bezahlen. Ha. Hi. habe die Beklagte sogar eine 12 km/h-Version genehmigt. Auch früher sei die Beklagte mit einem auf eigene Kosten erfolgten Umbau einverstanden gewesen.
Einen vom SG vorgeschlagenen Vergleich hat die Beklagte widerrufen.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 15.02.2012 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe weder Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Rollstuhls mit 10 km/h noch auf Genehmigung , den genehmigten Rollstuhl entsprechend auf eigene Kosten umbauen zu lassen. An der Notwendigkeit eines Elektrorollstuhls dem Grunde nach bestünden keine Bedenken. Der tatsächliche Leistungsumfang der Krankenkassen begrenze sich an der Unterscheidung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Behinderungsausgleich. Das bei der Klägerin betroffene Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraumes umfasse die Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich. Anknüpfungspunkte für die maßgebliche Reichweite des zur Wohnung gehörenden Nahbereiches sei dabei der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise zu Fuß zurücklege, was wiederum einem Umkreis entspreche, der von einem Behinderten mit einem selbst betriebenen Aktivrollstuhl erreicht werden könne. Insoweit sei dem Gericht nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin ihren Nahbereich nicht mittels eines Rollstuhles mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h erschließen könne. Medizinische Gründe, die eine höherwertige Leistung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Auch dass in der Vergangenheit eine entsprechende Genehmigung zum Umbau erteilt worden sei, stelle keinen Grund dafür dar, jetzt die Genehmigung zu erteilen. Eine gesetzliche Grundlage sei insoweit nicht ersichtlich. § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V bestimme lediglich, dass Versicherte Mehrkosten zu tragen hätten, wenn sie eine über das Maß des Notwendigen hinausgehende Versorgung gewählt hätten. Vorliegend handele es sich nicht um eine höherwertige, sondern um eine andere Versorgung. Auch sehe das Gesetz in § 33 Abs 5 SGB V ausdrücklich die leihweise Überlassung vor, wie sie von der Beklagten im Rahmen ihres Ermessens gewählt worden sei. Folglich bleibe die Beklagte Eigentümerin des Rollstuhles.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 20.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23.02.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Gerügt werde zunächst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, denn sie habe in der Klageschrift unter Angabe von Zeugen vorgetragen, die Beklagte habe in der Vergangenheit tausendfach einen Elektro-Rollstuhl als 10 km/h-Version genehmigt und setze diesen auch nach Rücknahme wieder ein. Der Vortrag sei von der Beklagten nicht bestritten worden, weshalb er zugestanden sei. Da das SG diesem Antrag als Ausforschungsbeweis nicht gefolgt sei, sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das Verfahren sei als grob unfair zu bezeichnen. Das Verhalten der Beklagten sei durch nicht nachzuvollziehende Willkür geprägt, weshalb der Versagungsbescheid rechtswidrig sei.
In der Vergangenheit habe sie von der Beklagten die Genehmigung erhalten, sich einen Elektro-Rollstuhl als 10 km/h-Version anzuschaffen. Offensichtlich sei, dass die Weigerung der Beklagten ihre Ursache in einer Dienstaufsichtsbeschwerde ihres Bevollmächtigten gegen die Sachbearbeiter der Beklagten habe. Möge dieses Verhalten die Beklagte geärgert haben, so dürfe dies gleichwohl nicht dazu führen, dass diese in der Sache nunmehr willkürlich entscheide.
Sie wolle letztlich nur die Genehmigung zum Umbau eines von der Beklagten beschafften Rollstuhles auf 10 km/h auf eigene Kosten. Das Sanitätshaus verweigere jedoch den Umbau des vorhandenen Rollstuhles, weil dieser im Eigentum der Beklagten stehe. Auch bestehe eine medizinische Notwendigkeit, einen Rollstuhl mit 10 km/h zu fahren. Aufgrund der Laktoseintoleranz und der damit verbundenen massiven Diarrhoen sei die Zurverfügungstellung eines Rollstuhls mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h medizinisch indiziert und notwendig. Auch wenn die Entscheidung des BSG vom 11.11.2004 (B 9 V 3/03 R) nicht einschlägig sei, gälten doch die dort zugrundeliegenden Erwägungen auch im vorliegenden Fall. Es finde sich im Gesetz keine zwingende Grenzziehung bezüglich der Geschwindigkeit.
Mit Schreiben vom 26.04.2013 hat die Klägerin mitgeteilt, sich mit Rechnung vom 06.11.2012 einen Elektrorollstuhl mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h für 15.402,38 EUR angeschafft und bezahlt zu haben (zur Rechnung des Sanitätshauses vgl Blatt 50 der Senatsakte). Der alte Rollstuhl sei derart verbraucht und beschädigt gewesen, dass er dringend hätte ausgewechselt werden müssen. Auf den Abschluss des Verfahrens habe nicht mehr gewartet werden können. Der Aufpreis für den Motor Typ 10 km/h habe im Verhältnis zum Motor Typ 6 km/h 410,02 EUR gekostet. Sie sei bereit, das Eigentum am Rollstuhl Zug um Zug gegen die Zahlung des Anschaffungspreises auf die Beklagte zu übertragen. Der Rollstuhl sei durch sie haftpflichtversichert, die Beiträge würden von ihr gezahlt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 15.02.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide vom 20.01.2010 und 05.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011 zu verurteilen, ihr 14.992,36 EUR nebst 5,75 % Zinsen hieraus seit 20.12.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Leistungsantrag der Klägerin sei ordnungsgemäß bearbeitet worden. Sie sei keinesfalls schlechter behandelt worden als andere Versicherte. Inwieweit sich aus der Laktoseintoleranz eine medizinische Notwendigkeit für einen schnelleren Rollstuhl ergebe, sei nicht ersichtlich. Generell habe die Klägerin die Möglichkeit, auf laktosehaltige Produkte zu verzichten. Außerdem stünden - auch rezeptfreie - Medikamente zur Verfügung um auftretende Symptome zu unterdrücken. Im Rahmen eines mittelbaren Behinderungsausgleichs iS eines Basisausgleichs sei nur eine Versorgung im Nahbereich geschuldet, der ohne Zweifel auch mit einer 6 km/h-Version in angemessener Zeit erreichbar sei. Das SG Duisburg habe mit Urteil vom 07.09.2007 entschieden, dass leistungsstärkere Varianten keine höherwertige Versorgung iSd § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V darstellten, sondern eine andersartige Versorgung, wie auch durch die Notwendigkeit einer besonderen Haftpflichtversicherung belegt werde. Auch würden die 6 km/h-Rollstühle im Rahmen des Wiedereinsatzverfahrens nur leihweise zur Verfügung gestellt.
Die Klägerin hat ein Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. F. vom 28.03.2012 vorgelegt (Blatt 34 der Senatsakte). Dr. F. hat mitgeteilt, dass die Klägerin definitiv keine Laktose vertrage. Da aber Laktose in vielen Nahrungsmitteln, zB auch Fremdessen, enthalten sei, könne sie der ungewollten Laktoseaufnahme nicht immer entgehen. Folge seien Bachschmerzen und kurz darauf auftretende massive Diarrhoen (Durchfälle). Die Klägerin könne freie Toiletten in der Stadt nicht aufsuchen. Sie bedürfe fremder Hilfe, im Regelfall auch einen Toiletten-Lifter, der nur zu Hause stehe. Deshalb sei die Klägerin auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen, der "die notwendige Geschwindigkeit besitzt (10 km/h) um einigermaßen rasch nach Hause zu kommen um ein "Unglück" zu vermeiden". Dr. F. hat daher einen elektrischen Rollstuhl mit ca 10 km/h empfohlen. Eine 6 km/h-Version würde fast zu einer Verdopplung der Wegezeit nach Hause führen.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.05.2013 hat die Beklagte mitgeteilt, ein Elektrorollstuhl in einer 6 km/h-Version koste ca 10.000,00 EUR. Einen auf entsprechender Basis geschlossenen Vergleich hat die Beklagte widerrufen und mit Schreiben vom 04.06.2013 einen Kostenvoranschlag der Firma Hä. vom 04.06.2013 für einen dem Rollstuhl der Klägerin vergleichbaren Elektrorollstuhl in einer 6 km/h-Version über 10.664,06 EUR vorgelegt. Die Klägerin hat ausgeführt, sie bestreite diesen Betrag nicht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet. Da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben und der Senat eine (weitere) mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, konnte der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§§ 124 Abs 2, 153 Abs 1 SGG).
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) sind die Bescheide der Beklagten vom 20.01.2010 und 05.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2011, soweit diese die Versorgung der Klägerin mit einem 10 km/h schnellen Elektrorollstuhl bzw die Genehmigung zum entsprechenden Umbau eines von der Beklagten zur Verfügung gestellten Elektro-Rollstuhls versagen; die Versorgung dem Grunde nach und auch mit einer Hubvorrichtung sind nicht mehr streitgegenständlich. Nachdem die Klägerin sich einen entsprechenden Rollstuhl beschafft hat, richtet sich ihr Leistungsbegehren auf einen Kostenerstattungsanspruch iHv 14.992,36 EUR zuzüglich Zinsen.
Die Klägerin hat Anspruch auf eine Kostenbeteiligung im Umfang von 10.664,06 EUR, nämlich im Umfang der Kosten eines Elektrorollstuhls in einer 6 km/h-Version. Anspruch auf Kostenerstattung für eine schnellere Version hat die Klägerin nicht. Denn nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses (das SGB V) oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) vorsieht. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs 3 Satz 1 SGB V). Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem SGB IX werden nach § 15 SGB IX erstattet (§ 13 Abs 3 Satz 2 SGB V). Der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse voraus. Denn der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch gegen ihre Krankenkasse ua auf Versorgung mit orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V durch Rechtsverordnung ausgeschlossen sind. Vorliegend geht es um ein "anderes Hilfsmittel", das erforderlich ist, um eine Behinderung auszugleichen. Der streitige Elektrorollstuhl ist weder ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, noch ist er durch Rechtsverordnung als Hilfsmittel ausgeschlossen. Er ist jedoch – bezogen auf die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls – nicht erforderlich, um eine Behinderung auszugleichen.
Der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet auch nach Inkrafttreten des SGB IX (§ 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) nicht, dass nicht nur die Behinderung selbst, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach wie vor die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibt Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG 16.09.1999, B 3 KR 8/98 R SozR 3–2500 § 33 Nr 31 = juris; BSG 16.09.1999, B 3 KR 9/98 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 32 = juris; BSG 23.07.2002, B 3 KR 3/02 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 46 = juris; BSG 21.11.2002, B 3 KR 8/02 R, juris; BSG 26.03.2003, B 3 KR 23/02 R, BSGE 91, 60-65 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 = juris), der sich der Senat anschließt, gehören zu derartigen Grundbedürfnissen die allgemeinen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, die auch die Aufnahme von Informationen, Kommunikation mit anderen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfassen (zum Ganzen vgl BSG 06.08.1998, B 3 KR 3/97 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 29 = Breithaupt 1999, 408 = juris mwN; BSG 26.03.2003, B 3 KR 23/02 R, BSGE 91, 60-65 = SozR 4–2500 § 33 Nr 3 = juris).
Das hier vorrangig in Betracht kommende Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraumes hat die Rechtsprechung nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst verstanden (BSG 03.11.2011, B 3 KR 4/11 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 36 = juris). Zwar ist die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis in der Rechtsprechung anerkannt, es wird dabei aber nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt (BSG 08.06.1994, 3/1 RK 13/93 SozR 3–2500 § 33 Nr 7 = juris; zuletzt BSG 03.11.2011, B 3 KR 4/11 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 36 = juris). Dies hat das BSG weiter dahingehend präzisiert, dass es auf die Fähigkeit ankommt, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG 16.09.1999, B 3 KR 8/98 R SozR 3–2500 § 33 Nr 31 = juris; zuletzt BSG 03.11.2011, B 3 KR 4/11 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 36 = juris). Für die Versorgung Erwachsener hat das BSG an dieser Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit eines Hilfsmittels auch nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch (SGB XI) festgehalten (BSG 26.03.2003, B 3 KR 23/02 R, BSGE 91, 60-65 = SozR 4–2500 § 33 Nr 3 = juris). Für den unmittelbaren ebenso wie für den mittelbaren Behinderungsausgleich besteht ein Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch ein Anspruch auf Optimalversorgung. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist; andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs 1 S 5 SGB V (ebenso § 31 Abs 3 SGB IX) von dem Versicherten selbst zu tragen (BSG 21.03.2013, B 3 KR 3/12 R, juris, mwN).
Der Senat konnte im Hinblick auf diesen Zweck der Hilfsmittelversorgung vorliegend keine Gründe erkennen, die in Bezug auf das Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraumes die Versorgung der Klägerin mit einem Elektrorollstuhl in 10 km/h-Ausführung erforderten. Diesen Zweck erfüllt bereits der Rollstuhl in der Standardausführung (6 km/h-Version). Mit einem Elektrorollstuhl, der in seiner Höchstgeschwindigkeit dem entspricht, was ein gesunder Mensch bei normaler gehender Fortbewegung zu Gehen regelmäßig im Stande ist, ist der Basisausgleich ausreichend abgedeckt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine besonders schnelle Fortbewegungsmöglichkeit, die sich etwa hinsichtlich der zurückzulegenden Entfernung und der Schnelligkeit bei der Fortbewegung an einem Radfahrer orientiert (LSG Niedersachsen 30.01.2002, L 4 KR 12/01, Breith 2002, 787-790 = juris). Vielmehr ist vergleichend der Fußgänger heranzuziehen, dessen Tempo beim Zurücklegen eines Weges üblicherweise 6 km/h nicht übersteigt. Der Senat verkennt nicht, dass der stärker motorisierte Rollstuhl größere Bewegungsfreiheit erschließt, zu dem von der Beklagten auszugleichenden Grundbedürfnis zählt dies indes nicht, auch ergibt sich diesbezüglich kein begründeter Hinweis auf eine medizinische Notwendigkeit. Denn den Folgen der Laktoseintoleranz der Klägerin kann nicht durch einen schnelleren Rollstuhl, sondern nur durch ein entsprechendes Ernährungsverhalten begegnet werden. Gerade auch der Hinweis darauf, dass die Klägerin alleine nicht in der Lage ist, die Toilette aufzusuchen (vgl Attest Dr. F.), spricht gegen die Versorgung der Klägerin mit dem begehrten Rollstuhl. Auch die Berücksichtigung eines Weges zur Arbeit führt zu keiner anderen Beurteilung, denn diese Entfernungen werden üblicherweise mit einem Fahrrad oder Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt und gehen über den Nahbereich bzw die Entfernungen, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt, hinaus. Die Fortbewegung über den Nahbereich hinaus hat die Beklagte indes nicht zu gewährleisten.
Die Klägerin hat auch unter dem Gesichtspunkt einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach anderen Leistungsrechten (zB § 14 Abs 2 SGB IX iVm §§ 9, 10, 16 SGB VI bzw §§ 112 ff SGB III iVm § 38 Abs 1, Abs 3 Nr 1 und 6, Abs 8 Satz 1 Nr 4 bzw 5 SGB IX) keinen Anspruch auf die Versorgung mit einem 10 km/h schnellen Elektro-Rollstuhl als Hilfsmittel im Wege der Sachleistung bzw Kostenerstattung. Denn dass ein 6 km/h schneller Elektro-Rollstuhl nicht ausreicht, um die Teilhabe der Klägerin am Arbeitsleben sicher zu stellen bzw ein 10 km/h schneller Elektro-Rollstuhl hierzu erforderlich ist, konnte der Senat nicht feststellen, zumal die Klägerin zusätzlich noch mit einem behindertengerechten Kfz (vgl die Angaben der Klägerin auf Blatt 163 der Verwaltungsakten der Beklagten) versorgt ist.
Die Beklagte hat der Klägerin einen Elektrorollstuhl mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h nicht als Sachleistung erbracht. Sie hat den Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl in einer 6 km/h-Version auch nicht dadurch erfüllt, dass sie mit Schreiben vom 05.07.2011 der Klägerin angeboten hat, ihr einen Elektrorollstuhl mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h als Sachleistung leihweise zur Verfügung zu stellen. Der Anspruch auf einen Rollstuhl wird als Sachleistung dadurch erfüllt, dass dem Versicherten zumindest die tatsächliche Verfügungsgewalt (Besitz) über den Rollstuhl verschafft wird, ein hierauf gerichtetes Angebot ist noch keine Erfüllung. Außerdem handelte es sich ausdrücklich um ein Angebot, das der Erledigung des Widerspruchs dienen sollte. Dieses Angebot hat die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.07.2011 abgelehnt. Stattdessen hat sie sich im November 2012 einen Elektrorollstuhl mit einer Höchstgeschwindigkeit 10 km/h selbst beschafft. Hierzu war sie aufgrund der konkreten Sachlage berechtigt.
Bereits mit Bescheid vom 20.01.2010 hatte die Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl insgesamt - also auch in Bezug auf eine nur 6 km/h schnelle Version - abgelehnt und somit das Verschaffungsrisiko auf die Klägerin verlagert (dazu vgl zB BSG 07.10.2010, B 3 KR 5/10 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 32 = juris RdNr 27). Mit Schreiben vom 17.06.2011 hat die Beklagte darüber hinaus der Klägerin persönlich mitgeteilt, mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine "verbindliche telefonische Absprache" getroffen zu haben, dass sie für die "weitere Prüfung unserer möglichen Kostenbeteiligung" noch ein TÜV-Gutachten benötige. Dadurch hat die Beklagte deutlich gemacht, dass sie nicht nur die leihweise Überlassung eines Elektrorollstuhles in Aussicht stellt, sondern vielmehr zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Eine Kostenbeteiligung ist aber nur möglich, wenn die Klägerin den Rollstuhl beschafft. Außerdem schließt eine bloße Beteiligung an den Kosten die Möglichkeit ein, dass der letztlich beschaffte Rollstuhl mehr kostet als die Beklagte schuldet. Soweit die Beklagte geltend macht, es habe sich beim Schreiben vom 17.06.2011 um ein bloßes Informationsschreiben gehandelt, mit dem auf die Erforderlichkeit eine TÜV-Gutachtens hingewiesen werden sollte, das auch noch von einem in Urlaubsvertretung handelnden Mitarbeiter gefertigt worden sei und darüber hinaus die Klägerin wie auch ihr Bevollmächtigter immer gewusst hätten, dass es sich bei dem zur Verfügung zu stellenden Rollstuhl immer um einen solchen in der "Krankenkassen-Version" handele (dazu verweist die Beklagte auf Telefonate vom 24.03.2011, 11.05.2011 und Schreiben vom 18.05.2011), steht dieses Vorbringen der Annahme einer Zusicherung einer Beteiligung der Beklagten an den Kosten eines selbst beschafften Elektrorollstuhls nicht entgegen. Denn weder die Erforderlichkeit eines TÜV-Gutachtens noch das Wissen um einen Anspruch "bloß auf die Krankenkassen-Version eines Elektrorollstuhls" schließen die in Aussicht gestellte Kostenbeteiligung an einem selbstbeschafften Rollstuhl aus. Vielmehr machen sie lediglich deutlich, dass die Beklagte – wie vorliegend geurteilt – nicht die Kosten eines schneller als 6 km/h fahrenden Elektro-Rollstuhles zu übernehmen bereit war.
Vor diesem Hintergrund ist das - vom zuständigen Sachbearbeiter - gemachte "Angebot" der Beklagten vom 05.07.2011, der Klägerin einen 6 km/h schnellen Rollstuhl leihweise zu überlassen, zu interpretieren. Wer ein Angebot macht, überlässt dem Adressaten die Wahl, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Da keinerlei Zweifel daran bestanden, dass die Klägerin einen Elektrorollstuhl benötigt, konnte sich das Angebot nur auf die in § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V geregelte Wahlmöglichkeit des Versicherten beziehen, auch ein Hilfsmittel zu wählen, das über das Maß des Notwendigen hinausgeht, dann aber auch die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. Es blieb der Klägerin dabei unbenommen, das Angebot abzulehnen und weiterhin die Auffassung zu vertreten, dass sie Anspruch auf einen 10 km/h schnellen Rollstuhl hat. Deshalb kann offen bleiben, ob das Schreiben der Beklagten vom 17.06.2011 als rechtsverbindliche Zusicherung iSd § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu werten ist. Ferner bedarf es in einer solchen Konstellation auch keiner Entscheidung darüber, ob ein 10 km/h schneller Rollstuhl im Vergleich zu einem 6 km/h schnellen ein "aliud" ist. Die Klägerin hat sich dafür entschieden, auf eigenes Kostenrisiko einen 10 km/h schnellen Elektrorollstuhl zu beschaffen. Da sie einen Primärleistungsanspruch nur auf einen Elektrorollstuhl mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 km/ hat, übersteigt der von ihr gekaufte Rollstuhl das Maß des Notwendigen. Sie deshalb nur einen Anspruch auf Übernahme anteiliger Kosten iSd § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V iHv 10.664,06 EUR.
Der Zinsanspruch richtet sich nach § 44 SGB I, wonach Ansprüche auf Sozialleistungen (in vollen Euro-Beträgen, vgl § 44 Abs 3 SGB I) nach Ablauf des Kalendermonats der Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor Zahlung mit 4 vH zu verzinsen sind (§ 44 Abs 1 SGB I), wobei die Verzinsung frühestens sechs Kalendermonate nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim Leistungsträger beginnt. Vorliegend hat die Klägerin erst mit Schreiben vom 26.04.2013, beim LSG eingegangen am 29.04.2013, erstmals die vollständigen Unterlagen (Rechnung) im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch vorgelegt, sodass Fälligkeit erst im April 2013 eintreten konnte. Da die Pflicht zur Zahlung von Zinsen damit nach § 44 Abs 2 SGB I erst am 01.11.2013 beginnt, hat die Klägerin derzeit keinen Zinsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin im Ergebnis teilweise Erfolg hatte.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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