Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2017/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4851/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. November 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die unbefristete Gewährung einer bis 31. August 2012 befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung bei teilweiser Erwerbsminderung und Verschlossenheit des Arbeitsmarktes als Dauerrente.
Die am 1958 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Seit 1995 war sie als ungelernte Briefsortiererin bei der D. P. AG (im Folgenden: D. P. AG) versicherungspflichtig beschäftigt, nachdem sie vom 20. Juni bis 8. Juli 1994 als Vertreterkraft/Ferienaushilfe bei der D. P. AG tätig war. Nach der Auskunft der D. P. AG vom 10. Juli 2008 gegenüber der Beklagten habe die Klägerin mit einer Arbeitszeit von sechs Tagen wöchentlich drei Stunden täglich gearbeitet. Sie habe Briefsendungen sortiert und codiert. Es habe sich um ungelernte Arbeiten (weniger als drei Monate Anlernzeit) gehandelt. Die Entlohnung sei nach dem Manteltarifvertrag der D. P. AG, Leistungsgruppe 6a, ab 1. Januar 2002 nach der Entgeltgruppe 2 zuzüglich Besitzstandsausgleich gemäß Entgelttarifvertrag für Arbeitnehmer der D. P. AG (ETV-D. P. AG) erfolgt. Es seien Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 kg angefallen und es hätten Behälterwagen mit einem Gewicht von ca. 300 kg gezogen werden müssen. Laut (von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegtem) Schreiben der D. P. AG vom 14. Dezember 2000 wurde die Klägerin ab 1. November in Lohngruppe 6 eingruppiert und damit aufgrund langjähriger Beschäftigung mit Arbeitern, die die postbetriebliche Prüfung abgelegt haben, gleichgestellt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 28. Juli 2008 zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung von 13,2 Monatsentgelten, die sich entsprechend verringert, wenn die Klägerin innerhalb eines Zeitraumes, der geringer ist als die der Zahlung der Abfindung zugrunde liegenden Monatsentgelte, erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung wird, beendet. Seit 9. August 2007 war sie arbeitsunfähig. Sie bezog ab 20. September 2007 bis 28. September 2008 Krankengeld. Vom 1. Oktober 2008 bis 9. März 2009 bestand Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug wegen Entlassungsentschädigung und Urlaubsabgeltung. Am 27. November 2008 meldete sich die Klägerin aus der Arbeitsvermittlung ab. Bei der Klägerin besteht ein anerkannter GdB von 50.
Am 2. Juni 2008 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst mit der Begründung ab, die Klägerin könne nach dem Ergebnis des Gutachtens des Internisten Dr. M. vom 4. Juli 2008 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausführen (Bescheid vom 8. Juli 2008). Der Gutachter stellte die Diagnosen chronische Wurzelreizsymptomatik L5/S1, derzeit rechtsbetont beidseits bei Bandscheibenvorwölbung und links-lateralem Bandscheibenvorfall L5/S1, Spondylolisthesis (Wirbelgleiten L5/S1), ausgeprägtes Übergewicht, medikamentös gut eingestellter Bluthochdruck sowie Ellenbogengelenksarthrose rechts mit unbedeutenden diskreten Funktionseinschränkungen. Bei kaum eingeschränkter Wirbelsäulenbeweglichkeit, keiner motorischen Schwäche, unauffälligem Gangbild und unauffälligen erschwerten Standproben sei eine überwiegend sitzende Tätigkeit ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule und wegen des Bluthochdrucks ohne Nacht- und Wechselschicht und ohne Zeitdruck sechs Stunden und mehr möglich. Auf den Widerspruch der Klägerin erfolgte eine weitere Begutachtung durch Orthopäden und Sozialmediziner Dr. B. vom 20. Februar 2009, der bereits aufgrund eines von der Klägerin gestellten Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die Klägerin untersucht und sein Gutachten vom 19. November 2007 erstattet hatte. Bei den Diagnosen Spndylolisthesis LWK 5 (Grad II nach Meyerding), hochgradiges Übergewicht, Hypertonie sowie Ellenbogengelenksarthrose rechts mit Funktionseinschränkung sah er ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Gutachter stellte eine Verschlechterung gegenüber dem Vorgutachten fest. Das Gleitwirbelleiden im Sinne einer chronischen Wirbelsäuleninstabilität an der statisch am stärksten belasteten Stelle des zentralen Achsenorgans werde durch weitere Faktoren, nämlich erhebliches Übergewicht, Hyperlordose und muskulär-statische Haltungsinsuffizienz, ungünstig beeinflusst. Mit Bescheid vom 12. Juni 2009 gewährte die Beklagte eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zunächst vom 1. September 2009 bis 31. August 2010, ausgehend von einem Leistungsfall vom 19. Februar 2009 (Datum der Untersuchung durch Dr. B.).
Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid am 24. Juni 2009 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG; S 11 R 2017/09) und beantragte einstweiligen Rechtsschutz. Sie sei bereits bei Rentenantragstellung auf Dauer voll erwerbsgemindert gewesen. Der Antrag wurde vom SG mit Beschluss vom 4. August 2009 zurückgewiesen (S 11 R 2049/09 ER), im Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht - LSG - Baden-Württemberg (L 7 R 3845/09 ER-B) erkannte die Beklagte gestützt auf die sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes für Chirurgie/Unfallchirurgie/Notfallmedizin/Sozialmedizin Dr. St. vom 20. Januar 2010 mit Schriftsatz vom 28. Januar 2010 die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung seit 1. Mai 2009, ausgehend von einem Leistungsfall im Oktober 2008, an. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis an.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. Juli 2008 in der Form des Teilabhilfebescheides vom 12. Juni 2009 zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 2. November 2009 Klage beim SG (S 11 R 3582/09). Das von der Beklagten erklärte Anerkenntnis nahm die Klägerin auch in diesem Rechtsstreit an, weshalb das SG den Rechtsstreit für erledigt ansah. In Ausführung des Anerkenntnisses erging der Bescheid vom 10. Februar 2010. In der Folge gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Mai 2010 die Rente befristet bis 31. August 2012 weiter.
Am 24. Januar 2012 stellte die Klägerin den Antrag, die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterzuzahlen. Nachdem die Beklagte die Auffassung vertreten hatte, über diesen Weiterzahlungsantrag nicht entscheiden zu müssen, weil Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens das Begehren der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer sei, erhob die Klägerin am 20. Juli 2012 Untätigkeitsklage (S 11 R 1992/12) und stellte zugleich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 11 R 2211/12 ER) mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, ihr weiterhin auf Dauer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. August 2012 hinaus zu gewähren und die sofortige Vollziehung anzuordnen. Der Antrag blieb erfolglos (Beschluss des SG vom 23. August 2012 - S 11 2211/12 ER -); ebenso die Beschwerde der Klägerin zum LSG Baden Württemberg (Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2012 - L 4 R 3882/12 ER-B -). Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 27. September 2012 den Antrag der Klägerin, die Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. August 2012 hinaus weiterzuzahlen, ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die am 20. Juli 2012 erhobene Untätigkeitsklage erklärte die Klägerin nach Erteilung des Bescheides vom 27. September 2012 mit Schriftsatz vom 8. November 2012 für erledigt.
Das SG holte zunächst Auskünfte bei den behandelnden Ärzten ein. Facharzt für Innere Medizin Dr. Str. äußerte in seiner Auskunft vom 25. November 2010 größte Bedenken dagegen, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten über drei Stunden verrichten könne. Facharzt für Chirurgie Dr. Br. konnte in seiner Auskunft vom 15. Dezember 2010 zum aktuellen Leistungsvermögen keine Angaben machen, da die Klägerin zuletzt am 2. September 2008 bei ihm in Behandlung gewesen sei.
Das SG beauftragte daraufhin den Facharzt für Orthopädie Dr. Bo. mit der Erstattung eines Gutachtens. Im Anschluss erfolgte eine weitere Begutachtung auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Facharzt für Orthopädie Dr. Le ...
Dr. Bo. diagnostizierte im Gutachten vom 30. April 2011 hinsichtlich seines Gebiets ein chronisch degeneratives vorwiegend pseudoradikuläres lumbales Wirbelsäulensyndrom mit intermittierender Wurzelirritation L5 links bei Spondylolisthesis L5/S1 (Grad II nach Meyerding) bei Spondylolyse L5, aktivierter Osteochondrosis intervertebralis L5/S1, Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule, Arthrose der Sacroiliacalgelenke, geringfügiger Wirbelsäulenfehlstatik sowie Rücken- und Rumpfmuskelinsuffizienz; einen Reizzustand des Muskel-Sehnen-Weichteil-Mantels am rechten Schultergelenk mit geringfügiger Funktionsbehinderung bei initialer Arthrose des Acromioclaviculargelenkes; eine Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenkes bei mäßiger Cubitalarthrose rechts; funktionelle Hüftbeschwerden beidseits ohne Bewegungseinschränkung und ohne radiologische Auffälligkeiten der Hüftgelenke; funktionelle Beschwerden am linken Sprunggelenksbereich ohne Bewegungseinschränkung und ohne radiologische Auffälligkeiten des Sprunggelenkes; eine Senkspreizfuß-Deformität beidseits ohne Funktionsbehinderung der Füße. Die anfänglich ärztlich dokumentierten radikulären und motorischen Ausfälle seien nicht mehr festzustellen. Zeitweilig habe offensichtlich eine erhebliche Schmerzsymptomatik bestanden, die zur Akutbehandlung mittels Infusionstherapie und vorübergehend kontinuierlicher Schmerzmittelgabe einschließlich Opiaten geführt habe. Aktuell werde weder eine spezifische funktionelle Therapie noch eine kontinuierliche medikamentöse Schmerztherapie durchgeführt und sei auch nicht erforderlich. Es bestehe eine endgradige Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks bei geringgradigen degenerativen Veränderungen und eine weitgehend schmerzlose Funktionseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks bei deutlicher arthrotischer Veränderung. Hüft-, Knie- und Sprunggelenke wiesen einen unauffälligen Funktionsbefund auf. Alle vorhandenen orthopädischen Gesundheitsstörungen führten nicht zu quantitativen Leistungsminderungen. Der zeitliche Längsschnittverlauf der dokumentierten Befunde belege eine graduelle Besserung der funktionellen Situation und des Beschwerdebildes. Die Verlängerung der Zeitrente über den 31. August 2010 hinaus bis 31. August 2012 sei kaum mehr ausreichend begründbar und überaus wohlwollend. Es bestünden aber weiterhin qualitative Einschränkungen. Zu vermeiden seien Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltung, Bewegen von Lasten über sieben bis acht kg, Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, ständig gehende oder stehende Tätigkeiten, Arbeiten auf unebenem Untergrund, Besteigen von Leitern oder Gerüsten, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten mit erhöhter Armkraftentfaltung sowie mit Exposition von Nässe, Kälte und Zugluft. Im Hinblick auf die vom Hausarzt bescheinigte Depression, für die die Untersuchung keine verlässlichen Anhaltspunkte gezeigt habe, sei hohe Stressbelastung, hoher Zeitdruck und Nachtschichtarbeit zu vermeiden. Die Klägerin erhob gegen das Gutachten Einwendungen, zu denen Dr. Bo. sich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. Juni 2011 äußerte. Hinsichtlich eines zunächst formulierten Ablehnungsgesuchs gegen Dr. Bo. wegen Besorgnis der Befangenheit stellte die Klägerin klar, dieses nicht als solches verstanden zu haben (Aktenvermerk der Kammervorsitzenden vom 5. November 2012).
Dr. Le. stellte in seinem Gutachten vom 13. August 2012 die Diagnosen chronisches Lumbalsyndrom bei Spondylolisthesis L5 und sekundär ausgeprägter Osteochondrose L5/S1, Iliosacralgelenkarthrose, rechts mehr als links sowie ausgeprägtere Ellenbogenarthrose rechts mit Funktionseinschränkung des Ellenbogengelenks. Klinisch bestehe bei ausgeprägtem Übergewicht Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit über der gesamten Lendenwirbelsäule und eine funktionell endgradig schmerzhafte Vorneigebehinderung ohne Zeichen einer Wurzelreizung. Am rechten Ellenbogengelenk bestehe eine schmerzhafte Behinderung der Flexion bei 80°. Diese Gesundheitsstörungen bedingten qualitative Einschränkungen auf leichte bis mittelschwere Arbeiten in Wechselhaltung ohne regelmäßiges Bewegen von Lasten über fünf kg und ohne häufiges Bücken. Bei Beachtung dieser Einschränkungen bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich. Die Klägerin widersprach auch diesem Gutachten.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 6. November 2012 ab. Der Bescheid vom 27. September 2012 mit der Ablehnung der Weitergewährung der Zeitrente über den 31. August 2012 hinaus sei Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Sie könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seit 1. September 2012 wieder verrichten. Zum Zeitpunkt der Rentengewährung ab 1. September 2009 aufgrund eines Leistungsfalls im Februar 2009 hätten die Voraussetzungen für eine Dauerrente nicht vorgelegen. Die Rente sei bei Annahme eines drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes gewährt worden. Die Ablehnung der Dauerrente und die Befristung der Zeitrente bis Ende August 2012 sei rechtmäßig, wobei es (das SG) sich auf die Gutachten der Dres. B. und Bo. stützt. Dr. B. habe aufgrund einer Untersuchung im Februar 2009 bei drei- bis unter sechsstündigem Leistungsvermögen eine Leistungsminderung bis voraussichtlich 2010 festgestellt. Dr. Bo. sei aufgrund der aktuellen, im März 2011 erhobenen Befunde zu einem wieder sechsstündigen Leistungsvermögen gelangt. Danach bestünden nunmehr nur noch qualitative Einschränkungen dergestalt, dass Arbeiten in gebückter oder sonstiger Zwangshaltung des Achsorgans zu meiden seien, ebenso Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über sieben bis acht kg, ständig stehende und gehende Tätigkeiten und solche mit erhöhter Anforderung an die Kraftentfaltung der Arme. Teilweise Erwerbsunfähigkeit bei Berufsunfähigkeit liege nicht vor. Zwar könne die Klägerin, die keine Berufsausbildung absolviert habe, aufgrund der Leistungseinschränkungen ihre zuletzt innegehabte Tätigkeit als Briefsortiererin nicht mehr verrichten. Sie habe Briefstapel in Kisten legen, die Kisten wegtragen bzw. mit einem Rollwagen befördern müssen. Hierbei habe sie bis zu 15 kg schwere Kisten bewegen müssen. Sie könne aber als angelernte Kraft auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie einer oberen Angelernten oder Fachangestellten vergleichbar sie, lägen nicht vor. Sie genieße daher keinen Berufsschutz. Die Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten des Dr. Bo. griffen nicht durch. Dr. Le. habe sowohl dem Gutachten des Dr. Bo. als auch den gutachterlichen Äußerungen von Dres. B. und M. zugestimmt.
Die Klägerin hat gegen das über ihren Bevollmächtigten zugestellte Urteil vom 6. November 2012 am 23. November 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, entgegen der Ansicht des SG genieße sie Berufsschutz. Für sie habe der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in der jeweiligen Fassung gegolten. Sie sei zunächst 1994 befristet als Ferienaushilfe in Lohngruppe 4 eingeordnet worden, später bei unbefristeter Tätigkeit ab 1. November 2000 in Lohngruppe 6 aufgrund der Gleichstellung einer langjährigen Berufserfahrung mit der Postbetrieblichen Prüfung. Eine Besserung ihrer gesundheitlichen Situation sei entgegen den Ausführungen von Dr. Bo. nicht eingetreten. Dies günstigere Schmerzsymptomatik beruhe ausschließlich darauf, dass sie sich langjährig Schmerzbelastungen entzogen habe. Dr. Bo. habe sich nicht klar und deutlich zu den Ursachen ihrer gesundheitlichen Verhältnisse geäußert. Die Einschätzung des Dr. Bo. vom "therapeutischen Nihilismus" durch sie sei unfair. Vielmehr seien alle Therapien bisher ohne Erfolg gewesen. Dr. Le. habe mit seiner Antwort, ihr sei eine Erwerbstätigkeit von sechs Stunden täglich bei einer Fünftagewoche zuzumuten, die entsprechende Beweisfrage des SG nicht beantwortet. Sie hat vorgelegt den Arbeitsvertrag vom 22. Juni 1994, das Schreiben der D. P. AG vom 14. Dezember 2000 über die Einstufung in die Lohngruppe 6 ab 1. November 2000, eine Leistungsbeurteilung für das Jahr 2008 und den Aufhebungsvertrag vom 28. Juli 2008.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. November 2012 aufzuheben, den Bescheid vom 8. Juli 2008 in der Gestalt des Bescheides vom 12. Juni 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, auch vom 1. Juni 2008 bis 30. April 2009 sowie ab 1. Mai 2009 zu gewähren, weiter hilfsweise, ein orthopädisches und schmerztherapeutisches Zusammenhangsgutachten zur quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkung der Klägerin einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, auch zu den Verfahren S 11 R 3582/09, S 11 R 2049/09 ER, S 11 R 2211/12 ER, S 3 R 1992/12; L 7 R 3845/09 ER-B und L 4 R 3882/12 ER-B und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 2 SGG statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2008 in der Fassung des Bescheides vom 12. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 30. April 2009 und ab 1. Mai 2009 als unbefristete Rente.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8. Juli 2008 - die ursprüngliche Ablehnung des Rentenantrages - in der Fassung des Bescheides vom 12. Juni 2009, mit dem Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bei teilweiser Erwerbsminderung befristet vom 1. September 2009 bis 31. August 2010 gewährt wurde. Diese Bescheide focht die Klägerin mit der am 24. Juni 2009 erhobene Klage (S 11 R 2017/09) an. Der erst nach Erhebung dieser Klage ergangene Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2009 wurde nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand dieses Klageverfahrens. Die nach Erlass des Widerspruchsbescheids von der Klägerin am 2. November 2009 erhobene weitere Klage war wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (Klageverfahren S 11 R 2017/09) unzulässig.
Das Begehren der Klägerin geht dahin, seit 1. Juni 2008 unbefristet Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten. Da die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 31. August 2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung zahlte (Bescheide vom 10. Februar 2010 und 17. Mai 2010), kann das Begehren allein noch auf die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 30. April 2009 sowie ab 1. Mai 2009 umfassen. Demgemäß sind auch nicht Gegenstand des Rechtsstreits diese beiden die Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligenden Bescheide, weil sie eine Regelung nur für den Zeitraum treffen, in welchem die Zahlung der Rente erfolgte.
Der Senat lässt offen, ob der Bescheid vom 27. September 2012, mit dem die Weitergewährung ab 1. September 2012 abgelehnt wurde, gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens ist geworden ist oder nicht. Dafür, dass er nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist, spricht, dass er weder die vorangegangenen Bescheide vom 8. Juli 2008 und 12. Juni 2009 abändert, noch ersetzt er sie im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG (anders nach § 96 a. F. vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 26. November 2008 - L 13 R 352/07 -; in juris). Jedenfalls im vorliegenden Verfahren ist unabhängig von dieser Frage zu prüfen, ob die Klägerin auch Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. September 2012 hat. Denn dieser Zeitraum wird von ihrem ursprünglichen, mit der am 24. Juni 2009 erhobenen Klage verfolgten Begehren, eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten, umfasst.
Der Rechtsstreit ist nicht erledigt. Die Klägerin nahm zwar das Anerkenntnis der Beklagten vom 28. Januar 2010 in dem weiter anhängig gemachten Klageverfahren S 11 R 3582/09 an, erklärte aber den Rechtstreit nicht für erledigt. Aus den Gesamtumständen kommt zum Ausdruck, dass sie auch nach dem Anerkenntnis der Beklagten vom 28. Januar 2010 an ihrem ursprünglichen, mit der am 24. Juni 2009 erhobenen Klage verfolgten Begehren, eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten, festhielt.
2. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt auch dann vor, wenn der Versicherte zwar noch in der Lage ist, täglich zwischen drei und sechs Stunden zu arbeiten, er aber keinen zustandsangemessenen Teilzeitarbeitsplatz inne hat. Wegen praktischer Verschlossenheit des Teilarbeitsmarkts schlägt dann die teilweise Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) in volle Erwerbsminderung um.
a) Der Senat vermag aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Verwaltungsverfahren und vor dem SG nicht zu der Überzeugung zu kommen, dass der Leistungsfall vor dem mit (Ausführungs-)Bescheid vom 10. Februar 2010 aufgrund des Anerkenntnisses vom 28. Januar 2010 von der Beklagten zugrunde gelegten Zeitpunkt im Oktober 2008 lag, so dass der Rentenbeginn zutreffend der 1. Mai 2009 war. Der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. St. vom 20. Januar 2010 folgend erscheint dieser Zeitpunkt hinreichend durch die Arztberichte vom Facharzt für Neurochirurgie PD Dr. La. vom S.-B.-Klinikum vom 12. Januar 2009 und 2. Februar 2009 fundiert. Danach war bei der Klägerin nach einer Thermorhizotomie im Mai 2008 zunächst eine Besserung eingetreten, die drei bis vier Monate zu einer Besserung der Beschwerden führten. Anschließend traten die präoprozeduralen Beschwerden wieder auf und nahmen noch zu. Ein früherer Leistungsfall, insbesondere am 1. November 2007, dem Antrag der Klägerin auf Gewährung der Rente ab 1. Juni 2008 entsprechend (§§ 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2; 101 Abs. 1 SGB VI), ist aus den vorhandenen medizinischen Befunden nicht zu entnehmen. Vielmehr sah der Gutachter im Verwaltungsverfahren Dr. B., auf dessen Leistungsbeurteilung die teilweise Erwerbsminderung und damit die Rentengewährung mit Bescheid vom 12. Juni 2009 beruhte, in seinem Gutachten vom 19. Februar 2009 den Leistungsfall nach der Vorbegutachtung durch den Gutachter Dr. M. im August 2008 und nach seinem eigenen Vorgutachten im Reha-Verfahren vom 19. November 2007 jedenfalls nach der Begutachtung durch Dr. M., da er gegenüber dessen Befunden eine Verschlechterung feststellte, wobei er den Zeitpunkt der Verschlechterung gegenüber dem Vorgutachten nicht genau medizinisch determinierbar fand. Der Rentenanspruch bestand danach erst ab 1. Mai 2009, denn nach § 101 Abs. 1 SGB V werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor dem Beginn des siebten Monats nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.
b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine unbefristete Rente. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur auf Zeit geleistet. Nach Satz 5 der Vorschrift werden Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen. Für die Zeit ab 1. Januar 2001 liegt darin eine komplette Umgestaltung des bis dahin geltenden Rechts: Für die Gewährung unbefristeter Rente wegen Erwerbsminderung ist maßgeblich, ob unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann, nicht ob sie behoben werden wird. Weder ist erforderlich, dass eine solche Behebung der Erwerbsminderung überwiegend wahrscheinlich ist, noch, dass diese in absehbarer Zeit wahrscheinlich ist (Kasseler Kommentar-Kater, Stand Dezember 2012, Rn 11 zu § 102 SGB VI m.w.N.). Der Ausdruck unwahrscheinlich in § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI ist dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine relevante Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Davon kann erst ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch danach ein aufgehobenes bzw. vermindertes Leistungsvermögen besteht (Kasseler Kommentar-Kater, a.a.O., Rn. 12 m.w.N.). Von einer Unwahrscheinlichkeit der Behebung der Erwerbsminderung ist nicht auszugehen, solange die Möglichkeit besteht, das Leistungsvermögen auf der Grundlage anerkannter Behandlungsmöglichkeiten wiederherzustellen und im Einzelfall keine spezifischen Kontraindikationen entgegenstehen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29. März 2006 - B 13 RJ 31/05 R -; in juris). Die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung beruhte auf der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bei teilweiser Erwerbsminderung der Klägerin. Der Gutachter Dr. B., auf dessen Leistungsbeurteilung die Rentengewährung fußte, ging von einer Besserungsmöglichkeit aus und zeigte konkrete Therapiemöglichkeiten auf, nämlich die bislang noch nicht aufgenommene Schmerztherapie, ein halbelastisches Überbrückungsmieder für die Lendenwirbelsäule, Gewichtsreduktion, konsequent stabilisierende Übungen nach dem Prinzip der postisometrischen Relaxation zur Kompensation der muskulär statischen Haltungsinsuffizienz sowie moderates Ausdauertraining. Dass die Besserung nicht unwahrscheinlich war, konnte der Senat der weiteren Entwicklung, dokumentiert im SG-Verfahren in den Gutachten der Sachverständigen Dr. Bo. vom 30. April 2011 und Dr. Le. vom 13. August 2012, die beide übereinstimmend ein vollschichtiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen bescheinigten, entnehmen.
d) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im erstinstanzlichen Verfahren ist die Klägerin über den 31. August 2012 hinaus nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies ergibt sich aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. Bo. und Dr. Le ...
aa) Der Senat kann seiner Entscheidung das Gutachten des Dr. Bo. zugrundelegen. Das von der Klägerin ursprünglich im Schriftsatz vom 6. Juni 2011 formulierte Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen wollte die Klägern als solches nicht verstanden haben (Aktenvermerk der Kammervorsitzenden vom 5. November 2012), so dass das SG nicht vorab über ein Ablehnungsgesuch zu entscheiden hatte.
bb) Als rentenrelevante Gesundheitsstörungen bestehen bei der Klägerin ein pseudoradikuläres lumbales Wirbelsäulensyndrom mit intermittierender Wurzelirritation L5 links bei Spondylolisthesis L5/S1 (Grad II nach Meyerding) bei Spondylolyse L5, aktivierter Osteochondrosis intervertebralis L5/S1, Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule, Arthrose der Sacroiliacalgelenke, geringfügiger Wirbelsäulenfehlstatik sowie Rücken- und Rumpfmuskelinsuffizienz, ein Reizzustand des Muskel-Sehnen-Weichteil-Mantels am rechten Schultergelenk mit geringfügiger Funktionsbehinderung bei initialer Arthrose des Acromioclaviculargelenkes sowie eine Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenkes bei mäßiger Cubitalarthrose rechts. Dies entnimmt der Senat den von den Dr. Bo. und Dr. Le. erstatteten Gutachten. Diese Erkrankungen im Bereich der Lendenwirbelsäule nennen auch die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. Str. und Dr. Br., die das SG als sachverständige Zeugen hörte, sowie Dr. B. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten vom 20. Februar 2009.
cc) Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin kann nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, Klettern und Steigen, erhöhte Absturzgefahr, häufiges Bücken und Tragen von Lasten über fünf kg sowie Schicht- und Akkordarbeit verrichten. Ausgeschlossen sind auch Tätigkeiten verbunden mit ausschließlichem Stehen oder Gehen und Arbeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft. Dies entnimmt der Senat den Gutachten von Dr. Bo. und Dr. Le ...
dd) Die bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats jedoch zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist jedenfalls seit 1. September 2012 in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt dies auf die übereinstimmende Beurteilung der Sachverständigen Dr. Bo. und Dr. Le ... Die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens durch die Sachverständigen Dr. Bo. und Dr. Le. ist aufgrund der von ihnen erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar. Das bei der Klägerin vorliegende Lendenwirbelsäulensyndrom ist nicht (mehr) mit Nervenwurzelreizungen verbunden. Dr. Bo. und Dr. Le. fanden insoweit bei ihren Untersuchungen am 9. März 2011 und am 14. Juni 2012 keine Hinweise. Der Befund der Klägerin von Seiten der Lendenwirbelsäule ist auch nicht der Gestalt, dass die Indikation zur Operation besteht. Diese wurde 2008 zeitweilig diskutiert, bei der Untersuchung durch Dr. Bo. fand sich keine Indikation zur Operation. Das Lendenwirbelsäulensyndrom äußert sich im Wesentlichen in Bewegungseinschränkungen und den von der Klägerin geklagten Schmerzen. Dem kann mit den genannten Leistungseinschränkungen begegnet werden. Belegt wird die Tatsache, dass die Auswirkungen der Schmerzen im Alltag der Klägerin nicht so gravierend sind, dass sie einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit entgegenstünden, auch dadurch, dass die Klägerin wie zuletzt bei Dr. Bo. angegeben - keine funktionelle Therapie und keine medikamentöse Schmerztherapie durchführt, sondern nur bei Bedarf ein Schmerzmittel einnimmt. Behandlungen erfolgen allein bei dem Hausarzt Dr. Str ... Selbst fachärztliche orthopädische Behandlung findet seit September 2008 nicht mehr statt. Zu diesem Zeitpunkt war sie zuletzt bei Dr. Br. in Behandlung. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, danach bei einem anderen Orthopäden wegen der Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule in fachärztlicher Behandlung gewesen zu sein.
Eine quantitative Leistungseinschränkung folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin wegen der Arthrose des rechten Ellenbogengelenks nur noch Lasten von bis zu 5 kg heben, tragen oder bewegen und sie deshalb die Grundvoraussetzung einer jeglichen beruflichen Tätigkeit nicht mehr erfüllen könne. Sinngemäß behauptet die Klägerin insoweit, bei ihr liege eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Sie liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R -; in juris m.w.N.). Ein solcher Fall liegt bei der Klägerin nicht vor. Die Ellenbogenarthrose schließt nur das regelmäßige Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten von über fünf kg aus. Demgemäß können noch Tätigkeiten verrichtet werden, die ein gelegentliches Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten von höheren Gewichten einschließen.
e) Aufgrund der vorangegangenen Ausführungen sieht sich der Senat nicht gedrängt, ein weiteres Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen. Die gerichtlichen Sachverständigen kamen wie dargelegt übereinstimmend zu der Auffassung, die Klägerin könne noch eine Tätigkeit von sechs Stunden arbeitstäglich ausüben. Entgegen dem Vortrag der Klägerin beantwortete der Sachverständige Dr. Le. die Frage nach der Dauer der arbeitstäglichen Erwerbstätigkeit. Er führte auf Seite 12 oben seines Gutachtens aus, unter Beachtung der genannten Einschränkungen sei noch eine Erwerbstätigkeit von sechs Stunden täglich bei einer Fünf-Tage-Woche zuzumuten.
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, denn sie ist nicht berufsunfähig.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
a) Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - in juris).
Nach diesen Grundsätzen ist der bisherige Beruf der Klägerin ihre Tätigkeit als Briefsortiererin bei der D. P. AG, bei der sie vorwiegend stehend Briefe sortieren, die Briefstapel in Kisten legen, die bis zu 15 kg schweren Kisten auf einen Rollwagen tragen und diesen bis zu 300 kg schweren Behälterwagen voll zur Lkw-Rampe schieben musste. Diesen Beruf kann die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen wegen ihrer Wirbelsäulenbeschwerden, aber auch der Ellenbogengelenkarthrose, nicht mehr verrichten. Der Senat stützt sich insoweit auf die Gutachten von Dr. Bo. und Dr. Le., die dies übereinstimmend feststellten.
Die Klägerin ist deshalb aber noch nicht berufsunfähig, denn sie kann auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden.
b) Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 B 8 KN 14/00 R -; beide in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).
Die Tätigkeit der Klägerin als Briefsortiererin war eine ungelernte Tätigkeit, die weniger als drei Monate Anlernzeit erforderte. Dies ergab die Auskunft der D. P. AG an die Beklagte vom 10. Juli 2008. Das Vorbringen der Klägerin und die von ihr im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen führten zu keinem anderen Ergebnis. Die Klägerin ist ab 1. November 2000 in die Lohngruppe 6 eingruppiert und aufgrund langjähriger Berufserfahrung so gestellt worden, als hätte sie die postbetriebliche Prüfung bestanden. Am Ende des Beschäftigungsverhältnisses war sie in Lohngruppe 6a bzw. Entgeltgruppe 2 nach dem ETV-DP AG vom 18. Juni 2003 eingruppiert. Nach Anlage 1 ist die Entgeltgruppe 2, u.a. vorgesehen für Sortierer/Codierer, Tätigkeiten, die aufgabenbezogene Grundkenntnisse erfordern, die in einer kurzen Anlernzeit durch Einarbeitung erworben werden können. Gemäß Teil A "Besitzstand Lohn", Protokollnotiz zu Buchstabe a) Absatz 5 wird für Arbeiter die Lohngruppe zugrunde gelegt, in die sie am 31. Dezember 2000 eingruppiert waren.
Diese entspricht hier zwar einer Facharbeiterlohngruppe (Lohngruppe 6a), jedoch ist die tarifvertragliche Eingruppierung unbeachtlich, wenn sie auf qualitätsfremden Gründen beruht (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 28/99 R -; in juris). Qualitätsfremd sind Eingruppierungen aufgrund einer bestimmten Dienstzeit, Lebensalter oder sog. Bewährungsaufstieg (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 28/99 -; in juris). Nach den Regelungen für den fiktiven Eingruppierungsverlauf in Anhang 1, Anlage 1 Teil I für Arbeiter auf beamtenbewerteten Arbeitsposten laut ständigem Einsatz am 31. Dezember 2000 des ETV D. P. AG werden Dienstleistungsfachkräfte/Fachkräfte für Brief- und Frachtverkehr auf Arbeitsposten der Bewertung A2/A3/A4 in Lohngruppe 5, nach zweijähriger Beschäftigung und Entlohnung nach Lohngruppe 5 in Lohngruppe 6 und nach weiterer vierjähriger Beschäftigung und Entlohnung nach Lohngruppe 6 in Lohngruppe 6a eingruppiert. Andere Merkmale für die tarifvertragliche Eingruppierung der Tätigkeit der Briefsortiererin in die vom Leitbild des Handwerkers und gleichgestellten Facharbeiters bzw. der Dienstleistungsfachkraft geprägten Lohngruppen 4 und höher sind nicht ersichtlich (vgl. auch BSG, a.a.O.). Maßgeblich ist hier daher die Eingruppierung in Entgeltgruppe 2 nach der Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit, nicht die in Lohngruppe 6a, die ohne Anknüpfung an die Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit allein zur Besitzstandswahrung, also Lohnsicherung, erfolgte.
Da die Klägerin damit zu den angelernten Arbeitern des unteren Bereichs gehört, kann sie grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Dem unteren Bereich der Anlerntätigkeiten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen - auch betrieblichen - Anlernzeit von 3 bis 12 Monaten und dem oberen Bereich die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit über 12 bis 24 Monaten zuzuordnen. Zwar genügt die laut Auskunft der D. P. AG vom 10. Juli 2008 weniger als drei Monate umfassende Anlernzeit allein nicht für die Zuordnung in den unteren Bereich aus (vgl. BSG, a.a.O.); nach dieser Auskunft wird die Tätigkeit üblicherweise von ungelernten Arbeitern verrichtet. Auch aus der Art der Tätigkeit - Sortieren und Codieren von Briefsendungen, Ziehen des Behälterwagens - ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ausübung der Tätigkeit besondere Anforderungen stellte. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 -; in juris).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
5. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die unbefristete Gewährung einer bis 31. August 2012 befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung bei teilweiser Erwerbsminderung und Verschlossenheit des Arbeitsmarktes als Dauerrente.
Die am 1958 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Seit 1995 war sie als ungelernte Briefsortiererin bei der D. P. AG (im Folgenden: D. P. AG) versicherungspflichtig beschäftigt, nachdem sie vom 20. Juni bis 8. Juli 1994 als Vertreterkraft/Ferienaushilfe bei der D. P. AG tätig war. Nach der Auskunft der D. P. AG vom 10. Juli 2008 gegenüber der Beklagten habe die Klägerin mit einer Arbeitszeit von sechs Tagen wöchentlich drei Stunden täglich gearbeitet. Sie habe Briefsendungen sortiert und codiert. Es habe sich um ungelernte Arbeiten (weniger als drei Monate Anlernzeit) gehandelt. Die Entlohnung sei nach dem Manteltarifvertrag der D. P. AG, Leistungsgruppe 6a, ab 1. Januar 2002 nach der Entgeltgruppe 2 zuzüglich Besitzstandsausgleich gemäß Entgelttarifvertrag für Arbeitnehmer der D. P. AG (ETV-D. P. AG) erfolgt. Es seien Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 kg angefallen und es hätten Behälterwagen mit einem Gewicht von ca. 300 kg gezogen werden müssen. Laut (von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegtem) Schreiben der D. P. AG vom 14. Dezember 2000 wurde die Klägerin ab 1. November in Lohngruppe 6 eingruppiert und damit aufgrund langjähriger Beschäftigung mit Arbeitern, die die postbetriebliche Prüfung abgelegt haben, gleichgestellt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 28. Juli 2008 zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung von 13,2 Monatsentgelten, die sich entsprechend verringert, wenn die Klägerin innerhalb eines Zeitraumes, der geringer ist als die der Zahlung der Abfindung zugrunde liegenden Monatsentgelte, erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung wird, beendet. Seit 9. August 2007 war sie arbeitsunfähig. Sie bezog ab 20. September 2007 bis 28. September 2008 Krankengeld. Vom 1. Oktober 2008 bis 9. März 2009 bestand Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug wegen Entlassungsentschädigung und Urlaubsabgeltung. Am 27. November 2008 meldete sich die Klägerin aus der Arbeitsvermittlung ab. Bei der Klägerin besteht ein anerkannter GdB von 50.
Am 2. Juni 2008 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst mit der Begründung ab, die Klägerin könne nach dem Ergebnis des Gutachtens des Internisten Dr. M. vom 4. Juli 2008 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausführen (Bescheid vom 8. Juli 2008). Der Gutachter stellte die Diagnosen chronische Wurzelreizsymptomatik L5/S1, derzeit rechtsbetont beidseits bei Bandscheibenvorwölbung und links-lateralem Bandscheibenvorfall L5/S1, Spondylolisthesis (Wirbelgleiten L5/S1), ausgeprägtes Übergewicht, medikamentös gut eingestellter Bluthochdruck sowie Ellenbogengelenksarthrose rechts mit unbedeutenden diskreten Funktionseinschränkungen. Bei kaum eingeschränkter Wirbelsäulenbeweglichkeit, keiner motorischen Schwäche, unauffälligem Gangbild und unauffälligen erschwerten Standproben sei eine überwiegend sitzende Tätigkeit ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule und wegen des Bluthochdrucks ohne Nacht- und Wechselschicht und ohne Zeitdruck sechs Stunden und mehr möglich. Auf den Widerspruch der Klägerin erfolgte eine weitere Begutachtung durch Orthopäden und Sozialmediziner Dr. B. vom 20. Februar 2009, der bereits aufgrund eines von der Klägerin gestellten Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die Klägerin untersucht und sein Gutachten vom 19. November 2007 erstattet hatte. Bei den Diagnosen Spndylolisthesis LWK 5 (Grad II nach Meyerding), hochgradiges Übergewicht, Hypertonie sowie Ellenbogengelenksarthrose rechts mit Funktionseinschränkung sah er ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Gutachter stellte eine Verschlechterung gegenüber dem Vorgutachten fest. Das Gleitwirbelleiden im Sinne einer chronischen Wirbelsäuleninstabilität an der statisch am stärksten belasteten Stelle des zentralen Achsenorgans werde durch weitere Faktoren, nämlich erhebliches Übergewicht, Hyperlordose und muskulär-statische Haltungsinsuffizienz, ungünstig beeinflusst. Mit Bescheid vom 12. Juni 2009 gewährte die Beklagte eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zunächst vom 1. September 2009 bis 31. August 2010, ausgehend von einem Leistungsfall vom 19. Februar 2009 (Datum der Untersuchung durch Dr. B.).
Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid am 24. Juni 2009 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG; S 11 R 2017/09) und beantragte einstweiligen Rechtsschutz. Sie sei bereits bei Rentenantragstellung auf Dauer voll erwerbsgemindert gewesen. Der Antrag wurde vom SG mit Beschluss vom 4. August 2009 zurückgewiesen (S 11 R 2049/09 ER), im Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht - LSG - Baden-Württemberg (L 7 R 3845/09 ER-B) erkannte die Beklagte gestützt auf die sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes für Chirurgie/Unfallchirurgie/Notfallmedizin/Sozialmedizin Dr. St. vom 20. Januar 2010 mit Schriftsatz vom 28. Januar 2010 die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung seit 1. Mai 2009, ausgehend von einem Leistungsfall im Oktober 2008, an. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis an.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. Juli 2008 in der Form des Teilabhilfebescheides vom 12. Juni 2009 zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 2. November 2009 Klage beim SG (S 11 R 3582/09). Das von der Beklagten erklärte Anerkenntnis nahm die Klägerin auch in diesem Rechtsstreit an, weshalb das SG den Rechtsstreit für erledigt ansah. In Ausführung des Anerkenntnisses erging der Bescheid vom 10. Februar 2010. In der Folge gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Mai 2010 die Rente befristet bis 31. August 2012 weiter.
Am 24. Januar 2012 stellte die Klägerin den Antrag, die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterzuzahlen. Nachdem die Beklagte die Auffassung vertreten hatte, über diesen Weiterzahlungsantrag nicht entscheiden zu müssen, weil Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens das Begehren der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer sei, erhob die Klägerin am 20. Juli 2012 Untätigkeitsklage (S 11 R 1992/12) und stellte zugleich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 11 R 2211/12 ER) mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, ihr weiterhin auf Dauer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. August 2012 hinaus zu gewähren und die sofortige Vollziehung anzuordnen. Der Antrag blieb erfolglos (Beschluss des SG vom 23. August 2012 - S 11 2211/12 ER -); ebenso die Beschwerde der Klägerin zum LSG Baden Württemberg (Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2012 - L 4 R 3882/12 ER-B -). Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 27. September 2012 den Antrag der Klägerin, die Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. August 2012 hinaus weiterzuzahlen, ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die am 20. Juli 2012 erhobene Untätigkeitsklage erklärte die Klägerin nach Erteilung des Bescheides vom 27. September 2012 mit Schriftsatz vom 8. November 2012 für erledigt.
Das SG holte zunächst Auskünfte bei den behandelnden Ärzten ein. Facharzt für Innere Medizin Dr. Str. äußerte in seiner Auskunft vom 25. November 2010 größte Bedenken dagegen, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten über drei Stunden verrichten könne. Facharzt für Chirurgie Dr. Br. konnte in seiner Auskunft vom 15. Dezember 2010 zum aktuellen Leistungsvermögen keine Angaben machen, da die Klägerin zuletzt am 2. September 2008 bei ihm in Behandlung gewesen sei.
Das SG beauftragte daraufhin den Facharzt für Orthopädie Dr. Bo. mit der Erstattung eines Gutachtens. Im Anschluss erfolgte eine weitere Begutachtung auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Facharzt für Orthopädie Dr. Le ...
Dr. Bo. diagnostizierte im Gutachten vom 30. April 2011 hinsichtlich seines Gebiets ein chronisch degeneratives vorwiegend pseudoradikuläres lumbales Wirbelsäulensyndrom mit intermittierender Wurzelirritation L5 links bei Spondylolisthesis L5/S1 (Grad II nach Meyerding) bei Spondylolyse L5, aktivierter Osteochondrosis intervertebralis L5/S1, Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule, Arthrose der Sacroiliacalgelenke, geringfügiger Wirbelsäulenfehlstatik sowie Rücken- und Rumpfmuskelinsuffizienz; einen Reizzustand des Muskel-Sehnen-Weichteil-Mantels am rechten Schultergelenk mit geringfügiger Funktionsbehinderung bei initialer Arthrose des Acromioclaviculargelenkes; eine Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenkes bei mäßiger Cubitalarthrose rechts; funktionelle Hüftbeschwerden beidseits ohne Bewegungseinschränkung und ohne radiologische Auffälligkeiten der Hüftgelenke; funktionelle Beschwerden am linken Sprunggelenksbereich ohne Bewegungseinschränkung und ohne radiologische Auffälligkeiten des Sprunggelenkes; eine Senkspreizfuß-Deformität beidseits ohne Funktionsbehinderung der Füße. Die anfänglich ärztlich dokumentierten radikulären und motorischen Ausfälle seien nicht mehr festzustellen. Zeitweilig habe offensichtlich eine erhebliche Schmerzsymptomatik bestanden, die zur Akutbehandlung mittels Infusionstherapie und vorübergehend kontinuierlicher Schmerzmittelgabe einschließlich Opiaten geführt habe. Aktuell werde weder eine spezifische funktionelle Therapie noch eine kontinuierliche medikamentöse Schmerztherapie durchgeführt und sei auch nicht erforderlich. Es bestehe eine endgradige Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks bei geringgradigen degenerativen Veränderungen und eine weitgehend schmerzlose Funktionseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks bei deutlicher arthrotischer Veränderung. Hüft-, Knie- und Sprunggelenke wiesen einen unauffälligen Funktionsbefund auf. Alle vorhandenen orthopädischen Gesundheitsstörungen führten nicht zu quantitativen Leistungsminderungen. Der zeitliche Längsschnittverlauf der dokumentierten Befunde belege eine graduelle Besserung der funktionellen Situation und des Beschwerdebildes. Die Verlängerung der Zeitrente über den 31. August 2010 hinaus bis 31. August 2012 sei kaum mehr ausreichend begründbar und überaus wohlwollend. Es bestünden aber weiterhin qualitative Einschränkungen. Zu vermeiden seien Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltung, Bewegen von Lasten über sieben bis acht kg, Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, ständig gehende oder stehende Tätigkeiten, Arbeiten auf unebenem Untergrund, Besteigen von Leitern oder Gerüsten, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten mit erhöhter Armkraftentfaltung sowie mit Exposition von Nässe, Kälte und Zugluft. Im Hinblick auf die vom Hausarzt bescheinigte Depression, für die die Untersuchung keine verlässlichen Anhaltspunkte gezeigt habe, sei hohe Stressbelastung, hoher Zeitdruck und Nachtschichtarbeit zu vermeiden. Die Klägerin erhob gegen das Gutachten Einwendungen, zu denen Dr. Bo. sich in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. Juni 2011 äußerte. Hinsichtlich eines zunächst formulierten Ablehnungsgesuchs gegen Dr. Bo. wegen Besorgnis der Befangenheit stellte die Klägerin klar, dieses nicht als solches verstanden zu haben (Aktenvermerk der Kammervorsitzenden vom 5. November 2012).
Dr. Le. stellte in seinem Gutachten vom 13. August 2012 die Diagnosen chronisches Lumbalsyndrom bei Spondylolisthesis L5 und sekundär ausgeprägter Osteochondrose L5/S1, Iliosacralgelenkarthrose, rechts mehr als links sowie ausgeprägtere Ellenbogenarthrose rechts mit Funktionseinschränkung des Ellenbogengelenks. Klinisch bestehe bei ausgeprägtem Übergewicht Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit über der gesamten Lendenwirbelsäule und eine funktionell endgradig schmerzhafte Vorneigebehinderung ohne Zeichen einer Wurzelreizung. Am rechten Ellenbogengelenk bestehe eine schmerzhafte Behinderung der Flexion bei 80°. Diese Gesundheitsstörungen bedingten qualitative Einschränkungen auf leichte bis mittelschwere Arbeiten in Wechselhaltung ohne regelmäßiges Bewegen von Lasten über fünf kg und ohne häufiges Bücken. Bei Beachtung dieser Einschränkungen bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich. Die Klägerin widersprach auch diesem Gutachten.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 6. November 2012 ab. Der Bescheid vom 27. September 2012 mit der Ablehnung der Weitergewährung der Zeitrente über den 31. August 2012 hinaus sei Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Sie könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seit 1. September 2012 wieder verrichten. Zum Zeitpunkt der Rentengewährung ab 1. September 2009 aufgrund eines Leistungsfalls im Februar 2009 hätten die Voraussetzungen für eine Dauerrente nicht vorgelegen. Die Rente sei bei Annahme eines drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes gewährt worden. Die Ablehnung der Dauerrente und die Befristung der Zeitrente bis Ende August 2012 sei rechtmäßig, wobei es (das SG) sich auf die Gutachten der Dres. B. und Bo. stützt. Dr. B. habe aufgrund einer Untersuchung im Februar 2009 bei drei- bis unter sechsstündigem Leistungsvermögen eine Leistungsminderung bis voraussichtlich 2010 festgestellt. Dr. Bo. sei aufgrund der aktuellen, im März 2011 erhobenen Befunde zu einem wieder sechsstündigen Leistungsvermögen gelangt. Danach bestünden nunmehr nur noch qualitative Einschränkungen dergestalt, dass Arbeiten in gebückter oder sonstiger Zwangshaltung des Achsorgans zu meiden seien, ebenso Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über sieben bis acht kg, ständig stehende und gehende Tätigkeiten und solche mit erhöhter Anforderung an die Kraftentfaltung der Arme. Teilweise Erwerbsunfähigkeit bei Berufsunfähigkeit liege nicht vor. Zwar könne die Klägerin, die keine Berufsausbildung absolviert habe, aufgrund der Leistungseinschränkungen ihre zuletzt innegehabte Tätigkeit als Briefsortiererin nicht mehr verrichten. Sie habe Briefstapel in Kisten legen, die Kisten wegtragen bzw. mit einem Rollwagen befördern müssen. Hierbei habe sie bis zu 15 kg schwere Kisten bewegen müssen. Sie könne aber als angelernte Kraft auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie einer oberen Angelernten oder Fachangestellten vergleichbar sie, lägen nicht vor. Sie genieße daher keinen Berufsschutz. Die Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten des Dr. Bo. griffen nicht durch. Dr. Le. habe sowohl dem Gutachten des Dr. Bo. als auch den gutachterlichen Äußerungen von Dres. B. und M. zugestimmt.
Die Klägerin hat gegen das über ihren Bevollmächtigten zugestellte Urteil vom 6. November 2012 am 23. November 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, entgegen der Ansicht des SG genieße sie Berufsschutz. Für sie habe der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in der jeweiligen Fassung gegolten. Sie sei zunächst 1994 befristet als Ferienaushilfe in Lohngruppe 4 eingeordnet worden, später bei unbefristeter Tätigkeit ab 1. November 2000 in Lohngruppe 6 aufgrund der Gleichstellung einer langjährigen Berufserfahrung mit der Postbetrieblichen Prüfung. Eine Besserung ihrer gesundheitlichen Situation sei entgegen den Ausführungen von Dr. Bo. nicht eingetreten. Dies günstigere Schmerzsymptomatik beruhe ausschließlich darauf, dass sie sich langjährig Schmerzbelastungen entzogen habe. Dr. Bo. habe sich nicht klar und deutlich zu den Ursachen ihrer gesundheitlichen Verhältnisse geäußert. Die Einschätzung des Dr. Bo. vom "therapeutischen Nihilismus" durch sie sei unfair. Vielmehr seien alle Therapien bisher ohne Erfolg gewesen. Dr. Le. habe mit seiner Antwort, ihr sei eine Erwerbstätigkeit von sechs Stunden täglich bei einer Fünftagewoche zuzumuten, die entsprechende Beweisfrage des SG nicht beantwortet. Sie hat vorgelegt den Arbeitsvertrag vom 22. Juni 1994, das Schreiben der D. P. AG vom 14. Dezember 2000 über die Einstufung in die Lohngruppe 6 ab 1. November 2000, eine Leistungsbeurteilung für das Jahr 2008 und den Aufhebungsvertrag vom 28. Juli 2008.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. November 2012 aufzuheben, den Bescheid vom 8. Juli 2008 in der Gestalt des Bescheides vom 12. Juni 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, auch vom 1. Juni 2008 bis 30. April 2009 sowie ab 1. Mai 2009 zu gewähren, weiter hilfsweise, ein orthopädisches und schmerztherapeutisches Zusammenhangsgutachten zur quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkung der Klägerin einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, auch zu den Verfahren S 11 R 3582/09, S 11 R 2049/09 ER, S 11 R 2211/12 ER, S 3 R 1992/12; L 7 R 3845/09 ER-B und L 4 R 3882/12 ER-B und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 2 SGG statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2008 in der Fassung des Bescheides vom 12. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 30. April 2009 und ab 1. Mai 2009 als unbefristete Rente.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8. Juli 2008 - die ursprüngliche Ablehnung des Rentenantrages - in der Fassung des Bescheides vom 12. Juni 2009, mit dem Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bei teilweiser Erwerbsminderung befristet vom 1. September 2009 bis 31. August 2010 gewährt wurde. Diese Bescheide focht die Klägerin mit der am 24. Juni 2009 erhobene Klage (S 11 R 2017/09) an. Der erst nach Erhebung dieser Klage ergangene Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2009 wurde nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand dieses Klageverfahrens. Die nach Erlass des Widerspruchsbescheids von der Klägerin am 2. November 2009 erhobene weitere Klage war wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (Klageverfahren S 11 R 2017/09) unzulässig.
Das Begehren der Klägerin geht dahin, seit 1. Juni 2008 unbefristet Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten. Da die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 31. August 2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung zahlte (Bescheide vom 10. Februar 2010 und 17. Mai 2010), kann das Begehren allein noch auf die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 30. April 2009 sowie ab 1. Mai 2009 umfassen. Demgemäß sind auch nicht Gegenstand des Rechtsstreits diese beiden die Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligenden Bescheide, weil sie eine Regelung nur für den Zeitraum treffen, in welchem die Zahlung der Rente erfolgte.
Der Senat lässt offen, ob der Bescheid vom 27. September 2012, mit dem die Weitergewährung ab 1. September 2012 abgelehnt wurde, gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens ist geworden ist oder nicht. Dafür, dass er nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist, spricht, dass er weder die vorangegangenen Bescheide vom 8. Juli 2008 und 12. Juni 2009 abändert, noch ersetzt er sie im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG (anders nach § 96 a. F. vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 26. November 2008 - L 13 R 352/07 -; in juris). Jedenfalls im vorliegenden Verfahren ist unabhängig von dieser Frage zu prüfen, ob die Klägerin auch Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. September 2012 hat. Denn dieser Zeitraum wird von ihrem ursprünglichen, mit der am 24. Juni 2009 erhobenen Klage verfolgten Begehren, eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten, umfasst.
Der Rechtsstreit ist nicht erledigt. Die Klägerin nahm zwar das Anerkenntnis der Beklagten vom 28. Januar 2010 in dem weiter anhängig gemachten Klageverfahren S 11 R 3582/09 an, erklärte aber den Rechtstreit nicht für erledigt. Aus den Gesamtumständen kommt zum Ausdruck, dass sie auch nach dem Anerkenntnis der Beklagten vom 28. Januar 2010 an ihrem ursprünglichen, mit der am 24. Juni 2009 erhobenen Klage verfolgten Begehren, eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten, festhielt.
2. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt auch dann vor, wenn der Versicherte zwar noch in der Lage ist, täglich zwischen drei und sechs Stunden zu arbeiten, er aber keinen zustandsangemessenen Teilzeitarbeitsplatz inne hat. Wegen praktischer Verschlossenheit des Teilarbeitsmarkts schlägt dann die teilweise Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) in volle Erwerbsminderung um.
a) Der Senat vermag aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Verwaltungsverfahren und vor dem SG nicht zu der Überzeugung zu kommen, dass der Leistungsfall vor dem mit (Ausführungs-)Bescheid vom 10. Februar 2010 aufgrund des Anerkenntnisses vom 28. Januar 2010 von der Beklagten zugrunde gelegten Zeitpunkt im Oktober 2008 lag, so dass der Rentenbeginn zutreffend der 1. Mai 2009 war. Der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. St. vom 20. Januar 2010 folgend erscheint dieser Zeitpunkt hinreichend durch die Arztberichte vom Facharzt für Neurochirurgie PD Dr. La. vom S.-B.-Klinikum vom 12. Januar 2009 und 2. Februar 2009 fundiert. Danach war bei der Klägerin nach einer Thermorhizotomie im Mai 2008 zunächst eine Besserung eingetreten, die drei bis vier Monate zu einer Besserung der Beschwerden führten. Anschließend traten die präoprozeduralen Beschwerden wieder auf und nahmen noch zu. Ein früherer Leistungsfall, insbesondere am 1. November 2007, dem Antrag der Klägerin auf Gewährung der Rente ab 1. Juni 2008 entsprechend (§§ 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2; 101 Abs. 1 SGB VI), ist aus den vorhandenen medizinischen Befunden nicht zu entnehmen. Vielmehr sah der Gutachter im Verwaltungsverfahren Dr. B., auf dessen Leistungsbeurteilung die teilweise Erwerbsminderung und damit die Rentengewährung mit Bescheid vom 12. Juni 2009 beruhte, in seinem Gutachten vom 19. Februar 2009 den Leistungsfall nach der Vorbegutachtung durch den Gutachter Dr. M. im August 2008 und nach seinem eigenen Vorgutachten im Reha-Verfahren vom 19. November 2007 jedenfalls nach der Begutachtung durch Dr. M., da er gegenüber dessen Befunden eine Verschlechterung feststellte, wobei er den Zeitpunkt der Verschlechterung gegenüber dem Vorgutachten nicht genau medizinisch determinierbar fand. Der Rentenanspruch bestand danach erst ab 1. Mai 2009, denn nach § 101 Abs. 1 SGB V werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor dem Beginn des siebten Monats nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.
b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine unbefristete Rente. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur auf Zeit geleistet. Nach Satz 5 der Vorschrift werden Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen. Für die Zeit ab 1. Januar 2001 liegt darin eine komplette Umgestaltung des bis dahin geltenden Rechts: Für die Gewährung unbefristeter Rente wegen Erwerbsminderung ist maßgeblich, ob unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann, nicht ob sie behoben werden wird. Weder ist erforderlich, dass eine solche Behebung der Erwerbsminderung überwiegend wahrscheinlich ist, noch, dass diese in absehbarer Zeit wahrscheinlich ist (Kasseler Kommentar-Kater, Stand Dezember 2012, Rn 11 zu § 102 SGB VI m.w.N.). Der Ausdruck unwahrscheinlich in § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI ist dahingehend zu verstehen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine relevante Besserungsaussicht sprechen müssen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Davon kann erst ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch danach ein aufgehobenes bzw. vermindertes Leistungsvermögen besteht (Kasseler Kommentar-Kater, a.a.O., Rn. 12 m.w.N.). Von einer Unwahrscheinlichkeit der Behebung der Erwerbsminderung ist nicht auszugehen, solange die Möglichkeit besteht, das Leistungsvermögen auf der Grundlage anerkannter Behandlungsmöglichkeiten wiederherzustellen und im Einzelfall keine spezifischen Kontraindikationen entgegenstehen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29. März 2006 - B 13 RJ 31/05 R -; in juris). Die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung beruhte auf der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bei teilweiser Erwerbsminderung der Klägerin. Der Gutachter Dr. B., auf dessen Leistungsbeurteilung die Rentengewährung fußte, ging von einer Besserungsmöglichkeit aus und zeigte konkrete Therapiemöglichkeiten auf, nämlich die bislang noch nicht aufgenommene Schmerztherapie, ein halbelastisches Überbrückungsmieder für die Lendenwirbelsäule, Gewichtsreduktion, konsequent stabilisierende Übungen nach dem Prinzip der postisometrischen Relaxation zur Kompensation der muskulär statischen Haltungsinsuffizienz sowie moderates Ausdauertraining. Dass die Besserung nicht unwahrscheinlich war, konnte der Senat der weiteren Entwicklung, dokumentiert im SG-Verfahren in den Gutachten der Sachverständigen Dr. Bo. vom 30. April 2011 und Dr. Le. vom 13. August 2012, die beide übereinstimmend ein vollschichtiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen bescheinigten, entnehmen.
d) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im erstinstanzlichen Verfahren ist die Klägerin über den 31. August 2012 hinaus nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies ergibt sich aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. Bo. und Dr. Le ...
aa) Der Senat kann seiner Entscheidung das Gutachten des Dr. Bo. zugrundelegen. Das von der Klägerin ursprünglich im Schriftsatz vom 6. Juni 2011 formulierte Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen wollte die Klägern als solches nicht verstanden haben (Aktenvermerk der Kammervorsitzenden vom 5. November 2012), so dass das SG nicht vorab über ein Ablehnungsgesuch zu entscheiden hatte.
bb) Als rentenrelevante Gesundheitsstörungen bestehen bei der Klägerin ein pseudoradikuläres lumbales Wirbelsäulensyndrom mit intermittierender Wurzelirritation L5 links bei Spondylolisthesis L5/S1 (Grad II nach Meyerding) bei Spondylolyse L5, aktivierter Osteochondrosis intervertebralis L5/S1, Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule, Arthrose der Sacroiliacalgelenke, geringfügiger Wirbelsäulenfehlstatik sowie Rücken- und Rumpfmuskelinsuffizienz, ein Reizzustand des Muskel-Sehnen-Weichteil-Mantels am rechten Schultergelenk mit geringfügiger Funktionsbehinderung bei initialer Arthrose des Acromioclaviculargelenkes sowie eine Funktionsbehinderung des rechten Ellenbogengelenkes bei mäßiger Cubitalarthrose rechts. Dies entnimmt der Senat den von den Dr. Bo. und Dr. Le. erstatteten Gutachten. Diese Erkrankungen im Bereich der Lendenwirbelsäule nennen auch die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. Str. und Dr. Br., die das SG als sachverständige Zeugen hörte, sowie Dr. B. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten vom 20. Februar 2009.
cc) Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin kann nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, Klettern und Steigen, erhöhte Absturzgefahr, häufiges Bücken und Tragen von Lasten über fünf kg sowie Schicht- und Akkordarbeit verrichten. Ausgeschlossen sind auch Tätigkeiten verbunden mit ausschließlichem Stehen oder Gehen und Arbeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft. Dies entnimmt der Senat den Gutachten von Dr. Bo. und Dr. Le ...
dd) Die bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats jedoch zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist jedenfalls seit 1. September 2012 in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt dies auf die übereinstimmende Beurteilung der Sachverständigen Dr. Bo. und Dr. Le ... Die Beurteilung des quantitativen Leistungsvermögens durch die Sachverständigen Dr. Bo. und Dr. Le. ist aufgrund der von ihnen erhobenen Befunde schlüssig und nachvollziehbar. Das bei der Klägerin vorliegende Lendenwirbelsäulensyndrom ist nicht (mehr) mit Nervenwurzelreizungen verbunden. Dr. Bo. und Dr. Le. fanden insoweit bei ihren Untersuchungen am 9. März 2011 und am 14. Juni 2012 keine Hinweise. Der Befund der Klägerin von Seiten der Lendenwirbelsäule ist auch nicht der Gestalt, dass die Indikation zur Operation besteht. Diese wurde 2008 zeitweilig diskutiert, bei der Untersuchung durch Dr. Bo. fand sich keine Indikation zur Operation. Das Lendenwirbelsäulensyndrom äußert sich im Wesentlichen in Bewegungseinschränkungen und den von der Klägerin geklagten Schmerzen. Dem kann mit den genannten Leistungseinschränkungen begegnet werden. Belegt wird die Tatsache, dass die Auswirkungen der Schmerzen im Alltag der Klägerin nicht so gravierend sind, dass sie einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit entgegenstünden, auch dadurch, dass die Klägerin wie zuletzt bei Dr. Bo. angegeben - keine funktionelle Therapie und keine medikamentöse Schmerztherapie durchführt, sondern nur bei Bedarf ein Schmerzmittel einnimmt. Behandlungen erfolgen allein bei dem Hausarzt Dr. Str ... Selbst fachärztliche orthopädische Behandlung findet seit September 2008 nicht mehr statt. Zu diesem Zeitpunkt war sie zuletzt bei Dr. Br. in Behandlung. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, danach bei einem anderen Orthopäden wegen der Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule in fachärztlicher Behandlung gewesen zu sein.
Eine quantitative Leistungseinschränkung folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin wegen der Arthrose des rechten Ellenbogengelenks nur noch Lasten von bis zu 5 kg heben, tragen oder bewegen und sie deshalb die Grundvoraussetzung einer jeglichen beruflichen Tätigkeit nicht mehr erfüllen könne. Sinngemäß behauptet die Klägerin insoweit, bei ihr liege eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Sie liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R -; in juris m.w.N.). Ein solcher Fall liegt bei der Klägerin nicht vor. Die Ellenbogenarthrose schließt nur das regelmäßige Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten von über fünf kg aus. Demgemäß können noch Tätigkeiten verrichtet werden, die ein gelegentliches Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten von höheren Gewichten einschließen.
e) Aufgrund der vorangegangenen Ausführungen sieht sich der Senat nicht gedrängt, ein weiteres Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen. Die gerichtlichen Sachverständigen kamen wie dargelegt übereinstimmend zu der Auffassung, die Klägerin könne noch eine Tätigkeit von sechs Stunden arbeitstäglich ausüben. Entgegen dem Vortrag der Klägerin beantwortete der Sachverständige Dr. Le. die Frage nach der Dauer der arbeitstäglichen Erwerbstätigkeit. Er führte auf Seite 12 oben seines Gutachtens aus, unter Beachtung der genannten Einschränkungen sei noch eine Erwerbstätigkeit von sechs Stunden täglich bei einer Fünf-Tage-Woche zuzumuten.
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, denn sie ist nicht berufsunfähig.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
a) Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - in juris).
Nach diesen Grundsätzen ist der bisherige Beruf der Klägerin ihre Tätigkeit als Briefsortiererin bei der D. P. AG, bei der sie vorwiegend stehend Briefe sortieren, die Briefstapel in Kisten legen, die bis zu 15 kg schweren Kisten auf einen Rollwagen tragen und diesen bis zu 300 kg schweren Behälterwagen voll zur Lkw-Rampe schieben musste. Diesen Beruf kann die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen wegen ihrer Wirbelsäulenbeschwerden, aber auch der Ellenbogengelenkarthrose, nicht mehr verrichten. Der Senat stützt sich insoweit auf die Gutachten von Dr. Bo. und Dr. Le., die dies übereinstimmend feststellten.
Die Klägerin ist deshalb aber noch nicht berufsunfähig, denn sie kann auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden.
b) Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 B 8 KN 14/00 R -; beide in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).
Die Tätigkeit der Klägerin als Briefsortiererin war eine ungelernte Tätigkeit, die weniger als drei Monate Anlernzeit erforderte. Dies ergab die Auskunft der D. P. AG an die Beklagte vom 10. Juli 2008. Das Vorbringen der Klägerin und die von ihr im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen führten zu keinem anderen Ergebnis. Die Klägerin ist ab 1. November 2000 in die Lohngruppe 6 eingruppiert und aufgrund langjähriger Berufserfahrung so gestellt worden, als hätte sie die postbetriebliche Prüfung bestanden. Am Ende des Beschäftigungsverhältnisses war sie in Lohngruppe 6a bzw. Entgeltgruppe 2 nach dem ETV-DP AG vom 18. Juni 2003 eingruppiert. Nach Anlage 1 ist die Entgeltgruppe 2, u.a. vorgesehen für Sortierer/Codierer, Tätigkeiten, die aufgabenbezogene Grundkenntnisse erfordern, die in einer kurzen Anlernzeit durch Einarbeitung erworben werden können. Gemäß Teil A "Besitzstand Lohn", Protokollnotiz zu Buchstabe a) Absatz 5 wird für Arbeiter die Lohngruppe zugrunde gelegt, in die sie am 31. Dezember 2000 eingruppiert waren.
Diese entspricht hier zwar einer Facharbeiterlohngruppe (Lohngruppe 6a), jedoch ist die tarifvertragliche Eingruppierung unbeachtlich, wenn sie auf qualitätsfremden Gründen beruht (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 28/99 R -; in juris). Qualitätsfremd sind Eingruppierungen aufgrund einer bestimmten Dienstzeit, Lebensalter oder sog. Bewährungsaufstieg (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 28/99 -; in juris). Nach den Regelungen für den fiktiven Eingruppierungsverlauf in Anhang 1, Anlage 1 Teil I für Arbeiter auf beamtenbewerteten Arbeitsposten laut ständigem Einsatz am 31. Dezember 2000 des ETV D. P. AG werden Dienstleistungsfachkräfte/Fachkräfte für Brief- und Frachtverkehr auf Arbeitsposten der Bewertung A2/A3/A4 in Lohngruppe 5, nach zweijähriger Beschäftigung und Entlohnung nach Lohngruppe 5 in Lohngruppe 6 und nach weiterer vierjähriger Beschäftigung und Entlohnung nach Lohngruppe 6 in Lohngruppe 6a eingruppiert. Andere Merkmale für die tarifvertragliche Eingruppierung der Tätigkeit der Briefsortiererin in die vom Leitbild des Handwerkers und gleichgestellten Facharbeiters bzw. der Dienstleistungsfachkraft geprägten Lohngruppen 4 und höher sind nicht ersichtlich (vgl. auch BSG, a.a.O.). Maßgeblich ist hier daher die Eingruppierung in Entgeltgruppe 2 nach der Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit, nicht die in Lohngruppe 6a, die ohne Anknüpfung an die Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit allein zur Besitzstandswahrung, also Lohnsicherung, erfolgte.
Da die Klägerin damit zu den angelernten Arbeitern des unteren Bereichs gehört, kann sie grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Dem unteren Bereich der Anlerntätigkeiten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen - auch betrieblichen - Anlernzeit von 3 bis 12 Monaten und dem oberen Bereich die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit über 12 bis 24 Monaten zuzuordnen. Zwar genügt die laut Auskunft der D. P. AG vom 10. Juli 2008 weniger als drei Monate umfassende Anlernzeit allein nicht für die Zuordnung in den unteren Bereich aus (vgl. BSG, a.a.O.); nach dieser Auskunft wird die Tätigkeit üblicherweise von ungelernten Arbeitern verrichtet. Auch aus der Art der Tätigkeit - Sortieren und Codieren von Briefsendungen, Ziehen des Behälterwagens - ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ausübung der Tätigkeit besondere Anforderungen stellte. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 -; in juris).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
5. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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