Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 161/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 170/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 5. April 2011 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung einer Krankenhausleistung.
Die Klägerin ist Trägerin eines Plankrankenhauses im Sinne von § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). In diesem Krankenhaus wurde der 1923 geborene und 2007 verstorbene ehemalige Versicherte der Beklagten aufgrund einer Verordnung des MR Dipl-Med. U G (Facharzt für Allgemeinmedizin) vom 4. Dezember 2006 wegen der Diagnose Bronchialkarzinom (C34.9G) in der Fachklinik Pneumologie vom 6. bis zum 9. Dezember 2006 vollstationär behandelt.
Die Klägerin übermittelte der Beklagten folgende Diagnosen:
Aufnahmediagnose: C34.3 Bösartige Neubildung des Lungenunterlappens (Lungenunterlappenbronchus) Hauptdiagnose: C34.3 s. o. Nebendiagnosen: C78.0 Sekundäre bösartige Neubildung der Lunge C79.5 Sekundäre bösartige Neubildung des Knochens und des Knochenmarks Z92.3 Bestrahlung in der Eigenanamnese J44.82 Chronisch-obstruktive Lungenkrankheit COPD N18.82 Chronische Niereninsuffizienz, Stadium II I48.11 Chronisches Vorhofflimmern I10.00 Benigne essentielle Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise Entlassungsdiagnose: C 34.3 s. o. Entlassungsgrund: 019 Behandlung regulär beendet
Der Beklagten wurden zudem die folgenden Prozeduren (OPS) mitgeteilt:
6. Dezember 2006 OPS 1-710 Ganzkörperplethysmographie 7. Dezember 2006 OPS 8-542 Chemotherapie
Die Klägerin stellte der Beklagten mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 auf der Grundlage der DRG-Fallpauschale E71A (Neubildung der Atmungsorgane, mehr als ein Belegungstag, mit äußerst schweren CC (Nebenerkrankung mit erhöhten Komplikations- bzw. Komorbiditätswert; fallerschwerend im DRG-System durch erhöhten Ressourcenverbrauch) oder starrer Bronchoskopie) 4.188,35 Euro in Rechnung.
Mit Schreiben vom 5. Januar 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der "Leistungsfall aufgrund der gemeldeten Daten nach § 301 SGB V nicht plausibel" sei. Die Zahlung erfolge daher unter Vorbehalt. Sie teilte der Klägerin mit, dass sie den MDK Berlin-Brandenburg (MDK) nach "§ 275 SGB V als fachlichen Berater in die Beurteilung des Falles einbinden" werde. Am 8. Januar 2007 beglich die Beklagte die Rechnung in voller Höhe unter Einbehaltung eines Betrages in Höhe von 39,68 Euro für die Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung.
In seiner sozialmedizinischen Begutachtung vom 30. Januar 2007 teilte der MDK mit, dass aufgrund der vorgelegten Daten der Aufnahmetag und der 7. Dezember 2006 zur Durchführung der Chemotherapie medizinisch begründet sei. Der Versicherte hätte am 8. Dezember 2006 in die ambulante Weiterbehandlung entlassen werden können.
Die Beklagte teilte dieses Ergebnis der Klägerin mit Schreiben vom 9. Februar 2007 mit. Sie verrechnete den unter Vorbehalt gezahlten Rechnungsbetrag und überwies am 16. Februar 2007 einen Teilbetrag in Höhe von 2.883,56 EUR. Die Klägerin übersandte daraufhin die Epikrise des stationären Aufenthaltes des Versicherten und bat darum, den Fall erneut dem MDK vorzulegen. Der MDK blieb bei seiner Einschätzung. Die vorgelegte Epikrise bestätige seine Beurteilung. Ergänzend führte er aus, dass der erste Zyklus Vinorelbin am 7. Dezember 2006 verabreicht worden sei. Sämtliche Befunde, die im Bericht aufgeführt seien, seien vor der Chemotherapie, am Aufnahmetag erhoben worden. Der Zeitraum nach der Chemotherapie (bei komplikationslosem Verlauf) sei nicht dargestellt. Eine Änderung der Auffassung ergäbe sich daher nicht.
Die Klägerin nahm hierzu mit Schreiben vom 5. Oktober 2007 erneut Stellung. Sie müsse dem Gutachten "erneut widersprechen". Die Behandlung habe "unter anderem mit Infusionen bis zum 9. Dezember 2006 (Entlassungstag)" angedauert. Sie sehe die stationäre Notwendigkeit für den gesamten Zeitraum als gegeben an und sehe aus diesen Gründen von einer Rechnungskorrektur ab. Dem Schreiben beigefügt waren weitere Behandlungsunterlagen.
Mit weiterer Stellungnahme vom 11. September 2008 teilte der MDK mit, dass die Verweildauer vom 6. bis zum 8. Dezember 2006 zur Vorbereitung und Durchführung der ersten Chemotherapie (zwei Tage) medizinisch begründet sei. Am 8. Dezember 2006 sei die Entlassung in die ambulante Weiterbehandlung möglich gewesen. Die Chemotherapie sei als Monotherapie nur am 7. Dezember 2006 verabreicht worden. Üblicherweise könne eine solche Chemotherapie (Vinorelbin) ambulant durchgeführt werden. In diesem Fall begründe die Erstgabe mit gleichzeitig bestehenden Begleiterkrankungen die Erforderlichkeit der stationären Behandlung. Komplikationen seien nicht aufgetreten. Eine stationäre Nachbeobachtung über den 8. Dezember 2006 hinaus sei somit von diesem Tag an medizinisch nicht mehr erforderlich gewesen. Andere diagnostische oder therapeutische Maßnahmen, die die speziellen Mittel des Krankenhauses erfordert hätten, seien ebenfalls nicht belegt. Die Infusion von Elektrolytlösung sei in Menge und Dauer am 9. Dezember 2006 nicht belegt. Eine Infusionstherapie von ca. 250 bis 1.000 ml könne auch innerhalb von zwei bis vier Stunden ambulant durchgeführt werden. Medizinische Gründe, die dem entgegengestanden hätten, seien nicht belegt.
Die Klägerin schloss sich auch dieser Stellungnahme nicht an und teilte mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 mit, "dass bis zum heutigen Tage es nicht üblich sei, eine medizinische Behandlung im Krankenhaus zu unterbrechen oder abzubrechen, weil weitere einzelne Behandlungsschritte theoretisch ambulant hätten durchgeführt werden können".
Am 15. Juni 2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Potsdam mit dem Antrag Klage erhoben, die Beklagte für die Behandlung ihres Versicherten zur Zahlung weiterer 1.304,79 EUR zu verurteilen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klage schon deshalb begründet sei, weil die Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) mit ihren medizinischen Einwendungen gegen ihre berechtigte Forderung ausgeschlossen sei. Den vorliegenden MDK-Gutachten läge ein unzureichend ermittelter Sachverhalt zugrunde, weil diese lediglich auf der Grundlage der Daten nach § 301 SGB V erstellt worden seien. Diese Daten seien aber nicht ausreichend und nicht geeignet, um eine umfassende und ausreichende Einzelfallprüfung im Sinne der §§ 275 ff. SGB V zu gewährleisten. Der MDK habe es versäumt, sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um seinen Prüfungspflichten gerecht zu werden. Auch aus medizinischer Sicht seien die Einwendungen der Beklagten unbegründet. Bei dem 83-jährigen multimorbiden Versicherten sei eine "schwere Chemotherapie" durchgeführt worden. Der erste Zyklus Chemotherapie mit Vinorelbin sei am 7. Dezember 2006 eingeleitet worden. Diese Infusionsbehandlung habe bis zum 9. Dezember 2006 angedauert. Es sei nicht üblich, eine medizinische Behandlung im Krankenhaus zu unter- oder abzubrechen, weil weitere Behandlungsschritte theoretisch ambulant durchgeführt werden könnten. Die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung sei deshalb so lange gegeben, wie die Entscheidung der behandelnden Krankenhausärzte medizinisch vertretbar sei.
Die Infusionsbehandlung sei auch am zweiten Tag nach der Chemotherapie medizinisch erforderlich gewesen. Denn ein großes Problem der Patientengruppe, zu der auch der Versicherte im vorliegenden Fall gehört habe, sei immer die unzureichende Trinkmenge, die gerade bei derartigen Therapien zu der Gefahr einer Nierenschädigung führe. Gerade aus diesem Grund hätten sich die behandelnden Ärzte zu einer zusätzlichen Infusionstherapie entschieden.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Innere Medizin Dr. H V. Wegen des Ergebnisses dieser Begutachtung wird auf das Gutachten vom 18. August 2010 verwiesen.
Mit Urteil vom 5. April 2011 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Vergütung für die Behandlung des Versicherten der Beklagten habe. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass eine vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten am 9. Dezember 2006 nicht erforderlich gewesen sei. Das Gericht folge insoweit dem Sachverständigengutachten. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass ein Krankenhausaufenthalt über den 8. Dezember 2006 medizinisch nicht begründet sei. Am 6. Dezember 2006 seien alle Aufnahmeuntersuchungen und alle weiteren Untersuchungen erfolgt. Begleitend sei eine Infusion mit Elektrolytlösung von jeweils wohl 500 ml verabreicht worden. Nach der Patientenakte sei der Behandlungsverlauf insgesamt inkomplett. Der Patient sei bereits am 8. Dezember 2006 beschwerdefrei gewesen. Sein Allgemeinzustand sei stabil gewesen. Es habe keine medizinisch triftigen oder sonstigen Gründe für einen stationären Aufenthalt am 9. Dezember 2006 gegeben. Auch eine zwingende medizinische Notwendigkeit einer Infusionsbehandlung am zweiten Tag nach der Chemotherapie sei nicht zu erkennen. Die Laboruntersuchung hätte am 8. Dezember 2006 erfolgen können, einschließlich der Kontrolle des leicht erhöhten Kreatinins im Serum. Die Infusion wäre im Übrigen auch ambulant oder tagesklinisch möglich gewesen. Der Klägerin sei zwar zuzustimmen, dass bei älteren Menschen, wie dem Versicherten, die Trinkmenge potentiell ein großes Problem darstelle. Die Ärzte der Klägerin hätten es aber weder für erforderlich gehalten, die Retentionsparameter zwischen dem 6. und 9. Dezember 2006 zu kontrollieren, noch die Ein- und Ausfuhr des Patienten (trotz des leicht erhöhten Kreatinins im Serum vom 6. Dezember 2006) im fraglichen Zeitraum zu protokollieren. Soweit vor diesem Hintergrund dennoch eine Infusion für indiziert gehalten sei, so der Sachverständige, sei dies aus gutachterlicher Sicht nicht zu beanstanden. Dies hätte jedoch ambulant oder tagesklinisch erfolgen können. Dies hätten auch die Krankenhausärzte zum Zeitpunkt der Behandlung erkennen können und müssen. Schließlich sei auch das durchgeführte Prüfverfahren formalrechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen das ihr am 17. Mai 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 16. Juni 2011. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie teile die Auffassung des Gutachters nicht, dass die Infusionstherapie medizinisch nicht zwingend erforderlich gewesen sei. Die den Versicherten behandelnde Oberärztin verfüge über eine langjährige Fachexpertise. Ihre Einschätzung sei gewesen, dass gerade der Versicherte keine ausreichende Trinkmenge zu sich nehme. Dies könne insbesondere bei Therapien der vorliegenden Art Konsequenzen haben. Es müsse ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der Versicherte unter einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium II gelitten habe. Dies sei unstreitig. Um negative Konsequenzen, insbesondere der Gefahr einer Nierenschädigung vorzubeugen, sei eine intensivierte Flüssigkeitstherapie angeordnet und verabreicht worden. Daher sei von einer medizinischen Notwendigkeit der Infusionstherapie auszugehen. Der behaupteten Möglichkeit einer ambulanten Weiterbehandlung stehe entgegen, dass es sich bei dem 9. Dezember 2006 um einen Sonnabend gehandelt habe. An diesem Tag sei es nicht möglich gewesen, eine geeignete fachärztliche Praxis ausfindig zu machen, die die notwendige Infusionsbehandlung hätte durchführen können. Auch eine tagesklinische Behandlung in ihrer Klinik sei nicht möglich gewesen, da diese Tagesklinik nur an den Arbeitstagen von montags bis freitags geöffnet habe. Im Übrigen sei die Forderung der Klägerin bereits deswegen begründet, weil die Beklagte keine substantiierten Einwendungen gegen die berechtigte Forderung der Klägerin habe vorbringen können. Sie sei daher mit diesen Einwendungen ausgeschlossen. Das Prüfverfahren sei insoweit nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Stellungnahmen des MDK seien ausschließlich nur anhand der Daten nach § 301 SGB V erstellt worden. Diese Daten könnten aber nicht ausreichen, um eine nachvollziehbare und gutachterliche Stellungnahme abzugeben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 5. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.304,79 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 2% über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Sozialgericht Potsdam habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin habe keinen weitergehenden Vergütungsanspruch. Eine vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten sei nach dem 8. Dezember 2006 nicht mehr erforderlich gewesen. Der Klägerin sei es ohne weiteres möglich gewesen, dem Versicherten eine Verweilkanüle anzulegen, durch welche die Infusion beispielsweise im Rahmen einer häuslichen Krankenpflege hätte verabreicht werden können. Insofern komme es aus ihrer Sicht nicht darauf an, ob eine (Fach-)Arztpraxis eine solche Behandlung an einem Samstag hätte vornehmen können. Aus ihrer Sicht sei jedoch vorrangig hervorzuheben, dass auch der in der ersten Instanz bestellte externe Sachverständige ausgeführt habe, dass die Infusionstherapie mit einer Elektrolytlösung am 9. Dezember 2006 medizinisch nicht erforderlich oder indiziert gewesen sei. Der Versicherte habe sich am 8. Dezember 2006 in einem guten Allgemeinzustand befunden. Er hätte in die Häuslichkeit entlassen werden können. Hierfür spreche auch der Umstand, dass es die Klägerin unterlassen habe, ein Ein- und Ausfuhrprotokoll zu führen. Dies lasse darauf schließen, dass es einer Infusion nicht mehr bedurft habe. Vielmehr sei zu vermuten, dass es – wenn überhaupt nötig – ausgereicht hätte, dem Versicherten im Entlassungsgespräch eine höhere Trinkmenge zu empfehlen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Patientenakte des Versicherten Bezug genommen, die dem Senat vorlagen und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 5. April 2011 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten weitergehenden Behandlungskosten.
Rechtsgrundlage eines Vergütungsanspruchs eines Krankenhauses in Brandenburg ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit dem Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 8. Oktober 1996 für das Land Brandenburg (ABK-Vertrag). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse besteht danach unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist.
Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in der Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus und während des Aufenthaltes in dem Krankenhaus grundsätzlich die allgemeinen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie speziell von Krankenhausbehandlung, insbesondere deren Erforderlichkeit, vorliegen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V) wird gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Maßnahmen dürfen daher zum Beispiel nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen; ebenso unterfallen rein pflegerische Maßnahmen nicht der Leistungspflicht der Krankenkassen, vielmehr müssen diese als Teil einer ärztlichen Behandlung dieser Behandlung untergeordnet sein. Besondere Mittel des Krankenhauses sind eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter Arzt. Dabei erfordert die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch ist er stets ausreichend. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 8. Juni 2011 – L 9 KR 504/08 -, zitiert nach Juris). Die vollstationäre Behandlung als intensivste Form der Krankenhausbehandlung ist als ultima ratio normiert. Die notwendige medizinische Behandlung muss in jeder Hinsicht und ausschließlich mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses durchgeführt werden können (Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Std.: April 2013, K § 39 RdNr. 72). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlungen einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung. Die Aufgabe der Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern (§ 1 Satz 1 SGB V). Es geht dabei um die Bereitstellung der für diese Zwecke benötigten medizinischen Versorgung.
Zu den Aufgaben der Krankenversicherung gehört es hingegen nicht, die für eine erfolgreiche Krankenbehandlung notwendigen gesellschaftlichen oder sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen oder diesbezügliche Defizite durch eine Erweiterung des gesetzlichen Leistungsspektrums auszugleichen. Für derartige Risiken haben die Krankenkassen nicht einzustehen. Sie haben auch keine Möglichkeit, strukturelle Mängel außerhalb dieses Zuständigkeitsbereiches zu beheben. Sie tragen dafür weder Verantwortung noch dürfen sie hierfür Geldmittel verwenden. Soweit ausnahmsweise etwas anderes gelten soll, legt das Gesetz dies ausdrücklich fest. Angesichts einer über mehrere Jahrzehnte unveränderten, im krankenversicherungsrechtlichen Schrifttum akzeptieren Rechtsprechung, die durch Fortschreibung des durch sie konkretisierten Rechtszustandes Eingang für das geltende Recht gefunden hat, ist für die Auslegung des Gesetzes, die den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 SGB V auf andere als medizinisch begründete Behandlungsnotwendigkeiten erweitert, kein Raum (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.).
Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung kommt es auf die medizinischen Erfordernisse im Einzelfall und nicht auf eine abstrakte Betrachtung an. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben hierbei im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Dabei haben sie zwar von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissen- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, die stationäre Behandlung des Patienten sei nicht gerechtfertigt gewesen. Für eine Einschränkung der Kontrollbefugnisse der Krankenkasse und des Gerichts in der Weise, dass von der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auszugehen ist, wenn der Krankenhausarzt sie bejaht und seine Einschätzung fachlich vertretbar ist, bietet das Gesetz jedoch keine Grundlage. Auch Vereinbarungen in den Normsetzungsverträgen auf Landesebene können daher nicht bewirken, dass die Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung entgegen dem Gesetz nicht nach objektiven Maßstäben getroffen wird, sondern im Ergebnis der subjektiven Einschätzung des Krankenhauses überlassen bleibt (LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.).
Der Grundsatz, dass die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung im Prozess vom Gericht vollständig zu überprüfen ist, gilt auch dann, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet. Auch in dieser Konstellation ist eine Zurücknahme der gerichtlichen Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse unter Berufung auf einen vermeintlichen Einschätzungsvorrang des vorhandenen Krankenhausarztes weder vom Gesetz vorgesehen, noch von der Sache her erforderlich und deshalb mit dem rechts-staatlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar. Eine Besonderheit besteht – wie ausgeführt – lediglich darin, dass die Berechtigung der Krankenhausbehandlung nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen ist, sondern zu fragen ist, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse oder Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
An diesen Maßstäben gemessen hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Der Senat kann nicht feststellen, ob der Versicherte der Beklagten am 9. Dezember 2006 überhaupt behandlungsbedürftig war. Da diese Tatsache die den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Vergütung der Krankenhausbehandlung des Versicherten der Beklagten begründet, trägt sie insoweit für das Vorhandensein dieses Tatbestandsmerkmals die Feststellungslast (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 103 RdNr. 19, m. w. Nachw.).
Die Klägerin hat die Behandlungsbedürftigkeit des Versicherten am 9. Dezember 2006 mit der Notwendigkeit einer Infusionsbehandlung am zweiten Tag nach (der am 7. Dezember 2006 durchgeführten) Chemotherapie begründet. Hierzu hat sie insbesondere vorgetragen, dass "ein großes Problem der Patientengruppe, zu der auch der Patient im vorliegenden Fall gehöre, immer die unzureichende Trinkmenge (sei), die gerade bei einer derartiger Therapie zu der Gefahr der Nierenschädigung führe. Gerade aus diesem Grund (hätten) sich die behandelnden Ärzte zu dieser zusätzlichen Infusionstherapie entschieden."
Dieser Vortrag erschöpft sich indes in allgemeinen Aussagen, ohne dass ein konkreter Bezug zum vorliegenden erkennbar ist. Entscheidend ist, ob der Allgemeinzustand des Versicherten am 9. Dezember 2006 derart war, dass eine Infusionsbehandlung erforderlich war. Hierzu enthält die Patientenakte des Versicherten keinerlei Anhaltspunkte. Sein Allgemeinzustand wurde am 8. Dezember 2006 als stabil bezeichnet. Ausweislich seiner Patientenakte wurden an diesem Tag keine Beschwerden dokumentiert. Der Gutachter hat in seinem Gutachten hierzu ausgeführt, dass der Klägerin zumindest prinzipiell dahingehend zuzustimmen sei, dass gerade bei alten Menschen, wie dem Versicherten, ein potenziell großes Problem immer die unzureichende Trinkmenge ist. Die behandelnden Ärzte hielten es aber offensichtlich nicht für erforderlich, die Retentionsparameter zwischen dem 6. Dezember 2006 und dem 9. Dezember 2006 zu kontrollieren. Trotz des leicht erhöhten Kreatininwertes im Serum am 6. Dezember 2006 wurde im fraglichen Zeitraum zudem kein Ein- und Ausfuhrprotokoll über den Patienten geführt. Eine Dokumentation der entsprechenden Maßnahmen erfolgte jedenfalls nicht.
Insoweit vermag auch nicht der Vortrag der Klägerin durchzugreifen, der Gutachter habe festgestellt, dass sofern ärztlicherseits die Durchführung einer Infusionstherapie mit den Elektrolytlösungen E 153 und E 154 für indiziert gehalten worden sei, dies aus gutachterlicher Sicht nicht zu beanstanden sei. Denn der Gutachter hat hierzu angemerkt, dass eine solche Behandlung ohne Nachteile für den Versicherten spätestens ab dem 9. Dezember 2006 unter ambulanten, gegebenenfalls auch tagesklinischen Bedingungen hätte durchgeführt werden können. Ausweislich der Krankenakte, insbesondere auch der ärztlichen sowie pflegerischen Verlaufsdokumentation, war der Behandlungsverlauf insgesamt unkompliziert. Der Versicherte, der die Chemotherapie ausweislich der ärztlichen Dokumentation gut tolerierte, war bereits am 8. Dezember 2006 beschwerdefrei und der Allgemeinzustand stabil. Nach diesem unkomplizierten Verlauf hätte der Versicherte bereits am 8. Dezember 2006 entlassen werden können. Nach dem Ergebnis des Gutachtens hätte spätestens am 8. Dezember 2006 auch vom Krankenhausarzt nach den objektiven Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand erkannt werden müssen, dass eine Fortsetzung der stationären Behandlung des Versicherten über den 8. Dezember 2006 hinaus aus medizinischen Gründen nicht erforderlich war.
Nach den vorgenannten Maßstäben kommt es auch nicht darauf an, ob am Sonnabend den 9. Dezember 2006 eine ambulante Weiterversorgung sichergestellt war. Die Beklagte hat zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass die Infusionsbehandlung auch im Rahmen der häuslichen Krankenpflege zulässigerweise hätte erbracht werden können. Zudem wäre auch die Unterbringung in einer Kurzzeitpflege oder aber die ambulante/nachstationäre Behandlung im Krankenhaus in Betracht gekommen.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass das Prüfverfahren nach § 275 SGB V nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und die Beklagte deshalb nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) mit ihren medizinischen Einwendungen gegen ihre Forderung ausgeschlossen sei, vermag auch dieser Einwand der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bereits aufgrund der Daten nach § 301 Abs. 1 SGB V eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zu treffen. Erst wenn sich die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung aufgrund der Angaben nach § 301 Abs. SGB V nicht erschließt, ist auf einer zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einzuleiten. Ob und welche Unterlagen für eine abschließende Prüfung benötigt werden, entscheidet der MDK im Rahmen der Regelung des § 275 SGB V (Urteil des BSG vom 16. Mai 2012 – B 3 KR 14/11 R -, zitiert nach Juris). § 275 SGB V eröffnet den Krankenhäusern aber keinen Raum dafür, sich etwa wegen zögerlicher Prüfbearbeitung auf Verwirkung oder sonstige auf Treu und Glauben gestützte Einwendungen zu berufen (Urteil des BSG vom 13. November 2012 – B 1 KR 24/11 R -, zitiert nach Juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung einer Krankenhausleistung.
Die Klägerin ist Trägerin eines Plankrankenhauses im Sinne von § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). In diesem Krankenhaus wurde der 1923 geborene und 2007 verstorbene ehemalige Versicherte der Beklagten aufgrund einer Verordnung des MR Dipl-Med. U G (Facharzt für Allgemeinmedizin) vom 4. Dezember 2006 wegen der Diagnose Bronchialkarzinom (C34.9G) in der Fachklinik Pneumologie vom 6. bis zum 9. Dezember 2006 vollstationär behandelt.
Die Klägerin übermittelte der Beklagten folgende Diagnosen:
Aufnahmediagnose: C34.3 Bösartige Neubildung des Lungenunterlappens (Lungenunterlappenbronchus) Hauptdiagnose: C34.3 s. o. Nebendiagnosen: C78.0 Sekundäre bösartige Neubildung der Lunge C79.5 Sekundäre bösartige Neubildung des Knochens und des Knochenmarks Z92.3 Bestrahlung in der Eigenanamnese J44.82 Chronisch-obstruktive Lungenkrankheit COPD N18.82 Chronische Niereninsuffizienz, Stadium II I48.11 Chronisches Vorhofflimmern I10.00 Benigne essentielle Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise Entlassungsdiagnose: C 34.3 s. o. Entlassungsgrund: 019 Behandlung regulär beendet
Der Beklagten wurden zudem die folgenden Prozeduren (OPS) mitgeteilt:
6. Dezember 2006 OPS 1-710 Ganzkörperplethysmographie 7. Dezember 2006 OPS 8-542 Chemotherapie
Die Klägerin stellte der Beklagten mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 auf der Grundlage der DRG-Fallpauschale E71A (Neubildung der Atmungsorgane, mehr als ein Belegungstag, mit äußerst schweren CC (Nebenerkrankung mit erhöhten Komplikations- bzw. Komorbiditätswert; fallerschwerend im DRG-System durch erhöhten Ressourcenverbrauch) oder starrer Bronchoskopie) 4.188,35 Euro in Rechnung.
Mit Schreiben vom 5. Januar 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der "Leistungsfall aufgrund der gemeldeten Daten nach § 301 SGB V nicht plausibel" sei. Die Zahlung erfolge daher unter Vorbehalt. Sie teilte der Klägerin mit, dass sie den MDK Berlin-Brandenburg (MDK) nach "§ 275 SGB V als fachlichen Berater in die Beurteilung des Falles einbinden" werde. Am 8. Januar 2007 beglich die Beklagte die Rechnung in voller Höhe unter Einbehaltung eines Betrages in Höhe von 39,68 Euro für die Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung.
In seiner sozialmedizinischen Begutachtung vom 30. Januar 2007 teilte der MDK mit, dass aufgrund der vorgelegten Daten der Aufnahmetag und der 7. Dezember 2006 zur Durchführung der Chemotherapie medizinisch begründet sei. Der Versicherte hätte am 8. Dezember 2006 in die ambulante Weiterbehandlung entlassen werden können.
Die Beklagte teilte dieses Ergebnis der Klägerin mit Schreiben vom 9. Februar 2007 mit. Sie verrechnete den unter Vorbehalt gezahlten Rechnungsbetrag und überwies am 16. Februar 2007 einen Teilbetrag in Höhe von 2.883,56 EUR. Die Klägerin übersandte daraufhin die Epikrise des stationären Aufenthaltes des Versicherten und bat darum, den Fall erneut dem MDK vorzulegen. Der MDK blieb bei seiner Einschätzung. Die vorgelegte Epikrise bestätige seine Beurteilung. Ergänzend führte er aus, dass der erste Zyklus Vinorelbin am 7. Dezember 2006 verabreicht worden sei. Sämtliche Befunde, die im Bericht aufgeführt seien, seien vor der Chemotherapie, am Aufnahmetag erhoben worden. Der Zeitraum nach der Chemotherapie (bei komplikationslosem Verlauf) sei nicht dargestellt. Eine Änderung der Auffassung ergäbe sich daher nicht.
Die Klägerin nahm hierzu mit Schreiben vom 5. Oktober 2007 erneut Stellung. Sie müsse dem Gutachten "erneut widersprechen". Die Behandlung habe "unter anderem mit Infusionen bis zum 9. Dezember 2006 (Entlassungstag)" angedauert. Sie sehe die stationäre Notwendigkeit für den gesamten Zeitraum als gegeben an und sehe aus diesen Gründen von einer Rechnungskorrektur ab. Dem Schreiben beigefügt waren weitere Behandlungsunterlagen.
Mit weiterer Stellungnahme vom 11. September 2008 teilte der MDK mit, dass die Verweildauer vom 6. bis zum 8. Dezember 2006 zur Vorbereitung und Durchführung der ersten Chemotherapie (zwei Tage) medizinisch begründet sei. Am 8. Dezember 2006 sei die Entlassung in die ambulante Weiterbehandlung möglich gewesen. Die Chemotherapie sei als Monotherapie nur am 7. Dezember 2006 verabreicht worden. Üblicherweise könne eine solche Chemotherapie (Vinorelbin) ambulant durchgeführt werden. In diesem Fall begründe die Erstgabe mit gleichzeitig bestehenden Begleiterkrankungen die Erforderlichkeit der stationären Behandlung. Komplikationen seien nicht aufgetreten. Eine stationäre Nachbeobachtung über den 8. Dezember 2006 hinaus sei somit von diesem Tag an medizinisch nicht mehr erforderlich gewesen. Andere diagnostische oder therapeutische Maßnahmen, die die speziellen Mittel des Krankenhauses erfordert hätten, seien ebenfalls nicht belegt. Die Infusion von Elektrolytlösung sei in Menge und Dauer am 9. Dezember 2006 nicht belegt. Eine Infusionstherapie von ca. 250 bis 1.000 ml könne auch innerhalb von zwei bis vier Stunden ambulant durchgeführt werden. Medizinische Gründe, die dem entgegengestanden hätten, seien nicht belegt.
Die Klägerin schloss sich auch dieser Stellungnahme nicht an und teilte mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 mit, "dass bis zum heutigen Tage es nicht üblich sei, eine medizinische Behandlung im Krankenhaus zu unterbrechen oder abzubrechen, weil weitere einzelne Behandlungsschritte theoretisch ambulant hätten durchgeführt werden können".
Am 15. Juni 2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Potsdam mit dem Antrag Klage erhoben, die Beklagte für die Behandlung ihres Versicherten zur Zahlung weiterer 1.304,79 EUR zu verurteilen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klage schon deshalb begründet sei, weil die Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) mit ihren medizinischen Einwendungen gegen ihre berechtigte Forderung ausgeschlossen sei. Den vorliegenden MDK-Gutachten läge ein unzureichend ermittelter Sachverhalt zugrunde, weil diese lediglich auf der Grundlage der Daten nach § 301 SGB V erstellt worden seien. Diese Daten seien aber nicht ausreichend und nicht geeignet, um eine umfassende und ausreichende Einzelfallprüfung im Sinne der §§ 275 ff. SGB V zu gewährleisten. Der MDK habe es versäumt, sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um seinen Prüfungspflichten gerecht zu werden. Auch aus medizinischer Sicht seien die Einwendungen der Beklagten unbegründet. Bei dem 83-jährigen multimorbiden Versicherten sei eine "schwere Chemotherapie" durchgeführt worden. Der erste Zyklus Chemotherapie mit Vinorelbin sei am 7. Dezember 2006 eingeleitet worden. Diese Infusionsbehandlung habe bis zum 9. Dezember 2006 angedauert. Es sei nicht üblich, eine medizinische Behandlung im Krankenhaus zu unter- oder abzubrechen, weil weitere Behandlungsschritte theoretisch ambulant durchgeführt werden könnten. Die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung sei deshalb so lange gegeben, wie die Entscheidung der behandelnden Krankenhausärzte medizinisch vertretbar sei.
Die Infusionsbehandlung sei auch am zweiten Tag nach der Chemotherapie medizinisch erforderlich gewesen. Denn ein großes Problem der Patientengruppe, zu der auch der Versicherte im vorliegenden Fall gehört habe, sei immer die unzureichende Trinkmenge, die gerade bei derartigen Therapien zu der Gefahr einer Nierenschädigung führe. Gerade aus diesem Grund hätten sich die behandelnden Ärzte zu einer zusätzlichen Infusionstherapie entschieden.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Innere Medizin Dr. H V. Wegen des Ergebnisses dieser Begutachtung wird auf das Gutachten vom 18. August 2010 verwiesen.
Mit Urteil vom 5. April 2011 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Vergütung für die Behandlung des Versicherten der Beklagten habe. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass eine vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten am 9. Dezember 2006 nicht erforderlich gewesen sei. Das Gericht folge insoweit dem Sachverständigengutachten. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass ein Krankenhausaufenthalt über den 8. Dezember 2006 medizinisch nicht begründet sei. Am 6. Dezember 2006 seien alle Aufnahmeuntersuchungen und alle weiteren Untersuchungen erfolgt. Begleitend sei eine Infusion mit Elektrolytlösung von jeweils wohl 500 ml verabreicht worden. Nach der Patientenakte sei der Behandlungsverlauf insgesamt inkomplett. Der Patient sei bereits am 8. Dezember 2006 beschwerdefrei gewesen. Sein Allgemeinzustand sei stabil gewesen. Es habe keine medizinisch triftigen oder sonstigen Gründe für einen stationären Aufenthalt am 9. Dezember 2006 gegeben. Auch eine zwingende medizinische Notwendigkeit einer Infusionsbehandlung am zweiten Tag nach der Chemotherapie sei nicht zu erkennen. Die Laboruntersuchung hätte am 8. Dezember 2006 erfolgen können, einschließlich der Kontrolle des leicht erhöhten Kreatinins im Serum. Die Infusion wäre im Übrigen auch ambulant oder tagesklinisch möglich gewesen. Der Klägerin sei zwar zuzustimmen, dass bei älteren Menschen, wie dem Versicherten, die Trinkmenge potentiell ein großes Problem darstelle. Die Ärzte der Klägerin hätten es aber weder für erforderlich gehalten, die Retentionsparameter zwischen dem 6. und 9. Dezember 2006 zu kontrollieren, noch die Ein- und Ausfuhr des Patienten (trotz des leicht erhöhten Kreatinins im Serum vom 6. Dezember 2006) im fraglichen Zeitraum zu protokollieren. Soweit vor diesem Hintergrund dennoch eine Infusion für indiziert gehalten sei, so der Sachverständige, sei dies aus gutachterlicher Sicht nicht zu beanstanden. Dies hätte jedoch ambulant oder tagesklinisch erfolgen können. Dies hätten auch die Krankenhausärzte zum Zeitpunkt der Behandlung erkennen können und müssen. Schließlich sei auch das durchgeführte Prüfverfahren formalrechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen das ihr am 17. Mai 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 16. Juni 2011. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie teile die Auffassung des Gutachters nicht, dass die Infusionstherapie medizinisch nicht zwingend erforderlich gewesen sei. Die den Versicherten behandelnde Oberärztin verfüge über eine langjährige Fachexpertise. Ihre Einschätzung sei gewesen, dass gerade der Versicherte keine ausreichende Trinkmenge zu sich nehme. Dies könne insbesondere bei Therapien der vorliegenden Art Konsequenzen haben. Es müsse ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der Versicherte unter einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium II gelitten habe. Dies sei unstreitig. Um negative Konsequenzen, insbesondere der Gefahr einer Nierenschädigung vorzubeugen, sei eine intensivierte Flüssigkeitstherapie angeordnet und verabreicht worden. Daher sei von einer medizinischen Notwendigkeit der Infusionstherapie auszugehen. Der behaupteten Möglichkeit einer ambulanten Weiterbehandlung stehe entgegen, dass es sich bei dem 9. Dezember 2006 um einen Sonnabend gehandelt habe. An diesem Tag sei es nicht möglich gewesen, eine geeignete fachärztliche Praxis ausfindig zu machen, die die notwendige Infusionsbehandlung hätte durchführen können. Auch eine tagesklinische Behandlung in ihrer Klinik sei nicht möglich gewesen, da diese Tagesklinik nur an den Arbeitstagen von montags bis freitags geöffnet habe. Im Übrigen sei die Forderung der Klägerin bereits deswegen begründet, weil die Beklagte keine substantiierten Einwendungen gegen die berechtigte Forderung der Klägerin habe vorbringen können. Sie sei daher mit diesen Einwendungen ausgeschlossen. Das Prüfverfahren sei insoweit nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Stellungnahmen des MDK seien ausschließlich nur anhand der Daten nach § 301 SGB V erstellt worden. Diese Daten könnten aber nicht ausreichen, um eine nachvollziehbare und gutachterliche Stellungnahme abzugeben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 5. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.304,79 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 2% über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Sozialgericht Potsdam habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin habe keinen weitergehenden Vergütungsanspruch. Eine vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten sei nach dem 8. Dezember 2006 nicht mehr erforderlich gewesen. Der Klägerin sei es ohne weiteres möglich gewesen, dem Versicherten eine Verweilkanüle anzulegen, durch welche die Infusion beispielsweise im Rahmen einer häuslichen Krankenpflege hätte verabreicht werden können. Insofern komme es aus ihrer Sicht nicht darauf an, ob eine (Fach-)Arztpraxis eine solche Behandlung an einem Samstag hätte vornehmen können. Aus ihrer Sicht sei jedoch vorrangig hervorzuheben, dass auch der in der ersten Instanz bestellte externe Sachverständige ausgeführt habe, dass die Infusionstherapie mit einer Elektrolytlösung am 9. Dezember 2006 medizinisch nicht erforderlich oder indiziert gewesen sei. Der Versicherte habe sich am 8. Dezember 2006 in einem guten Allgemeinzustand befunden. Er hätte in die Häuslichkeit entlassen werden können. Hierfür spreche auch der Umstand, dass es die Klägerin unterlassen habe, ein Ein- und Ausfuhrprotokoll zu führen. Dies lasse darauf schließen, dass es einer Infusion nicht mehr bedurft habe. Vielmehr sei zu vermuten, dass es – wenn überhaupt nötig – ausgereicht hätte, dem Versicherten im Entlassungsgespräch eine höhere Trinkmenge zu empfehlen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Patientenakte des Versicherten Bezug genommen, die dem Senat vorlagen und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 5. April 2011 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten weitergehenden Behandlungskosten.
Rechtsgrundlage eines Vergütungsanspruchs eines Krankenhauses in Brandenburg ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit dem Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 8. Oktober 1996 für das Land Brandenburg (ABK-Vertrag). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse besteht danach unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist.
Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in der Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus und während des Aufenthaltes in dem Krankenhaus grundsätzlich die allgemeinen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie speziell von Krankenhausbehandlung, insbesondere deren Erforderlichkeit, vorliegen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V) wird gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Maßnahmen dürfen daher zum Beispiel nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen; ebenso unterfallen rein pflegerische Maßnahmen nicht der Leistungspflicht der Krankenkassen, vielmehr müssen diese als Teil einer ärztlichen Behandlung dieser Behandlung untergeordnet sein. Besondere Mittel des Krankenhauses sind eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter Arzt. Dabei erfordert die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch ist er stets ausreichend. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 8. Juni 2011 – L 9 KR 504/08 -, zitiert nach Juris). Die vollstationäre Behandlung als intensivste Form der Krankenhausbehandlung ist als ultima ratio normiert. Die notwendige medizinische Behandlung muss in jeder Hinsicht und ausschließlich mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses durchgeführt werden können (Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Std.: April 2013, K § 39 RdNr. 72). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlungen einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung. Die Aufgabe der Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern (§ 1 Satz 1 SGB V). Es geht dabei um die Bereitstellung der für diese Zwecke benötigten medizinischen Versorgung.
Zu den Aufgaben der Krankenversicherung gehört es hingegen nicht, die für eine erfolgreiche Krankenbehandlung notwendigen gesellschaftlichen oder sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen oder diesbezügliche Defizite durch eine Erweiterung des gesetzlichen Leistungsspektrums auszugleichen. Für derartige Risiken haben die Krankenkassen nicht einzustehen. Sie haben auch keine Möglichkeit, strukturelle Mängel außerhalb dieses Zuständigkeitsbereiches zu beheben. Sie tragen dafür weder Verantwortung noch dürfen sie hierfür Geldmittel verwenden. Soweit ausnahmsweise etwas anderes gelten soll, legt das Gesetz dies ausdrücklich fest. Angesichts einer über mehrere Jahrzehnte unveränderten, im krankenversicherungsrechtlichen Schrifttum akzeptieren Rechtsprechung, die durch Fortschreibung des durch sie konkretisierten Rechtszustandes Eingang für das geltende Recht gefunden hat, ist für die Auslegung des Gesetzes, die den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 SGB V auf andere als medizinisch begründete Behandlungsnotwendigkeiten erweitert, kein Raum (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.).
Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung kommt es auf die medizinischen Erfordernisse im Einzelfall und nicht auf eine abstrakte Betrachtung an. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben hierbei im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Dabei haben sie zwar von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissen- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, die stationäre Behandlung des Patienten sei nicht gerechtfertigt gewesen. Für eine Einschränkung der Kontrollbefugnisse der Krankenkasse und des Gerichts in der Weise, dass von der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auszugehen ist, wenn der Krankenhausarzt sie bejaht und seine Einschätzung fachlich vertretbar ist, bietet das Gesetz jedoch keine Grundlage. Auch Vereinbarungen in den Normsetzungsverträgen auf Landesebene können daher nicht bewirken, dass die Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung entgegen dem Gesetz nicht nach objektiven Maßstäben getroffen wird, sondern im Ergebnis der subjektiven Einschätzung des Krankenhauses überlassen bleibt (LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.).
Der Grundsatz, dass die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung im Prozess vom Gericht vollständig zu überprüfen ist, gilt auch dann, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet. Auch in dieser Konstellation ist eine Zurücknahme der gerichtlichen Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse unter Berufung auf einen vermeintlichen Einschätzungsvorrang des vorhandenen Krankenhausarztes weder vom Gesetz vorgesehen, noch von der Sache her erforderlich und deshalb mit dem rechts-staatlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar. Eine Besonderheit besteht – wie ausgeführt – lediglich darin, dass die Berechtigung der Krankenhausbehandlung nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen ist, sondern zu fragen ist, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse oder Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
An diesen Maßstäben gemessen hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Der Senat kann nicht feststellen, ob der Versicherte der Beklagten am 9. Dezember 2006 überhaupt behandlungsbedürftig war. Da diese Tatsache die den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Vergütung der Krankenhausbehandlung des Versicherten der Beklagten begründet, trägt sie insoweit für das Vorhandensein dieses Tatbestandsmerkmals die Feststellungslast (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 103 RdNr. 19, m. w. Nachw.).
Die Klägerin hat die Behandlungsbedürftigkeit des Versicherten am 9. Dezember 2006 mit der Notwendigkeit einer Infusionsbehandlung am zweiten Tag nach (der am 7. Dezember 2006 durchgeführten) Chemotherapie begründet. Hierzu hat sie insbesondere vorgetragen, dass "ein großes Problem der Patientengruppe, zu der auch der Patient im vorliegenden Fall gehöre, immer die unzureichende Trinkmenge (sei), die gerade bei einer derartiger Therapie zu der Gefahr der Nierenschädigung führe. Gerade aus diesem Grund (hätten) sich die behandelnden Ärzte zu dieser zusätzlichen Infusionstherapie entschieden."
Dieser Vortrag erschöpft sich indes in allgemeinen Aussagen, ohne dass ein konkreter Bezug zum vorliegenden erkennbar ist. Entscheidend ist, ob der Allgemeinzustand des Versicherten am 9. Dezember 2006 derart war, dass eine Infusionsbehandlung erforderlich war. Hierzu enthält die Patientenakte des Versicherten keinerlei Anhaltspunkte. Sein Allgemeinzustand wurde am 8. Dezember 2006 als stabil bezeichnet. Ausweislich seiner Patientenakte wurden an diesem Tag keine Beschwerden dokumentiert. Der Gutachter hat in seinem Gutachten hierzu ausgeführt, dass der Klägerin zumindest prinzipiell dahingehend zuzustimmen sei, dass gerade bei alten Menschen, wie dem Versicherten, ein potenziell großes Problem immer die unzureichende Trinkmenge ist. Die behandelnden Ärzte hielten es aber offensichtlich nicht für erforderlich, die Retentionsparameter zwischen dem 6. Dezember 2006 und dem 9. Dezember 2006 zu kontrollieren. Trotz des leicht erhöhten Kreatininwertes im Serum am 6. Dezember 2006 wurde im fraglichen Zeitraum zudem kein Ein- und Ausfuhrprotokoll über den Patienten geführt. Eine Dokumentation der entsprechenden Maßnahmen erfolgte jedenfalls nicht.
Insoweit vermag auch nicht der Vortrag der Klägerin durchzugreifen, der Gutachter habe festgestellt, dass sofern ärztlicherseits die Durchführung einer Infusionstherapie mit den Elektrolytlösungen E 153 und E 154 für indiziert gehalten worden sei, dies aus gutachterlicher Sicht nicht zu beanstanden sei. Denn der Gutachter hat hierzu angemerkt, dass eine solche Behandlung ohne Nachteile für den Versicherten spätestens ab dem 9. Dezember 2006 unter ambulanten, gegebenenfalls auch tagesklinischen Bedingungen hätte durchgeführt werden können. Ausweislich der Krankenakte, insbesondere auch der ärztlichen sowie pflegerischen Verlaufsdokumentation, war der Behandlungsverlauf insgesamt unkompliziert. Der Versicherte, der die Chemotherapie ausweislich der ärztlichen Dokumentation gut tolerierte, war bereits am 8. Dezember 2006 beschwerdefrei und der Allgemeinzustand stabil. Nach diesem unkomplizierten Verlauf hätte der Versicherte bereits am 8. Dezember 2006 entlassen werden können. Nach dem Ergebnis des Gutachtens hätte spätestens am 8. Dezember 2006 auch vom Krankenhausarzt nach den objektiven Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand erkannt werden müssen, dass eine Fortsetzung der stationären Behandlung des Versicherten über den 8. Dezember 2006 hinaus aus medizinischen Gründen nicht erforderlich war.
Nach den vorgenannten Maßstäben kommt es auch nicht darauf an, ob am Sonnabend den 9. Dezember 2006 eine ambulante Weiterversorgung sichergestellt war. Die Beklagte hat zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass die Infusionsbehandlung auch im Rahmen der häuslichen Krankenpflege zulässigerweise hätte erbracht werden können. Zudem wäre auch die Unterbringung in einer Kurzzeitpflege oder aber die ambulante/nachstationäre Behandlung im Krankenhaus in Betracht gekommen.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass das Prüfverfahren nach § 275 SGB V nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und die Beklagte deshalb nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) mit ihren medizinischen Einwendungen gegen ihre Forderung ausgeschlossen sei, vermag auch dieser Einwand der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Beklagten ist es nicht verwehrt, bereits aufgrund der Daten nach § 301 Abs. 1 SGB V eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zu treffen. Erst wenn sich die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung aufgrund der Angaben nach § 301 Abs. SGB V nicht erschließt, ist auf einer zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einzuleiten. Ob und welche Unterlagen für eine abschließende Prüfung benötigt werden, entscheidet der MDK im Rahmen der Regelung des § 275 SGB V (Urteil des BSG vom 16. Mai 2012 – B 3 KR 14/11 R -, zitiert nach Juris). § 275 SGB V eröffnet den Krankenhäusern aber keinen Raum dafür, sich etwa wegen zögerlicher Prüfbearbeitung auf Verwirkung oder sonstige auf Treu und Glauben gestützte Einwendungen zu berufen (Urteil des BSG vom 13. November 2012 – B 1 KR 24/11 R -, zitiert nach Juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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