L 6 AS 404/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 37 AS 2890/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 404/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 164/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.01.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 23.06.2010 erhobene Klage richtet sich gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 11.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2010, mit dem dieser die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate November und Dezember 2009 neu festsetzte und überzahlte Leistungen in Höhe von 978,21 EUR zurückforderte.

Die Klägerin zu 1) und deren 1999 geborener Sohn, der Kläger zu 2) stehen seit 2005 durchgehend im Leistungsbezug. Die Klägerin zu 1) übte seit Januar 2000 beim Kinder- und Jugendtreff G "L" und von Mai 2008 bis November 2009 bei der Fahrschule N Nebentätigkeiten aus. Hieraus erzielte sie wechselnde Einkünfte, im November 100,00 EUR (Jugendtreff) und 140,00 EUR (Fahrschule), insgesamt 240,00 EUR, im Dezember flossen ihr 230,00 EUR zu (100,00 EUR Jugendtreff; 130,00 EUR Fahrschule). Durch Bescheid vom 23.04.2009 bewilligte der Beklagte den Klägern Arbeitslosengeld II für die Zeit von Juni 2009 bis November 2009, durch Bescheid vom 16.11.2009 für weitere sechs Monate bis einschließlich Mai 2010. Nach Änderungsbescheiden, die die Monate Juni bis August betrafen, setzte der Beklagte nach Eingang der Lohnabrechnung der Fahrschule L für September 2009 mit Bescheid vom 10.09.2009 die Leistungen auch für Zeit ab September 2009 neu fest. Durch weiteren Änderungsbescheid vom 17.09.2009 bewilligte er für die Zeit von Oktober 2009 bis November 2009 Leistungen in Höhe von insgesamt 798,70 EUR monatlich. Durch Bescheid vom 06.11.2009 schließlich bewilligte der Beklagte Alg II für November 2009 in Höhe von insgesamt 806,70 EUR. Dabei entfielen auf die Klägerin 541,65 EUR (326,80 Regelleistung und Zuschlag für Alleinerziehende zuzüglich 214,85 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU)), auf den Kläger 265,05 EUR (214,85 EUR KdU zuzüglich 50,20 EUR Sozialgeld). Berücksichtigt wurde bei der Klägerin Einkommen in Höhe von 112,00 EUR (240,00 EUR erzieltes Einkommen bereinigt um 128,00 EUR) und beim Kläger 164,00 EUR (Kindergeld). Ab Dezember erhielt die Bedarfsgemeinschaft 798,70 EUR monatlich (Klägerin 536,28 EUR (321,43 EUR Regelleistung und Zuschlag, 214,85 Euro (KdU)), Kläger 262,42 Euro (47,57 Euro Sozialgeld, 214,85 EUR KdU)). Der Beklagte ging von Nebeneinkommen der Klägerin in Höhe von 100,00 EUR (Kinder- und Jugendtreff) und 150,00 EUR (Fahrschule) aus, nach Bereinigung wurden 120,00 EUR angerechnet. Bei dem Kläger wurde unverändert Kindergeld in Höhe von 164,00 EUR angerechnet.

Ende November teilte die Klägerin dem Beklagten mit, sie habe am 17.11.2009 eine Tätigkeit als Verkäuferin aufgenommen. Das Entgelt erhielt sie jeweils am Ende des Monats, im November 2009 402,17EUR netto (513,33 EUR brutto) und im Dezember 861,70 EUR netto (1.100,00 EUR brutto).

Nach Anhörung der Kläger zur (teilweisen) Aufhebung der Bewilligungsbescheide für die Monate November, Dezember 2009 und Rückforderung überzahlter Leistungen erließ der Beklagte unter dem 11.03.2010 einen Bescheid gerichtet an die Klägerin ausdrücklich auch als gesetzliche Vertreterin des Klägers mit folgendem Inhalt:

"Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und Rückforderung überzahlter Leistungen

Sehr geehrte Frau C, die Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wird gemäß nachfolgender Übersicht für die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft und der dort genannten Zeiträume und Einzelbeträge zurückgenommen. Die demnach überzahlten Leistungen, die den Rücknahmebeträgen für die einzelnen Personen und Zeiträume in der vorg. Übersicht entsprechen, sind jeweils von der Person zu erstatten, bei der sie angefallen sind:

Bescheid Zeitraum C, C, Summe vom N E Zeitraum 06.11.09 01.11.- 201,10 EUR 98,40 EUR 299,50 EUR 30.11.09 16.11.09 01.12.- 455,71 EUR 223,00 EUR 678,71 EUR 31.12.09 Summen 656,81 EUR 321,40 EUR 978,21 EUR

Den tatsächlich zustehenden Leistungsanspruch entnehmen Sie bitte dem beigefügten Berechnungsbogen."

Im Begründungsteil stützte er seine Entscheidung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 3 SGB III: Die Klägerin habe Einkommen erzielt, das im Zuflussmonat auf die Leistungen anzurechnen gewesen sei. Im Berechnungsbogen ermittelte er für November 2009 einen Bedarf von

Gesamtbedarf C, N C, E Regelleistungen für erwerbs- fähige Hilfebedürftige 359,00 EUR 359,00 EUR 0,00 EUR Regelleistungen (Sozialgeld) für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige 251,00 EUR 0,00 EUR 251,00 EUR Mehrbedarfe zum Lebensunterhalt für 43,00 EUR 43,00 EUR 0,00 EUR Anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung 429,70 EUR 214,85 EUR 214,85 EUR Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft 1082,70 EUR 616,85 EUR 465,85 EUR

Als Einkommen berücksichtigte er:

"Netto-Erwerbseinkommen mtl 642,17 EUR 642,17 EUR 0,00 EUR Abzüglich Freibetrag 230,67 EUR 230,67 EUR 0,00 EUR Zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen 411,50 EUR 411,50 EUR 0,00 EUR Kindergeld 164,00 EUR 0,00 EUR 164,00 EUR Zu berücksichtigendes Gesamteinkommen 575,50 EUR 411,50 EUR 164,00 EUR

Verteilung der Einkommensanteile unter Berücksichtigung der zuständigen Leistungsträger

- Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig. Aus diesem Grund wird eine prozentuale Einkommensverteilung vorgenommen - Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen sind (Einkommensüberhang), mindern sich die vom kommunalen Träger zu erbringenden Geldleistungen

C, C, N E Verteilung Gesamtbedarf 1082,70 EUR 616,85 EUR 465,85 EUR Verteilung Gesamteinkommen 575,50 EUR 276,30 EUR 299,20 EUR

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (ohne Kosten für Unterkunft und Heizung) nach Einkommensberücksichtigung

Sicherung des Lebensunterhalts 653,00 EUR 402,00 EUR 251,00 EUR Abzgl zu berücksichtigendes Einkommen entspr der Zeile "Verteilung Gesamteinkommen" 575,50 EUR 276,30 EUR 299,20 EUR Bedarf nach Einkommens- Berücksichtigung 125,70 EUR 125,70 EUR 0,00 EUR Ggf. Einkommensüberhang 48,20 EUR 0,00 EUR 48,20 EUR

Kosten für Unterkunft und Heizung nach Einkommensberücksichtigung

Kosten der Unterkunft und Heizung 429,70 EUR 214,85 EUR 214,85 EUR Abzgl Einkommensüberhang 48,20 EUR 0,00 EUR 48,20 EUR Zustehende Kosten für Unterkunft und Heizung 381,50 EUR 214,85 EUR 166,65 EUR"

Es folgt dann der Gesamtbetrag der zustehenden Leistungen (507,20 EUR (125,70 EUR Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Leistungen der Agentur für Arbeit); 381,50 EUR KdU (Leistungen des kommunalen Trägers)).

Entsprechende Angaben enthielt der Berechnungsbogen bei identischem Bedarf für den Monat Dezember 2009:

"Netto-Erwerbseinkommen mtl 1091,71 EUR 1091,71 EUR 0,00 EUR Abzüglich Freibetrag 263,00 EUR 263,00 EUR 0,00 EUR Einkommensbereinigung - 30,00 EUR - 30,00 EUR 0,00 EUR Zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen 828,71 EUR 828,71 EUR 0,00 EUR Kindergeld 164,00 EUR 0,00 EUR 164,00 EUR Zu berücksichtigendes Gesamteinkommen 962,71 EUR 798,71EUR 164,00 EUR

Verteilung der Einkommensanteile unter Berücksichtigung der zuständigen Leistungsträger

- Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig. Aus diesem Grund wird eine prozentuale Einkommensverteilung vorgenommen - Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen sind (Einkommensüberhang), mindern sich die vom kommunalen Träger zu erbringenden Geldleistungen

C, C, N E Verteilung Gesamtbedarf 1082,70 EUR 616,85 EUR 465,85 EUR Verteilung Gesamteinkommen 962,71 EUR 536,28 EUR 426,43 EUR

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (ohne Kosten für Unterkunft und Heizung) nach Einkommensberücksichtigung

Sicherung des Lebensunterhalts 653,00 EUR 402,00 EUR 251,00 EUR Abzgl zu berücksichtigendes Einkommen entspr der Zeile "Verteilung Gesamteinkommen" 962,71 EUR 536,28 EUR 426,43 EUR Bedarf nach Einkommens- Berücksichtigung 0,00 EUR 0,00 EUR 0,00 EUR Ggf. Einkommensüberhang 309,71EUR 134,28 EUR 175,43 EUR

Kosten für Unterkunft und Heizung nach Einkommensberücksichtigung

Kosten der Unterkunft und Heizung 429,70 EUR 214,85 EUR 214,85 EUR Abzgl Einkommensüberhang 309,71EUR 134,28 EUR 175,43EUR Zustehende Kosten für Unterkunft und Heizung 119,99 EUR 80,57 EUR 39,42 EUR"

Danach verblieb ein Gesamtbetrag für KdU (Leistungen des kommunalen Trägers) von 119,99 EUR.

Den Widerspruch der Kläger wies er mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2010 als unbegründet zurück. Hier führte der Beklagte neben den ursprünglichen Bewilligungsbescheiden die bis zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergangenen Änderungsbescheide und den Grund für die geänderte Festsetzung der Leistungen auf. Gleichzeitig gab er den monatlich bewilligten Gesamtbetrag an und führte auf, in welcher Höhe welchem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gegenüber eine Aufhebung der letzten Bewilligung und Erstattung geregelt worden sei.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 24.01.2012 den Bescheid vom 11.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2010 antragsgemäß aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der angegriffene Bescheid sei nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und deshalb rechtswidrig. Es fehle an der Darlegung, welche Art von Leistung in welcher Höhe zurückgenommen werde. Der Beklagte habe bei seiner Aufhebungsentscheidung nicht differenziert zwischen der Regelleistung und den KdU. Dafür genüge es nicht, wenn dem Aufhebungsbescheid nur ein Berechnungsbogen beigelegt werde. Zudem seien bei der Aufhebung für November 2009 im angegriffenen Aufhebungsbescheid nicht alle aufzuhebenden Bescheide konkret benannt worden; auch darin liege ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Offen gelassen hat das Sozialgericht, ob die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt seien.

Gegen dieses ihm am 10.02.2012 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit der am 01.03.2012 eingegangenen Berufung. Er hält den Bescheid für hinreichend bestimmt und auch im Übrigen für rechtmäßig. Das Sozialgericht stelle zu hohe Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.07.2011 - B 14 AS 153/10 R juris Rn 31 verlange der Bestimmtheitsgrundsatz lediglich, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei sei und der Betroffene bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers sein Verhalten danach ausrichten könne. Insoweit müsse der Verwaltungsakt auch eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden. Der angefochtene Bescheid regele eindeutig, für welchen Zeitraum, für welche Person der Bedarfsgemeinschaft und in welcher Höhe eine teilweise Aufhebung von Leistungen nach dem SGB lI erfolge und wie sich daher die Gesamthöhe der Erstattungsforderung zusammensetze. Selbst wenn der Bestimmtheitsgrundsatz eine Aufschlüsselung der aufzuhebenden Leistungen in Regelleistung und Kosten der Unterkunft im Aufhebungsbescheid gebiete, was das BSG in der o.g. Entscheidung ausdrücklich offen gelassen habe, sei dieses Erfordernis durch die Beifügung des Berechnungsbogens gewahrt. Allein maßgeblich sei im Ergebnis aber, ob hinreichend zum Ausdruck gebracht werde, ob und in welcher Höhe eine Bewilligung aufgehoben werde und dies aus Sicht eines verständigen Empfängers hinreichend verständlich sei. Hier seien alle nach dem Bewilligungsbescheid betreffenden Änderungsbescheide in dem Widerspruchsbescheid vom 01.06.2010 genannt worden. Das Erfordernis der Nennung der aufzuhebenden Bescheide dürfe nicht zu überspitzten Anforderungen führen. Im angegriffenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid werde der letzte Änderungsbescheid genannt. Eine ausreichende Identifizierung des geregelten Zeitraumes sei auch nach dem Tenor des angegriffenen Bescheides vom 11.03.2010 für einen verständigen Empfänger möglich gewesen. Gleiches gelte angesichts des dem angegriffenen Bescheid beigefügten Berechnungsbogen für Dezember 2009.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.01.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger halten die Berufung für unbegründet. Der Aufhebungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt. Er unterscheide bei der Aufhebung zum einen nicht die Leistungsarten und nenne zum anderen nicht alle aufzuhebenden Bescheide. Zudem habe der Beklagte hier eine beschleunigte Vorgehensweise gewählt, indem er den Aufhebungsbescheid gemäß § 48 SGB X mit dem Erstattungsbescheid gemäß § 50 SGB X verbunden habe. Beabsichtige der Beklagte durch die Verbindung jedoch ein schnelleres Verfahren und somit eine Reduzierung des Arbeitsaufwands, seien an die Bestimmtheit im Sinne des § 33 SGB X umso höhere Anforderungen zu stellen. Zudem sei der Bescheid nicht verständlich und in sich nicht widerspruchsfrei. Weder aus dem Verfügungssatz noch aus dem Bescheid im Ganzen ergebe sich, wie der Beklagte die Aufhebungsbeträge errechne. Der Verfügungssatz gebe pauschal die zu erstattenden Leistungen an. Weder aus der Begründung noch den beigefügten. Berechnungsbögen sei ersichtlich, welche Leistungen in welcher Höhe aufgehoben werden. Der Bescheid sei isoliert völlig unverständlich, zumal seit dem Bewilligungsbescheid vom 23.04.2009 für den Zeitraum Juni bis November 2009 sechs Änderungsbescheide erlassen worden seien. Der Beklagte habe durch den Bescheid vom 11.03.2010 für den Zeitraum November 2009 lediglich den Änderungsbescheid vom 06.11.2009 zurückgenommen. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid sowie die anderen Änderungsbescheide, die den Leistungsmonat November 2009 betrafen, seien nicht genannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und der die Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143 ff SGG statthafte Berufung ist zulässig. Dem kraft Gesetzes eingetretenen Beteiligtenwechsel Rechnung tragend, wurde das Rubrum von Amts wegen berichtigt (vgl. zur Beklagtenbezeichnung § 6d SGB II idF des Gesetzes vom 03.08.2010, BGBl. I 2010, 1112; zum Beteiligtenwechsel BSG Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R Rn 11). Der Berufungsstreitwert gem. § 144 Abs. 1 S. 1 SGG ist angesichts der Erstattungsforderung von 978,21 EUR erreicht.

Die Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Unrecht aufgehoben. Der Bescheid des Beklagten vom 11.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).

Nach der Überzeugung des Senats ist der Bescheid, in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 95 SGG), hinreichend bestimmt (§ 33 SGB X).

Er lässt vollständig, klar und unzweideutig erkennen, was der Beklagte regelt (vgl Senatsurteil vom 28.06.2011 - L 6 AS 24/09, juris Rn. 24; s bereits BSG Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 114/00 Rn 25 - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6). Aus dem Verfügungsteil geht hervor, dass hier die Bewilligung von Leistungen getrennt nach den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft aufgehoben und überzahlte Leistungen zurückgefordert werden. Ebenfalls noch im Verfügungsteil werden sowohl die Zeiträume (November, Dezember 2009) aufgeführt, für die die Leistungen neu berechnet werden, als auch die Höhe der Aufhebung bezogen jeweils auf Zeitraum und Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Darüber hinaus werden die Summen ausgeworfen, die jedem Kläger zugeordnet werden; zurückgefordert werden die in Höhe der Aufhebung überzahlten Leistungen. Der Verfügungsteil ist in sich widerspruchsfrei und versetzt schon aus sich heraus die Kläger in die Lage, ihr Verhalten daran auszurichten (vgl. Senatsurteil vom 25.01.2011 - L 6 AS 37/10 mwN.; BSG Urteil vom 06.02.2007 - B 8 KN 3/06 R Rn 38 - Breith 2008, 240; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R Rn 16; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 33 Rdz. 4 mwN.; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R juris Rn 16).

Durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit sieht der Senat auch nicht im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Regelleistung einerseits und Kosten der Unterkunft und Heizung andererseits. Selbst wenn eine entsprechende Aufschlüsselung nach diesen Leistungsarten geboten sein sollte, wäre diesem Erfordernis Genüge getan. Denn dem Bescheid war ein Berechnungsbogen beigefügt, auf den im Bescheid ausdrücklich wegen der tatsächlich zustehenden Leistungen verwiesen wurde (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25.01.2011 - L 6 AS 37/10 mwN). Dieser Bogen enthält jeweils für die Monate November und Dezember 2009 die Berechnung der zustehenden Regelleistung wie auch der Kosten der Unterkunft und Heizung nach Einbeziehung des tatsächlich erzielten Einkommens und getrennt nach den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft. Im Übrigen dürfte die Frage, wie sich der Gesamtbetrag der Rückforderung berechnet, weniger der Bestimmtheit als vielmehr der Begründung des Verwaltungsaktes (§ 35 Abs. 1 SGB X) zuzurechnen sein (vgl. BSG Beschluss vom 22.07.1999 - B 11 AL 91/99 B Rn. 3; Hessisches LSG - Urteil vom 12.03.2007 - L 9 AS 33/06,, juris Rn. 17 und Senatsurteil vom 25.01.2011 L 6 AS 37/10). Offen bleiben kann auch, ob im Aufhebungsbescheid, der eindeutig die Leistungen für die Monate November/Dezember 2009 neu (niedriger) festsetzt, nur der letzte Leistungs-(Änderungs-)Bescheid oder aber alle vorangegangenen diesen Zeitraum betreffenden Bewilligungs-/Änderungsbescheide aufgeführt sein müssen. Regelmäßig dürfte es wie im angefochtenen Bescheid vom 11.03.2010 erfolgt ausreichen, nur den/die (Änderungs-)Bescheid/e aufzuführen und abzuändern, die zuletzt eine Regelung über die in dem betroffenen Zeitraum zustehenden Leistungen getroffen haben. Bereits so wird der Rechtsgrund beseitigt, die bisher erhaltenen Leistungen behalten zu dürfen. Hier sind aber schließlich im Widerspruchsbescheid alle Bewilligungs-/Änderungsbescheide für die Monate November und Dezember 2009 in der Darstellung des Verfahrensablaufs aufgeführt, so dass aus Verfügungsteil des Bescheides und aus der Begründung des Widerspruchsbescheides deutlich wird, dass die Leistungen für diesen Zeitraum unter entsprechender Änderung der Vorbescheide neu festgesetzt werden. Ohne Zuhilfenahme weiterer Unterlagen können die Kläger aus Bescheid und Widerspruchsbescheid entnehmen, dass ihnen Leistungen in bisher zuerkannter Höhe nicht mehr zustehen.

Die Berechtigung zur Rücknahme der Leistungsbewilligung folgt aus § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31.03.2011 geltenden alten Fassung (a.F.) i.V.m. § 330 Abs. 3. S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Gemäß § 41 Abs. 1 SGB II werden Leistungen nach dem SGB II monatsweise berechnet und erbracht. Auch die Einkommensanrechnung im Rahmen eines Rücknahmebescheides bezogen auf anrechenbares Neben- bzw. Erwerbs-Einkommen findet nach dem Zuflussprinzip (BSG Urteile vom 30.07.2008 - B 14/7b AS 12/07 R, B 14 AS 43/07 R und B 14 AS 26/07 R, jeweils m.w.N.; BSG Urteile vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R und B 4 AS 57/07 R, jeweils m.w.N.) gemäß § 11 SGB II i.V.m. den Vorschriften der Arbeitslosengeld Il-Verordnung (ALG ll-VO) unter Zugrundelegung einer monatsweisen Betrachtung statt.

Nach § 330 Abs. 3. S. 1 SGB III iVm § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.

Die Klägerin hat hier mit dem Zufluss des Arbeitsentgeltes Ende November 2009 und Ende Dezember 2009 zu berücksichtigendes Einkommen iSv § 11 SGB II erzielt, das in diesen Monaten zur Reduzierung des Leistungsanspruches nach dem SGB II im Wege der Anrechnung führte. Die vom Beklagten vorgenommene Berechnung im Einzelnen ist nicht zu beanstanden. Er hat den Bedarf der Kläger zutreffend ermittelt und das der Klägerin jeweils zum Ende der o.g. Kalendermonate zugeflossene Einkommen aus Nebentätigkeiten bzw. aus der ab November 2009 aufgenommenen versicherungspflichtigen Beschäftigung gem. § 11 Abs. 2 SGB II um die zu berücksichtigenden Beträge bereinigt. Der Senat nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen entsprechend § 136 Abs. 3 SGG auf die Begründung und das Rechenwerk in den angefochtenen Bescheiden des Beklagten vom 01.06.2010 Bezug, folgt dieser und macht sie sich insoweit zu Eigen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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