Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 4515/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 404/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 2. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung der Beklagten, mit der diese die teilweise Rücknahme eines Rentenbescheides und die ungekürzte Anrechnung von Entgeltpunkten (EP) für nach dem Fremdrentengesetz (FRG) festgestellte Zeiten in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 abgelehnt hat.
Die am 18.11.1938 in Kasachstan geborene Klägerin, eine anerkannte Vertriebene im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) und Inhaberin des Vertriebenenausweise B, ist am 29.04.1991 nach Deutschland aus Kasachstan, wo sie bis zur Ausreise gearbeitet hat, zugezogen. Im Zeitraum vom 01.01.1992 bis zum 30.11.1998 sind im Versicherungsverlauf der Klägerin sämtliche Monate mit im Inland erworbenen Pflichtbeiträgen belegt.
Die Landesversicherungsanstalt Baden als Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig einheitlich: Beklagte) bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 09.11.1998 unter Berücksichtigung und Anrechnung versicherungsrechtlicher Zeiten vom 18.11.1952 bis 26.04.1991 nach dem FRG ab 01.12.1998 Altersrente für Frauen. Dabei multiplizierte sie die EP für die nach dem FRG anerkannten Beitrags- und Beschäftigungszeiten in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG mit dem Faktor 0,6. Wegen der Einzelheiten der rentenrechtlichen Zeiten und ihrer Anrechnung wird auf den in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen Rentenbescheid vom 09.11.1998 verwiesen.
Mit einem am 21.02.2002 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben ("Nachweisungsantrag") wandte sich die Klägerin u. a. dagegen, dass bei der Berechnung ihrer Rente Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur als glaubhaft gemacht (mit 5/6) berücksichtigt worden waren, begehrte die Zuordnung von Tätigkeiten zu höheren Qualifikationsgruppen und rügte außerdem auch die Kürzung der EP in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG im Rentenbescheid, welche insbesondere für Ausbildungs- und Kindererziehungszeiten nicht vorzunehmen sei. Sie legte die Übersetzung eines Zeugnisses Nr. 3499 des Staatlichen Komitees der Kasachischen SSR für technische Berufsausbildung vom 14.03.1987 samt zugehörigem Leistungsverzeichnis vor, wonach sie vom 09.02.1987 bis zum 14.03.1987 in der Mittel- und Berufsfachschule Nr. 15 zur Köchin ausgebildet worden sei.
Hierauf überprüfte die Beklagte den Rentenbescheid vom 09.11.1998 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Mit Bescheid vom 27.02.2002 lehnte die Beklagte die teilweise Rücknahme des Rentenbescheides, u. a. im Hinblick auf die Berücksichtigung der Zeiten als nur glaubhaft gemacht und infolge dessen um 1/6 gekürzt (§ 22 Abs. 3 FRG), ab.
Hinsichtlich der ebenfalls gerügten Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG und der Kürzung der EP auf 60 % wurde eine Entscheidung im Hinblick auf zu diesem Zeitpunkt beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren auf den erklärten Wunsch der Klägerin zurückgestellt und nicht getroffen.
Nachdem dann das BSG und auf dessen Vorlage das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 13.06.2006 über die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs. 4 FRG entschieden (§ 22 Abs. 4 FRG sei verfassungsgemäß, der Gesetzgeber sei aber gehalten, für im Jahr 1996 rentennahe Jahrgänge eine Übergangsregelung zu schaffen) und der Gesetzgeber mit Artikel 6 § 4 c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) hinsichtlich der Absenkung der EP Übergangsregelungen (für Versicherte, deren Rente vor dem 1.10.1996 beginnt bzw. [Gewährung eines Zuschlages] bei Rentenbeginn nach dem 30.09.1996 und Zuzug vor dem 01.01.1991) geschaffen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.10.2007 (Bl. 3 SG-Akte) die Rücknahme der Absenkung der EP für Zeiten nach dem FRG auf 60 % nach § 22 Abs. 4 FRG ab. Auf den Beschluss des BVerfG vom 13.06.2006 sei vom Gesetzgeber mit Artikel 6 § 4 c Abs. 2 FANG eine Übergangsregelung für Berechtigte geschaffen worden, die vor dem 01.01.1991 nach Deutschland gekommen seien. Da die Klägerin erst am 29.04.1991 zugezogen sei, falle sie nicht unter die Übergangsregelung. Die Feststellung der Rentenhöhe im Bescheid vom 09.11.1998 sei insoweit nicht zu beanstanden.
Den Widerspruch der Klägerin (Bl. 10/11 SG-Akte), mit welchem sie die Neuberechnung ihrer Rente ohne Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG und somit die Gewährung einer höheren Rente erstrebte, weil die Kürzung gegen Art. 3 und Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoße, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2008 (Bl. 13 SG-Akte) zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 08.09.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und u. a. geltend gemacht, die von ihr an das fremde System geleisteten Versicherungsbeträge stünden deutschen Beiträgen gleich und die Entscheidung des BVerfG sei auf ihren Fall nicht anzuwenden, da sie nicht in der Lage gewesen sei, ihren Wohnsitz früher ins Bundesgebiet zu verlegen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.12.2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die Höhe der Rente in der Weise berechnet, dass sie die nach dem FRG festzusetzenden EP gemäß § 22 Abs. 4 FRG mit dem Faktor 0,6 multipliziert und damit um 40 % gekürzt habe. Nur ausnahmsweise – wie etwa in Anwendung des FRG – würden Zeiten ohne Beitragszahlung (d.h. Vorleistung) nach Bundesrecht so behandelt, wie wenn eine Vorleistung im Bundesgebiet erbracht worden sei. Dies diene dann zum Ausgleich von im Anwendungsbereich fremder Rechtssysteme erworbenen, aber aus besonderen Gründen (u.a. Kriegseinwirkung, Verfolgung, Vertreibung wegen Zugehörigkeit zum deutschen Volk, Untergang der DDR) verlorenen Rechten und Anwartschaften aus mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Alterssicherungssystemen. Ursprünglich habe das FRG keine Minderung der EP enthalten; der Gesetzgeber habe sich für das Eingliederungsprinzip entschieden. Durch den Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks sei die Legitimation des Eingliederungsprinzips in Frage gestellt worden, so dass es auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht mehr als vertretbar angesehen worden sei, an den begünstigenden Bestimmungen des Rentenrechts festzuhalten, weshalb es zur stufenweisen Absenkung der FRG-Leistungen gekommen sei (Abschlag von 30 v.H. für auf Zeiten nach §§ 15, 16 FRG entfallende EP gemäß § 22 Abs. 3 FRG in der ab 01.08.1991 geltenden Fassung, sodann Erhöhung des Abschlages auf 40 v.H. für Personen, die ab dem 07.05.1996 zugezogen sind und/oder deren Rente nicht vor dem 01.10.1996 begonnen hat). Die Reduzierung mit dem Faktor 0,6 habe das BVerfG mit Beschluss vom 13.06.2006 (1 BvL 9/00 u.a.) für verfassungsgemäß erklärt, allerdings die Einbeziehung damals rentennaher Jahrgänge ohne Übergangsregelung für Personen, die vor dem 01.01.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen hätten, mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip für unvereinbar erklärt und die Schaffung einer Übergangsregelung angemahnt. Die hierauf vom Gesetzgeber in Art. 6 § 4c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) geschaffene Neuregelung begünstige jedoch die Klägerin nicht, da diese erst am 29.04.1991 zugezogen sei. Eine Verfassungswidrigkeit hat das SG nicht zu erkennen vermocht und sich dabei auf die Entscheidung des BVerfG bezogen. Der Auffassung, dass die Kürzungsregelung nur dann verfassungsgemäß sei, wenn die Betroffenen es "in der Hand" gehabt hätten, ihren Wohnsitz in das Bundesgebiet zu verlegen, hat es sich nicht angeschlossen. Die Notwendigkeit der Schaffung einer Übergangsregelung erkläre sich aus Vertrauensschutzgesichtspunkten für vor dem 01.01.1991 zugezogene Betroffene, was auf die am 29.04.1991 zugezogene Klägerin nicht zutreffe.
Gegen das am 22.12.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.01.2010 Berufung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, die Kürzungsvorschrift des § 22 Abs. 4 FRG sei auf sie als Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit nicht anzuwenden, da sie bis zur Ausreise gegen ihren Willen im Vertreibungsgebiet festgehalten worden sei. Sie sei Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG, gleichzeitig Heimkehrerin im Sinne des § 1 Heimkehrergesetz und könne gemäß § 250 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Ersatzzeiten als Verschleppte geltend machen. Aus § 90 i.V.m. § 100 Abs. 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) folge, dass altes Recht (in der Fassung vor dem 01.01.1993) für den dort definierten Personenkreis, welchem auch die Klägerin zuzurechnen sei, weiter fortgelte. Damit gemeint seien nicht nur Normen des BVFG, sondern auch das FRG und sonstige Sozialversicherungsvorschriften, welche Ansprüche der Vertriebenen regelten. Die Beiträge an einen ausländischen Versicherungsnehmer (richtig: Versicherungsträger) stünden deutschen Versicherungsbeiträgen gleich, weshalb die Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG gegen Art. 3 und Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoße. Unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten, die nicht um den Faktor 0,6 gekürzt werden dürften, sowie durch die volle Berücksichtigung der beruflichen Ausbildungszeit ohne Kürzung um den Faktor 0,6 und durch Berücksichtigung von Ersatzzeiten gemäß § 250 SGB VI sei eine wesentlich höhere Rente zu gewähren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf ihre Schriftsätze vom 17.03.2010, 03.05.2010 und 21.10.2010 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02. Dezember 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 09. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 09. November 1998 abzuändern und der Klägerin ab dem 01. Dezember 1998 höhere Altersrente für Frauen ohne Verminderung des Wertes der Entgeltpunkte für die nach dem Fremdrentengesetz zu berücksichtigenden Beitrags- und Beschäftigungszeiten durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Kürzungsvorschrift des § 22 Abs. 4 FRG sei bei der Klägerin zutreffend zur Anwendung gebracht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 09.11.1998 und auf Gewährung einer höheren Altersrente für Frauen (§ 237a SGB VI) ohne Kürzung der nach dem FRG zu berücksichtigenden Beitrags- und Beschäftigungszeiten durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6 in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass entgegen § 22 Abs. 4 FRG keine Absenkung der EP für Beitragszeiten nach dem FRG erfolgt und dass die Übergangsregelung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG im Fall der Klägerin keine Anwendung findet. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin weder nach Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG noch nach der Rechtsfolgeanordnung des Bundesverfassungsgerichts und auch nicht nach verfassungsrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Abänderung des bestandskräftigen Rentenbescheides vom 09.11.1998 hat. Das Überprüfungsbegehren der Klägerin scheitert daran, dass die ab 01.12.1998 vorgenommene Absenkung der EP für nach dem FRG anerkannte Beitragszeiten um 40 % gemäß § 22 Abs. 4 FRG ohne Ausgleich gesetzeskonform und verfassungsgemäß ist.
Im strittigen Zeitraum, vom 18.11.1952 bis zum 26.04.1991, hat die Klägerin in Deutschland keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt. Damit kommt lediglich die Anrechnung dieser Zeiten auf Grund von Sondervorschriften, insbesondere hier nach den Bestimmungen des FRG, in Betracht. Insofern hat die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.1998 auch für den strittigen Zeitraum rentenrechtliche Zeiten nach dem FRG anerkannt und für diese EP bei der Rentenberechnung berücksichtigt.
§ 22 Abs. 4 FRG in der hier maßgeblichen Fassung von Art. 3 Nr. 4 Buchst. b Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.09.1996 (BGBl I 1461), der am 07.05.1996 in Kraft getreten ist und die Absenkung um 40 % vorsieht, hat die Beklagte zutreffend angewandt. Die betreffenden EP sind (allein) auf Grund der Bestimmungen des FRG anerkannt mit der Folge, dass auch die Einschränkungen des § 22 Abs. 4 FRG i. d. F. des WFG zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anwendung dieser Vorschrift nicht durch § 100 Abs. 1 BVFG ausgeschlossen. Die Regelung in § 100 Abs. 1 BVFG, wonach für den genannten Personenkreis die vor dem 1. Januar 1993 geltenden Vorschriften nach Maßgabe der Absätze 2 bis 8 Anwendung finden, bezieht sich ausschließlich auf das BVFG und nicht auf die vorliegend zur Anwendung kommenden Bestimmungen des FRG. Insofern ergibt sich aus § 100 Abs. 1 BVFG keine Unabänderbarkeit von Regelungen in anderen Gesetzen für den Personenkreis, dem die Klägerin angehört.
Eine günstigere Rechtsposition ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus der durch Art. 16 Nr. 2 Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I 554) rückwirkend zum 01.10.1996 (Art. 27 Abs. 2 a.a.O.) eingeführten Bestimmung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG (2007), die auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.06.2006 zurückzuführen ist. Die Regelung, die die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 90/09 R – in Juris) und die einen Zuschlag für rentennahe Jahrgänge für die Zeit vom 01.10.1996 bis 30.06.2000 vorsieht, ist für die Klägerin nicht anwendbar, da sie nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis zählt, nachdem sie am 29.04.1991 und damit nicht vor dem 01.01.1991 zugezogen ist.
Einen Verstoß gegen Art. 14 und Art. 3 GG vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13.06.2006 (1 BvL 9/00 u. a.) ausgeführt hat, dass die durch § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG vom 25.09.1996 erfolgte Absenkung der auf den FRG-Gesetzen beruhenden EP auch dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn die Rentenanwartschaften, die auf rentenrechtlichen Zeiten sowohl in den Herkunftsgebieten als auch in der BRD beruhen, als Gesamtrechtsposition insgesamt dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG zu unterstellen wären. Die mit Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG 2007 getroffene Übergangsregelung wird auch nach Auffassung des Senats den vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen gerecht. Damit schließt sich der Senat der vom BSG vertretenen Rechtsauffassung an (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 90/09 R in Juris; Urteile vom 25.02.2010 – B 13 R 61/09 – in SozR 4-5050 § 22 Nr. 10 und vom 20.10.2009 – B 5 R 38/08 R in SozR 4-5050 § 22 Nr. 9 und in Juris), die ebenfalls von zahlreichen Landessozialgerichten vertreten wird (siehe Urteil des Senats vom 13.05.2011 – L 9 R 2001/10 – m.w.N.).
Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 3 GG darin sieht, dass Personen, die bald nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurückgekehrt sind und solche wie sie, die erst später (hier: 29. April 1991) nach Deutschland zugezogen sind, unterschiedlich behandelt würden, berücksichtigt sie nicht, dass bei ihr § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG nicht nur wegen ihres späteren Zuzugs, sondern auch wegen des späteren Rentenbeginns (nach dem 1.10.1996) Anwendung findet. Im Übrigen hatte das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 13.6.2006 auch einen Verstoß gegen Art. 3 GG verneint. Schließlich stellt der Umstand, ob nach Übersiedelung in die Bundesrepublik Deutschland noch Beiträge in die deutsche gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt worden sind oder nicht, kein taugliches Abgrenzungskriterium für die Bildung zweier Vergleichsgruppen im Sinne von Art. 3 GG dar, wenn ausschließlich die rentenrechtliche Bewertung der im Vertreibungsgebiet zurückgelegten rentenversicherungsrechtlichen Zeiten im Streit steht.
Aus den dargelegten Erwägungen vermag der Senat auch einen Verstoß gegen europäisches Recht nicht zu erkennen.
Soweit sich die Klägerin mit ihrer Berufung über die allgemeine Geltendmachung einer Verfassungswidrigkeit der Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG in ihrem Fall hinaus gegen die Kürzung der EP für Kindererziehungszeiten um 40 v.H. in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG gewandt hat, ist diese ebenfalls unbegründet. Bei der Beurteilung der materiellen Rechtslage nach § 44 SGB X ist auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 01.12.1998 galten (§ 300 Abs. 3 SGB VI). § 22 Abs. 4 FRG in der ab dem 01.07.1998 geltenden Fassung bestimmt, dass die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen EP mit dem Faktor 0,6 zu vervielfältigen sind. Zum 01.07.1998 wurde in § 22 Abs. 1 ein neuer Satz 9 angefügt, wonach Kindererziehungszeiten nach § 28b EP zuzuordnen sind, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre. Mit der Einfügung von § 22 Abs. 1 Satz 9 FRG durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) zum 01.07.1998 sollte sichergestellt werden, dass die Reduzierung von FRG-Rentenanwartschaften um 40 v.H. auch für Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen ist (vgl. BT-Drucks. 13/8011 vom 24.06.1997, Art. 12 Nr. 1, S. 75). Nachdem die Rente der Klägerin erst nach dem Inkrafttreten der Neuregelung festgestellt worden ist, hat die Beklagte die Kürzung der EP mit dem Faktor 0,6 zu Recht auch auf die Kindererziehungszeiten der Klägerin erstreckt.
Nicht um 40 v.H. zu kürzen sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Abs. 4 FRG die EP für die in § 22 Abs. 2 FRG geregelten Zeiten einer Ausbildung als Lehrling oder Anlernling, für welche pro Kalendermonat 0,025 EP zugrunde zu legen sind. Gleichwohl ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass vorliegend die Beklagte auch im Zeitraum vom 09.02.1987 bis zum 14.03.1987, als die Klägerin eine Ausbildung zur Köchin absolviert hat, die auf diesen Zeitraum entfallenden EP in Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG reduziert hat, denn es hat sich ausweislich des vorgelegten Zeugnisses Nr. 3499 vom 14.03.1987 um eine rein schulische Ausbildung an einer Mittel- und Berufsfachschule gehandelt. Es ist gerade nicht ersichtlich, dass es sich dabei um eine berufspraktische Ausbildung, die einer Ausbildung als Lehrling oder Anlernling oder einem Berufspraktikum gleichkam oder ihr zumindest ähnelte, gehandelt hat, zumal die Klägerin nach eigenen Angaben im Zeitraum vom 09.01.1980 bis 04.06.1987 im Krankenhaus als Pflegerin gearbeitet hat (Erklärung vom 11.08.1998, Bl. 67 VA). Zeiten einer rein schulischen Ausbildung oder Weiterbildung aber fallen nicht unter § 22 Abs. 2 FRG.
Soweit die Klägerin geltend macht, die nach § 22 Abs. 1 FRG anerkannten Beitrags- und Beschäftigungszeiten in der ehemaligen Sowjetunion könnten deshalb nicht gemäß § 22 Abs. 4 FRG gekürzt werden, weil es sich gleichzeitig um Ersatzzeiten wegen Verschleppung handele, steht dem bereits die Gesetzessystematik entgegen, denn Voraussetzung für die Anerkennung von Ersatzzeiten ist nach § 250 Abs. 1 SGB VI u.a., dass in den betreffenden Zeiten Versicherungspflicht nicht bestanden hat, weshalb die Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG einer gleichzeitigen Berücksichtigung der betreffenden Zeiträume als Ersatzzeiten auch dann entgegensteht, wenn sich aus der Berücksichtigung als Ersatzzeiten höhere EP ergäben (vgl. hierzu etwa die Gesetzesbegründung zum Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24. Juni 1993 (BGBl. I S. 1038), mit welchem § 250 Abs. 2 SGB VI neu gefasst worden ist, BT-Drucks. 12/5017 vom 25.05.1993, S. 48).
Sofern die Klägerin (vgl. etwa Schriftsatz vom 21.10.2010, Bl. 33 Senatsakte) neben der Berufung auf eine Verfassungswidrigkeit der Absenkung der FRG-Zeiten um 40 % in ihrem Fall über den bereits als Ersatzzeit wegen Internierung/Verschleppung anerkannten Zeitraum vom 18.11.1952 bis 17.11.1955 hinaus – ohne dies näher zu spezifizieren – noch die Anerkennung weiterer Ersatzzeiten und die Gewährung höherer Altersrente für Frauen aufgrund dessen begehrt, ist die Klage – mangels einer Entscheidung der Beklagten hierüber in den angefochtenen Bescheiden – unzulässig. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid – unter Prüfung des Bescheids vom 9. November 1998 nach § 44 SGB X – lediglich über die Höhe der sich aus den nach dem FRG anerkannten Versicherungszeiten ergebenden EP entschieden und dabei in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG sowie unter Berücksichtigung der Übergangsregelung in Art. 6 § 4 c Abs. 2 FANG die Kürzung dieser EP durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6 vorgenommen sowie die Gewährung eines Zuschusses abgelehnt. Die Anerkennung weiterer Ersatzzeiten war vor Erlass des angefochtenen Bescheides weder beantragt, noch war diese Gegenstand der Entscheidung der Beklagten.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung der Beklagten, mit der diese die teilweise Rücknahme eines Rentenbescheides und die ungekürzte Anrechnung von Entgeltpunkten (EP) für nach dem Fremdrentengesetz (FRG) festgestellte Zeiten in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 abgelehnt hat.
Die am 18.11.1938 in Kasachstan geborene Klägerin, eine anerkannte Vertriebene im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) und Inhaberin des Vertriebenenausweise B, ist am 29.04.1991 nach Deutschland aus Kasachstan, wo sie bis zur Ausreise gearbeitet hat, zugezogen. Im Zeitraum vom 01.01.1992 bis zum 30.11.1998 sind im Versicherungsverlauf der Klägerin sämtliche Monate mit im Inland erworbenen Pflichtbeiträgen belegt.
Die Landesversicherungsanstalt Baden als Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig einheitlich: Beklagte) bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 09.11.1998 unter Berücksichtigung und Anrechnung versicherungsrechtlicher Zeiten vom 18.11.1952 bis 26.04.1991 nach dem FRG ab 01.12.1998 Altersrente für Frauen. Dabei multiplizierte sie die EP für die nach dem FRG anerkannten Beitrags- und Beschäftigungszeiten in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG mit dem Faktor 0,6. Wegen der Einzelheiten der rentenrechtlichen Zeiten und ihrer Anrechnung wird auf den in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen Rentenbescheid vom 09.11.1998 verwiesen.
Mit einem am 21.02.2002 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben ("Nachweisungsantrag") wandte sich die Klägerin u. a. dagegen, dass bei der Berechnung ihrer Rente Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur als glaubhaft gemacht (mit 5/6) berücksichtigt worden waren, begehrte die Zuordnung von Tätigkeiten zu höheren Qualifikationsgruppen und rügte außerdem auch die Kürzung der EP in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG im Rentenbescheid, welche insbesondere für Ausbildungs- und Kindererziehungszeiten nicht vorzunehmen sei. Sie legte die Übersetzung eines Zeugnisses Nr. 3499 des Staatlichen Komitees der Kasachischen SSR für technische Berufsausbildung vom 14.03.1987 samt zugehörigem Leistungsverzeichnis vor, wonach sie vom 09.02.1987 bis zum 14.03.1987 in der Mittel- und Berufsfachschule Nr. 15 zur Köchin ausgebildet worden sei.
Hierauf überprüfte die Beklagte den Rentenbescheid vom 09.11.1998 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Mit Bescheid vom 27.02.2002 lehnte die Beklagte die teilweise Rücknahme des Rentenbescheides, u. a. im Hinblick auf die Berücksichtigung der Zeiten als nur glaubhaft gemacht und infolge dessen um 1/6 gekürzt (§ 22 Abs. 3 FRG), ab.
Hinsichtlich der ebenfalls gerügten Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG und der Kürzung der EP auf 60 % wurde eine Entscheidung im Hinblick auf zu diesem Zeitpunkt beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren auf den erklärten Wunsch der Klägerin zurückgestellt und nicht getroffen.
Nachdem dann das BSG und auf dessen Vorlage das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 13.06.2006 über die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs. 4 FRG entschieden (§ 22 Abs. 4 FRG sei verfassungsgemäß, der Gesetzgeber sei aber gehalten, für im Jahr 1996 rentennahe Jahrgänge eine Übergangsregelung zu schaffen) und der Gesetzgeber mit Artikel 6 § 4 c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) hinsichtlich der Absenkung der EP Übergangsregelungen (für Versicherte, deren Rente vor dem 1.10.1996 beginnt bzw. [Gewährung eines Zuschlages] bei Rentenbeginn nach dem 30.09.1996 und Zuzug vor dem 01.01.1991) geschaffen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.10.2007 (Bl. 3 SG-Akte) die Rücknahme der Absenkung der EP für Zeiten nach dem FRG auf 60 % nach § 22 Abs. 4 FRG ab. Auf den Beschluss des BVerfG vom 13.06.2006 sei vom Gesetzgeber mit Artikel 6 § 4 c Abs. 2 FANG eine Übergangsregelung für Berechtigte geschaffen worden, die vor dem 01.01.1991 nach Deutschland gekommen seien. Da die Klägerin erst am 29.04.1991 zugezogen sei, falle sie nicht unter die Übergangsregelung. Die Feststellung der Rentenhöhe im Bescheid vom 09.11.1998 sei insoweit nicht zu beanstanden.
Den Widerspruch der Klägerin (Bl. 10/11 SG-Akte), mit welchem sie die Neuberechnung ihrer Rente ohne Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG und somit die Gewährung einer höheren Rente erstrebte, weil die Kürzung gegen Art. 3 und Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoße, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2008 (Bl. 13 SG-Akte) zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 08.09.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und u. a. geltend gemacht, die von ihr an das fremde System geleisteten Versicherungsbeträge stünden deutschen Beiträgen gleich und die Entscheidung des BVerfG sei auf ihren Fall nicht anzuwenden, da sie nicht in der Lage gewesen sei, ihren Wohnsitz früher ins Bundesgebiet zu verlegen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.12.2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht die Höhe der Rente in der Weise berechnet, dass sie die nach dem FRG festzusetzenden EP gemäß § 22 Abs. 4 FRG mit dem Faktor 0,6 multipliziert und damit um 40 % gekürzt habe. Nur ausnahmsweise – wie etwa in Anwendung des FRG – würden Zeiten ohne Beitragszahlung (d.h. Vorleistung) nach Bundesrecht so behandelt, wie wenn eine Vorleistung im Bundesgebiet erbracht worden sei. Dies diene dann zum Ausgleich von im Anwendungsbereich fremder Rechtssysteme erworbenen, aber aus besonderen Gründen (u.a. Kriegseinwirkung, Verfolgung, Vertreibung wegen Zugehörigkeit zum deutschen Volk, Untergang der DDR) verlorenen Rechten und Anwartschaften aus mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Alterssicherungssystemen. Ursprünglich habe das FRG keine Minderung der EP enthalten; der Gesetzgeber habe sich für das Eingliederungsprinzip entschieden. Durch den Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks sei die Legitimation des Eingliederungsprinzips in Frage gestellt worden, so dass es auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht mehr als vertretbar angesehen worden sei, an den begünstigenden Bestimmungen des Rentenrechts festzuhalten, weshalb es zur stufenweisen Absenkung der FRG-Leistungen gekommen sei (Abschlag von 30 v.H. für auf Zeiten nach §§ 15, 16 FRG entfallende EP gemäß § 22 Abs. 3 FRG in der ab 01.08.1991 geltenden Fassung, sodann Erhöhung des Abschlages auf 40 v.H. für Personen, die ab dem 07.05.1996 zugezogen sind und/oder deren Rente nicht vor dem 01.10.1996 begonnen hat). Die Reduzierung mit dem Faktor 0,6 habe das BVerfG mit Beschluss vom 13.06.2006 (1 BvL 9/00 u.a.) für verfassungsgemäß erklärt, allerdings die Einbeziehung damals rentennaher Jahrgänge ohne Übergangsregelung für Personen, die vor dem 01.01.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen hätten, mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip für unvereinbar erklärt und die Schaffung einer Übergangsregelung angemahnt. Die hierauf vom Gesetzgeber in Art. 6 § 4c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) geschaffene Neuregelung begünstige jedoch die Klägerin nicht, da diese erst am 29.04.1991 zugezogen sei. Eine Verfassungswidrigkeit hat das SG nicht zu erkennen vermocht und sich dabei auf die Entscheidung des BVerfG bezogen. Der Auffassung, dass die Kürzungsregelung nur dann verfassungsgemäß sei, wenn die Betroffenen es "in der Hand" gehabt hätten, ihren Wohnsitz in das Bundesgebiet zu verlegen, hat es sich nicht angeschlossen. Die Notwendigkeit der Schaffung einer Übergangsregelung erkläre sich aus Vertrauensschutzgesichtspunkten für vor dem 01.01.1991 zugezogene Betroffene, was auf die am 29.04.1991 zugezogene Klägerin nicht zutreffe.
Gegen das am 22.12.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.01.2010 Berufung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, die Kürzungsvorschrift des § 22 Abs. 4 FRG sei auf sie als Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit nicht anzuwenden, da sie bis zur Ausreise gegen ihren Willen im Vertreibungsgebiet festgehalten worden sei. Sie sei Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG, gleichzeitig Heimkehrerin im Sinne des § 1 Heimkehrergesetz und könne gemäß § 250 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Ersatzzeiten als Verschleppte geltend machen. Aus § 90 i.V.m. § 100 Abs. 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) folge, dass altes Recht (in der Fassung vor dem 01.01.1993) für den dort definierten Personenkreis, welchem auch die Klägerin zuzurechnen sei, weiter fortgelte. Damit gemeint seien nicht nur Normen des BVFG, sondern auch das FRG und sonstige Sozialversicherungsvorschriften, welche Ansprüche der Vertriebenen regelten. Die Beiträge an einen ausländischen Versicherungsnehmer (richtig: Versicherungsträger) stünden deutschen Versicherungsbeiträgen gleich, weshalb die Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG gegen Art. 3 und Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoße. Unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten, die nicht um den Faktor 0,6 gekürzt werden dürften, sowie durch die volle Berücksichtigung der beruflichen Ausbildungszeit ohne Kürzung um den Faktor 0,6 und durch Berücksichtigung von Ersatzzeiten gemäß § 250 SGB VI sei eine wesentlich höhere Rente zu gewähren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf ihre Schriftsätze vom 17.03.2010, 03.05.2010 und 21.10.2010 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02. Dezember 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 09. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 09. November 1998 abzuändern und der Klägerin ab dem 01. Dezember 1998 höhere Altersrente für Frauen ohne Verminderung des Wertes der Entgeltpunkte für die nach dem Fremdrentengesetz zu berücksichtigenden Beitrags- und Beschäftigungszeiten durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Kürzungsvorschrift des § 22 Abs. 4 FRG sei bei der Klägerin zutreffend zur Anwendung gebracht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 09.11.1998 und auf Gewährung einer höheren Altersrente für Frauen (§ 237a SGB VI) ohne Kürzung der nach dem FRG zu berücksichtigenden Beitrags- und Beschäftigungszeiten durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6 in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass entgegen § 22 Abs. 4 FRG keine Absenkung der EP für Beitragszeiten nach dem FRG erfolgt und dass die Übergangsregelung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG im Fall der Klägerin keine Anwendung findet. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin weder nach Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG noch nach der Rechtsfolgeanordnung des Bundesverfassungsgerichts und auch nicht nach verfassungsrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Abänderung des bestandskräftigen Rentenbescheides vom 09.11.1998 hat. Das Überprüfungsbegehren der Klägerin scheitert daran, dass die ab 01.12.1998 vorgenommene Absenkung der EP für nach dem FRG anerkannte Beitragszeiten um 40 % gemäß § 22 Abs. 4 FRG ohne Ausgleich gesetzeskonform und verfassungsgemäß ist.
Im strittigen Zeitraum, vom 18.11.1952 bis zum 26.04.1991, hat die Klägerin in Deutschland keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt. Damit kommt lediglich die Anrechnung dieser Zeiten auf Grund von Sondervorschriften, insbesondere hier nach den Bestimmungen des FRG, in Betracht. Insofern hat die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.1998 auch für den strittigen Zeitraum rentenrechtliche Zeiten nach dem FRG anerkannt und für diese EP bei der Rentenberechnung berücksichtigt.
§ 22 Abs. 4 FRG in der hier maßgeblichen Fassung von Art. 3 Nr. 4 Buchst. b Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.09.1996 (BGBl I 1461), der am 07.05.1996 in Kraft getreten ist und die Absenkung um 40 % vorsieht, hat die Beklagte zutreffend angewandt. Die betreffenden EP sind (allein) auf Grund der Bestimmungen des FRG anerkannt mit der Folge, dass auch die Einschränkungen des § 22 Abs. 4 FRG i. d. F. des WFG zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anwendung dieser Vorschrift nicht durch § 100 Abs. 1 BVFG ausgeschlossen. Die Regelung in § 100 Abs. 1 BVFG, wonach für den genannten Personenkreis die vor dem 1. Januar 1993 geltenden Vorschriften nach Maßgabe der Absätze 2 bis 8 Anwendung finden, bezieht sich ausschließlich auf das BVFG und nicht auf die vorliegend zur Anwendung kommenden Bestimmungen des FRG. Insofern ergibt sich aus § 100 Abs. 1 BVFG keine Unabänderbarkeit von Regelungen in anderen Gesetzen für den Personenkreis, dem die Klägerin angehört.
Eine günstigere Rechtsposition ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus der durch Art. 16 Nr. 2 Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I 554) rückwirkend zum 01.10.1996 (Art. 27 Abs. 2 a.a.O.) eingeführten Bestimmung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG (2007), die auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.06.2006 zurückzuführen ist. Die Regelung, die die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 90/09 R – in Juris) und die einen Zuschlag für rentennahe Jahrgänge für die Zeit vom 01.10.1996 bis 30.06.2000 vorsieht, ist für die Klägerin nicht anwendbar, da sie nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis zählt, nachdem sie am 29.04.1991 und damit nicht vor dem 01.01.1991 zugezogen ist.
Einen Verstoß gegen Art. 14 und Art. 3 GG vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13.06.2006 (1 BvL 9/00 u. a.) ausgeführt hat, dass die durch § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG vom 25.09.1996 erfolgte Absenkung der auf den FRG-Gesetzen beruhenden EP auch dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn die Rentenanwartschaften, die auf rentenrechtlichen Zeiten sowohl in den Herkunftsgebieten als auch in der BRD beruhen, als Gesamtrechtsposition insgesamt dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG zu unterstellen wären. Die mit Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG 2007 getroffene Übergangsregelung wird auch nach Auffassung des Senats den vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen gerecht. Damit schließt sich der Senat der vom BSG vertretenen Rechtsauffassung an (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 90/09 R in Juris; Urteile vom 25.02.2010 – B 13 R 61/09 – in SozR 4-5050 § 22 Nr. 10 und vom 20.10.2009 – B 5 R 38/08 R in SozR 4-5050 § 22 Nr. 9 und in Juris), die ebenfalls von zahlreichen Landessozialgerichten vertreten wird (siehe Urteil des Senats vom 13.05.2011 – L 9 R 2001/10 – m.w.N.).
Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 3 GG darin sieht, dass Personen, die bald nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurückgekehrt sind und solche wie sie, die erst später (hier: 29. April 1991) nach Deutschland zugezogen sind, unterschiedlich behandelt würden, berücksichtigt sie nicht, dass bei ihr § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG nicht nur wegen ihres späteren Zuzugs, sondern auch wegen des späteren Rentenbeginns (nach dem 1.10.1996) Anwendung findet. Im Übrigen hatte das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 13.6.2006 auch einen Verstoß gegen Art. 3 GG verneint. Schließlich stellt der Umstand, ob nach Übersiedelung in die Bundesrepublik Deutschland noch Beiträge in die deutsche gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt worden sind oder nicht, kein taugliches Abgrenzungskriterium für die Bildung zweier Vergleichsgruppen im Sinne von Art. 3 GG dar, wenn ausschließlich die rentenrechtliche Bewertung der im Vertreibungsgebiet zurückgelegten rentenversicherungsrechtlichen Zeiten im Streit steht.
Aus den dargelegten Erwägungen vermag der Senat auch einen Verstoß gegen europäisches Recht nicht zu erkennen.
Soweit sich die Klägerin mit ihrer Berufung über die allgemeine Geltendmachung einer Verfassungswidrigkeit der Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG in ihrem Fall hinaus gegen die Kürzung der EP für Kindererziehungszeiten um 40 v.H. in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG gewandt hat, ist diese ebenfalls unbegründet. Bei der Beurteilung der materiellen Rechtslage nach § 44 SGB X ist auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 01.12.1998 galten (§ 300 Abs. 3 SGB VI). § 22 Abs. 4 FRG in der ab dem 01.07.1998 geltenden Fassung bestimmt, dass die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen EP mit dem Faktor 0,6 zu vervielfältigen sind. Zum 01.07.1998 wurde in § 22 Abs. 1 ein neuer Satz 9 angefügt, wonach Kindererziehungszeiten nach § 28b EP zuzuordnen sind, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre. Mit der Einfügung von § 22 Abs. 1 Satz 9 FRG durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) zum 01.07.1998 sollte sichergestellt werden, dass die Reduzierung von FRG-Rentenanwartschaften um 40 v.H. auch für Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen ist (vgl. BT-Drucks. 13/8011 vom 24.06.1997, Art. 12 Nr. 1, S. 75). Nachdem die Rente der Klägerin erst nach dem Inkrafttreten der Neuregelung festgestellt worden ist, hat die Beklagte die Kürzung der EP mit dem Faktor 0,6 zu Recht auch auf die Kindererziehungszeiten der Klägerin erstreckt.
Nicht um 40 v.H. zu kürzen sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Abs. 4 FRG die EP für die in § 22 Abs. 2 FRG geregelten Zeiten einer Ausbildung als Lehrling oder Anlernling, für welche pro Kalendermonat 0,025 EP zugrunde zu legen sind. Gleichwohl ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass vorliegend die Beklagte auch im Zeitraum vom 09.02.1987 bis zum 14.03.1987, als die Klägerin eine Ausbildung zur Köchin absolviert hat, die auf diesen Zeitraum entfallenden EP in Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG reduziert hat, denn es hat sich ausweislich des vorgelegten Zeugnisses Nr. 3499 vom 14.03.1987 um eine rein schulische Ausbildung an einer Mittel- und Berufsfachschule gehandelt. Es ist gerade nicht ersichtlich, dass es sich dabei um eine berufspraktische Ausbildung, die einer Ausbildung als Lehrling oder Anlernling oder einem Berufspraktikum gleichkam oder ihr zumindest ähnelte, gehandelt hat, zumal die Klägerin nach eigenen Angaben im Zeitraum vom 09.01.1980 bis 04.06.1987 im Krankenhaus als Pflegerin gearbeitet hat (Erklärung vom 11.08.1998, Bl. 67 VA). Zeiten einer rein schulischen Ausbildung oder Weiterbildung aber fallen nicht unter § 22 Abs. 2 FRG.
Soweit die Klägerin geltend macht, die nach § 22 Abs. 1 FRG anerkannten Beitrags- und Beschäftigungszeiten in der ehemaligen Sowjetunion könnten deshalb nicht gemäß § 22 Abs. 4 FRG gekürzt werden, weil es sich gleichzeitig um Ersatzzeiten wegen Verschleppung handele, steht dem bereits die Gesetzessystematik entgegen, denn Voraussetzung für die Anerkennung von Ersatzzeiten ist nach § 250 Abs. 1 SGB VI u.a., dass in den betreffenden Zeiten Versicherungspflicht nicht bestanden hat, weshalb die Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG einer gleichzeitigen Berücksichtigung der betreffenden Zeiträume als Ersatzzeiten auch dann entgegensteht, wenn sich aus der Berücksichtigung als Ersatzzeiten höhere EP ergäben (vgl. hierzu etwa die Gesetzesbegründung zum Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24. Juni 1993 (BGBl. I S. 1038), mit welchem § 250 Abs. 2 SGB VI neu gefasst worden ist, BT-Drucks. 12/5017 vom 25.05.1993, S. 48).
Sofern die Klägerin (vgl. etwa Schriftsatz vom 21.10.2010, Bl. 33 Senatsakte) neben der Berufung auf eine Verfassungswidrigkeit der Absenkung der FRG-Zeiten um 40 % in ihrem Fall über den bereits als Ersatzzeit wegen Internierung/Verschleppung anerkannten Zeitraum vom 18.11.1952 bis 17.11.1955 hinaus – ohne dies näher zu spezifizieren – noch die Anerkennung weiterer Ersatzzeiten und die Gewährung höherer Altersrente für Frauen aufgrund dessen begehrt, ist die Klage – mangels einer Entscheidung der Beklagten hierüber in den angefochtenen Bescheiden – unzulässig. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid – unter Prüfung des Bescheids vom 9. November 1998 nach § 44 SGB X – lediglich über die Höhe der sich aus den nach dem FRG anerkannten Versicherungszeiten ergebenden EP entschieden und dabei in Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG sowie unter Berücksichtigung der Übergangsregelung in Art. 6 § 4 c Abs. 2 FANG die Kürzung dieser EP durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6 vorgenommen sowie die Gewährung eines Zuschusses abgelehnt. Die Anerkennung weiterer Ersatzzeiten war vor Erlass des angefochtenen Bescheides weder beantragt, noch war diese Gegenstand der Entscheidung der Beklagten.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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