Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 688/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3109/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Multiple Chemical Sensitivity-Syndrom (MCS) bzw. eine vielfache Chemikalienunverträglichkeit kann nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht als Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII anerkannt werden. Die Gründe für die Entstehung dieser Erkrankung sind nicht geklärt. Insbesondere fehlt es an validen Erkenntnissen über besondere berufliche Einflüsse auf das Entstehen eines MCS.
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22.06.2011 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folgen der Berufskrankheiten (BKen) Nr. 1303 bzw. Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) bzw. einer sogenannten Wie-BK nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) im Streit.
Der 1965 geborene Kläger arbeitete seit 1981 als Maler, wobei er seit April 1992 selbstständig tätig war. Die Arbeitsmedizinerin Dr. A. zeigte am 12.08.2005 im Hinblick auf vom Kläger geäußerte Gesichtsschmerzen mit Pelzigkeit und Anschwellung sowie eine im Frühjahr 2005 diagnostizierte Trigeminusneuralgie den Verdacht auf das Vorliegen einer BK an. Der Präventionsdienst der Beklagten berichtete am 07.12.2005, dass der Kläger seit dem Beginn seiner Tätigkeit als Maler und Lackierer hauptsächlich sogenannte Malerlacke (Alkydharzfarben) und Dispersionsfarben verarbeitet habe. Hierbei habe es sich anfänglich zu 70 bis 80 % um lösemittelhaltige, nicht entaromatisierte Farben gehandelt. Unter dem Druck gesetzlicher Vorgaben gingen die Lackhersteller zwischenzeitlich zunehmend dazu über, aromatenhaltige Formulierungen durch aromatenfreie zu ersetzen, sodass der Kläger künftig nahezu ausschließlich derartige aromatenfreie Farben verarbeite. Allerdings mache der Kläger gerade diese aromatenfreie Produkte für seine gesundheitlichen Probleme verantwortlich. Nach seinen Angaben reiche bereits das Hineinriechen in eines dieser Produkte, um typische Reaktionen hervorzurufen. Deswegen habe der Kläger bislang ältere Bestände nicht entaromatisierter Produkte erworben. Hinsichtlich der BK Nr. 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) sei festzustellen, dass die in der wissenschaftlichen Begründung zu der BK genannten Gefahrstoffe nicht in den von dem Kläger verdächtigten, zuletzt verarbeiteten Produkten enthalten gewesen seien (Capalac Dickschichtlack von Caparol; B. Flächenlasur 620, B. Gel-Lasur 510, B. Impredur Seidenmattlack 880, B. Impredur Ventillack 822).
Der behandelnde Dermatologe Dr. Sch. teilte mit Befundbericht vom 01.12.2005 eine Kontaktallergie auf aromatenfreie Lacke mit. Der Neurologe Dr. P. diagnostizierte am 15.03.2005 Gesichtsschmerzen rechts. Auf Anfrage der Beklagten untersuchte Dr. P. den Kläger erneut, woraufhin Dr. P. am 20.03.2006 einen neurologisch unauffälligen Befund mitteilte.
Im Auftrag der Beklagten erstellte der Arbeits- und Sozialmediziner Prof. Dr. T. am 13.06.2006 ein Zusammenhangsgutachten. Der Kläger leide nach eigenen Angaben unter gehäuften Kopfschmerzen, einem Taubheitsgefühl der Hände und Füße, Kraftlosigkeit in den Armen und Beinen und einem Zittern der Hände. Er leide allerdings nicht an Vergesslichkeit oder Konzentrationsproblemen. Seit Tätigkeitsbeginn 1981 habe er nach eigenen Angaben alle typischen Tätigkeiten eines Malers und Lackierers ausgeführt, wobei es bei Kontakten mit Kleistern zu Hautrötungen und Juckreizen gekommen sei. Beim Umgang mit Farben und Lacken seien ihm keine Hautveränderungen aufgefallen. Im Mai 2005 habe er erstmals ein Kribbeln sowie ein Taubheits- und Pelzigkeitsgefühl im Bereich der rechten Wange bemerkt, außerdem sei es zu einer Trockenheit im Mund gekommen. Diese Beschwerden seien nur beim Verstreichen von sogenannten aromatenfreien Lacken aufgetreten, welche es erst seit einigen Jahren gebe. Der zeitliche Abstand zwischen der Exposition und dem Auftreten der Beschwerden sei immer kürzer geworden und habe sich von einer halben Stunde auf ca. 15 Minuten verkürzt. Ein spezielles Produkt, welches die Beschwerden auslöse, könne er nicht benennen. Es sei ihm allerdings aufgefallen, dass die aromatenfreien Lacke mit dem Gefahrstoff 2-Butanonoxim gezeichnet seien. Außerdem habe er auch in der arbeitsfreien Zeit, z. B. an Weihnachten, keine Beschwerden. Der Gutachter stellte bei dem Kläger einen insgesamt neurologisch unauffälligen Befund fest. In den von dem Kläger verwendeten Lacken befänden sich organische Lösungsmittel (aliphatische Kohlenwasserstoffe) sowie Toluol und Xylol, welche im Sinne der BK Nr. 1317 und BK Nr. 1303 relevant seien. Die Voraussetzungen für eine BK Nr. 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol) oder eine BK Nr. 1317 lägen aus arbeitsmedizinischer Sicht jedoch wegen des Fehlens einer neurologischen Befundes nicht vor. Eine exakte diagnostische Zuordnung der von dem Kläger beklagten Gesichtsschmerzen sei nicht möglich, weshalb weiterhin von der Verdachtsdiagnose Gesichtsschmerz unklarer Genese ausgegangen werde. Der von dem Kläger zur Untersuchung mitgebrachte Capalac Dickschichtlack habe zwar subjektiv ein Kribbeln im Bereich der rechten Gesichtshälfte, Mundtrockenheit und ein Schwächegefühl in den Beinen hervorgerufen, objektiv seien jedoch keine Veränderungen feststellbar gewesen. Auch bei der Exposition mit Kompactlasur über 20 Minuten, welche zusätzlich mit Toluol und Xylol versetzt worden sei, seien keine gesundheitlichen Beschwerden, auch nicht in Form von Kribbeln oder Luftnot, angegeben worden.
Der vom Kläger vermutete Zusammenhang mit aromatenfreien Lacken lasse sich bei genauer Betrachtung der chemischen Zusammensetzung nicht ohne Weiteres bestätigen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass auch Produkte mit aromatischen Kohlenwasserstoffen die Beschwerden ausgelöst hätten. Auch der Verdacht auf eine Auslösung der Beschwerden des Klägers durch 2- Butanonoxim oder Methylethylketoxim habe sich nicht bestätigen lassen. Zu diesen Stoffen fehle es an dem Nachweis einer Neurotoxizität beim Menschen. Anhaltspunkte für eine Erkrankung nach § 9 Abs. 2 SGB VII lägen nicht vor.
Die Gewerbeärztin Dr. E. vertrat am 07.07.2006 ebenfalls die Auffassung, dass die vom Kläger geschilderten Beschwerden zwar berufsbedingt seien, jedoch versicherungsrechtlich nicht erheblich.
Ergänzend gab der Gutachter Dr. T. am 01.08.2006 auf Nachfrage der Beklagten an, dass die Berufsgruppe der Maler und Lackierer in keinem höheren Maße an einer Trigeminusneuralgie leide als die übrige Bevölkerung, wobei nationales und internationales Schrifttum berücksichtigt worden sei.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26.09.2006 die Anerkennung der Gesichtsschmerzen des Klägers (Verdacht auf Trigeminusneuralgie), des Taubheitsgefühls der Hände und Füße, der Kraftlosigkeit in den Armen und Beinen und das Zittern der Hände als Folgen einer BK ab. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 1303 oder 1317 der Anlage zu BKV lägen nicht vor, wozu auf die Ausführungen des Gutachters verwiesen wurde. Auch bei neurologischen Untersuchung durch Dr. P. habe sich kein krankhafter Befund auf neurologischem Gebiet gezeigt. Eine Anerkennung als Wie-BK nach § 9 Abs.2 SGB VII scheide aus, da das Tatbestandsmerkmal der gruppentypischen Risikoerhöhung nicht erfüllt sei. Es sei nicht erkennbar, dass Maler in höherem Maße an einer Trigeminusneuralgie litten als die übrige Bevölkerung.
Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass die beklagten Beschwerden eindeutig im Zusammenhang mit der Verarbeitung von aromatenfreien Lacken aufträten. Soweit der Gutachter einen Zusammenhang verneine, sei dies fehlerhaft. Auch sei die Gruppe der Maler und Lackierer einem wesentlich höheren Risiko der Erkrankung an den von ihm geschilderten Symptomen ausgesetzt als die übrige Bevölkerung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2008 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen, wozu die Beklagte erneut auf das Gutachten verwies. Der von dem Kläger vorgebrachte Hinweis auf zwei Arbeitnehmer mit ähnlichen Symptomen wie bei ihm könne nicht ausreichen, um den Tatbestand der gruppentypischen Risikoerhöhung zu erfüllen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 18.08.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen an. Der Allgemeinmediziner Dr. D. gab am 23.09.2008 an, dass es bei dem Kläger in den letzten drei Jahren vermehrt zu Atemnotzuständen beim Umgang mit bestimmten Lacken gekommen sei. Der Kläger habe dann intermittierende spastische Bronchitiden sowie Schwindelattacken, Kopfschmerzen und Bauchschmerzen erlitten.
Der Dermatologe Dr. Sch. teilte am 02.10.2008 mit, dass sich bei dem Kläger nach Kontakt mit aromatenfreien Lacken eine objektiv nachweisbare Schwellung der rechten Wangenseite entwickelt habe. Subjektiv sei über Sehstörungen rechts, eine Trockenheit der Mundschleimhautregion sowie Pelzigkeitsgefühl im Mund geklagt worden. Diese Symptome hätten im zeitlichen Verlauf jeweils zugenommen. Bei einer Allergietestung am 07.11.2005 habe sich bei dem Kläger eine Schwellung der rechten Gesichtshälfte gezeigt. Es werde von einer anaphylaktoiden bzw. neurotoxischen Reaktion auf Bestandteile aromatenfreier Lacke ausgegangen.
Der Neurologe Dr. R. gab am 19.01.2009 an, den Kläger lediglich einmalig am 25.02.2008 untersucht zu haben. Der Kläger habe über ein Taubheitsgefühl im rechten Gesichtsbereich sowie in den Extremitäten geklagt, sobald er Lösungsmittel einatme. Eine eindeutige Diagnose habe nicht gestellt werden können, Hinweise für eine Polyneuropathie hätten sich nicht ergeben. Ein durch Lösungsmittel ausgelöster Gefäßspasmus werde jedoch als Symptomatik im Sinne einer TIA [Transitorische ischämische Attacke = Durchblutungsstörung des Gehirns, welche neurologische Ausfallserscheinungen hervorruft] diskutiert.
Der Neurologe und Psychiater Dr. P. erklärte am 03.02.2009, dass er bei dem Kläger lediglich einen Gesichtsschmerz rechts unklarer Genese festgestellt habe. Diesen habe der Kläger allerdings über einen Zeitraum von neun Monaten lang geklagt. Der Schmerz sei durch Kälte auslösbar und könne bis zu mehreren Stunden dauern. Die Kernspintomographie des Schädels habe indes einen regelrechten Befund geboten. Die Frage nach dem ursächlichen Zusammenhang mit einer Exposition gegenüber Lacken könne er aufgrund des Interessenkonfliktes als behandelnder Arzt nicht beantworten.
Der Dermatologe Dr. M. teilte am 20.02.2009 mit, dass der Kläger gegenüber Stoffen exponiert gewesen sei, welche bei den BKen-Nr. 1303 und 1317 aufgeführt seien. Die durchgeführten Untersuchungen hätten Veränderungen gezeigt, welche die Diagnose einer toxischen Enzephalopathie unterstrichen. Dies sei auch durch laborchemische Untersuchungen bestätigt worden. Ergänzend hierzu seien die Untersuchungen in der PET-Untersuchung für entsprechende Einwirkungen typisch, sodass er die Erkrankung des Klägers auf die berufliche Exposition zurückführe.
Die Beklagte entgegnete auf die Ausführungen des Dr. M., dass eine toxische Enzephalopathie nach den in den Verwaltungsakten enthaltenen Befundberichten nicht festgestellt worden sei und neben den anamnestischen Angaben hierfür auch ein entsprechender psychopathologischer Befund bzw. ein objektiviertes psychologisches Untersuchungsverfahren erforderlich sei. Insoweit sei nach wie vor das Gutachten des Prof. T. vom 13.06.2006 schlüssig und überzeugend.
Das Gericht beauftragte daraufhin den Neurologen und Psychiater Dr. L. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens. In dem Gutachten vom 14.12.2009 ist angegeben, dass der Kläger unter einer dysfunktionalen Myoarthropathie rechtsseitig und einer alten Wurzelreizsymptomatik S 1 rechts leide. Im Übrigen sei der neurologische Befund unauffällig. Der Kläger habe einen überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten (IQ) und eine durchschnittliche Arbeitsgeschwindigkeit und Gedächtnisspanne aufgewiesen. Es hätten sich Hinweise auf eine depressive Stimmung ergeben, wobei die Auswertung des strukturierten Fragebogens simulierter Symptome auf eine Simulation hinweise. Insgesamt sei eine neurotoxische Erkrankung seiner Einschätzung nach ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang sei auf die Gesichtsasymmetrie des Klägers und die Okklusion (Bissfehlstellung) hinzuweisen, welche Schmerzen beim Öffnen und Schließen des Kiefers und entsprechende Schmerzen beim Druck auf das Kiefergelenk mit dem typischen Ausstrahlungen in den Kiefer erklären könne. Darüber hinausgehende Ausfälle oder spezielle Hinweise auf eine Trigeminusneuralgie hätten sich nicht finden lassen. Demgegenüber sei bereits in der Universitätsklinik T. 2005 eine craniomandibuläre Dysfunktion festgestellt worden, wobei auch eine Störung der Okklusion nachgewiesen worden sei. Bei diesem Krankheitsbild sei die Fehldiagnose einer Trigeminusneuralgie häufig. Keinesfalls sei jedoch insoweit der Zusammenhang mit einer BK zu attestieren. Zwar seien nach den Sicherheitsdatenblättern bei dem Kontakt des Klägers mit den in den Lacken enthaltenen Substanzen (weitgehend entaromatisierte Kohlenwasserstoffe, Toluol und Xylol, etc.) Hautreizungen bei Berührungen und pneumologisch relevante Erkrankungen durch Inhalation möglich. Die Beschwerdeschilderung beschränke sich jedoch auf Lähmungserscheinungen bzw. Gefühlsstörungen im Gesicht, an den Extremitäten und Schwindel. Deswegen werde der im aktuellen Beschwerdevortrag berichtete Schwindel unspezifisch als flüchtige vegetative Begleitreaktion im Rahmen einer Inhalation übelriechender Substanzen eingeordnet, was auch für die angegebenen Schwächeempfindungen gelte. Es sei darauf hinzuweisen, dass beim Kläger im Rahmen mannigfaltiger Untersuchungen neurophysiologischer Art keine neurologische Störung habe objektiviert werden können.
Anschließend wurde auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers ein weiteres Gutachten bei dem Internisten, Nephrologen und Umweltmediziner Prof. Dr. H. angefordert. In dem Gutachten vom 17.05.2010 wird ausgeführt, dass bei dem Kläger das Krankheitsbild einer toxischen Enzephalopathie und einer neuralgieformen Schmerzsymptomatik nach Exposition mit volatilen Substanzen festzustellen sei. Ferner leide der Kläger unter einer genetisch reduzierten Enzymaktivität, deutlich vermehrten Entzündungszeichen und einer autonomen Dysfunktion. Bei dem Kläger bestehe seit über zehn Jahren eine Exposition gegenüber Stoffen, welche in den BKen Nr. 1303 und 1317 in der Liste der Berufskrankheiten aufgeführt seien. Die Differenzialdiagnose einer craniomandibulären Dysfunktion durch den Vorgutachter sei dadurch widerlegt, dass der Kläger bei der Exposition gegenüber Lacken eine Schwellung der Gesichtshälfte aufgewiesen habe, welche sich nach Expositionsvermeidung zurückgebildet habe. Die Beschwerden seien reproduzierbar und würden bei jedem Kontakt mit Toluol und Xylol auftreten. Die Kausalität der Symptomatik sei durch das stereotype Auftreten der Symptome bei der Exposition mit den Lösungsmitteln seit 2002 und die Rückbildung der Symptome nach Expositionsvermeidung nachgewiesen. Die diagnostizierte Enzephalopathie sei mit Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen, da die Exposition mit den Substanzen regelmäßig die angegebene Beschwerdesymptomatik auslöse. Dem Gutachten war das neurologische Zusatzgutachten durch Dr. G.-B. beigefügt, wonach bei dem Kläger eine Enzephalopathie und eine neuralgieforme Schmerzsymptomatik vorliege, jedoch kein Hinweis auf fokale oder generalisierte pathologische Funktionsstörungen des zentralen oder peripheren Nervensystems.
Die Beklagte wies erneut daraufhin, dass für die Diagnose einer toxischen Enzephalopathie neben den anamnestischen Angaben auch ein psychologischer Befund aufgrund von psychologischen Testverfahrens zu objektivieren sei, welche indes weder von Prof. Dr. H. noch von Dr. G.-B. durchgeführt worden seien. Neurotoxisch begründbare Defizite am peripheren und am zentralen Nervensystem lägen nicht vor, weswegen Dr. L. und Prof. Dr. T. zu folgen sei.
Der Gutachter Dr. L. führte in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 12.05.2011 aus, das Prof. Dr. H. im eigenen Untersuchungsbefund im Hirnnerven- und Pupillenbereich keinen krankhaften Befund festgestellt habe. Seine Ausführungen seien als unauffälliger Befund zu bewerten, auch wenn der Stehversuch mit geschlossenen Augen nicht durchführbar gewesen sein soll. Es sei nicht erklärbar, weshalb Prof. Dr. H. die Diagnose einer Enzephalopathie und einer neuralgieformen Schmerzsymptomatik aufgestellt habe. Auch sei die bei Dr. G.-B. durchgeführte neurologische und neurophysiologische Untersuchung unauffällig gewesen. Die Gutachten seien nicht begründet, widersprüchlich und selbst beim besten Willen für ihn nicht verständlich.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.06.2011 abgewiesen. Die für die Anerkennung der geltend gemachten BKen erforderlichen Voraussetzungen seien nicht nachweisbar, was zu Lasten des Klägers gehe. Es habe nicht im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen werden können, dass der Kläger unter einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie im Sinne einer BK Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV leide. Zwar habe auch Prof. Dr. T. festgestellt, dass bei dem Kläger eine Exposition gegenüber organischen Lösungsmitteln in Form von aliphatischen Kohlenwasserstoffen vorliege. Die für die Anerkennung einer dieser Erkrankungen erforderliche neurologische Untersuchung des Klägers habe jedoch in keinem Fall den Nachweis einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie erbracht. Soweit für den Nachweis dieser Erkrankung auf anamnestische Angaben verwiesen werde, seien diese erstmalig gegenüber Prof. Dr. H. in entsprechender Weise getätigt worden. Prof. Dr. H. habe selbst keinen Inhalationstest durchgeführt, sondern sich insoweit alleine auf die Angaben des Klägers gestützt. Auch habe Prof. Dr. H. bzw. Dr. G.-B. nicht die erforderlichen psychologischen Testverfahren durchgeführt, wohin gegen die entsprechenden Testungen durch Dr. L. zur Verneinung der Diagnose einer Enzephalopathie führten. Auch sei eine Erkrankung gemäß der BK Nr. 1303 der Anlage zur BKV, also eine solche durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol, nicht gegeben. Zwar sei auch hier eine einschlägige Exposition nachgewiesen. Der objektive Nachweis einer einschlägigen Schädigung des Klägers sei mit den Gutachten des Prof. Dr. T. und des Dr. L. schlüssig verneint worden. Da für Maler keine gruppenspezifische Risikoerhöhung hinsichtlich der geltend gemachten Beschwerden bestehe, scheide auch die Anerkennung einer Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII aus.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 22.07.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG seien die Gutachten von Prof. Dr. H. und Dr. G.-B. schlüssig und überzeugend.
Im Berufungsverfahren haben die Bevollmächtigten eine Bescheinigung des Dermatologen und Umweltmediziners Dr. M. aus K. vom 24.02.2012 eingereicht, wonach der Kläger an einer toxischen Enzephalopathie infolge seiner Tätigkeit als Maler leide. Hierbei handele es sich um eine klinische Diagnose, für die es keine beweisende oder widerlegende Diagnostik gebe. Der Kläger befand sich vom 10.11.2011 bis zum 01.12.2011 auf eigene Kosten zu einer "Entgiftungsbehandlung" in der Spezialklinik N.en, wo unter anderem ein multiples Chemikaliensyndrom mit toxischer Enzephalopathie und Polyneuropathie diagnostiziert wurde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22.06.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 26.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.07.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die beim Kläger vorliegende neurologische Erkrankung als Berufskrankheit Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV, Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV oder als Quasi-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf das aktuelle Gutachten von Prof. Dr. Dr. K ...
Am 02.03.2012 wurde im LSG ein Erörterungstermin durchgeführt, in welchem der Kläger auf den Bezug von Rente wegen Berufsunfähigkeit aus privaten Versicherungen hingewiesen hat. Im Anschluss hieran wurden die Versicherungsunterlagen des Klägers bei der A. M. Versicherung und bei der Allianz Versicherung beigezogen und eine sachverständige Zeugenauskunft der behandelnden Ärztin Dr. A. von der Spezialklinik N.en angefordert. Insoweit wird auf die in der LSG-Akte enthaltenen Kopien und die Stellungnahme von Dr. A. sowie die in Kopie übersandten weiteren Befundberichte Bezug genommen.
Der Kläger hat seinen Malerbetrieb im September 2012 aus gesundheitlichen Gründen verkauft.
Der Arbeits- und Umweltmediziner Prof. Dr. Dr. K. hat in einem am 28.03.2013 für das LSG erstellten Gutachten den Standpunkt der Beklagten gestützt. Bei dem Kläger bestünden ein Multiple Chemical Sensitivity (MCS)-Syndrom ICD-10 F 59, eine somatoforme autonome Funktionsstörung mit Angioödem und Kribbelparästhesien ICD-10 F 45.3 und eine craniomandibuläre Dysfunktion. In der Verursachung dieser Diagnosen komme der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Maler und Lackierer keine überragende Bedeutung zu; vielmehr sei die Ursache in der Person des Versicherten zu sehen. Die beruflichen Einwirkungen hätten auch nicht die Bedeutung einer wesentlichen Mitursache. Weder die Voraussetzungen einer BK 1303 oder 1317 noch diejenigen einer Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII seien erfüllt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Wie das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 02.04.2009 (B 2 U 9/08 R = SGb 2009, 355) ausgeführt hat, lassen sich aus der gesetzlichen Formulierung bei einer BK, die in der Anlage 1 zur BKV aufgeführt ist (sog. Listen-BK), im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haf-tungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (unter Hinweis auf BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils Rn. 15; BSG vom 09. 05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils Rn. 13 ff.).
Klarstellend und abweichend von der früheren gelegentlichen Verwendung des Begriffs durch den 2. Senat des BSG (vgl. BSG vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16; BSG vom 04.12.2001 - B 2 U 37/00 R - SozR 3-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 1) hat das BSG in der genannten Entscheidung betont, dass im BK-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall (vgl. nur BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils Rn. 10) ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den BK-Folgen, die dann ggf. zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der BK keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Die geltend gemachte BK nach der Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) liegt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor. Der Senat geht mit dem Gutachter Prof. Dr. Dr. K. stattdessen davon aus, dass bei dem Kläger ein Multiple Chemical Sensitivity (MCS)-Syndrom ICD-10 F 59, eine somatoforme autonome Funktionsstörung mit Angioödem und Kribbelparästhesien ICD-10 F 45.3 und eine craniomandibuläre Dysfunktion vorliegen. Der vorliegende Rechtsstreit ist dadurch gekennzeichnet, dass die einbezogenen Ärzte sehr unterschiedliche Auffassungen zu den bei dem Kläger vorhandenen Krankheitsbildern vertreten. Dies liegt offenbar zum Teil daran, dass der Nachweis der angeführten Erkrankungen nur schwierig zu führen ist. So hat der den Anspruch des Klägers stützende Dermatologe und Umweltmediziner Dr. M. (K.) in seiner Bescheinigung einer toxischen Enzephalopathie vom 24.02.2012 sogar selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine klinische Diagnose handele, für die es keine beweisende oder widerlegende Diagnostik gebe. Andererseits liegt die Feststellungslast für die gestellten Ansprüche beim Kläger. Nach Auffassung des Senats ist es dem Gutachter Prof. Dr. Dr. K. mit seinem schlüssigen und überzeugenden Gutachten gelungen, die zuvor bestehenden Widersprüche zwischen den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen teilweise aufzulösen. Danach liegt bei dem Kläger zwar durchaus eine krankheitswertige Reaktion auf Chemikalien vor, die sich in der von Prof. Dr. Dr. K. beschriebenen Form äußert, was sich teilweise mit den Beobachtungen und Anmerkungen der Gutachter Prof. Dr. H. und Dr. G.-B. und des Dr. M. (K.) sowie der Dr. A. und des Dr. Binz deckt. Diese Krankheitsbilder erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten BKen, wozu Prof. Dr. Dr. K. insoweit zu Recht auf frühere Ausführungen des Prof. Dr. T. und des Gutachters Dr. L. verweisen kann.
Für die Anerkennung einer BK 1317 fehlt es bereits am Nachweis der Krankheitsbilder einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie, wozu auf die Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. Dr. K., Dr. L. und Prof. Dr. T. Bezug genommen wird. Die erstmalige ausführliche Testung des Klägers auf die verdächtigten Substanzen führte nicht zum Nachweis einer einschlägigen Diagnose; die vom Kläger geschilderten Gesichtsschmerzen konnten von Prof. Dr. T. weder objektiviert noch diagnostisch zugeordnet werden. Auch bei der nachfolgenden Untersuchung durch den Gutachter Dr. L., bei der umfassende elektrophysiologische, elektromyographische und elektroneurographische Messungen vorgenommen wurden, fanden sich keine Krankheitsbilder im Sinne der BK 1317. Dr. L. konnte keinerlei neurologische Störung objektivieren, was sich mit den Ausführungen der als sachverständige Zeugen gehörten behandelnden Neurologen Dr. R. (19.01.2009) und Dr. P. (03.02.2009) deckt.
Erst bei der anschließenden Untersuchung durch die Zusatzgutachterin Dr. G.-B. wurde eine Enzephalopathie durch Lösungsmittel behauptet; allerdings hat sich Dr. G.-B. hierzu auf anamnestische Angaben des Klägers und nicht auf eigene Untersuchungsbefunde gestützt, weswegen der Senat diesen Ausführungen einen geringeren Beweiswert beimisst. Auch die entsprechende Diagnose einer Enzephalopathie durch den sachverständigen Zeugen Dr. M. (20.02.2009) überzeugt aus diesem Grund nicht. Die Übernahme dieser Diagnose Dr. G.-B.s durch Prof. Dr. H. als Hauptgutachter ist nicht schlüssig, weil Prof. Dr. H. selbst darauf hinweist, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Exposition von Lösungsmitteln und dem Auftreten von Beschwerden erforderlich ist, der vorliegend nicht feststellbar ist. Denn die Beschwerden des Klägers traten gerade zu einem Zeitpunkt auf und verstärkten sich anschließend, als der Kläger seinen Betrieb auf die Verwendung lösungsmittelfreier Lacke umstellte, was einen untypischen Krankheitsverlauf darstellt. Die Diagnose einer Enzephalopathie durch Prof. Dr. H. beruht nicht auf einer eigenen Befundung, sondern auf der Übernahme dieser Diagnose von Dr. G.-B ... Der von Prof. Dr. H. vertretene Schweregrad IIa dieser Erkrankung geht zudem mit kognitiven Leistungsminderungen und Persönlichkeitsänderungen einher, welche vorliegend nicht nachgewiesen wurden.
Die Diagnose einer Enzephalopathie wurde dann von Dr. A. von der Spezialklinik N.en übernommen und um die Diagnose einer Polyneuropathie ergänzt (bestätigt in der sachverständigen Zeugenaussage vom 27.07.2012). Insoweit ist mit dem Gutachter Prof. Dr. Dr. K. darauf hinzuweisen, dass eine nachvollziehbare Diagnostik anhand der Kriterien für den Nachweis dieser Erkrankungen nicht erfolgt ist. Allerdings hat Dr. A. erstmals ein MCS benannt, welches die Beschwerden des Klägers zu erklären vermag und welches schließlich auch von Dr. K. bestätigt worden ist. Allerdings ist das MCS nicht Gegenstand der Anerkennung einer BK Nr. 1317.
Eine BK nach der Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol) besteht nicht, weil bei dem Kläger nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. Dr. K. der zeitliche Verlauf der Krankheitsgeschichte nicht hierzu passt. Zum einen traten die Beschwerden auch erst hier auf, als eine Umstellung auf aromaten-freie Lacke erfolgte. Zum anderen war die Einwirkung der Stoffe Benzol und seiner Homologe sowie Styrol auf den Kläger vergleichsweise gering, und es liegt auch insoweit gemäß den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K., Prof. Dr. T., Dr. L., Dr. R. und Dr. P. kein Nachweis einer Enzephalopathie oder einer sonstigen einschlägigen neurologischen Erkrankung vor.
Schließlich kann auch keine Anerkennung der Beschwerden des Klägers als Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII erfolgen. Bereits Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass eine erhöhte Gefahr, dass Maler und Lackierer an einer Trigeminusneuralgie erkranken, wissenschaftlich nicht belegt ist. Für die bei dem Kläger schließlich festgestellten Erkrankungen MCS-Syndrom ICD-10 F 59, somatoforme autonome Funktionsstörung mit Angioödem, Kribbelparästhesien ICD-10 F 45.3 und craniomandibuläre Dysfunktion kommt eine Anerkennung als Wie-BK nicht in Betracht. Im Hinblick auf das MCS-Syndrom ist die Entstehung dieser Erkrankung wissenschaftlich nicht gesichert, wozu auf die umfangreichen Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K. verwiesen wird. Deshalb ist es auch nicht möglich, diesem Krankheitsbild, bei dem ein erheblicher psychischer Einfluss vermutet wird, mit der erforderlichen Gewissheit einen bestimmenden Einfluss durch eine berufliche Exposition von bestimmten Substanzen zuzuschreiben. Hierzu wird auf das den Beteiligten bekannte Schreiben des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 11.10.2007 an das Sozialgericht Würzburg hingewiesen, wonach valide Erkenntnisse über eine besondere berufliche Einflüsse auf das Entstehen eines MCS-Syndroms nicht existieren; dass sich hieran keine aktuelle Änderung ergeben hat, wird von Prof. Dr. Dr. K. unter Hinweis auf aktuelle Literaturstellen schlüssig dargelegt.
Da Streitgegenstand des Verfahrens alleine die BKen 1303 und 1317 der Anlage 1 zur BKV und das Vorliegen einer Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII ist, kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht darauf an, ob der Kläger ggf. die Voraussetzungen einer anderen BK erfüllt, über welche die Beklagte noch nicht entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 KN 2/07 U R -, UV-Recht Aktuell 2009, 526).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folgen der Berufskrankheiten (BKen) Nr. 1303 bzw. Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) bzw. einer sogenannten Wie-BK nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) im Streit.
Der 1965 geborene Kläger arbeitete seit 1981 als Maler, wobei er seit April 1992 selbstständig tätig war. Die Arbeitsmedizinerin Dr. A. zeigte am 12.08.2005 im Hinblick auf vom Kläger geäußerte Gesichtsschmerzen mit Pelzigkeit und Anschwellung sowie eine im Frühjahr 2005 diagnostizierte Trigeminusneuralgie den Verdacht auf das Vorliegen einer BK an. Der Präventionsdienst der Beklagten berichtete am 07.12.2005, dass der Kläger seit dem Beginn seiner Tätigkeit als Maler und Lackierer hauptsächlich sogenannte Malerlacke (Alkydharzfarben) und Dispersionsfarben verarbeitet habe. Hierbei habe es sich anfänglich zu 70 bis 80 % um lösemittelhaltige, nicht entaromatisierte Farben gehandelt. Unter dem Druck gesetzlicher Vorgaben gingen die Lackhersteller zwischenzeitlich zunehmend dazu über, aromatenhaltige Formulierungen durch aromatenfreie zu ersetzen, sodass der Kläger künftig nahezu ausschließlich derartige aromatenfreie Farben verarbeite. Allerdings mache der Kläger gerade diese aromatenfreie Produkte für seine gesundheitlichen Probleme verantwortlich. Nach seinen Angaben reiche bereits das Hineinriechen in eines dieser Produkte, um typische Reaktionen hervorzurufen. Deswegen habe der Kläger bislang ältere Bestände nicht entaromatisierter Produkte erworben. Hinsichtlich der BK Nr. 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) sei festzustellen, dass die in der wissenschaftlichen Begründung zu der BK genannten Gefahrstoffe nicht in den von dem Kläger verdächtigten, zuletzt verarbeiteten Produkten enthalten gewesen seien (Capalac Dickschichtlack von Caparol; B. Flächenlasur 620, B. Gel-Lasur 510, B. Impredur Seidenmattlack 880, B. Impredur Ventillack 822).
Der behandelnde Dermatologe Dr. Sch. teilte mit Befundbericht vom 01.12.2005 eine Kontaktallergie auf aromatenfreie Lacke mit. Der Neurologe Dr. P. diagnostizierte am 15.03.2005 Gesichtsschmerzen rechts. Auf Anfrage der Beklagten untersuchte Dr. P. den Kläger erneut, woraufhin Dr. P. am 20.03.2006 einen neurologisch unauffälligen Befund mitteilte.
Im Auftrag der Beklagten erstellte der Arbeits- und Sozialmediziner Prof. Dr. T. am 13.06.2006 ein Zusammenhangsgutachten. Der Kläger leide nach eigenen Angaben unter gehäuften Kopfschmerzen, einem Taubheitsgefühl der Hände und Füße, Kraftlosigkeit in den Armen und Beinen und einem Zittern der Hände. Er leide allerdings nicht an Vergesslichkeit oder Konzentrationsproblemen. Seit Tätigkeitsbeginn 1981 habe er nach eigenen Angaben alle typischen Tätigkeiten eines Malers und Lackierers ausgeführt, wobei es bei Kontakten mit Kleistern zu Hautrötungen und Juckreizen gekommen sei. Beim Umgang mit Farben und Lacken seien ihm keine Hautveränderungen aufgefallen. Im Mai 2005 habe er erstmals ein Kribbeln sowie ein Taubheits- und Pelzigkeitsgefühl im Bereich der rechten Wange bemerkt, außerdem sei es zu einer Trockenheit im Mund gekommen. Diese Beschwerden seien nur beim Verstreichen von sogenannten aromatenfreien Lacken aufgetreten, welche es erst seit einigen Jahren gebe. Der zeitliche Abstand zwischen der Exposition und dem Auftreten der Beschwerden sei immer kürzer geworden und habe sich von einer halben Stunde auf ca. 15 Minuten verkürzt. Ein spezielles Produkt, welches die Beschwerden auslöse, könne er nicht benennen. Es sei ihm allerdings aufgefallen, dass die aromatenfreien Lacke mit dem Gefahrstoff 2-Butanonoxim gezeichnet seien. Außerdem habe er auch in der arbeitsfreien Zeit, z. B. an Weihnachten, keine Beschwerden. Der Gutachter stellte bei dem Kläger einen insgesamt neurologisch unauffälligen Befund fest. In den von dem Kläger verwendeten Lacken befänden sich organische Lösungsmittel (aliphatische Kohlenwasserstoffe) sowie Toluol und Xylol, welche im Sinne der BK Nr. 1317 und BK Nr. 1303 relevant seien. Die Voraussetzungen für eine BK Nr. 1303 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol) oder eine BK Nr. 1317 lägen aus arbeitsmedizinischer Sicht jedoch wegen des Fehlens einer neurologischen Befundes nicht vor. Eine exakte diagnostische Zuordnung der von dem Kläger beklagten Gesichtsschmerzen sei nicht möglich, weshalb weiterhin von der Verdachtsdiagnose Gesichtsschmerz unklarer Genese ausgegangen werde. Der von dem Kläger zur Untersuchung mitgebrachte Capalac Dickschichtlack habe zwar subjektiv ein Kribbeln im Bereich der rechten Gesichtshälfte, Mundtrockenheit und ein Schwächegefühl in den Beinen hervorgerufen, objektiv seien jedoch keine Veränderungen feststellbar gewesen. Auch bei der Exposition mit Kompactlasur über 20 Minuten, welche zusätzlich mit Toluol und Xylol versetzt worden sei, seien keine gesundheitlichen Beschwerden, auch nicht in Form von Kribbeln oder Luftnot, angegeben worden.
Der vom Kläger vermutete Zusammenhang mit aromatenfreien Lacken lasse sich bei genauer Betrachtung der chemischen Zusammensetzung nicht ohne Weiteres bestätigen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass auch Produkte mit aromatischen Kohlenwasserstoffen die Beschwerden ausgelöst hätten. Auch der Verdacht auf eine Auslösung der Beschwerden des Klägers durch 2- Butanonoxim oder Methylethylketoxim habe sich nicht bestätigen lassen. Zu diesen Stoffen fehle es an dem Nachweis einer Neurotoxizität beim Menschen. Anhaltspunkte für eine Erkrankung nach § 9 Abs. 2 SGB VII lägen nicht vor.
Die Gewerbeärztin Dr. E. vertrat am 07.07.2006 ebenfalls die Auffassung, dass die vom Kläger geschilderten Beschwerden zwar berufsbedingt seien, jedoch versicherungsrechtlich nicht erheblich.
Ergänzend gab der Gutachter Dr. T. am 01.08.2006 auf Nachfrage der Beklagten an, dass die Berufsgruppe der Maler und Lackierer in keinem höheren Maße an einer Trigeminusneuralgie leide als die übrige Bevölkerung, wobei nationales und internationales Schrifttum berücksichtigt worden sei.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26.09.2006 die Anerkennung der Gesichtsschmerzen des Klägers (Verdacht auf Trigeminusneuralgie), des Taubheitsgefühls der Hände und Füße, der Kraftlosigkeit in den Armen und Beinen und das Zittern der Hände als Folgen einer BK ab. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 1303 oder 1317 der Anlage zu BKV lägen nicht vor, wozu auf die Ausführungen des Gutachters verwiesen wurde. Auch bei neurologischen Untersuchung durch Dr. P. habe sich kein krankhafter Befund auf neurologischem Gebiet gezeigt. Eine Anerkennung als Wie-BK nach § 9 Abs.2 SGB VII scheide aus, da das Tatbestandsmerkmal der gruppentypischen Risikoerhöhung nicht erfüllt sei. Es sei nicht erkennbar, dass Maler in höherem Maße an einer Trigeminusneuralgie litten als die übrige Bevölkerung.
Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass die beklagten Beschwerden eindeutig im Zusammenhang mit der Verarbeitung von aromatenfreien Lacken aufträten. Soweit der Gutachter einen Zusammenhang verneine, sei dies fehlerhaft. Auch sei die Gruppe der Maler und Lackierer einem wesentlich höheren Risiko der Erkrankung an den von ihm geschilderten Symptomen ausgesetzt als die übrige Bevölkerung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2008 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen, wozu die Beklagte erneut auf das Gutachten verwies. Der von dem Kläger vorgebrachte Hinweis auf zwei Arbeitnehmer mit ähnlichen Symptomen wie bei ihm könne nicht ausreichen, um den Tatbestand der gruppentypischen Risikoerhöhung zu erfüllen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 18.08.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen an. Der Allgemeinmediziner Dr. D. gab am 23.09.2008 an, dass es bei dem Kläger in den letzten drei Jahren vermehrt zu Atemnotzuständen beim Umgang mit bestimmten Lacken gekommen sei. Der Kläger habe dann intermittierende spastische Bronchitiden sowie Schwindelattacken, Kopfschmerzen und Bauchschmerzen erlitten.
Der Dermatologe Dr. Sch. teilte am 02.10.2008 mit, dass sich bei dem Kläger nach Kontakt mit aromatenfreien Lacken eine objektiv nachweisbare Schwellung der rechten Wangenseite entwickelt habe. Subjektiv sei über Sehstörungen rechts, eine Trockenheit der Mundschleimhautregion sowie Pelzigkeitsgefühl im Mund geklagt worden. Diese Symptome hätten im zeitlichen Verlauf jeweils zugenommen. Bei einer Allergietestung am 07.11.2005 habe sich bei dem Kläger eine Schwellung der rechten Gesichtshälfte gezeigt. Es werde von einer anaphylaktoiden bzw. neurotoxischen Reaktion auf Bestandteile aromatenfreier Lacke ausgegangen.
Der Neurologe Dr. R. gab am 19.01.2009 an, den Kläger lediglich einmalig am 25.02.2008 untersucht zu haben. Der Kläger habe über ein Taubheitsgefühl im rechten Gesichtsbereich sowie in den Extremitäten geklagt, sobald er Lösungsmittel einatme. Eine eindeutige Diagnose habe nicht gestellt werden können, Hinweise für eine Polyneuropathie hätten sich nicht ergeben. Ein durch Lösungsmittel ausgelöster Gefäßspasmus werde jedoch als Symptomatik im Sinne einer TIA [Transitorische ischämische Attacke = Durchblutungsstörung des Gehirns, welche neurologische Ausfallserscheinungen hervorruft] diskutiert.
Der Neurologe und Psychiater Dr. P. erklärte am 03.02.2009, dass er bei dem Kläger lediglich einen Gesichtsschmerz rechts unklarer Genese festgestellt habe. Diesen habe der Kläger allerdings über einen Zeitraum von neun Monaten lang geklagt. Der Schmerz sei durch Kälte auslösbar und könne bis zu mehreren Stunden dauern. Die Kernspintomographie des Schädels habe indes einen regelrechten Befund geboten. Die Frage nach dem ursächlichen Zusammenhang mit einer Exposition gegenüber Lacken könne er aufgrund des Interessenkonfliktes als behandelnder Arzt nicht beantworten.
Der Dermatologe Dr. M. teilte am 20.02.2009 mit, dass der Kläger gegenüber Stoffen exponiert gewesen sei, welche bei den BKen-Nr. 1303 und 1317 aufgeführt seien. Die durchgeführten Untersuchungen hätten Veränderungen gezeigt, welche die Diagnose einer toxischen Enzephalopathie unterstrichen. Dies sei auch durch laborchemische Untersuchungen bestätigt worden. Ergänzend hierzu seien die Untersuchungen in der PET-Untersuchung für entsprechende Einwirkungen typisch, sodass er die Erkrankung des Klägers auf die berufliche Exposition zurückführe.
Die Beklagte entgegnete auf die Ausführungen des Dr. M., dass eine toxische Enzephalopathie nach den in den Verwaltungsakten enthaltenen Befundberichten nicht festgestellt worden sei und neben den anamnestischen Angaben hierfür auch ein entsprechender psychopathologischer Befund bzw. ein objektiviertes psychologisches Untersuchungsverfahren erforderlich sei. Insoweit sei nach wie vor das Gutachten des Prof. T. vom 13.06.2006 schlüssig und überzeugend.
Das Gericht beauftragte daraufhin den Neurologen und Psychiater Dr. L. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens. In dem Gutachten vom 14.12.2009 ist angegeben, dass der Kläger unter einer dysfunktionalen Myoarthropathie rechtsseitig und einer alten Wurzelreizsymptomatik S 1 rechts leide. Im Übrigen sei der neurologische Befund unauffällig. Der Kläger habe einen überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten (IQ) und eine durchschnittliche Arbeitsgeschwindigkeit und Gedächtnisspanne aufgewiesen. Es hätten sich Hinweise auf eine depressive Stimmung ergeben, wobei die Auswertung des strukturierten Fragebogens simulierter Symptome auf eine Simulation hinweise. Insgesamt sei eine neurotoxische Erkrankung seiner Einschätzung nach ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang sei auf die Gesichtsasymmetrie des Klägers und die Okklusion (Bissfehlstellung) hinzuweisen, welche Schmerzen beim Öffnen und Schließen des Kiefers und entsprechende Schmerzen beim Druck auf das Kiefergelenk mit dem typischen Ausstrahlungen in den Kiefer erklären könne. Darüber hinausgehende Ausfälle oder spezielle Hinweise auf eine Trigeminusneuralgie hätten sich nicht finden lassen. Demgegenüber sei bereits in der Universitätsklinik T. 2005 eine craniomandibuläre Dysfunktion festgestellt worden, wobei auch eine Störung der Okklusion nachgewiesen worden sei. Bei diesem Krankheitsbild sei die Fehldiagnose einer Trigeminusneuralgie häufig. Keinesfalls sei jedoch insoweit der Zusammenhang mit einer BK zu attestieren. Zwar seien nach den Sicherheitsdatenblättern bei dem Kontakt des Klägers mit den in den Lacken enthaltenen Substanzen (weitgehend entaromatisierte Kohlenwasserstoffe, Toluol und Xylol, etc.) Hautreizungen bei Berührungen und pneumologisch relevante Erkrankungen durch Inhalation möglich. Die Beschwerdeschilderung beschränke sich jedoch auf Lähmungserscheinungen bzw. Gefühlsstörungen im Gesicht, an den Extremitäten und Schwindel. Deswegen werde der im aktuellen Beschwerdevortrag berichtete Schwindel unspezifisch als flüchtige vegetative Begleitreaktion im Rahmen einer Inhalation übelriechender Substanzen eingeordnet, was auch für die angegebenen Schwächeempfindungen gelte. Es sei darauf hinzuweisen, dass beim Kläger im Rahmen mannigfaltiger Untersuchungen neurophysiologischer Art keine neurologische Störung habe objektiviert werden können.
Anschließend wurde auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers ein weiteres Gutachten bei dem Internisten, Nephrologen und Umweltmediziner Prof. Dr. H. angefordert. In dem Gutachten vom 17.05.2010 wird ausgeführt, dass bei dem Kläger das Krankheitsbild einer toxischen Enzephalopathie und einer neuralgieformen Schmerzsymptomatik nach Exposition mit volatilen Substanzen festzustellen sei. Ferner leide der Kläger unter einer genetisch reduzierten Enzymaktivität, deutlich vermehrten Entzündungszeichen und einer autonomen Dysfunktion. Bei dem Kläger bestehe seit über zehn Jahren eine Exposition gegenüber Stoffen, welche in den BKen Nr. 1303 und 1317 in der Liste der Berufskrankheiten aufgeführt seien. Die Differenzialdiagnose einer craniomandibulären Dysfunktion durch den Vorgutachter sei dadurch widerlegt, dass der Kläger bei der Exposition gegenüber Lacken eine Schwellung der Gesichtshälfte aufgewiesen habe, welche sich nach Expositionsvermeidung zurückgebildet habe. Die Beschwerden seien reproduzierbar und würden bei jedem Kontakt mit Toluol und Xylol auftreten. Die Kausalität der Symptomatik sei durch das stereotype Auftreten der Symptome bei der Exposition mit den Lösungsmitteln seit 2002 und die Rückbildung der Symptome nach Expositionsvermeidung nachgewiesen. Die diagnostizierte Enzephalopathie sei mit Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen, da die Exposition mit den Substanzen regelmäßig die angegebene Beschwerdesymptomatik auslöse. Dem Gutachten war das neurologische Zusatzgutachten durch Dr. G.-B. beigefügt, wonach bei dem Kläger eine Enzephalopathie und eine neuralgieforme Schmerzsymptomatik vorliege, jedoch kein Hinweis auf fokale oder generalisierte pathologische Funktionsstörungen des zentralen oder peripheren Nervensystems.
Die Beklagte wies erneut daraufhin, dass für die Diagnose einer toxischen Enzephalopathie neben den anamnestischen Angaben auch ein psychologischer Befund aufgrund von psychologischen Testverfahrens zu objektivieren sei, welche indes weder von Prof. Dr. H. noch von Dr. G.-B. durchgeführt worden seien. Neurotoxisch begründbare Defizite am peripheren und am zentralen Nervensystem lägen nicht vor, weswegen Dr. L. und Prof. Dr. T. zu folgen sei.
Der Gutachter Dr. L. führte in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 12.05.2011 aus, das Prof. Dr. H. im eigenen Untersuchungsbefund im Hirnnerven- und Pupillenbereich keinen krankhaften Befund festgestellt habe. Seine Ausführungen seien als unauffälliger Befund zu bewerten, auch wenn der Stehversuch mit geschlossenen Augen nicht durchführbar gewesen sein soll. Es sei nicht erklärbar, weshalb Prof. Dr. H. die Diagnose einer Enzephalopathie und einer neuralgieformen Schmerzsymptomatik aufgestellt habe. Auch sei die bei Dr. G.-B. durchgeführte neurologische und neurophysiologische Untersuchung unauffällig gewesen. Die Gutachten seien nicht begründet, widersprüchlich und selbst beim besten Willen für ihn nicht verständlich.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.06.2011 abgewiesen. Die für die Anerkennung der geltend gemachten BKen erforderlichen Voraussetzungen seien nicht nachweisbar, was zu Lasten des Klägers gehe. Es habe nicht im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen werden können, dass der Kläger unter einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie im Sinne einer BK Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV leide. Zwar habe auch Prof. Dr. T. festgestellt, dass bei dem Kläger eine Exposition gegenüber organischen Lösungsmitteln in Form von aliphatischen Kohlenwasserstoffen vorliege. Die für die Anerkennung einer dieser Erkrankungen erforderliche neurologische Untersuchung des Klägers habe jedoch in keinem Fall den Nachweis einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie erbracht. Soweit für den Nachweis dieser Erkrankung auf anamnestische Angaben verwiesen werde, seien diese erstmalig gegenüber Prof. Dr. H. in entsprechender Weise getätigt worden. Prof. Dr. H. habe selbst keinen Inhalationstest durchgeführt, sondern sich insoweit alleine auf die Angaben des Klägers gestützt. Auch habe Prof. Dr. H. bzw. Dr. G.-B. nicht die erforderlichen psychologischen Testverfahren durchgeführt, wohin gegen die entsprechenden Testungen durch Dr. L. zur Verneinung der Diagnose einer Enzephalopathie führten. Auch sei eine Erkrankung gemäß der BK Nr. 1303 der Anlage zur BKV, also eine solche durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol, nicht gegeben. Zwar sei auch hier eine einschlägige Exposition nachgewiesen. Der objektive Nachweis einer einschlägigen Schädigung des Klägers sei mit den Gutachten des Prof. Dr. T. und des Dr. L. schlüssig verneint worden. Da für Maler keine gruppenspezifische Risikoerhöhung hinsichtlich der geltend gemachten Beschwerden bestehe, scheide auch die Anerkennung einer Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII aus.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 22.07.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG seien die Gutachten von Prof. Dr. H. und Dr. G.-B. schlüssig und überzeugend.
Im Berufungsverfahren haben die Bevollmächtigten eine Bescheinigung des Dermatologen und Umweltmediziners Dr. M. aus K. vom 24.02.2012 eingereicht, wonach der Kläger an einer toxischen Enzephalopathie infolge seiner Tätigkeit als Maler leide. Hierbei handele es sich um eine klinische Diagnose, für die es keine beweisende oder widerlegende Diagnostik gebe. Der Kläger befand sich vom 10.11.2011 bis zum 01.12.2011 auf eigene Kosten zu einer "Entgiftungsbehandlung" in der Spezialklinik N.en, wo unter anderem ein multiples Chemikaliensyndrom mit toxischer Enzephalopathie und Polyneuropathie diagnostiziert wurde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22.06.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 26.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.07.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die beim Kläger vorliegende neurologische Erkrankung als Berufskrankheit Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV, Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV oder als Quasi-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf das aktuelle Gutachten von Prof. Dr. Dr. K ...
Am 02.03.2012 wurde im LSG ein Erörterungstermin durchgeführt, in welchem der Kläger auf den Bezug von Rente wegen Berufsunfähigkeit aus privaten Versicherungen hingewiesen hat. Im Anschluss hieran wurden die Versicherungsunterlagen des Klägers bei der A. M. Versicherung und bei der Allianz Versicherung beigezogen und eine sachverständige Zeugenauskunft der behandelnden Ärztin Dr. A. von der Spezialklinik N.en angefordert. Insoweit wird auf die in der LSG-Akte enthaltenen Kopien und die Stellungnahme von Dr. A. sowie die in Kopie übersandten weiteren Befundberichte Bezug genommen.
Der Kläger hat seinen Malerbetrieb im September 2012 aus gesundheitlichen Gründen verkauft.
Der Arbeits- und Umweltmediziner Prof. Dr. Dr. K. hat in einem am 28.03.2013 für das LSG erstellten Gutachten den Standpunkt der Beklagten gestützt. Bei dem Kläger bestünden ein Multiple Chemical Sensitivity (MCS)-Syndrom ICD-10 F 59, eine somatoforme autonome Funktionsstörung mit Angioödem und Kribbelparästhesien ICD-10 F 45.3 und eine craniomandibuläre Dysfunktion. In der Verursachung dieser Diagnosen komme der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Maler und Lackierer keine überragende Bedeutung zu; vielmehr sei die Ursache in der Person des Versicherten zu sehen. Die beruflichen Einwirkungen hätten auch nicht die Bedeutung einer wesentlichen Mitursache. Weder die Voraussetzungen einer BK 1303 oder 1317 noch diejenigen einer Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII seien erfüllt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Wie das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 02.04.2009 (B 2 U 9/08 R = SGb 2009, 355) ausgeführt hat, lassen sich aus der gesetzlichen Formulierung bei einer BK, die in der Anlage 1 zur BKV aufgeführt ist (sog. Listen-BK), im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haf-tungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (unter Hinweis auf BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils Rn. 15; BSG vom 09. 05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils Rn. 13 ff.).
Klarstellend und abweichend von der früheren gelegentlichen Verwendung des Begriffs durch den 2. Senat des BSG (vgl. BSG vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16; BSG vom 04.12.2001 - B 2 U 37/00 R - SozR 3-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 1) hat das BSG in der genannten Entscheidung betont, dass im BK-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall (vgl. nur BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils Rn. 10) ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den BK-Folgen, die dann ggf. zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der BK keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Die geltend gemachte BK nach der Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) liegt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor. Der Senat geht mit dem Gutachter Prof. Dr. Dr. K. stattdessen davon aus, dass bei dem Kläger ein Multiple Chemical Sensitivity (MCS)-Syndrom ICD-10 F 59, eine somatoforme autonome Funktionsstörung mit Angioödem und Kribbelparästhesien ICD-10 F 45.3 und eine craniomandibuläre Dysfunktion vorliegen. Der vorliegende Rechtsstreit ist dadurch gekennzeichnet, dass die einbezogenen Ärzte sehr unterschiedliche Auffassungen zu den bei dem Kläger vorhandenen Krankheitsbildern vertreten. Dies liegt offenbar zum Teil daran, dass der Nachweis der angeführten Erkrankungen nur schwierig zu führen ist. So hat der den Anspruch des Klägers stützende Dermatologe und Umweltmediziner Dr. M. (K.) in seiner Bescheinigung einer toxischen Enzephalopathie vom 24.02.2012 sogar selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine klinische Diagnose handele, für die es keine beweisende oder widerlegende Diagnostik gebe. Andererseits liegt die Feststellungslast für die gestellten Ansprüche beim Kläger. Nach Auffassung des Senats ist es dem Gutachter Prof. Dr. Dr. K. mit seinem schlüssigen und überzeugenden Gutachten gelungen, die zuvor bestehenden Widersprüche zwischen den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen teilweise aufzulösen. Danach liegt bei dem Kläger zwar durchaus eine krankheitswertige Reaktion auf Chemikalien vor, die sich in der von Prof. Dr. Dr. K. beschriebenen Form äußert, was sich teilweise mit den Beobachtungen und Anmerkungen der Gutachter Prof. Dr. H. und Dr. G.-B. und des Dr. M. (K.) sowie der Dr. A. und des Dr. Binz deckt. Diese Krankheitsbilder erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung der geltend gemachten BKen, wozu Prof. Dr. Dr. K. insoweit zu Recht auf frühere Ausführungen des Prof. Dr. T. und des Gutachters Dr. L. verweisen kann.
Für die Anerkennung einer BK 1317 fehlt es bereits am Nachweis der Krankheitsbilder einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie, wozu auf die Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. Dr. K., Dr. L. und Prof. Dr. T. Bezug genommen wird. Die erstmalige ausführliche Testung des Klägers auf die verdächtigten Substanzen führte nicht zum Nachweis einer einschlägigen Diagnose; die vom Kläger geschilderten Gesichtsschmerzen konnten von Prof. Dr. T. weder objektiviert noch diagnostisch zugeordnet werden. Auch bei der nachfolgenden Untersuchung durch den Gutachter Dr. L., bei der umfassende elektrophysiologische, elektromyographische und elektroneurographische Messungen vorgenommen wurden, fanden sich keine Krankheitsbilder im Sinne der BK 1317. Dr. L. konnte keinerlei neurologische Störung objektivieren, was sich mit den Ausführungen der als sachverständige Zeugen gehörten behandelnden Neurologen Dr. R. (19.01.2009) und Dr. P. (03.02.2009) deckt.
Erst bei der anschließenden Untersuchung durch die Zusatzgutachterin Dr. G.-B. wurde eine Enzephalopathie durch Lösungsmittel behauptet; allerdings hat sich Dr. G.-B. hierzu auf anamnestische Angaben des Klägers und nicht auf eigene Untersuchungsbefunde gestützt, weswegen der Senat diesen Ausführungen einen geringeren Beweiswert beimisst. Auch die entsprechende Diagnose einer Enzephalopathie durch den sachverständigen Zeugen Dr. M. (20.02.2009) überzeugt aus diesem Grund nicht. Die Übernahme dieser Diagnose Dr. G.-B.s durch Prof. Dr. H. als Hauptgutachter ist nicht schlüssig, weil Prof. Dr. H. selbst darauf hinweist, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Exposition von Lösungsmitteln und dem Auftreten von Beschwerden erforderlich ist, der vorliegend nicht feststellbar ist. Denn die Beschwerden des Klägers traten gerade zu einem Zeitpunkt auf und verstärkten sich anschließend, als der Kläger seinen Betrieb auf die Verwendung lösungsmittelfreier Lacke umstellte, was einen untypischen Krankheitsverlauf darstellt. Die Diagnose einer Enzephalopathie durch Prof. Dr. H. beruht nicht auf einer eigenen Befundung, sondern auf der Übernahme dieser Diagnose von Dr. G.-B ... Der von Prof. Dr. H. vertretene Schweregrad IIa dieser Erkrankung geht zudem mit kognitiven Leistungsminderungen und Persönlichkeitsänderungen einher, welche vorliegend nicht nachgewiesen wurden.
Die Diagnose einer Enzephalopathie wurde dann von Dr. A. von der Spezialklinik N.en übernommen und um die Diagnose einer Polyneuropathie ergänzt (bestätigt in der sachverständigen Zeugenaussage vom 27.07.2012). Insoweit ist mit dem Gutachter Prof. Dr. Dr. K. darauf hinzuweisen, dass eine nachvollziehbare Diagnostik anhand der Kriterien für den Nachweis dieser Erkrankungen nicht erfolgt ist. Allerdings hat Dr. A. erstmals ein MCS benannt, welches die Beschwerden des Klägers zu erklären vermag und welches schließlich auch von Dr. K. bestätigt worden ist. Allerdings ist das MCS nicht Gegenstand der Anerkennung einer BK Nr. 1317.
Eine BK nach der Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol) besteht nicht, weil bei dem Kläger nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. Dr. K. der zeitliche Verlauf der Krankheitsgeschichte nicht hierzu passt. Zum einen traten die Beschwerden auch erst hier auf, als eine Umstellung auf aromaten-freie Lacke erfolgte. Zum anderen war die Einwirkung der Stoffe Benzol und seiner Homologe sowie Styrol auf den Kläger vergleichsweise gering, und es liegt auch insoweit gemäß den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K., Prof. Dr. T., Dr. L., Dr. R. und Dr. P. kein Nachweis einer Enzephalopathie oder einer sonstigen einschlägigen neurologischen Erkrankung vor.
Schließlich kann auch keine Anerkennung der Beschwerden des Klägers als Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII erfolgen. Bereits Prof. Dr. T. hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass eine erhöhte Gefahr, dass Maler und Lackierer an einer Trigeminusneuralgie erkranken, wissenschaftlich nicht belegt ist. Für die bei dem Kläger schließlich festgestellten Erkrankungen MCS-Syndrom ICD-10 F 59, somatoforme autonome Funktionsstörung mit Angioödem, Kribbelparästhesien ICD-10 F 45.3 und craniomandibuläre Dysfunktion kommt eine Anerkennung als Wie-BK nicht in Betracht. Im Hinblick auf das MCS-Syndrom ist die Entstehung dieser Erkrankung wissenschaftlich nicht gesichert, wozu auf die umfangreichen Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K. verwiesen wird. Deshalb ist es auch nicht möglich, diesem Krankheitsbild, bei dem ein erheblicher psychischer Einfluss vermutet wird, mit der erforderlichen Gewissheit einen bestimmenden Einfluss durch eine berufliche Exposition von bestimmten Substanzen zuzuschreiben. Hierzu wird auf das den Beteiligten bekannte Schreiben des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 11.10.2007 an das Sozialgericht Würzburg hingewiesen, wonach valide Erkenntnisse über eine besondere berufliche Einflüsse auf das Entstehen eines MCS-Syndroms nicht existieren; dass sich hieran keine aktuelle Änderung ergeben hat, wird von Prof. Dr. Dr. K. unter Hinweis auf aktuelle Literaturstellen schlüssig dargelegt.
Da Streitgegenstand des Verfahrens alleine die BKen 1303 und 1317 der Anlage 1 zur BKV und das Vorliegen einer Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII ist, kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht darauf an, ob der Kläger ggf. die Voraussetzungen einer anderen BK erfüllt, über welche die Beklagte noch nicht entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 KN 2/07 U R -, UV-Recht Aktuell 2009, 526).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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