Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 R 597/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 423/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 24. Januar 2007 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, in welcher Höhe die an die Klägerin gezahlte Altersrente für die Zeit vom 01. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2011 wegen einer gleichzeitig bezogenen Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu vermindern ist.
Die am ... 1936 geborene Klägerin bezieht aufgrund einer seit Juni 1958 bestehenden Berufskrankheit, die auf ihre Tätigkeit in einer Tuberkuloseberatungsstelle zurückzuführen ist, eine Verletztenrente. Mit Bescheid vom 10. September 1996 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Altersrente für Frauen mit einem Rentenbeginn am 01. Oktober 1996. Bei der Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) legte die Beklagte einen Freibetrag in Höhe einer verminderten Grundrente im Beitrittsgebiet zu Grunde.
Am 06. Mai 2003 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Überprüfung der Rentenberechnung hinsichtlich des Zusammentreffens von Verletztenrente und Altersrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2005 unter Hinweis auf eine Gesetzesänderung durch das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz (RVNG) ab.
Dagegen hat die Klägerin am 20. Juni 2005 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Das SG hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2007 verpflichtet, ab dem 01. Januar 1999 eine höhere Rente unter Zugrundelegung eines niedrigeren Anrechnungsbetrages zu zahlen. Zur Begründung hat es sich auf die BSG-Urteile vom 10. April 2003 (B 4 RA 32/02 R) und vom 20. Oktober 2005 (B 4 RA 27/05 R) bezogen.
Gegen den am 30. Januar 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 12. Februar 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie hat zunächst auf das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet vom 19. Juni 2006 (BGBl. I S. 1305) und später auf das Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 349/09 hingewiesen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 24. Januar 2007 zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Das Verfahren hat vom 05. April 2007 bis zum 05. Oktober 2012 geruht, um die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten. Seit dem 01. Juli 2011 gilt der Grundrentenbetrag West auch für das Beitrittsgebiet. Dies hat die Beklagte im Falle der Klägerin entsprechend umgesetzt.
Der Senat hat der Klägerin mit Verfügung vom 17. Dezember 2012 das Urteil des BSG vom 13. November 2008 (B 13 R 129/08) sowie den Beschluss des BVerfG vom 08. Juni 2012 (1 BvR 349/09) übersandt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne vorherige mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Klägerin vom 07. Januar 2013 und Schriftsatz der Beklagten per Fax am 27. März 2013).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die gemäß § 143 SGG statthafte und in der von § 151 SGG vorgeschriebenen Frist und Form eingelegte Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die Art und Weise, wie die Beklagte bis zum 30. Juni 2011 die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Berechnung der Altersrente berücksichtigt hat, ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Gerichtsbescheid des SG war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat bei Erlass ihres Bescheides vom 10. September 1996 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr hat sie die bis zum 30. Juni 2011 geltenden Rechtsvorschriften zutreffend angewandt (nachfolgend 1.). Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass diese Vorschriften verfassungswidrig sind (nachfolgend 2.).
1.
Die Beklagte hat bei Erlass ihres Bescheides vom 10. September 1996 das Recht richtig angewandt und ist auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, so dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) nicht vorliegen. Die von der Klägerin angegriffene Berechnungsweise der Beklagten entspricht für den streitbefangenen Zeitraum vom 01. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2011 den gesetzlichen Bestimmungen. Sie hat in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines höheren Freibetrages bei der Anrechnung ihrer Verletztenrente nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VI.
Nach § 93 Abs. 1 SGB VI wird u. a. bei einem zeitlichen Zusammentreffen einer Rente aus eigener Versicherung und einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Abs. 2 der Vorschrift regelt, welche Beträge bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge unberücksichtigt bleiben. In Abs. 3 ist sodann die Höhe des Grenzbetrages geregelt. Umstritten ist im Falle der Klägerin die Anwendung von § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VI. Diese Vorschrift hatte im Rentenreformgesetz 1992 mit Wirkung vom 01. Januar 1992 folgenden Wortlaut:
"Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleiben unberücksichtigt
1 ...
2. bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung
a) der Betrag, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet würde, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vom Hundert zwei Drittel der Mindestgrundrente, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um zehn vom Hundert ein Drittel der Mindestgrundrente, und
b) ..."
Durch das RVNG vom 21. Juli 2004 (BGBl. I Seite 1791) wurden in Buchstabe a) die Worte "dem Bundesversorgungsgesetz" durch die Worte "§ 31 in Verbindung mit § 84a Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes" ersetzt. Diese Ergänzung ist als "rückwirkende Klarstellung" mit Wirkung vom 01. Januar 1992 in Kraft getreten. Durch das Gesetz zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I Seite 2904) ist der Buchstabe a) der genannten Vorschrift mit Wirkung vom 21. Dezember 2007 wie folgt gefasst worden:
"ein der Grundrente nach § 31 in Verbindung mit § 84a Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes entsprechender Betrag, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vom Hundert zwei Drittel der Mindestgrundrente, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 vom Hundert ein Drittel der Mindestgrundrente, "
Das von § 93 Abs. 1 bis 3 SGB VI vorgeschriebene Rechenprogramm hat die Beklagte in der Anlage 7 ihres Bescheides vom 10. September 1996 rechnerisch richtig umgesetzt. Zutreffend hat sie dabei den für die neuen Bundesländer geltenden – niedrigeren – Freibetrag Ost in die Berechnung eingestellt. Der erkennende Senat folgt insoweit der (neueren) Rechtsprechung des 13. Senats des BSG und macht sich diese nach eigener Überprüfung zu eigen (vgl. Urteil vom 13. November 2008 – B 13 R 129/08 R – juris). Danach war bereits in § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 eine Differenzierung der Höhe des Freibetrages nach dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in den alten und neuen Bundesländern am Stichtag 18. Mai 1990 angelegt (Rdnr. 59 ff. des Urteilsabdrucks). Das entspricht auch Sinn und Zweck der Freibetragsregelung und führt auch zu keiner unangemessenen Benachteiligung der Betroffenen (Rdnr. 70 ff.). Denn hinsichtlich der verletzungsbedingten Mehraufwendungen liegt eine Differenzierung nach den noch immer unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen in Ost und West auf der Hand (Rdnr. 77 ff.). Die Neufassungen des Gesetzes haben keinen Einfluss auf das anzuwendende Berechnungsprogramm (Rdnr. 110).
Die Beklagte hat auch § 93 Abs. 5 SGB VI beachtet. Danach sind die Absätze 1 bis 4 dieser Vorschrift unter anderem dann nicht anzuwenden, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn ereignet hat. Dabei gilt bei Berufskrankheiten als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem der Versicherte versicherte Tätigkeiten verrichtet hat, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen. Da die Klägerin ihre Berufstätigkeit am 30. September 1996 aufgegeben hat, lag ein möglicher Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden Tätigkeit in jedem Fall vor dem Rentenbeginn der Altersrente für Frauen am 01. Oktober 1996.
2.
Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der genannten Vorschriften überzeugt, so dass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz ausscheidet. Auch insoweit folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 13. November 2008 (a.a.O.) und macht sich diese ebenfalls zu eigen. Die Auffassung des 13. Senats des BSG ist auch von dem 5a. Senat des Gerichts, als Nachfolgesenat des 4. Senats, geteilt worden (Beschluss vom 30. Juli 2008 – B 5a R 6/08 S –), so dass sich das beim Großen Senat des BSG insoweit anhängige Verfahren erledigt und der 13. Senat seinen Vorlagebeschluss zurückgenommen hat. Die gegen das Urteil des BSG vom 13. November 2008 (a.a.O.) eingelegte Verfassungsbeschwerde (1 BvR 349/09) ist am 17. April 2012 für erledigt erklärt worden.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, in welcher Höhe die an die Klägerin gezahlte Altersrente für die Zeit vom 01. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2011 wegen einer gleichzeitig bezogenen Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu vermindern ist.
Die am ... 1936 geborene Klägerin bezieht aufgrund einer seit Juni 1958 bestehenden Berufskrankheit, die auf ihre Tätigkeit in einer Tuberkuloseberatungsstelle zurückzuführen ist, eine Verletztenrente. Mit Bescheid vom 10. September 1996 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Altersrente für Frauen mit einem Rentenbeginn am 01. Oktober 1996. Bei der Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) legte die Beklagte einen Freibetrag in Höhe einer verminderten Grundrente im Beitrittsgebiet zu Grunde.
Am 06. Mai 2003 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Überprüfung der Rentenberechnung hinsichtlich des Zusammentreffens von Verletztenrente und Altersrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2005 unter Hinweis auf eine Gesetzesänderung durch das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz (RVNG) ab.
Dagegen hat die Klägerin am 20. Juni 2005 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Das SG hat die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2007 verpflichtet, ab dem 01. Januar 1999 eine höhere Rente unter Zugrundelegung eines niedrigeren Anrechnungsbetrages zu zahlen. Zur Begründung hat es sich auf die BSG-Urteile vom 10. April 2003 (B 4 RA 32/02 R) und vom 20. Oktober 2005 (B 4 RA 27/05 R) bezogen.
Gegen den am 30. Januar 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 12. Februar 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie hat zunächst auf das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet vom 19. Juni 2006 (BGBl. I S. 1305) und später auf das Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 349/09 hingewiesen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 24. Januar 2007 zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Das Verfahren hat vom 05. April 2007 bis zum 05. Oktober 2012 geruht, um die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten. Seit dem 01. Juli 2011 gilt der Grundrentenbetrag West auch für das Beitrittsgebiet. Dies hat die Beklagte im Falle der Klägerin entsprechend umgesetzt.
Der Senat hat der Klägerin mit Verfügung vom 17. Dezember 2012 das Urteil des BSG vom 13. November 2008 (B 13 R 129/08) sowie den Beschluss des BVerfG vom 08. Juni 2012 (1 BvR 349/09) übersandt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne vorherige mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Klägerin vom 07. Januar 2013 und Schriftsatz der Beklagten per Fax am 27. März 2013).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die gemäß § 143 SGG statthafte und in der von § 151 SGG vorgeschriebenen Frist und Form eingelegte Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die Art und Weise, wie die Beklagte bis zum 30. Juni 2011 die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Berechnung der Altersrente berücksichtigt hat, ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Gerichtsbescheid des SG war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat bei Erlass ihres Bescheides vom 10. September 1996 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr hat sie die bis zum 30. Juni 2011 geltenden Rechtsvorschriften zutreffend angewandt (nachfolgend 1.). Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass diese Vorschriften verfassungswidrig sind (nachfolgend 2.).
1.
Die Beklagte hat bei Erlass ihres Bescheides vom 10. September 1996 das Recht richtig angewandt und ist auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, so dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) nicht vorliegen. Die von der Klägerin angegriffene Berechnungsweise der Beklagten entspricht für den streitbefangenen Zeitraum vom 01. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2011 den gesetzlichen Bestimmungen. Sie hat in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines höheren Freibetrages bei der Anrechnung ihrer Verletztenrente nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VI.
Nach § 93 Abs. 1 SGB VI wird u. a. bei einem zeitlichen Zusammentreffen einer Rente aus eigener Versicherung und einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Abs. 2 der Vorschrift regelt, welche Beträge bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge unberücksichtigt bleiben. In Abs. 3 ist sodann die Höhe des Grenzbetrages geregelt. Umstritten ist im Falle der Klägerin die Anwendung von § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VI. Diese Vorschrift hatte im Rentenreformgesetz 1992 mit Wirkung vom 01. Januar 1992 folgenden Wortlaut:
"Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleiben unberücksichtigt
1 ...
2. bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung
a) der Betrag, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet würde, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vom Hundert zwei Drittel der Mindestgrundrente, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um zehn vom Hundert ein Drittel der Mindestgrundrente, und
b) ..."
Durch das RVNG vom 21. Juli 2004 (BGBl. I Seite 1791) wurden in Buchstabe a) die Worte "dem Bundesversorgungsgesetz" durch die Worte "§ 31 in Verbindung mit § 84a Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes" ersetzt. Diese Ergänzung ist als "rückwirkende Klarstellung" mit Wirkung vom 01. Januar 1992 in Kraft getreten. Durch das Gesetz zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I Seite 2904) ist der Buchstabe a) der genannten Vorschrift mit Wirkung vom 21. Dezember 2007 wie folgt gefasst worden:
"ein der Grundrente nach § 31 in Verbindung mit § 84a Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes entsprechender Betrag, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vom Hundert zwei Drittel der Mindestgrundrente, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 vom Hundert ein Drittel der Mindestgrundrente, "
Das von § 93 Abs. 1 bis 3 SGB VI vorgeschriebene Rechenprogramm hat die Beklagte in der Anlage 7 ihres Bescheides vom 10. September 1996 rechnerisch richtig umgesetzt. Zutreffend hat sie dabei den für die neuen Bundesländer geltenden – niedrigeren – Freibetrag Ost in die Berechnung eingestellt. Der erkennende Senat folgt insoweit der (neueren) Rechtsprechung des 13. Senats des BSG und macht sich diese nach eigener Überprüfung zu eigen (vgl. Urteil vom 13. November 2008 – B 13 R 129/08 R – juris). Danach war bereits in § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 eine Differenzierung der Höhe des Freibetrages nach dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in den alten und neuen Bundesländern am Stichtag 18. Mai 1990 angelegt (Rdnr. 59 ff. des Urteilsabdrucks). Das entspricht auch Sinn und Zweck der Freibetragsregelung und führt auch zu keiner unangemessenen Benachteiligung der Betroffenen (Rdnr. 70 ff.). Denn hinsichtlich der verletzungsbedingten Mehraufwendungen liegt eine Differenzierung nach den noch immer unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen in Ost und West auf der Hand (Rdnr. 77 ff.). Die Neufassungen des Gesetzes haben keinen Einfluss auf das anzuwendende Berechnungsprogramm (Rdnr. 110).
Die Beklagte hat auch § 93 Abs. 5 SGB VI beachtet. Danach sind die Absätze 1 bis 4 dieser Vorschrift unter anderem dann nicht anzuwenden, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn ereignet hat. Dabei gilt bei Berufskrankheiten als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem der Versicherte versicherte Tätigkeiten verrichtet hat, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen. Da die Klägerin ihre Berufstätigkeit am 30. September 1996 aufgegeben hat, lag ein möglicher Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden Tätigkeit in jedem Fall vor dem Rentenbeginn der Altersrente für Frauen am 01. Oktober 1996.
2.
Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der genannten Vorschriften überzeugt, so dass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz ausscheidet. Auch insoweit folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 13. November 2008 (a.a.O.) und macht sich diese ebenfalls zu eigen. Die Auffassung des 13. Senats des BSG ist auch von dem 5a. Senat des Gerichts, als Nachfolgesenat des 4. Senats, geteilt worden (Beschluss vom 30. Juli 2008 – B 5a R 6/08 S –), so dass sich das beim Großen Senat des BSG insoweit anhängige Verfahren erledigt und der 13. Senat seinen Vorlagebeschluss zurückgenommen hat. Die gegen das Urteil des BSG vom 13. November 2008 (a.a.O.) eingelegte Verfassungsbeschwerde (1 BvR 349/09) ist am 17. April 2012 für erledigt erklärt worden.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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