Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 RS 100/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RS 41/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 02. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob zugunsten des Klägers nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusätzlichen Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler der DDR (Anlage 1 Nr. 16 zum AAÜG – ZAVBK) mit den dabei erzielten Entgelten festzustellen sind.
Dem am ... 1950 geborenen Kläger wurde mit Urkunde vom 23. Juli 1975 das Diplom der Hochschule für Grafik und Buchkunst L., Abteilung Grafik, Fachrichtung Grafik und Illustration, verliehen. Seit dem 01. September 1975 arbeitete er – unterbrochen durch die Ableistung des Grundwehrdienstes in der Nationalen Volksarmee vom 01. Mai 1976 bis 30. Oktober 1977 – als selbständiger Maler und Grafiker. Er war ab dem 01. September 1974 bis 1990 Mitglied des Verbandes Bildender Künstler der DDR. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er zur Zeit der DDR nicht. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte er nicht.
Ein vom Kläger am 11. Dezember 2003 gestellter Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit vom 01. September 1975 bis 30. Juni 1990 war nicht erfolgreich (Bescheid der Beklagten vom 18. August 2004, Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2005). Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Magdeburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 01. Juli 2005 – S 10 R 284/05 – ab; die eingelegte Berufung wies der erkennende Senat mit Urteil vom 16. Mai 2006 – L 1 R 19/05 – zurück.
Am 17. Oktober 2011 beantragte der Kläger erneut die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler. Dieses Versorgungssystem sei eine obligatorische Versorgung gewesen, die jeder freischaffende Künstler erhalten habe. Diesen Antrag, den die Beklagte als einen solchen nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) auslegte, lehnte sie mit Bescheid vom 25. Oktober 2011 ab. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hätten nur Versicherte, die tatsächlich in das Zusatzversorgungssystem Nr. 16 einbezogen gewesen wären, einen Anspruch auf Feststellung entsprechender Beschäftigungszeiten. Dagegen legte der Kläger am 14. November 2011 Widerspruch ein. Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG aus dem Jahre 1998 komme es nicht auf die Zahlung eigener Beiträge an, sondern auf die tatsächlich entsprechend der Ausbildung ausgeübte Tätigkeit. Bei dem Versorgungssystem Nr. 16 komme erschwerend für ihn hinzu, dass dieses erst zum 01. Januar 1989 in Kraft getreten und die Ausreichung der Urkunden entsprechend der Rentennähe erfolgt sei. Die zum Zeitpunkt der Wende relativ jungen Künstler hätten deshalb keine Urkunde mehr erhalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X würden nicht vorliegen, weil in dem Ausgangsbescheid weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Bei der zusätzlichen Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler hätte eine Einbeziehung nur durch eine Einzelentscheidung getroffen werden können. Eine solche Einbeziehung habe der Kläger nicht nachgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger am 18. April 2012 Klage beim SG erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und sich auf die Rechtsprechung des BSG zur fiktiven Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz bezogen. Die Verfahrensweise der Beklagten verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz. Mit Gerichtsbescheid vom 02. Oktober 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide würden voll und ganz der Rechtslage entsprechen. Dies folge aus dem Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Mai 2006 – L 1 R 19/05 –. An der Sach- und Rechtslage habe sich seitdem nichts verändert.
Gegen den am 06. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. Oktober 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er beruft sich zur Begründung weiterhin auf die Urteile des 4. Senats des BSG aus dem Jahre 1998 zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Der Verband der freischaffenden Künstler habe ab Januar 1989 zunächst Rentner und rentennahe Jahrgänge einbeziehen lassen. Noch aktiv tätige Verbandsmitglieder seien nicht berücksichtigt worden. Auch darin liege eine Ungleichbehandlung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 02. Oktober 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2012 aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2005 die Zeit vom 01. September 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Zusätzlichen Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 02. Oktober 2012 zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf das Urteil des erkennenden Senats vom 16. Mai 2006.
Der Senat hat vom SG die Verfahrensakte S 10 R 284/05 (Aktenzeichen des LSG: L 1 R 19/05) beigezogen.
Mit Schriftsätzen vom 12. Februar 2013 und 15. Februar 2013 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die gemäß § 143 SGG statthafte und in der von § 151 SGG geforderten Form und Frist eingelegte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Zutreffend hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid dargelegt, dass im Falle des Klägers die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht vorliegen. In dem Bescheid vom 18. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2005 hat sie weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Der dies bestätigende Gerichtsbescheid des SG ist deshalb ebenfalls nicht zu beanstanden.
Der Senat hat dazu in seinem die jetzigen Verfahrensbeteiligten betreffenden Urteil vom 16. Mai 2006 – L 1 R 19/05 – folgendes ausgeführt (Seiten 5 bis 9 des Urteilsabdrucks):
"Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung durch Gesetz vom 21.6.2005 (BGBl. I S. 1672) keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen. Er unterfällt nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG nicht dem Anwendungsbereich des AAÜG, weil er in dem geltend gemachten Zeitraum weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der ZAVBK (Zusatzversorgungssystem Nr. 16 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Dem Kläger ist zu keinem Zeitpunkt durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung die entsprechende Versorgung zugesagt worden. Soweit der Kläger behauptet, durch die Leitung des Verbandes Bildender Künstler der DDR sei generell allen Mitgliedern gegenüber eine Versorgungszusage ausgesprochen worden, kommt es hierauf nicht an. Denn nach Ziff. 2 des Anhangs zur Anlage zum unveröffentlichten Beschluss des Präsidiums des Ministerrates der DDR über den Vorschlag zur Verbesserung der Rentenversorgung für freischaffende bildende Künstler von 2. Dezember 1988 (Beschluss-ZAVBK) war zur Gewährung von Versorgungszusagen ausschließlich der Minister für Kultur gemeinsam mit dem Staatssekretär für Arbeit und Löhne berechtigt. Dabei hatten sie zwar im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Verbandes Bildender Künstler zu handeln, doch war dieser Verband selber nicht berechtigt, Versorgungszusagen zu erteilen. Eine Versorgungszusage durch den Minister und den Staatsekretär hat der Kläger nicht behauptet. Hierfür bestehen auch keine Anhaltpunkte.
Hinzu kommt, dass die vom Kläger behauptete generelle Zusage einer Versorgung an alle Mitglieder des Verbandes Bildender Künstler auch nicht plausibel ist. Eine solche Zusage stünde nämlich im krassen Widerspruch zu Ziff. 1 und 2 des Anhangs zum Beschluss-ZAVBK. Danach war zwar allen Mitgliedern die Möglichkeit eröffnet, der FZR beizutreten und ihr Entgelt dort auch oberhalb der bisherigen Höchstgrenzen durch Beitragsleistung zu versichern, doch war der Kreis derjenigen, die eine Versorgungszusage erhalten sollten, auf Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge beschränkt. Eine generelle Versorgung für alle Mitglieder war gerade nicht vorgesehen.
Bei dem Kläger können auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des BSG (zuerst Urt. v. 24.3.1998 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3-8570 § 5 Nr. 3) Zeiten der Zugehörigkeit zur ZAVBK unterstellt werden. Der Rechtsprechung des BSG, wonach Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch aus unterstellter Zugehörigkeit nur festgestellt werden können, wenn eine Beschäftigung ausgeübt wurde, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in der Anlage 1 und 2 zum AAÜG aufgelistet ist (vgl. BSG, Urt. v. 26.10.2004 – B 4 RA 40/04 R m.w.N.), schließt sich der Senat an, wobei er offen lässt, ob dies für eine Anwartschaft ausreicht.
Die Frage, ob eine bestimmte Beschäftigung ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war, beurteilt sich nach den jeweiligen Versorgungsordnungen, ggf. i.V.m. den Durchführungsbestimmungen sowie sonstigen, sie ergänzenden abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts, wobei es auf die Auslegung und Verwaltungspraxis der Staatsorgane der DDR nicht ankommt (BSG a.a.O.).
Maßgeblich für die Frage, ob die vom Kläger ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach von der ZAVBK erfasst waren, ist danach der Beschluss-ZAVBK. Die Tatbestandsmerkmale dieses Beschlusses müssen nach der im Ergebnis von der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 31.7.2002 – B 4 RA 21/02 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 9) hier nicht abweichenden Auffassung des Senats bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar erfüllt sein und in der Rechtsfolge einen zwingenden Anspruch auf eine Versorgung begründen. Dies folgt nach Meinung des Senats aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des BSG zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.1998 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessenentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.1990 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
Vor diesem Hintergrund können bundesrechtlich keine Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zur ZAVBK unterstellt werden, denn dies wäre nur möglich, wenn er nach den Regelungen des Versorgungssystems "obligatorisch" im Sinne einer "gebundenen Verwaltung" – ohne Ermessensspielraum des Versorgungsträgers – in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätte einbezogen werden müssen. Die Voraussetzungen dafür liegen aber nicht vor, denn der Kläger hätte nach Ziff. 2 des Anhangs zum Beschluss-ZAVBK lediglich durch eine Ermessensentscheidung (und nicht kraft Gesetzes) in das Zusatzversorgungssystem einbezogen werden können, bei der wertausfüllungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe nur in persönlicher Einschätzung dazu berufener Beurteilungspersonen zu prüfen sind. Denn nach den dort getroffenen Regelungen hatte der Minister für Kultur (lediglich) das Recht - gemeinsam mit dem Staatssekretär für Arbeit und Löhne im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Verbandes Bildender Künstler - verdienstvollen freischaffenden bildenden Künstlern eine zusätzliche Altersversorgung der künstlerischen Intelligenz zu gewähren. Eine Verpflichtung hierzu bestand mithin nicht. Bestimmte Auswahlkriterien, bei deren Vorliegen der Künstler einen Rechtsanspruch auf Einbeziehung hatte, waren nicht vorgegeben. Unter anderem fehlten auch Kriterien zur Ausfüllung des Begriffs "verdienstvoll". Es stand somit im freien Ermessen des mit der Gewährung der zusätzlichen Altersversorgung befassten Personenkreises, wem er im Einzelfall eine zusätzliche Altersversorgung zukommen lassen wollte (vgl. BSG, Urt. v. 18.6.2003 – B 4 RA 50/02 R). Eine solche Entscheidung darf mangels sachlich objektivierbarer, bundesrechtlich nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend ersetzt werden. Das Unterlassen einer Einbeziehung im Ermessenswege war von Einzelfallumständen abhängig, die gerade nicht Inhalt eines Normtextes sind. Dies macht ihre Abhängigkeit von Willkür im Nachhinein unüberprüfbar (BSG, Urt. v. 31.7.2002 – B 4 RA 21/02 R, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits die Vorsaussetzungen für eine Ermessensentscheidung über die Gewährung einer Versorgungszusage nicht erfüllt. Deshalb stand eine solche Zusage vorliegend nicht einmal im Ermessen der zuständigen Personen der DDR. Denn die Erteilung einer solchen Zusage war nach Ziff. 2 des Anhangs zum Beschluss-ZAVBK überhaupt nur gegenüber solchen verdienstvollen Künstlern zulässig, die bereits Rentner waren oder die ab Einführung der Verbesserung (gemeint ist die ZAVBK) für ihr volles Einkommen bis zur Höchstgrenze Beiträge zur FZR gezahlt haben und wegen ihres Alters damit keinen angemessenen Rentenanspruch mehr erwerben konnten. Da der Kläger kein Rentner war und nach seinen Angaben im Überführungsantrag weder vor noch nach der Einführung der ZAVBK Beiträge zur FZR gezahlt hat, war seine Einbeziehung in die ZAVBK auch durch Ermessensentscheidung ausgeschlossen. Ihm stand lediglich die nach Ziff. 1 des Anhangs zum Beschluss-ZAVBK für alle Mitglieder des Verbandes Bildender Künstler vorgesehene Möglichkeit offen, durch Zahlung von Beiträgen zur FZR bis zu den für Künstler erhöhten Grenzbeträgen über die allgemeine Sozialversicherungspflicht hinaus für das Alter vorzusorgen. Von dieser Möglichkeit zur Altersvorsorge durch eigene Beitragsleistung hat der Kläger auch nach dem Beschluss-ZAVBK keinen Gebrauch gemacht.
Die dargestellte Rechtsprechung steht – soweit sie in Fällen wie demjenigen des Klägers aus dem AAÜG abzuleitende Ansprüche ausschließt – mit dem Grundgesetz in Einklang. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist allerdings nicht jede Differenzierung unzulässig. Das Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Urt. v. 14.3.2000 – 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96 – BVerfGE 102, 41, 54 = SozR 3-3100 § 84a Nr. 3).
Die Fallgruppe des Klägers wird nicht ohne sachlichen Grund anders behandelt, als die Gruppe der Personen, die während des Bestehens der DDR eine positive Versorgungszusage erhalten haben. Denn diese Gruppe durfte aufgrund der verbrieften Rechte darauf vertrauen, dass die ihnen rechtsverbindlich zugesagten Versorgungsansprüche auch erfüllt werden. Im Unterschied dazu hat der Kläger während des Bestehens der DDR zu keinem Zeitpunkt eine Versorgungszusage erhalten. Er kann sich daher nicht auf einen durch eine schriftliche Versorgungszusage geschaffenen Vertrauenstatbestand berufen. Dies rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung.
Die Fallgruppe des Klägers wird aber auch nicht ohne sachlichen Grund anders behandelt, als die Gruppe der Personen mit einer noch am 30. Juni 1990 bestehenden unmittelbar gesetzlichen Privilegierung, also jenen Personen, die an diesem Tag die gesetzlichen Voraussetzungen zwingender Versorgungsregelungen erfüllten, ohne dass noch eine Ermessensentscheidung erforderlich gewesen wäre. Für diese Gruppe unterstellt die Rechtsprechung des BSG die Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung im Hinblick auf eine gesetzlich gerechtfertigte Erwartung, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten (vgl. BSG, Urt. v. 12.6.2001 – B 4 RA 117/00 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 6 S. 36). Dieser Gedanke ist nicht auf Personen übertragbar, die am 30. Juni 1990 nicht diese zwingenden Voraussetzungen erfüllten, weil eine Ermessensentscheidung notwendig war. Denn während die Gruppe des Klägers am 30. Juni 1990 keine zwingende Anwartschaft aufgebaut hatte, durften Personen, die zum Ende des Anwartschaftsaufbaus am 30. Juni 1990 gemäß § 22 Abs. 3 des Rentenangleichungsgesetzes die Voraussetzungen erfüllten, zukunftsbezogen darauf vertrauen, bei Eintritt eines Versorgungsfalles werde ungeachtet der bis dahin unterbliebenen Versorgungszusage die rechtsstaatlich maßgebliche Gesetzeslage Vorrang haben. Demgegenüber ergibt sich allein aus dieser Gesetzeslage kein Vertrauenstatbestand für den Kläger."
Daran hält der Senat fest. Der Kläger verkennt, dass auch der 4. Senat des BSG – auf dessen Rechtsprechung zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz er sich beruft – in seinem Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 50/02 R – (zitiert nach juris, Rdnr. 16 und 17) die Möglichkeit einer nachträglichen Einbeziehung in die Zusätzliche Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler für unzulässig erklärt und dies auch nicht für verfassungswidrig gehalten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat auch erwogen, ob dem Kläger gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG wegen Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung Gerichtskosten aufzuerlegen sind. Er hat davon in diesem Falle noch abgesehen.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob zugunsten des Klägers nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusätzlichen Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler der DDR (Anlage 1 Nr. 16 zum AAÜG – ZAVBK) mit den dabei erzielten Entgelten festzustellen sind.
Dem am ... 1950 geborenen Kläger wurde mit Urkunde vom 23. Juli 1975 das Diplom der Hochschule für Grafik und Buchkunst L., Abteilung Grafik, Fachrichtung Grafik und Illustration, verliehen. Seit dem 01. September 1975 arbeitete er – unterbrochen durch die Ableistung des Grundwehrdienstes in der Nationalen Volksarmee vom 01. Mai 1976 bis 30. Oktober 1977 – als selbständiger Maler und Grafiker. Er war ab dem 01. September 1974 bis 1990 Mitglied des Verbandes Bildender Künstler der DDR. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er zur Zeit der DDR nicht. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte er nicht.
Ein vom Kläger am 11. Dezember 2003 gestellter Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit vom 01. September 1975 bis 30. Juni 1990 war nicht erfolgreich (Bescheid der Beklagten vom 18. August 2004, Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2005). Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Magdeburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 01. Juli 2005 – S 10 R 284/05 – ab; die eingelegte Berufung wies der erkennende Senat mit Urteil vom 16. Mai 2006 – L 1 R 19/05 – zurück.
Am 17. Oktober 2011 beantragte der Kläger erneut die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler. Dieses Versorgungssystem sei eine obligatorische Versorgung gewesen, die jeder freischaffende Künstler erhalten habe. Diesen Antrag, den die Beklagte als einen solchen nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) auslegte, lehnte sie mit Bescheid vom 25. Oktober 2011 ab. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hätten nur Versicherte, die tatsächlich in das Zusatzversorgungssystem Nr. 16 einbezogen gewesen wären, einen Anspruch auf Feststellung entsprechender Beschäftigungszeiten. Dagegen legte der Kläger am 14. November 2011 Widerspruch ein. Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG aus dem Jahre 1998 komme es nicht auf die Zahlung eigener Beiträge an, sondern auf die tatsächlich entsprechend der Ausbildung ausgeübte Tätigkeit. Bei dem Versorgungssystem Nr. 16 komme erschwerend für ihn hinzu, dass dieses erst zum 01. Januar 1989 in Kraft getreten und die Ausreichung der Urkunden entsprechend der Rentennähe erfolgt sei. Die zum Zeitpunkt der Wende relativ jungen Künstler hätten deshalb keine Urkunde mehr erhalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X würden nicht vorliegen, weil in dem Ausgangsbescheid weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Bei der zusätzlichen Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler hätte eine Einbeziehung nur durch eine Einzelentscheidung getroffen werden können. Eine solche Einbeziehung habe der Kläger nicht nachgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger am 18. April 2012 Klage beim SG erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und sich auf die Rechtsprechung des BSG zur fiktiven Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz bezogen. Die Verfahrensweise der Beklagten verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz. Mit Gerichtsbescheid vom 02. Oktober 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide würden voll und ganz der Rechtslage entsprechen. Dies folge aus dem Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Mai 2006 – L 1 R 19/05 –. An der Sach- und Rechtslage habe sich seitdem nichts verändert.
Gegen den am 06. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. Oktober 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er beruft sich zur Begründung weiterhin auf die Urteile des 4. Senats des BSG aus dem Jahre 1998 zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Der Verband der freischaffenden Künstler habe ab Januar 1989 zunächst Rentner und rentennahe Jahrgänge einbeziehen lassen. Noch aktiv tätige Verbandsmitglieder seien nicht berücksichtigt worden. Auch darin liege eine Ungleichbehandlung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 02. Oktober 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2012 aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2005 die Zeit vom 01. September 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Zusätzlichen Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 02. Oktober 2012 zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf das Urteil des erkennenden Senats vom 16. Mai 2006.
Der Senat hat vom SG die Verfahrensakte S 10 R 284/05 (Aktenzeichen des LSG: L 1 R 19/05) beigezogen.
Mit Schriftsätzen vom 12. Februar 2013 und 15. Februar 2013 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die gemäß § 143 SGG statthafte und in der von § 151 SGG geforderten Form und Frist eingelegte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Zutreffend hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid dargelegt, dass im Falle des Klägers die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht vorliegen. In dem Bescheid vom 18. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2005 hat sie weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Der dies bestätigende Gerichtsbescheid des SG ist deshalb ebenfalls nicht zu beanstanden.
Der Senat hat dazu in seinem die jetzigen Verfahrensbeteiligten betreffenden Urteil vom 16. Mai 2006 – L 1 R 19/05 – folgendes ausgeführt (Seiten 5 bis 9 des Urteilsabdrucks):
"Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung durch Gesetz vom 21.6.2005 (BGBl. I S. 1672) keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen. Er unterfällt nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG nicht dem Anwendungsbereich des AAÜG, weil er in dem geltend gemachten Zeitraum weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der ZAVBK (Zusatzversorgungssystem Nr. 16 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Dem Kläger ist zu keinem Zeitpunkt durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung die entsprechende Versorgung zugesagt worden. Soweit der Kläger behauptet, durch die Leitung des Verbandes Bildender Künstler der DDR sei generell allen Mitgliedern gegenüber eine Versorgungszusage ausgesprochen worden, kommt es hierauf nicht an. Denn nach Ziff. 2 des Anhangs zur Anlage zum unveröffentlichten Beschluss des Präsidiums des Ministerrates der DDR über den Vorschlag zur Verbesserung der Rentenversorgung für freischaffende bildende Künstler von 2. Dezember 1988 (Beschluss-ZAVBK) war zur Gewährung von Versorgungszusagen ausschließlich der Minister für Kultur gemeinsam mit dem Staatssekretär für Arbeit und Löhne berechtigt. Dabei hatten sie zwar im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Verbandes Bildender Künstler zu handeln, doch war dieser Verband selber nicht berechtigt, Versorgungszusagen zu erteilen. Eine Versorgungszusage durch den Minister und den Staatsekretär hat der Kläger nicht behauptet. Hierfür bestehen auch keine Anhaltpunkte.
Hinzu kommt, dass die vom Kläger behauptete generelle Zusage einer Versorgung an alle Mitglieder des Verbandes Bildender Künstler auch nicht plausibel ist. Eine solche Zusage stünde nämlich im krassen Widerspruch zu Ziff. 1 und 2 des Anhangs zum Beschluss-ZAVBK. Danach war zwar allen Mitgliedern die Möglichkeit eröffnet, der FZR beizutreten und ihr Entgelt dort auch oberhalb der bisherigen Höchstgrenzen durch Beitragsleistung zu versichern, doch war der Kreis derjenigen, die eine Versorgungszusage erhalten sollten, auf Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge beschränkt. Eine generelle Versorgung für alle Mitglieder war gerade nicht vorgesehen.
Bei dem Kläger können auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des BSG (zuerst Urt. v. 24.3.1998 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3-8570 § 5 Nr. 3) Zeiten der Zugehörigkeit zur ZAVBK unterstellt werden. Der Rechtsprechung des BSG, wonach Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch aus unterstellter Zugehörigkeit nur festgestellt werden können, wenn eine Beschäftigung ausgeübt wurde, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in der Anlage 1 und 2 zum AAÜG aufgelistet ist (vgl. BSG, Urt. v. 26.10.2004 – B 4 RA 40/04 R m.w.N.), schließt sich der Senat an, wobei er offen lässt, ob dies für eine Anwartschaft ausreicht.
Die Frage, ob eine bestimmte Beschäftigung ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war, beurteilt sich nach den jeweiligen Versorgungsordnungen, ggf. i.V.m. den Durchführungsbestimmungen sowie sonstigen, sie ergänzenden abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts, wobei es auf die Auslegung und Verwaltungspraxis der Staatsorgane der DDR nicht ankommt (BSG a.a.O.).
Maßgeblich für die Frage, ob die vom Kläger ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach von der ZAVBK erfasst waren, ist danach der Beschluss-ZAVBK. Die Tatbestandsmerkmale dieses Beschlusses müssen nach der im Ergebnis von der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 31.7.2002 – B 4 RA 21/02 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 9) hier nicht abweichenden Auffassung des Senats bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar erfüllt sein und in der Rechtsfolge einen zwingenden Anspruch auf eine Versorgung begründen. Dies folgt nach Meinung des Senats aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des BSG zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.1998 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessenentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.1990 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
Vor diesem Hintergrund können bundesrechtlich keine Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zur ZAVBK unterstellt werden, denn dies wäre nur möglich, wenn er nach den Regelungen des Versorgungssystems "obligatorisch" im Sinne einer "gebundenen Verwaltung" – ohne Ermessensspielraum des Versorgungsträgers – in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätte einbezogen werden müssen. Die Voraussetzungen dafür liegen aber nicht vor, denn der Kläger hätte nach Ziff. 2 des Anhangs zum Beschluss-ZAVBK lediglich durch eine Ermessensentscheidung (und nicht kraft Gesetzes) in das Zusatzversorgungssystem einbezogen werden können, bei der wertausfüllungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe nur in persönlicher Einschätzung dazu berufener Beurteilungspersonen zu prüfen sind. Denn nach den dort getroffenen Regelungen hatte der Minister für Kultur (lediglich) das Recht - gemeinsam mit dem Staatssekretär für Arbeit und Löhne im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Verbandes Bildender Künstler - verdienstvollen freischaffenden bildenden Künstlern eine zusätzliche Altersversorgung der künstlerischen Intelligenz zu gewähren. Eine Verpflichtung hierzu bestand mithin nicht. Bestimmte Auswahlkriterien, bei deren Vorliegen der Künstler einen Rechtsanspruch auf Einbeziehung hatte, waren nicht vorgegeben. Unter anderem fehlten auch Kriterien zur Ausfüllung des Begriffs "verdienstvoll". Es stand somit im freien Ermessen des mit der Gewährung der zusätzlichen Altersversorgung befassten Personenkreises, wem er im Einzelfall eine zusätzliche Altersversorgung zukommen lassen wollte (vgl. BSG, Urt. v. 18.6.2003 – B 4 RA 50/02 R). Eine solche Entscheidung darf mangels sachlich objektivierbarer, bundesrechtlich nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend ersetzt werden. Das Unterlassen einer Einbeziehung im Ermessenswege war von Einzelfallumständen abhängig, die gerade nicht Inhalt eines Normtextes sind. Dies macht ihre Abhängigkeit von Willkür im Nachhinein unüberprüfbar (BSG, Urt. v. 31.7.2002 – B 4 RA 21/02 R, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits die Vorsaussetzungen für eine Ermessensentscheidung über die Gewährung einer Versorgungszusage nicht erfüllt. Deshalb stand eine solche Zusage vorliegend nicht einmal im Ermessen der zuständigen Personen der DDR. Denn die Erteilung einer solchen Zusage war nach Ziff. 2 des Anhangs zum Beschluss-ZAVBK überhaupt nur gegenüber solchen verdienstvollen Künstlern zulässig, die bereits Rentner waren oder die ab Einführung der Verbesserung (gemeint ist die ZAVBK) für ihr volles Einkommen bis zur Höchstgrenze Beiträge zur FZR gezahlt haben und wegen ihres Alters damit keinen angemessenen Rentenanspruch mehr erwerben konnten. Da der Kläger kein Rentner war und nach seinen Angaben im Überführungsantrag weder vor noch nach der Einführung der ZAVBK Beiträge zur FZR gezahlt hat, war seine Einbeziehung in die ZAVBK auch durch Ermessensentscheidung ausgeschlossen. Ihm stand lediglich die nach Ziff. 1 des Anhangs zum Beschluss-ZAVBK für alle Mitglieder des Verbandes Bildender Künstler vorgesehene Möglichkeit offen, durch Zahlung von Beiträgen zur FZR bis zu den für Künstler erhöhten Grenzbeträgen über die allgemeine Sozialversicherungspflicht hinaus für das Alter vorzusorgen. Von dieser Möglichkeit zur Altersvorsorge durch eigene Beitragsleistung hat der Kläger auch nach dem Beschluss-ZAVBK keinen Gebrauch gemacht.
Die dargestellte Rechtsprechung steht – soweit sie in Fällen wie demjenigen des Klägers aus dem AAÜG abzuleitende Ansprüche ausschließt – mit dem Grundgesetz in Einklang. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist allerdings nicht jede Differenzierung unzulässig. Das Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Urt. v. 14.3.2000 – 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96 – BVerfGE 102, 41, 54 = SozR 3-3100 § 84a Nr. 3).
Die Fallgruppe des Klägers wird nicht ohne sachlichen Grund anders behandelt, als die Gruppe der Personen, die während des Bestehens der DDR eine positive Versorgungszusage erhalten haben. Denn diese Gruppe durfte aufgrund der verbrieften Rechte darauf vertrauen, dass die ihnen rechtsverbindlich zugesagten Versorgungsansprüche auch erfüllt werden. Im Unterschied dazu hat der Kläger während des Bestehens der DDR zu keinem Zeitpunkt eine Versorgungszusage erhalten. Er kann sich daher nicht auf einen durch eine schriftliche Versorgungszusage geschaffenen Vertrauenstatbestand berufen. Dies rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung.
Die Fallgruppe des Klägers wird aber auch nicht ohne sachlichen Grund anders behandelt, als die Gruppe der Personen mit einer noch am 30. Juni 1990 bestehenden unmittelbar gesetzlichen Privilegierung, also jenen Personen, die an diesem Tag die gesetzlichen Voraussetzungen zwingender Versorgungsregelungen erfüllten, ohne dass noch eine Ermessensentscheidung erforderlich gewesen wäre. Für diese Gruppe unterstellt die Rechtsprechung des BSG die Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung im Hinblick auf eine gesetzlich gerechtfertigte Erwartung, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten (vgl. BSG, Urt. v. 12.6.2001 – B 4 RA 117/00 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 6 S. 36). Dieser Gedanke ist nicht auf Personen übertragbar, die am 30. Juni 1990 nicht diese zwingenden Voraussetzungen erfüllten, weil eine Ermessensentscheidung notwendig war. Denn während die Gruppe des Klägers am 30. Juni 1990 keine zwingende Anwartschaft aufgebaut hatte, durften Personen, die zum Ende des Anwartschaftsaufbaus am 30. Juni 1990 gemäß § 22 Abs. 3 des Rentenangleichungsgesetzes die Voraussetzungen erfüllten, zukunftsbezogen darauf vertrauen, bei Eintritt eines Versorgungsfalles werde ungeachtet der bis dahin unterbliebenen Versorgungszusage die rechtsstaatlich maßgebliche Gesetzeslage Vorrang haben. Demgegenüber ergibt sich allein aus dieser Gesetzeslage kein Vertrauenstatbestand für den Kläger."
Daran hält der Senat fest. Der Kläger verkennt, dass auch der 4. Senat des BSG – auf dessen Rechtsprechung zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz er sich beruft – in seinem Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 50/02 R – (zitiert nach juris, Rdnr. 16 und 17) die Möglichkeit einer nachträglichen Einbeziehung in die Zusätzliche Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler für unzulässig erklärt und dies auch nicht für verfassungswidrig gehalten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat auch erwogen, ob dem Kläger gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG wegen Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung Gerichtskosten aufzuerlegen sind. Er hat davon in diesem Falle noch abgesehen.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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