L 7 VJ 3/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 5 VI 1/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 VJ 3/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 59/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Januar 2008 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Versorgungsansprüche des Klägers nach einer Masernschutzimpfung.

Der am ... 1998 geborene Kläger erhielt am 4. September 2000 eine Impfung mit dem Masernimpfstoff Merieux. Am 4. Mai 2001 beantragten seine Eltern als gesetzliche Vertreter beim Versorgungsamt R. Versorgungsleistungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) wegen einer Autoimmunhepatitis. Nach dem Bericht des Kinderarztes S. vom 9. November 2000 hatte dieser dem Gesundheitsamt L. und dem ... Institut einen Verdachtsfall auf eine Impfkomplikation angezeigt, da von der Mutter des Klägers Anfang Oktober Durchfall, Gelbsucht sowie dunkler Urin beobachtet worden sei. Aufgrund der am 12. Oktober 2000 durchgeführten Blutuntersuchung sei eine Einweisung in die Kinderklinik M. mit dem Verdacht auf eine Autoimmun-Hepatitis erfolgt. Nach dem Bericht des Klinikums M. vom 21. November 2000 hätten metabolische, infektiöse, toxische und medikamentöse Ursachen weitgehend ausgeschlossen werden können. Die Leberbiopsie vom 27. Oktober 2000 habe das histologische Bild einer Riesenzellhepatitis gezeigt. Die häufig bei einer Autoimmunhepatitis nachweisbaren Autoantikörper seien beim Kläger unauffällig gewesen. Auch extrahepatisch-immunologische Begleiterkrankungen hätten nicht festgestellt werden können. Weiterhin lag eine an den Kinderarzt S. gerichtete Stellungnahme des Dr. H., Referat Arzneimittelsicherheit vom ... Institut, vom 5. März 2001 vor. Dieser hatte ausgeführt, der kausale Zusammenhang zwischen der Impfung und der Autoimmunhepatitis werde nach den Kriterien der WHO mit "möglich" bewertet. Bislang lägen über autoimmune Hepatitiden nach Impfungen (meist Hepatitis B-Impfung) nur Einzelfallberichte aus der wissenschaftlichen Literatur und der spontanen unerwünschten Arzneimittelwirkung (UWA-Erfassung) vor. Speziell nach Masernimpfungen sei bislang kein Fall bekannt geworden. Bei bestehender genetischer Disposition erscheine ein Triggern der autoaggressiven Reaktion durch die Masern-Impfung möglich, wenn auch nicht bewiesen. Allerdings sei im vorliegenden Fall eine infektiöse Erkrankung weitgehend ausgeschlossen worden und es habe auch keine andere Ursache der pathologischen Immunreaktion eruiert werden können. Der plausible zeitliche Zusammenhang lasse eine Verbindung zur Impfung möglich erscheinen, wobei ein Nachweis nur durch die spezifischen Immunkomplexe im Biopsat hätte erbracht werden können. Außerdem lagen dem Beklagten Arztbriefe des Dr. B. ( ... Universität M., Zentrum für Kinderheilkunde) vom 16. Januar 2001 und 17. September 2001 vor. Danach sei die Diagnose einer Coombs-positiven Autoimmunhepatitis gestellt worden. Weitere hepatitisassoziierte Autoantikörper seien nicht nachweisbar gewesen. Aus bisheriger Sicht sei die Erkrankung beim Kläger therapeutisch gut kompensiert. Bezüglich eines Zusammenhangs zwischen der Masern-Impfung und der Autoimmunhepatitis hatte Dr. B. ausgeführt: Nach Rücksprache mit Dr. T. vom Referenzzentrum Masern des ... Instituts sei der Nachweis des Impfvirus nur im nativen Lebergewebe möglich, das jedoch nach Rücksprache mit Oberarzt Dr. H. vom Institut für Pathologie M. nicht vorliege. Daraufhin führte die Leitende Ärztin des Versorgungsamts R. K. in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 6. November 2001 aus: Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Hepatitis und der Masernschutzimpfung reiche für eine positive Kausalitätsbeurteilung nicht aus. Diese könne ausschließlich durch den Nachweis spezifischer Immunkomplexe im Leberbiopsat erbracht werden. Auf Nachfrage des Versorgungsamtes R. teilte die gesetzliche Vertreterin des Klägers mit, die ursprünglich geplante Leberbiopsie sei nicht erfolgt. Ergänzend führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 17. Mai 2002 aus: Eine Untersuchung eines neuerlichen Biopsats könne keine Klärung des Zusammenhangs zwischen der Masernimpfung und der Riesenzellhepatitis bringen. Immunkomplexe seien vergängliche Produkte, die schnell vom Körper wieder abgebaut würden. Spezifische Immunkomplexe, die als Reaktion auf eine Masernimpfung entstehen, hätten nur kurz nach der Impfung nachgewiesen werden können. Nach mehr als einem Jahr befänden sie sich nicht mehr im Körper.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2002 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung ab, weil der zeitliche Zusammenhang zwischen der Impfung und der Autoimmunhepatitis für die Anerkennung nach dem IfSG nicht ausreichend sei. Dagegen legte der Kläger am 12. Juli 2002 Widerspruch ein. Sofern ein Kausalzusammenhang nicht mit Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, seien Leistungen nach der Kannversorgung zu gewähren.

Der Beklagte holte das fachpädiatrische Gutachten des Prof. Dr. J. (Zentrum für Kinderheilkunde ... Universität M.) vom 2. Mai 2003 nach Aktenlage ein. Danach liege beim Kläger eine Autoimmunhepatitis vor, da eine infektiöse Hepatitis habe ausgeschlossen werden können. Nach derzeitiger Lehrmeinung handele es sich bei der heterogenen Gruppe der Autoimmunhepatitiden um das Ergebnis eines zellvermittelten immunologischen Angriffs auf die Leberzellen. Die Prädisposition dazu sei wahrscheinlich vererbt. Als auslösende Faktoren würden u.a. Viren diskutiert. Allerdings sei bislang in der gesamten wissenschaftlichen Weltliteratur kein Fall einer durch Impfung mit attenuierten (abgeschwächten) Masern-Viren ausgelösten Autoimmunhepatitis publiziert worden. Schon deshalb müsse es für unwahrscheinlich gehalten werden, dass diese beim Kläger durch die Impfung ausgelöst worden sei. Theoretisch könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass Masernviren und Masernimpfviren bei gegebener Veranlagung den Prozess auslösen könnten, der zum Bild einer Autoimmunhepatitis führe. Da die ersten Symptome etwa einen Monat nach der Masernimpfung aufgetreten seien, sei ein zeitlicher Zusammenhang gegeben, der zumindest eine ursächliche Mitwirkung nicht ausschließe. Letztlich sei es aufgrund des mangelnden wissenschaftlichen Erkenntnisstandes unmöglich, eine Verursachung auszuschließen. Biologisch plausibel erscheine ein solcher Zusammenhang jedenfalls. Aus diesem Grunde sei in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit 1996 (Nr. 39) im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht die Autoimmunhepatitis als Krankheit genannt, für die eine Kannversorgung in Betracht zu ziehen sei. Nach der GdB-Tabelle sei das Krankheitsbild als chronisch aktive Hepatitis mit mäßig entzündlicher Aktivität aufgrund des kontinuierlich hohen Bedarfs an Medikamenten einzustufen. Daraus ergebe sich ein GdB von 40. Stärkere Funktionsstörungen der Leber seien nicht erkennbar. Außerdem zog der Beklagte Arztbriefe des ... Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin ( ..., Universitätsklinikum Medizinische Fakultät der ... Universität B.) über Behandlungen des Klägers im März, April, Juli und Oktober 2002 aufgrund einer steroidinduzierten Osteoporose bei.

Der Beklagte veranlasste eine prüfärztliche Stellungnahme der Dr. K. vom Ärztlichen Dienst des Landesamtes für Versorgung und Soziales Sachsen-Anhalt vom 21. Oktober 2003. Danach sei unwahrscheinlich, dass die Autoimmunhepatitis durch die Masernimpfung ausgelöst worden sei. Das ergebe sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. J. und werde durch den Umstand unterstützt, dass in keinem der Berichte der ... B. die Masernimpfung als mögliche Ursache in Betracht gezogen worden sei. Ein Zusammenhang zwischen der Masernimpfung und der Autoimmunhepatitis sei in der gesamten wissenschaftlichen Literatur nicht als bekannt veröffentlicht. Allein der zeitliche Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen könne die Kausalität nicht begründen. Die Aufnahme der Diagnose Autoimmunhepatitis in die Liste der Erkrankungen, für die nach den Anhaltspunkten eine Kannversorgung in Betracht zu ziehen sei, rechtfertige nicht automatisch deren Anerkennung. Die Ursache der hier vorliegenden Autoimmunhepatitis sei unklar und es komme eine Vielzahl schädigungsfremder Auslöser in Betracht. Die derzeit einzige Möglichkeit einer direkten Nachweisführung im Rahmen einer Leberpunktion sei nicht erfolgt. Dem folgend wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2004 zurück.

Der Kläger hat am 29. März 2004 Klage beim Sozialgericht (SG) Dessau erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, zwar sei bisher ein monokausaler Zusammenhang zwischen einer Impfung gegen Masern und einer Leberentzündung nicht postuliert worden und es möge an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 61 Satz 1 IfSG fehlen. Für eine Kannversorgung gemäß § 61 Satz 2 IfSG sei dies aber nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein geringerer Überzeugungsgrad ausreichend, wenn in der medizinischen Wissenschaft über den Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung und dem festgestellten Leiden (hier Autoimmunhepatitis) Ungewissheit herrsche. So finde sich in der medizinischen Literatur eine Reihe von Veröffentlichungen, in denen davon die Rede sei, dass Masern neben anderen Viren als Auslöser von Autoimmun-Hepatitis fungierten. In diesem Zusammenhang hat der Kläger auf zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze verwiesen. Deshalb sei der Beurteilung des Dr. H. zu folgen, der das Auslösen der autoaggressiven Reaktion auf die Leber angesichts der weiteren Umstände (Ausschluss einer anderen gleichzeitig auftretenden Infektion sowie geringer zeitlicher Abstand von vier bis fünf Wochen) für möglich erachtet habe.

Das SG hat ein Gutachten des Prof. Dr. R. (Klinik für Innere Medizin des Klinikums ... L., Fachbereich Infektiologie, Tropenmedizin, Gastroenterologie, Hepatologie, Nephrologie) vom 20. Dezember 2005 eingeholt, das dieser zusammen mit dem Facharzt für Innere Medizin Dr. Z. erstellt hat. Ausweislich des Literaturverzeichnisses basiert das Gutachten auf der Grundlage der vom Kläger in seiner Klagebegründung angeführten internationalen Literatur sowie unter Heranziehung weitergehender wissenschaftlichen Unterlagen. Danach seien Ätiologie und Pathogenese von Autoimmunerkrankungen komplex, doch sei eine genetische Prädisposition allgemein akzeptiert. Vor allem virale Infektionen würden als mögliche triggernde Faktoren immer wieder angeführt. Fallberichte über eine sichere Auslösung einer Autoimmunhepatitis durch eine Impfung mit attenuierten Masernviren lägen in der Literatur nicht vor. Der Sachverständige hat diesbezüglich ausführlich mehrere Studien ausgewertet. Andererseits gebe es immer wieder Einzelfallberichte über wahrscheinliche Zusammenhänge von Autoimmunerkrankungen mit vorherigen Impfungen. Aus den ausgewerteten Studien sei zu schlussfolgern, dass eine Induktion oder auch Triggerung autoimmunologischer Krankheiten bei genetisch prädisponierten Personen plausibel erscheine. Im Fall des Klägers sei auch ein zeitlich plausibler Zusammenhang zu konstatieren. Die nachweisbaren Masern-Titer belegten letztlich aber nur die Antwort auf die Masernimpfung. Da die pathogenetischen Zusammenhänge bei der Entstehung von Autoimmunität nicht ausreichend geklärt seien, könne schon aus diesem Grunde nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die erfolgte Impfung die Autoimmunhepatitis mit verursacht habe. Die diskutierte Literatur zeige jedoch, dass gerade eben diese Mitverursachung der Autoimmunhepatitis durch die Masernimpfung eher unwahrscheinlich, wenngleich möglich sei. Die Untersuchung auf Immunkomplexe in einer nativen Leberprobe in zeitnahem Zusammenhang zur Masernimpfung als einzige Möglichkeit den Kausalzusammenhang zu sichern, sei nicht erfolgt. Dieser Nachweis könne jetzt nicht mehr erbracht werden. Andere Argumente, wonach die Masernimpfung als überwiegend wahrscheinlicher Auslöser der Hepatitis zu qualifizieren sei, könnten nicht angeführt werden. Auch der fehlende Nachweis von Autoantikörpern sei in diesem Zusammenhang nicht relevant.

Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, zwar werde der notwendige Grad an Wahrscheinlichkeit, d. h. die pathophysiologische Erklärbarkeit und die überwiegend akzeptierte wissenschaftliche Überzeugung, dass andere Ursachen nicht in Frage kommen, derzeit nicht erreicht. Zugleich aber scheide die Beurteilung als unwahrscheinlich gleichermaßen aus, da die Sachverständigen bei der Kausalitätsbeurteilung einen plausiblen zeitlichen Rahmen und die Abwesenheit anderer Ursachen gesehen hätten. Daher seien damit die Voraussetzungen der Kannversorgung im Sinne des § 61 Satz 2 IfSG gegeben. Es sei von einer qualifizierten Möglichkeit auszugehen, weil die ursächliche Bedeutung der exogenen Schädigungsfaktoren in den Arbeitshypothesen etlicher Studien ernsthaft erörtert werde. Auch der extrem hohe Antikörper-Titer des Klägers sei ein starkes Indiz für die heftige Antwort seines Immunsystems.

In Bezug auf einen Anspruch auf der Grundlage der sogenannten Kannversorgung hat der Beklagte am 15. Mai 2006 die Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg vom 28. April 2006 vorgelegt. Unter Berücksichtigung der Versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. R. vom 18. April 2006 lägen die Voraussetzungen nicht vor. Dieser hatte auf die Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. J. und Prof.Dr. R. verwiesen, wonach in der gesamten wissenschaftlichen Literatur kein Fall eines Zusammenhangs zwischen der Masernschutzimpfung und einer Autoimmunhepatitis veröffentlicht sei. Danach könne die ursächliche Bedeutung des exogenen Faktors Masern-Impfung für die Entstehung der Autoimmunhepatitis in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen auch nicht wenigstens theoretisch begründet in Erwägung gezogen werden. Die qualifizierte Möglichkeit, dass der Impfung eine wesentliche, gegenüber anderen Faktoren zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung bei der Entstehung der Lebererkrankung zukomme, sei insoweit nicht anzunehmen.

Ergänzend hat der Kläger vorgetragen, es existiere im vorliegenden Fall eine qualifizierte Möglichkeit der Verursachung im Sinne von § 61 Satz 2 IfSG, da die ursächliche Bedeutung der Masern-Impfung wenigstens annähernd gleichwertig gegenüber anderen Erklärungsmustern (spontane Manifestation bei einer genetischen Disposition) sei. Wegen der Einzelheiten der darüber gegenwärtig in der medizinischen Wissenschaft geführten Diskussion hat er auf eine anliegende humanbiologisch fachliche Stellungnahme des Dr. rer. nat. T. K. (Vater des Klägers) verwiesen.

Schließlich hat das SG das Gutachten des Dr. H., Privatärztliche Praxis W., vom 18. August 2007 nach Aktenlage eingeholt. Dieser war als wissenschaftlicher Angestellter am ... Institut im Referat Arzneimittelsicherheit von August 1993 bis Juni 2003 tätig und ist nach eigener Darstellung seit August 2004 als unabhängiger Experte für Impfstoffsicherheit tätig. Dr. H. hat ausgeführt, die Ursache der Autoimmunhepatitis sei auf molekularpathologischer Ebene bisher nicht geklärt. Welche Faktoren im Einzelfall zu einer gestörten Immunreaktivität mit Toleranzverlust gegen Bestandteile von Leberzellen führten, sei nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht bekannt. Bei der Entstehung träfen genetische Veranlagung und bestimmte Unweltfaktoren aufeinander. In diesem Zusammenhang seien vorausgegangene Virusinfektionen (insbesondere über Fälle nach Masern, Herpesinfektionen und Hepatitis A) als Auslöser für eine Autoimmunhepatitis diskutiert worden. Auch seien Einzelfälle von Autoimmunhepatitiden nach Anwendung verschiedener Impfstoffe beschrieben worden. Dazu hat er auf verschiedene wissenschaftliche Veröffentlichungen Bezug genommen. Allerdings lägen prospektive randomisierte Studien zur Fragestellung einer durch Impfstoffe ausgelösten Autoimmunhepatitis nicht vor und seien bei der Seltenheit der Erkrankung auch nicht zu erwarten. Das zeitliche Intervall zwischen den Impfungen und dem klinischen Beginn der Autoimmunhepatitis sei für die letzte Impfung mit Infanrix IPV+Hib und auch für die Masernimpfung als plausibel zu betrachten. Andere mögliche Auslöser seien nicht gefunden worden. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand werde nicht daran gezweifelt, dass in seltenen Fällen sowohl Lebendimpfung (wie z.B. Masernimpfung) als auch inaktivierte Impfungen Autoimmunerkrankungen auslösen können. Diese Erkenntnis stütze sich auf eine Vielzahl von Tiermodellen, in denen autoimmune Reaktionen durch eine Mischung aus Antigen und Adjuvantien regelmäßig erzeugt werden könnten und auf die beobachteten und (veröffentlichten) Kasuistiken. Dies gelte auch für die Autoimmunhepatitis, die aufgrund des immunpriviligierten Status eine sehr seltene Erkrankung sei. Auch dem Paul-Ehrlich-Institut seien im Zeitraum von 2001 bis zum 17. August 2007 insgesamt neun Verdachtsfälle einer Autoimmunhepatitis nach Impfungen gemeldet worden. Darunter seien auch die zweier Kinder, von denen eines die Autoimmunhepatitis nach Anwendung von Masern-Mumps-Röteln und Hepatitis-B-Impfstoff entwickelt habe. Die derzeitig plausibelste Erklärung für die Entstehung einer Autoimmunreaktion nach einer Impfung sei zunächst einmal die starke immunologische Ähnlichkeit des Impfantigens mit körpereigenen Strukturen. Ebenfalls eine Rolle bei der Auslösung der Autoimmunreaktion spiele auch die Art der Präsentation des Antigens für die Immunkomponenten Lymphozyten. Das Aluminiumhydroxid als unspezifischer Immunverstärker verändere die initiale Immunantwort. Die Auslösung einer Autoimmunreaktion durch Impfungen bei einem entsprechenden disponierten Patienten könne also als gesicherte medizinische Kenntnis betrachtet werden. Zusammenfassend gelte: Der wissenschaftliche Kenntnisstand über sehr seltene unerwünschte Reaktionen nach Impfungen sei unzureichend. Die Spontanerfassung generiere nur Signale; die meisten Einzelfälle würden nicht gemeldet. Gute Studien nach Markteinführung und breiter Anwendung von Impfstoffen lägen nicht vor. Prof. Dr. R. habe sich mit der von ihm zusammengestellten wissenschaftlichen Literatur auseinandergesetzt, die sich mit dem Thema der Autoimmunreaktion nach Impfungen befasse. Die Kasuistiken, in denen Fälle von Autoimmunhepatitiden nach Impfungen beschrieben werden, habe er in seinem Gutachten nicht erwähnt. Zutreffend habe Prof. Dr. R. festgestellt, dass die pathogenetischen Zusammenhänge bei der Entstehung der Autoimmunität sehr komplex und in vielen Fällen nicht ausreichend erklärt seien. Dass es gesicherte Erkenntnisse gebe, dass Impfungen im Einzelfall eine Immunreaktion auslösen könnten und dass es eine Vielzahl tierexperimenteller Belege für diesen Zusammenhang gebe, habe er in seinem Gutachten nicht erwähnt. Auch habe Prof. Dr. R. nur die Masernlebendimpfung betrachtet, aber nicht die einige Wochen zuvor verabreichte inaktivierte Kombinationsprüfung mit Infanrix IPV + HiB als weitere möglicherweise beteiligte Ursache diskutiert. Im Hinblick auf die versorgungsrechtlich erforderliche Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs hat Prof. Dr. H. ausgeführt: Etwas präziser als die Kriterien der Anhaltspunkte seien die von der Weltgesundheitsorganisation WHO veröffentlichten Kriterien zur Kausalitätsbewertung von Verdachtsfällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Danach sei eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen kausalen Zusammenhang gegeben. Die Autoimmunhepatitis sei eine sehr seltene und pathophysiologisch nicht geklärte Erkrankung. Welche molekularen Mechanismen bei ihrer Entstehung die entscheidende Rolle spielen, sei nicht bekannt. Aus experimentellen Studien und Kasuistiken sei bekannt, dass Impfungen autoimmune Erkrankungen auslösen könnten. Ein definitiver Beweis sei hierfür allerdings nicht zu erbringen. Auch eine Kannversorgung sei zu diskutieren, da diese Erkrankung in den Anhaltspunkten explizit genannt werde. Insgesamt sei davon auszugehen, dass die Autoimmunhepatitis beim Kläger wahrscheinlich durch die zuvor verabreichte Impfung ausgelöst worden sei. Die aufgrund der Impfung seit Oktober 2000 vorliegende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) müsse in Anlehnung an die chronische Hepatitis nach den Anhaltspunkten 2004 je nach Progression und entzündlicher Aktivität bewertet werden. Im Fall des Klägers betrage sei seit Oktober 2000 50 %. Das Gutachten von Prof. Dr. R. komme zu dem nicht nachvollziehbaren Schluss, dass der Zusammenhang möglich, aber trotzdem insgesamt unwahrscheinlich sei. Bei seiner herangezogenen Literatur fehlten die veröffentlichen Kasuistiken (Einzelfälle) von Autoimmunhepatitiden nach Impfungen und die (zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht frei verfügbaren) Daten aus der Datenbank des ... Instituts.

Gegen das Gutachten hat der Beklagte eingewandt: Aus der beiliegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 3. Dezember 2007 ergebe sich für die Annahme der qualifizierten Möglichkeit, dass der Masernimpfung eine gegenüber anderen Faktoren annähernd gleichwertige Bedeutung zukomme, keine Grundlage. Einer der von Dr. H. ausgewerteten Fallberichte beschreibe das Auftreten einer Autoimmunhepatitis nach einer Mehrfachimpfung gegen Typhus, Hepatitis A, Diphtherie, Tetanus, Polio, Mumps, Masern und Röteln. Dr. H. könne in seinem Gutachten entsprechend seiner Einschätzung in dem Schreiben vom 5. März 2001 weiterhin nur die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Masernimpfung und der Autoimmunhepatitis darlegen. Nach den WHO-Kriterien zur Kausalitätsbewertung bei Verdachtsfällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen sei ein wahrscheinlicher Zusammenhang zwar gegeben, wenn ein plausibler zeitlicher Rahmen vorliege, die aufgetretene Symptomatik wahrscheinlich nicht durch andere Ursachen ausgelöst und die Reaktion bekannt und pathophysiologisch erklärbar sei. Im vorliegenden Fall sei die Reaktion jedoch nicht bekannt, weil über die Ätiologie und Pathogenese der Immunhepatitis Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft bestehe. Fallberichte über eine sichere Auslösung einer Autoimmunhepatitis durch eine Masernimpfung lägen nicht vor. Dr. H. beziehe bei seiner Beurteilung auch die Kombinationsimpfung gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenza b und Poliomyelitis am 21. Juli 2000 mit ein. Doch auch für diese Impfung könne bei derzeitigem medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand ein ursächlicher Zusammenhang mit der Autoimmunhepatitis nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Es werde hierzu auf die aktualisierte Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am ... Institut Juni 2007, Epidemiologisches Bulletin (EB) 25/2007 hingewiesen. Weder für den Masernimpfstoff noch für den Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Poliomeylitis-Hib-Impfstoff seien Autoimmunhepatitiden unter den Kategorien Komplikationen oder Krankheiten in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung erwähnt.

Mit Urteil vom 17. Januar 2008 hat das SG den Beklagten verurteilt, den Bescheid vom 19. Juni 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2004 aufzuheben, die Autoimmunhepatitis als Impfschaden anzuerkennen und dem Kläger aufgrund des Impfschadens Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar könne die beim Kläger bestehende Autoimmunerkrankung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die durchgeführte Impfung zurückgeführt werden. Doch lägen die Voraussetzungen einer Kannversorgung vor. Die Autoimmunhepatitis werde in den Anhaltspunkten 2004 als Erkrankung für eine Kannversorgung expliziert genannt. Auch Dr. H. habe überzeugend dargelegt, dass der zeitliche Intervall zwischen den Impfungen und dem klinischen Beginn der Autoimmunhepatitis für die letzte Impfung mit Infanrix IPV+Hib und für die Maserimpfung als plausibel zu betrachten sei. Andere mögliche Auslöser für die Autoimmunhepatitis seien nicht gefunden worden. Zudem sei nach den WHO-Kriterien die Immunhepatitis als wahrscheinliche Impfkomplikation zu bewerten.

Gegen das ihm am 22. Februar 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12. März 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt, weil allein der zeitliche Zusammenhang zwischen der Masernimpfung und dem histologischem Nachweis der Autoimmunhepatitis nicht ausreiche, um einen Impfschaden zu bejahen. Nach dem internistischen Gutachten von Prof. Dr. R. sei die Mitverursachung der Autoimmunhepatitis durch die erfolgte Masernimpfung zwar möglich, doch eine überwiegend unwahrscheinliche Konstellation. In der gesamten wissenschaftlichen Literatur sei kein Fall eines Zusammenhangs zwischen einer Masernschutzimpfung und einer Autoimmunhepatitis veröffentlicht. Die qualifizierte Möglichkeit, dass der Impfung eine wesentliche, gegenüber anderen Faktoren zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung bei der Entstehung der Lebererkrankung zukomme, sei daher zu verneinen. Auch die Voraussetzungen für eine Kannversorgung seien nicht gegeben. Das SG habe sich nicht mit seinen Argumenten auseinandergesetzt, sondern der Tatsache Vorrang eingeräumt, dass die Ursache der Autoimmunhepatitis ungeklärt sei und das Gutachten von Dr. H. seiner Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Januar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, beide Gutachter seien zum Ergebnis gelangt, dass die Möglichkeit einer Autoimmunhepatitis nach erfolgter Masernimpfung bestehe. Der Beklagte habe sich über den Sachverstand der Gutachter hinweggesetzt. Das Epidemiologische Bulletin zeige nur eine Auswahl und erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ergänzend hat der Kläger am 19. September 2012 Behandlungen aufgrund der Autoimmunhepatitis geschildert und zieht aufgrund der verabreichten Medikamente Rückschlüsse auf die Entstehung der Erkrankung.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. H. eingeholt. Dieser hat am 7. Dezember 2009 ausgeführt, die Voraussetzung für die Anerkennung der Autoimmunhepatitis als impfbedingte Schädigung liege vor. Dies sei eine gut begründete Arbeitshypothese, die von vielen Immunologen unterstützt werde. Bei einer sehr seltenen Erkrankung wie der Autoimmunhepatitis sei es nicht verwunderlich, dass bislang keine Fallberichte von solchen Erkrankungen nach speziellen Impfungen (wie z. B. der Masernimpfung) veröffentlicht worden seien, da der Zusammenhang bei einem etwas größeren Zeitintervall zwischen der Impfung und den Symptomen von Seiten der Leber nicht gesehen werde. Niemand denke mehr an die zuvor durchgeführte Impfung als Auslöser der Autoimmunreaktion und es gebe auch derzeit keine diagnostische Methode, anhand der vorhandenen Antikörper auf den Auslöser zu schließen. Hier liege der entscheidende Fehler der Betrachtung von Dr. R., der fordere, es müsse ein Fall von Autoimmunhepatitis nach Masernimpfung veröffentlicht sein, um das Geschehen beim Kläger plausibler als Impfkomplikation erscheinen zu lassen. Es müsse noch einmal betont werden, dass beim Kläger keine andere Infektion zum Zeitpunkt der Entstehung der Lebererkrankung nachgewiesen worden sei und somit die Impfung gegen Masern der im zu betrachtenden Zeitintervall der einzige bekannte Auslöser bleibe. Auch sollten die Ausführungen der STIKO nicht überbewertet werden. Diese weise auf Erkrankungen in einem ungeklärten ursächlichen Zusammenhang mit der Masernimpfung hin, die in Einzelfällen in der medizinischen Fachliteratur beobachtet und berichtet worden seien. Die STIKO lege sich absichtlich nicht fest, da es sich bei den beschriebenen Reaktionen in allen Fällen um autoimmune Erkrankungen handele. Im Gegensatz zur Autoimmunhepatitis seien die hier aufgeführten Reaktionen bereits veröffentlicht worden. Prinzipiell werde auch hier die Möglichkeit (gemäß der beschriebenen Arbeitshypothese) gesehen, dass die Masernimpfung zu Autoimmunreaktionen führen könne. Eine Anerkennung der Autoimmunhepatitis als Impfschaden nach der Kannversorgung sei weiterhin zu empfehlen. Zur Begründung des Grads der Schädigung (GdS) von 50 bis 70 hat Dr. H. ausgeführt, ohne die immunsuppressive Behandlung sei von einer starken entzündlichen Aktivität auszugehen. Außerdem seien die Folgen der immunsuppressiven Behandlung zu berücksichtigen.

Der Beklagte hat unter Hinweis auf die Versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 4. Februar 2010 vorgetragen: Die Einschätzung von Dr. H., wonach in der Zukunft noch Kasuistiken zum Zusammenhang zwischen Maserschutzimpfung und Autoimmunhepatitis veröffentlicht würden, sei spekulativ. Auch bei Heranziehung des Kenntnisstandes der STIKO könne er lediglich die Möglichkeit eines Zusammenhangs ableiten. Da die Aussagen in den Hinweisen der STIKO sich nach dortigen Angaben auf die Fachinformation der Hersteller sowie das nationale und internationale Schrifttum gründen, bestehe kein Anlass zum Zweifel, dass damit der aktuelle internationale Kenntnisstand repräsentiert werde. Warum Dr. H. vor einer Überbewertung dieser Erkenntnisse warne, sei nicht nachvollziehbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte des Beklagten hingewiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthafte und auch in der von § 151 Abs. 1 SGG vorgeschriebenen Form und Frist eingelegte Berufung des Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung von Schädigungsfolgen und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. dem IfSG. Daher war das Urteil des SG Dessau-Roßlau aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Streitgegenstand ist das Begehren des Klägers, die Autoimmunhepatitis als Impfschaden festzustellen sowie die Gewährung von Versorgungsleistungen. Dabei bildet der Anspruch aus einer Kannversorgung keinen eigenen Streitgegenstand (BSG, Urteil v. 16. März 1994 – 9 RV 11/93, BSGE 74, 109 ff.).

Der Anspruch des Klägers aufgrund der am 4. September 2000 durchgeführten Impfung richtet sich für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2000 nach den Vorschriften des BSeuchG. Da das IfSG ohne Übergangsvorschrift am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, sind für die Zeit danach die im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften des IfSG anzuwenden (BSG, Urteil vom 20. Juli 2005, B 9a/9 VJ 2/04 R, SozR 4-3851 § 20 Nr. 1). Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG bzw. § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält derjenige, welcher durch eine empfohlene oder angeordnete Schutzimpfung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Ein Impfschaden ist nach § 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG ein über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden. § 2 Nr. 11 IfSG definiert diesen als gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung. Die schädigende Einwirkung (die Impfung), die gesundheitliche Primärschädigung in Form einer unüblichen Impfreaktion und die Schädigungsfolge (ein Dauerleiden) müssen nachgewiesen und nicht nur wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 19. März 1986, 9a RVi 2/84, SozR 3850 § 51 Nr. 9). Dagegen genügt nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BSeuchG bzw. § 61 Satz 1 IfSG für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Maßstab dafür ist die im sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung. Danach ist aus der Fülle aller Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne diejenige Ursache rechtlich erheblich, die bei wertender Betrachtung wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist (BSG, Urteil vom 7. April 2011- B 9 VI 1/10 R m.w.N. – zitiert nach juris).

Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalitätsbeurteilung sind im sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a.a.O.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP insbesondere um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sogenannte antizipierte Sachverständigengutachten (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a.a.O.). Die AHP sind in den Bereichen des sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm normähnlich (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a.a.O.). Die AHP enthalten in allen hier zu betrachtenden Fassungen seit 1996 unter den Nr. 53 bis 143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben.

Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen (damals noch als "Impfschaden" bezeichnet) bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 1996 bis 2005 sind allerdings Ende 2006 aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden (Rundschreiben des BMAS vom 12.12.2006 - IV.c.6-48064-3; vgl. auch Nr. 57 AHP 2008): Die beim ... Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß der Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin (EB) veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Stand der Wissenschaft dar. Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Abs. 1 AHP) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kannversorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von §§ 60 f. IfSG durchzuführen. Dies ergibt sich auch aus Nr. 35 bis 52 (S. 145 bis 169) der AHP (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a.a.O.).

Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a.a.O.) Anders als die AHP 1996 bis 2008 enthält die VersMedV keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a.a.O.). Dabei sind alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten (BSG, Urteil vom 7. April 2011, a.a.O.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze steht zunächst fest, dass der Kläger am 4. September 2000 mit dem Masernimpfstoff Merieux geimpft worden ist. Außerdem steht im Vollbeweis fest, dass der Kläger an einer Autoimmunhepatitis erkrankt ist. Dies lässt sich nach dem umfassend dokumentierten Krankheitsgeschehen sicher belegen und ist zwischen Beteiligten auch nicht umstritten.

Das nach der Maserimpfung aufgetretene Krankheitsgeschehen der Autoimmunhepatitis und die damit verbundenen Schädigungsfolgen sind nach Ansicht des Senats unter Würdigung der Gesamtumstände aber nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die Impfung verursacht worden. Insoweit folgt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. R., dem Gutachten des Prof. Dr. J. sowie den versorgungsärztlichen Stellungnahmen. Diese haben übereinstimmend einen Zusammenhang nach dem Maßstab der wesentlichen Bedingung schon deshalb verneint, weil die Ursache der Entstehung der Autoimmunhepatitis bislang wissenschaftlich nicht geklärt ist. Lediglich eine genetische Disposition wird anerkannt. Sofern aber die Ursache unbekannt ist, kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Masernschutzimpfung für die Entstehung der Krankheit ursächlich gewesen ist. Auch der Kläger selbst hat insoweit eingeräumt, dass die Voraussetzungen für die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht vorlägen. Der bestehende zeitliche Zusammenhang und der Ausschluss von metabolischen, infektiösen, toxischen und medikamentösen Ursachen genügt somit nicht. Auch der fehlende Nachweis von Autoantiköpern ist nach der Auffassung von Prof. Dr. R. und Dr. Z. nicht relevant. Der einzig sichere Kausalitätsnachweis, nämlich eine Leberpunktion im zeitlichen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten der Erkrankung, wurde nicht erbracht. Eine Leberpunktion zu einem späteren bzw. jetzigen Zeitpunkt kann nach einstimmiger Auffassung als Sachverständigen diesen fehlenden Nachweis nicht mehr ersetzen.

Im Übrigen sind weder im EB vom 22. Juni 2007 (Nr. 25, S. 219 f.) noch in den Anhaltspunkten 1996 bis 2008 als Impfkomplikation bzw. Krankheiten/Krankheitserscheinungen in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang eine Autoimmunhepatitis angegeben worden. Als Impfkomplikationen werden im EB im Zusammenhang mit einer Maserimpfung Fieberkrämpfe (in der Regel ohne Folgen), allergische Reaktionen sowie die Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis (Krämpfe, Herdsymptome, Halbseitenlähmung) erwähnt. Als Krankheiten bzw. Krankheitserscheinungen in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung werden in der medizinischen Fachliteratur Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems (Myelitis, Guillain-Barré-Syndrom, Neuritis, als möglicher Ausdruck einer zerebellären Ataxie gedeutete flüchtige Gangunsicherheit), Erythema exsudativum multiforme (akute entzündliche Erkrankung der Haut) und Hautblutungen bei verminderter Blutplättchenzahl (thrombozytopenische Purpura) diskutiert. Hinweise dafür, dass sich dieser wissenschaftliche Stand geändert hat, liegen auch unter Berücksichtigung der Ausführungen von Dr. H. nicht vor. Er selbst hat ausgeführt, ein definitiver Beweis dafür, dass Impfungen autoimmune Erkrankungen auslösen könnten, sei nicht zu erbringen.

Der Auffassung von Dr. H. zur Kausalitätsbewertung kann nicht gefolgt werden. Diese wendet mit den WHO-Kriterien für unerwünschte Nebenwirkungen einen eigenen Maßstab zur Kausalitätsbeurteilung an. Wie aber bereits dargestellt, sind im Impfschadensrecht als rechtlicher Maßstab die Vorgaben der Anhaltpunkte bzw. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze heranzuziehen. Danach reichen ein plausibler zeitlicher Zusammenhang und die Abwesenheit anderer Ursachen gerade nicht aus. Im Übrigen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass selbst bei Anwendung des WHO-Maßstabs nicht von einer Kausalität ausgegangen werden kann, da dies voraussetzt, dass die durch die Impfung ausgelöste Reaktion bekannt und pathophysiologisch erklärbar sei. Dies ist hier aber nicht so, weil gerade über Ätiologie und Pathogenese der Autoimmunhepatitis Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft besteht. Sofern Dr. H. in seinem Gutachten auch die zuvor erfolgte Impfung mit Infanrix IPV+Hib in die Kausalitätsbewertung mit einbezieht, gilt das bereits zuvor Ausgeführte: Da die Ursache der Autoimmunhepatitis unbekannt ist, kann auch die zuvor erfolgte Kombinationsimpfung nicht als ursächlich angesehen werden. Zudem ist diese Erkrankung nach den Ausführungen im EB weder als Impfkomplikation bzw. Krankheit/Krankheitserscheinung in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang mit der zuvor verabreichten Kombinationsimpfung gesehen worden. Schließlich stützen auch die ergänzenden Ausführungen des Klägers vom 19. September 2012 nicht die Annahme, dass gerade die Masernimpfung die Immunreaktion ausgelöst hat. Vielmehr werden darin die Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung ohne einen Bezug zur Masernimpfung dargestellt.

Auch die Voraussetzungen für einen Anspruch der sogenannten Kannversorgung gemäß § 60 Abs. 1 IfSG i.V.m. § 61 Satz 2 IfSG liegen nicht vor. Eine Versorgung ist nach diesen Vorschriften mit Zustimmung des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg als der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde zu gewähren, wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht. Dabei führt nicht schon die ausdrückliche Erwähnung einer Erkrankung - hier der Autoimmunhepatitis - in Nr. 39 Abs. 7 der Anhaltspunkte dazu, die Kannversorgung zu gewähren. Als Voraussetzung dafür ist in Teil C Nr. 4b der Versorgungsmedizinischen Grundsätze festgelegt, dass über die Ätiologie und Pathogenese des Leidens keine durch Forschung und Erfahrung genügend gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Auffassung herrschen darf. Außerdem darf wegen mangelnder wissenschaftlicher Erkenntnisse und Erfahrungen die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen oder Schädigungsfolgen für die Entstehung und den Verlauf des Leidens nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden können. Weiterhin wird für die Kannversorgung vorausgesetzt, dass ein ursächlicher Einfluss der im Einzelfall vorliegenden Umstände in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen als theoretisch begründet in Erwägung gezogen wird. Dabei reicht allein die theoretische Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs nicht aus. Denn die Verwaltung ist nicht ermächtigt, bei allen Krankheiten ungewisser Genese immer die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs – die so gut wie nicht widerlegt werden kann – ausreichen zu lassen (BSG, Urteil vom 10. November 1993 – 9/9a RV 41/92, zitiert nach juris). Es genügt nicht, wenn ein Arzt oder auch mehrere Ärzte einen Ursachenzusammenhang nur behaupten. Vielmehr ist erforderlich, dass durch eine nachvollziehbare wissenschaftliche Lehrmeinung Erkenntnisse vorliegen, die für einen generellen, in der Regel durch statistische Erhebungen untermauerten Zusammenhang sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995 – 9 RV 17/04 – zitiert nach juris). Es darf nicht nur eine theoretische Möglichkeit des Zusammenhangs bestehen, sondern vielmehr eine "gute Möglichkeit", die sich in der wissenschaftlichen Medizin nur noch nicht so weit zur allgemeinen Lehrmeinung verdichtet hat, dass von gesicherten Erkenntnissen gesprochen werden kann (BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995, a.a.O.; vom 17. Juli 2008 – B 9/9a VS 5/06 R – zitiert nach juris; bzw. "qualifizierte Möglichkeit", Rösner, MedSach 1990, S. 4) und damit zumindest einen eingeschränkten Personenkreis der Fachmediziner im Sinne einer "Mindermeinung" überzeugt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Februar 2011, L 7 VJ 42/03; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. November 2011, L 4 VJ 2/10 – beide zitiert nach juris).

Nach den Ausführungen der in diesem Verfahren tätig gewordenen Mediziner besteht über Ätiologie und Pathogenese der Autoimmunhepatitis keine durch Forschung und Erfahrung genügend gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Lehrmeinung. Insofern kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Verursachung der Autoimmunhepatitis durch die Masernimpfung unwahrscheinlich war. Nach Auffassung des Senats besteht aber auch nicht mehr als die theoretische Möglichkeit, dass durch die Impfung die Autoimmunhepatitis verursacht worden ist. Dies reicht für die Gewährung einer Kannversorgung nach den oben aufgezeigten Anforderungen nicht aus. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung des Versorgungsarztes Dr. G. an, der diese unter Einbeziehung der Gutachten von Prof. Dr. J. und Prof. Dr. R. begründet hat. Prof. Dr. R. hat auf die wissenschaftliche Literatur hingewiesen, wonach in mehreren Studien kein Beweis dafür gefunden werden konnte, dass eine Masernimpfung Autoimmunprozesse triggern kann. Sofern Dr. H. einen ursächlichen Zusammenhang für wahrscheinlich hält, genügen seine aufgezeigten Arbeitshypothesen nicht den Anforderungen an eine "gute" bzw. "qualifizierte" Möglichkeit. Auch die angeführten Tierexperimente lassen Rückschluss im Sinne einer mehr als darauf theoretischen Möglichkeit zu, dass eine Autoimmunhepatitis durch eine Masernimpfung beim Menschen ausgelöst werden kann. Insgesamt hat Dr. H. keine Lehrmeinung aufgezeigt, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Masernimpfung und einer Autoimmunhepatitis vertritt. Zwar behauptet er einen Zusammenhang zwischen einer Masernimpfung und einer Autoimmunhepatitis, doch fehlen durch statistische Erhebungen untermauerte Fakten und eine wissenschaftliche Mindermeinung in der Medizin, die seine Auffassung teilt. Die von Dr. H. angeführten medizinischen Studien haben keinen Zusammenhang zwischen der Masernimpfung und einer Autoimmunhepatitis nachweisen können, sondern haben lediglich Arbeitshypothesen über Immunreaktionen aufgestellt. Soweit Dr. H. dem Sachverständigen Prof. Dr. R. vorgeworfen hat, er habe die Kasuistiken über Fälle von Autoimmunhepatiden nach Impfungen nicht erwähnt, ist dem entgegenzuhalten, dass auch diese nicht die erforderliche wissenschaftliche Mindermeinung ersetzen können. Im Übrigen hat Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 5. März 2001 ausdrücklich mitgeteilt, dass über autoimmune Hepatitiden nach Impfungen (meist Hepatitis B-Impfung) nur Einzelfallberichte aus der wissenschaftlichen Literatur und der spontanen unerwünschten Arzneimittelwirkung (UWA-Erfassung) vorlägen, aber speziell nach Masernimpfungen bislang kein Fall bekannt geworden sei. Auch er hat zum damaligen Zeitpunkt ein Triggern der autoaggressiven Reaktion durch die Masern-Impfung zwar möglich, aber auch nicht als bewiesen (im Sinne einer Mindermeinung) angesehen. Gegen eine "gute Möglichkeit" der Verursachung der Erkrankung durch die Maserimpfung spricht ferner, dass im EB aus dem Jahre 2007 die Autoimmunhepatitis nicht als Erkrankung in ungeklärtem Zusammenhang mit der Masernimpfung erwähnt wird. Das heißt, der STIKO waren keine Einzelfälle bekannt, über deren Verursachung wissenschaftliche Auseinandersetzungen erfolgten und die einen Zusammenhang im Sinne einer Mindermeinung begründeten. Soweit Dr. H. darauf hingewiesen hat, dass auch die STIKO die Möglichkeit sehe, dass die Autoimmunhepatitis durch die Masernimpfung ausgelöst werden könne, ist diese Ansicht nicht nachvollziehbar. Auch weitere fünf Jahre nach dem Gutachten von Dr. H. hat die STIKO die Autoimmunhepatitis nicht einmal in den Katalog der Erkrankungen in ungeklärtem Zusammenhang aufgenommen. Zudem haben sich auch in der Zwischenzeit keine anderweitigen Anhaltspunkte ergeben, die die Auffassung von Dr. H. im Sinne einer Lehrmeinung stützen. Daran ändert auch nicht der Umstand etwas, dass nach Auffassung von Dr. H. wegen der Seltenheit der Erkrankung prospektive randomisierte Studien zur Fragestellung einer durch Impfstoffe ausgelösten Autoimmunhepatitis nicht durchgeführt werden und bei der Seltenheit der Erkrankung auch nicht zu erwarten seien. Eine weitere Beweiserleichterung ist auch unter Berücksichtigung der Seltenheit der Erkrankung nicht möglich. Denn die Autoimmunhepatitis wurde nach den Anhaltspunkten ausdrücklich dem Beweismaßstab der als Härteregelung konzipierten Kannversorgung unterstellt. Letztlich bleibt, wie alle Sachverständigen festgestellt haben, nur die theoretische Möglichkeit einer Verursachung der Erkrankung durch die Impfung. Sollte sich die von Dr. H. vertretene Ansicht durch neuere medizinische Erkenntnisse zu einer durch wissenschaftliche Fakten und statistischen Erhebungen medizinisch-biologisch nachvollziehbaren Mindermeindung entwickeln, steht es dem Kläger frei, erneut einen entsprechenden Antrag auf Versorgung zu stellen, der dann wiederum auf der Grundlage des aktuellen Wissenstandes zu beurteilen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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