Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 23 U 268/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 318/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gefahrtarif der VBG 2011
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 03.11.2010 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 29.03.2011 wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Veranlagung der Klägerin nach dem ab 01.01.2011 gültigen Gefahrtarif. Die Klägerin betreibt eine Steuerberatungsgesellschaft. Mit Bescheid vom 25.08.2010 stufte die Beklagte die Klägerin ab 01.01.2010 in die Gefahrtarifstelle 08 "Rechts- und -wirtschaftsberatende Unternehmen, Organ der Rechtspflege" mit der Gefahrklasse 0,44 ein. Der Beitrag für das Jahr 2010 betrug 1.876,00 EUR bei einer Lohnsumme von 799.374,00 EUR. Mit Inkrafttreten des Gefahrtarifs 2011 wurde die Klägerin mit Bescheid vom 03.11.2010 ab 01.01.2011 zur Gefahrtarifstelle 05 "Beratung und Auskunft" mit der Gefahrklasse 0,59 veranlagt. Der Beitrag betrug für das Jahr 2011 2.789,00 EUR bei einer Lohnsumme von 985.019,00 EUR. Gegen den Veranlagungsbescheid erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Be-gründung unter Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.11.2006, B 2 U 10/05 R u.a. aus, dass die Erhöhung auf 0,59 nicht gerechtfertigt sei. Bereits die Eingruppierung der Steuerberater in die Gefahrtarifstelle 05 sei nicht sachgerecht, die er-folgte Beitragssteigerung von ca. 30 Prozent sei nicht nachvollziehbar, da die meldepflichtigen Arbeitsunfälle im Bereich der Verwaltung im Jahr 2009 zurückgegangen seien. Ebenso sei es nicht sachgerecht, dass neben den rechts- und -wirtschaftsberatenden Be-rufen nun die Bereiche "Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" in die Gefahrtarifstelle mit aufgenommen worden seien. Entscheidend für die Einbeziehung seien die anzutreffenden Arbeitsbedingungen, die sich erheblich unterscheiden würden. Vergleichbare Arbeitsbedingungen bestünden mit der Gefahrtarifstelle 01 "Erbringung von Finanzdienstleistungen und Versicherungsunternehmen".
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2010 (richtig: 29.03.2011) den Widerspruch als unbegründet zurück und führte aus, dass die Gefahrenklassen aus dem Verhältnis der gezahlten Entschädigungsleistungen zu den Arbeitsentgelten und Versi-cherungssummen im Beobachtungszeitraum errechnet würden. Sie würden nicht für ein-zelne Unternehmen errechnet, sondern für Unternehmensarten (=Gewerbezweige). In der Gefahrtarifstelle 05 seien 50.332.032,18 EUR Entschädigungsleistungen erbracht worden bei einem Entgelt von 85.830.366, 47 EUR. Daraus ergebe sich die gerundete Belastungsziffer von 0,59. Es seien die Daten aus den Jahren 2006 bis 2008 herangezogen worden. Für die Unternehmen der damaligen Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) sei die Zahl der Gefahrtarifstellen rund um die Hälfte geschrumpft. Die Art und der Gegenstand des Unternehmens seien ausschlaggebend, die ausgeübten Tätigkeiten der Beschäftigten spielten keine Rolle. Der Unternehmensgegenstand der Klägerin sei die Beratung und die Vertretung in rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten, die Veranlagung sei daher zutreffend. Die beantragte Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 01 wäre nicht sachgerecht, da hierzu Unternehmen gehörten, die gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig erbringen würden. Ein Unternehmen dieser Art würde die Klägerin nicht betreiben. Die Fusion mit "Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" sei erfolgt, weil sich Überschneidungen bei Art und Gegenstand der Unternehmen zeigten, die eine Zusammenfassung rechtfertigten; gemeinsam seien die individuelle Beratung und Vertretung von Interessen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.
In der am 26.04.2011 zum Sozialgericht München erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend u. a. ausgeführt, dass der Gefahrtarif nicht mit höherrangigem Recht vereinbar sei, insbesondere nicht mit § 157 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII). Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung soll die Veranlagung nach Gefahrenklassen eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten. Insoweit komme es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Zudem müsse die Bildung des Gefahrtarifs auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Bei Zusammenfassung unterschiedlicher Unternehmensarten/Gewerbezweige habe die vorgenommene Zuordnung die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen widerzuspiegeln. Es dürften nur annähernd gleiche Gefährdungsrisiken zusammengefasst werden. Die Bildung der Gefahrtarifstelle 05 genüge diesen Vorgaben nicht. Die zugeordneten Unternehmen seien so heterogen zusammengesetzt, dass von einer Zusammenfassung annähernd gleicher Gefährdungsrisiken nicht die Rede sein könne. Die rein büromäßigen Arbeitsbedingungen bei Steuerberatern seien mit den Arbeitsbedingungen in den Kirchen mit ihren Sozial- und Pflegedienstleistungen und ihrem Tätigkeitsfeld der Mission in Ländern der sog. Dritten Welt und Organisationen wie Greenpeace, die mit Außenaktionen in Erscheinung treten, nicht vergleichbar. Zudem liege eine nicht zu rechtfertigende Gleichbehandlung vor, dass Unternehmen mit vorigen Gefahrenklassen von 1,11 bzw. 1,36 nunmehr mit der Unternehmensart der Klägerin (vormals Gefahrklasse 0,44) zusammengefasst würden. Dass ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für die Gleichbehandlung nicht vorliege, erweise sich nicht zuletzt auch daran, dass die Unternehmensart "Erbringung von Finanzdienstleistungen/Versicherungsunternehmen", deren Arbeitsbedingungen denen der Steuerberater gleichen, im Gefahrtarif 2011 der Gefahrtarifstelle 01 mit der Gefahrklasse 0,38 zu-geordnet sei. Vor dem Hintergrund der bereits seit geraumer Zeit vorgenommenen Zuord-nung der Unternehmensart der Klägerin zu einer Gefahrtarifstelle mit der Gefahrklasse 0,44 sei die Neubildung des Gefahrtarifs 05 mit Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht vereinbar. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf Veranlagung in einer neu zu bildenden bzw. passenderen Gefahrtarifstelle. Zumindest bestehe aus Gleichbehandlungsgrundsätzen ein Anspruch auf Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 01.
Die Klägerin beantragt, den Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 03.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinsichtlich der Veranlagung ab 1. Januar 2011 neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat u. a. erwidert, dass durch die Fusionen der VBG mit der Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glasindustrie und der BG Bahnen der auf 61 Gefahrtarifstellen angewachsene Gefahrtarif 2010 mit dem Gefahrtarif 2011 auf 22 Gefahrtarifstellen reduziert worden sei. Für die Unternehmensarten der "alten VBG" sei die Zahl der Gefahrtarifstellen ca. um die Hälfte geschrumpft. Im Rahmen der Reduzierung bildeten die rechts- und wirtschaftsberatenden Unternehmen gemeinsam mit anderen technologisch ähnlichen Unternehmensgruppen die Unternehmensart "Beratung und Auskunft". Zum Zwecke der weiteren Reduzierung von Gefahrtarifstellen bildeten die Unternehmensarten "Beratung und Auskunft" und "Interessenvertretung und Religionsgemeinschaft" eine Gefahrta-rifgemeinschaft. Es hätten sich Überschneidungen bei Art und Gegenstand der Unter-nehmen gezeigt, die eine Zusammenfassung rechtfertigten. Gemeinsam sei diesen Unternehmensarten die individuelle Beratung und Vertretung von Interessen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Zudem gehörten die Erbringung von Sozial- und Pflegedienstleistungen der Kirchen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten, sondern zur BG für Gesundheit- und Wohlfahrtspflege. Die Beklagte hat auf ihre Beschlussvorlage zum Gefahrtarif 2011, wie sie den Selbstverwaltungsorganen zur Beschlussfassung und dem Bundesversicherungsamt (BVA) vorgelegen hat, verwiesen und Auszüge daraus explizit vorgetragen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der Gerichtsakte, insbesondere auf die Beschlussvorlage für den ab 2011 geltenden Gefahrtarif der Beklagten vom 06.07.2010 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage erweist sich als unbegründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid der Beklagten vom 03.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.03.2011 nicht beschwert. Die Beklagte hat die Klägerin zutreffend zur Gefahrtarifstelle 05 des Gefahrtarifs 2011 und zur Gefahrklasse 0,59 veranlagt.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der BGen, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Der Unfall-versicherungsträger erstellt den Gefahrtarif als autonomes Recht, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat die Beklagte den am 26.07.2010 vom BVA genehmigten und ab 01.01.2011 in Kraft getretenen Gefahrtarif erstellt. Die Beklagte hat nach ihrer Fusion mit der BG der keramischen und Glasindustrie und der BG Bahnen den auf 61 Gefahrtarifstellen angewachsene Gefahrtarif 2010 mit dem Gefahrtarif 2011 auf 22 Gefahrtarifstellen reduziert und als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstel-len die Gewerbezweige gewählt. Sie hat die Klägerin als Steuerberatungsunternehmen der neu geschaffenen Gefahrtarifstelle 05 "Auskunft und Beratung, Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" zugeordnet. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin ab 01.01.2011 mit einer Gefahrklasse von 0,59 statt 0,44 veranlagt wird.
Bei der Überprüfung hat das Gericht folgende Grundsätze zu beachten: Wird der Veranlagungsbescheid angefochten, so darf das Gericht den Gefahrtarif inzident überprüfen (Ricke in Kasseler Kommentar, § 157 SGB VII Rdnr. 11). Als autonom gesetztes Recht ist er aber nur daraufhin überprüfbar, ob er mit seiner Ermächtigungsgrundlage und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den Sozialversicherungsträgern, die ihre Angelegenheiten als öffentlich-rechtliche Körperschaften und Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung selbst regeln, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt (BSG, Urteil vom 24.06.2003, B2 U 21/02 R). Als gesetzliche Vorgaben sind die Zielvorstellungen und Wertentscheidungen, die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommen, sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten. Dabei prüfen die Gerichte nicht, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegen dem Unfallversicherungsträger. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihm ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (BSG, aaO). Aufgrund dieser eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind ein-greifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, aaO).
Nach § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sollen bei einem nach Gewerbezweigen gegliederten Gefahrtarif Gewerbezweige mit annähernd gleichem Risiko zu Tarifstellen zusammengefasst werden. Andernfalls ergäbe die Bildung nach den Gefährdungsrisiken keinen Sinn. Ein solcher Gewerbezweigtarif, wie ihn die Beklagte gewählt hat, basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentschei-dungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar (BSG, Urteil vom 05.07.2005, B 2 U 32/03 R).
Dies setzt voraus, dass eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige und ihre korrekte Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen stattgefunden hat, denn die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflich-tigen gewährleisten (BVerfG, Beschluss vom 04.03.1982, 1 BvR 34/82). Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventions-erfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren ein-beziehen. Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleis-tungsgesellschaft verlieren zwar klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSG, Urteil vom 24.06.2003, aaO).
Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss aber geprüft wer-den, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tat-sächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegeln. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (BSG, Urteil vom 28.11.2006, B 2 U 10/05 R). Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat im Übrigen zur zwangs-läufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tat-sächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BVerfG, aaO). Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen BGen auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwi-schen den BGen (BSG, Urteil vom 24.06.2003, aaO).
Die Gliederung des Gefahrtarifvertrags 2011 der Beklagten in Gestalt der vorgenommenen Zusammenfassung von "Beratung und Auskunft" und "Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" in der Gefahrtarifstelle 05 ist nach diesen Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden. Die Regelungen halten sich in den Grenzen einer zulässigen Typisierung. Gegenstand aller Unternehmen ist im weitesten Sinn die Beratung. Die neu gebildeten Unternehmensart "Beratung und Auskunft" umfasst zum einen alle ursprünglichen Gefahrtarifstellen, die Beratung im originären Sinn zum Inhalt hatten (Beratungsunternehmen, rechts- und wirtschaftsberatenden Unternehmen, Organe der Rechts-pflege) und zum anderen die Auskunfts- und Inkassounternehmen sowie die Unternehmen, die Gebühren ermitteln, abrechnen und einziehen. Diese Unternehmen zeichnen sich ebenfalls durch den Geschäftszweck der Beratung und/oder einer Dienstleistung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz aus, wie z. B durch den Einzug fremder Forderungen. Zudem besteht eine enge Zusammenarbeit gerade mit den Organen der Rechtspflege. Dieser enge Zusammenhang gilt auch für die zusätzlich miteinbezogenen nichttechnischen Gutachter und Sachverständigen, die auf den Gebieten der Sozial-, Wirtschaft-, und Geisteswissenschaft sowie auf medizinischem Fachgebiet Gutachten erstellen. Eine Kritik an dieser Zusammenfassung wurde auch von Seiten der Klägerin nicht geäußert. Der weitere Zusammenschluss mit den Unternehmen der Interessenvertretung und den Religionsgemeinschaften verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Unter die Unternehmensart "Interessenvertretung", die die bisherigen Unternehmensarten "wirtschaftliche und politische Interessenvertretung" und "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" umfasst, fallen zum einen z. B. Abgeordnetenbüros, Arbeitgeberverbände, Rechtsanwalts- und Steuerberaterkammern, die in enger Verbundenheit zu den oben aufgeführten Beratungsunternehmen stehen. Es drängt sich für das Gericht geradezu auf, die Beratungsunternehmen selbst und deren Interessenvertretung, wie z. B. Rechtsanwälte und Rechtsanwaltskammern in einem Gewerbezweig zusammenzufassen. Zum anderen zeichnen sich aber auch die Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Interessenvertretung, wie z.B. Automobilclubs, Bürgerinitiativen, Elternverbände, Mietervereinigungen und Verbraucherschutzzentralen, ebenso in erster Linie durch die Beratung ihrer Mitglieder aus. Auch hier steht bei der Bandbreite der erfassten Unternehmen eine büromäßige Tätigkeit im Vordergrund. Wenn die Klägerin als Beispiel für Organisationen mit Außenaktionen "Greenpeace" benennt, liegt hierin noch keine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung, da Außenaktionen zwar Bestandteil dieser Unternehmen sind, jedoch nicht das wesentlich prägende Element (LSG B-Stadt-Brandenburg, Urteil vom 20.08.2010, L 3 U 549/08). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Außendienste der Automobilclubs in eigene Gesellschaften ausgelagert sind und nicht in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten fallen. Diese Ausführungen gelten auch für die Religionsgemeinschaften, deren Schwerpunkt ebenfalls in einer büromäßigen Tätigkeit liegt. Auch hier ist zu beachten, dass die sozialen Einrichtungen der Religionsgemeinschaften wie Kindergärten, Pflegediensten etc. in der Regel der BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zuzuordnen sind, so dass diese Argumentation der Klägerin ins Leere geht. Die vorgenommene Zusammenfassung entspricht auch dem in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung hervorgehobenen Schutz kleinerer Gewerbezweige (BSG, Urteil vom 12.12.1985, 2 RU 40/85). So können die zwei großen Gewerbezweige "Beratungsunternehmen" mit einer Entgelt- und Versicherungssumme in Höhe von ca. 23 Millionen EUR und "Rechts- und wirtschaftsberatende Unternehmen, Organ der Rechtspflege" mit einer Entgelt- und Versicherungssumme in Höhe von ca. 39 Millionen EUR die kleineren Gewerbezweige mit Entgelt- und Versicherungssummen in Höhe von 70.000 EUR (sonstige Dienstleistungsunternehmen) bis zu ca. 9 Millionen EUR (Religionsgemeinschaften) im Rahmen des Solidarausgleichs mit auffangen.
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass Interessenvertretungen und Religionsgemeinschaften im Vergleich zu den beratenden Unternehmen ein höheres Unfallrisiko auf-weisen, folgt auch daraus nicht die Rechtswidrigkeit des Gefahrtarifs 2011. Nach den aktuellen Urteilen des BSG vom 11.04.2013, B 2 U 4/12 R und B 2 U 8/12 R (es liegt lediglich die Medieninformation vor) dürfen bei Zusammenfassung mehrerer Gewerbezweige in einer Tarifstelle, wie es auch hier der Fall ist, die Belastungsziffern der einzelnen Zweige statistisch nicht signifikant von der durchschnittlichen Belastungsziffer der Tarifstelle abweichen. Eine signifikante Abweichung hat das BSG bei einem Ausmaß von ca. einem Drittel noch nicht angenommen.
Hier bedeutet der neue Gefahrtarif eine Beitragssteigerung für die Klägerin; die Steigerung in Höhe von ca. einem Drittel im Vergleich der Jahre 2010 und 2011 ist aber nicht nur dem neuen Gefahrtarif geschuldet, sondern auch der höheren Lohnsumme. Entscheidend ist nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung des BSG jedoch nicht die Beitragssteigerung an sich, sondern die Abweichung von der durchschnittlichen Belastungsziffer. Hier weicht die ursprüngliche Belastungsziffer von 0,44 von der aktuellen Belastungsziffer von 0,59 lediglich zu einem Viertel ab (0,59./. 0,44 = 0,15; 0,15: 0,59 = 0,25). Damit hält sich die Beklagte im Rahmen des ihr zustehenden Regelungsspielraums. Die von der Klägerin tatsächlich zu tragende Mehrbelastung, die sich unter Berücksichtigung der höheren Lohnsumme im dreistelligen EUR-Bereich bewegt, erreicht auch sicher kein Ausmaß der Existenzbedrohung oder einer nicht hinzunehmenden Härte.
Die Beklagte hat die Klägerin auch zutreffend in die Gefahrtarifstelle 05 eingeordnet. Art und Gegenstand des Unternehmens der Klägerin entsprechen der Definition dieser Tarif-stelle. Ein Anspruch auf Zuordnung in die Gefahrtarifstelle 01 "Erbringung von Finanz-dienstleistungen/Versicherungsunternehmen" besteht nicht. Wenn nach den technologischen Kriterien die richtige Zuordnung feststeht, was hier der Fall ist, kann die Zugehörig-keit zu einer Unternehmensart nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation, wie sie die Klägerin vorträgt, infrage gestellt werden (LSG Sachsen, Urteil vom 21.06.2010, L 2 U 137/08).
Auch eine Verletzung von Vertrauensschutz gemäß Art. 2 Abs.1 GG iVm Art. 20 Abs. 3 GG ist nicht ersichtlich, da zu berücksichtigen ist, dass der Gefahrtarif jeweils nach Ablauf seiner Geltungsdauer zwingend neu festzulegen ist und das Gesetz selbst eine maximale Geltungsdauer eines Gefahrtarifs von sechs Jahren vorsieht (BSG, Urteile vom 11.04.2013, a.a.O).
Die Berechnung der Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 05 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat unter Berücksichtigung der "gezahlten Leistungen" (§ 157 Abs. 3 SGB VII) die jeweiligen Entschädigungsleistungen für Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten des Beobachtungszeitraums, nämlich 2006 bis 2008, sowie die entsprechen-den Lohnsummen ermittelt und hieraus die Belastungsziffer (Gefahrklasse) mit 0,59 der Gefahrtarifstelle errechnet. Eine fehlerhafte Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für die Gefahrklasse der Ge-fahrtarifstelle 05 ist im Übrigen nicht ersichtlich. Einwendungen hat die Klägerin hiergegen auch nicht erhoben.
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert war nach § 197a SGG iVm § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 03.05.2006, B 2 U 415/05 B) beträgt der Streitwert in einem Rechtsstreit über einen Veranlagungsbescheid grundsätzlich das Zweifache des Differenzbetrages zwischen dem geforderten und dem bei Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber den dreifachen Auffangstreitwert. Da die streitige Beitragsdifferenz deutlich unter dem dreifachen Regelstreitwert liegt, war der Streitwert in Höhe des dreifachen Regelstreitwer-tes gemäß § 52 Abs. 2 GKG (5000,00 EUR) in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Veranlagung der Klägerin nach dem ab 01.01.2011 gültigen Gefahrtarif. Die Klägerin betreibt eine Steuerberatungsgesellschaft. Mit Bescheid vom 25.08.2010 stufte die Beklagte die Klägerin ab 01.01.2010 in die Gefahrtarifstelle 08 "Rechts- und -wirtschaftsberatende Unternehmen, Organ der Rechtspflege" mit der Gefahrklasse 0,44 ein. Der Beitrag für das Jahr 2010 betrug 1.876,00 EUR bei einer Lohnsumme von 799.374,00 EUR. Mit Inkrafttreten des Gefahrtarifs 2011 wurde die Klägerin mit Bescheid vom 03.11.2010 ab 01.01.2011 zur Gefahrtarifstelle 05 "Beratung und Auskunft" mit der Gefahrklasse 0,59 veranlagt. Der Beitrag betrug für das Jahr 2011 2.789,00 EUR bei einer Lohnsumme von 985.019,00 EUR. Gegen den Veranlagungsbescheid erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Be-gründung unter Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.11.2006, B 2 U 10/05 R u.a. aus, dass die Erhöhung auf 0,59 nicht gerechtfertigt sei. Bereits die Eingruppierung der Steuerberater in die Gefahrtarifstelle 05 sei nicht sachgerecht, die er-folgte Beitragssteigerung von ca. 30 Prozent sei nicht nachvollziehbar, da die meldepflichtigen Arbeitsunfälle im Bereich der Verwaltung im Jahr 2009 zurückgegangen seien. Ebenso sei es nicht sachgerecht, dass neben den rechts- und -wirtschaftsberatenden Be-rufen nun die Bereiche "Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" in die Gefahrtarifstelle mit aufgenommen worden seien. Entscheidend für die Einbeziehung seien die anzutreffenden Arbeitsbedingungen, die sich erheblich unterscheiden würden. Vergleichbare Arbeitsbedingungen bestünden mit der Gefahrtarifstelle 01 "Erbringung von Finanzdienstleistungen und Versicherungsunternehmen".
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2010 (richtig: 29.03.2011) den Widerspruch als unbegründet zurück und führte aus, dass die Gefahrenklassen aus dem Verhältnis der gezahlten Entschädigungsleistungen zu den Arbeitsentgelten und Versi-cherungssummen im Beobachtungszeitraum errechnet würden. Sie würden nicht für ein-zelne Unternehmen errechnet, sondern für Unternehmensarten (=Gewerbezweige). In der Gefahrtarifstelle 05 seien 50.332.032,18 EUR Entschädigungsleistungen erbracht worden bei einem Entgelt von 85.830.366, 47 EUR. Daraus ergebe sich die gerundete Belastungsziffer von 0,59. Es seien die Daten aus den Jahren 2006 bis 2008 herangezogen worden. Für die Unternehmen der damaligen Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) sei die Zahl der Gefahrtarifstellen rund um die Hälfte geschrumpft. Die Art und der Gegenstand des Unternehmens seien ausschlaggebend, die ausgeübten Tätigkeiten der Beschäftigten spielten keine Rolle. Der Unternehmensgegenstand der Klägerin sei die Beratung und die Vertretung in rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten, die Veranlagung sei daher zutreffend. Die beantragte Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 01 wäre nicht sachgerecht, da hierzu Unternehmen gehörten, die gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig erbringen würden. Ein Unternehmen dieser Art würde die Klägerin nicht betreiben. Die Fusion mit "Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" sei erfolgt, weil sich Überschneidungen bei Art und Gegenstand der Unternehmen zeigten, die eine Zusammenfassung rechtfertigten; gemeinsam seien die individuelle Beratung und Vertretung von Interessen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.
In der am 26.04.2011 zum Sozialgericht München erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend u. a. ausgeführt, dass der Gefahrtarif nicht mit höherrangigem Recht vereinbar sei, insbesondere nicht mit § 157 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII). Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung soll die Veranlagung nach Gefahrenklassen eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten. Insoweit komme es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Zudem müsse die Bildung des Gefahrtarifs auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Bei Zusammenfassung unterschiedlicher Unternehmensarten/Gewerbezweige habe die vorgenommene Zuordnung die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen widerzuspiegeln. Es dürften nur annähernd gleiche Gefährdungsrisiken zusammengefasst werden. Die Bildung der Gefahrtarifstelle 05 genüge diesen Vorgaben nicht. Die zugeordneten Unternehmen seien so heterogen zusammengesetzt, dass von einer Zusammenfassung annähernd gleicher Gefährdungsrisiken nicht die Rede sein könne. Die rein büromäßigen Arbeitsbedingungen bei Steuerberatern seien mit den Arbeitsbedingungen in den Kirchen mit ihren Sozial- und Pflegedienstleistungen und ihrem Tätigkeitsfeld der Mission in Ländern der sog. Dritten Welt und Organisationen wie Greenpeace, die mit Außenaktionen in Erscheinung treten, nicht vergleichbar. Zudem liege eine nicht zu rechtfertigende Gleichbehandlung vor, dass Unternehmen mit vorigen Gefahrenklassen von 1,11 bzw. 1,36 nunmehr mit der Unternehmensart der Klägerin (vormals Gefahrklasse 0,44) zusammengefasst würden. Dass ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für die Gleichbehandlung nicht vorliege, erweise sich nicht zuletzt auch daran, dass die Unternehmensart "Erbringung von Finanzdienstleistungen/Versicherungsunternehmen", deren Arbeitsbedingungen denen der Steuerberater gleichen, im Gefahrtarif 2011 der Gefahrtarifstelle 01 mit der Gefahrklasse 0,38 zu-geordnet sei. Vor dem Hintergrund der bereits seit geraumer Zeit vorgenommenen Zuord-nung der Unternehmensart der Klägerin zu einer Gefahrtarifstelle mit der Gefahrklasse 0,44 sei die Neubildung des Gefahrtarifs 05 mit Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht vereinbar. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf Veranlagung in einer neu zu bildenden bzw. passenderen Gefahrtarifstelle. Zumindest bestehe aus Gleichbehandlungsgrundsätzen ein Anspruch auf Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 01.
Die Klägerin beantragt, den Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 03.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinsichtlich der Veranlagung ab 1. Januar 2011 neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat u. a. erwidert, dass durch die Fusionen der VBG mit der Berufsgenossenschaft (BG) der keramischen und Glasindustrie und der BG Bahnen der auf 61 Gefahrtarifstellen angewachsene Gefahrtarif 2010 mit dem Gefahrtarif 2011 auf 22 Gefahrtarifstellen reduziert worden sei. Für die Unternehmensarten der "alten VBG" sei die Zahl der Gefahrtarifstellen ca. um die Hälfte geschrumpft. Im Rahmen der Reduzierung bildeten die rechts- und wirtschaftsberatenden Unternehmen gemeinsam mit anderen technologisch ähnlichen Unternehmensgruppen die Unternehmensart "Beratung und Auskunft". Zum Zwecke der weiteren Reduzierung von Gefahrtarifstellen bildeten die Unternehmensarten "Beratung und Auskunft" und "Interessenvertretung und Religionsgemeinschaft" eine Gefahrta-rifgemeinschaft. Es hätten sich Überschneidungen bei Art und Gegenstand der Unter-nehmen gezeigt, die eine Zusammenfassung rechtfertigten. Gemeinsam sei diesen Unternehmensarten die individuelle Beratung und Vertretung von Interessen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Zudem gehörten die Erbringung von Sozial- und Pflegedienstleistungen der Kirchen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten, sondern zur BG für Gesundheit- und Wohlfahrtspflege. Die Beklagte hat auf ihre Beschlussvorlage zum Gefahrtarif 2011, wie sie den Selbstverwaltungsorganen zur Beschlussfassung und dem Bundesversicherungsamt (BVA) vorgelegen hat, verwiesen und Auszüge daraus explizit vorgetragen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der Gerichtsakte, insbesondere auf die Beschlussvorlage für den ab 2011 geltenden Gefahrtarif der Beklagten vom 06.07.2010 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage erweist sich als unbegründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid der Beklagten vom 03.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.03.2011 nicht beschwert. Die Beklagte hat die Klägerin zutreffend zur Gefahrtarifstelle 05 des Gefahrtarifs 2011 und zur Gefahrklasse 0,59 veranlagt.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der BGen, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Der Unfall-versicherungsträger erstellt den Gefahrtarif als autonomes Recht, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat die Beklagte den am 26.07.2010 vom BVA genehmigten und ab 01.01.2011 in Kraft getretenen Gefahrtarif erstellt. Die Beklagte hat nach ihrer Fusion mit der BG der keramischen und Glasindustrie und der BG Bahnen den auf 61 Gefahrtarifstellen angewachsene Gefahrtarif 2010 mit dem Gefahrtarif 2011 auf 22 Gefahrtarifstellen reduziert und als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstel-len die Gewerbezweige gewählt. Sie hat die Klägerin als Steuerberatungsunternehmen der neu geschaffenen Gefahrtarifstelle 05 "Auskunft und Beratung, Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" zugeordnet. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin ab 01.01.2011 mit einer Gefahrklasse von 0,59 statt 0,44 veranlagt wird.
Bei der Überprüfung hat das Gericht folgende Grundsätze zu beachten: Wird der Veranlagungsbescheid angefochten, so darf das Gericht den Gefahrtarif inzident überprüfen (Ricke in Kasseler Kommentar, § 157 SGB VII Rdnr. 11). Als autonom gesetztes Recht ist er aber nur daraufhin überprüfbar, ob er mit seiner Ermächtigungsgrundlage und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den Sozialversicherungsträgern, die ihre Angelegenheiten als öffentlich-rechtliche Körperschaften und Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung selbst regeln, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt (BSG, Urteil vom 24.06.2003, B2 U 21/02 R). Als gesetzliche Vorgaben sind die Zielvorstellungen und Wertentscheidungen, die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommen, sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten. Dabei prüfen die Gerichte nicht, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegen dem Unfallversicherungsträger. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihm ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (BSG, aaO). Aufgrund dieser eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind ein-greifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, aaO).
Nach § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sollen bei einem nach Gewerbezweigen gegliederten Gefahrtarif Gewerbezweige mit annähernd gleichem Risiko zu Tarifstellen zusammengefasst werden. Andernfalls ergäbe die Bildung nach den Gefährdungsrisiken keinen Sinn. Ein solcher Gewerbezweigtarif, wie ihn die Beklagte gewählt hat, basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentschei-dungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar (BSG, Urteil vom 05.07.2005, B 2 U 32/03 R).
Dies setzt voraus, dass eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige und ihre korrekte Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen stattgefunden hat, denn die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflich-tigen gewährleisten (BVerfG, Beschluss vom 04.03.1982, 1 BvR 34/82). Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventions-erfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren ein-beziehen. Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleis-tungsgesellschaft verlieren zwar klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSG, Urteil vom 24.06.2003, aaO).
Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss aber geprüft wer-den, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tat-sächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegeln. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (BSG, Urteil vom 28.11.2006, B 2 U 10/05 R). Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat im Übrigen zur zwangs-läufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tat-sächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BVerfG, aaO). Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen BGen auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwi-schen den BGen (BSG, Urteil vom 24.06.2003, aaO).
Die Gliederung des Gefahrtarifvertrags 2011 der Beklagten in Gestalt der vorgenommenen Zusammenfassung von "Beratung und Auskunft" und "Interessenvertretung und Religionsgemeinschaften" in der Gefahrtarifstelle 05 ist nach diesen Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden. Die Regelungen halten sich in den Grenzen einer zulässigen Typisierung. Gegenstand aller Unternehmen ist im weitesten Sinn die Beratung. Die neu gebildeten Unternehmensart "Beratung und Auskunft" umfasst zum einen alle ursprünglichen Gefahrtarifstellen, die Beratung im originären Sinn zum Inhalt hatten (Beratungsunternehmen, rechts- und wirtschaftsberatenden Unternehmen, Organe der Rechts-pflege) und zum anderen die Auskunfts- und Inkassounternehmen sowie die Unternehmen, die Gebühren ermitteln, abrechnen und einziehen. Diese Unternehmen zeichnen sich ebenfalls durch den Geschäftszweck der Beratung und/oder einer Dienstleistung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz aus, wie z. B durch den Einzug fremder Forderungen. Zudem besteht eine enge Zusammenarbeit gerade mit den Organen der Rechtspflege. Dieser enge Zusammenhang gilt auch für die zusätzlich miteinbezogenen nichttechnischen Gutachter und Sachverständigen, die auf den Gebieten der Sozial-, Wirtschaft-, und Geisteswissenschaft sowie auf medizinischem Fachgebiet Gutachten erstellen. Eine Kritik an dieser Zusammenfassung wurde auch von Seiten der Klägerin nicht geäußert. Der weitere Zusammenschluss mit den Unternehmen der Interessenvertretung und den Religionsgemeinschaften verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Unter die Unternehmensart "Interessenvertretung", die die bisherigen Unternehmensarten "wirtschaftliche und politische Interessenvertretung" und "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" umfasst, fallen zum einen z. B. Abgeordnetenbüros, Arbeitgeberverbände, Rechtsanwalts- und Steuerberaterkammern, die in enger Verbundenheit zu den oben aufgeführten Beratungsunternehmen stehen. Es drängt sich für das Gericht geradezu auf, die Beratungsunternehmen selbst und deren Interessenvertretung, wie z. B. Rechtsanwälte und Rechtsanwaltskammern in einem Gewerbezweig zusammenzufassen. Zum anderen zeichnen sich aber auch die Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Interessenvertretung, wie z.B. Automobilclubs, Bürgerinitiativen, Elternverbände, Mietervereinigungen und Verbraucherschutzzentralen, ebenso in erster Linie durch die Beratung ihrer Mitglieder aus. Auch hier steht bei der Bandbreite der erfassten Unternehmen eine büromäßige Tätigkeit im Vordergrund. Wenn die Klägerin als Beispiel für Organisationen mit Außenaktionen "Greenpeace" benennt, liegt hierin noch keine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung, da Außenaktionen zwar Bestandteil dieser Unternehmen sind, jedoch nicht das wesentlich prägende Element (LSG B-Stadt-Brandenburg, Urteil vom 20.08.2010, L 3 U 549/08). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Außendienste der Automobilclubs in eigene Gesellschaften ausgelagert sind und nicht in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten fallen. Diese Ausführungen gelten auch für die Religionsgemeinschaften, deren Schwerpunkt ebenfalls in einer büromäßigen Tätigkeit liegt. Auch hier ist zu beachten, dass die sozialen Einrichtungen der Religionsgemeinschaften wie Kindergärten, Pflegediensten etc. in der Regel der BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zuzuordnen sind, so dass diese Argumentation der Klägerin ins Leere geht. Die vorgenommene Zusammenfassung entspricht auch dem in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung hervorgehobenen Schutz kleinerer Gewerbezweige (BSG, Urteil vom 12.12.1985, 2 RU 40/85). So können die zwei großen Gewerbezweige "Beratungsunternehmen" mit einer Entgelt- und Versicherungssumme in Höhe von ca. 23 Millionen EUR und "Rechts- und wirtschaftsberatende Unternehmen, Organ der Rechtspflege" mit einer Entgelt- und Versicherungssumme in Höhe von ca. 39 Millionen EUR die kleineren Gewerbezweige mit Entgelt- und Versicherungssummen in Höhe von 70.000 EUR (sonstige Dienstleistungsunternehmen) bis zu ca. 9 Millionen EUR (Religionsgemeinschaften) im Rahmen des Solidarausgleichs mit auffangen.
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass Interessenvertretungen und Religionsgemeinschaften im Vergleich zu den beratenden Unternehmen ein höheres Unfallrisiko auf-weisen, folgt auch daraus nicht die Rechtswidrigkeit des Gefahrtarifs 2011. Nach den aktuellen Urteilen des BSG vom 11.04.2013, B 2 U 4/12 R und B 2 U 8/12 R (es liegt lediglich die Medieninformation vor) dürfen bei Zusammenfassung mehrerer Gewerbezweige in einer Tarifstelle, wie es auch hier der Fall ist, die Belastungsziffern der einzelnen Zweige statistisch nicht signifikant von der durchschnittlichen Belastungsziffer der Tarifstelle abweichen. Eine signifikante Abweichung hat das BSG bei einem Ausmaß von ca. einem Drittel noch nicht angenommen.
Hier bedeutet der neue Gefahrtarif eine Beitragssteigerung für die Klägerin; die Steigerung in Höhe von ca. einem Drittel im Vergleich der Jahre 2010 und 2011 ist aber nicht nur dem neuen Gefahrtarif geschuldet, sondern auch der höheren Lohnsumme. Entscheidend ist nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung des BSG jedoch nicht die Beitragssteigerung an sich, sondern die Abweichung von der durchschnittlichen Belastungsziffer. Hier weicht die ursprüngliche Belastungsziffer von 0,44 von der aktuellen Belastungsziffer von 0,59 lediglich zu einem Viertel ab (0,59./. 0,44 = 0,15; 0,15: 0,59 = 0,25). Damit hält sich die Beklagte im Rahmen des ihr zustehenden Regelungsspielraums. Die von der Klägerin tatsächlich zu tragende Mehrbelastung, die sich unter Berücksichtigung der höheren Lohnsumme im dreistelligen EUR-Bereich bewegt, erreicht auch sicher kein Ausmaß der Existenzbedrohung oder einer nicht hinzunehmenden Härte.
Die Beklagte hat die Klägerin auch zutreffend in die Gefahrtarifstelle 05 eingeordnet. Art und Gegenstand des Unternehmens der Klägerin entsprechen der Definition dieser Tarif-stelle. Ein Anspruch auf Zuordnung in die Gefahrtarifstelle 01 "Erbringung von Finanz-dienstleistungen/Versicherungsunternehmen" besteht nicht. Wenn nach den technologischen Kriterien die richtige Zuordnung feststeht, was hier der Fall ist, kann die Zugehörig-keit zu einer Unternehmensart nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation, wie sie die Klägerin vorträgt, infrage gestellt werden (LSG Sachsen, Urteil vom 21.06.2010, L 2 U 137/08).
Auch eine Verletzung von Vertrauensschutz gemäß Art. 2 Abs.1 GG iVm Art. 20 Abs. 3 GG ist nicht ersichtlich, da zu berücksichtigen ist, dass der Gefahrtarif jeweils nach Ablauf seiner Geltungsdauer zwingend neu festzulegen ist und das Gesetz selbst eine maximale Geltungsdauer eines Gefahrtarifs von sechs Jahren vorsieht (BSG, Urteile vom 11.04.2013, a.a.O).
Die Berechnung der Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 05 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat unter Berücksichtigung der "gezahlten Leistungen" (§ 157 Abs. 3 SGB VII) die jeweiligen Entschädigungsleistungen für Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten des Beobachtungszeitraums, nämlich 2006 bis 2008, sowie die entsprechen-den Lohnsummen ermittelt und hieraus die Belastungsziffer (Gefahrklasse) mit 0,59 der Gefahrtarifstelle errechnet. Eine fehlerhafte Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für die Gefahrklasse der Ge-fahrtarifstelle 05 ist im Übrigen nicht ersichtlich. Einwendungen hat die Klägerin hiergegen auch nicht erhoben.
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert war nach § 197a SGG iVm § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 03.05.2006, B 2 U 415/05 B) beträgt der Streitwert in einem Rechtsstreit über einen Veranlagungsbescheid grundsätzlich das Zweifache des Differenzbetrages zwischen dem geforderten und dem bei Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber den dreifachen Auffangstreitwert. Da die streitige Beitragsdifferenz deutlich unter dem dreifachen Regelstreitwert liegt, war der Streitwert in Höhe des dreifachen Regelstreitwer-tes gemäß § 52 Abs. 2 GKG (5000,00 EUR) in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen.
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