Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AS 1382/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 1170/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Wenn einem Widerspruch nicht in vollem Umfang abgeholfen wird, darf nicht ein Abhilfebescheid ergehen, der den Eindruck eine Vollabhilfe erweckt.
2. Die Frage, wer die Klage veranlasst hat, kann nur im Rahmen der Kostengrundentscheidung gemäß § 193
Abs. 1 SGG berücksichtigt werden. Für die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage, und damit für die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung als Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ist diese Frage hingegen ohne Bedeutung.
2. Die Frage, wer die Klage veranlasst hat, kann nur im Rahmen der Kostengrundentscheidung gemäß § 193
Abs. 1 SGG berücksichtigt werden. Für die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage, und damit für die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung als Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ist diese Frage hingegen ohne Bedeutung.
I. Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. September 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren.
Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 29. Juni 2011 ein Darlehen in Höhe von 2.387,50 EUR wegen Mietrückständen und Energieschulden. Ferner verfügte er die Aufrechnung der Darlehensschuld ab dem 1. August 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR.
Auf das Widerspruchsschreiben des Klägerbevollmächtigten vom 21. Juli 2011 erließ der Beklagte unter dem 21. Oktober 2011 zwei Bescheide. In dem als Abhilfebescheid bezeichneten Bescheid hob er den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 auf und erklärte, dass damit dem Widerspruch in vollem Umfang entsprochen werde. Die weiteren Einzelheiten seien aus dem beigefügten Bescheid zu entnehmen. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten wurden im Umfang von ¼ für erstattungsfähig erklärt. Der zweite Bescheid vom 21. Oktober 2011, der als Änderungsbescheid bezeichnet ist, entspricht weitgehend dem Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011. Lediglich die Aufrechnungsregelung wurde dahingehend geändert, dass die Aufrechnung ab dem 1. August 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR und (neu) ab dem 1. November 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR erfolgte. Diesem zweiten Bescheid war der Hinweis beigefügt, dass der Bescheid gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde.
Der Klägerbevollmächtigte legte gegen die Kostengrundentscheidung im Abhilfebescheid vom 21. Oktober 2011 mit Schreiben vom 24. November 2011 Widerspruch ein.
Der Beklagte erließ unter dem 22. Februar 2012 zwei Widerspruchsbescheide. Mit dem einen (Aktenzeichenzusatz W 3222/11) wies er den Widerspruch gegen den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 nach dem Erlass des Änderungsbescheides vom 21. Oktober 2011 zurück und erklärte die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten im Umfang von ¼ für erstattungsfähig sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten als erforderlich. Mit dem zweiten Widerspruchsbescheid (Aktenzeichenzusatz W 5422/11) verwarf er den Widerspruch gegen den Abhilfebescheid als unzulässig. Es mangele am Rechtsschutzbedürfnis, weil die angefochtene Kostengrundentscheidung Gegenstand des erstgenannten Widerspruchsbescheides sei.
Der Klägerbevollmächtigte hat am 22. März 2012 in Bezug auf den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 Klage erhoben (Az. S 26 AS 1381/12). Dieses Verfahren ist im November 2012 durch ein angenommenes Anerkenntnis erledigt worden. Ebenfalls am 22. März 2012 hat er Klage in Bezug auf den Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 (Aktenzeichenzusatz W 5422/11) erhoben und einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt (Az. S 26 AS 1382/12).
Das Sozialgericht hat im Verfahren Az. S 26 AS 1382/12 den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 13. September 2012 abgelehnt. Die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Erfolgsaussicht, weil die Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig sei. Die in dieser Klage allein angefochtene Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren sei zugleich Gegenstand des Verfahrens Az. S 26 AS 1381/12.
Der Klägerbevollmächtigte hat am 11. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt. Die Klage sei von Anfang an zulässig. Es liege bereits keine doppelte Rechtshängigkeit vor, weil das Klageverfahren Az. S 26 AS 1381/12 erledigt sei. Auch sei die angegriffene Entscheidung nicht Gegenstand eines anderen Widerspruchverfahrens. Der Beklagte habe einen Vollabhilfebescheid mit dem Ausspruch einer Kostenquote erlassen. Hierbei handle es sich um eine neue Beschwer, die isoliert angegriffen werden könne. Durch den Vollabhilfebescheid sei das Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 3222/11 beendet worden.
Die Kläger beantragen:
Der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. September 2012 wird aufgehoben und den Beschwerdeführern wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Chemnitz Az. S 26 AS 1382/12 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterzeichners bewilligt.
Die Staatskasse und der Beklagte hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen sowie die Gerichtsakte des Sozialgerichts Chemnitz zum Verfahren Az. S 26 AS 1381/12 Bezug genommen.
II.
I. Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. September 2012 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Gericht im Prozesskostenhilfever-fahren die Prüfung der Sach- und Rechtslage nur summarisch vorzunehmen hat und aus Gründen der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten insbesondere bei von Fachge-richten zu entscheidenden Rechtsstreitigkeiten keine allzu überspannten Anforderungen zu stellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2002 – 1 BvR 81/00 – NJW 2000, 1936 ff.). Damit muss der Erfolg des Rechtsbegehrens nicht gewiss sein. Erfolgsaussichten sind nur dann zu verneinen, wenn diese nur entfernt oder schlechthin ausgeschlossen sind (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. März 2013 – L 3 AS 391/13 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 12 m. w. N.).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im prozesskostenhilferechtlichen Sinne.
Zwar war die Klage nicht bereits wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig. Denn die Klage war gegen den Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 im Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 5422/11 gerichtet. Hingegen war dem Klageverfahren Az. S 26 AS 1381/12 das Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 3222/11 vorangegangen. Auf Grund dessen ist es nicht auszuschließen, dass mit dem Widerspruchsbescheid, der im Klageverfahren Az. S 26 AS 1382/12 angegriffen ist, zumindest eine formelle Beschwer verbunden sein kann.
Jedoch wird nach Aktenlage die Klage als unbegründet abzuweisen sein. Denn bei dem als Abhilfebescheid bezeichneten Bescheid vom 21. Oktober 2011 handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht um einen Vollabhilfebescheid mit der Folge, dass das Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 3222/11, das durch das Widerspruchsschreiben vom 21. Juli 2011 eröffnet worden war, durch diesen Bescheid nicht beendet wurde. Zwar wird mit der Formulierung in Satz 2 des Abhilfebescheides, dem Widerspruch werde "in vollem Umfang entsprochen", der Eindruck erweckt, dass dem Widerspruchsbegehren in vollem Umfang entsprochen worden sei. Dass dem aber nicht so war, ergibt sich zum einen aus Satz 3 des Abhilfebescheides. Hier wird auf einen beigefügten Bescheid verwiesen. Dies ist nach Aktenlage der Änderungsbescheid. Die hat zur Folge, dass Abhilfebescheid und der Änderungsbescheid vom selben Tag eine Regelungseinheit bildeten. Im Änderungsbescheid vom 21. Oktober 2011 wurde in der Sache lediglich die monatliche Aufrechnungsrate ab 1. November 2011 herabgesetzt und nicht wie im Widerspruchsschreiben beantragt die Aufrechnungsregelung im Darlehensbescheid in Gänze aufgehoben. Zum anderen sprach die Kostenquote im Abhilfebescheid vor dem Hintergrund von § 63 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X), wonach ein Kostenerstattungsanspruch besteht, "soweit" der Widerspruch erfolgreich ist, gegen eine vollständige Stattgabe. Schließlich waren auch auf Grund der Regelung in Satz 1 des Abhilfebescheides, dass der angefochtene Bescheid vom 29. Juni 2011 aufgehoben werde, Zweifel veranlasst, ob mit dem Bescheidtext die Regelungsabsicht des Beklagten korrekt umgesetzt worden war. Denn mit der Aufhebung des Bescheid vom 29. Juni 2011 wäre nicht nur die die Kläger belastende Aufrechnungsregelung weggefallen, sondern auch die sie begünstigende Dar-lehensbewilligung. Letzteres war aber weder mit dem Widerspruch begehrt noch hätte sich diese Entscheidung auf §§ 44 ff. SGB X stützen lassen.
Da nach alledem dem Widerspruch der Kläger nicht in vollem Umfang abgeholfen wurde, hätte der Abhilfebescheid vom 21. Oktober 2011 jedenfalls nicht in dieser Form ergehen dürfen. Denn nur wenn der Widerspruch von der zuständigen Behörde für begründet erachtet wird, ist ihm gemäß § 85 Abs. 1 SGG abzuhelfen. In Betracht kommt auch eine Teilabhilfe (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 85 Rdnr. 2b, m. w. N.). Wenn dem Widerspruch nicht abgeholfen wird, ist gemäß § 85 Abs. 2 SGG ein Widerspruchsbescheid zu erlassen. Der fehlerhafte Abhilfebescheid vom 21. Oktober 2011 ändert aber nichts daran, dass das durch das Widerspruchsschreiben vom 21. Juli 2011 eröffnete Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen war. Dies bedeutet, dass alle Bescheide, die während des Widerspruchsverfahrens ergingen und den Darlehensbescheid änderten, gemäß § 86 SGG Gegenstand dieses Widerspruchsverfahrens wurden. Wegen der oben beschriebenen Regelungseinheit von Abhilfebescheid und Änderungsbescheid gilt dies vorliegend auch für beide Bescheide. Der Widerspruch gegen die Kostengrundentscheidung im Änderungsbescheid vom 21. Oktober 2011 war somit unzulässig.
Auf die Frage, ob die Klage im Verfahren Az. S 26 AS 1382/12 möglicherweise durch die Verfahrensweise des Beklagten im Widerspruchsverfahren veranlasst gewesen sein könnte, ist vorliegend nicht einzugehen. Denn dieser Gesichtspunkt kann nur im Rahmen der Kostengrundentscheidung gemäß § 193 Abs. 1 SGG berücksichtigt werden (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 193 Rdnr. 12b, m. w. N.). Hingegen ist die Frage, wer die Klage veranlasst hat, für die Zu-lässigkeit und Begründetheit der Klage, und damit für die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung als Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ohne Bedeutung.
II. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
III. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Atanassov
II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren.
Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 29. Juni 2011 ein Darlehen in Höhe von 2.387,50 EUR wegen Mietrückständen und Energieschulden. Ferner verfügte er die Aufrechnung der Darlehensschuld ab dem 1. August 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR.
Auf das Widerspruchsschreiben des Klägerbevollmächtigten vom 21. Juli 2011 erließ der Beklagte unter dem 21. Oktober 2011 zwei Bescheide. In dem als Abhilfebescheid bezeichneten Bescheid hob er den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 auf und erklärte, dass damit dem Widerspruch in vollem Umfang entsprochen werde. Die weiteren Einzelheiten seien aus dem beigefügten Bescheid zu entnehmen. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten wurden im Umfang von ¼ für erstattungsfähig erklärt. Der zweite Bescheid vom 21. Oktober 2011, der als Änderungsbescheid bezeichnet ist, entspricht weitgehend dem Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011. Lediglich die Aufrechnungsregelung wurde dahingehend geändert, dass die Aufrechnung ab dem 1. August 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR und (neu) ab dem 1. November 2011 in monatlichen Raten von 124,80 EUR erfolgte. Diesem zweiten Bescheid war der Hinweis beigefügt, dass der Bescheid gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde.
Der Klägerbevollmächtigte legte gegen die Kostengrundentscheidung im Abhilfebescheid vom 21. Oktober 2011 mit Schreiben vom 24. November 2011 Widerspruch ein.
Der Beklagte erließ unter dem 22. Februar 2012 zwei Widerspruchsbescheide. Mit dem einen (Aktenzeichenzusatz W 3222/11) wies er den Widerspruch gegen den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 nach dem Erlass des Änderungsbescheides vom 21. Oktober 2011 zurück und erklärte die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten im Umfang von ¼ für erstattungsfähig sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten als erforderlich. Mit dem zweiten Widerspruchsbescheid (Aktenzeichenzusatz W 5422/11) verwarf er den Widerspruch gegen den Abhilfebescheid als unzulässig. Es mangele am Rechtsschutzbedürfnis, weil die angefochtene Kostengrundentscheidung Gegenstand des erstgenannten Widerspruchsbescheides sei.
Der Klägerbevollmächtigte hat am 22. März 2012 in Bezug auf den Darlehensbescheid vom 29. Juni 2011 Klage erhoben (Az. S 26 AS 1381/12). Dieses Verfahren ist im November 2012 durch ein angenommenes Anerkenntnis erledigt worden. Ebenfalls am 22. März 2012 hat er Klage in Bezug auf den Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 (Aktenzeichenzusatz W 5422/11) erhoben und einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt (Az. S 26 AS 1382/12).
Das Sozialgericht hat im Verfahren Az. S 26 AS 1382/12 den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 13. September 2012 abgelehnt. Die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Erfolgsaussicht, weil die Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig sei. Die in dieser Klage allein angefochtene Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren sei zugleich Gegenstand des Verfahrens Az. S 26 AS 1381/12.
Der Klägerbevollmächtigte hat am 11. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt. Die Klage sei von Anfang an zulässig. Es liege bereits keine doppelte Rechtshängigkeit vor, weil das Klageverfahren Az. S 26 AS 1381/12 erledigt sei. Auch sei die angegriffene Entscheidung nicht Gegenstand eines anderen Widerspruchverfahrens. Der Beklagte habe einen Vollabhilfebescheid mit dem Ausspruch einer Kostenquote erlassen. Hierbei handle es sich um eine neue Beschwer, die isoliert angegriffen werden könne. Durch den Vollabhilfebescheid sei das Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 3222/11 beendet worden.
Die Kläger beantragen:
Der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. September 2012 wird aufgehoben und den Beschwerdeführern wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Chemnitz Az. S 26 AS 1382/12 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterzeichners bewilligt.
Die Staatskasse und der Beklagte hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen sowie die Gerichtsakte des Sozialgerichts Chemnitz zum Verfahren Az. S 26 AS 1381/12 Bezug genommen.
II.
I. Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. September 2012 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Gericht im Prozesskostenhilfever-fahren die Prüfung der Sach- und Rechtslage nur summarisch vorzunehmen hat und aus Gründen der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten insbesondere bei von Fachge-richten zu entscheidenden Rechtsstreitigkeiten keine allzu überspannten Anforderungen zu stellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2002 – 1 BvR 81/00 – NJW 2000, 1936 ff.). Damit muss der Erfolg des Rechtsbegehrens nicht gewiss sein. Erfolgsaussichten sind nur dann zu verneinen, wenn diese nur entfernt oder schlechthin ausgeschlossen sind (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 15. März 2013 – L 3 AS 391/13 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 12 m. w. N.).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im prozesskostenhilferechtlichen Sinne.
Zwar war die Klage nicht bereits wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig. Denn die Klage war gegen den Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 im Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 5422/11 gerichtet. Hingegen war dem Klageverfahren Az. S 26 AS 1381/12 das Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 3222/11 vorangegangen. Auf Grund dessen ist es nicht auszuschließen, dass mit dem Widerspruchsbescheid, der im Klageverfahren Az. S 26 AS 1382/12 angegriffen ist, zumindest eine formelle Beschwer verbunden sein kann.
Jedoch wird nach Aktenlage die Klage als unbegründet abzuweisen sein. Denn bei dem als Abhilfebescheid bezeichneten Bescheid vom 21. Oktober 2011 handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht um einen Vollabhilfebescheid mit der Folge, dass das Widerspruchsverfahren mit dem Aktenzeichenzusatz W 3222/11, das durch das Widerspruchsschreiben vom 21. Juli 2011 eröffnet worden war, durch diesen Bescheid nicht beendet wurde. Zwar wird mit der Formulierung in Satz 2 des Abhilfebescheides, dem Widerspruch werde "in vollem Umfang entsprochen", der Eindruck erweckt, dass dem Widerspruchsbegehren in vollem Umfang entsprochen worden sei. Dass dem aber nicht so war, ergibt sich zum einen aus Satz 3 des Abhilfebescheides. Hier wird auf einen beigefügten Bescheid verwiesen. Dies ist nach Aktenlage der Änderungsbescheid. Die hat zur Folge, dass Abhilfebescheid und der Änderungsbescheid vom selben Tag eine Regelungseinheit bildeten. Im Änderungsbescheid vom 21. Oktober 2011 wurde in der Sache lediglich die monatliche Aufrechnungsrate ab 1. November 2011 herabgesetzt und nicht wie im Widerspruchsschreiben beantragt die Aufrechnungsregelung im Darlehensbescheid in Gänze aufgehoben. Zum anderen sprach die Kostenquote im Abhilfebescheid vor dem Hintergrund von § 63 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X), wonach ein Kostenerstattungsanspruch besteht, "soweit" der Widerspruch erfolgreich ist, gegen eine vollständige Stattgabe. Schließlich waren auch auf Grund der Regelung in Satz 1 des Abhilfebescheides, dass der angefochtene Bescheid vom 29. Juni 2011 aufgehoben werde, Zweifel veranlasst, ob mit dem Bescheidtext die Regelungsabsicht des Beklagten korrekt umgesetzt worden war. Denn mit der Aufhebung des Bescheid vom 29. Juni 2011 wäre nicht nur die die Kläger belastende Aufrechnungsregelung weggefallen, sondern auch die sie begünstigende Dar-lehensbewilligung. Letzteres war aber weder mit dem Widerspruch begehrt noch hätte sich diese Entscheidung auf §§ 44 ff. SGB X stützen lassen.
Da nach alledem dem Widerspruch der Kläger nicht in vollem Umfang abgeholfen wurde, hätte der Abhilfebescheid vom 21. Oktober 2011 jedenfalls nicht in dieser Form ergehen dürfen. Denn nur wenn der Widerspruch von der zuständigen Behörde für begründet erachtet wird, ist ihm gemäß § 85 Abs. 1 SGG abzuhelfen. In Betracht kommt auch eine Teilabhilfe (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 85 Rdnr. 2b, m. w. N.). Wenn dem Widerspruch nicht abgeholfen wird, ist gemäß § 85 Abs. 2 SGG ein Widerspruchsbescheid zu erlassen. Der fehlerhafte Abhilfebescheid vom 21. Oktober 2011 ändert aber nichts daran, dass das durch das Widerspruchsschreiben vom 21. Juli 2011 eröffnete Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen war. Dies bedeutet, dass alle Bescheide, die während des Widerspruchsverfahrens ergingen und den Darlehensbescheid änderten, gemäß § 86 SGG Gegenstand dieses Widerspruchsverfahrens wurden. Wegen der oben beschriebenen Regelungseinheit von Abhilfebescheid und Änderungsbescheid gilt dies vorliegend auch für beide Bescheide. Der Widerspruch gegen die Kostengrundentscheidung im Änderungsbescheid vom 21. Oktober 2011 war somit unzulässig.
Auf die Frage, ob die Klage im Verfahren Az. S 26 AS 1382/12 möglicherweise durch die Verfahrensweise des Beklagten im Widerspruchsverfahren veranlasst gewesen sein könnte, ist vorliegend nicht einzugehen. Denn dieser Gesichtspunkt kann nur im Rahmen der Kostengrundentscheidung gemäß § 193 Abs. 1 SGG berücksichtigt werden (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 193 Rdnr. 12b, m. w. N.). Hingegen ist die Frage, wer die Klage veranlasst hat, für die Zu-lässigkeit und Begründetheit der Klage, und damit für die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung als Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ohne Bedeutung.
II. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
III. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
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