Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 EG 81/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 EG 41/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 EG 9/13 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bedienstete des Europäischen Patentamtes haben grundsätzlich Anspruch auf Elterngeld. Ein Sondertatbestand, der Bedienstete des Europäischen Patentamtes aus dem Anwendungsbereich des BEEG ausschließt oder es aus anderen Gründen gestattet, sie vom Bezug des Eltenrgeldes auszuschließen, liegt nicht vor. Insbesondere schließt Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation einen Anspruch auf Elterngeld nicht aus.
2. Ein Anspruch besteht aber nur in Höhe des Mindestelterngeldes von 300 EUR, denn bei den Bezügen der Bediensteten aus Ihrer Tätigkeit beim Europäischen Patentamt handelt es sich nicht um steuerpflichtiges Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 1 BEEG.
2. Ein Anspruch besteht aber nur in Höhe des Mindestelterngeldes von 300 EUR, denn bei den Bezügen der Bediensteten aus Ihrer Tätigkeit beim Europäischen Patentamt handelt es sich nicht um steuerpflichtiges Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 1 BEEG.
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.04.2010 abgeändert. Der Bescheid des Beklagten vom 02.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2009 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, der Klägerin Elterngeld für den 6. bis 12. Lebensmonat in Höhe von 300,00 Euro monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Elterngeld für den 6. bis 12. Lebensmonat ihrer 2008 geborenen Tochter L ... Im Hinblick auf noch bis zum 6. Lebensmonat von L. hineinreichende Zahlungen von Dienstbezügen im Zusammenhang mit Mutterschaftsurlaub und Abgeltung von Jahresurlaub begehrt sie für den 6. Lebensmonat einen anteiligen Betrag und für den 7. bis 12. Lebensmonat die Gewährung des monatlichen Höchstbetrages von 1800 EUR.
Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in A-Stadt und ist seit dem 01.10.2004 Bedienstete des Europäischen Patentamts in B-Stadt, seit 2006 als Beamtin auf Lebenszeit. Vom 18.08.2008 bis einschließlich 04.01.2009 befand sich die Klägerin im Mutterschaftsurlaub. In dieser Zeit erhielt sie weiterhin ihr übliches Gehalt. Unmittelbar danach, vom 05.01.2009 bis 16.02.2009 verbrauchte die Klägerin ihren Jahresurlaub, der auch mit dem üblichen Gehalt vergütet wurde. Vom 17.02.2009 bis einschließlich 30.09.2009 hatte die Klägerin unbezahlten Urlaub, während dessen sie keinerlei Bezüge erhielt. Im Verwaltungsverfahren zum Elterngeld hatte die Klägerin Gehaltsmitteilungen vorgelegt, die ein Grundgehalt und hiervon vorzunehmende Abzüge für den Beitrag zum Versorgungssystem, Krankenversicherung, Todesfallversicherung, Invaliditätsversicherung und Pflegeversicherung vorsahen und für die Monate September 2007 bis August 2008 monatliche Auszahlungsbeträge in Höhe von 3153,28 EUR bis 4406,71 EUR enthielten. Aus den Gehaltsmitteilungen ergab sich zudem, dass basierend auf den Nettobezügen (September 2007 bis August 2008 in Höhe von 40.619,23 EUR) eine interne Steuer in Höhe von 13.223,00 EUR entrichtet wurde.
Mit Bescheid vom 02.02.2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Elterngeld ab, da Bedienstete des Europäischen Patentamts grundsätzlich keinen Anspruch auf Elterngeld hätten. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.03.2009). Gemäß § 68 Nr. 15 a. SGB I gelte der "Elterngeldteil" des BEEG als besonderer Teil des SGB. § 30 Abs. 2 SGB I bestimme, dass Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt blieben. Das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union regele in Art. 14, dass das System der Sozialleistungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union durch europäisches Gesetz festgelegt werde. Dies impliziere, dass diese Personen von den deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit ausgenommen seien. Die europäische Union habe eine eigene, an den Standards der EU-Mitgliedsstaaten orientierte Sozialpolitik. Sie unterlägen als Angestellte der EU nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht, sondern seien einem eigenen Krankenversicherung- und Pensionssystem eingegliedert. Daher bestehe kein Anspruch auf deutsche Familienleistungen.
Auf die hiergegen erhobene Klage verurteilte das Sozialgericht München den Beklagten mit Urteil vom 21.04.2010 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, der Klägerin Elterngeld für den 6. Lebensmonat in Höhe von 1671,43 EUR und für den 7. bis 12. Lebensmonat in Höhe von je 1800 EUR monatlich zu gewähren. Ein Anspruch auf Elterngeld sei für die Klägerin als Bedienstete des Europäischen Patentamts nicht ausgeschlossen. Der persönliche Anwendungsbereich des BEEG sei durch § 1 BEEG grundsätzlich abschließend geregelt und finde nur dann keine Anwendung, wenn dies in einer dem Gesetzesvorbehalt genügenden Spezialregelung vorgeschrieben wäre oder sich aus über- oder zwischenstaatlichem Recht ergeben würde. Solche lägen nicht vor. Unter Zugrundelegung von § 18 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation seien jedoch Bedienstete des Europäischen Patentamts lediglich hinsichtlich derjenigen Systeme der sozialen Sicherheit von der Anwendung (hier: deutschen) staatlichen Rechts ausgenommen, die durch Pflichtbeiträge finanziert würden. Hierzu gehöre aber weder das Erziehungsgeld noch das aus Steuermitteln finanzierte Bundeselterngeld. Das für die Klägerin anzuwendende Statut der Beamten des Europäischen Patentamtes enthalte keinen Ausschluss der Anwendbarkeit von Normen des materiellen deutschen Sozialrechts. Insbesondere enthielten Art. 45 a (Elternurlaub) und Art. 45 b (Urlaub aus familiären Gründen) des Statuts keinerlei Regelung in Bezug auf nationale Sozialleistungen im Zusammenhang mit Elterngeldgewährung.
Der damit dem Grunde nach bestehende Anspruch auf Elterngeld sei nach Überzeugung des Gerichts gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 7 BEEG in seiner konkreten Höhe unter Heranziehung der in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt der Tochter der Klägerin erhaltenen Nettobezüge der Klägerin zu ermitteln. Obwohl die Einkünfte der Klägerin nicht der Besteuerung nach dem deutschen Einkommensteuergesetz unterlägen, seien sie aber gleichwohl gemäß § 2 Abs. 1 BEEG zu berücksichtigen. Zwar sei die Klägerin gemäß Art. 16 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation von der staatlichen Einkommensteuer befreit, sie sei jedoch wegen der internen Steuer zu Gunsten der Organisation steuerpflichtig. Das Gericht sei damit der Auffassung, dass die Dienstbezüge der Klägerin zu den nach steuerrechtlichen Bestimmungen ermittelten Einkünften gehörten, da sie zumindest nicht außerhalb jeder Besteuerung stünden und damit nicht als gänzlich steuerfrei anzusehen seien. Wegen der der Klägerin im 6. Lebensmonat des Kindes gewährten Leistungen des Arbeitgebers errechne sich daher für diesen Monat ein Betrag von 1671,73 EUR, für den 7. bis 12. Lebensmonat stehe der Klägerin Elterngeld in Höhe von 1800 EUR monatlich zu. Auch ein Ruhenstatbestand des § 3 Abs. 3 S. 2 BEEG läge nicht vor, da die Klägerin im Bezugszeitraum des Elterngeldes (6. bis 12. Lebensmonat) keinen Antrag gemäß Art. 45 a des Statuts auf Elternurlaub gestellt habe und demzufolge auch keine dementsprechende Vergütung für Zeiten von Elternurlaub erhalten habe. Darüber hinaus habe der Elternurlaub auch eine andere Zielrichtung als das Elterngeld nach dem BEEG.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht. Er vertritt weiterhin die Auffassung, die Klägerin habe als Bedienstete des Europäischen Patentamts keinen Anspruch auf Elterngeld, da die Systeme der sozialen Sicherheit im Statut der Beamten des Europäischen Patentamtes normiert seien und diese Regelungen einer innerstaatlichen Regelung vorgingen. Jedes solidarische System - ob steuer- oder beitragsfinanziert - sei darauf angewiesen, dass diejenigen, die leistungsfähig seien, zur Finanzierung der Leistungen zu Gunsten der Berechtigten beitragen würden. Ein Solidarsystem, das die Leistungsfähigen nicht zum Beitrag heranziehe, im Falle ihres Bedarfs jedoch Leistungen gewähre, sei in seinem Bestand gefährdet und widerspräche so dem Sozialstaatsprinzip. Obwohl die Bediensteten des Europäischen Patentamts durchaus leistungsfähig seien, würden sie keinerlei Beiträge zu den bundesdeutschen sozialen Sicherungssystemen erbringen, weder durch Steuern noch durch Beiträge. Die Beiträge im weiteren Sinne würden vielmehr an die europäische Patentorganisation gezahlt, die ihrerseits für die soziale Absicherung sorge. Aus diesen Beiträgen würden dem Elterngeld vergleichbare Leistungen gewährt. Für die Anwendung von innerstaatlichen spezialgesetzlichen Regelungen über die Gewährung von Sozialleistungen bliebe daher kein Raum. Hilfsweise machte der Beklagte geltend, dass es sich bei Erwerbseinkünften von EPA-Bediensteten nicht um zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 1 und 7 BEEG handle, da das Einkommen nicht der Steuerpflicht unterliege, so dass allenfalls der Mindestbetrag zu gewähren wäre. Nach Auffassung des Beklagten ist die Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1991 auf die Klägerin nicht anwendbar, da die Klägerin im damaligen Verfahren nicht selbst Bedienstete des EPA, sondern Familienangehörige, war. Für die Berechnung des Elterngeldes sei allein das nach dem Einkommensteuergesetz zu versteuernde Erwerbseinkommen zu Grunde zu legen. Wie in anderen Lohnersatzleistungen, die durchweg beitragsfinanzierten sein, folge das BEEG somit im wesentlichen dem für Lohnersatzleistungen typischen Äquivalenzprinzip. Da EPA-Bedienstete sowohl steuerbefreit seien als auch von sämtlichen Pflichtbeiträgen an staatliche Sozialversicherungsträger befreit seien, sei in Analogie zu den beitragsfinanzierten Sozialleistungen unter Berücksichtigung des Solidarprinzip als Ausfluss des Sozialstaatsprinzips auch der Anspruch auf Elterngeld ausgeschlossen.
Der Beklagte beantragt,
auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.04.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Klägerbevollmächtigte hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Insbesondere seien auch die im Urteil des BSG vom 29.08.1991 zur Anwendung des Bundeserziehungsgeldgesetzes auf EPA-Bedienstete aufgeführten Gründe vollumfänglich auf die Gewährung von Elterngeld auf EPA-Bedienstete übertragbar. Insbesondere erhielten EPA-Bedienstete keine dem Elterngeld vergleichbare Leistungen. Der Ausschluss von EPA-Bediensteten aus Billigkeitsgründen - wie vom Beklagten angeregt - komme ebenfalls nicht in Betracht. Das Sozialgericht habe auch die Höhe des Elterngeldes zutreffend berechnet. In diesem Zusammenhang sei der in § 3 Abs. 3 BEEG zum Ausdruck gebrachte Wille des deutschen Gesetzgebers zu berücksichtigen, Bedienstete internationaler Organisationen nicht von der Vergünstigung des Elterngeldes auszuschließen. Diese würden nämlich von den Staaten regelmäßig von einer nationalen Einkommensteuerpflicht freigestellt. Die Klägerin sei daher schließlich auch nicht auf den Mindestbetrag zu verweisen. Denn nach Art. 3 der Verordnung des Verwaltungsrates vom 20.10.1977 erhebe die Organisation auf die gesamten, vom EPA an die steuerpflichtigen Bediensteten gezahlten Entgelte, Vergütungen, Zulagen und Gehälter eine interne Steuer. Die Begründung dieser Steuerpflicht sei gemäß Art. 16 PPI Voraussetzung für die Befreiung der Bezüge von der nationalen Einkommensteuerpflicht gewesen.
Die Entscheidung (Urteil C-62/11 vom 19.07.2012), in der der EuGH festgestellt habe, dass bestimmte europa- und völkerrechtliche Instrumente Deutschland nicht zur Zahlung von Elterngeld an Bedienstete der Europäischen Zentralbank (EZB) verpflichteten, jedoch auch nicht die Befugnis Deutschlands zur Zahlung von Elterngeld an diese Bediensteten ausschließe, habe mittelbare Bedeutung für den vorliegenden Fall. Da die europäische Patentorganisation nicht Teil der Europäischen Union sei, fänden auf sie weder die Satzung der EZB noch deren Sitzstaatsabkommen Anwendung. Mittelbar bestätige das Urteil jedoch die Rechtsansicht der Klägerin. Die Neufassung des § 2 BEEG durch Gesetz vom 23.11.2011 habe keine Rückwirkung.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten des Beklagten und des Sozialgerichts. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Die Klägerin begehrt als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG) eine Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes sowie (höheres) Elterngeld unter Berücksichtigung ihrer für September 2007 bis August 2008 bezogenen Bezüge. Die Berufung ist aber nur im tenorierten Umfang begründet, denn die Klägerin hat lediglich Anspruch auf Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages für die Lebensmonate 6 bis 12 des Kindes.
Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr. 4). Das Kind muss außerdem nach dem 31.12.2006 geboren sein (§ 27 Abs. 1 BEEG). Im Fall der Klägerin sind sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG erfüllt.
Ein Anspruch der Klägerin auf Elterngeld ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie Bedienstete des Europäischen Patentamtes (EPA-Bedienstete) ist. Wie das SG zu Recht ausführt, ist der persönliche Anwendungsbereich des BEEG durch § 1 BEEG grundsätzlich abschließend geregelt und findet nur dann keine Anwendung, wenn dies in einer dem Gesetzesvorbehalt genügenden Spezialregelung vorgeschrieben ist oder sich aus über- oder zwischenstaatlichem Recht ergibt. Denn nach dem in § 31 SGB I niedergelegten Gesetzesvorbehalt dürfen unter anderem Ansprüche auf Elterngeld nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes (oder durch vorrangiges Recht im Sinne von § 30 Abs. 2 SGB I) aufgehoben oder eingeschränkt werden. Ein Sondertatbestand, der die Klägerin aus dem Anwendungsbereich des BEEG ausschließt oder es aus anderen Gründen ge-stattet, sie vom Bezug des Elterngeldes auszuschließen, liegt nicht vor. Insbesondere enthält das BEEG selbst keine entsprechende Ausschlussnorm. Aber auch Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation, BGBl II 1976, S. 985 ff. (PPI) schließt einen Anspruch der Klägerin auf Elterngeld nicht aus. Nach Art. 18 des Protokolls sind vorbehaltlich von Abkommen, die nach Art. 25 mit den Vertragsstaaten geschlossen werden, die Organisation und die Bediensteten des Europäischen Patentamtes von sämtlichen Pflichtbeiträgen an staatliche Sozialversicherungsträger befreit, sofern die Organisation ein eigenes Sozialversicherungssystem errichtet. Wie auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 29.08.1991 (Az. 4 Reg 5/91) bezüglich des Anspruchs auf Erziehungsgeld betont, sind damit Bedienstete des Europäischen Patentamts lediglich hinsichtlich derjenigen Systeme der sozialen Sicherheit von der Anwendung (hier: deutschen) staatlichen Rechts ausgenommen, die durch Pflichtbeiträge finanziert werden. Zu diesen durch Pflichtbeiträge finanzierten Systemen gehört das Elterngeld wie schon vormals das Bundeserziehungsgeld nicht. Auch Billigkeitsgründe, wie vom Beklagten aufgeführt, reichen nicht aus, um einen gesetzlichen Anspruch auszuschließen. Denn das BEEG (in der Fassung des Gesetzes vom 19.08.2007, BGBl I S. 1970) enthält in § 1 Abs. 1 eine einseitige Kollisionsnorm, die in Verbindung mit den Absätzen 2 bis 7 - vorbehaltlich über- oder zwischenstaatlicher Regelungen - den persönlichen Anwendungsbereich des BEEG grundsätzlich abschließend regelt.
Vorschriften betreffend Beamte von EU-Organisationen sind für die Klägerin nicht einschlägig, denn das Europäische Patentamt sowie der Verwaltungsrat sind Organe der europäischen Patentorganisation, die eine zwischenstaatliche Einrichtung auf der Basis des Europäischen Übereinkommens, BGBl II 1976, S. 826 ff., ist. Auf die Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts ist damit das Statut der Beamten des Europäischen Patentamts anzuwenden. In diesem Statut ist kein Ausschluss der Anwendbarkeit von Normen des materiellen (deutschen) Sozialrechts enthalten. Das Statut enthält zwar eine Reihe von Regelungen bezüglich Leistungen im Zusammenhang mit der sozialen Lage von Bediensteten des Europäischen Patentamts wie insbesondere auch die Regelung von Elternurlaub (Art. 45 a des Statuts) und Urlaub aus familiären Gründen (Art. 45 b des Statuts). Nach Art. 45 a des Statuts haben Beamte des Europäischen Patentamts Anspruch auf Elternurlaub, der bis zu 120 Arbeitstage, für Alleinerziehende in doppeltem Umfang, zusteht und vor dem 12. Geburtstag des Kindes zu nehmen ist. Als Vergütung für diesen Elternurlaub ergeben sich unter Berücksichtigung der Gehaltstabellen Beträge von circa 900 EUR bis 1200 EUR. Dieser Elternurlaub unter gleichzeitiger Gewährung von reduziertem Gehalt ist aber nicht mit dem nach deutschem Recht bestehenden Anspruch auf Elterngeld zu vergleichen. Die Gewährung von Elterngeld dient dem Ziel, insbesondere eine passgenaue und nachhaltige Absicherung von Eltern und Kindern in der Frühphase der Familien zu ermöglichen (BT-Drucks 16/1889, Seite 1). Diese Absicherung in der Frühphase spiegelt sich in der Länge des Elterngeldbezuges von grundsätzlich maximal 12 Monaten beginnend ab der Geburt des Kindes wieder. Demgegenüber ist die Regelung des Art. 45 a des Statuts auf der einen Seite zeitlich begrenzt auf 120 Arbeitstage, auf der anderen Seite ermöglicht es aber dem Bediensteten, diese Arbeitstage flexibel bis zum 12. Geburtstag des Kindes zu nehmen. Die Zielsetzung dieser Regelung geht damit gerade nicht in eine Abdeckung der Frühphase der Familienbildung, sondern hin zu einer flexiblen Gestaltung der Familiensituation bis zum 12. Lebensjahr des Kindes. Eine Regelung in Bezug auf nationale Sozialleistungen im Zusammenhang mit Elterngeldgewährung ist darin nicht zu erkennen. Auch sonst sind keine spezialgesetzlichen Regelungen erkennbar, die gemäß § 31 SGB I zum Ausschluss des Elterngeldanspruchs führen würden.
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG nach dem in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 EUR monatlich. § 2 Abs. 5 BEEG sieht ein Mindestentgelt in Höhe von monatlich 300 EUR vor.
Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (15.09.2008) erstreckt sich hier von September 2007 bis August 2008, da Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG nicht einschlägig sind. Die Klägerin hat weder Elterngeld für ein älteres Kind noch Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über Krankenversicherung der Landwirte bezogen. Auch ist während des Bemessungszeitraums kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen.
Die Klägerin hat jedoch nur Anspruch auf das Mindestelterngeld in Höhe von 300 EUR, denn bei den Bezügen der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als EPA-Bedienstete handelt es sich nicht um steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 BEEG.
Bei der Leistungsbemessung wird gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG auf das erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit abgestellt und zwar nach § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 - 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs. 7 - 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Begriff im Sinne des § 2 EStG an (vergleiche Urteil des BSG vom 17.02.2011, B 10 EG 17/09 R) und regelt die Ermittlung der Einkünfte nach steuerrechtlichen Grundsätzen
(BT-Drucks 16/2785, Seite 37).
Nach Art. 16 Abs. 1 S. 1 PPI sind die in Art. 13 und 14 genannten Personen (die Klägerin unterfällt als Bedienstete des Europäischen Patentamts Art. 14) für die von der Organisation gezahlten Gehälter und Bezüge nach Maßgabe der Bedingungen und Regeln, die der Verwaltungsrat innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Übereinkommens festlegt, zu Gunsten der Organisation steuerpflichtig. Von diesem Zeitpunkt an sind diese Gehälter und Bezüge von der staatlichen Einkommensteuer befreit (Art. 16 Abs. 1 S. 2 PPI). Hierzu hat der Verwaltungsrat die "Verordnung über die interne Steuer zu Gunsten der europäischen Patentorganisation" erlassen. Nach Art. 3 dieser Verordnung wird die Steuer auf die gesamten, vom Patentamt an die steuerpflichtigen Bediensteten gezahlten Entgelte, Vergütungen, Zulagen und Beihilfen einschließlich der Invaliditätszulage (gemäß den nachstehenden Bestimmungen) erhoben. Nachfolgend ist geregelt, welche Zulagen und Kosten von der Besteuerungsgrundlage ausgenommen sind beziehungsweise von der Besteuerungsgrundlage abgezogen werden. Unter die von der Besteuerungsgrundlage abzuziehenden Zulagen und Beihilfe (Art. 3, (2) b) der Verordnung) fallen unter anderem die Haushaltszulage, die Unterhaltsberechtigungszulage, die Kinderbetreuungszulage und die Erziehungszulage. Nach Art. 4 der Verordnung wird die Steuer monatlich im Wege des Quellenabzugs erhoben. Diese interne Steuer wird nicht vom Bediensteten abgeführt, sondern ist für diesen lediglich eine Rechengröße, wobei das ihm zustehende Grundgehalt bereits um die interne Steuer bereinigt ist. Die steuerliche Privilegierung des Gehalts "aktiver" Bediensteter dient dabei dem funktionellen Bedürfnis der Organisation nach Unabhängigkeit vom nationalen Besteuerungszugriff. Der Sitzstaat der Organisation soll über das Steuerrecht kein Druckmittel gegen die Organisation oder die Beschäftigten haben.
Für die Berechnung des Elterngeldes ist aber allein das nach dem Einkommensteuergesetz zu versteuernde Erwerbseinkommen zugrundezulegen. Steuerfreie Einnahmen bleiben bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit unberücksichtigt (vergleiche BSG vom 25.06.2009, Aktenzeichen B 10 EG 9/08 R). Die Nichtberücksichtigung steuerfreier Einnahmen oder Einkünfte entspricht mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des BEEG dem Willen des Gesetzgebers. Hierzu hat das BSG in seiner Entscheidung vom 21.02.2013, B 10 EG 12/12 R ausgeführt, dass auszugehen ist von der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, das Einkommen nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts zu ermitteln (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37). Dabei war den zuständigen Gremien bewusst, dass die Anknüpfung an die Summe der positiven Einkünfte zugleich bewirkt, dass steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG bei der Einkommensermittlung für das Elterngeld nicht zu berücksichtigen sind (vgl BT-Drucks 16/2785 S 37). Gleiches gilt für die Einkünfte, die von vornherein nicht der Besteuerung nach dem EStG unterliegen, wobei Einkommen, das in einem Mitgliedstaat der EU, in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz versteuert wird, nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Inland versteuertem Einkommen gleichgestellt ist. Bereits der BFH hatte mit Urteil vom 22.04.1983 (VI R 27/80) entschieden, dass der der deutschen Einkommensteuer nicht unterliegende Arbeitslohn eines Beamten des Europäischen Patentamtes als Bemessungsgrundlage für die Zulage nach § 28 BerlinFG ausscheidet. Denn nach § 28 Abs.2 letzter Satz BerlinFG blieben steuerfreie Einnahmen mit Ausnahme der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit außer Betracht. Gleiches gilt für die Bemessungsgrundlage nach § 2 Abs. 1 BEEG. Der Gesetzgeber wollte nur solche Einnahmen in die Bemessungsgrundlage für das Elterngeld einbeziehen, das nach dem EStG zu besteuern ist.
Diese Auslegung wird durch die ab dem 01.01.2011 geltende, durch das Haushaltsbegleitgesetz (Art. 14 Nr. 2 vom 09.12.2010, BGBl I S. 1885) eingetretene Änderung des § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG bestätigt. § 2 Abs. 1 BEEG wurde insoweit geändert, als nach dem Wort " positiven" die Wörter " im Inland zu versteuernden" eingefügt wurden. Zwar zielt dieser Änderung darauf ab, bestimmte Einkünfte mit Auslandsbezug, die nicht im Inland zu versteuern sind, von einer Berücksichtigung bei der Bemessung des Elterngeldes auszunehmen (vergleiche BT-Drucks 14/3030 Seite 48). Hieraus lässt sich aber ableiten, dass inländische Einnahmen, die nicht nach dem EStG besteuert werden, bereits vor der Gesetzesänderung nicht zu dem im Rahmen des BEEG berücksichtungsfähigen Einkommen zählten.
Für dieses Ergebnis ist auch ohne Bedeutung, dass sich die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte der Klägerin nach § 32 b EStG gleichwohl auf den anzuwendenden Steuerprogressionsatz auswirken. Denn dadurch werden die betreffenden Einkünfte nicht der deutschen Einkommensteuer unterworfen, sondern führen nur dazu, dass sich durch ihren Bezug für den Steuerpflichtigen der Steuersatz hinsichtlich seines der deutschen Einkommensteuer unterliegenden (Rest-)Einkommens unter Umständen erhöht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem gegenseitigen Obsiegen und Unterliegen.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zulassen, § 160 Abs. 1, 2 Nr. 1SGG.
II. Der Beklagte hat der Klägerin 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Elterngeld für den 6. bis 12. Lebensmonat ihrer 2008 geborenen Tochter L ... Im Hinblick auf noch bis zum 6. Lebensmonat von L. hineinreichende Zahlungen von Dienstbezügen im Zusammenhang mit Mutterschaftsurlaub und Abgeltung von Jahresurlaub begehrt sie für den 6. Lebensmonat einen anteiligen Betrag und für den 7. bis 12. Lebensmonat die Gewährung des monatlichen Höchstbetrages von 1800 EUR.
Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in A-Stadt und ist seit dem 01.10.2004 Bedienstete des Europäischen Patentamts in B-Stadt, seit 2006 als Beamtin auf Lebenszeit. Vom 18.08.2008 bis einschließlich 04.01.2009 befand sich die Klägerin im Mutterschaftsurlaub. In dieser Zeit erhielt sie weiterhin ihr übliches Gehalt. Unmittelbar danach, vom 05.01.2009 bis 16.02.2009 verbrauchte die Klägerin ihren Jahresurlaub, der auch mit dem üblichen Gehalt vergütet wurde. Vom 17.02.2009 bis einschließlich 30.09.2009 hatte die Klägerin unbezahlten Urlaub, während dessen sie keinerlei Bezüge erhielt. Im Verwaltungsverfahren zum Elterngeld hatte die Klägerin Gehaltsmitteilungen vorgelegt, die ein Grundgehalt und hiervon vorzunehmende Abzüge für den Beitrag zum Versorgungssystem, Krankenversicherung, Todesfallversicherung, Invaliditätsversicherung und Pflegeversicherung vorsahen und für die Monate September 2007 bis August 2008 monatliche Auszahlungsbeträge in Höhe von 3153,28 EUR bis 4406,71 EUR enthielten. Aus den Gehaltsmitteilungen ergab sich zudem, dass basierend auf den Nettobezügen (September 2007 bis August 2008 in Höhe von 40.619,23 EUR) eine interne Steuer in Höhe von 13.223,00 EUR entrichtet wurde.
Mit Bescheid vom 02.02.2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von Elterngeld ab, da Bedienstete des Europäischen Patentamts grundsätzlich keinen Anspruch auf Elterngeld hätten. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.03.2009). Gemäß § 68 Nr. 15 a. SGB I gelte der "Elterngeldteil" des BEEG als besonderer Teil des SGB. § 30 Abs. 2 SGB I bestimme, dass Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt blieben. Das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union regele in Art. 14, dass das System der Sozialleistungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union durch europäisches Gesetz festgelegt werde. Dies impliziere, dass diese Personen von den deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit ausgenommen seien. Die europäische Union habe eine eigene, an den Standards der EU-Mitgliedsstaaten orientierte Sozialpolitik. Sie unterlägen als Angestellte der EU nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht, sondern seien einem eigenen Krankenversicherung- und Pensionssystem eingegliedert. Daher bestehe kein Anspruch auf deutsche Familienleistungen.
Auf die hiergegen erhobene Klage verurteilte das Sozialgericht München den Beklagten mit Urteil vom 21.04.2010 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, der Klägerin Elterngeld für den 6. Lebensmonat in Höhe von 1671,43 EUR und für den 7. bis 12. Lebensmonat in Höhe von je 1800 EUR monatlich zu gewähren. Ein Anspruch auf Elterngeld sei für die Klägerin als Bedienstete des Europäischen Patentamts nicht ausgeschlossen. Der persönliche Anwendungsbereich des BEEG sei durch § 1 BEEG grundsätzlich abschließend geregelt und finde nur dann keine Anwendung, wenn dies in einer dem Gesetzesvorbehalt genügenden Spezialregelung vorgeschrieben wäre oder sich aus über- oder zwischenstaatlichem Recht ergeben würde. Solche lägen nicht vor. Unter Zugrundelegung von § 18 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation seien jedoch Bedienstete des Europäischen Patentamts lediglich hinsichtlich derjenigen Systeme der sozialen Sicherheit von der Anwendung (hier: deutschen) staatlichen Rechts ausgenommen, die durch Pflichtbeiträge finanziert würden. Hierzu gehöre aber weder das Erziehungsgeld noch das aus Steuermitteln finanzierte Bundeselterngeld. Das für die Klägerin anzuwendende Statut der Beamten des Europäischen Patentamtes enthalte keinen Ausschluss der Anwendbarkeit von Normen des materiellen deutschen Sozialrechts. Insbesondere enthielten Art. 45 a (Elternurlaub) und Art. 45 b (Urlaub aus familiären Gründen) des Statuts keinerlei Regelung in Bezug auf nationale Sozialleistungen im Zusammenhang mit Elterngeldgewährung.
Der damit dem Grunde nach bestehende Anspruch auf Elterngeld sei nach Überzeugung des Gerichts gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 7 BEEG in seiner konkreten Höhe unter Heranziehung der in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt der Tochter der Klägerin erhaltenen Nettobezüge der Klägerin zu ermitteln. Obwohl die Einkünfte der Klägerin nicht der Besteuerung nach dem deutschen Einkommensteuergesetz unterlägen, seien sie aber gleichwohl gemäß § 2 Abs. 1 BEEG zu berücksichtigen. Zwar sei die Klägerin gemäß Art. 16 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation von der staatlichen Einkommensteuer befreit, sie sei jedoch wegen der internen Steuer zu Gunsten der Organisation steuerpflichtig. Das Gericht sei damit der Auffassung, dass die Dienstbezüge der Klägerin zu den nach steuerrechtlichen Bestimmungen ermittelten Einkünften gehörten, da sie zumindest nicht außerhalb jeder Besteuerung stünden und damit nicht als gänzlich steuerfrei anzusehen seien. Wegen der der Klägerin im 6. Lebensmonat des Kindes gewährten Leistungen des Arbeitgebers errechne sich daher für diesen Monat ein Betrag von 1671,73 EUR, für den 7. bis 12. Lebensmonat stehe der Klägerin Elterngeld in Höhe von 1800 EUR monatlich zu. Auch ein Ruhenstatbestand des § 3 Abs. 3 S. 2 BEEG läge nicht vor, da die Klägerin im Bezugszeitraum des Elterngeldes (6. bis 12. Lebensmonat) keinen Antrag gemäß Art. 45 a des Statuts auf Elternurlaub gestellt habe und demzufolge auch keine dementsprechende Vergütung für Zeiten von Elternurlaub erhalten habe. Darüber hinaus habe der Elternurlaub auch eine andere Zielrichtung als das Elterngeld nach dem BEEG.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht. Er vertritt weiterhin die Auffassung, die Klägerin habe als Bedienstete des Europäischen Patentamts keinen Anspruch auf Elterngeld, da die Systeme der sozialen Sicherheit im Statut der Beamten des Europäischen Patentamtes normiert seien und diese Regelungen einer innerstaatlichen Regelung vorgingen. Jedes solidarische System - ob steuer- oder beitragsfinanziert - sei darauf angewiesen, dass diejenigen, die leistungsfähig seien, zur Finanzierung der Leistungen zu Gunsten der Berechtigten beitragen würden. Ein Solidarsystem, das die Leistungsfähigen nicht zum Beitrag heranziehe, im Falle ihres Bedarfs jedoch Leistungen gewähre, sei in seinem Bestand gefährdet und widerspräche so dem Sozialstaatsprinzip. Obwohl die Bediensteten des Europäischen Patentamts durchaus leistungsfähig seien, würden sie keinerlei Beiträge zu den bundesdeutschen sozialen Sicherungssystemen erbringen, weder durch Steuern noch durch Beiträge. Die Beiträge im weiteren Sinne würden vielmehr an die europäische Patentorganisation gezahlt, die ihrerseits für die soziale Absicherung sorge. Aus diesen Beiträgen würden dem Elterngeld vergleichbare Leistungen gewährt. Für die Anwendung von innerstaatlichen spezialgesetzlichen Regelungen über die Gewährung von Sozialleistungen bliebe daher kein Raum. Hilfsweise machte der Beklagte geltend, dass es sich bei Erwerbseinkünften von EPA-Bediensteten nicht um zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 1 und 7 BEEG handle, da das Einkommen nicht der Steuerpflicht unterliege, so dass allenfalls der Mindestbetrag zu gewähren wäre. Nach Auffassung des Beklagten ist die Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1991 auf die Klägerin nicht anwendbar, da die Klägerin im damaligen Verfahren nicht selbst Bedienstete des EPA, sondern Familienangehörige, war. Für die Berechnung des Elterngeldes sei allein das nach dem Einkommensteuergesetz zu versteuernde Erwerbseinkommen zu Grunde zu legen. Wie in anderen Lohnersatzleistungen, die durchweg beitragsfinanzierten sein, folge das BEEG somit im wesentlichen dem für Lohnersatzleistungen typischen Äquivalenzprinzip. Da EPA-Bedienstete sowohl steuerbefreit seien als auch von sämtlichen Pflichtbeiträgen an staatliche Sozialversicherungsträger befreit seien, sei in Analogie zu den beitragsfinanzierten Sozialleistungen unter Berücksichtigung des Solidarprinzip als Ausfluss des Sozialstaatsprinzips auch der Anspruch auf Elterngeld ausgeschlossen.
Der Beklagte beantragt,
auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.04.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Klägerbevollmächtigte hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Insbesondere seien auch die im Urteil des BSG vom 29.08.1991 zur Anwendung des Bundeserziehungsgeldgesetzes auf EPA-Bedienstete aufgeführten Gründe vollumfänglich auf die Gewährung von Elterngeld auf EPA-Bedienstete übertragbar. Insbesondere erhielten EPA-Bedienstete keine dem Elterngeld vergleichbare Leistungen. Der Ausschluss von EPA-Bediensteten aus Billigkeitsgründen - wie vom Beklagten angeregt - komme ebenfalls nicht in Betracht. Das Sozialgericht habe auch die Höhe des Elterngeldes zutreffend berechnet. In diesem Zusammenhang sei der in § 3 Abs. 3 BEEG zum Ausdruck gebrachte Wille des deutschen Gesetzgebers zu berücksichtigen, Bedienstete internationaler Organisationen nicht von der Vergünstigung des Elterngeldes auszuschließen. Diese würden nämlich von den Staaten regelmäßig von einer nationalen Einkommensteuerpflicht freigestellt. Die Klägerin sei daher schließlich auch nicht auf den Mindestbetrag zu verweisen. Denn nach Art. 3 der Verordnung des Verwaltungsrates vom 20.10.1977 erhebe die Organisation auf die gesamten, vom EPA an die steuerpflichtigen Bediensteten gezahlten Entgelte, Vergütungen, Zulagen und Gehälter eine interne Steuer. Die Begründung dieser Steuerpflicht sei gemäß Art. 16 PPI Voraussetzung für die Befreiung der Bezüge von der nationalen Einkommensteuerpflicht gewesen.
Die Entscheidung (Urteil C-62/11 vom 19.07.2012), in der der EuGH festgestellt habe, dass bestimmte europa- und völkerrechtliche Instrumente Deutschland nicht zur Zahlung von Elterngeld an Bedienstete der Europäischen Zentralbank (EZB) verpflichteten, jedoch auch nicht die Befugnis Deutschlands zur Zahlung von Elterngeld an diese Bediensteten ausschließe, habe mittelbare Bedeutung für den vorliegenden Fall. Da die europäische Patentorganisation nicht Teil der Europäischen Union sei, fänden auf sie weder die Satzung der EZB noch deren Sitzstaatsabkommen Anwendung. Mittelbar bestätige das Urteil jedoch die Rechtsansicht der Klägerin. Die Neufassung des § 2 BEEG durch Gesetz vom 23.11.2011 habe keine Rückwirkung.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten des Beklagten und des Sozialgerichts. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Die Klägerin begehrt als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG) eine Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes sowie (höheres) Elterngeld unter Berücksichtigung ihrer für September 2007 bis August 2008 bezogenen Bezüge. Die Berufung ist aber nur im tenorierten Umfang begründet, denn die Klägerin hat lediglich Anspruch auf Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages für die Lebensmonate 6 bis 12 des Kindes.
Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr. 4). Das Kind muss außerdem nach dem 31.12.2006 geboren sein (§ 27 Abs. 1 BEEG). Im Fall der Klägerin sind sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG erfüllt.
Ein Anspruch der Klägerin auf Elterngeld ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie Bedienstete des Europäischen Patentamtes (EPA-Bedienstete) ist. Wie das SG zu Recht ausführt, ist der persönliche Anwendungsbereich des BEEG durch § 1 BEEG grundsätzlich abschließend geregelt und findet nur dann keine Anwendung, wenn dies in einer dem Gesetzesvorbehalt genügenden Spezialregelung vorgeschrieben ist oder sich aus über- oder zwischenstaatlichem Recht ergibt. Denn nach dem in § 31 SGB I niedergelegten Gesetzesvorbehalt dürfen unter anderem Ansprüche auf Elterngeld nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes (oder durch vorrangiges Recht im Sinne von § 30 Abs. 2 SGB I) aufgehoben oder eingeschränkt werden. Ein Sondertatbestand, der die Klägerin aus dem Anwendungsbereich des BEEG ausschließt oder es aus anderen Gründen ge-stattet, sie vom Bezug des Elterngeldes auszuschließen, liegt nicht vor. Insbesondere enthält das BEEG selbst keine entsprechende Ausschlussnorm. Aber auch Art. 18 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation, BGBl II 1976, S. 985 ff. (PPI) schließt einen Anspruch der Klägerin auf Elterngeld nicht aus. Nach Art. 18 des Protokolls sind vorbehaltlich von Abkommen, die nach Art. 25 mit den Vertragsstaaten geschlossen werden, die Organisation und die Bediensteten des Europäischen Patentamtes von sämtlichen Pflichtbeiträgen an staatliche Sozialversicherungsträger befreit, sofern die Organisation ein eigenes Sozialversicherungssystem errichtet. Wie auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 29.08.1991 (Az. 4 Reg 5/91) bezüglich des Anspruchs auf Erziehungsgeld betont, sind damit Bedienstete des Europäischen Patentamts lediglich hinsichtlich derjenigen Systeme der sozialen Sicherheit von der Anwendung (hier: deutschen) staatlichen Rechts ausgenommen, die durch Pflichtbeiträge finanziert werden. Zu diesen durch Pflichtbeiträge finanzierten Systemen gehört das Elterngeld wie schon vormals das Bundeserziehungsgeld nicht. Auch Billigkeitsgründe, wie vom Beklagten aufgeführt, reichen nicht aus, um einen gesetzlichen Anspruch auszuschließen. Denn das BEEG (in der Fassung des Gesetzes vom 19.08.2007, BGBl I S. 1970) enthält in § 1 Abs. 1 eine einseitige Kollisionsnorm, die in Verbindung mit den Absätzen 2 bis 7 - vorbehaltlich über- oder zwischenstaatlicher Regelungen - den persönlichen Anwendungsbereich des BEEG grundsätzlich abschließend regelt.
Vorschriften betreffend Beamte von EU-Organisationen sind für die Klägerin nicht einschlägig, denn das Europäische Patentamt sowie der Verwaltungsrat sind Organe der europäischen Patentorganisation, die eine zwischenstaatliche Einrichtung auf der Basis des Europäischen Übereinkommens, BGBl II 1976, S. 826 ff., ist. Auf die Klägerin als Beamtin des Europäischen Patentamts ist damit das Statut der Beamten des Europäischen Patentamts anzuwenden. In diesem Statut ist kein Ausschluss der Anwendbarkeit von Normen des materiellen (deutschen) Sozialrechts enthalten. Das Statut enthält zwar eine Reihe von Regelungen bezüglich Leistungen im Zusammenhang mit der sozialen Lage von Bediensteten des Europäischen Patentamts wie insbesondere auch die Regelung von Elternurlaub (Art. 45 a des Statuts) und Urlaub aus familiären Gründen (Art. 45 b des Statuts). Nach Art. 45 a des Statuts haben Beamte des Europäischen Patentamts Anspruch auf Elternurlaub, der bis zu 120 Arbeitstage, für Alleinerziehende in doppeltem Umfang, zusteht und vor dem 12. Geburtstag des Kindes zu nehmen ist. Als Vergütung für diesen Elternurlaub ergeben sich unter Berücksichtigung der Gehaltstabellen Beträge von circa 900 EUR bis 1200 EUR. Dieser Elternurlaub unter gleichzeitiger Gewährung von reduziertem Gehalt ist aber nicht mit dem nach deutschem Recht bestehenden Anspruch auf Elterngeld zu vergleichen. Die Gewährung von Elterngeld dient dem Ziel, insbesondere eine passgenaue und nachhaltige Absicherung von Eltern und Kindern in der Frühphase der Familien zu ermöglichen (BT-Drucks 16/1889, Seite 1). Diese Absicherung in der Frühphase spiegelt sich in der Länge des Elterngeldbezuges von grundsätzlich maximal 12 Monaten beginnend ab der Geburt des Kindes wieder. Demgegenüber ist die Regelung des Art. 45 a des Statuts auf der einen Seite zeitlich begrenzt auf 120 Arbeitstage, auf der anderen Seite ermöglicht es aber dem Bediensteten, diese Arbeitstage flexibel bis zum 12. Geburtstag des Kindes zu nehmen. Die Zielsetzung dieser Regelung geht damit gerade nicht in eine Abdeckung der Frühphase der Familienbildung, sondern hin zu einer flexiblen Gestaltung der Familiensituation bis zum 12. Lebensjahr des Kindes. Eine Regelung in Bezug auf nationale Sozialleistungen im Zusammenhang mit Elterngeldgewährung ist darin nicht zu erkennen. Auch sonst sind keine spezialgesetzlichen Regelungen erkennbar, die gemäß § 31 SGB I zum Ausschluss des Elterngeldanspruchs führen würden.
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG nach dem in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Es beträgt 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 EUR monatlich. § 2 Abs. 5 BEEG sieht ein Mindestentgelt in Höhe von monatlich 300 EUR vor.
Der nach den gesetzlichen Vorgaben maßgebende Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (15.09.2008) erstreckt sich hier von September 2007 bis August 2008, da Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG nicht einschlägig sind. Die Klägerin hat weder Elterngeld für ein älteres Kind noch Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über Krankenversicherung der Landwirte bezogen. Auch ist während des Bemessungszeitraums kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen.
Die Klägerin hat jedoch nur Anspruch auf das Mindestelterngeld in Höhe von 300 EUR, denn bei den Bezügen der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als EPA-Bedienstete handelt es sich nicht um steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 BEEG.
Bei der Leistungsbemessung wird gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG auf das erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit abgestellt und zwar nach § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 - 4 EStG nach Maßgabe des § 2 Abs. 7 - 9 BEEG. Damit knüpft das BEEG an den einkommensteuerrechtlichen Begriff im Sinne des § 2 EStG an (vergleiche Urteil des BSG vom 17.02.2011, B 10 EG 17/09 R) und regelt die Ermittlung der Einkünfte nach steuerrechtlichen Grundsätzen
(BT-Drucks 16/2785, Seite 37).
Nach Art. 16 Abs. 1 S. 1 PPI sind die in Art. 13 und 14 genannten Personen (die Klägerin unterfällt als Bedienstete des Europäischen Patentamts Art. 14) für die von der Organisation gezahlten Gehälter und Bezüge nach Maßgabe der Bedingungen und Regeln, die der Verwaltungsrat innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Übereinkommens festlegt, zu Gunsten der Organisation steuerpflichtig. Von diesem Zeitpunkt an sind diese Gehälter und Bezüge von der staatlichen Einkommensteuer befreit (Art. 16 Abs. 1 S. 2 PPI). Hierzu hat der Verwaltungsrat die "Verordnung über die interne Steuer zu Gunsten der europäischen Patentorganisation" erlassen. Nach Art. 3 dieser Verordnung wird die Steuer auf die gesamten, vom Patentamt an die steuerpflichtigen Bediensteten gezahlten Entgelte, Vergütungen, Zulagen und Beihilfen einschließlich der Invaliditätszulage (gemäß den nachstehenden Bestimmungen) erhoben. Nachfolgend ist geregelt, welche Zulagen und Kosten von der Besteuerungsgrundlage ausgenommen sind beziehungsweise von der Besteuerungsgrundlage abgezogen werden. Unter die von der Besteuerungsgrundlage abzuziehenden Zulagen und Beihilfe (Art. 3, (2) b) der Verordnung) fallen unter anderem die Haushaltszulage, die Unterhaltsberechtigungszulage, die Kinderbetreuungszulage und die Erziehungszulage. Nach Art. 4 der Verordnung wird die Steuer monatlich im Wege des Quellenabzugs erhoben. Diese interne Steuer wird nicht vom Bediensteten abgeführt, sondern ist für diesen lediglich eine Rechengröße, wobei das ihm zustehende Grundgehalt bereits um die interne Steuer bereinigt ist. Die steuerliche Privilegierung des Gehalts "aktiver" Bediensteter dient dabei dem funktionellen Bedürfnis der Organisation nach Unabhängigkeit vom nationalen Besteuerungszugriff. Der Sitzstaat der Organisation soll über das Steuerrecht kein Druckmittel gegen die Organisation oder die Beschäftigten haben.
Für die Berechnung des Elterngeldes ist aber allein das nach dem Einkommensteuergesetz zu versteuernde Erwerbseinkommen zugrundezulegen. Steuerfreie Einnahmen bleiben bei der Ermittlung des für das Elterngeld maßgeblichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit unberücksichtigt (vergleiche BSG vom 25.06.2009, Aktenzeichen B 10 EG 9/08 R). Die Nichtberücksichtigung steuerfreier Einnahmen oder Einkünfte entspricht mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des BEEG dem Willen des Gesetzgebers. Hierzu hat das BSG in seiner Entscheidung vom 21.02.2013, B 10 EG 12/12 R ausgeführt, dass auszugehen ist von der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, das Einkommen nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts zu ermitteln (vgl BT-Drucks 16/2454 S 8; BT-Drucks 16/2785 S 37). Dabei war den zuständigen Gremien bewusst, dass die Anknüpfung an die Summe der positiven Einkünfte zugleich bewirkt, dass steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG bei der Einkommensermittlung für das Elterngeld nicht zu berücksichtigen sind (vgl BT-Drucks 16/2785 S 37). Gleiches gilt für die Einkünfte, die von vornherein nicht der Besteuerung nach dem EStG unterliegen, wobei Einkommen, das in einem Mitgliedstaat der EU, in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz versteuert wird, nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Inland versteuertem Einkommen gleichgestellt ist. Bereits der BFH hatte mit Urteil vom 22.04.1983 (VI R 27/80) entschieden, dass der der deutschen Einkommensteuer nicht unterliegende Arbeitslohn eines Beamten des Europäischen Patentamtes als Bemessungsgrundlage für die Zulage nach § 28 BerlinFG ausscheidet. Denn nach § 28 Abs.2 letzter Satz BerlinFG blieben steuerfreie Einnahmen mit Ausnahme der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit außer Betracht. Gleiches gilt für die Bemessungsgrundlage nach § 2 Abs. 1 BEEG. Der Gesetzgeber wollte nur solche Einnahmen in die Bemessungsgrundlage für das Elterngeld einbeziehen, das nach dem EStG zu besteuern ist.
Diese Auslegung wird durch die ab dem 01.01.2011 geltende, durch das Haushaltsbegleitgesetz (Art. 14 Nr. 2 vom 09.12.2010, BGBl I S. 1885) eingetretene Änderung des § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG bestätigt. § 2 Abs. 1 BEEG wurde insoweit geändert, als nach dem Wort " positiven" die Wörter " im Inland zu versteuernden" eingefügt wurden. Zwar zielt dieser Änderung darauf ab, bestimmte Einkünfte mit Auslandsbezug, die nicht im Inland zu versteuern sind, von einer Berücksichtigung bei der Bemessung des Elterngeldes auszunehmen (vergleiche BT-Drucks 14/3030 Seite 48). Hieraus lässt sich aber ableiten, dass inländische Einnahmen, die nicht nach dem EStG besteuert werden, bereits vor der Gesetzesänderung nicht zu dem im Rahmen des BEEG berücksichtungsfähigen Einkommen zählten.
Für dieses Ergebnis ist auch ohne Bedeutung, dass sich die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte der Klägerin nach § 32 b EStG gleichwohl auf den anzuwendenden Steuerprogressionsatz auswirken. Denn dadurch werden die betreffenden Einkünfte nicht der deutschen Einkommensteuer unterworfen, sondern führen nur dazu, dass sich durch ihren Bezug für den Steuerpflichtigen der Steuersatz hinsichtlich seines der deutschen Einkommensteuer unterliegenden (Rest-)Einkommens unter Umständen erhöht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem gegenseitigen Obsiegen und Unterliegen.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zulassen, § 160 Abs. 1, 2 Nr. 1SGG.
Rechtskraft
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