Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 1957/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 47/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.11.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit dem Geburtsdatum 06.08.1944.
Der Kläger stammt aus Eritrea/Äthiopien und besaß ursprünglich die äthiopische, nach der Gründung des Staates Eritrea im Jahr 1993 die eritreische Staatsangehörigkeit. Er reiste 1979 mit dem Flugzeug in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Gegenüber der Beklagten gab er als Geburtsdatum den 10.06.1951 an, welche dieses Datum bei der Vergabe der Versicherungsnummer am 28.02.1980 zugrunde legte. Das Standesamt in A. in Eritrea nahm am 18.11.2008 eine Eintragung in das Geburtsregister mit dem Geburtsdatum 06.08.1944 vor (Blatt 5 der SG - Akte).
Am 20.10.2009 beantragte der Kläger die Abänderung und Berichtigung des Geburtsdatums sowie die entsprechende Anpassung der Versicherungsnummer. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18.12.2009 ab und verwies zur Begründung darauf, dass die Voraussetzungen für eine Abänderung nach § 33a Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht vorlägen. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2010 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 28.05.2010 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) eingereicht und zur Begründung angeführt, dass der Staat Eritrea erst 1993 gegründet worden sei. Zum Zeitpunkt der Geburt des Klägers sei der Geburtsort A. noch Teil Äthiopiens gewesen. Es liege daher ein Sonderfall vor. Dem Kläger sei es objektiv unmöglich, Dokumente aus der Zeit seiner Geburt vorzulegen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.11.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach § 33a Abs 1 SGB I das Geburtsdatum maßgebend sei, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt, wenn Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist. Von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum dürfe nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststelle, dass 1.) ein Schreibfehler vorliegt oder 2.) sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Die Beklagte habe entsprechend der Erstangabe der Klägers das Geburtsdatum 10.06.1951 in die Versicherungsnummer aufgenommen. Der Kläger trage die Nachweis- und Darlegungspflicht für die Aufnahme eines anderen Geburtsdatums. Er könne den Nachweis nur mittels einer Urkunde nach § 33a Abs 2 Nr 2 SGB I führen. Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen seien zeitlich alle nach der Erstangabe des Geburtsdatums erstellt worden, so dass die Voraussetzungen für eine Änderung des Geburtsdatums nicht erfüllt seien.
Der Kläger hat hiergegen fristgerecht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass es in der damals äthiopischen Provinz Eritrea nur ein Kirchenregister und kein Personenstandsregister wie in Deutschland gegeben habe. Die zeitliche Differenz zwischen dem von der Beklagten geführten und dem tatsächlichen Geburtsdatum ergebe sich daraus, dass in Eritrea der äthiopische Kalender gelte, welcher dem gregorianischen um 7 Jahre und 9 Monate hinterherhinke. Diesbezüglich habe die Beklagte keine Ermittlungen durchgeführt. Zudem müsse § 33a Abs 1 SGB I teleologisch reduziert werden. Dem Kläger sei es tatsächlich unmöglich, eine Urkunde zu beschaffen, die die Voraussetzungen des § 33a Abs2 Nr 2 SGB I erfülle.
Der Kläger beantragt,
1. Das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.11.2012 wird abgeändert. 2. Der Bescheid der Beklagten vom 18.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2010 wird aufgehoben. 3. Die Beklagte wird verurteilt, als Geburtsdatum des Klägers den 06.08.1944 statt wie bisher den 10.06.1951 aufzunehmen und die Versicherungsnummer entsprechend abzuändern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass § 33a SGB I zutreffend angewandt worden sei. Hierin werde eine abstrakte Regelung für alle Zweige der Sozialversicherung festgelegt, von welchem Geburtsdatum die Leistungsträger auszugehen hätten, unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten und der Wahrscheinlichkeit, wann eine Geburt erfolgte. Auf die Angaben bei der Asylantragstellung komme es nicht an, da von § 33a SGB I nur die erstmalige Angabe bei einem Sozialleistungsträger im Sinne von § 12 SGB I erfasst werde.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143,144, 151 Abs 1 SGG statthafte und zulässige Berufung der Beklagten über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG entscheiden konnte, ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Ein Anspruch des Klägers auf Abänderung des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer gemäß § 33a SGB I besteht nach Überzeugung des Senats nicht.
Der Anspruch des Klägers richtet sich ausschließlich nach der Vorschrift des § 33a SGB I. Nach § 33a Abs 1 SGB I ist das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt, wenn Rechte oder Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist. Von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum darf gemäß § 33a Abs 2 SGB I nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass 1. ein Schreibfehler vorliegt oder 2. sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Nach § 33a Abs 3 SGB I gelten die Absätze 1 und 2 für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs verwendeten Kennzeichens sind, entsprechend.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 28.04.2004, B 5 RJ 33/03 R, juris) hat der Gesetzgeber mit § 33a SGB I die Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben und - zur Vermeidung einer dafür besonders verwaltungsintensiven Prüfung und um missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen vorzubeugen (vgl die Gesetzesbegründung BT-Drucks 13/8994, S 67 zu Art 1a) - das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert. Die Regelung knüpft an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an, wonach für inländische Sozialleistungsträger und Gerichte solche ausländischen Statusentscheidungen mangels Beweiskraft grundsätzlich nicht verbindlich sind. § 33a soll daher sicherstellen, dass Änderungen von Geburtsdaten auch im deutschen Sozialrecht nicht berücksichtigt werden. Maßgebend ist grundsätzlich das Geburtsdatum, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt (vgl auch LSG Hessen 15.02.2010, L 2 R 362/09, juris). Auf die Angabe in einem Asylantrag kommt es deshalb nicht an.
Eine Ausnahme kommt nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 2 in Betracht. Zum Beispiel kann ein Schreibfehler vorliegen oder vom Berechtigten eine Urkunde vorgelegt werden, die der Berechtigte auch schon zum Zeitpunkt der ersten Angabe gegenüber dem Versicherungsträger hätte vorlegen können. Eine Berücksichtigung von Änderungen, die zeitlich nach der erstmaligen Angabe stattgefunden haben, ist nicht möglich. § 33a gilt für alle Bereiche des SGB, ohne dass in den besonderen Teilen davon abgewichen werden darf (vgl. § 37 SGB I). Die Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut unterschiedslos auf alle Änderungen durch in- und ausländische Behörden anzuwenden (LSG Hessen 15.02.2010, L 2 R 362/09, aaO). Vom Zeitpunkt der Erstangabe an ist somit der Untersuchungsgrundsatz dahingehend eingeschränkt, dass nur Urkunden, die (im Original) vor diesem Zeitpunkt ausgestellt worden sind, zulässigerweise als Beweismittel verwendet werden dürfen. § 33a Abs 2 SGB I gilt insoweit als spezielle Regelung mit Vorrang vor § 60 sowie den §§ 20 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Der Berechtigte entscheidet somit mit dem Zeitpunkt der Erstangabe zugleich auch über die Verwertbarkeit von für sein Geburtsdatum relevanten Urkunden (Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 76. Ergänzungslieferung 2012, § 33a SGB I, Rdnr 13).
Der Kläger hat vorliegend keine Urkunde vorgelegt, welche zeitlich vor dem Datum der Erstangabe am 28.02.1980 ausgestellt wurde. Die am 18.11.2008 vorgenommene Eintragung ins Taufregister ist somit als Beweismittel für das Geburtsdatum 06.08.1944 nicht zulässig. Auch der Vortrag, dass es dem Kläger infolge der Geschichte seines Heimatlandes nicht möglich sei, eine entsprechende Urkunde vorzulegen, führt nach Überzeugung des Senats zu keinen anderem Ergebnis. Zwar sind die Hintergründe des Fehlens staatlicher Urkunden nach dem Bürgerkrieg und der Staatsgründung im Jahr 1993 nachvollziehbar. Jedoch reicht dies nach der gesetzgeberischen Intention nicht aus, um die Erstangabe zu entkräften. Der Gesetzgeber hat es mit der Regelung des § 33a SGB I in Kauf genommen, dass durch das Anknüpfen an frühere Urkunden teilweise das möglicherweise zutreffende Geburtsdatum nicht zu ermitteln ist. Dies ist jedoch nach Überzeugung des Senats nicht unverhältnismäßig, da eine verwaltungsintensive Prüfung verhindert werden soll und der Gesetzgeber von der Befugnis Gebrauch gemacht hat, das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig zu definieren.
Die Vorschrift des § 33 a SGB I verstößt nicht gegen das Grundgesetz (BSG 19.10.2000, B 8 KN 3/00 R, juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit dem Geburtsdatum 06.08.1944.
Der Kläger stammt aus Eritrea/Äthiopien und besaß ursprünglich die äthiopische, nach der Gründung des Staates Eritrea im Jahr 1993 die eritreische Staatsangehörigkeit. Er reiste 1979 mit dem Flugzeug in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Gegenüber der Beklagten gab er als Geburtsdatum den 10.06.1951 an, welche dieses Datum bei der Vergabe der Versicherungsnummer am 28.02.1980 zugrunde legte. Das Standesamt in A. in Eritrea nahm am 18.11.2008 eine Eintragung in das Geburtsregister mit dem Geburtsdatum 06.08.1944 vor (Blatt 5 der SG - Akte).
Am 20.10.2009 beantragte der Kläger die Abänderung und Berichtigung des Geburtsdatums sowie die entsprechende Anpassung der Versicherungsnummer. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18.12.2009 ab und verwies zur Begründung darauf, dass die Voraussetzungen für eine Abänderung nach § 33a Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht vorlägen. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2010 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 28.05.2010 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) eingereicht und zur Begründung angeführt, dass der Staat Eritrea erst 1993 gegründet worden sei. Zum Zeitpunkt der Geburt des Klägers sei der Geburtsort A. noch Teil Äthiopiens gewesen. Es liege daher ein Sonderfall vor. Dem Kläger sei es objektiv unmöglich, Dokumente aus der Zeit seiner Geburt vorzulegen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.11.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach § 33a Abs 1 SGB I das Geburtsdatum maßgebend sei, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt, wenn Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist. Von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum dürfe nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststelle, dass 1.) ein Schreibfehler vorliegt oder 2.) sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Die Beklagte habe entsprechend der Erstangabe der Klägers das Geburtsdatum 10.06.1951 in die Versicherungsnummer aufgenommen. Der Kläger trage die Nachweis- und Darlegungspflicht für die Aufnahme eines anderen Geburtsdatums. Er könne den Nachweis nur mittels einer Urkunde nach § 33a Abs 2 Nr 2 SGB I führen. Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen seien zeitlich alle nach der Erstangabe des Geburtsdatums erstellt worden, so dass die Voraussetzungen für eine Änderung des Geburtsdatums nicht erfüllt seien.
Der Kläger hat hiergegen fristgerecht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass es in der damals äthiopischen Provinz Eritrea nur ein Kirchenregister und kein Personenstandsregister wie in Deutschland gegeben habe. Die zeitliche Differenz zwischen dem von der Beklagten geführten und dem tatsächlichen Geburtsdatum ergebe sich daraus, dass in Eritrea der äthiopische Kalender gelte, welcher dem gregorianischen um 7 Jahre und 9 Monate hinterherhinke. Diesbezüglich habe die Beklagte keine Ermittlungen durchgeführt. Zudem müsse § 33a Abs 1 SGB I teleologisch reduziert werden. Dem Kläger sei es tatsächlich unmöglich, eine Urkunde zu beschaffen, die die Voraussetzungen des § 33a Abs2 Nr 2 SGB I erfülle.
Der Kläger beantragt,
1. Das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.11.2012 wird abgeändert. 2. Der Bescheid der Beklagten vom 18.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2010 wird aufgehoben. 3. Die Beklagte wird verurteilt, als Geburtsdatum des Klägers den 06.08.1944 statt wie bisher den 10.06.1951 aufzunehmen und die Versicherungsnummer entsprechend abzuändern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass § 33a SGB I zutreffend angewandt worden sei. Hierin werde eine abstrakte Regelung für alle Zweige der Sozialversicherung festgelegt, von welchem Geburtsdatum die Leistungsträger auszugehen hätten, unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten und der Wahrscheinlichkeit, wann eine Geburt erfolgte. Auf die Angaben bei der Asylantragstellung komme es nicht an, da von § 33a SGB I nur die erstmalige Angabe bei einem Sozialleistungsträger im Sinne von § 12 SGB I erfasst werde.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143,144, 151 Abs 1 SGG statthafte und zulässige Berufung der Beklagten über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG entscheiden konnte, ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Ein Anspruch des Klägers auf Abänderung des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer gemäß § 33a SGB I besteht nach Überzeugung des Senats nicht.
Der Anspruch des Klägers richtet sich ausschließlich nach der Vorschrift des § 33a SGB I. Nach § 33a Abs 1 SGB I ist das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt, wenn Rechte oder Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist. Von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum darf gemäß § 33a Abs 2 SGB I nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass 1. ein Schreibfehler vorliegt oder 2. sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Nach § 33a Abs 3 SGB I gelten die Absätze 1 und 2 für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs verwendeten Kennzeichens sind, entsprechend.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 28.04.2004, B 5 RJ 33/03 R, juris) hat der Gesetzgeber mit § 33a SGB I die Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben und - zur Vermeidung einer dafür besonders verwaltungsintensiven Prüfung und um missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen vorzubeugen (vgl die Gesetzesbegründung BT-Drucks 13/8994, S 67 zu Art 1a) - das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert. Die Regelung knüpft an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an, wonach für inländische Sozialleistungsträger und Gerichte solche ausländischen Statusentscheidungen mangels Beweiskraft grundsätzlich nicht verbindlich sind. § 33a soll daher sicherstellen, dass Änderungen von Geburtsdaten auch im deutschen Sozialrecht nicht berücksichtigt werden. Maßgebend ist grundsätzlich das Geburtsdatum, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt (vgl auch LSG Hessen 15.02.2010, L 2 R 362/09, juris). Auf die Angabe in einem Asylantrag kommt es deshalb nicht an.
Eine Ausnahme kommt nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 2 in Betracht. Zum Beispiel kann ein Schreibfehler vorliegen oder vom Berechtigten eine Urkunde vorgelegt werden, die der Berechtigte auch schon zum Zeitpunkt der ersten Angabe gegenüber dem Versicherungsträger hätte vorlegen können. Eine Berücksichtigung von Änderungen, die zeitlich nach der erstmaligen Angabe stattgefunden haben, ist nicht möglich. § 33a gilt für alle Bereiche des SGB, ohne dass in den besonderen Teilen davon abgewichen werden darf (vgl. § 37 SGB I). Die Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut unterschiedslos auf alle Änderungen durch in- und ausländische Behörden anzuwenden (LSG Hessen 15.02.2010, L 2 R 362/09, aaO). Vom Zeitpunkt der Erstangabe an ist somit der Untersuchungsgrundsatz dahingehend eingeschränkt, dass nur Urkunden, die (im Original) vor diesem Zeitpunkt ausgestellt worden sind, zulässigerweise als Beweismittel verwendet werden dürfen. § 33a Abs 2 SGB I gilt insoweit als spezielle Regelung mit Vorrang vor § 60 sowie den §§ 20 ff Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Der Berechtigte entscheidet somit mit dem Zeitpunkt der Erstangabe zugleich auch über die Verwertbarkeit von für sein Geburtsdatum relevanten Urkunden (Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 76. Ergänzungslieferung 2012, § 33a SGB I, Rdnr 13).
Der Kläger hat vorliegend keine Urkunde vorgelegt, welche zeitlich vor dem Datum der Erstangabe am 28.02.1980 ausgestellt wurde. Die am 18.11.2008 vorgenommene Eintragung ins Taufregister ist somit als Beweismittel für das Geburtsdatum 06.08.1944 nicht zulässig. Auch der Vortrag, dass es dem Kläger infolge der Geschichte seines Heimatlandes nicht möglich sei, eine entsprechende Urkunde vorzulegen, führt nach Überzeugung des Senats zu keinen anderem Ergebnis. Zwar sind die Hintergründe des Fehlens staatlicher Urkunden nach dem Bürgerkrieg und der Staatsgründung im Jahr 1993 nachvollziehbar. Jedoch reicht dies nach der gesetzgeberischen Intention nicht aus, um die Erstangabe zu entkräften. Der Gesetzgeber hat es mit der Regelung des § 33a SGB I in Kauf genommen, dass durch das Anknüpfen an frühere Urkunden teilweise das möglicherweise zutreffende Geburtsdatum nicht zu ermitteln ist. Dies ist jedoch nach Überzeugung des Senats nicht unverhältnismäßig, da eine verwaltungsintensive Prüfung verhindert werden soll und der Gesetzgeber von der Befugnis Gebrauch gemacht hat, das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig zu definieren.
Die Vorschrift des § 33 a SGB I verstößt nicht gegen das Grundgesetz (BSG 19.10.2000, B 8 KN 3/00 R, juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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