Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 3095/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4584/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 03. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Herabsetzung des bei ihr festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 100 auf 30 ab dem 09.05.2010.
Bei der am 16.08.1949 geborenen Klägerin wurde im November 2004 ein beidseitiges Ovarial-Karzinom (Tumorstadium pT3b, pN0) diagnostiziert. Nachdem die Klägerin deswegen am 18.11.2004 operativ im Wege einer Laparoskopie behandelt wurde, folgte eine chemotherapeutische Behandlung bis April 2005.
Auf einen Antrag der Klägerin vom 03.02.2005 stellte das Landratsamt Ostalbkreis - Integration und Versorgung - (LRA) mit Bescheid vom 09.03.2005 bei der Klägerin einen GdB von 100 seit dem 01.12.2004 fest. Es berücksichtigte hierbei, entsprechend einer versorgungsärztlichen Stellungnahme der Med.Dir. A. vom 24.02.2005, "eine Eierstockerkrankung (in Heilungsbewährung)" mit einem Einzel-GdB von 100, "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, Bandscheibenschaden, Kopfschmerzsyndrom" mit einem solchen von 30 und "Krampfadern" mit einem Einzel-GdB von 10. Med.Dir. A. wertete in ihrer Stellungnahme zuvor vom LRA beigezogene Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. B. und Dr. C. sowie vorgelegte Arztbriefe aus. Im Arztbrief des Klinikums D. vom 06.12.2004 ist u.a. als Diagnose ein Adenokarzinom beider Ovarien benannt. Dr. E. - Diagnostische Radiologie/ Innere Medizin - führte in seinem Arztbrief vom 22.04.2004 an, anlässlich einer kernspintomographischen Untersuchung der Klägerin eine Osteochondrose, eine Spondylose im Bereich C5/6 und - beginnend - im Bereich C6/7, einen chronisch breitbasigen Bandscheibenvorfall im Bereich C5/6 mit reaktiver Retrospondylose, eine Wurzelaffektion links, eine leichte spinale Enge sowie flache mediale Vorfälle im Bereich C6/7 und im Bereich BWK 1/2 ohne gröbere Irritationswirkung festgestellt zu haben.
Im November 2009 leitete das LRA eine Nachprüfung von Amts wegen ein. Die Klägerin gab hierzu im "Fragebogen zur Nachprüfung von Amts wegen" an, dass sie an Krebs, Wirbelsäulenschäden (Bandscheibenvorfall), "Operationsschmerzen", Lymphstauungen im Bauch- und Beinbereich, nervlicher Belastung und Migräneanfällen leide.
Das LRA holte sodann beim behandelnden Hausarzt Dr. C. einen Befundbericht ein, mit dem Dr. C. ihm vorliegende Arztbriefe übersandte. Dr. C. führte hierin aus, bisher sei kein Rezidiv aufgetreten. Die Hautärzte Dres. F. haben in ihrem Arztbrief vom 06.11.2007 die Diagnose einer seborrhoischen Keratose gestellt und unter dem 02.02.2007 von einen Zustand nach (Z.n.) Ovarial-Karzinom, einer akuten Perianalthrombose und von einer intertriginösen Dermatitis candida mycetica berichtet. Im Entlassungsbericht der Klinik G. vom 06.08.2007 wurde mitgeteilt, dass das Ovarial-Carzinom beidseits chemotherapeutisch bis 4/2005 behandelt worden sei. Es bestünden aktuell eine akute nekrotisierende Entzündung im Bereich des linken Unterbauchs, belastungsabhängige Unterbauchschmerzen, funktionelle Darm-entleerungsstörungen und eine psychovegetative Erschöpfung. Im Entlassungsbericht des Klinikums D. vom 02.05.2007 wurden als Diagnosen Unterbauchschmerzen links, ein Z.n. Ovarial-Karzinom, eine Lymphozele im Bereich des linken Unterbauchs und eine Weichteilgewebeentzündung angeführt. Der Gynäkologe Dr. H. berichtete unter dem 30.04.2007 von einem unauffälligen gynäkologischen Befund im Rahmen der Karzinom-Nachsorge.
Nach einer Überprüfung durch die Versorgungsärztin I., die unter dem 11.02.2010 die Einschätzung vertrat, der GdB der Kläger sei mit 30 festzustellen, hörte das LRA die Klägerin dazu an, dass beabsichtigt sei, einen Neufeststellungsbescheid zu erlassen, in dem der GdB mit 30 festgestellt werden soll. Die Klägerin führte hierzu unter dem 06.03.2010 an, sie könne die Annahme, es sei von einer Heilung des Krebsleidens auszugehen, nicht teilen. Aktuell erhobene pathologische Befunde zeigten Anzeichen von Krebsauffälligkeiten. Ferner sei der Verlust der Gebärmutter, des Blinddarm, von ca. 30 Lymphknoten und der Bauchdecke nicht berücksichtigt. Schließlich sei anlässlich einer zweiten Operation im März 2007 ein Harnleiter verletzt worden und sie sei an der Hand operiert worden.
Gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 03.05.2010, nach der die "degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, Bandscheibenschaden und das Kopfschmerzsyndrom" mit einem Einzel-GdB von 30, "Krampfadern und Lymphstauung beider Beine", "der Verlust der Eierstöcke und ein chronisches Schmerzsyndrom" sowie "psychovegetative Erschöpfungssyndrom und funktionelle Organbeschwerden" jeweils mit einem solchen von 10 zu bewerten seien und der GdB insg. mit 30 zu bewerten sei, Dr. K. ferner ausführte, dass bezüglich der Eierstockerkrankung Heilungsbewährung eingetreten sei und dass ärztliche Befunde für die von der Klägerin angeführten Einschränkungen nicht vorlägen, hob das LRA mit Bescheid vom 06.05.2010 den Bescheid vom 09.03.2005 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und stellte den GdB der Klägerin ab dem 09.05.2010 mit 30 fest. Hierzu führte das LRA aus, dass in der früheren Beurteilung eine Heilungsbewährung berücksichtigt sei, weswegen der GdB für einen bestimmten Zeitraum höher sei, als dies die organischen Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigten. Nach Ablauf der Heilungsbewährung sei der GdB anhand der tatsächlichen Beeinträchtigungen neu, mit 30, festzustellen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren wiederholte, wies der Beklagte nach Einholung einer neuerlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin I. vom 20.07.2010 mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2010 zurück. Er führte hierzu aus, die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigung seien mit einem GdB von 30 angemessen berücksichtigt.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.09.2010 Klage vor dem Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Sie hat hierzu vorgetragen, dass eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten sei. Trotz Ablaufs der Heilungsbewährung sei sie von ihrem Krebsleiden nicht geheilt. Sie müsse weiterhin regelmäßig zur Krebsnachsorge. Ferner habe ihre Gebärmutter entfernt werden müssen. Die Entfernung von 30 Lymphknoten im Rahmen ihrer Behandlung sei vom Beklagten bei der Einschätzung des GdB ebenso wenig wie die Entfernung der Bauchdecke berücksichtigt worden. Ihre Unterbauchbeschwerden hätten aufgrund der Operation vom 26.04.2007 zugenommen. Aufgrund der Nervenzerstörung im Bereich der rechten Hand seien bedingte Verluste der Handkoordination und der Gefühlsempfindung eingetreten. Sie sei ferner beim Treppensteigen und beim Spazierengehen beeinträchtigt. Sie leide unter Atembeschwerden und Müdigkeit. Auch psychisch sei sie beeinträchtigt; sie leide unter Isolationstendenzen. Aufgrund der Gebärmutterentfernung sei es bei ihr zu einer Hormonumstellung gekommen. Infolge einer erforderlichen Ernährungsumstellung müsse sie sich ausschließlich zu Hause versorgen.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat hierzu, unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 27.07.2011, vorgetragen, dass durch den Eintritt der Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten und dementsprechend der GdB ab dem 09.05.2010 von 100 auf 30 zu Recht herabgesetzt worden sei. Auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme ergebe sich keine andere Beurteilung. Ein Rezidiv oder ein sonstiger pathologischer Befund, der auf das Weiterbestehen des Grundleidens hinweise, liege nicht vor, so dass der GdB alleine unter Berücksichtigung der tatsächlichen Funktionseinschränkungen zu beurteilen sei. Die aktenkundige Befundsituation und der Umstand, dass alle drei Monate Kontrolluntersuchungen bei der Klägerin durchgeführt werden, reiche für die Festsetzung eines höheren GdB nicht aus.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. C. hat in seiner Stellungnahme vom 07.02.2011 ausgeführt, nach Resektion des Karzinoms beider Ovarien 2004 sei im Jahr 2007 eine abdominelle Operation wegen nekrotisierender Entzündungen nötig gewesen. Die Klägerin leide ferner unter einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom. Es bestehe v.a. wegen des Tumorleidens eine depressive Verstimmung, wobei momentan keine Hinweise auf ein Rezidiv bestünden. Dr. H., Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtskunde, hat unter dem 07.02.2011 mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe als Folge des Ovarial-Karzinoms eine psychovegetative Störung mittleren Grades sowie ein Lymphödem beider Beine und ein Fatique Syndrom. Dr. M., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, hat unter dem 15.02.2011 mitgeteilt, bei der Klägerin eine hypochondrische Störung sowie eine leichte bis mittelschwere Depression diagnostiziert zu haben. Dr. Köhler, Facharzt für Orthopädie, hat in seiner Stellungnahme vom 18.02.2011 ausgeführt, bei der Klägerin bestehe ein leichtgradiges BWS-Syndrom bei Hyperkyphose und Intercostalneuralgie sowie eine leichtgradige Lumboischialgie bei Wurzelreiz L 4 links.
Mit Urteil vom 03.07.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 09.05.2010 bestanden hätten gegenüber denen, die bei Erlass des Bescheides vom 09.03.2005 vorlagen, eine Änderung eingetreten sei, die es rechtfertige, den GdB der Klägerin nur noch mit 30 festzustellen. Nach Entfernung eines malignen Eierstocktumors sei in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. Der GdB während dieser Zeit nach der Entfernung betrage 50 im Stadium T1 N0 M0 und 80 in anderen Stadien. Bereits wegen des bei der Klägerin entfernten Eierstocktumor im Stadium pT3 sei daher zunächst von einem GdB von 80 auszugehen gewesen. Mit Ablauf der Heilungsbewährung - ohne Vorliegen eines Rezidivs - seien lediglich noch die funktionellen Auswirkungen der Krebserkrankung und der darauf folgenden Therapie mit Entfernung der Gebärmutter, der Eierstöcke und von Lymphdrüsen zu berücksichtigen. Der Verlust der Gebärmutter bedinge für sich alleine genommen aufgrund des Altes der Klägerin keine GdB-pflichtige Funktionsbeeinträchtigung, jedoch sei es wegen der von der Klägerin regelmäßig alle drei Monate wahrzunehmenden Krebsnachsorge und der Unterbauchbeschwerden gerechtfertigt, einen Einzel-GdB von 10 anzunehmen. Die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule sei mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Bei der Klägerin bestünden insofern mittelgradige Beeinträchtigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und geringgradige Einschränkungen im Bereich der Brustwirbelsäule. Für Beeinträchtigungen im Funktionssystem "Psyche" sei ein Einzel-GdB von 20 angemessen. Bei der Klägerin bestehe eine hypochondrische Störung und eine Depression, Dr. M. habe jedoch als funktionelle Auswirkungen lediglich eine Grübel-neigung und rezidivierende Befürchtungen bzgl. des Auftretens einer körperlichen Behandlung mit instabiler Stimmungslage beschrieben. Eine stärker behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sei hingegen nicht nachgewiesen, insb. sei ein sozialer Rückzug nicht erkennbar. Weitere Gesundheitsstörungen mit wesentlichen dauerhaften funktionellen Beeinträchtigungen lägen, so das SG, nicht vor. Insbesondere sei aufgrund der eingeholten Befundberichte und der sachverständigen Zeugenauskünfte nicht ersichtlich, dass weiterhin eine eingeschränkte Sensibilität des rechten Mittelfingers bestehe, die sich auf die Greiffähigkeit der Hand auswirke. In Ansehung der im Wesentlichen freien Beweglichkeit des rechten Mittelfingers sei allenfalls ein Einzel-GdB von 10 möglich. Das Lymphödem an beiden Beinen führe in Ermangelung funktioneller Beeinträchtigungen gleichfalls lediglich zu einem Einzel-GdB von 10, der sich nicht auf den Gesamt-GdB auswirke. In Zusammenschau der bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sei ein GdB von 30 angemessen.
Gegen das am 11.10.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.11.2012 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, der Beklagte habe seine Entscheidung nicht auf ausreichende Tatsachenermittlung gestützt. Die Rechtsansicht des SG, auf den Gesundheitszustand der Klägerin zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, sei zu Ungunsten der Klägerin fehlerhaft. Das SG habe es ferner unterlassen, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die vom SG vorgenommene Bewertung der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen sei fehlerhaft, insb. habe der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten für die Wirbelsäulenerkrankung bereits einen Einzel-GdB von 30 angenommen. In Zusammenschau der Vielzahl sich überschneidender Funktionsbeeinträchtigungen sei die Herabsetzung des GdB in keinster Weise nachvollziehbar. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. Juli 2012 und den Bescheid vom 06. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages trägt der Beklagte vor, ein Zeitraum von fünf Jahren nach der Entfernung der Geschwulst des Karzinoms beider Ovarien sei komplikationslos verlaufen; es sei weder ein Rezidiv noch eine Neuerkrankung aufgetreten. Da deswegen von einer Heilungsbewährung auszugehen sei, sei der GdB anhand der bestehenden Organschäden, dem Verlust der Gebärmutter, zu bestimmen. Die Wirbelsäulenerkrankung sei mit einem Einzel-GdB von 20 zutreffend bewertet. Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit seien durch die psychische Erkrankung der Klägerin nicht bedingt.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 06.05.2013 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 03.06.2013 zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beim Beklagten für die Klägerin geführte Schwerbehindertenakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, führt jedoch in der Sache für die Klägerin nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 06.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2010 zu Recht abgewiesen; der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die bei ihr bestehenden Funktionsbeeinträchtigung über den 08.05.2010 hinaus mit einem höheren GdB als 30 festzustellen sind. Das SG hat die rechtlichen Grundlagen der Herabsetzung des GdB, § 48 SGB X, zutreffend benannt und ausführlich und zutreffend dargelegt, dass infolge des Ablaufs der Heilungsbewährung nach dem Adenokarzinom eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber denen, die bei Erlass des Bescheides vom 09.03.2005 vorgelegen haben, eingetreten ist. Das SG hat ferner zutreffend ausgeführt, dass die GdB-Bewertung nach Ablauf der Heilungsbewährung anhand der tatsächlichen funktionellen Beeinträchtigungen zu bemessen ist. Schließlich ist das SG anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen und unter Anwendung der Bestimmungen der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung) zu der nicht zu beanstandenden Einschätzung gelangt, dass die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 30 angemessen und ausreichend bewertet sind. Der Senat schließt sich der Einschätzung des SG nach eigener Überprüfung an und sieht von einer (weiteren) Begründung seiner Entscheidung nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
Ergänzend und wiederholend ist lediglich auszuführen, dass mit Eintritt der Heilungsbewährung, d.h. mit rückfallfreiem Ablauf von fünf Jahren im Anschluss an die (operative) Behandlung des Krebsleidens, eine objektive Besserung des Gesundheitszustandes bereits deswegen eingetreten ist, weil mit der Verringerung der Rückfallgefahr auch die subjektive Angst davor regelmäßig zurückgeht. Darüber hinaus beschreibt der Begriff Heilungsbewährung auch die vielfältigen Auswirkungen, die mit der Feststellung, Beseitigung und Nachbehandlung des Tumors in allen Lebensbereichen verbunden sind. Diese umfassende Berücksichtigung körperlicher und seelischer Auswirkungen der Erkrankung nötigt dazu, den GdB herabzusetzen, wenn die Krebskrankheit nach rückfallfreiem Ablauf von fünf Jahren aufgrund medizinischer Erfahrungen mit hoher Wahrscheinlichkeit überwunden ist und außer der unmittelbaren Lebensbedrohung damit auch die vielfältigen Auswirkungen der Krankheit auf die gesamte Lebensführung entfallen sind (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 09.08.1995 - 9 RVs 14/94 - veröffentlicht in juris). Da mithin keine sukzessive Verbesserung, sondern ein punktuelles Ereignis den Hintergrund der Herabstufung bildet, greift der Vortrag zur Begründung der Berufung, das SG habe es unterlassen, den GdB zum "jeweiligen Zeitpunkt" festzustellen, nicht durch.
Die nach Ablauf der Heilungsbewährung verbleibende Behinderung des Verlustes der Eierstöcke besteht unverändert fort. Sie führt jedoch, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, unter Berücksichtigung der von der Klägerin regelmäßig wahrzunehmenden Krebsnachsorgeuntersuchungen und der Unterbauchbeschwerden lediglich zu einer Berücksichtigung mit einem Einzel-GdB von 10 (vgl. Ziff. 14.2 [S.87] der VG).
Die bei der Klägerin bestehenden Wirbelsäulenerkrankungen, nach Dr. Köhler Wurzelreizerscheinungen im Bereich L 4 und ein BWS-Syndrom mit Hyperkyphose und Intercostalneuralgie, bedingen in Ansehung des von Dr. Köhler beschriebenen mittleren bzw. leichten Schweregrades keinen höheren Einzel-GdB als 20 (vgl. Ziff. 18.9 [S.107] der VG). Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufung, die Bewertung der Wirbelsäulenerkrankung durch das SG sei bereits deswegen fehlerhaft, weil eine vorherige versorgungsärztliche Einschätzung von einem Einzel-GdB von 30 ausgegangen sei, ist darauf hinzuweisen, dass die versorgungsärztliche Bewertung durch den Beklagten für die Gerichte keinerlei Bindungswirkung hat.
Die bei der Klägerin ferner bestehende Beeinträchtigung im Funktionssystem "Psyche", die Klägerin leidet nach der Stellungnahme des behandelnden Psychiaters Dr. M. an einer hypochondrischen Störung und der Depression, kann nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 20 bewertet werden, da aus den mitgeteilten psychopathologischen Befunden keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ersichtlich wird (vgl. Ziff. 3.7 [S.42] der VG).
Schließlich bedingen weder das Lymphödem noch eine Erkrankung des rechten Mittelfingers funktionelle Einschränkungen, die einen Einzel-GdB von mehr als rechtfertigen.
Das SG war, entgegen dem Vorbringen zur Begründung der Berufung, auch nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen, da der (medizinische) Sachverhalt durch die vorliegenden Befundberichte und die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte aufgeklärt war.
In Zusammenschau der bei der Klägerin bestehenden funktionellen Einschränkungen ist ein GdB von 30 ab dem 09.05.2010 angemessen und ausreichend.
Der Bescheid vom 06.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2010 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Berufung gegen das Urteil des SG vom 13.07.2012 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Herabsetzung des bei ihr festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 100 auf 30 ab dem 09.05.2010.
Bei der am 16.08.1949 geborenen Klägerin wurde im November 2004 ein beidseitiges Ovarial-Karzinom (Tumorstadium pT3b, pN0) diagnostiziert. Nachdem die Klägerin deswegen am 18.11.2004 operativ im Wege einer Laparoskopie behandelt wurde, folgte eine chemotherapeutische Behandlung bis April 2005.
Auf einen Antrag der Klägerin vom 03.02.2005 stellte das Landratsamt Ostalbkreis - Integration und Versorgung - (LRA) mit Bescheid vom 09.03.2005 bei der Klägerin einen GdB von 100 seit dem 01.12.2004 fest. Es berücksichtigte hierbei, entsprechend einer versorgungsärztlichen Stellungnahme der Med.Dir. A. vom 24.02.2005, "eine Eierstockerkrankung (in Heilungsbewährung)" mit einem Einzel-GdB von 100, "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, Bandscheibenschaden, Kopfschmerzsyndrom" mit einem solchen von 30 und "Krampfadern" mit einem Einzel-GdB von 10. Med.Dir. A. wertete in ihrer Stellungnahme zuvor vom LRA beigezogene Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. B. und Dr. C. sowie vorgelegte Arztbriefe aus. Im Arztbrief des Klinikums D. vom 06.12.2004 ist u.a. als Diagnose ein Adenokarzinom beider Ovarien benannt. Dr. E. - Diagnostische Radiologie/ Innere Medizin - führte in seinem Arztbrief vom 22.04.2004 an, anlässlich einer kernspintomographischen Untersuchung der Klägerin eine Osteochondrose, eine Spondylose im Bereich C5/6 und - beginnend - im Bereich C6/7, einen chronisch breitbasigen Bandscheibenvorfall im Bereich C5/6 mit reaktiver Retrospondylose, eine Wurzelaffektion links, eine leichte spinale Enge sowie flache mediale Vorfälle im Bereich C6/7 und im Bereich BWK 1/2 ohne gröbere Irritationswirkung festgestellt zu haben.
Im November 2009 leitete das LRA eine Nachprüfung von Amts wegen ein. Die Klägerin gab hierzu im "Fragebogen zur Nachprüfung von Amts wegen" an, dass sie an Krebs, Wirbelsäulenschäden (Bandscheibenvorfall), "Operationsschmerzen", Lymphstauungen im Bauch- und Beinbereich, nervlicher Belastung und Migräneanfällen leide.
Das LRA holte sodann beim behandelnden Hausarzt Dr. C. einen Befundbericht ein, mit dem Dr. C. ihm vorliegende Arztbriefe übersandte. Dr. C. führte hierin aus, bisher sei kein Rezidiv aufgetreten. Die Hautärzte Dres. F. haben in ihrem Arztbrief vom 06.11.2007 die Diagnose einer seborrhoischen Keratose gestellt und unter dem 02.02.2007 von einen Zustand nach (Z.n.) Ovarial-Karzinom, einer akuten Perianalthrombose und von einer intertriginösen Dermatitis candida mycetica berichtet. Im Entlassungsbericht der Klinik G. vom 06.08.2007 wurde mitgeteilt, dass das Ovarial-Carzinom beidseits chemotherapeutisch bis 4/2005 behandelt worden sei. Es bestünden aktuell eine akute nekrotisierende Entzündung im Bereich des linken Unterbauchs, belastungsabhängige Unterbauchschmerzen, funktionelle Darm-entleerungsstörungen und eine psychovegetative Erschöpfung. Im Entlassungsbericht des Klinikums D. vom 02.05.2007 wurden als Diagnosen Unterbauchschmerzen links, ein Z.n. Ovarial-Karzinom, eine Lymphozele im Bereich des linken Unterbauchs und eine Weichteilgewebeentzündung angeführt. Der Gynäkologe Dr. H. berichtete unter dem 30.04.2007 von einem unauffälligen gynäkologischen Befund im Rahmen der Karzinom-Nachsorge.
Nach einer Überprüfung durch die Versorgungsärztin I., die unter dem 11.02.2010 die Einschätzung vertrat, der GdB der Kläger sei mit 30 festzustellen, hörte das LRA die Klägerin dazu an, dass beabsichtigt sei, einen Neufeststellungsbescheid zu erlassen, in dem der GdB mit 30 festgestellt werden soll. Die Klägerin führte hierzu unter dem 06.03.2010 an, sie könne die Annahme, es sei von einer Heilung des Krebsleidens auszugehen, nicht teilen. Aktuell erhobene pathologische Befunde zeigten Anzeichen von Krebsauffälligkeiten. Ferner sei der Verlust der Gebärmutter, des Blinddarm, von ca. 30 Lymphknoten und der Bauchdecke nicht berücksichtigt. Schließlich sei anlässlich einer zweiten Operation im März 2007 ein Harnleiter verletzt worden und sie sei an der Hand operiert worden.
Gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 03.05.2010, nach der die "degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, Bandscheibenschaden und das Kopfschmerzsyndrom" mit einem Einzel-GdB von 30, "Krampfadern und Lymphstauung beider Beine", "der Verlust der Eierstöcke und ein chronisches Schmerzsyndrom" sowie "psychovegetative Erschöpfungssyndrom und funktionelle Organbeschwerden" jeweils mit einem solchen von 10 zu bewerten seien und der GdB insg. mit 30 zu bewerten sei, Dr. K. ferner ausführte, dass bezüglich der Eierstockerkrankung Heilungsbewährung eingetreten sei und dass ärztliche Befunde für die von der Klägerin angeführten Einschränkungen nicht vorlägen, hob das LRA mit Bescheid vom 06.05.2010 den Bescheid vom 09.03.2005 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und stellte den GdB der Klägerin ab dem 09.05.2010 mit 30 fest. Hierzu führte das LRA aus, dass in der früheren Beurteilung eine Heilungsbewährung berücksichtigt sei, weswegen der GdB für einen bestimmten Zeitraum höher sei, als dies die organischen Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigten. Nach Ablauf der Heilungsbewährung sei der GdB anhand der tatsächlichen Beeinträchtigungen neu, mit 30, festzustellen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren wiederholte, wies der Beklagte nach Einholung einer neuerlichen versorgungsärztlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin I. vom 20.07.2010 mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2010 zurück. Er führte hierzu aus, die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigung seien mit einem GdB von 30 angemessen berücksichtigt.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.09.2010 Klage vor dem Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Sie hat hierzu vorgetragen, dass eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten sei. Trotz Ablaufs der Heilungsbewährung sei sie von ihrem Krebsleiden nicht geheilt. Sie müsse weiterhin regelmäßig zur Krebsnachsorge. Ferner habe ihre Gebärmutter entfernt werden müssen. Die Entfernung von 30 Lymphknoten im Rahmen ihrer Behandlung sei vom Beklagten bei der Einschätzung des GdB ebenso wenig wie die Entfernung der Bauchdecke berücksichtigt worden. Ihre Unterbauchbeschwerden hätten aufgrund der Operation vom 26.04.2007 zugenommen. Aufgrund der Nervenzerstörung im Bereich der rechten Hand seien bedingte Verluste der Handkoordination und der Gefühlsempfindung eingetreten. Sie sei ferner beim Treppensteigen und beim Spazierengehen beeinträchtigt. Sie leide unter Atembeschwerden und Müdigkeit. Auch psychisch sei sie beeinträchtigt; sie leide unter Isolationstendenzen. Aufgrund der Gebärmutterentfernung sei es bei ihr zu einer Hormonumstellung gekommen. Infolge einer erforderlichen Ernährungsumstellung müsse sie sich ausschließlich zu Hause versorgen.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat hierzu, unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 27.07.2011, vorgetragen, dass durch den Eintritt der Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten und dementsprechend der GdB ab dem 09.05.2010 von 100 auf 30 zu Recht herabgesetzt worden sei. Auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme ergebe sich keine andere Beurteilung. Ein Rezidiv oder ein sonstiger pathologischer Befund, der auf das Weiterbestehen des Grundleidens hinweise, liege nicht vor, so dass der GdB alleine unter Berücksichtigung der tatsächlichen Funktionseinschränkungen zu beurteilen sei. Die aktenkundige Befundsituation und der Umstand, dass alle drei Monate Kontrolluntersuchungen bei der Klägerin durchgeführt werden, reiche für die Festsetzung eines höheren GdB nicht aus.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. C. hat in seiner Stellungnahme vom 07.02.2011 ausgeführt, nach Resektion des Karzinoms beider Ovarien 2004 sei im Jahr 2007 eine abdominelle Operation wegen nekrotisierender Entzündungen nötig gewesen. Die Klägerin leide ferner unter einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom. Es bestehe v.a. wegen des Tumorleidens eine depressive Verstimmung, wobei momentan keine Hinweise auf ein Rezidiv bestünden. Dr. H., Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtskunde, hat unter dem 07.02.2011 mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe als Folge des Ovarial-Karzinoms eine psychovegetative Störung mittleren Grades sowie ein Lymphödem beider Beine und ein Fatique Syndrom. Dr. M., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, hat unter dem 15.02.2011 mitgeteilt, bei der Klägerin eine hypochondrische Störung sowie eine leichte bis mittelschwere Depression diagnostiziert zu haben. Dr. Köhler, Facharzt für Orthopädie, hat in seiner Stellungnahme vom 18.02.2011 ausgeführt, bei der Klägerin bestehe ein leichtgradiges BWS-Syndrom bei Hyperkyphose und Intercostalneuralgie sowie eine leichtgradige Lumboischialgie bei Wurzelreiz L 4 links.
Mit Urteil vom 03.07.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 09.05.2010 bestanden hätten gegenüber denen, die bei Erlass des Bescheides vom 09.03.2005 vorlagen, eine Änderung eingetreten sei, die es rechtfertige, den GdB der Klägerin nur noch mit 30 festzustellen. Nach Entfernung eines malignen Eierstocktumors sei in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. Der GdB während dieser Zeit nach der Entfernung betrage 50 im Stadium T1 N0 M0 und 80 in anderen Stadien. Bereits wegen des bei der Klägerin entfernten Eierstocktumor im Stadium pT3 sei daher zunächst von einem GdB von 80 auszugehen gewesen. Mit Ablauf der Heilungsbewährung - ohne Vorliegen eines Rezidivs - seien lediglich noch die funktionellen Auswirkungen der Krebserkrankung und der darauf folgenden Therapie mit Entfernung der Gebärmutter, der Eierstöcke und von Lymphdrüsen zu berücksichtigen. Der Verlust der Gebärmutter bedinge für sich alleine genommen aufgrund des Altes der Klägerin keine GdB-pflichtige Funktionsbeeinträchtigung, jedoch sei es wegen der von der Klägerin regelmäßig alle drei Monate wahrzunehmenden Krebsnachsorge und der Unterbauchbeschwerden gerechtfertigt, einen Einzel-GdB von 10 anzunehmen. Die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule sei mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Bei der Klägerin bestünden insofern mittelgradige Beeinträchtigungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und geringgradige Einschränkungen im Bereich der Brustwirbelsäule. Für Beeinträchtigungen im Funktionssystem "Psyche" sei ein Einzel-GdB von 20 angemessen. Bei der Klägerin bestehe eine hypochondrische Störung und eine Depression, Dr. M. habe jedoch als funktionelle Auswirkungen lediglich eine Grübel-neigung und rezidivierende Befürchtungen bzgl. des Auftretens einer körperlichen Behandlung mit instabiler Stimmungslage beschrieben. Eine stärker behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sei hingegen nicht nachgewiesen, insb. sei ein sozialer Rückzug nicht erkennbar. Weitere Gesundheitsstörungen mit wesentlichen dauerhaften funktionellen Beeinträchtigungen lägen, so das SG, nicht vor. Insbesondere sei aufgrund der eingeholten Befundberichte und der sachverständigen Zeugenauskünfte nicht ersichtlich, dass weiterhin eine eingeschränkte Sensibilität des rechten Mittelfingers bestehe, die sich auf die Greiffähigkeit der Hand auswirke. In Ansehung der im Wesentlichen freien Beweglichkeit des rechten Mittelfingers sei allenfalls ein Einzel-GdB von 10 möglich. Das Lymphödem an beiden Beinen führe in Ermangelung funktioneller Beeinträchtigungen gleichfalls lediglich zu einem Einzel-GdB von 10, der sich nicht auf den Gesamt-GdB auswirke. In Zusammenschau der bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sei ein GdB von 30 angemessen.
Gegen das am 11.10.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.11.2012 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, der Beklagte habe seine Entscheidung nicht auf ausreichende Tatsachenermittlung gestützt. Die Rechtsansicht des SG, auf den Gesundheitszustand der Klägerin zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, sei zu Ungunsten der Klägerin fehlerhaft. Das SG habe es ferner unterlassen, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die vom SG vorgenommene Bewertung der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen sei fehlerhaft, insb. habe der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten für die Wirbelsäulenerkrankung bereits einen Einzel-GdB von 30 angenommen. In Zusammenschau der Vielzahl sich überschneidender Funktionsbeeinträchtigungen sei die Herabsetzung des GdB in keinster Weise nachvollziehbar. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. Juli 2012 und den Bescheid vom 06. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages trägt der Beklagte vor, ein Zeitraum von fünf Jahren nach der Entfernung der Geschwulst des Karzinoms beider Ovarien sei komplikationslos verlaufen; es sei weder ein Rezidiv noch eine Neuerkrankung aufgetreten. Da deswegen von einer Heilungsbewährung auszugehen sei, sei der GdB anhand der bestehenden Organschäden, dem Verlust der Gebärmutter, zu bestimmen. Die Wirbelsäulenerkrankung sei mit einem Einzel-GdB von 20 zutreffend bewertet. Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit seien durch die psychische Erkrankung der Klägerin nicht bedingt.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 06.05.2013 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 03.06.2013 zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beim Beklagten für die Klägerin geführte Schwerbehindertenakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, führt jedoch in der Sache für die Klägerin nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 06.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2010 zu Recht abgewiesen; der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die bei ihr bestehenden Funktionsbeeinträchtigung über den 08.05.2010 hinaus mit einem höheren GdB als 30 festzustellen sind. Das SG hat die rechtlichen Grundlagen der Herabsetzung des GdB, § 48 SGB X, zutreffend benannt und ausführlich und zutreffend dargelegt, dass infolge des Ablaufs der Heilungsbewährung nach dem Adenokarzinom eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber denen, die bei Erlass des Bescheides vom 09.03.2005 vorgelegen haben, eingetreten ist. Das SG hat ferner zutreffend ausgeführt, dass die GdB-Bewertung nach Ablauf der Heilungsbewährung anhand der tatsächlichen funktionellen Beeinträchtigungen zu bemessen ist. Schließlich ist das SG anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen und unter Anwendung der Bestimmungen der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung) zu der nicht zu beanstandenden Einschätzung gelangt, dass die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 30 angemessen und ausreichend bewertet sind. Der Senat schließt sich der Einschätzung des SG nach eigener Überprüfung an und sieht von einer (weiteren) Begründung seiner Entscheidung nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
Ergänzend und wiederholend ist lediglich auszuführen, dass mit Eintritt der Heilungsbewährung, d.h. mit rückfallfreiem Ablauf von fünf Jahren im Anschluss an die (operative) Behandlung des Krebsleidens, eine objektive Besserung des Gesundheitszustandes bereits deswegen eingetreten ist, weil mit der Verringerung der Rückfallgefahr auch die subjektive Angst davor regelmäßig zurückgeht. Darüber hinaus beschreibt der Begriff Heilungsbewährung auch die vielfältigen Auswirkungen, die mit der Feststellung, Beseitigung und Nachbehandlung des Tumors in allen Lebensbereichen verbunden sind. Diese umfassende Berücksichtigung körperlicher und seelischer Auswirkungen der Erkrankung nötigt dazu, den GdB herabzusetzen, wenn die Krebskrankheit nach rückfallfreiem Ablauf von fünf Jahren aufgrund medizinischer Erfahrungen mit hoher Wahrscheinlichkeit überwunden ist und außer der unmittelbaren Lebensbedrohung damit auch die vielfältigen Auswirkungen der Krankheit auf die gesamte Lebensführung entfallen sind (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 09.08.1995 - 9 RVs 14/94 - veröffentlicht in juris). Da mithin keine sukzessive Verbesserung, sondern ein punktuelles Ereignis den Hintergrund der Herabstufung bildet, greift der Vortrag zur Begründung der Berufung, das SG habe es unterlassen, den GdB zum "jeweiligen Zeitpunkt" festzustellen, nicht durch.
Die nach Ablauf der Heilungsbewährung verbleibende Behinderung des Verlustes der Eierstöcke besteht unverändert fort. Sie führt jedoch, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, unter Berücksichtigung der von der Klägerin regelmäßig wahrzunehmenden Krebsnachsorgeuntersuchungen und der Unterbauchbeschwerden lediglich zu einer Berücksichtigung mit einem Einzel-GdB von 10 (vgl. Ziff. 14.2 [S.87] der VG).
Die bei der Klägerin bestehenden Wirbelsäulenerkrankungen, nach Dr. Köhler Wurzelreizerscheinungen im Bereich L 4 und ein BWS-Syndrom mit Hyperkyphose und Intercostalneuralgie, bedingen in Ansehung des von Dr. Köhler beschriebenen mittleren bzw. leichten Schweregrades keinen höheren Einzel-GdB als 20 (vgl. Ziff. 18.9 [S.107] der VG). Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufung, die Bewertung der Wirbelsäulenerkrankung durch das SG sei bereits deswegen fehlerhaft, weil eine vorherige versorgungsärztliche Einschätzung von einem Einzel-GdB von 30 ausgegangen sei, ist darauf hinzuweisen, dass die versorgungsärztliche Bewertung durch den Beklagten für die Gerichte keinerlei Bindungswirkung hat.
Die bei der Klägerin ferner bestehende Beeinträchtigung im Funktionssystem "Psyche", die Klägerin leidet nach der Stellungnahme des behandelnden Psychiaters Dr. M. an einer hypochondrischen Störung und der Depression, kann nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 20 bewertet werden, da aus den mitgeteilten psychopathologischen Befunden keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ersichtlich wird (vgl. Ziff. 3.7 [S.42] der VG).
Schließlich bedingen weder das Lymphödem noch eine Erkrankung des rechten Mittelfingers funktionelle Einschränkungen, die einen Einzel-GdB von mehr als rechtfertigen.
Das SG war, entgegen dem Vorbringen zur Begründung der Berufung, auch nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen, da der (medizinische) Sachverhalt durch die vorliegenden Befundberichte und die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte aufgeklärt war.
In Zusammenschau der bei der Klägerin bestehenden funktionellen Einschränkungen ist ein GdB von 30 ab dem 09.05.2010 angemessen und ausreichend.
Der Bescheid vom 06.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2010 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Berufung gegen das Urteil des SG vom 13.07.2012 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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