Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 2770/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1775/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der 1964 geborene Kläger hat – nach seinen Angaben bzw. nach Aktenlage – von September 1982 bis Juli 1985 eine Ausbildung als Kfz-Mechaniker absolviert und anschließend von September 1985 bis Juli 1986 die Ferdinand-von-Steinbeiß-Schule besucht, an der er die Fachschulreife erlangt hat. Vom 18.2.1987 bis 27.8.1988 war er – mit Ausnahme der Zeit vom 1.2.1988 bis 1.4.1988 – ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 6.6.2013 arbeitslos. Vom 3.10.1988 bis 18.6.1991 war er bei der Bundeswehr. In der Zeit vom 15.7.1991 bis 31.3.1999 weist der Versicherungsverlauf des Klägers neben Zeiten der Arbeitslosigkeit mehrere Zeiträume mit Pflichtversicherungszeiten (ohne Arbeitslosigkeit) auf, wobei der Kläger eine selbstständige Tätigkeit im Bereich Kfz-Handel und Kfz-Reparatur von Dezember 1991 bis August 1997 und anschließende Beschäftigungen als Kurierfahrer (vier Monate) und Kfz-Mechaniker (neun Monate) angegeben hat.
Nach der Arbeitslosigkeit vom 1.4.1999 bis 27.9.2000 besuchte der Kläger vom 28.9.2000 bis Mai 2002 eine Fortbildungsmaßnahme zum Techniker an der Fachschule für Technik der Robert-Bosch-Schule Ulm, die nach seinen Angaben von der Agentur für Arbeit beendet worden war, weil er nicht mitgeteilt hatte, dass er die Prüfungen nach dem ersten Jahr nicht bestanden hatte. Seitdem war der Kläger – mit Ausnahme der Zeit vom 1.5.2004 bis 30.9.2004, in der als Bauhelfer bzw. Hausmeister bei der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Ulm beschäftigt war – arbeitslos (mit und ohne Leistungsbezug) bzw. es bestehen Versicherungslücken im Versicherungsverlauf vom 6.6.2013.
Am 4.3.2011 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wobei er angab, aufgrund eines Unfalls (abgerissene Sehne beim Schlüsselbeingelenk) könne er seinen Beruf als Kfz-Mechaniker, den er bis 1998 ausgeübt habe, wegen der damit verbundenen ungünstigen Arbeitshaltung nicht mehr ausüben. Seitdem sei er arbeitslos und habe Hilfstätigkeiten verrichtet.
Die Beklagte holte einen Befundbericht von Dr. S., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 1.3.2011 ein, der ausführte, seit dem Unfall von 1991 lägen beim Kläger progrediente Schulterschmerzen in Ruhe und bei Belastung vor. Er habe beim Kläger eine Schultergelenksarthrose (mit Sporn) und ein degeneratives Lendenwirbelsäulen-Syndrom (LWS-Syndrom) diagnostiziert. Nach Beiziehung eines arbeitsamtsärztlichen Gutachtens von Dr. M. vom 27.9.2010 (vollschichtiges Leistungsvermögen für ständig mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, ständiges Beugen und Anheben von Lasten, ohne ständige Überkopfarbeiten und ohne Arbeiten mit einwärts gedrehtem und angezogenem rechten Arm unter Last) ließ die Beklagte den Kläger von Dr. G. Ärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin, untersuchen. Diese stellte beim Kläger im Gutachten vom 1.4.2011 folgende Diagnosen: 1. Freie Armbeweglichkeit bei früherer Luxation im Sternoclavikulargelenk rechts 1991 mit Diskusläsion, Schultereckgelenksarthrose links betont. 2. Leichte Wirbelsäulenfehlstatik. Abgelaufener Morbus Scheuermann. Degenerative Veränderungen der LWS, volle Beweglichkeit, kein radikuläres Defizit. 3. Adipositas I mit kleinem Nabelbruch, Nikotin. Sie führte aus, aus orthopädischer Sicht könne der Kläger mittelschwere Tätigkeiten ohne ständige Überkopfarbeiten, ständige Zwangshaltungen, ständiges Bücken und Anheben von Lasten über 15 bis 20 kg, ohne ständiges Arbeiten mit einwärts gedrehtem und angezogenem rechten Arm mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Eine Tätigkeit als Hausmeisterhilfskraft, die der Kläger über mehrere Monate verrichtet habe, sei ihm ebenfalls noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Auch eine Tätigkeit im Kfz-Handel, z.B. mit Überführen von Fahrzeugen, wie er sie selbstständig über mehrere Jahre ausgeübt habe, könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Bezüglich einer Tätigkeit als Kfz-Mechaniker mit häufigen Überkopfarbeiten an der Hebebühne könnte gegebenenfalls mittelfristig eine erhebliche Gefährdung gesehen werden.
Mit Bescheid vom 5.4.2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben ab, weil die Erwerbsfähigkeit nicht erheblich gefährdet oder gemindert und der Kläger in der Lage sei, einen zumutbaren Beruf auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben.
Hiergegen legte der Kläger am 3.5.2011 Widerspruch ein und machte geltend, aus gesundheitlichen Gründen könne er seinen erlernten und später ausgeübten Beruf als Kfz-Mechaniker nicht mehr ausüben. Diesen Beruf habe er im März 1999 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Das letzte Arbeitsverhältnis in diesem Bereich habe vom 8.8.2005 bis 6.9.2009 bestanden, allerdings nicht als Kfz-Mechaniker.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.7.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund der Feststellungen des sozialmedizinischen Dienstes seien unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Gesundheitsstörungen keine Krankheitsfolgen ersichtlich, durch die die Erwerbstätigkeit als Hilfskraft bei Hausmeistertätigkeiten entscheidend beeinträchtigt sei. Die Erwerbsfähigkeit sei daher nicht gemindert und nicht erheblich gefährdet. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien durch die gesetzliche Rentenversicherung daher nicht erforderlich.
Hiergegen hat der Kläger am 19.8.2011 Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm erhoben, mit der er die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weiter verfolgt hat. Er hat vorgetragen, er begehre eine Förderungsmaßnahme zum Fachinformatiker, Systemintegration. Er hat einen Lebenslauf, das Halbjahreszeugnis der Fachschule für Technik vom 23.1.2002, ein Zeugnis der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde vom 31.8.2011 (Bauhelfer vom 1.5.2004 bis 30.9.2004, Unterstützung des Betriebshandwerkers) sowie des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. W. vom 7.11.2011 (wegen der Beschwerden kein schweres Heben und längeres Stehen) vorgelegt.
Das Autohaus S., bei dem der Kläger nach seinen Angaben von Juli 1998 bis April 1999 tätig war, hat mitgeteilt, Unterlagen über ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers seien nicht mehr vorhanden, so dass auch die Fragen des SG nicht beantwortet werden könnten.
Mit Urteil vom 12.2.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, beim Kläger lägen die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vor. Erwerbsfähigkeit sei die Fähigkeit des Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter auszuüben zu können, wobei nicht die für eine Rente wegen Erwerbsminderung maßgeblichen Kriterien anzuwenden sein. Abzustellen sei nach dem Bundessozialgericht (BSG) auf den zuletzt ausgeübten Beruf bzw. auf die bisherige Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfang ausgeübt worden sei. Maßgebend seien die beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender Zeit. Wenn in diesem Zeitraum keine versicherungspflichtige Beschäftigung bestanden habe, sei Bezugspunkt der Prüfung der Erwerbsfähigkeit der allgemeine Arbeitsmarkt. Die kurze Tätigkeit bei der evangelischen Kirchengemeinde könne nicht als Bezugstätigkeit herangezogen werden. Da der Kläger in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Antragstellung keine weiteren Tätigkeiten ausgeübt habe und durchgehend arbeitslos gewesen sei, stelle das SG für die Beurteilung, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers gemindert sei, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Nach der überzeugenden Beurteilung von Dr. G. könne der Kläger noch mittelschwere Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebe es ausreichende Tätigkeiten, die der Kläger mit diesem Leistungsbild noch verrichten könne, wie die Tätigkeit einer Hilfskraft eines Hausmeisters, eines Kfz-Händlers, Kurierfahrers oder Tätigkeiten im Gastronomiebetrieb. Damit liege eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 14.3.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.4.2013 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er vor, das Urteil stütze sich auf das Gutachten von Dr. G., das er für unseriös halte. Sie sei sich nicht einmal im Klaren darüber gewesen, um was für eine Sportart es sich beim Triathlon handele, die sogar bei Reha-Maß-nahmen eingesetzt werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts vom 12. Februar 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen neuen Bescheid über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Sie verweise auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Mit Verfügung vom 31.5.2013 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 31.5.2013 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Gründe für eine erneute mündliche Verhandlung ergeben sich auch nicht aus dem Schreiben des Klägers vom 27.6.2013 und dem Umstand, dass der Kläger meint, das Gutachten von Dr. G. sei nicht überzeugend.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - §§ 9 ff., 16 SGB VI in Verbindung mit §§ 33 ff. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe nicht besteht, weil die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht vorliegen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch der Senat zur Überzeugung gelangt ist, dass maßgeblich für die Beurteilung der erheblichen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr der erlernte Beruf des Klägers als Kfz-Mechaniker ist, den der Kläger spätestens Ende März 1999, wenn nicht schon früher, endgültig aufgegeben hat, sondern die berufliche Tätigkeit, die der Kläger in den letzten Jahren ausgeübt hat (so schon BSG SozR 2200 § 1237a Nr. 10; GK-SGB VI § 10 Rn. 26; Löschau, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) Kommentar, Stand Mai 2012 § 10 Rn. 20). Da der Kläger seit April 1999 - abgesehen von der abgebrochenen Fortbildungsmaßnahme und der fünfmonatigen Tätigkeit als Bauhelfer bzw. Hilfskraft des Hausmeisters bzw. Betriebshandwerkers – arbeitslos war und keine qualifizierte Tätigkeit über einen langen, nämlich über zehnjährigen Zeitraum verrichtet hat, sind die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes für die Beurteilung der erheblichen Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit maßgebend.
Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kann der Kläger ausweislich des Gutachtens von Dr. G.vom 1.4.2011, das mit dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten von Dr. M. vom 27.9.2010 übereinstimmt, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne ständiges Überkopfarbeiten, ohne ständige Zwangshaltungen, ohne ständiges Bücken und Anheben von Lasten über 15 bis 20 kg und ohne ständige Arbeiten mit einwärts gedrehtem und angezogenem rechten Arm unter Last mindestens noch sechs Stunden täglich verrichten. Gründe, an den übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. G. und Dr. M. zu zweifeln, bestehen angesichts der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen und den von ihm geschilderten Aktivitäten (Betreuung seiner Tante, Begleitung und Chauffieren zu Arztterminen, Erledigung von Einkäufen, Rasen mähen und sonstige Verrichtungen am Haus der Tante, Arbeiten am PC, der früheren Tätigkeit als Hilfskraft eines Hausmeisters) nicht. Weitere Gesundheitsstörungen, die von Dr. M. und Dr. G. nicht berücksichtigt worden wären, ergeben sich aus den ärztlichen Äußerungen der behandelnden Ärzte ebenfalls nicht. Ausgehend hiervon ist der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert, zahlreiche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben, wie z.B. die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Hilfskraft eines Hausmeisters. Damit kann eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht festgestellt werden. Ein Anspruch auf Teilhabe am Arbeitsleben besteht deswegen nicht. Unerheblich ist dabei, ob der Kläger noch als Kfz-Mechaniker tätig sein könnte.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der 1964 geborene Kläger hat – nach seinen Angaben bzw. nach Aktenlage – von September 1982 bis Juli 1985 eine Ausbildung als Kfz-Mechaniker absolviert und anschließend von September 1985 bis Juli 1986 die Ferdinand-von-Steinbeiß-Schule besucht, an der er die Fachschulreife erlangt hat. Vom 18.2.1987 bis 27.8.1988 war er – mit Ausnahme der Zeit vom 1.2.1988 bis 1.4.1988 – ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 6.6.2013 arbeitslos. Vom 3.10.1988 bis 18.6.1991 war er bei der Bundeswehr. In der Zeit vom 15.7.1991 bis 31.3.1999 weist der Versicherungsverlauf des Klägers neben Zeiten der Arbeitslosigkeit mehrere Zeiträume mit Pflichtversicherungszeiten (ohne Arbeitslosigkeit) auf, wobei der Kläger eine selbstständige Tätigkeit im Bereich Kfz-Handel und Kfz-Reparatur von Dezember 1991 bis August 1997 und anschließende Beschäftigungen als Kurierfahrer (vier Monate) und Kfz-Mechaniker (neun Monate) angegeben hat.
Nach der Arbeitslosigkeit vom 1.4.1999 bis 27.9.2000 besuchte der Kläger vom 28.9.2000 bis Mai 2002 eine Fortbildungsmaßnahme zum Techniker an der Fachschule für Technik der Robert-Bosch-Schule Ulm, die nach seinen Angaben von der Agentur für Arbeit beendet worden war, weil er nicht mitgeteilt hatte, dass er die Prüfungen nach dem ersten Jahr nicht bestanden hatte. Seitdem war der Kläger – mit Ausnahme der Zeit vom 1.5.2004 bis 30.9.2004, in der als Bauhelfer bzw. Hausmeister bei der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Ulm beschäftigt war – arbeitslos (mit und ohne Leistungsbezug) bzw. es bestehen Versicherungslücken im Versicherungsverlauf vom 6.6.2013.
Am 4.3.2011 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wobei er angab, aufgrund eines Unfalls (abgerissene Sehne beim Schlüsselbeingelenk) könne er seinen Beruf als Kfz-Mechaniker, den er bis 1998 ausgeübt habe, wegen der damit verbundenen ungünstigen Arbeitshaltung nicht mehr ausüben. Seitdem sei er arbeitslos und habe Hilfstätigkeiten verrichtet.
Die Beklagte holte einen Befundbericht von Dr. S., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 1.3.2011 ein, der ausführte, seit dem Unfall von 1991 lägen beim Kläger progrediente Schulterschmerzen in Ruhe und bei Belastung vor. Er habe beim Kläger eine Schultergelenksarthrose (mit Sporn) und ein degeneratives Lendenwirbelsäulen-Syndrom (LWS-Syndrom) diagnostiziert. Nach Beiziehung eines arbeitsamtsärztlichen Gutachtens von Dr. M. vom 27.9.2010 (vollschichtiges Leistungsvermögen für ständig mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, ständiges Beugen und Anheben von Lasten, ohne ständige Überkopfarbeiten und ohne Arbeiten mit einwärts gedrehtem und angezogenem rechten Arm unter Last) ließ die Beklagte den Kläger von Dr. G. Ärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin, untersuchen. Diese stellte beim Kläger im Gutachten vom 1.4.2011 folgende Diagnosen: 1. Freie Armbeweglichkeit bei früherer Luxation im Sternoclavikulargelenk rechts 1991 mit Diskusläsion, Schultereckgelenksarthrose links betont. 2. Leichte Wirbelsäulenfehlstatik. Abgelaufener Morbus Scheuermann. Degenerative Veränderungen der LWS, volle Beweglichkeit, kein radikuläres Defizit. 3. Adipositas I mit kleinem Nabelbruch, Nikotin. Sie führte aus, aus orthopädischer Sicht könne der Kläger mittelschwere Tätigkeiten ohne ständige Überkopfarbeiten, ständige Zwangshaltungen, ständiges Bücken und Anheben von Lasten über 15 bis 20 kg, ohne ständiges Arbeiten mit einwärts gedrehtem und angezogenem rechten Arm mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Eine Tätigkeit als Hausmeisterhilfskraft, die der Kläger über mehrere Monate verrichtet habe, sei ihm ebenfalls noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Auch eine Tätigkeit im Kfz-Handel, z.B. mit Überführen von Fahrzeugen, wie er sie selbstständig über mehrere Jahre ausgeübt habe, könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Bezüglich einer Tätigkeit als Kfz-Mechaniker mit häufigen Überkopfarbeiten an der Hebebühne könnte gegebenenfalls mittelfristig eine erhebliche Gefährdung gesehen werden.
Mit Bescheid vom 5.4.2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben ab, weil die Erwerbsfähigkeit nicht erheblich gefährdet oder gemindert und der Kläger in der Lage sei, einen zumutbaren Beruf auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben.
Hiergegen legte der Kläger am 3.5.2011 Widerspruch ein und machte geltend, aus gesundheitlichen Gründen könne er seinen erlernten und später ausgeübten Beruf als Kfz-Mechaniker nicht mehr ausüben. Diesen Beruf habe er im März 1999 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Das letzte Arbeitsverhältnis in diesem Bereich habe vom 8.8.2005 bis 6.9.2009 bestanden, allerdings nicht als Kfz-Mechaniker.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.7.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund der Feststellungen des sozialmedizinischen Dienstes seien unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Gesundheitsstörungen keine Krankheitsfolgen ersichtlich, durch die die Erwerbstätigkeit als Hilfskraft bei Hausmeistertätigkeiten entscheidend beeinträchtigt sei. Die Erwerbsfähigkeit sei daher nicht gemindert und nicht erheblich gefährdet. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien durch die gesetzliche Rentenversicherung daher nicht erforderlich.
Hiergegen hat der Kläger am 19.8.2011 Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm erhoben, mit der er die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weiter verfolgt hat. Er hat vorgetragen, er begehre eine Förderungsmaßnahme zum Fachinformatiker, Systemintegration. Er hat einen Lebenslauf, das Halbjahreszeugnis der Fachschule für Technik vom 23.1.2002, ein Zeugnis der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde vom 31.8.2011 (Bauhelfer vom 1.5.2004 bis 30.9.2004, Unterstützung des Betriebshandwerkers) sowie des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. W. vom 7.11.2011 (wegen der Beschwerden kein schweres Heben und längeres Stehen) vorgelegt.
Das Autohaus S., bei dem der Kläger nach seinen Angaben von Juli 1998 bis April 1999 tätig war, hat mitgeteilt, Unterlagen über ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers seien nicht mehr vorhanden, so dass auch die Fragen des SG nicht beantwortet werden könnten.
Mit Urteil vom 12.2.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, beim Kläger lägen die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vor. Erwerbsfähigkeit sei die Fähigkeit des Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter auszuüben zu können, wobei nicht die für eine Rente wegen Erwerbsminderung maßgeblichen Kriterien anzuwenden sein. Abzustellen sei nach dem Bundessozialgericht (BSG) auf den zuletzt ausgeübten Beruf bzw. auf die bisherige Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfang ausgeübt worden sei. Maßgebend seien die beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender Zeit. Wenn in diesem Zeitraum keine versicherungspflichtige Beschäftigung bestanden habe, sei Bezugspunkt der Prüfung der Erwerbsfähigkeit der allgemeine Arbeitsmarkt. Die kurze Tätigkeit bei der evangelischen Kirchengemeinde könne nicht als Bezugstätigkeit herangezogen werden. Da der Kläger in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Antragstellung keine weiteren Tätigkeiten ausgeübt habe und durchgehend arbeitslos gewesen sei, stelle das SG für die Beurteilung, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers gemindert sei, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Nach der überzeugenden Beurteilung von Dr. G. könne der Kläger noch mittelschwere Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebe es ausreichende Tätigkeiten, die der Kläger mit diesem Leistungsbild noch verrichten könne, wie die Tätigkeit einer Hilfskraft eines Hausmeisters, eines Kfz-Händlers, Kurierfahrers oder Tätigkeiten im Gastronomiebetrieb. Damit liege eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 14.3.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.4.2013 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er vor, das Urteil stütze sich auf das Gutachten von Dr. G., das er für unseriös halte. Sie sei sich nicht einmal im Klaren darüber gewesen, um was für eine Sportart es sich beim Triathlon handele, die sogar bei Reha-Maß-nahmen eingesetzt werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts vom 12. Februar 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen neuen Bescheid über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Sie verweise auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Mit Verfügung vom 31.5.2013 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 31.5.2013 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Gründe für eine erneute mündliche Verhandlung ergeben sich auch nicht aus dem Schreiben des Klägers vom 27.6.2013 und dem Umstand, dass der Kläger meint, das Gutachten von Dr. G. sei nicht überzeugend.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - §§ 9 ff., 16 SGB VI in Verbindung mit §§ 33 ff. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe nicht besteht, weil die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht vorliegen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch der Senat zur Überzeugung gelangt ist, dass maßgeblich für die Beurteilung der erheblichen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr der erlernte Beruf des Klägers als Kfz-Mechaniker ist, den der Kläger spätestens Ende März 1999, wenn nicht schon früher, endgültig aufgegeben hat, sondern die berufliche Tätigkeit, die der Kläger in den letzten Jahren ausgeübt hat (so schon BSG SozR 2200 § 1237a Nr. 10; GK-SGB VI § 10 Rn. 26; Löschau, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) Kommentar, Stand Mai 2012 § 10 Rn. 20). Da der Kläger seit April 1999 - abgesehen von der abgebrochenen Fortbildungsmaßnahme und der fünfmonatigen Tätigkeit als Bauhelfer bzw. Hilfskraft des Hausmeisters bzw. Betriebshandwerkers – arbeitslos war und keine qualifizierte Tätigkeit über einen langen, nämlich über zehnjährigen Zeitraum verrichtet hat, sind die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes für die Beurteilung der erheblichen Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit maßgebend.
Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kann der Kläger ausweislich des Gutachtens von Dr. G.vom 1.4.2011, das mit dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten von Dr. M. vom 27.9.2010 übereinstimmt, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne ständiges Überkopfarbeiten, ohne ständige Zwangshaltungen, ohne ständiges Bücken und Anheben von Lasten über 15 bis 20 kg und ohne ständige Arbeiten mit einwärts gedrehtem und angezogenem rechten Arm unter Last mindestens noch sechs Stunden täglich verrichten. Gründe, an den übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. G. und Dr. M. zu zweifeln, bestehen angesichts der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen und den von ihm geschilderten Aktivitäten (Betreuung seiner Tante, Begleitung und Chauffieren zu Arztterminen, Erledigung von Einkäufen, Rasen mähen und sonstige Verrichtungen am Haus der Tante, Arbeiten am PC, der früheren Tätigkeit als Hilfskraft eines Hausmeisters) nicht. Weitere Gesundheitsstörungen, die von Dr. M. und Dr. G. nicht berücksichtigt worden wären, ergeben sich aus den ärztlichen Äußerungen der behandelnden Ärzte ebenfalls nicht. Ausgehend hiervon ist der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert, zahlreiche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben, wie z.B. die zuvor ausgeübte Tätigkeit als Hilfskraft eines Hausmeisters. Damit kann eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht festgestellt werden. Ein Anspruch auf Teilhabe am Arbeitsleben besteht deswegen nicht. Unerheblich ist dabei, ob der Kläger noch als Kfz-Mechaniker tätig sein könnte.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Aus
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