L 9 KA 5/13 ER KL

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 9 KA 5/13 ER KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Schiedssprüche des Antragsgegners wird insoweit angeordnet, wie nach der Entscheidung vom 19. Dezember 2012 zur Festsetzung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung der ermittelte Behandlungsbedarf sockelwirksam um 12 %, davon 4 % im Jahre 2013, erhöht wird.

Im Übrigen wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt

Die Beteiligten haben jeweils 1/3 der Gerichtskosten zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Antragstellerinnen haben mit am 29. Mai 2013 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangenem Schriftsatz den Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung einer von ihnen am 28. März 2013 erhobenen Klage (Aktenzeichen: L 4 KR 22/13 KL) gegen Schiedssprüche des Antragsgegners zur Festsetzung der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2013 in Sachsen-Anhalt anzuordnen.

(I.) Der Klage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit einem Schreiben vom 26. September 2012 rief die Beigeladene den Antragsgegner zur Festsetzung der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für die Jahre 2012 und 2013 an. Dabei gab sie an, die diesbezüglichen Verhandlungen mit den Krankenkassenverbänden seien aufgrund unterschiedlicher inhaltlicher Positionen gescheitert. Die Antragstellerinnen führten dazu in einer Stellungnahme vom 28. September aus, sie widersprächen der Zusammenlegung der beiden Jahre in einem Schiedsverfahren. Für das Jahr 2013 sei der Bewertungsausschuss noch nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, Vorgaben und Empfehlungen zu beschließen. Es seien insoweit noch überhaupt keine Verhandlungen mit der Beigeladenen geführt worden. Die Beigeladene teilte mit einem Schreiben vom 12. Oktober 2012 mit, sie hätte zu zwei Verhandlungen betreffend die Vergütungen für 2012 bis 2013 eingeladen, die am 10. Januar 2012 und am 18. September 2012 stattgefunden hätten. In beiden Verhandlungen seien die gegenseitigen Forderungen an die Weiterentwicklung der Vergütung für 2012 und 2013 ausgetauscht worden. Die Antragstellerinnen teilten dem Antragsgegner mit Schreiben ebenfalls vom 12. Oktober 2012 mit, zur Verhandlungen über die Vergütung 2013 sei es nicht gekommen.

Am 22. Oktober 2012 fasste der auf Bundesebene nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) gebildete Bewertungsausschuss einen Beschluss zu Empfehlungen zur Vereinbarung von Veränderungen der Morbiditätsstruktur nach § 87a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V gemäß § 87a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SGB V für das Jahr 2013. Dabei empfahl er für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt eine Veränderungsrate auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen in Höhe von 2,6931 % und eine Veränderungsrate auf der Grundlage der demografischen Kriterien in Höhe von 0,7247 %.

Mit einem Schreiben vom 24. Oktober 2012 forderte der Antragsgegner die Antragstellerinnen und die Beigeladene auf, Schiedsanträge für die Durchführung des Schiedsverfahrens zur Festsetzung der vertragsärztlichen Vergütung für das Jahr 2012 und zur wirksamen Anrufung des Schiedsamts zur Feststellung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen für das Jahr 2013 bis spätestens bis zum 12. November 2012 zu stellen; die Schiedsamtsverhandlungen fänden am 6. Dezember 2012 statt. Die Antragstellerinnen erhoben daraufhin mit einem Schriftsatz vom 29. Oktober 2012 eine Verfahrensrüge und stellten einen Antrag auf Aussetzung des Schiedsamtsverfahres für das Jahre 2013. Zur Begründung führten sie aus: Die Beratungen im Bewertungsausschuss hätten sich bis zum 22. Oktober 2012 hingezogen und seien nun abgeschlossen. Die schriftliche Beschlussfassung, die Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen sei, läge noch nicht vor. Der Gesetzgeber habe den Vertragspartien auf Landesebene zwei Monate für die Verhandlungen eingeräumt. Dieser Zeitraum werde auch für eine seriöse Vorbereitung benötigt. Wenn das Schiedsamt feststelle, dass die Verhandlungen bisher noch nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit geführt worden seien, könnten diese nicht als gescheitert angesehen werden und das Schiedsverfahren sei auszusetzen. Die Beigeladene teilte dem Antragsgegner am 6. November 2012 mit, sie habe die Antragsstellerinnen am 25. Oktober 2012 für den 30. Oktober 2012 bzw. für den 2. oder 5. November 2012 zur Verhandlung der Gesamtvergütung 2013 eingeladen. Die Antragsgegner hätten die Termine abgelehnt, weil ihnen diese als zu frühzeitig erschienen wären. Die Beigeladene stellte mit einem Schriftsatz vom 12. November 2012 bei dem Antragsgegner den Antrag festzustellen, dass das Schiedsamt zur Festsetzung der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2013 wirksam angerufen worden sei. Zur Begründung führte sie aus: Die Aussage der Antragstellerinnen, dass erste Verhandlungen erst nach einer eingehenden Bewertung der Beschlüsse des Bewertungsausschusses/Erweiterten Bewertungsausschusses stattfinden könnten, zeige, dass diese kein ernsthaftes Interesse an einer zeitnahen Vereinbarung über die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung für das Jahr 2013 hätten. Um die von Gesetzgeber vorgegebene Frist für Verhandlungen auf Landesebene von höchstens zwei Monaten einhalten zu können, hätten erste Verhandlungen schon vor den Beschlussfassungen des Bewertungsausschusses/Erweiterten Bewertungsausschusses stattfinden können. Aus der Sicht der Beigeladenen müssten die Verhandlungen als endgültig gescheitert angesehen werden. Die gesetzlichen Regelungen zum Schiedsamt seien dahin auszulegen, dass vertragslose Zustände zu verhindern seien. Weiter stellte die Beigeladene mit einem Schriftsatz vom 12. November 2012 Anträge auf Festsetzung der vertragsärztlichen Leistungen für die Jahre 2012 und 2013. Dabei war dem Antrag für das Jahr 2013 eine umfangreiche Begründung unter anderem mit Angaben zur Morbidität und zur Alterstruktur der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt im Vergleich zum Bundesdurchschnitt beigefügt.

Die Antragstellerinnen wiederholten in einem Schreiben vom 21. November 2012 an den Antragsgegner ihre Auffassung, dass bislang erstgemeinte Verhandlungen mit der Beigeladenen noch gar nicht hätten geführt werden können. Der Antrag der Beigeladenen von 12. November 2012 habe erstmals eine Übersicht der Forderungen und eine ernsthafte Begründung enthalten.

Am 6. Dezember 2012 fand dann eine mündliche Verhandlung bei dem Antragsgegner zu den gestellten Schiedsanträgen statt. Auf diese mündliche Verhandlung erging am 6. Dezember 2012 zunächst der Schiedsspruch:

" dass das Landesschiedsamt zur Festsetzung der Vergütung für das Jahr 2012 wirksam angerufen worden ist."

In den Gründen dazu wird ausgeführt: Die maßgeblichen Beschlüsse des Bewertungsausschusses zur Gesamtvergütung 2013 seien am 22. Oktober 2012 erfolgt. Danach hätten keine Hinderungsgründe mehr bestanden, über die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung für das Jahr 2013 zu verhandeln. Für die Antragstellerinnen habe noch ausreichend Gelegenheit bestanden, auf den eingereichten Antrag der Beigeladenen bis zur mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 2012 zu reagieren.

Weiter erging am 6. Dezember 2012 neben einem Schiedsspruch zur Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2012, der - soweit es sich aus den Akten ergibt - nicht angefochten wurde, ein Schiedsspruch zur Festsetzung der Vergütung für das Jahr 2013. Darin wird unter anderem festgestellt:

".dass zusätzlich zu den Anpassungen (auf Basis der Veränderungsraten) gem. § 87a Abs. 4 SGB V eine sockelwirksame Anpassung auf der Grundlage von § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V vorzunehmen ist.

1. Den Vertragsparteien wird aufgegeben, die Höhe der Steigerung auf der Grundlage von § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V ab 2013 bis zum 15.12.2012 zu vereinbaren. Erfolgt keine Vereinbarung, wird das Schiedsverfahren am 19.12.2012 fortgesetzt ... 2. Die Veränderungsrate für 2013 gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Ziffer 2 wird auf 2,6931% festgeschrieben.". Wegen des genauen Inhalts des Schiedsspruches wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

Auf eine mündliche Verhandlung am 19. Dezember 2012 erging dann ein weiterer Schiedsspruch unter anderem mit den inhaltlichen Regelungen:

"§ 3 Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung

"(1) Die Berechnung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung für das Jahr 2013 richtet sich nach § 87a Abs. 3 SGB V, nach § 87a Abs. 4 SGB V und nach den für das Jahr 2013 geltenden Beschlüssen des Bewertungsausschusses vom 22. Oktober 2012.".

Der so ermittelte Behandlungsbedarf wird sockelwirksam um 1. insgesamt 12 %, davon 4 % in 2013, 4 % in 2014 und 4 % in 2015 erhöht. 2. 2,6931 % gem. § 87a Abs. 4 Satz 1 Ziffer 2 SGB V."

In den Gründen wird unter anderem ausgeführt: Es habe geprüft werden müssen, ob die Ausgangslage beim Aufsatzwert für die Veränderungsrate adäquat berücksichtigt werde. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt habe in ihrer Schiedsschrift vom 12. November 2012 durch plausible Studienergebnisse und Berechnungen nachgewiesen, dass die für den Bereich Sachsen-Anhalt gezahlte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung nicht der vorhandenen Morbidität der Bevölkerung entspreche. Die vorgelegte Berechnung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung habe ergeben, dass rechnerisch eine 10 % über dem Durchschnitt liegende Morbiditätslast für die Bevölkerung in Sachsen-Anhalt feststellbar sei. Demgegenüber liege die vertragsärztliche Vergütung im ambulanten Bereich je Versicherten unter dem Bundesdurchschnitt. Nach Auffassung des Antragsgegners sei es angemessen und gerechtfertigt, unter Anwendung der gesetzlichen Öffnungsklausel in § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung um 12 % verteilt auf die Jahre 2013, 2014 und 2015 sockelwirksam zu steigern. Damit werde der Intention des Gesetzgebers bei der Einführung des § 87a SGB V Rechnung getragen, dass die Krankenkassen das Morbiditätsrisiko zu übernehmen hätten. Die Verteilung der Steigerung auf einen Dreijahreszeitraum erfolge unter Abwägung der Interessenlage der Krankenkassen. Dabei habe sich der Antragsgegner von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) leiten lassen, dass dem Landesschiedsamt die gleiche Gestaltungsmacht zukomme, wie den Vertragsparteien selbst. Obwohl nur die Festsetzung des Vertrages zur Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2013 beantragt worden sei, stehe es dem Antragsgegner frei, fakultative Gestaltungsoptionen zu ergreifen. Es müsse ein angemessener Ausgleich zwischen einerseits dem Interesse der Vertragsärzte, eine dem morbiditätsbedingten Behandlungsbedarf entsprechende Gesamtvergütung zu erhalten, und anderseits dem Interesse der Krankenkassen, nicht sofort eine zusätzliche Steigerung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung von 12 % verkraften zu müssen, gefunden werden. Der Antragsgegner lasse sich bei seiner Entscheidung auch davon leiten, dass die Krankenkassen aufgrund der Morbiditätsstruktur in Sachen-Anhalt höhere Zuweisungen aus dem morbiditätsbedingten Risikostrukturausgleich erhielten.

Aufgrund der im Schriftsatz des Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt dargestellte Morbidität der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt einerseits und der im Vergleich zum Bundesdurchschnitt niedrigeren Vergütung je Versicherten anderseits habe sich das Schiedsamt veranlasst gesehen, entsprechend der Empfehlung des Bewertungsausschusses für den KV-Bereich Sachsen-Anhalt vom 22. Oktober 2012 für das Jahr 2013 die Veränderungsrate gemäß § 87a Abs. 4 Satz 1 Ziffer 2 SGB V in Höhe von 2,6931 % festzuschreiben.

Wegen des genauen Inhalts des umfangreichen Schiedsspruches wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

Die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 6. Dezember 2012 und 19. Dezember 2012 sowie die schriftlich abgesetzten Schiedssprüche mit Begründungen gingen den Antragsstellerinnen am 5. bzw. 6. März 2013 zu.

(II.) Die Antragstellerinnen haben am 2. April 2013 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Klage gegen die Schiedssprüche betreffend die Feststellung der wirksamen Anrufung des Schiedsamts zur Festsetzung der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Jahr 2013 und die Festsetzung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen für das Jahr 2013 erhoben und den Antrag angekündigt, die Schiedssprüche aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Beschlussfassung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts an den Antragsgegner zurückzuverweisen.

Zur Begründung haben sie umfangreich vorgetragen und unter anderem ausgeführt:

Der feststellende Schiedsspruch über die Zulässigkeit des Schiedsverfahren betreffend die Vergütung für das Jahr 2013 sei als Zwischenentscheidung, für die die gesetzliche Grundlage fehle, unzulässig. Die Zwischenentscheidung sei auch nicht sachdienlich.

Auch der Schiedsspruch mit den inhaltlichen Festsetzungen für das Jahr 2013 sei rechtswidrig. Der Antragsgegner sei schon nicht befugt gewesen, die inhaltliche Entscheidung zu treffen, weil die dafür erforderlich Voraussetzung einer Nichteinigung nicht vorliege.

Die Festsetzung des Erhöhungsbedarfs um 12 % zusätzlich zu der diagnosebezogenen, vom Bewertungsausschuss empfohlenen Veränderungsrate um 2,6931 % für das Land Sachsen-Anhalt, mit der die Morbiditätsentwicklung im Vergleich zum Vorjahr bereits vollständig und mit allen denkbaren Morbiditätskriterien abgebildet werde, sei in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig. Entgegen der Annahme des Antragsgegners enthalte § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V keine generelle Öffnungsklausel, die eine unabhängig von den Vorgaben in § 87a Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V festzusetzenden Korrektur des Behandlungsbedarfs ermögliche. Die Vorschrift erlaube ausschließlich die Berücksichtigung weiterer relevanter Morbiditätskriterien für die Bestimmung der Veränderungsrate im Vergleich zum im Vorjahr vereinbaren Behandlungsbedarf, nicht aber eine "Basiskorrektur" des nach der Konzeption des Gesetzes als angemessen vermuteten Bedarfs des Vorjahres. Aus der Begründung zum Gesetzesentwurf des § 87c Abs. 4 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzliche Krankenversicherung (GKV-WSG) ergebe sich, dass der Gesetzgeber die Leistungsmenge des Jahres 2008 nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung und honorarwirksamen Begrenzungsregeln als Basis für den ab 2009 weiterzuentwickelnden Behandlungsbedarf zugrunde gelegt habe. Die erweiterte Vertragskompetenz der regionalen Verhandlungspartner bestehe nicht in der Befugnis zu einer Neufestsetzung des Behandlungsbedarfs, sondern in der konkreten Verhandlung der Gewichtung der vom Bewertungsausschuss mitgeteilten jahresbezogen Veränderungsraten sowie erforderlichenfalls in der Heranziehung zusätzlicher Kriterien zur Ermittlung der Veränderungen. Weiter sei die von dem Antragsgegner getroffene "Mehrjahresfestsetzung" mit § 87a SGB V unvereinbar.

Der Schiedsspruch sei auch deswegen rechtswidrig, weil die Festsetzung der zusätzlichen Erhöhung von 12 % auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruhe. Zwischen den Beteiligten habe - anders als vom Antragsgegner angenommen – Uneinigkeit über die Datengrundlage für das Klassifikationsverfahren zur Ermittlung des Morbiditätsniveaus im KV-Bezirk Sachsen-Anhalt gegenüber dem Bundesdurchschnitt bestanden.

Rechtswidrig sei auch die unter Ziffer 2 (des Beschluss vom 19. Dezember 2012) erfolgte Anhebung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung um weitere 2,6931 % zusätzlich zur vorgenommenen Basisanpassung. Die vom Bewertungsausschuss festgestellte, auf demografischen Kriterien beruhende Veränderungsrate liege deutlich unter der ebenfalls festgestellten diagnosebezogenen Veränderungsrate. Die vorgenommene Berücksichtigung ausschließlich der diagnosebezogenen Veränderungsrate sei nicht mit § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V vereinbar. Es liege insoweit auch ein Begründungsmangel vor.

(III.) Zur Begründung ihres am 29. Mai 2013 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangenen Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung haben die Antragstellerinnen vorgetragen:

Der Antrag sei nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Bei den Schiedssprüchen handele es sich um Verwaltungsakte im Sinne des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage sei durch § 89 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 1a Satz 4 SGB V ausgeschlossen. Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit der Schiedssprüche nach § 89 Abs. 1 Satz 6 SGB V bestehe ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Das Aussetzungsinteresse überwiege das Vollziehungsinteresse, denn die beiden Schiedssprüche erwiesen sich als offensichtlich rechtswidrig. Insofern werde auf die Klagebegründung verwiesen. Ergänzend verweisen die Antragstellerinnen darauf, dass die Berücksichtigung der vom Bewertungsausschuss festgestellten geringeren Veränderungsrate auf der Grundlage demografischer Kriterien im Verhältnis zu der diagnosebezogenen Veränderungsrate zu geringeren Mehrausgaben geführt hätte. Die im § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V geforderte Gewichtung bzw. "gewichtete Zusammenfassung" sei nicht erfolgt. Auch ohne auf die Erfolgsaussichten abzustellen ergebe eine Interessenabwägung, dass das Suspensivinteresse gegenüber dem Vollzugsinteresse überwiege. Die Beschlüsse des Antragsgegners seien schon mit einer Änderung des Honorarverteilungsmaßstabes berücksichtigt worden. Eine im Falle der Feststellung der Rechtswidrigkeit notwendige Rückabwicklung wäre mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und vermutlich nicht in vollem Umfange durchzusetzen. Die negativen Folgen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seien offenkundig geringfügig. Die für das Jahr 2012 festgesetzte Gesamtvergütung könnte gemäß § 89 Abs. 1 Satz 4 SGB V weitergelten.

Die Antragstellerinnen beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beigeladene beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie meint: Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Schiedssprüche sei nicht zu erkennen. Der Antragsgegner sei befugt gewesen, seine wirksame Anrufung und das Scheitern der Verhandlungen festzustellen. Die Antragstellerinnen seien nach der Anrufung des Antragsgegners auf die Einladung zu weiteren Verhandlungen nicht eingegangen, so dass von einem Scheitern der Verhandlungen auszugehen gewesen sei.

Inhaltlich seien die Schiedssprüche nicht zu beanstanden. § 87a Abs. 4 SGB V erlaube es nicht nur, Veränderungen gegenüber der im Vorjahr getroffenen Vereinbarung zu berücksichtigen, sondern ermögliche auch, eine Basiskorrektur vorzunehmen. Dies entspreche dem Bestreben des Gesetzgebers, das Verfahren nach § 87a SGB V insgesamt regional zu flexibilisieren. Dafür, dass der Bezugspunkt der Veränderungen nicht bloß die Vorjahreswerte seien, sondern auch andere tatsächliche Änderungen berücksichtigt werden könnten, spreche, dass der Gesetzgeber die Bestimmung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung auch für andere Kriterien öffne, die überhaupt noch keine Abbildung in der Bewertung des Aufsatzjahres erhalten hätten. Zudem seien die Anpassungskriterien in § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V nicht zwingend an die Vorjahreswerte des eigenen KV-Bezirks geknüpft.

Der Schiedsspruch sei auch nicht offensichtlich rechtswidrig, weil bei der Bestimmung der Erhöhung keine Gewichtung der beiden Komponenten, nämlich der Anzahl der Behandlungsdiagnosen und der demographischen Entwicklung stattgefunden habe. Die demographische Entwicklung finde schon ihre Abbildung in der Erhöhung des Behandlungsbedarfs.

Es sei auch zu beachten, dass die Schiedssprüche nicht von den Aufsichtsbehörden beanstandet worden seien. Insofern werde die Beiladung der Aufsichtsbehörden angeregt.

Bei einer Interessenabwägung überwiege das öffentliche Vollzugsinteresse. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung müsse eine Ausnahme bleiben. Der Gesetzgeber wolle einen Zustand ohne vertragliche Regelungen unbedingt vermeiden. Wenn der Antragsgegner in der Hauptsache unterliege, sei ein neuer Schiedsspruch zu treffen, der aller Wahrscheinlichkeit auch zu Erhöhungen führe. Eine nach dem aktuellen Schiedsspruch vorerst zu viel gezahlte Gesamtvergütung sei im Rahmen der Verhandlung für die nächsten Jahre auszugleichen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des Klage- und des Antragsverfahrens sowie die beigezogen Akten des Antragsgegners verwiesen.

II.

Der form- und fristgerecht gestellte Antrag der Antragstellerinnen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von ihnen erhobenen Klage ist nach § 86b Abs. 1 Ziffer 2 SGG statthaft. Eine Klage gegen vertragsersetzende Festsetzungen des Schiedsamts hat nach § 89 Abs. 1 Satz 6 SGB V keine aufschiebende Wirkung. Eine solche Klage haben die Antragsstellerinnen gegen die streitgegenständlichen Festsetzungen durch den Antragsgegner erhoben.

Für die Entscheidung über den Antrag ist das Landessozialgericht als Gericht der Hauptsache zuständig. Denn es ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 SGG zur Entscheidung über Klagen gegen die Entscheidungen der Landesschiedsämter nach dem SGB V berufen.

Die Entscheidung des Senats ergeht im Rahmen einer Interessenabwägung. Im Rahmen dieser Abwägung kommt der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsache eine entscheidende Bedeutung zu. Vom Grundsatz her ist immer ein Interesse an der Vollziehung der angefochtenen Regelung zu verneinen, soweit sich diese als offenbar rechtswidrig erweist. In solchen Fällen ist auch kein besonderes Eilbedürfnis als Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu fordern.

Der Senat hält im Rahmen der von ihm vorgenommenen Prüfung die im Tenor bezeichnete Regelung in der Schiedsentscheidung vom 19. Dezember 2012, wonach der auf der Basis des Vorjahres ermittelte Behandlungsbedarf sockelwirksam nochmals um 12 %, davon 4 % im Jahre 2013, erhöht wird, für offensichtlich rechtswidrig.

Die Festsetzung des Behandlungsbedarfes für das Jahr 2013 kann rechtswirksam nur unter Beachtung der dafür im § 87a Abs. 4 SGB V gemachten Vorgaben erfolgen. Diese Regelungen sind abschließend. Allgemeine Prinzipien, wie die Vorgabe im § 72 Abs. 2 SGB V, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, können nur im Rahmen der speziellen Vorgaben umgesetzt werden. Ein Verhandlung- bzw. Entscheidungsspielraum ist den für die Vereinbarung der Verträge zur Regelung der vertragsärztliche Vergütung zuständigen Beteiligten bzw. im Fall der Nichteinigung dem Schiedsamt nur eingeräumt, soweit nicht gegen zwingende gesetzliche Vorgaben verstoßen wird.

Nach § 87a Abs. 4 Satz 1 SGB V sind Grundlage einer Vereinbarung über die Anpassung des Behandlungsbedarfs jeweils aufsetzend auf dem insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung für das Vorjahr nach Absatz 3 Satz 2 vereinbarten Behandlungsbedarf insbesondere Veränderungen 1. der Zahl der Versicherten der Krankenkasse mit Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung, 2. die Morbiditätsstruktur der Versicherten aller Krankenkassen mit Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung, 3. von Art und Umfang der ärztliche Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs der Krankenkassen oder auf Beschlüssen des gemeinsamen Bewertungsausschusses nach § 135 Absatz 1 beruhen, 4. des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund von Verlagerungen von Leistungen zwischen dem stationären und dem ambulanten Sekttor und 5. des Umfangs der vertragsärztlichen Leistungen aufgrund der Ausschöpfung der Wirtschaftlichkeitsreserven bei der vertragsärztlichen Leistungserbringung; dabei sind die Empfehlungen und Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß Absatz 5 zu berücksichtigen.

§ 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V lautet dann. "Falls erforderlich, können weitere für die ambulante Versorgung relevante Morbiditätskriterien herangezogen werden." Im § 87a SGB V wird mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 neu das vertragsärztliche Vergütungssystem geregelt. Dabei war die erstmalige Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung für das Jahr 2009 nach den detaillierten Vorgaben des § 87c Abs. 4 SGB V in der Fassung durch das Gesetz vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) auf der Basis der im Jahr 2008 voraussichtlich erbrachten Menge der vertragsärztlichen Leistungen zu treffen. Die Anwendung des § 87a Abs. 4 SGB V war dann in der Folgezeit durch § 87d Abs. 2 SGB V teilweise ausgesetzt. Aus der systematischen Stellung und dem Wortlaut des § 87a Abs. 4 SGB V ergibt sich, dass die Norm grundsätzlich (nur) die "Anpassung des Behandlungsbedarfs" jeweils aufsetzend auf dem Behandlungsbedarf für das Vorjahr regelt. Daran hat sich auch nichts durch die Anfügung des Satzes 4 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I 2983) geändert. Diese Regelung soll nach der Begründung zum Gesetzesentwurf die Spielräume der gemeinsamen Selbstverwaltung bei der Gestaltung der Vergütung zusätzlich erhöhen (BT-Drs. 17/6906, S. 64). Dies gilt aber nach dem Wortlaut und der Stellung des gesamten Abs. 4 nur insoweit, dass die Anpassung des Behandlungsbedarfes im Vergleich zum Vorjahr unter Berücksichtigung von relevanten Veränderungskriterien ermöglicht wird. § 87a Abs. 4 SGB V bietet keine Grundlage für eine nicht auf Veränderungen beruhende Basiserhöhung, mit der eine auch schon vor dem Jahre 2009 bestehende, im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ungünstige Morbiditätsstruktur berücksichtigt werden soll. Der Senat verkennt dabei nicht die Plausibilität der von der Beigeladenen im Schiedsverfahren vorgetragenen Begründung für die Berechtigung einer solchen "korrigierenden" Basiserhöhung. Die beabsichtigte Veränderung der Vergütungsstruktur kann aber nach Auffassung des Senats eindeutig nicht durch die Anpassung des Behandlungsbedarfs im Rahmen des § 87a Abs 4 SGB V erfolgen, so dass sich die konkret vom Antragsgegner getroffene Festsetzung als offenbar rechtswidrig erweist. Ob die Vertragsparteien bzw. der Antragsgegner dem von der Beigeladenen formulierten Anliegen im Rahmen der Punktwertvereinbarung nach § 87a Abs. 2 SGB V Rechnung tragen können, muss in diesem Zusammenhang offenbleiben, weil dies nicht Gegenstand der konkreten Schiedssprüche ist.

Die weiteren Regelung in den angefochten Schiedssprüchen erachtet der Senat nicht für offensichtlich rechtswidrig. Nach seiner Auffassung war der Antragsgegner berufen, das Schiedsverfahren durchzuführen und entsprechende inhaltliche Reglungen zu treffen. Weil auch nach dem Vorliegen des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 22. Oktober 2012 keine inhaltlichen Verhandlungen zwischen den Vertragspartnern stattfanden, konnte der Antragsgegner davon ausgehen, dass bis zum Ablauf des Jahres 2012 kein neuer Vertrag für das Folgejahr zustande kommen würde und darauf gerichtete Verhandlungen gescheitert waren. Er war somit dazu berufen, nach den Vorgaben des § 89 Abs. 1 SGB V mit der Mehrheit seiner Mitglieder den Vertragsinhalt festzusetzen. Insofern sind die Antragsgegnerinnen durch die Feststellung der wirksamen Anrufung zur Festsetzung der Vergütung für das Jahr 2013 nicht beschwert.

Die Regelung, wonach der Antragsgegner die jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur für 2013 mit einer Erhöhung von 2,6931 % festgesetzt hat, wird vom Senat nicht als offenbar rechtswidrig beurteilt. Nach § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V ist die jeweils jahresbezogene Veränderung der Morbiditätsstruktur im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen gem. § 295 Abs. 1 Satz 2 SGB V einerseits sowie auf der Grundlage demografischer Kriterien (Alter und Geschlecht) anderseits durch eine gewichtete Zusammenfassung der vom Bewertungsausschuss als Empfehlungen mitgeteilten Raten zu vereinbaren. Der Bewertungsausschuss hatte entsprechend der Beschlussfassung vom 22. Oktober 2012 eine Veränderungsrate auf der Grundlage der vertragsärztlichen Behandlungsdiagnosen in Höhe von 2,6931 % und eine Veränderungsrate auf der Grundlage der demografischen Kriterien in Höhe von 0,7247 % mitgeteilt.

Dem Gesetz sind keine Kriterien dafür zu entnehmen, was unter einer gewichteten Zusammenfassung zu verstehen ist. Nach der Begründung im Gesetzesentwurf zur Neufassung des § 87a Abs. 4 SGB V (BT-Drs. 17/6906, S. 63) wird zur Bedeutung des Satzes 3 ausgeführt: "Die konkrete Höhe der Steigerungsrate zur Berücksichtigung der Veränderungen der Morbiditätsstruktur aller Versicherten mit Wohnort im KV-Bezirk und damit die wesentliche Bestimmungsgröße für die Höhe der Gesamtvergütung basierte auf einer regional auszuhandelnden Festlegung einer konkreten zusammenfassenden Gewichtung der als Verhandlungsempfehlungen zur Morbiditätsentwicklung den regionalen Vertragspartners mitgeteilten Raten. Eine Addition der demographischen Rate und der diagnosebezogenen Rate sowie eine Veränderung der einzelnen Raten ist ausgeschlossen." Dies lässt daraus schließen, dass den Vertragsparteien bei der konkreten Festlegung ein großer Verhandlungsspielraum zukommt. Der Begriff der "Gewichtung" meint schon der allgemeinen Wortbedeutung nach eine Entscheidung, bei der den zu beachtenden Entscheidungsfaktoren je nach den Umständen des Einzelfalls eine unterschiedliche Bedeutung zukommen kann. Die Gewichtung beruht insofern auf einer wertenden Beurteilung, bei der den dafür Zuständigen in der Regel ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist. Dass nach § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V eine "auszuhandelnden Festlegung" erfolgen soll, erweitert die Spielräume der Beteiligten noch deutlich. Eine Aushandlung beinhaltet ein auf einen Interessenausgleich gerichtetes gegenseitiges Aufeinanderzugehen, wobei verschiedene Faktoren für das erreichte Ergebnis maßgeblich sein können. Vor diesen Hintergrund geht der Senat davon aus, dass es nicht offensichtlich rechtswidrig ist, wenn die Vertragsparteien bei der zusammenfassenden Gewichtung im Ergebnis zu einer vollständigen Ausschöpfung der höheren der beiden als "Verhandlungsempfehlungen" mitgeteilten Rate kommen.

Dies ist auch bei der Überprüfung der Entscheidung des Antragsgegners zu beachten. Schiedssprüche gemäß § 89 SGB V sind nur in eingeschränktem Umfang einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich (Urteil des Bundessozialgerichts – BSG - vom 14. Dezember 2005 – B 6 KA 25/04 R– juris Rdnr. 12 m. w. N.). Das Schiedsamt hat einen Gestaltungsspielraum. Seine Schiedssprüche sind – ebenso wie Vertragsvereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien – auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter. Dementsprechend sind sie nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. In formeller Hinsicht wird geprüft, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und sein Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Die Gründe für das Entscheidungsergebnis müssen jedenfalls andeutungsweise erkennbar sein (Urteil des BSG vom 16. Juli 2003 – B 6 KA 29/02 R – zitiert nach juris - Rdnr. 21 mit Bezug auf BSGE 87, 199, 202). Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der vom Schiedsspruch zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dass heißt insbesondere die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat. Vor diesen Hintergrund ist die im Schiedsverfahren getroffene Regelung nicht offensichtlich rechtswidrig. Der Senat vermag anhand des protokollierten Verlaufs des Schiedsverfahrens keine Verfahrensfehler erkennen. Allen Beteiligten waren die für die Entscheidung des Antragsgegners maßgeblichen Kriterien bekannt und sie hatten ausreichend Gelegenheit, sich dazu zu äußern. In den Gründen hat der Antragsgegner hinreichend deutlich gemacht, dass er die von ihm getroffene Festlegung aufgrund der regionalen Gegebenheiten in Sachsen-Anhalt (Morbidität der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt und Höhe der Vergütung je Versicherten) für interessensgerecht und damit geboten hielt. Inhaltlich bewegt sich das Ergebnis - wie oben dargestellt – nicht offensichtlich außerhalb des eingeräumten Gestaltungs- bzw. Entscheidungsspielraums. Es ist zudem zu beachten, dass die Berücksichtigung einer den Behandlungsbedarf steigernden Veränderungsrate an sich nicht in Frage steht. Nach den Ausführungen der Antragsgegnerinnen im Schiedsverfahren würde sich bei einer von ihnen vorgeschlagenen Orientierung an der im Vorjahr noch vom Bewertungsausschuss durchgeführten Gewichtung für das Jahr 2013 eine Veränderungsrate von 1,9254 % ergeben. Wird dies als Verhandlungsposition der Antragstellerinnen angenommen, könnte sich bei einer Verpflichtung des Antragsgegners zu neuen Festsetzung im Hauptsacheverfahren in einem dann insoweit neu durchzuführenden Schiedsverfahren durchaus ein Ergebnis ergeben, dass der nun angefochtenen Festsetzung entspricht oder weitgehend angenähert ist.

Angesichts dieser rechtlichen Beurteilung vermag der Senat keine so gewichtigen, für ein Aussetzungsinteresse sprechende Gesichtspunkte zu erkennen, die auch bezüglich dieser Regelung eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gebieten.

Aufgrund der Eigenarten der vertragsärztlichen Versorgung sind bei einem Abweichen der Aussetzungsentscheidung von der Hauptsacheentscheidung immer Umsetzungsprobleme und Friktionen bei einem nachträglichen Korrekturbedarf zu erwarten, so dass sich kein überwiegendes Interesse für die eine oder die andere Entscheidung ergibt. Zu bedenken ist auch, dass die Antragstellerinnen am 28. März 2013 nach Kenntnis und Auswertung der schriftlichen Schiedssprüche Klage erhoben, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung aber erst am 29. Mai 2013 gestellt haben. Der Abwendung der Gefahr einer Umsetzung der angefochtenen Schiedssprüche und die Schwierigkeiten einer Rückabwicklung im Falle des Erfolges der Klage wurden somit mutmaßlich von den Antragsstellerinnen als nicht so dringlich empfunden, wie das Bedürfnis, eine grundsätzliche Klärung insbesondere zur rechtlichen Zulässigkeit der auf drei Jahre verteilten sockelwirksamen Erhöhung zu erreichen. Im Ergebnis verbleibt es nach einer zusammenfassenden Gewichtung der beiderseitigen Interessen durch den Senat daher bezogen auf die Festsetzung der Erhöhung des Behandlungsbedarfs für das Jahr 2013 um 2,6931 % bei dem gesetzlich für die Entscheidungen der Schiedsämter angeordneten Regelfall des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer dagegen gerichteten Klage.

Die sonstigen Regelungen der angefochtenen Schiedssprüche sind von den Antragsstellerinnen nicht inhaltlich angegriffen worden und lassen auch keine offensichtlichen Verfahrens- oder Rechtsfehler erkennen, so dass eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ausscheidet.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Verwaltungsgerichtsordnung. Sie entspricht dem Ausgang des Verfahrens. Es findet dabei Berücksichtigung, dass die Antragstellerinnen die Festsetzungen des Antragsgegners für das Jahr 2013 insgesamt mit der Klage angegriffen und insoweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung begehrt haben.

Die Festsetzung des Streitwerts bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten. Dieser Beschluss kann nicht mehr mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved