Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
43
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 43 SB 1939/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 18.07.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2011 verurteilt, bei dem Kläger ab Antragstellung (18.04.2011) die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B und einen Gesamt-GdB von 90 sowie ab 29.11.2011 einen Gesamt-GdB von 100 festzustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 3/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Gesamt-GdB von 100 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B.
Der am 11.04.19xx geborene Kläger stellte im Jahr 2008 einen Erstantrag auf Feststellung einer Behinderung, den er mit zahlreichen Erkrankungen begründete. Auf das Antragsformular wird Bezug genommen. Nach Einholung von Befund- und Behandlungsberichten stellte die Beklagte mit Bescheid vom dem 24.04.2009 einen Gesamt-GdB von 60 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G fest.
Den hier streitigen Änderungsantrag stellte der Kläger am 18.04.2011. Als Grund gab er an, dass sich zwischenzeitlich eine Arthrose im rechten Vorfuß gebildet habe. Zudem sei am 30.01.2011 eine Bypassoperation mit postoperativer Infektion erfolgt. Des Weiteren leide er an Knieschmerzen links. Er beantragte die Feststellung der Nachteilsausgleiche aG, B und H.
Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Orthopäden Dres. H. und M. vom 29.04.2011 einschließlich Anlagen und der behandelnden Internisten Dr. G. und Sch. einschließlich Anlagen ein. Auf die Unterlagen wird Bezug genommen. In der anschließenden gutachtlichen Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. H. vom 11.07.2011 kam dieser zu einem Gesamt-GdB von 70 ohne weitere Nachteilsausgleiche neben dem bereits festgestellten Nachteilsausgleich G.
Mit anschließendem Bescheid vom 18.07.2011 stellte die Beklagte einen Gesamt-GdB von 70 fest. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche aG, B, und H lägen nicht vor. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch trug der Kläger vor, er sei weder mit dem Gesamt-GdB noch mit den festgestellten Merkzeichen einverstanden. Es fehle die Berücksichtigung der Herzoperation sowie der Prostata-Erkrankung. Hierzu reichte er einen Arztbrief des Evangelischen und Johanniter Klinikums Niederrhein vom 27.01.2011 ein, auf den Bezug genommen wird. Die Beklagte holte einen Befundbericht des behandelnden Urologen Berse ein, auf den ebenfalls Bezug genommen wird. In der anschließenden gutachtlichen Stellungnahme vom 16.08.2011 kam Dr. D., Ärztin für Innere Medizin und Sozialmedizin, zu folgendem Ergebnis:
1. Hörbehinderung beidseits chronischer Tinnitus beidseits Einzel-GdB 30
2. Funktionsstörung der Wirbelsäule mit chron. Wirbelsäulen- Syndrom bei Verschleiß und Verengung des Wirbelkanals, Bandscheibenvorfall der HWS Einzel-GdB 30
3. Kniegelenksverschleiß beidseits Hallux rigidus rechts Einzel-GdB 30
4. koronare Herzerkrankung, Hochdruckherz bei Bluthochdruck, 3-fache Aorta-coronare Venenbypass-OP wegen coronarer 3-Gefäßerkrankung mit Re-Operationen wegen Sternum-Osteomyelitis Einzel-GdB 40
5. chronische Bronchitis mit Verengung der Atemwege Einzel-GdB 20
6. Magengeschwürsleiden, chronische Gastritis, Refluxerkrankung Einzel-GdB 10
7. Prostataadenom mit Blasenentleerungsstörungen Einzel-GdB 10
Der Gesamt-GdB liege weiter bei 70. Die Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche aG, B, und H lägen nicht vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2011 als unbegründet zurück.
Mit der am 23.09.2011 erhobenen Klage verweist der Kläger auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt er vor, dass eine erneute Untersuchung beim Orthopäden ergeben habe, dass das linke Knie sowie beide Hüftgelenke verschlissen seien. Für das Knie sei eine TEP erforderlich. Zudem bestehe eine Arthrose im Zeh. Er sei beim An- und Auskleiden auf ständige Unterstützung angewiesen und nicht mehr in der Lage, sich alleine zu waschen; auch könne er nicht ohne Hilfe in die Badewanne hinein- oder herausgelangen. Durch die doppelte Verengung des Spinalkanals könnten jederzeit Schmerzen oder Lähmungserscheinungen im linken Arm und im linken Bein auftreten, die es ihm unmöglich machten, ohne Hilfe auszukommen. Er benötige beidseitig Gehhilfen. Aufgrund des Herz- und Lungenleidens bestehe eine allgemeine körperliche Leistungsschwäche. Diese Umstände führten zu einer erheblichen Unsicherheit, da er bereits mehrfach gefallen sei. Die Gehschwäche könne nur durch ständige Begleitung durch seine Ehefrau einigermaßen kompensiert werden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.07.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2011 zu verurteilen, bei ihm ab Antragstellung einen Gesamt-GdB von 100 sowie die gesundheit-lichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen soweit sie über das Vergleichsangebot vom 08.08.2012 hinausgeht.
Auf die Schriftsätze vom 27.10.2011, 05.03.2012 und vom 08.08.2012 wird Bezug genommen.
Das Gericht hat ausführliche Befundberichte folgender Ärzte eingeholt: Dr. E., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 08.11.2011; B., Facharzt für Urologie vom 14.11.2011; Dr. H. vom 16.11.2011, Arzt für Orthopädie-Sportmedizin, der angibt, der Kläger sei auf Gehstützen angewiesen; Dr. G., Facharzt für HNO-Heilkunde, vom 02.01.2012; Dr. G., Arzt für innere Medizin, vom 18.01.2012, der die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B für gegeben hält. Auf die Berichte einschließlich Anlagen wird Bezug genommen.
Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.03.2012, auf den einschließlich gutachtlicher Stellungnahme Bezug genommen wird, ein Vergleichsangebot mit einem Gesamt-GdB von 80 ab dem 29.11.2011 abgegeben, das der Kläger als unzureichend nicht angenommen hat.
Im Anschluss hat das Gericht den Orthopäden und Schmerztherapeuten Dr. M. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 19.06.2012, auf das im übrigen Bezug genommen wird, kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Beklagte bislang eine Schulterteilparese mit rezidivierendem Impingementsyndrom der Schultergelenke beidseits nicht berücksichtigt habe. Ferner sei ein chronifiziertes Schmerzsyndrom Grad II nach Gerbershagen sowie eine leichtgradige Depression und ein Prostataadenom mit Blasenentleerungsstörung nicht berücksichtigt. Der Gesamt-GdB liege ab Januar 2011 bei 90 und ab März 2011 bei 100. Der Kläger sei infolge seiner Gesundheitsstörungen bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf fremde Hilfe angewiesen. Diesbezüglich wird insbesondere auf Bl. 25 des Gutachtens Bezug genommen.
Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 08.08.2012, auf den einschließlich Anlage Bezug genommen wird, kritisch zu dem Gutachten geäußert und ein Vergleichsangebot mit einem GdB von 90 ab dem 18.04.2011 und von 100 ab dem 29.11.2011 ohne weitere Nachteilsausgleiche unterbreitet.
Das Gericht hat den Sachverständigen, nachdem der Kläger das Vergleichsangebot nicht angenommen hatte, ergänzend gehört. Dieser bleibt mit seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 25.10.2012, auf die Bezug genommen wird, bei seiner bisherigen Auffassung.
Hierzu hat die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme ihrer beratenden Ärztin W. vom 08.11.2012 beigebracht, auf die ebenfalls Bezug genommen wird.
Im Erörterungstermin am 21.01.2013 hat das Gericht den Kläger angehört. In dem Termin haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Vorgänge der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben ihr Einverständnis hierzu erklärt.
Die zulässige Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung eines Gesamt-GdB von 90 ab Antragstellung (18.04.2011) und ab dem 29.11.2011 auf Feststellung eines Gesamt-GdB von 100. Zudem hat er Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B ab Antragstellung. Der Bescheid der Beklagten vom 18.07.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2011 ist insofern rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne des § 54 Abs 2 SGG in seinen Rechten.
Bei dem Kläger liegen ab Antragstellung im April 2011 in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen und der beratenden Ärztin W. der Beklagten vom 02.08.2012 folgende Gesundheitsstörungen vor:
Leidensbezeichnung: Einzel-GdB
1. Hörbehinderung bds., chronischer Tinnitus bds. 30 (40)
2. Funktionsstörung der Wirbelsäule mit chron. Wirbelsäulensyndrom bei Verschleiß und Verengung des Wirbelkanals, Bandscheibenvorfall der HWS 30
3. Kniegelenksverschleiß beidseits Hallux rigidus bds. 30
4. koronare Herzerkrankung, Hochdruckherz bei Bluthochdruck, 3-fache Aorto-coronare Venenbypass-OP wegen coronarer 3-Gefäßerkrankung mit Re-Operationen wegen Sternum-Osteomyelitis 40
5. chronische Bronchitis mit Verengung der Atemwege 20
6. Magengeschwürsleiden, chronische Gastritis, Refluxerkrankung 10
7. Sehnenengpasssyndrom der Schultergelenke mit Schulterteilsteife links 20
8. Chronifiziertes Schmerzsyndrom 20 9 Blasenentleerungsstörungen bei Prostataadenom 10
Ab dem 29.11.2011 ist die Erkrankung auf HNO-ärztlichem Gebiet mit einem GdB von 40 zu bewerten. Dies folgt aus der Stellungnahme der die Beklagte beratenden Ärztin W. und dem HNO-ärztlichen Befundbericht vom 02.01.2012 von Dr. G., bei dem sich der Kläger zuletzt am 29.11.2011 nach Verschlechterung der Innenohrschwerhörigkeit und des Tinnitus vorgestellt hat. Insofern hat der Sachverständige übersehen, dass zu diesem Zeitpunkt der Einzel-GdB für das Funktionssystem Ohren auf 40 zu erhöhen war, was aus der Gutachtlichen Stellungnahme der Ärztin W. vom 14.02.2012 folgt.
Die Festlegung der verschiedenen Einzel-GdB ist in Einklang mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VersMedG) erfolgt und wird auch von den Beteiligten nicht angegriffen. Das Gericht sieht daher insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da die jeweiligen Einzel-GdB in Einklang mit den gesetzlichen Grundlagen stehen. Nach § 69 Abs 2 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten die im Rahmen des § 30 Abs 1 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend (§ 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX).
In Bezug auf die Bildung des Gesamt-GdB folgt das Gericht nicht der Einschätzung des Sachverständigen und des Klägers, sondern der der beratenden Ärztin W. der Beklagten, da die zuletzt genannte Beurteilung in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben steht und der Sachverständige keine nachvollziehbaren Gründe für den von ihm angenommenen Gesamt-GdB genannt hat. Das bedeutet, dass ab Antragstellung ein Gesamt-GdB von 90 und erst ab dem 29.11.2011 ein Gesamt-GdB von 100 vorliegt. Hinsichtlich der Gesamt-GdB-Bildung sind gem. § 69 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und Teil A Nr 3 lit a) der VersMedG bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen deren Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu würdigen. Rechenmethoden sind hierbei nicht heranzuziehen, vielmehr ist von der Funktionsbeeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird (Teil A Nr 3 lit c) der VersMedG). Hierbei führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen.
Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 20 ist der Schluss auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung vielfach nicht gerechtfertigt (Teil A Nr 3 lit d) ee) der VersMedG).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze führt das chronische Schmerzsyndrom, das nach überzeugender Darstellung des Sachverständigen nur knapp einen Einzel-GdB von 20 erreicht, nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB, da die Schmerzen im Wesentlichen durch die strukturelle Schädigung im Bereich der einzelnen anatomischen Segmente bedingt sind. Der Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem "Herz" ist an der unteren Grenze des Ermessensspielraums anzusiedeln, da die kardiale Belastbarkeit bis 100 Watt möglich war (vgl Gutachtliche Stellungnahme vom 08.11.2012). Ausgehend von dem Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem "Herz" wirken sich die oben genannten Leidensbezeichnungen 1, 2, 3, 5 und 7 maximal jeweils um 10 erhöhend aus, so dass sich ein Gesamt-GdB von maximal 90 ergibt. Insofern bestehen zwar Zweifel, ob der Einzel-GdB von 20 für das Funktionssystem "Lunge" tatsächlich das Ausmaß der Behinderung erhöht und in den Gesamt-GdB einfließt. Da die Beteiligten in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen davon auszugehen scheinen und die Auffassung vertretbar ist, folgt die Kammer dem. Die Leidensbezeichnungen 6 und 9 mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 können nicht erhöhend berücksichtigt werden; gleiches gilt für den nur schwachen Einzel-GdB von 20 für das chronifizierte Schmerzsyndrom (Leidensbezeichnung 8). Ab dem 29.11.2011 ist das Funktionssystem "Ohren" (Leidensbezeichnung 1) mit einem Einzel-GdB von 40 führend. Nun wirken sich die oben genannten Leidensbezeichnungen 2, 3, 4, 5 und 7 jeweils um 10 erhöhend aus, so dass sich ein Gesamt-GdB von 100 ergibt.
Ein Gesamt-GdB von 100 bereits ab Antragstellung lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht vertreten. Denn dann müsste einer der Einzel-GdB von 30 sich auf den Gesamt-GdB mit mindestens 20 auswirken. Hierfür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, zumal der Gesamt-GdB des Klägers angesichts von Gesundheitsstörungen, die für sich allein genommen einen solchen GdB rechtfertigen, sehr hoch erscheint. Denn einen GdB von 80 bis 100 erreichen Behinderte, mit einer Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades mit Atemnot bei leichtester Belastung oder in Ruhe oder bei Herzerkrankungen mit Einschränkungen der Herzleistung bereits in Ruhe oder aber Behinderte mit Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit. Angesichts dieser Behinderungen liegt der Gesamt-GdB des Klägers mit 90 ab Antragstellung und mit 100 ab dem 29.11.2011 angesichts der bei ihm vorliegenden relativ geringen Einzel-GdB im obersten Bereich des Ermessensspielraumes.
Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen jedoch die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B ab Antragstellung vor. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers sind die §§ 69 Abs 4, 146 Abs 2 SGB IX. Nach den §§ 69 Abs 4, 146 Abs 2 SGB IX in der insoweit bis heute geltenden Fassung des mit Wirkung vom 12. Dezember 2006 in Kraft getretenen Gesetzes vom 2. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2742) hat die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständige Behörde die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen B festzustellen, wenn der schwerbehinderte Mensch bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge seiner Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen ist. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, waren für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt Ausgabe 2008 – AHP 2008) zu beachten, die gemäß § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 durch die VersMedG (Anlage zu § 2 VersMedV) abgelöst worden sind, mit der die in den AHP niedergelegten Maßstäbe mit lediglich redaktionellen Anpassungen in eine normative Form gegossen worden sind, ohne dass die bisherigen Maßstäbe inhaltliche Änderungen erfahren hätten, so dass weiterhin auf die entsprechende Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann. Nach § 146 Abs 2 SGB IX sind zur Mitnahme einer Begleitperson schwerbehinderte Menschen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nach § 146 Abs 2 Satz 2 SGB IX nicht, dass die schwerbehinderte Person, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder für andere darstellt.
Nach Teil D Ziff 2 der VersMedG, der die Berechtigung für eine ständige Begleitung (Merkzeichen B) näher regelt, gilt – soweit hier relevant - Folgendes:
"a) Für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson ist nach dem SGB IX die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen.
b) Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H" vorliegen) gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind.
c) Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist anzunehmen bei Querschnittgelähmten, Ohnhändern, Blinden und Sehbehinderten, Hörbehinderten, geistig behinderten Menschen und Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist."
Aus dem Wortlaut und System dieser Vorschriften folgt nach Auffassung der erkennenden Kammer, dass § 146 Abs 2 SGB IX iVm Teil D Ziff 2 lit b) der VersMedG die Grundvoraussetzungen für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B normiert und Teil D Ziff 2 lit c) der VersMedG Behinderungen benennt, bei denen automatisch die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B angenommen werden, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Anders als wohl die Beklagte geht die erkennende Kammer jedoch nicht davon aus, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B nur dann angenommen werden können, wenn vergleichbare Einschränkungen wie die unter Teil D Ziff 2 lit c) der VersMedG Genannten vorliegen. Denn für eine solche einschränkende Auslegung bieten weder der Wortlaut des § 146 SGB IX noch der von Teil D Ziff 2 lit b und c der VersMedG Anhaltspunkte.
Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass die zu dieser Frage nur am Rande existierende Kommentarliteratur und Rechtsprechung teilweise durchaus geeignet ist, die Auffassung der Beklagten zu stützen.
So schreibt Vogl in jurisPK-SGB IX (§ 146 SGB IX, Rz 18, 1. Auflage 2010), dass der Schweregrad der Behinderung in seinen funktionellen Auswirkungen auf die Sicherheit des Behinderten und Dritter in Richtung der in der VersMedV genannten Personenkreise der Querschnittsgelähmten, Ohnehänder und Blinden weisen müsse. Hierzu bezieht er sich (Fußnote 28) auf ein Urteil des Bayerischen LSG (05.06.2002, L 18 SB 29/01, juris), das unter Rz 20 ausführt: "Für die Zuerkennung des Merkzeichens B bedarf es schwerwiegenderer Gefährdungen durch Funktionseinschränkungen als sie die Klägerin aufweist. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der AHP aaO Abs 3, an denen sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten orientiert. Danach ist das Merkzeichen B zu gewähren bei Querschnittsgelähmten, Ohnhändern und Blinden. Zwar sind diese Behinderungen keine Regelbeispiele dafür, welches Ausmaß Behinderungen haben müssen, damit der Nachteilsausgleich anerkannt wird (so zutreffend M. Schillings Kommentar zu den AHP S 307). Der Schweregrad der Behinderung muss aber in seinen funktionellen Auswirkungen auf die Sicherheit des Behinderten und Dritter in die Richtung der in den AHP genannten Personenkreise weisen (einschränkender wohl LSG Rheinland-Pfalz aaO)." Eine Begründung für diese Auffassung findet sich in dem Urteil des Bayerischen LSG nicht. Auch findet sich in dem Urteil kein nachvollziehbarer Grund dafür, dass sich diese einschränkende Auslegung aus dem Sinn und Zweck der AHP und aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten ergebe. Denn eine einschränkende Auslegung trotz des entgegenstehenden Wortlauts ist grundsätzlich unzulässig. Welche Gleichbehandlungsgesichtspunkte eine einschränkende Auslegung gebieten, erschließt sich dem Gericht ebenfalls nicht.
Auch Kossens (in Kossens, von der Heide, Maaß, Kommentar zum SGB IX, 2. Auflage 2006, § 146 Rz 12) vertritt ohne nähere Begründung und unter Bezugnahme auf das Urteil des Bayrischen LSG (vom 05.06.2002, aaO) die Ansicht, der Schweregrad der Behinderung müsse in seinen funktionellen Auswirkungen in Richtung der in den AHP 1996 genannten Personenkreise weisen.
Masuch (in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar Sozialgesetzbuch, SGB IX, 2. Band 2013, § 146 Rz 10a, Erg.-Lfg. VIII/07) führt aus, nach den AHP sei die Berechtigung einer Begleitperson grundsätzlich bei Querschnittsgelähmten, Ohnhändern, Blinden, schwer Sehbehinderten und in vergleichbaren Fällen ab einem GdB von 80 anzuerkennen. Eine Begründung für diese Ansicht, die wohl auch von der Beklagten vertreten wird, findet sich in der Kommentierung leider nicht. Auch in den AHP 1983, 1996, 2004 und 2008 hat jedenfalls die Vorsitzende keine entsprechende Einschränkung auf Fälle mit einem GdB von 80 finden können. Selbst wenn es in vorherigen Fassungen der AHP entsprechende Einschränkungen gegeben haben sollte, sind diese Einschränkungen offensichtlich nicht fortgeschrieben worden und haben jedenfalls keinen Eingang in § 146 SGB IX und in die VersMedG gefunden, so dass aus heutiger Sicht auch kein redaktionelles Versehen mehr unterstellt werden kann, sollte es denn zu den AHP vor 1983 entsprechende Einschränkungen gegeben haben.
Keine näheren Ausführungen zu der hier streitentscheidenden Frage machen Pahlen (in Neumann, Pahlen, Kommentar zum SGB IX, 10. Auflage 2010, § 146), Dau (in Dau, Düwell, Haines, Nomos Kommentar zum SGB IX, 2. Aufl.2009, § 146, Rz 9 und 10) und Oppermann (in Knickrehm, Nomos Kommentar Gesamtes Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, §146 SGB IX, Rz 9 bis 12).
Dem Gericht fällt keine Begründung für die von Teilen der Literatur und Rechtsprechung und die von der Beklagten vertretenen Auffassung ein. Denn § 146 Abs 2 SGB IX selbst trifft keine derartige Einschränkung. Danach ist lediglich das Angewiesensein auf fremde Hilfe notwendig, ohne dass das bedeutet, dass ohne Begleitung eine Gefahr für den Schwerbehinderten oder Dritte besteht. Die fremde Hilfe ist also keine Bedingung, ohne die sich der Behinderte nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen kann, ohne sich oder andere zu gefährden. Das Gericht orientiert sich deshalb am Wortlaut des § 146 SGB IX und den der VersMedG, da die abweichenden Ansichten keine oder keine dem Gericht nachvollziehbaren Gründe benennen. Voraussetzung für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B ist damit lediglich die Schwerbehinderteneigenschaft (mit den Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H") und die regelmäßige Angewiesenheit auf fremde Hilfe bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge der Behinderung. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind.
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger vor. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 90 bzw 100 und die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G liegen bei ihm vor. Auch ist der Kläger bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge seiner Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Dies folgt zur Überzeugung des Gerichts aus den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen, aus den überzeugenden Ausführungen des behandelnden Orthopäden des Klägers im Befundbericht vom 16.11.2011 und des behandelnden Internisten Dr. G. im Befundbericht vom 18.01.2012 sowie der eigenen Einlassung des Klägers im Termin am 21.01.2013. Der Sachverständige ist im Schwerbehindertenrecht erfahrenen und hat das Gutachten nach Durchführung aller erforderlichen Untersuchungen und in Kenntnis der in der Akte befindlichen medizinischen Befunde erstellt. Zweifel daran, dass alle für die Beurteilung relevanten Befunde richtig erhoben und bewertet worden sind, bestehen für das Gericht nicht.
Dr. H. führt in seinem Befundbericht vom 16.11.2011 aus, dass in der Zusammenschau der degenerativen Veränderungen des Achsenorganes und des linken Kniegelenkes sowie des rechten Großzehengrundgelenkes eine Gehbehinderung vorliege. Hiermit sei der Kläger zwar nicht außergewöhnlich gehbehindert, jedoch gehbehindert. Mithilfe von Gehstützen sei es ihm möglich 300-500 m zu gehen. Dr. G. führt in seinem Befundbericht vom 18.01.2012 aus, dass bei dem Kläger u.a. eine Instabilität im Bereich des Brustbeins, eine deutlich reduzierte Belastbarkeit und eine Plexusstörung im Bereich des linken Armes vorliege. Der Kläger benötige eine Gehhilfe und benutze diese auch bei Besuchen in der Praxis. Der Kläger sei bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf Hilfe angewiesen. Diese beziehe sich auf das Einsteigen in Fahrzeuge, auf das Stützen und gegebenenfalls Halten sowie die Notwendigkeit der Hilfe beim Aufstehen aus dem Sitzen und Halten an Haltestangen beim Aussteigen. Der Sachverständige Dr. M. führt in seinem Gutachten vom 19.06.2012 aus, das Heben des linken Armes sei insgesamt eingeschränkt. Im Bereich der vorderen Thoraxwand bestehe ein Status nach Latissimus dorsi Plastik nach Teilresektion des Brustbeines. Es liege eine Einschränkung aufgrund einer geringeren Belastbarkeit des Sternums bei chronischer Osteomyelitis des Sternums vor. Aufgrund der zahlreichen Operationen lägen narbige Veränderungen im Bereich des vorderen Brustkorbes mit daraus resultierender Bewegungseinschränkung der linken Schulter vor. Der Kläger sei infolge seiner Gesundheitsstörungen bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf fremde Hilfe angewiesen. Die Vielzahl der Gesundheitsstörungen führe zu einer erheblichen Verminderung der Reaktionsfähigkeit des Klägers. Insbesondere bedingt durch eine Sternumpseudoarthrose bestehe die Möglichkeit, dass sich der Kläger beim unerwarteten Bremsen oder Anfahren nicht halten könne. Negativ wirkten sich die Bewegungseinschränkungen im Bereich der linken Schulter, die multiplen Narbenbildungen im Bereich des Oberkörpers und die eingeschränkte Beweglichkeit der Brustwirbelsäule und der unteren Halswirbelsäule aus. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.10.2012 führt der Sachverständige aus, dass aufgrund von mehrfachen Sternumfrakturen eine Sternuminstabilität vorliege. Eine regelhafte Belastungsfähigkeit liege nicht vor. Insbesondere die Funktionskette Sternum-Rippen-Brustkorb führe zu einer gravierenden Destabilisierung des Brustkorbes und auch des Gangbildes, da das Abstützen im Wesentlichen auf Unterarmgehstützen erfolge. Zudem sei die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Dadurch seien die Mindestvoraussetzungen für das Merkzeichen B erfüllt, da der Kläger im Wesentlichen nicht mehr ohne Begleitung öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne.
Der Kläger hat im Erörterungstermin am 21.01.2013 glaubhaft ausgeführt, er könne die Balance nicht mehr halten und benötige, um die Stufen zu seiner Wohnung zu erklimmen, jeweils die beiden Gehhilfen und bekomme dann noch körperliche Unterstützung von seiner Frau oder seiner Tochter. Sein Gesundheitszustand habe sich seit der Begutachtung durch Dr. M. noch verschlechtert. Seitens seines Hausarztes sei ihm ein Rollator empfohlen worden. Einen solchen habe ausprobiert, könne ihn wegen der
Probleme im Bereich des Brustbeines aber nicht nutzen, so dass sein Hausarzt bislang keine Verordnung ausgestellt habe. Soweit im Gutachten angegeben sei, er nutze ein Elektrofahrrad, sei dies nicht zutreffend. Er habe zwar ein Elektrofahrrad angeschafft, habe dies aber nicht nutzen können, weil ihm bereits das Aufsteigen Schwierigkeiten bereitet habe und er auch das Gleichgewicht nicht habe halten können. Das Fahrrad habe er wieder abgegeben.
Zur Überzeugung der Kammer steht bei diesem Sachverhalt fest, dass der Kläger aufgrund der Einschränkungen im Bereich der unteren Extremitäten auf Gehhilfen angewiesen ist, die er aufgrund der Einschränkungen im Bereich der oberen Extremitäten nur unzureichend nutzen kann. Die dadurch bedingten Unsicherheiten, insbesondere im Bereich des Brustbeines, machen es für ihn erforderlich, dass er bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel fremde Hilfe erhält. Soweit die Beklagte diesbezüglich im Erörterungstermin ausgeführt hat, dass der Gesamt-GdB für die den Nachteilsausgleich B auslösende Behinderung mindestens bei 50 liegen müsse, findet diese Auffassung, wie oben gezeigt, keine Stütze im Gesetz.
Soweit die beratende Ärztin W. der Beklagten in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 08.11.2012 ausführt, dass der Nachteilsausgleich B vergleichsweise zu gewähren sei bei Querschnittlähmung, Ohnhändern und geistigen Behinderungen ab einem GdB von 100, sagt dies nichts darüber aus, ob Behinderte mit geringeren Behinderungsgraden bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Wie oben ausgeführt ist eine Vergleichbarkeit mit den genannten Personengruppen gerade nicht erforderlich.
Der Klage war daher im Wesentlichen stattzugeben.
Die Klageabweisung im Übrigen folgt aus der Feststellung eines Gesamt-GdB von 100 erst ab dem 29.11.2011.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Hierbei hält das Gericht eine Kostenquote zu Lasten der Beklagten von ¾ für angemessen. Denn einerseits ist hinsichtlich des Gesamt-GdB innerhalb des Klageverfahrens eine Änderung eingetreten, da ab dem 29.11.2011 das Funktionssystem "Ohren" höher zu bewerten war. Dieser geänderten Sachlage hat die Beklagte mit dem Vergleichsangebot vom 05.03.2012 – bzw nach Eingang des Gutachtens – mit dem Vergleichsangebot vom 08.08.2012 entsprochen. Insofern ist eine Kostentragungspflicht der Beklagten nicht angemessen. Andererseits war der Gesamt-GdB – auch ohne die zum 29.11.2011 eingetretene Änderung – ab Antragstellung um 20 zu niedrig. Die dadurch verursachten Kosten gehen zu Lasten der Beklagten. Hinsichtlich der begehrten Nachteilsausgleiche hat der Kläger ursprünglich die Nachteilsausgleiche B, aG und H beantragt. Erfolgreich war er nur hinsichtlich des Nachteilsausgleichs B. Unter Berücksichtigung des Erfolgs- und des Veranlassungsprinzips hält das Gericht die austenorierte Kostenquote für angemessen.
Die Beklagte trägt 3/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Gesamt-GdB von 100 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B.
Der am 11.04.19xx geborene Kläger stellte im Jahr 2008 einen Erstantrag auf Feststellung einer Behinderung, den er mit zahlreichen Erkrankungen begründete. Auf das Antragsformular wird Bezug genommen. Nach Einholung von Befund- und Behandlungsberichten stellte die Beklagte mit Bescheid vom dem 24.04.2009 einen Gesamt-GdB von 60 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G fest.
Den hier streitigen Änderungsantrag stellte der Kläger am 18.04.2011. Als Grund gab er an, dass sich zwischenzeitlich eine Arthrose im rechten Vorfuß gebildet habe. Zudem sei am 30.01.2011 eine Bypassoperation mit postoperativer Infektion erfolgt. Des Weiteren leide er an Knieschmerzen links. Er beantragte die Feststellung der Nachteilsausgleiche aG, B und H.
Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Orthopäden Dres. H. und M. vom 29.04.2011 einschließlich Anlagen und der behandelnden Internisten Dr. G. und Sch. einschließlich Anlagen ein. Auf die Unterlagen wird Bezug genommen. In der anschließenden gutachtlichen Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. H. vom 11.07.2011 kam dieser zu einem Gesamt-GdB von 70 ohne weitere Nachteilsausgleiche neben dem bereits festgestellten Nachteilsausgleich G.
Mit anschließendem Bescheid vom 18.07.2011 stellte die Beklagte einen Gesamt-GdB von 70 fest. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche aG, B, und H lägen nicht vor. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch trug der Kläger vor, er sei weder mit dem Gesamt-GdB noch mit den festgestellten Merkzeichen einverstanden. Es fehle die Berücksichtigung der Herzoperation sowie der Prostata-Erkrankung. Hierzu reichte er einen Arztbrief des Evangelischen und Johanniter Klinikums Niederrhein vom 27.01.2011 ein, auf den Bezug genommen wird. Die Beklagte holte einen Befundbericht des behandelnden Urologen Berse ein, auf den ebenfalls Bezug genommen wird. In der anschließenden gutachtlichen Stellungnahme vom 16.08.2011 kam Dr. D., Ärztin für Innere Medizin und Sozialmedizin, zu folgendem Ergebnis:
1. Hörbehinderung beidseits chronischer Tinnitus beidseits Einzel-GdB 30
2. Funktionsstörung der Wirbelsäule mit chron. Wirbelsäulen- Syndrom bei Verschleiß und Verengung des Wirbelkanals, Bandscheibenvorfall der HWS Einzel-GdB 30
3. Kniegelenksverschleiß beidseits Hallux rigidus rechts Einzel-GdB 30
4. koronare Herzerkrankung, Hochdruckherz bei Bluthochdruck, 3-fache Aorta-coronare Venenbypass-OP wegen coronarer 3-Gefäßerkrankung mit Re-Operationen wegen Sternum-Osteomyelitis Einzel-GdB 40
5. chronische Bronchitis mit Verengung der Atemwege Einzel-GdB 20
6. Magengeschwürsleiden, chronische Gastritis, Refluxerkrankung Einzel-GdB 10
7. Prostataadenom mit Blasenentleerungsstörungen Einzel-GdB 10
Der Gesamt-GdB liege weiter bei 70. Die Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche aG, B, und H lägen nicht vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2011 als unbegründet zurück.
Mit der am 23.09.2011 erhobenen Klage verweist der Kläger auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt er vor, dass eine erneute Untersuchung beim Orthopäden ergeben habe, dass das linke Knie sowie beide Hüftgelenke verschlissen seien. Für das Knie sei eine TEP erforderlich. Zudem bestehe eine Arthrose im Zeh. Er sei beim An- und Auskleiden auf ständige Unterstützung angewiesen und nicht mehr in der Lage, sich alleine zu waschen; auch könne er nicht ohne Hilfe in die Badewanne hinein- oder herausgelangen. Durch die doppelte Verengung des Spinalkanals könnten jederzeit Schmerzen oder Lähmungserscheinungen im linken Arm und im linken Bein auftreten, die es ihm unmöglich machten, ohne Hilfe auszukommen. Er benötige beidseitig Gehhilfen. Aufgrund des Herz- und Lungenleidens bestehe eine allgemeine körperliche Leistungsschwäche. Diese Umstände führten zu einer erheblichen Unsicherheit, da er bereits mehrfach gefallen sei. Die Gehschwäche könne nur durch ständige Begleitung durch seine Ehefrau einigermaßen kompensiert werden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.07.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2011 zu verurteilen, bei ihm ab Antragstellung einen Gesamt-GdB von 100 sowie die gesundheit-lichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen soweit sie über das Vergleichsangebot vom 08.08.2012 hinausgeht.
Auf die Schriftsätze vom 27.10.2011, 05.03.2012 und vom 08.08.2012 wird Bezug genommen.
Das Gericht hat ausführliche Befundberichte folgender Ärzte eingeholt: Dr. E., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 08.11.2011; B., Facharzt für Urologie vom 14.11.2011; Dr. H. vom 16.11.2011, Arzt für Orthopädie-Sportmedizin, der angibt, der Kläger sei auf Gehstützen angewiesen; Dr. G., Facharzt für HNO-Heilkunde, vom 02.01.2012; Dr. G., Arzt für innere Medizin, vom 18.01.2012, der die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B für gegeben hält. Auf die Berichte einschließlich Anlagen wird Bezug genommen.
Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.03.2012, auf den einschließlich gutachtlicher Stellungnahme Bezug genommen wird, ein Vergleichsangebot mit einem Gesamt-GdB von 80 ab dem 29.11.2011 abgegeben, das der Kläger als unzureichend nicht angenommen hat.
Im Anschluss hat das Gericht den Orthopäden und Schmerztherapeuten Dr. M. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 19.06.2012, auf das im übrigen Bezug genommen wird, kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Beklagte bislang eine Schulterteilparese mit rezidivierendem Impingementsyndrom der Schultergelenke beidseits nicht berücksichtigt habe. Ferner sei ein chronifiziertes Schmerzsyndrom Grad II nach Gerbershagen sowie eine leichtgradige Depression und ein Prostataadenom mit Blasenentleerungsstörung nicht berücksichtigt. Der Gesamt-GdB liege ab Januar 2011 bei 90 und ab März 2011 bei 100. Der Kläger sei infolge seiner Gesundheitsstörungen bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf fremde Hilfe angewiesen. Diesbezüglich wird insbesondere auf Bl. 25 des Gutachtens Bezug genommen.
Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 08.08.2012, auf den einschließlich Anlage Bezug genommen wird, kritisch zu dem Gutachten geäußert und ein Vergleichsangebot mit einem GdB von 90 ab dem 18.04.2011 und von 100 ab dem 29.11.2011 ohne weitere Nachteilsausgleiche unterbreitet.
Das Gericht hat den Sachverständigen, nachdem der Kläger das Vergleichsangebot nicht angenommen hatte, ergänzend gehört. Dieser bleibt mit seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 25.10.2012, auf die Bezug genommen wird, bei seiner bisherigen Auffassung.
Hierzu hat die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme ihrer beratenden Ärztin W. vom 08.11.2012 beigebracht, auf die ebenfalls Bezug genommen wird.
Im Erörterungstermin am 21.01.2013 hat das Gericht den Kläger angehört. In dem Termin haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Vorgänge der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben ihr Einverständnis hierzu erklärt.
Die zulässige Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung eines Gesamt-GdB von 90 ab Antragstellung (18.04.2011) und ab dem 29.11.2011 auf Feststellung eines Gesamt-GdB von 100. Zudem hat er Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B ab Antragstellung. Der Bescheid der Beklagten vom 18.07.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2011 ist insofern rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne des § 54 Abs 2 SGG in seinen Rechten.
Bei dem Kläger liegen ab Antragstellung im April 2011 in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen und der beratenden Ärztin W. der Beklagten vom 02.08.2012 folgende Gesundheitsstörungen vor:
Leidensbezeichnung: Einzel-GdB
1. Hörbehinderung bds., chronischer Tinnitus bds. 30 (40)
2. Funktionsstörung der Wirbelsäule mit chron. Wirbelsäulensyndrom bei Verschleiß und Verengung des Wirbelkanals, Bandscheibenvorfall der HWS 30
3. Kniegelenksverschleiß beidseits Hallux rigidus bds. 30
4. koronare Herzerkrankung, Hochdruckherz bei Bluthochdruck, 3-fache Aorto-coronare Venenbypass-OP wegen coronarer 3-Gefäßerkrankung mit Re-Operationen wegen Sternum-Osteomyelitis 40
5. chronische Bronchitis mit Verengung der Atemwege 20
6. Magengeschwürsleiden, chronische Gastritis, Refluxerkrankung 10
7. Sehnenengpasssyndrom der Schultergelenke mit Schulterteilsteife links 20
8. Chronifiziertes Schmerzsyndrom 20 9 Blasenentleerungsstörungen bei Prostataadenom 10
Ab dem 29.11.2011 ist die Erkrankung auf HNO-ärztlichem Gebiet mit einem GdB von 40 zu bewerten. Dies folgt aus der Stellungnahme der die Beklagte beratenden Ärztin W. und dem HNO-ärztlichen Befundbericht vom 02.01.2012 von Dr. G., bei dem sich der Kläger zuletzt am 29.11.2011 nach Verschlechterung der Innenohrschwerhörigkeit und des Tinnitus vorgestellt hat. Insofern hat der Sachverständige übersehen, dass zu diesem Zeitpunkt der Einzel-GdB für das Funktionssystem Ohren auf 40 zu erhöhen war, was aus der Gutachtlichen Stellungnahme der Ärztin W. vom 14.02.2012 folgt.
Die Festlegung der verschiedenen Einzel-GdB ist in Einklang mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VersMedG) erfolgt und wird auch von den Beteiligten nicht angegriffen. Das Gericht sieht daher insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da die jeweiligen Einzel-GdB in Einklang mit den gesetzlichen Grundlagen stehen. Nach § 69 Abs 2 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten die im Rahmen des § 30 Abs 1 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend (§ 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX).
In Bezug auf die Bildung des Gesamt-GdB folgt das Gericht nicht der Einschätzung des Sachverständigen und des Klägers, sondern der der beratenden Ärztin W. der Beklagten, da die zuletzt genannte Beurteilung in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben steht und der Sachverständige keine nachvollziehbaren Gründe für den von ihm angenommenen Gesamt-GdB genannt hat. Das bedeutet, dass ab Antragstellung ein Gesamt-GdB von 90 und erst ab dem 29.11.2011 ein Gesamt-GdB von 100 vorliegt. Hinsichtlich der Gesamt-GdB-Bildung sind gem. § 69 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und Teil A Nr 3 lit a) der VersMedG bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen deren Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu würdigen. Rechenmethoden sind hierbei nicht heranzuziehen, vielmehr ist von der Funktionsbeeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird (Teil A Nr 3 lit c) der VersMedG). Hierbei führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen.
Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 20 ist der Schluss auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung vielfach nicht gerechtfertigt (Teil A Nr 3 lit d) ee) der VersMedG).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze führt das chronische Schmerzsyndrom, das nach überzeugender Darstellung des Sachverständigen nur knapp einen Einzel-GdB von 20 erreicht, nicht zur Erhöhung des Gesamt-GdB, da die Schmerzen im Wesentlichen durch die strukturelle Schädigung im Bereich der einzelnen anatomischen Segmente bedingt sind. Der Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem "Herz" ist an der unteren Grenze des Ermessensspielraums anzusiedeln, da die kardiale Belastbarkeit bis 100 Watt möglich war (vgl Gutachtliche Stellungnahme vom 08.11.2012). Ausgehend von dem Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem "Herz" wirken sich die oben genannten Leidensbezeichnungen 1, 2, 3, 5 und 7 maximal jeweils um 10 erhöhend aus, so dass sich ein Gesamt-GdB von maximal 90 ergibt. Insofern bestehen zwar Zweifel, ob der Einzel-GdB von 20 für das Funktionssystem "Lunge" tatsächlich das Ausmaß der Behinderung erhöht und in den Gesamt-GdB einfließt. Da die Beteiligten in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen davon auszugehen scheinen und die Auffassung vertretbar ist, folgt die Kammer dem. Die Leidensbezeichnungen 6 und 9 mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 können nicht erhöhend berücksichtigt werden; gleiches gilt für den nur schwachen Einzel-GdB von 20 für das chronifizierte Schmerzsyndrom (Leidensbezeichnung 8). Ab dem 29.11.2011 ist das Funktionssystem "Ohren" (Leidensbezeichnung 1) mit einem Einzel-GdB von 40 führend. Nun wirken sich die oben genannten Leidensbezeichnungen 2, 3, 4, 5 und 7 jeweils um 10 erhöhend aus, so dass sich ein Gesamt-GdB von 100 ergibt.
Ein Gesamt-GdB von 100 bereits ab Antragstellung lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht vertreten. Denn dann müsste einer der Einzel-GdB von 30 sich auf den Gesamt-GdB mit mindestens 20 auswirken. Hierfür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, zumal der Gesamt-GdB des Klägers angesichts von Gesundheitsstörungen, die für sich allein genommen einen solchen GdB rechtfertigen, sehr hoch erscheint. Denn einen GdB von 80 bis 100 erreichen Behinderte, mit einer Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades mit Atemnot bei leichtester Belastung oder in Ruhe oder bei Herzerkrankungen mit Einschränkungen der Herzleistung bereits in Ruhe oder aber Behinderte mit Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit. Angesichts dieser Behinderungen liegt der Gesamt-GdB des Klägers mit 90 ab Antragstellung und mit 100 ab dem 29.11.2011 angesichts der bei ihm vorliegenden relativ geringen Einzel-GdB im obersten Bereich des Ermessensspielraumes.
Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen jedoch die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B ab Antragstellung vor. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers sind die §§ 69 Abs 4, 146 Abs 2 SGB IX. Nach den §§ 69 Abs 4, 146 Abs 2 SGB IX in der insoweit bis heute geltenden Fassung des mit Wirkung vom 12. Dezember 2006 in Kraft getretenen Gesetzes vom 2. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2742) hat die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständige Behörde die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen B festzustellen, wenn der schwerbehinderte Mensch bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge seiner Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen ist. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, waren für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt Ausgabe 2008 – AHP 2008) zu beachten, die gemäß § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 durch die VersMedG (Anlage zu § 2 VersMedV) abgelöst worden sind, mit der die in den AHP niedergelegten Maßstäbe mit lediglich redaktionellen Anpassungen in eine normative Form gegossen worden sind, ohne dass die bisherigen Maßstäbe inhaltliche Änderungen erfahren hätten, so dass weiterhin auf die entsprechende Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann. Nach § 146 Abs 2 SGB IX sind zur Mitnahme einer Begleitperson schwerbehinderte Menschen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nach § 146 Abs 2 Satz 2 SGB IX nicht, dass die schwerbehinderte Person, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder für andere darstellt.
Nach Teil D Ziff 2 der VersMedG, der die Berechtigung für eine ständige Begleitung (Merkzeichen B) näher regelt, gilt – soweit hier relevant - Folgendes:
"a) Für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson ist nach dem SGB IX die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen.
b) Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H" vorliegen) gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind.
c) Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist anzunehmen bei Querschnittgelähmten, Ohnhändern, Blinden und Sehbehinderten, Hörbehinderten, geistig behinderten Menschen und Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist."
Aus dem Wortlaut und System dieser Vorschriften folgt nach Auffassung der erkennenden Kammer, dass § 146 Abs 2 SGB IX iVm Teil D Ziff 2 lit b) der VersMedG die Grundvoraussetzungen für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B normiert und Teil D Ziff 2 lit c) der VersMedG Behinderungen benennt, bei denen automatisch die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B angenommen werden, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Anders als wohl die Beklagte geht die erkennende Kammer jedoch nicht davon aus, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B nur dann angenommen werden können, wenn vergleichbare Einschränkungen wie die unter Teil D Ziff 2 lit c) der VersMedG Genannten vorliegen. Denn für eine solche einschränkende Auslegung bieten weder der Wortlaut des § 146 SGB IX noch der von Teil D Ziff 2 lit b und c der VersMedG Anhaltspunkte.
Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass die zu dieser Frage nur am Rande existierende Kommentarliteratur und Rechtsprechung teilweise durchaus geeignet ist, die Auffassung der Beklagten zu stützen.
So schreibt Vogl in jurisPK-SGB IX (§ 146 SGB IX, Rz 18, 1. Auflage 2010), dass der Schweregrad der Behinderung in seinen funktionellen Auswirkungen auf die Sicherheit des Behinderten und Dritter in Richtung der in der VersMedV genannten Personenkreise der Querschnittsgelähmten, Ohnehänder und Blinden weisen müsse. Hierzu bezieht er sich (Fußnote 28) auf ein Urteil des Bayerischen LSG (05.06.2002, L 18 SB 29/01, juris), das unter Rz 20 ausführt: "Für die Zuerkennung des Merkzeichens B bedarf es schwerwiegenderer Gefährdungen durch Funktionseinschränkungen als sie die Klägerin aufweist. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der AHP aaO Abs 3, an denen sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten orientiert. Danach ist das Merkzeichen B zu gewähren bei Querschnittsgelähmten, Ohnhändern und Blinden. Zwar sind diese Behinderungen keine Regelbeispiele dafür, welches Ausmaß Behinderungen haben müssen, damit der Nachteilsausgleich anerkannt wird (so zutreffend M. Schillings Kommentar zu den AHP S 307). Der Schweregrad der Behinderung muss aber in seinen funktionellen Auswirkungen auf die Sicherheit des Behinderten und Dritter in die Richtung der in den AHP genannten Personenkreise weisen (einschränkender wohl LSG Rheinland-Pfalz aaO)." Eine Begründung für diese Auffassung findet sich in dem Urteil des Bayerischen LSG nicht. Auch findet sich in dem Urteil kein nachvollziehbarer Grund dafür, dass sich diese einschränkende Auslegung aus dem Sinn und Zweck der AHP und aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten ergebe. Denn eine einschränkende Auslegung trotz des entgegenstehenden Wortlauts ist grundsätzlich unzulässig. Welche Gleichbehandlungsgesichtspunkte eine einschränkende Auslegung gebieten, erschließt sich dem Gericht ebenfalls nicht.
Auch Kossens (in Kossens, von der Heide, Maaß, Kommentar zum SGB IX, 2. Auflage 2006, § 146 Rz 12) vertritt ohne nähere Begründung und unter Bezugnahme auf das Urteil des Bayrischen LSG (vom 05.06.2002, aaO) die Ansicht, der Schweregrad der Behinderung müsse in seinen funktionellen Auswirkungen in Richtung der in den AHP 1996 genannten Personenkreise weisen.
Masuch (in Hauck/Noftz, Gesamtkommentar Sozialgesetzbuch, SGB IX, 2. Band 2013, § 146 Rz 10a, Erg.-Lfg. VIII/07) führt aus, nach den AHP sei die Berechtigung einer Begleitperson grundsätzlich bei Querschnittsgelähmten, Ohnhändern, Blinden, schwer Sehbehinderten und in vergleichbaren Fällen ab einem GdB von 80 anzuerkennen. Eine Begründung für diese Ansicht, die wohl auch von der Beklagten vertreten wird, findet sich in der Kommentierung leider nicht. Auch in den AHP 1983, 1996, 2004 und 2008 hat jedenfalls die Vorsitzende keine entsprechende Einschränkung auf Fälle mit einem GdB von 80 finden können. Selbst wenn es in vorherigen Fassungen der AHP entsprechende Einschränkungen gegeben haben sollte, sind diese Einschränkungen offensichtlich nicht fortgeschrieben worden und haben jedenfalls keinen Eingang in § 146 SGB IX und in die VersMedG gefunden, so dass aus heutiger Sicht auch kein redaktionelles Versehen mehr unterstellt werden kann, sollte es denn zu den AHP vor 1983 entsprechende Einschränkungen gegeben haben.
Keine näheren Ausführungen zu der hier streitentscheidenden Frage machen Pahlen (in Neumann, Pahlen, Kommentar zum SGB IX, 10. Auflage 2010, § 146), Dau (in Dau, Düwell, Haines, Nomos Kommentar zum SGB IX, 2. Aufl.2009, § 146, Rz 9 und 10) und Oppermann (in Knickrehm, Nomos Kommentar Gesamtes Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, §146 SGB IX, Rz 9 bis 12).
Dem Gericht fällt keine Begründung für die von Teilen der Literatur und Rechtsprechung und die von der Beklagten vertretenen Auffassung ein. Denn § 146 Abs 2 SGB IX selbst trifft keine derartige Einschränkung. Danach ist lediglich das Angewiesensein auf fremde Hilfe notwendig, ohne dass das bedeutet, dass ohne Begleitung eine Gefahr für den Schwerbehinderten oder Dritte besteht. Die fremde Hilfe ist also keine Bedingung, ohne die sich der Behinderte nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen kann, ohne sich oder andere zu gefährden. Das Gericht orientiert sich deshalb am Wortlaut des § 146 SGB IX und den der VersMedG, da die abweichenden Ansichten keine oder keine dem Gericht nachvollziehbaren Gründe benennen. Voraussetzung für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B ist damit lediglich die Schwerbehinderteneigenschaft (mit den Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "Gl" oder "H") und die regelmäßige Angewiesenheit auf fremde Hilfe bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge der Behinderung. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind.
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger vor. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 90 bzw 100 und die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G liegen bei ihm vor. Auch ist der Kläger bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge seiner Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Dies folgt zur Überzeugung des Gerichts aus den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen, aus den überzeugenden Ausführungen des behandelnden Orthopäden des Klägers im Befundbericht vom 16.11.2011 und des behandelnden Internisten Dr. G. im Befundbericht vom 18.01.2012 sowie der eigenen Einlassung des Klägers im Termin am 21.01.2013. Der Sachverständige ist im Schwerbehindertenrecht erfahrenen und hat das Gutachten nach Durchführung aller erforderlichen Untersuchungen und in Kenntnis der in der Akte befindlichen medizinischen Befunde erstellt. Zweifel daran, dass alle für die Beurteilung relevanten Befunde richtig erhoben und bewertet worden sind, bestehen für das Gericht nicht.
Dr. H. führt in seinem Befundbericht vom 16.11.2011 aus, dass in der Zusammenschau der degenerativen Veränderungen des Achsenorganes und des linken Kniegelenkes sowie des rechten Großzehengrundgelenkes eine Gehbehinderung vorliege. Hiermit sei der Kläger zwar nicht außergewöhnlich gehbehindert, jedoch gehbehindert. Mithilfe von Gehstützen sei es ihm möglich 300-500 m zu gehen. Dr. G. führt in seinem Befundbericht vom 18.01.2012 aus, dass bei dem Kläger u.a. eine Instabilität im Bereich des Brustbeins, eine deutlich reduzierte Belastbarkeit und eine Plexusstörung im Bereich des linken Armes vorliege. Der Kläger benötige eine Gehhilfe und benutze diese auch bei Besuchen in der Praxis. Der Kläger sei bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf Hilfe angewiesen. Diese beziehe sich auf das Einsteigen in Fahrzeuge, auf das Stützen und gegebenenfalls Halten sowie die Notwendigkeit der Hilfe beim Aufstehen aus dem Sitzen und Halten an Haltestangen beim Aussteigen. Der Sachverständige Dr. M. führt in seinem Gutachten vom 19.06.2012 aus, das Heben des linken Armes sei insgesamt eingeschränkt. Im Bereich der vorderen Thoraxwand bestehe ein Status nach Latissimus dorsi Plastik nach Teilresektion des Brustbeines. Es liege eine Einschränkung aufgrund einer geringeren Belastbarkeit des Sternums bei chronischer Osteomyelitis des Sternums vor. Aufgrund der zahlreichen Operationen lägen narbige Veränderungen im Bereich des vorderen Brustkorbes mit daraus resultierender Bewegungseinschränkung der linken Schulter vor. Der Kläger sei infolge seiner Gesundheitsstörungen bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf fremde Hilfe angewiesen. Die Vielzahl der Gesundheitsstörungen führe zu einer erheblichen Verminderung der Reaktionsfähigkeit des Klägers. Insbesondere bedingt durch eine Sternumpseudoarthrose bestehe die Möglichkeit, dass sich der Kläger beim unerwarteten Bremsen oder Anfahren nicht halten könne. Negativ wirkten sich die Bewegungseinschränkungen im Bereich der linken Schulter, die multiplen Narbenbildungen im Bereich des Oberkörpers und die eingeschränkte Beweglichkeit der Brustwirbelsäule und der unteren Halswirbelsäule aus. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.10.2012 führt der Sachverständige aus, dass aufgrund von mehrfachen Sternumfrakturen eine Sternuminstabilität vorliege. Eine regelhafte Belastungsfähigkeit liege nicht vor. Insbesondere die Funktionskette Sternum-Rippen-Brustkorb führe zu einer gravierenden Destabilisierung des Brustkorbes und auch des Gangbildes, da das Abstützen im Wesentlichen auf Unterarmgehstützen erfolge. Zudem sei die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Dadurch seien die Mindestvoraussetzungen für das Merkzeichen B erfüllt, da der Kläger im Wesentlichen nicht mehr ohne Begleitung öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne.
Der Kläger hat im Erörterungstermin am 21.01.2013 glaubhaft ausgeführt, er könne die Balance nicht mehr halten und benötige, um die Stufen zu seiner Wohnung zu erklimmen, jeweils die beiden Gehhilfen und bekomme dann noch körperliche Unterstützung von seiner Frau oder seiner Tochter. Sein Gesundheitszustand habe sich seit der Begutachtung durch Dr. M. noch verschlechtert. Seitens seines Hausarztes sei ihm ein Rollator empfohlen worden. Einen solchen habe ausprobiert, könne ihn wegen der
Probleme im Bereich des Brustbeines aber nicht nutzen, so dass sein Hausarzt bislang keine Verordnung ausgestellt habe. Soweit im Gutachten angegeben sei, er nutze ein Elektrofahrrad, sei dies nicht zutreffend. Er habe zwar ein Elektrofahrrad angeschafft, habe dies aber nicht nutzen können, weil ihm bereits das Aufsteigen Schwierigkeiten bereitet habe und er auch das Gleichgewicht nicht habe halten können. Das Fahrrad habe er wieder abgegeben.
Zur Überzeugung der Kammer steht bei diesem Sachverhalt fest, dass der Kläger aufgrund der Einschränkungen im Bereich der unteren Extremitäten auf Gehhilfen angewiesen ist, die er aufgrund der Einschränkungen im Bereich der oberen Extremitäten nur unzureichend nutzen kann. Die dadurch bedingten Unsicherheiten, insbesondere im Bereich des Brustbeines, machen es für ihn erforderlich, dass er bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel fremde Hilfe erhält. Soweit die Beklagte diesbezüglich im Erörterungstermin ausgeführt hat, dass der Gesamt-GdB für die den Nachteilsausgleich B auslösende Behinderung mindestens bei 50 liegen müsse, findet diese Auffassung, wie oben gezeigt, keine Stütze im Gesetz.
Soweit die beratende Ärztin W. der Beklagten in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 08.11.2012 ausführt, dass der Nachteilsausgleich B vergleichsweise zu gewähren sei bei Querschnittlähmung, Ohnhändern und geistigen Behinderungen ab einem GdB von 100, sagt dies nichts darüber aus, ob Behinderte mit geringeren Behinderungsgraden bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Wie oben ausgeführt ist eine Vergleichbarkeit mit den genannten Personengruppen gerade nicht erforderlich.
Der Klage war daher im Wesentlichen stattzugeben.
Die Klageabweisung im Übrigen folgt aus der Feststellung eines Gesamt-GdB von 100 erst ab dem 29.11.2011.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Hierbei hält das Gericht eine Kostenquote zu Lasten der Beklagten von ¾ für angemessen. Denn einerseits ist hinsichtlich des Gesamt-GdB innerhalb des Klageverfahrens eine Änderung eingetreten, da ab dem 29.11.2011 das Funktionssystem "Ohren" höher zu bewerten war. Dieser geänderten Sachlage hat die Beklagte mit dem Vergleichsangebot vom 05.03.2012 – bzw nach Eingang des Gutachtens – mit dem Vergleichsangebot vom 08.08.2012 entsprochen. Insofern ist eine Kostentragungspflicht der Beklagten nicht angemessen. Andererseits war der Gesamt-GdB – auch ohne die zum 29.11.2011 eingetretene Änderung – ab Antragstellung um 20 zu niedrig. Die dadurch verursachten Kosten gehen zu Lasten der Beklagten. Hinsichtlich der begehrten Nachteilsausgleiche hat der Kläger ursprünglich die Nachteilsausgleiche B, aG und H beantragt. Erfolgreich war er nur hinsichtlich des Nachteilsausgleichs B. Unter Berücksichtigung des Erfolgs- und des Veranlassungsprinzips hält das Gericht die austenorierte Kostenquote für angemessen.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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