Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 446/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 52/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 45/12 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 20. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Pflicht zur Vorlage einer Lebensbescheinigung als Voraussetzung zur Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung der Beklagten.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 1. April 2009 die grundsätzliche Teilnahme des Klägers an der erweiterten Honorarverteilung aufgrund eines rechtskräftig durchgeführten Versorgungsausgleichs mit einem Anspruchssatz von 1,9844 % fest.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 11. November 2009 darauf hin, dass die Einbeziehung in die erweiterte Honorarverteilung voraussetze, dass die Berechtigung jedes einzelnen Anspruchs bei einer Überprüfung jederzeit nachgewiesen werden könne. Sie bat deshalb, die dem Schreiben beigefügte Lebensbescheinigung durch eine dienstsiegelführende Stelle (auch durch den Hausarzt oder die Bank), beglaubigen zu lassen und bis spätestens 31. Dezember 2009 zurückzusenden. Sollte der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt keine Lebensbescheinigung vorlegen, sehe sie sich gezwungen, die Zahlungen aus der erweiterten Honorarverteilung zunächst einzustellen. Hieran erinnerte sie mit Schreiben vom 3. März 2010, in dem sie mitteilte, sie habe ab Februar 2010 die monatlichen Zahlungen an den Kläger eingestellt.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 14. April 2010 unter Protest eine Lebensbescheinigung der Stadt A-Stadt vom 13. April 2010 vor.
Der Kläger hat am 18. März 2010 Klage beim Sozialgericht Würzburg erhoben, das mit Beschluss vom 21. Mai 2010, Az. S 1 SV 4/10, den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen hat.
Der Kläger hat neben Ansprüchen auf Zahlungen die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Leistungen aus der erweiterten Honorarverteilung zu erbringen, ohne die Leistung von der Vorlage einer Lebensbescheinigung abhängig zu machen. Hierzu hat er die Auffassung vertreten, die Versorgungsausgleichsentscheidung des Familiengerichts Alsfeld sei auch für die Beklagte bindend. Seine schriftlichen Äußerungen gäben hinreichend seine agierende Lebenskraft wieder.
Die Beklagte hat unter Datum vom 30. April 2010 erklärt, sie habe nunmehr die Überweisung der monatlichen Raten für Februar und März 2010 von insgesamt 300,00 EUR veranlasst. Die noch ausstehende Restzahlung für das Quartal IIl/09 von 132,77 EUR werde mit der Restzahlung für das Quartal IV/09 in der 17. KW an den Kläger überwiesen. Damit sei eine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten.
Mit Urteil vom 20. Juli 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Bezüglich der Klageanträge zu 2. bis 4. sei Erledigung eingetreten, da die Beklagte nach Vorlage der Lebensbescheinigung die strittigen Zahlungen vorgenommen habe. Der Feststellungsantrag zu 1. sei mit Vorlage der Lebensbescheinigung noch nicht erledigt, da nicht auszuschließen sei, dass die Beklagte auch in der Zukunft die Vorlage einer Lebensbescheinigung verlangen werde. Die Klage sei aber insoweit unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ab Eintritt des Versorgungsfalls den auf 1,9844 % festgeschriebenen Anteil an der erweiterten Honorarverteilung an ihn zu leisten, ohne die Leistung von der vorherigen Beibringung einer Lebensbescheinigung durch ihn abhängig zu machen. Die Beklagte sei berechtigt, die Teilnahme des Klägers an der erweiterten Honorarverteilung von der vorherigen Beibringung einer Lebensbescheinigung durch ihn abhängig zu machen. Ein Anspruch auf Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung bestehe erst dann, wenn alle Voraussetzungen nachgewiesen seien. Anspruchsvoraussetzung sei auch, dass der Kläger noch lebe. Dies folge bereits aus den Anspruchsvoraussetzungen nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung. Einer besonderen Regelung hierfür bedürfe es nicht. Die Lebensbescheinigung könne nur vom Kläger selbst beigebracht werden. Die Vorlage einer Lebensbescheinigung sei auch nicht unzumutbar. Für die gesetzliche Rentenversicherung werde diese in Ermächtigung der Zahlstellen der Deutschen Post AG ausdrücklich in § 115 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI (gemeint: § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI) geregelt (Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 5. April 2000 - B 5 RJ 38/99 R - BSGE 86, 107 = SozR 3-1200 § 2 Nr. 1 = NZS 2001, 150 = SGb 2001, 204 = 2000, 1039, hier zitiert nach juris, Rdnr. 19). Es sei daher nicht ersichtlich, weshalb in dem Verlangen auf Vorlage einer Lebensbescheinigung eine Nötigung zu sehen sei. Im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Vorlage könne auch eine Grundrechtsverletzung, insbesondere ein Verstoß gegen den Grundsatz der Menschenwürde, nicht gesehen werden.
Gegen das ihm am 26. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. August 2011 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt und die Zahlungsklage (Klageanträge zu 2 bis 4) mit Schriftsatz vom 9. Februar 2012 für erledig erklärt.
Der Kläger trägt vor, er korrespondiere seit Jahren ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts mit der Beklagten über die Art und Weise sowie die Höhe seines durch Beschluss des Amtsgerichts Alsfeld vom 27. Februar 1997 (21 F 238/94 VA) auf 1,9844 % netto festgelegten Anspruchs aus der erweiterten Honorarverteilung. Eine Verpflichtung durch quasi-amtlichen Nachweis die Tatsache zu belegen, dass er noch am Leben sei, gehe nicht auf das Satzungsrecht der Beklagten sondern auf einen Vorstandsbeschluss zurück und verstoße gegen seine Menschenwürde. Ein Interesse der Beklagten an der Vorlage einer Lebensbescheinigung bestehe schon deshalb nicht, weil die Beklagte immer nachschüssig auf bereits verstrichene Zeiträume Zahlungen erbringe. Im Falle seines Ablebens habe die Beklagte ggf. Rückforderungsansprüche gegen die Erben.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 20. Juli 2011 abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn den auf 1,9844 % festgeschriebenen Anteil an der erweiterten Honorarverteilung zur Auszahlung zu bringen, ohne die Leistung von der Vorlage einer Lebensbescheinigung durch ihn abhängig zu machen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, Voraussetzung eines Anspruchs auf die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung als Vertragsarzt sei, dass der Anspruchsinhaber noch lebe. Diese Voraussetzung sei vom Kläger nachzuweisen, da nur er sich bescheinigen lassen könne, dass er noch lebe.
Der Senat hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter angehört.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts und Verwaltungsakten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Kläger auf Verlangen der Beklagten zur Vorlage einer Lebensbescheinigung verpflichtet ist, das angefochtene Urteil ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Anspruch des Klägers auf Honorarzahlungen aus der erweiterten Honorarverteilung setzt – neben dem Versorgungsfall – gemäß § 1 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen voraus, dass der Anspruchsberechtigte noch lebt. Im Rahmen des die Beklagte treffenden Amtsermittlungsgrundsatzes war sie daher berechtigt, vom Kläger die Vorlage einer Lebensbescheinigung zu verlangen.
Im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes ist die Beklagte gemäß § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) verpflichtet, den dem Leistungsanspruch des Klägers zugrunde liegenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen, § 20 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz SGB X, und bedient sich dabei der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält.
Die Auswahl der Lebensbescheinigung als Beweismittel zum Nachweis des Umstandes, dass der Kläger noch lebt, ist nicht zu beanstanden, denn der Beklagten steht zwar die Möglichkeit gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Gesetzes über das Meldewesen (Meldegesetz – MeldeG) vom 8. Dezember 2006 (GVBl 2006, 990) offen, bei der zuständigen Meldebehörde eine Auskunft über das Sterbedatum einzuholen und aus einer Fehlanzeige im Wege des Umkehrschlusses darauf zu schließen, dass der Kläger noch lebt. Unter Berücksichtigung von möglichen Verzögerungen bei der Wahrnehmung der Meldepflicht oder Verstößen gegen dieselbe ist die Lebensbescheinigung indessen jedenfalls das geeignetere Mittel zum Beweis des Umstandes, dass der Kläger noch lebt.
Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger zur Vorlage der Lebensbescheinigung herangezogen hat, denn den Kläger, der diese nur selbst erwirken kann, treffen insoweit Mitwirkungspflichten gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Wie das Sozialgericht bereits ausgeführt hat, war es ihm daher insbesondere auch nicht unzumutbar, die Lebensbescheinigung beizubringen. Kommt er seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nach, liegt eine non-liquet-Situation vor, die sich im Rahmen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers auswirkt und die Beklagte berechtigt, Zahlungen einzubehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Pflicht zur Vorlage einer Lebensbescheinigung als Voraussetzung zur Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung der Beklagten.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 1. April 2009 die grundsätzliche Teilnahme des Klägers an der erweiterten Honorarverteilung aufgrund eines rechtskräftig durchgeführten Versorgungsausgleichs mit einem Anspruchssatz von 1,9844 % fest.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 11. November 2009 darauf hin, dass die Einbeziehung in die erweiterte Honorarverteilung voraussetze, dass die Berechtigung jedes einzelnen Anspruchs bei einer Überprüfung jederzeit nachgewiesen werden könne. Sie bat deshalb, die dem Schreiben beigefügte Lebensbescheinigung durch eine dienstsiegelführende Stelle (auch durch den Hausarzt oder die Bank), beglaubigen zu lassen und bis spätestens 31. Dezember 2009 zurückzusenden. Sollte der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt keine Lebensbescheinigung vorlegen, sehe sie sich gezwungen, die Zahlungen aus der erweiterten Honorarverteilung zunächst einzustellen. Hieran erinnerte sie mit Schreiben vom 3. März 2010, in dem sie mitteilte, sie habe ab Februar 2010 die monatlichen Zahlungen an den Kläger eingestellt.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 14. April 2010 unter Protest eine Lebensbescheinigung der Stadt A-Stadt vom 13. April 2010 vor.
Der Kläger hat am 18. März 2010 Klage beim Sozialgericht Würzburg erhoben, das mit Beschluss vom 21. Mai 2010, Az. S 1 SV 4/10, den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen hat.
Der Kläger hat neben Ansprüchen auf Zahlungen die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Leistungen aus der erweiterten Honorarverteilung zu erbringen, ohne die Leistung von der Vorlage einer Lebensbescheinigung abhängig zu machen. Hierzu hat er die Auffassung vertreten, die Versorgungsausgleichsentscheidung des Familiengerichts Alsfeld sei auch für die Beklagte bindend. Seine schriftlichen Äußerungen gäben hinreichend seine agierende Lebenskraft wieder.
Die Beklagte hat unter Datum vom 30. April 2010 erklärt, sie habe nunmehr die Überweisung der monatlichen Raten für Februar und März 2010 von insgesamt 300,00 EUR veranlasst. Die noch ausstehende Restzahlung für das Quartal IIl/09 von 132,77 EUR werde mit der Restzahlung für das Quartal IV/09 in der 17. KW an den Kläger überwiesen. Damit sei eine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten.
Mit Urteil vom 20. Juli 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Bezüglich der Klageanträge zu 2. bis 4. sei Erledigung eingetreten, da die Beklagte nach Vorlage der Lebensbescheinigung die strittigen Zahlungen vorgenommen habe. Der Feststellungsantrag zu 1. sei mit Vorlage der Lebensbescheinigung noch nicht erledigt, da nicht auszuschließen sei, dass die Beklagte auch in der Zukunft die Vorlage einer Lebensbescheinigung verlangen werde. Die Klage sei aber insoweit unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ab Eintritt des Versorgungsfalls den auf 1,9844 % festgeschriebenen Anteil an der erweiterten Honorarverteilung an ihn zu leisten, ohne die Leistung von der vorherigen Beibringung einer Lebensbescheinigung durch ihn abhängig zu machen. Die Beklagte sei berechtigt, die Teilnahme des Klägers an der erweiterten Honorarverteilung von der vorherigen Beibringung einer Lebensbescheinigung durch ihn abhängig zu machen. Ein Anspruch auf Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung bestehe erst dann, wenn alle Voraussetzungen nachgewiesen seien. Anspruchsvoraussetzung sei auch, dass der Kläger noch lebe. Dies folge bereits aus den Anspruchsvoraussetzungen nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung. Einer besonderen Regelung hierfür bedürfe es nicht. Die Lebensbescheinigung könne nur vom Kläger selbst beigebracht werden. Die Vorlage einer Lebensbescheinigung sei auch nicht unzumutbar. Für die gesetzliche Rentenversicherung werde diese in Ermächtigung der Zahlstellen der Deutschen Post AG ausdrücklich in § 115 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI (gemeint: § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI) geregelt (Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 5. April 2000 - B 5 RJ 38/99 R - BSGE 86, 107 = SozR 3-1200 § 2 Nr. 1 = NZS 2001, 150 = SGb 2001, 204 = 2000, 1039, hier zitiert nach juris, Rdnr. 19). Es sei daher nicht ersichtlich, weshalb in dem Verlangen auf Vorlage einer Lebensbescheinigung eine Nötigung zu sehen sei. Im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Vorlage könne auch eine Grundrechtsverletzung, insbesondere ein Verstoß gegen den Grundsatz der Menschenwürde, nicht gesehen werden.
Gegen das ihm am 26. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. August 2011 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt und die Zahlungsklage (Klageanträge zu 2 bis 4) mit Schriftsatz vom 9. Februar 2012 für erledig erklärt.
Der Kläger trägt vor, er korrespondiere seit Jahren ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts mit der Beklagten über die Art und Weise sowie die Höhe seines durch Beschluss des Amtsgerichts Alsfeld vom 27. Februar 1997 (21 F 238/94 VA) auf 1,9844 % netto festgelegten Anspruchs aus der erweiterten Honorarverteilung. Eine Verpflichtung durch quasi-amtlichen Nachweis die Tatsache zu belegen, dass er noch am Leben sei, gehe nicht auf das Satzungsrecht der Beklagten sondern auf einen Vorstandsbeschluss zurück und verstoße gegen seine Menschenwürde. Ein Interesse der Beklagten an der Vorlage einer Lebensbescheinigung bestehe schon deshalb nicht, weil die Beklagte immer nachschüssig auf bereits verstrichene Zeiträume Zahlungen erbringe. Im Falle seines Ablebens habe die Beklagte ggf. Rückforderungsansprüche gegen die Erben.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 20. Juli 2011 abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn den auf 1,9844 % festgeschriebenen Anteil an der erweiterten Honorarverteilung zur Auszahlung zu bringen, ohne die Leistung von der Vorlage einer Lebensbescheinigung durch ihn abhängig zu machen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, Voraussetzung eines Anspruchs auf die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung als Vertragsarzt sei, dass der Anspruchsinhaber noch lebe. Diese Voraussetzung sei vom Kläger nachzuweisen, da nur er sich bescheinigen lassen könne, dass er noch lebe.
Der Senat hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter angehört.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts und Verwaltungsakten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Kläger auf Verlangen der Beklagten zur Vorlage einer Lebensbescheinigung verpflichtet ist, das angefochtene Urteil ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Anspruch des Klägers auf Honorarzahlungen aus der erweiterten Honorarverteilung setzt – neben dem Versorgungsfall – gemäß § 1 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen voraus, dass der Anspruchsberechtigte noch lebt. Im Rahmen des die Beklagte treffenden Amtsermittlungsgrundsatzes war sie daher berechtigt, vom Kläger die Vorlage einer Lebensbescheinigung zu verlangen.
Im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes ist die Beklagte gemäß § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) verpflichtet, den dem Leistungsanspruch des Klägers zugrunde liegenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen, § 20 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz SGB X, und bedient sich dabei der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält.
Die Auswahl der Lebensbescheinigung als Beweismittel zum Nachweis des Umstandes, dass der Kläger noch lebt, ist nicht zu beanstanden, denn der Beklagten steht zwar die Möglichkeit gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Gesetzes über das Meldewesen (Meldegesetz – MeldeG) vom 8. Dezember 2006 (GVBl 2006, 990) offen, bei der zuständigen Meldebehörde eine Auskunft über das Sterbedatum einzuholen und aus einer Fehlanzeige im Wege des Umkehrschlusses darauf zu schließen, dass der Kläger noch lebt. Unter Berücksichtigung von möglichen Verzögerungen bei der Wahrnehmung der Meldepflicht oder Verstößen gegen dieselbe ist die Lebensbescheinigung indessen jedenfalls das geeignetere Mittel zum Beweis des Umstandes, dass der Kläger noch lebt.
Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger zur Vorlage der Lebensbescheinigung herangezogen hat, denn den Kläger, der diese nur selbst erwirken kann, treffen insoweit Mitwirkungspflichten gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Wie das Sozialgericht bereits ausgeführt hat, war es ihm daher insbesondere auch nicht unzumutbar, die Lebensbescheinigung beizubringen. Kommt er seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nach, liegt eine non-liquet-Situation vor, die sich im Rahmen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers auswirkt und die Beklagte berechtigt, Zahlungen einzubehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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