L 12 AS 208/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 3820/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 208/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.12.2012 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine vom Beklagten gegen ihn verfügte Rückforderung.

Der 1947 geborene Kläger bezog aufgrund seines Antrages vom 27.02.2007 und des Fortzahlungsantrages vom 02.10.2007 zusammen mit seiner Ehefrau im maßgebenden Zeitraum August 2007 bis November 2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Anrechnung von Einkommen in Höhe von zuletzt 1.201,96 Euro monatlich (August und September 2007; vgl. Bewilligungs- und Änderungsbescheide vom 19.03.2007, 04.04.2007 und 16.05.2007) bzw. in Höhe von 1.203,96 Euro monatlich (Oktober und November 2007; vgl. Bewilligungsbescheide vom 11.10.2007 und 19.03.2008). Ausweislich der Arbeitsbescheinigung der Firma V. Transporte vom 15.08.2008 war der Kläger dort vom 09.07.2007 bis 31.10.2007 als Fahrer mit einem monatlichen Nettoverdienst zwischen 1.045,42 Euro und 1.412,88 Euro beschäftigt. Nach der Einkommensbescheinigung war der Lohn des Klägers jeweils zum 15. des Folgemonats fällig. Nach erfolgter Anhörung hob der Beklagte daraufhin mit Bescheiden vom 14.10.2008 jeweils separat für den Kläger und seine Ehefrau die für die Zeit vom 01.08.2007 bis 30.11.2007 gewährten Leistungen nach dem SGB II teilweise in Höhe von 1.941,54 Euro (Kläger) bzw. in Höhe von 1.941,55 Euro (Ehefrau des Klägers) auf. Der Kläger habe während des genannten Zeitraumes Einkommen als Fahrer bei der Firma V. Transporte erzielt. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei der Kläger nicht in bisher festgestellter und bewilligter Höhe hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe daher nur noch in geringerer Höhe. Als Absendedatum wurde auf den Bescheiden der 14.10.2008 vermerkt.

Mit einem als "Widespruch" bezeichneten Schreiben vom 15.10.2008 wandte sich der Kläger gegen "das Schreiben vom 14.10.2008" und machte Angaben zu seiner Beschäftigung bei der Firma V. Transporte.

Mit Schreiben vom 10.11.2008 teilte der Beklagte mit, dass man aufgrund des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 14.10.2008 ab Dezember 2008 monatlich 95,00 Euro von den Leistungen nach dem SGB II einbehalten werde.

Auch hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 17.11.2008. Dieses Schreiben war wiederum mit "Widerspruch" überschrieben. Nach zwei weiteren mit "Widerspruch" bezeichneten Schreiben vom 24.11.2008 und 18.02.2009 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers vom 15.10.2008 und 17.11.2008 gegen die Bescheide vom 14.10.2008 und 10.11.2008 mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2009 als unbegründet zurück. Hiergegen wurde keine Klage erhoben, die angegriffenen Bescheide sind demnach bestandskräftig.

Nach weiteren Schreiben des Klägers, in denen u.a. seine Beschäftigung bei der Firma V. Transporte, die Erstattungsforderung und die Höhe des monatlichen Aufrechnungsbetrages thematisiert wurde (Schreiben vom 28.10.2009, 23.11.2009, 26.01.2010, 22.07.2010 und 27.07.2010), legte der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2011 u.a. erneut Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.10.2008 ein, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2011 als unzulässig verworfen wurde. Der Widerspruch vom 20.06.2011 richte sich nicht eindeutig gegen einen bestimmten Bescheid. Dem Widerspruchsschreiben sei jedoch zu entnehmen, dass sich der Kläger gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.10.2008 wende. Der Widerspruch sei unzulässig. Der Widerspruch sei innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzureichen. Im Bescheid sei zutreffend auf die Widerspruchsfrist von einem Monat hingewiesen worden. Der Widerspruch sei erst nach Ablauf dieser Frist eingegangen. Gründe, die eine Fristversäumnis rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Der Bescheid sei demnach sachlich nicht zu prüfen.

Am 24.10.2011 hat der Kläger hiergegen zum Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben (Az.: S 4 AS 3820/11). Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.10.2008 sei von ihm erst eingelegt worden, nachdem er bemerkt habe, dass ihm unberechtigterweise Kosten von seinem Bewilligungsbescheid abgezogen worden seien, die er nicht zu verantworten habe. Den Bescheid vom 14.10.2008 selbst habe er niemals erhalten. Wäre ihm dieser zugegangen, hätte er bereits nach dessen Zugang ordnungsgemäß Widerspruch eingelegt. Aus der umfangreichen Akte ergebe sich, dass er stets Widerspruch beim Beklagten bezüglich der Bewilligung oder Ablehnung seines Antrages eingereicht habe. Damit sei auch davon auszugehen, dass er auch in Bezug auf diesen Bescheid Widerspruch eingelegt hätte, hätte er diesen erhalten. Da der Beklagte nicht in der Lage sei, den Zugang des Bescheides nachzuweisen, seien ausreichende Gründe erkennbar, dass ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei abzuweisen, da die angefochtene Entscheidung des Beklagten rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass der mit Schreiben vom 20.06.2011 eingelegte Widerspruch nicht fristgerecht erhoben wurde. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.10.2008 sei demnach unzulässig gewesen. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vorn 14.10.2008 sei über den einzulegenden Rechtsbehelf - Widerspruch -‚ die Rechtsbehelfsfrist - ein Monat nach Bekanntgabe - sowie über die nach § 84 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuständige Verwaltungsstelle und deren Sitz ordnungsgemäß belehrt worden. Der Bescheid vom 14.10.2008 sei am 14.10.2008 zur Post gegeben worden und gelte nach § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, dies sei hier der 17.10.2008. Die Widerspruchsfrist habe somit gem. § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG am 17.11.2008 geendet. Der mit Schreiben vom 20.06.2011 erhobene Widerspruch sei über zweieinhalb Jahre nach Ablauf der Frist eingegangen. Der nun erstmals im Klageverfahren vorgebrachte Einwand, der Kläger habe den Bescheid vom 14.10.2008 nie erhalten, sei in Anbetracht des erstmaligen Vorbringens über drei Jahre nach Erlass des Bescheides indes als reine Schutzbehauptung zu werten.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 27.12.2012 eingelegten Berufung.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.12.2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 14.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 07.10.2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 12.12.2012 ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2013 neben dem streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 07.10.2011 weitere Streitpunkte geklärt wissen wollte (z.B. Nebenkosten), ist die Berufung mangels Vorliegens einer mit der Berufung angreifbaren erstinstanzlichen Entscheidung nach § 143 SGG bereits unzulässig.

Die Berufung ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet.

Das SG hat unter zutreffender Nennung der maßgeblichen Vorschrift des § 84 SGG ausführlich dargelegt, dass der mit Schreiben vom 20.06.2011 gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.10.2008 eingelegte Widerspruch verspätet und damit unzulässig war.

Da der Kläger im Berufungsverfahren keine neuen Sachargumente vorgetragen hat, sieht der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung nach erneuter Überprüfung durch den Senat aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids des SG vom 12.12.2012 als unbegründet zurück.

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Kläger den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.10.2008 tatsächlich erhalten hat. In zahlreichen Schreiben macht dieser die Rückforderung, die damit zusammenhängende Aufrechnung und die hierfür ursächliche Beschäftigung bei der Firma V. Transporte zum Thema (vgl. Schreiben vom 15.10.2008, 17.11.2008, 18.02.2009, 28.10.2009, 23.11.2009, 26.01.2010, 22.07.2010 und 27.07.2010). Darüber hinaus hatte der Kläger bereits mit Schreiben vom 15.10.2008 Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.10.2008 eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2009 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger keine Klage erhoben.

Anhaltspunkte für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Berufung hat insgesamt keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung des Klägers insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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