L 5 KR 1329/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1374/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1329/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.1.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Krankengeld vom 30.7.2011 bis 19.12.2011.

Die 1964 geborene, aus P. stammende Klägerin war bis 31.7.2011 als versicherungspflichtig Beschäftigte Mitglied der Beklagten. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.7.2011 ist sie seit 1.8.2011 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert ohne Krankengeldanspruch.

Im Juni 2011 erkrankte die Klägerin (während eines Urlaubs in P., offenbar infolge einer Lebensmittelvergiftung) arbeitsunfähig. Nachdem die Arbeitsunfähigkeit erstmals durch einen p. Arzt bescheinigt worden war, stellte der Arzt Sch. unter dem 11.7.2011 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) bis 18.7.2011 (wegen Thyreoiditis (Schilddrüsenentzündung) sowie Gastroenteritis und Kolitis) aus. Weitere ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind wie folgt ausgestellt worden:

Arzt AU-Bescheinigung am voraussichtlich arbeitsunfähig bis/Diagnose Sch. 18.7.2011 29.7.2011 (Freitag) Dr. W. 1.8.2011 (Montag) 5.8.2011 / Spondylopathie und Zervikobrachialsyndrom Dres. W. u.a. 8.8.2011 12.8.2011 / mittelgradige depressive Episode Dres. W. u.a. 15.8.2011 20.8.2011 Dr. J. 22.8.2011 2.9.2011 / depressive Episode Dr. J. 6.9.2011 9.9.2011 Dr. J. 12.9.2011 16.9.2011 Dr. J. 26.9.2011 30.9.2011 Dr. J. 30.9.2011 7.10.2011 Dr. J. 10.10.2011 1.10.2011 Dr. J. 14.10.2011 28.10.2011 Dr. J. 31.10.2011 12.11.2011 Dr. J. 14.11.2011 25.11.2011 Dr. J. 28.11.2011 2.12.2011 Dr. J. 8.12.2011 19.12.2011

Unter dem 9.8.2011 hatte Dr. W. der Beklagten auf Nachfrage mitgeteilt, Arbeitsunfähigkeit bestehe voraussichtlich bis 19.8.2011.

Mit Schreiben/Bescheid vom 3.8.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Krankengeld vom 26.7.2011 bis 29.7.2011.

Mit Bescheid vom 17.8.2011 lehnte die Beklagte (nachdem die Klägerin weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hatte) die Gewährung von Krankengeld ab 1.8.2011 ab. Die Klägerin sei nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie sei wegen der gleichen Erkrankung seit Mai 2011 dauerhaft arbeitsunfähig. Der Urlaubsvertreter (Dr. W.) ihres Hausarztes (Sch.) habe in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 1.8.2011 eine unzutreffende Diagnose angegeben. Ihr Hausarzt habe sie zunächst bis zum 29.7.2011, einem Freitag, krankgeschrieben. Da Arztpraxen üblicherweise am Wochenende geschlossen seien, habe sie frühestens am Montag, dem 1.8.2011, eine erneute Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten können. Sie sei nach wie vor pflichtversichert; eine freiwillige Krankenversicherung sei nicht durchzuführen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.4.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. W. vom 1.8.2011 könne ein (weiterer) Krankengeldanspruch erst ab 2.8.2011 entstehen. An diesem Tag sei die Klägerin aber nicht mehr mit Krankengeldanspruch versichert gewesen.

Am 24.5.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz. Sie trug vor, sie sei bis 31.7.2011 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen; dieses Beschäftigungsverhältnis sei Bezugspunkt des Krankengeldanspruchs. Ihr stehe Krankengeld bis 19.12.2011 (Beendigung der Arbeitsunfähigkeit) zu.

Mit Urteil vom 24.1.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, für das Entstehen eines (weiteren) Krankengeldanspruchs nach Ablauf des am 29.7.2011 endenden Leistungsabschnitts komme es auf den versicherungsrechtlichen Status der Klägerin am 2.8.2011, dem Tag nach Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. W. vom 1.8.2011, an. An diesem Tag habe ein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch nicht (mehr) bestanden. Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin und damit auch ihre Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Beschäftigten hätten am 31.7.2011 geendet; seitdem sei die Klägerin ohne Krankengeldanspruch freiwillig versichert. Ein nachgehender Leistungsanspruch gem. § 19 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) könne das Versicherungspflichtverhältnis nicht aufrechterhalten. Die Klägerin hätte am (Freitag, dem) 29.7.2011 eine Folgebescheinigung erlangen können; ihr Hausarzt (der Arzt Sch.) sei erst ab dem folgenden Montag in Urlaub gewesen. Dass die Klägerin die Rechtslage nicht gekannt habe, sei unerheblich.

Auf das ihr am 25.2.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.3.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen. Bezugspunkt des Krankengeldanspruchs und Maßstab für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sei das am 31.7.2011 beendete Beschäftigungsverhältnis. Außerdem habe sie vorab nicht wissen können, ob sie (hier) über den 29.7.2011 hinaus noch arbeitsunfähig sein werde, weshalb ihr ein Arztbesuch noch an diesem Tag nicht zugemutet werden könne. Da der 29.7.2011 auf einen Freitag gefallen sei, habe sie erst am darauf folgenden Montag, dem 1.8.2011, eine erneute Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten können. Wegen ihrer Herkunft aus P. sei sie mit den deutschen Gesetzen nicht hinreichend vertraut; deswegen hätte sie die Beklagte eingehend beraten müssen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.1.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.4.2012 zu verurteilen, ihr Krankengeld für die Zeit vom 30.7.2011 bis 19.12.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die einschlägige Rechtsprechung des Senats (und des BSG, etwa Urt. v. 10.5.2012, - B 1 KR 19/11 R -) hingewiesen und in der Hinweisverfügung das Senatsurteil vom 3.8.2011 (- L 5 KR 1056/10 -) - soweit hier von Belang - auszugsweise wiedergegeben. Die Beteiligten sind außerdem darauf hingewiesen worden, dass der Senat, was vorliegend beabsichtigt sei, die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Klägerin hat abschließend vorgetragen, die Beklagte habe sie über die Rechtslage nicht ausreichend unterrichtet; wegen ihrer p. Herkunft wäre das notwendig gewesen. Bei Begründung der freiwilligen Versicherung (ab 1.8.2011) sei sie über die Möglichkeit einer Versicherung mit und ohne Krankengeldanspruch nicht ausreichend belehrt worden. Außerdem stünde ihr - ohne die freiwillige Versicherung - ein nachgehender Leistungsanspruch (§ 19 Abs. 2 SGB V) auf Krankengeld zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung der Klägerin gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei mit der Berufung begehrtem Krankengeld in Höhe von 3.389,64 EUR brutto bzw. 2.969,46 EUR netto für die Zeit vom 30.7.2011 bis 19.12.2011 überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat die Gewährung von Krankengeld für die streitige Zeit zu Recht abgelehnt; die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.

1.) Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (u.a.) Familienversicherte (§ 10 SGB V), ebenso freiwillig Versicherte, deren Versicherungsverhältnis die Gewährung von Krankengeld nicht umfasst.

Unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V vorliegt, richtet sich nach dem Umfang des Krankenversicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs, außerhalb von Krankenhausbehandlungen oder von Behandlungen in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung also der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V; vgl. auch BSG, Urt. v. 10.5.2012, - B 1 KR 19/11 R - und - B 1 KR 20/11 R -). Die aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Versicherten, die im maßgeblichen Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis (Beschäftigungsverhältnis) stehen (zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses Senatsurteil vom 3.8.2011, -L 5 KR 1056/10 -) und einen Arbeitsplatz innehaben, sind arbeitsunfähig, wenn sie die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können (vgl. näher auch § 2 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Solange das Arbeitsverhältnis besteht, dürfen sie nicht auf (gleichartige) Tätigkeiten verwiesen werden, die sie gesundheitlich noch ausüben könnten (J.isPK-SGB V/Meyerhoff, § 44 Rdnr. 56, 57 auch zum Sonderfall der Zuweisung einer gesundheitlich noch möglichen anderen Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber). Dem krankenversicherten Arbeitnehmer soll durch die Krankengeldgewährung nämlich die Möglichkeit offen gehalten werden, nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit seine bisherige Arbeit wieder aufzunehmen (BSG, Urt. v. 7.12.2004 - B 1 KR 5/03 R -). Ähnliches gilt für Versicherte, die noch während des Beschäftigungs- bzw. Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig werden und bei (deswegen) laufendem Bezug von Krankengeld aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und sich arbeitslos melden. Ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch das bisherige, auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gegründete Versicherungsverhältnis zur Krankenversicherung der Beschäftigten bleiben gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld bezogen wird. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld I hingegen ruht gem. § 156 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III für die Zeit, in der Krankengeld zuerkannt ist, weshalb Versicherungspflicht zur Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) nicht eintritt. Da das Arbeitsverhältnis beendet ist, kann die arbeitsvertraglich geschuldete, zuletzt ausgeübte Tätigkeit aber nicht mehr Maßstab für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit sein. Abzustellen ist daher nicht auf die konkreten Verhältnisse am letzten Arbeitsplatz, sondern abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung. Der Versicherte darf auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten verwiesen werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengelds eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, so dass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist (J.isPK-SGB V/Meyerhoff, § 44 Rdnr. 58 unter Hinweis auf BSG Urt. v. 14.2.2001 - B 1 KR 30/00 R -; vgl. auch Senatsurteil vom 23.1.2013, - L 5 KR 1577/11 -).

Liegt Arbeitsunfähigkeit vor, setzt das Entstehen des Krankengeldanspruchs - abgesehen von Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen - weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (ggf. durch Auszahlungsschein für Krankengeld - vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien); gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Weitere verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte enthalten die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Dort ist auch die Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem MDK näher geregelt. Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit für den Vertragsarzt verbindlich. Bei Meinungsverschiedenheiten kann er allerdings unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). In beweisrechtlicher Hinsicht kommt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirkt zu Gunsten des Versicherten weder eine Beweiserleichterung noch gar eine Beweislastumkehr (BSG, Urt. v. 8.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -).

Das Gesetz knüpft die Inanspruchnahme des Krankengeldes außerdem an die Erfüllung einer dem Versicherten auferlegten Meldeobliegenheit. Der gem. §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 46 SGB V entstandene Leistungsanspruch ruht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nämlich, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Der Versicherte muss außerdem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V hinweisen und diese vorlegen. Die Meldeobliegenheit ist vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes zu erfüllen, auch nach einer vorübergehend leistungsfreien Zeit, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit seit Beginn durchgängig fortbestanden hat (BSG, Urt. v. 8.2.2000, - B 1 KR 11/99 R -); gleiches gilt bei ununterbrochenem Leistungsbezug, wenn wegen der Befristung ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V) über die Weitergewährung von Krankengeld erneut zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und der Krankenkasse melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden. Legt der Versicherte keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) vor, endet der Krankengeldanspruch mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit, ohne dass es eines Aufhebungsbescheids bedürfte (vgl. zu alledem auch Senatsurteil vom 14.7.2010, - L 5 KR 4049/08 -).

Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit stellt eine grundlegende (materielle) Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld und nicht lediglich ein - beliebig nachholbares - Verfahrenserfordernis dar. Mit den - streng zu handhabenden - Maßgaben der §§ 46 Satz 1 Nr. 2, 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll der Krankenkasse nämlich ermöglicht werden, das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können; die Krankenkasse soll davon freigestellt werden, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen. Ausnahmen kommen nur in eng begrenzten Sonderfällen in Betracht, wenn nämlich der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare zur Wahrung seiner Ansprüche unternommen hat, er an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Obliegenheiten aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung (wie eine Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des MDK) gehindert war und er außerdem seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Kenntnis der Fehlentscheidung geltend gemacht hat (näher: BSG, Urt. v. 8.11.2005, - B 1 KR 30/04 R -). Die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit für zurückliegende Zeiten ist danach grundsätzlich nicht statthaft (vgl. auch § 5 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu zwei Tagen zulässig. Freilich bleibt für das Entstehen des Leistungsanspruchs die gesetzliche Regelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V maßgeblich, weswegen es auch bei rückwirkender Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich auf den Folgetag nach der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung ankommt. Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien binden nur die Vertragsärzte und können die gesetzlichen Anforderungen des § 46 SGB V nicht modifizieren, zumal die Arbeitsunfähigkeit nach dieser Vorschrift nicht nur durch (deutsche) Vertragsärzte festgestellt werden kann (BSG, Urt. v. 26.6.2007, - B 1 KR 37/06 R -.).

Der Anspruch auf Krankengeld endet (erlischt) - wie alle Leistungsansprüche - gem. § 19 Abs. 1 SGB V grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit im SGB V nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter endet mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet (§ 190 Abs. 2 SGB V). Die Mitgliedschaft besteht jedoch fort, wenn ein Erhaltungstatbestand des § 192 SGB V erfüllt ist. Das ist gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V insbesondere der Fall, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld (tatsächlich) bezogen wird.

Ist die Mitgliedschaft auch unter Berücksichtigung der Erhaltungstatbestände in § 192 SGB V beendet, besteht gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V noch ein nachgehender Leistungsanspruch ggf. auch auf Krankengeld längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der beitragsfreie nachwirkende Versicherungsschutz dient der Vermeidung sozialer Härten. Er soll verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, etwa wegen eines Arbeitsplatzwechsels, vorübergehend keinen Krankenversicherungsschutz haben. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt durch die Zahlung von Krankengeld aufgrund des nachgehenden Leistungsanspruchs aber nicht aufrechterhalten (BSG, Urt. v. 5.5.2009, - B 1 KR 20/08 R -). Eine Versicherung nach § 10 SGB V (Familienversicherung), ebenso eine freiwillige Krankenversicherung (§ 9 SGB V), hat Vorrang vor dem (grundsätzlich subsidiären, vgl. BSG, Urt. v. 20.8.1986, - 8 RK 74/84 -) nachgehenden Leistungsanspruch (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Mitglieder, deren eigene Mitgliedschaft endet, die aber nach § 10 Familienversicherte sein oder werden können, sind daher auf den Familienversicherungsschutz oder ggf. nach näherer Maßgabe des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auf den Schutz einer freiwilligen Krankenversicherung verwiesen. Sie haben (mangels Schutzbedürftigkeit - vgl. BSG, Urt. v. 20.8.1986, - 8 RK 74/84 -) keinen nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V (vgl. auch LSG Hessen, Urt. v. 26.10.2010, - L 1 KR 84/10 -; zu alledem: Senatsurteil vom 3.8.2011, - L 5 KR 1056/10 - und vom 17.4.2013, - L 5 KR 4004/12 -).

2.) Davon ausgehend steht der Klägerin Krankengeld ab dem 30.7 2011 nicht zu. Die Klägerin war bis zur Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses zum 31.7.2011 bei der Beklagten pflichtversichert in der Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Krankengeld bezog sie (nur) bis 29.7.2011, weshalb das Versicherungspflichtverhältnis nach Maßgabe des Erhaltungstatbestands in § 192 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. SGB V (Inanspruchnahme bzw. Bezug von Krankengeld) nicht über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus fortbestand. In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes Sch. vom 18.7.2011 ist als letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit der 29.7.2011 angegeben. Auf diesen Tag war die Zeitdauer der Arbeitsunfähigkeit damit in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ärztlich befristet, weshalb der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf des 29.7.2011 endete, ohne dass diese Rechtsfolge durch Verwaltungsakt hätte ausgesprochen werden müssen.

Über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit nach dem 29.7.2011 ist unter Prüfung aller Leistungsvoraussetzungen neu zu entscheiden. Das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit für sich allein genügt nicht. Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit kann ein Krankengeldanspruch gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erst wieder am Tag nach deren erneuten ärztlichen Feststellung entstehen. Nach dem 29.7.2011 ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erstmals wieder am 1.8.2011 ausgestellt worden. Maßgeblich für das (erneute) Entstehen eines Krankengeldanspruchs ist damit das Versicherungsverhältnis der Klägerin am Folgetag, also am 2.8.2011. An diesem Tag war die Klägerin aber nicht mehr Mitglied der Krankenversicherung der Beschäftigten, sondern freiwillig versichert ohne Krankengeldanspruch.

Die Klägerin kann die Weiterzahlung von Krankengeld (für einen Monat nach Beendigung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Beschäftigten) auch nicht auf Grund des nachgehenden Leistungsanspruchs in § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V beanspruchen. Die ab 1.8.2011 bestehende freiwillige Versicherung (ohne Krankengeldanspruch) hat Vorrang vor dem nachgehenden Leistungsanspruch und verdrängt diesen.

Die zur Änderung des Versicherungsverhältnisses der Klägerin führende zeitliche Lücke zwischen dem 29.7.2011 und dem 2.8.2011 ist Rechtsfolge der gesetzlichen Regelung in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Die Rechtsfolgen des Gesetzes hängen weder vom Kenntnisstand des Versicherten noch von einer (vorgängigen) Beratung durch die Krankenkasse ab. Das gilt für alle Versicherten gleichermaßen unabhängig von deren Herkunft. Ein Sonderfall, in dem die Klägerin durch eine von der Beklagten zu vertretende Fehlentscheidung, etwa eines Vertragsarztes, an der Wahrung ihrer Ansprüche gehindert worden wäre, liegt nicht vor. Die Klägerin hätte spätestens am 29.7.2011 für die Ausstellung einer Folgebescheinigung Sorge tragen müssen; weshalb ihr ein Arztbesuch (spätestens) an diesem Tag nicht zumutbar gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Ob und inwieweit die Klägerin bei Begründung der freiwilligen Mitgliedschaft über die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung mit oder ohne Krankengeldanspruch beraten worden ist, ist für den hier maßgeblichen Versichertenstatus der Klägerin nicht von Belang. Die in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig eintretende Rechtsfolge, nämlich der Verlust des Krankenversicherungsschutzes mit Krankengeldanspruch infolge des in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V vorgesehenen Karenztages ist mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar (vgl. dazu näher auch Senatsurteil vom 3.8.2011, - L 5 KR 1056/10 - und vom 17.4.2013, - L 5 KR 4004/12 -).

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved