Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1626/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2630/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.05.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Der 1937 geborene Kläger nahm erstmals am 30.09.1959 eine Erwerbstätigkeit auf. Im Zeitraum vom 01.07.1980 bis 30.06.1987 übte der Kläger eine selbständige Tätigkeit aus und war privat krankenversichert. Im Anschluss war der Kläger bis 31.08.1987 pflichtversichertes Mitglied und vom 01.09.1987 bis 30.09.1990 freiwilliges Mitglied der A ... In der Folgezeit war der Kläger bis zum 19.05.1999 in der Sch. krankenversichert. Vom 20.05.1999 bis 29.06.1999 war der Kläger freiwilliges Mitglied und vom 30.06.1999 bis 19.06.2001 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten.
Am 19.06.2001 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund bewilligte dem Kläger Altersrente ab dem 01.08.2001.
Zeitgleich beantragte der Kläger bei der Beklagten die Aufnahme in die KVdR. Mit Bescheid vom 29.11.2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger in der zweiten Hälfte seines Arbeitslebens, die vom 10.08.1980 bis zum 19.06.2001 reiche, nicht 18 Jahre 9 Monate und 9 Tage Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sei. Es seien 9 Jahre 9 Monate und 19 Tage Pflichtversicherungszeiten nachgewiesen. Wegen möglicher Aufklärungsversäumnisse im Zusammenhang mit der Arbeitslosmeldung am 30.06.1999, werde dem Kläger jedoch eine freiwillige Versicherung ab dem 20.05.1999 angeboten. Hierfür sei ein schriftlicher Antrag zu stellen und eine Nachzahlung von 6.509,82 DM zu begleichen. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, er könne den geforderten Betrag nicht zahlen, sei aber bereit, ab dem 01.01.2002 den monatlichen Mindestbeitrag zu zahlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im sich anschließenden Gerichtsverfahren vereinbarten die Beteiligten eine Ratenzahlung. Am 26.05.2003 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt (Bayerisches Landessozialgericht (LSG), L 4 KR 198/02).
Mit Schreiben vom 08.08.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die rückwirkende Aufnahme in die Pflichtversicherung und Rückerstattung zu viel gezahlter Beiträge. In einem Gerichtsverfahren hatte die Bundesagentur für Arbeit die Erfüllung der Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld anerkannt (Bayerisches LSG, L 9 AL 89/02). Die Beklagte führte daraufhin ab dem 30.06.1999 die Pflichtversicherung für den Kläger durch (Schreiben vom 05.10.2005).
Mit Schreiben vom 12.11.2005 erhob der Kläger "Widerspruch". Eine Mitarbeiterin der Beklagten habe in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass er keinen Anspruch auf Mitgliedschaft in der KVdR habe, weil er von 1980 bis 1986 freiwillig krankenversichert gewesen sei. Mit Schreiben vom 06.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück und ergänzte mit Schreiben vom 14.12.2005, dass der Widerspruch nicht als Antrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu werten sei.
Mit Schreiben vom 25.01.2010 begehrte der Kläger erneut die Durchführung der Pflichtversicherung. Nach Beendigung eines weiteren Klageverfahrens gegen die Bundesagentur für Arbeit im Oktober 2009, in dessen Folge rückwirkend Arbeitslosenhilfe bis zum Beginn des Rentenbezugs bewilligt worden war (Sozialgericht (SG) Augsburg, S 7 AL 106/08), sei es zu einer wesentlichen Änderung der Sachlage gekommen. Die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der KVdR seien nunmehr erfüllt. Mit Schreiben vom 01.04.2010 "erläuterte" die Beklagte dem Kläger die Rechts- und Sachlage und lehnte die Aufnahme in die KVdR erneut ab.
Am 16.04.2010 hat der Kläger beim SG Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Berechnung der Beklagten könne nicht stimmen. Er habe sich nach seinem Arbeitsaufenthalt in der Sch. am 30.06.1999 arbeitslos gemeldet. Erst nach mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen sei die Zeit in der Sch. auf die Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld angerechnet und Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bezahlt worden. Nach dem Gerichtsverfahren im Jahr 2002 habe die Beklagte angeboten, ihn rückwirkend ab dem 30.06.1999 als freiwilliges Mitglied zu versichern. Er habe dieses Angebot akzeptieren müssen und eine Beitragsnachzahlung geleistet. Im Nachhinein habe sich dann herausgestellt, dass er doch gesetzlich versichert gewesen sei. Die Beklagte habe zu viel gezahlte Beiträge zurückerstattet, aber trotzdem darauf beharrt, ihn ab der Beantragung der Rente freiwillig weiter zu versichern. Auch die Zeit in der Sch. müsse in die Berechnung mit einfließen. Aufgrund der geringen Rentenhöhe könne er keine Beiträge zur freiwilligen Versicherung zahlen. Zudem sei es unzulässig, die Berechnung nur anhand der zweiten Hälfte des Erwerbslebens vorzunehmen.
Mit Beschluss vom 20.07.2010 hat das Sozialgericht das Klageverfahren zur Nachholung des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, es seien anrechenbare Versicherungszeiten lediglich im Umfang von 13 Jahren 11 Monaten und 19 Tagen nachgewiesen. Der Zeitraum vom 01.07.1980 bis 30.06.1987 habe nicht angerechnet werden können, weil er in diesem Zeitraum privat krankenversichert gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Darstellung im angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ergänzend hat es ausgeführt, die Versicherungszeiten vor dem 10.08.2008 könnten keine Berücksichtigung finden, da das Gesetz auf die zweite Hälfte des Zeitraums von der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages abstelle. Entgegen der Darlegungen des Klägers habe die Beklagte auch die Zeiten in der Sch. berücksichtigt.
Gegen den am 03.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.06.2011 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen seine Argumentation aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt. Ergänzend hat er vorgetragen, es sei ungerecht, von der geringen Rente freiwillige Krankenversicherungsbeiträge zahlen zu müssen. Der monatliche Beitragssatz von 150,74 EUR sei zu hoch und verstoße gegen die guten Sitten. Bei der Berechnung der Vorversicherungszeiten lege die Beklagte unzutreffend nur die zweite Hälfte der Versicherungsdauer zugrunde. Auch sei er von der Beklagten bis zum 01.08.2001 hierüber nicht informiert worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.05.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme des Bescheids vom 29.11.2001 festzustellen, dass der Kläger ab dem 19.06.2001 Mitglied der Krankenversicherung der Rentner ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf den Widerspruchsbescheid vom 25.10.2010 und auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 27.05.2011 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 29.11.2001 und Feststellung, dass er ab dem 19.06.2001 Mitglied der KVdR ist.
Streitgegenständlich ist allein der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010, mit dem die Beklagte über die Abänderung des Bescheids vom 29.11.2001 und die Aufnahme des Klägers in die KVdR entschied. Die Höhe der vom Kläger als freiwilliges Mitglied monatlich zu zahlenden Beiträge war nicht Gegenstand der Entscheidung und ist deshalb einer Überprüfung in diesem Gerichtsverfahren nicht zugänglich.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 29.11.2001 ist rechtmäßig.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der seit 01.01.1989 geltenden Fassung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl. I 2477) waren versicherungspflichtig Personen, die die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren. Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl. I 2266) wurde diese Regelung dahingehend geändert, dass versicherungspflichtig nur noch Personen waren, die die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums aufgrund einer Pflichtversicherung Mitglied oder aufgrund einer Pflichtversicherung nach § 10 SGB V versichert waren. Diese Regelung ist durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15.03.2000 (1 BVL 16/96 ua, BVerfGE 102, 68) für verfassungswidrig erklärt worden. Ab dem 01.04.2002 galt für den Zugang zur KVdR wieder § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der früheren Fassung des GRG. Am 01.04.2007 trat das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I 378) in Kraft, mit dem die Entscheidung des BVerfG umgesetzt wurde.
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundlagen sind die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt. Nach der Entscheidung des BVerfG waren zwar jedenfalls seit dem 01.04.2002 wieder die freiwilligen Versicherungszeiten mit in die Berechnung der Neun-Zehntel-Belegung einzubeziehen. Aber selbst unter Berücksichtigung der Zeiten der freiwilligen Versicherung und der Versicherungszeiten in der Sch. erreicht der Kläger nicht die erforderliche Anzahl an Monaten mit Versicherungszeiten. Dabei gibt das Gesetz zwingend vor, dass auf die zweite Hälfte des Erwerbslebens abzustellen ist. In der zweiten Hälfte des Zeitraums vom 30.09.1959 (erstmalige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit) bis zum 19.06.2001 (Stellung des Rentenantrags) sind nicht neun Zehntel mit Vorversicherungszeiten belegt. Dies hat die Beklagte zutreffend im Widerspruchsbescheid vom 25.10.2010 sowie im Schriftsatz vom 20.05.2010 (Bl. 21 SG-Akte) unter Darstellung der einzelnen Zeiträume dargelegt; hierauf nimmt der Senat Bezug. Vom 01.07.1980 bis 30.06.1987 war der Kläger danach selbständig tätig und privat krankenversichert, was vom Kläger nicht weiter bestritten wird. Damit ist dieser Zeitraum nicht mit Vorversicherungszeiten belegt. Die sich anschließende durchgängige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Sch. Krankenversicherung reichte nicht, um noch bis zur Rentenantragstellung die Neun-Zehntel-Belegung zu erfüllen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Der 1937 geborene Kläger nahm erstmals am 30.09.1959 eine Erwerbstätigkeit auf. Im Zeitraum vom 01.07.1980 bis 30.06.1987 übte der Kläger eine selbständige Tätigkeit aus und war privat krankenversichert. Im Anschluss war der Kläger bis 31.08.1987 pflichtversichertes Mitglied und vom 01.09.1987 bis 30.09.1990 freiwilliges Mitglied der A ... In der Folgezeit war der Kläger bis zum 19.05.1999 in der Sch. krankenversichert. Vom 20.05.1999 bis 29.06.1999 war der Kläger freiwilliges Mitglied und vom 30.06.1999 bis 19.06.2001 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten.
Am 19.06.2001 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund bewilligte dem Kläger Altersrente ab dem 01.08.2001.
Zeitgleich beantragte der Kläger bei der Beklagten die Aufnahme in die KVdR. Mit Bescheid vom 29.11.2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger in der zweiten Hälfte seines Arbeitslebens, die vom 10.08.1980 bis zum 19.06.2001 reiche, nicht 18 Jahre 9 Monate und 9 Tage Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sei. Es seien 9 Jahre 9 Monate und 19 Tage Pflichtversicherungszeiten nachgewiesen. Wegen möglicher Aufklärungsversäumnisse im Zusammenhang mit der Arbeitslosmeldung am 30.06.1999, werde dem Kläger jedoch eine freiwillige Versicherung ab dem 20.05.1999 angeboten. Hierfür sei ein schriftlicher Antrag zu stellen und eine Nachzahlung von 6.509,82 DM zu begleichen. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, er könne den geforderten Betrag nicht zahlen, sei aber bereit, ab dem 01.01.2002 den monatlichen Mindestbeitrag zu zahlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im sich anschließenden Gerichtsverfahren vereinbarten die Beteiligten eine Ratenzahlung. Am 26.05.2003 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt (Bayerisches Landessozialgericht (LSG), L 4 KR 198/02).
Mit Schreiben vom 08.08.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die rückwirkende Aufnahme in die Pflichtversicherung und Rückerstattung zu viel gezahlter Beiträge. In einem Gerichtsverfahren hatte die Bundesagentur für Arbeit die Erfüllung der Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld anerkannt (Bayerisches LSG, L 9 AL 89/02). Die Beklagte führte daraufhin ab dem 30.06.1999 die Pflichtversicherung für den Kläger durch (Schreiben vom 05.10.2005).
Mit Schreiben vom 12.11.2005 erhob der Kläger "Widerspruch". Eine Mitarbeiterin der Beklagten habe in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass er keinen Anspruch auf Mitgliedschaft in der KVdR habe, weil er von 1980 bis 1986 freiwillig krankenversichert gewesen sei. Mit Schreiben vom 06.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück und ergänzte mit Schreiben vom 14.12.2005, dass der Widerspruch nicht als Antrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu werten sei.
Mit Schreiben vom 25.01.2010 begehrte der Kläger erneut die Durchführung der Pflichtversicherung. Nach Beendigung eines weiteren Klageverfahrens gegen die Bundesagentur für Arbeit im Oktober 2009, in dessen Folge rückwirkend Arbeitslosenhilfe bis zum Beginn des Rentenbezugs bewilligt worden war (Sozialgericht (SG) Augsburg, S 7 AL 106/08), sei es zu einer wesentlichen Änderung der Sachlage gekommen. Die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der KVdR seien nunmehr erfüllt. Mit Schreiben vom 01.04.2010 "erläuterte" die Beklagte dem Kläger die Rechts- und Sachlage und lehnte die Aufnahme in die KVdR erneut ab.
Am 16.04.2010 hat der Kläger beim SG Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Berechnung der Beklagten könne nicht stimmen. Er habe sich nach seinem Arbeitsaufenthalt in der Sch. am 30.06.1999 arbeitslos gemeldet. Erst nach mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen sei die Zeit in der Sch. auf die Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld angerechnet und Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bezahlt worden. Nach dem Gerichtsverfahren im Jahr 2002 habe die Beklagte angeboten, ihn rückwirkend ab dem 30.06.1999 als freiwilliges Mitglied zu versichern. Er habe dieses Angebot akzeptieren müssen und eine Beitragsnachzahlung geleistet. Im Nachhinein habe sich dann herausgestellt, dass er doch gesetzlich versichert gewesen sei. Die Beklagte habe zu viel gezahlte Beiträge zurückerstattet, aber trotzdem darauf beharrt, ihn ab der Beantragung der Rente freiwillig weiter zu versichern. Auch die Zeit in der Sch. müsse in die Berechnung mit einfließen. Aufgrund der geringen Rentenhöhe könne er keine Beiträge zur freiwilligen Versicherung zahlen. Zudem sei es unzulässig, die Berechnung nur anhand der zweiten Hälfte des Erwerbslebens vorzunehmen.
Mit Beschluss vom 20.07.2010 hat das Sozialgericht das Klageverfahren zur Nachholung des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, es seien anrechenbare Versicherungszeiten lediglich im Umfang von 13 Jahren 11 Monaten und 19 Tagen nachgewiesen. Der Zeitraum vom 01.07.1980 bis 30.06.1987 habe nicht angerechnet werden können, weil er in diesem Zeitraum privat krankenversichert gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Darstellung im angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ergänzend hat es ausgeführt, die Versicherungszeiten vor dem 10.08.2008 könnten keine Berücksichtigung finden, da das Gesetz auf die zweite Hälfte des Zeitraums von der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages abstelle. Entgegen der Darlegungen des Klägers habe die Beklagte auch die Zeiten in der Sch. berücksichtigt.
Gegen den am 03.06.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.06.2011 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen seine Argumentation aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt. Ergänzend hat er vorgetragen, es sei ungerecht, von der geringen Rente freiwillige Krankenversicherungsbeiträge zahlen zu müssen. Der monatliche Beitragssatz von 150,74 EUR sei zu hoch und verstoße gegen die guten Sitten. Bei der Berechnung der Vorversicherungszeiten lege die Beklagte unzutreffend nur die zweite Hälfte der Versicherungsdauer zugrunde. Auch sei er von der Beklagten bis zum 01.08.2001 hierüber nicht informiert worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.05.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme des Bescheids vom 29.11.2001 festzustellen, dass der Kläger ab dem 19.06.2001 Mitglied der Krankenversicherung der Rentner ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf den Widerspruchsbescheid vom 25.10.2010 und auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 27.05.2011 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 29.11.2001 und Feststellung, dass er ab dem 19.06.2001 Mitglied der KVdR ist.
Streitgegenständlich ist allein der Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010, mit dem die Beklagte über die Abänderung des Bescheids vom 29.11.2001 und die Aufnahme des Klägers in die KVdR entschied. Die Höhe der vom Kläger als freiwilliges Mitglied monatlich zu zahlenden Beiträge war nicht Gegenstand der Entscheidung und ist deshalb einer Überprüfung in diesem Gerichtsverfahren nicht zugänglich.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 29.11.2001 ist rechtmäßig.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der seit 01.01.1989 geltenden Fassung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl. I 2477) waren versicherungspflichtig Personen, die die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren. Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl. I 2266) wurde diese Regelung dahingehend geändert, dass versicherungspflichtig nur noch Personen waren, die die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums aufgrund einer Pflichtversicherung Mitglied oder aufgrund einer Pflichtversicherung nach § 10 SGB V versichert waren. Diese Regelung ist durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15.03.2000 (1 BVL 16/96 ua, BVerfGE 102, 68) für verfassungswidrig erklärt worden. Ab dem 01.04.2002 galt für den Zugang zur KVdR wieder § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der früheren Fassung des GRG. Am 01.04.2007 trat das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I 378) in Kraft, mit dem die Entscheidung des BVerfG umgesetzt wurde.
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundlagen sind die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt. Nach der Entscheidung des BVerfG waren zwar jedenfalls seit dem 01.04.2002 wieder die freiwilligen Versicherungszeiten mit in die Berechnung der Neun-Zehntel-Belegung einzubeziehen. Aber selbst unter Berücksichtigung der Zeiten der freiwilligen Versicherung und der Versicherungszeiten in der Sch. erreicht der Kläger nicht die erforderliche Anzahl an Monaten mit Versicherungszeiten. Dabei gibt das Gesetz zwingend vor, dass auf die zweite Hälfte des Erwerbslebens abzustellen ist. In der zweiten Hälfte des Zeitraums vom 30.09.1959 (erstmalige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit) bis zum 19.06.2001 (Stellung des Rentenantrags) sind nicht neun Zehntel mit Vorversicherungszeiten belegt. Dies hat die Beklagte zutreffend im Widerspruchsbescheid vom 25.10.2010 sowie im Schriftsatz vom 20.05.2010 (Bl. 21 SG-Akte) unter Darstellung der einzelnen Zeiträume dargelegt; hierauf nimmt der Senat Bezug. Vom 01.07.1980 bis 30.06.1987 war der Kläger danach selbständig tätig und privat krankenversichert, was vom Kläger nicht weiter bestritten wird. Damit ist dieser Zeitraum nicht mit Vorversicherungszeiten belegt. Die sich anschließende durchgängige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Sch. Krankenversicherung reichte nicht, um noch bis zur Rentenantragstellung die Neun-Zehntel-Belegung zu erfüllen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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