L 9 AS 103/13 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 27 AS 58/13 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 103/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Versagungsbescheid nach § 66 SGB I werden von § 39 SGB II nicht erfasst und entfalten aufschiebende Wirkung.
2. Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" i. S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfordert das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". Für letzteres genügt eine konkludent getroffene Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen.
3. Einer Wirtschaftsgemeinschaft steht nicht entgegen, dass die Partner an keinem Gegenstand in der Wohnung Miteigentum haben. Auch ein Untermietverhältnis schliesst weder bei Einräumung des selbständigen noch des unselbständigen Mitgebrauchs eine solche aus. Alleine die Überlassung eines Teils der Wohnung zum selbständigen Alleingebrauch mit Vereinbarung eines Untermietzinses wäre u. U. geeignet, Indizwirkung gegen das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft zu entfalten.
4. Die Mitwirkungspflicht umfasst, Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen seines Partners zu tätigen, sofern feststeht, dass ihm diese zumindest ungefähr bekannt sind.
Die Beschwerde des Antragstellers vom 15. Februar 2013 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 5. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

Die am 15. Februar 2013 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 5. Februar 2013 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ab 1. Mai 2012 bis zum 28. Februar 2013 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu gewähren,

ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 dieser Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Eine Regelungsanordnung im Sinne der Verpflichtung zur vorläufigen Leistung kann auch bei Ablehnung von Leistungen nach dem wegen mangelnder Mitwirkung nach § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) ergehen, da bei Leistungen zum Lebensunterhalt nur so effektiver Rechtsschutz gewährt werden kann (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2009 - L 25 AS 770/09 B ER – juris; s. Beschluss des erkennenden Senats vom 17. September 2012 - L 9 AS 513/12 B ER). Die in der Hauptsache erhobene Klage gegen den Bescheid vom 22. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2012 (S 27 AS 1225/12) entfaltet als statthafte (isolierte) Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGG; vgl. BSG Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - juris; BSG SozR 1200 § 66 Nr. 13; SozR 4-1200 § 66 Nr. 1; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R) eo ipso aufschiebende Wirkung. Denn Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Versagungsbescheid nach § 66 SGB I sind nicht von der Ausnahmereglung des § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 SGB II erfasst. Sie haben nach der Grundregel des § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung (Beschluss des erkennenden Senats vom 27. Dezember 2010 - L 9 AS 612/10 B ER - juris; s. auch Hessisches LSG, Beschluss vom 6. Januar 2012 - L 6 AS 570/11 B ER; vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 15. Januar 2013 - L 3 AS 1010/12 B PKH - juris m. w. N.; vgl. hierzu auch: Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 39 Rdnr. 13 und 13.1;). Einer vorherigen Entscheidung nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG bedurfte es daher nicht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein Rechtsverhältnis gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines materiellen Leistungsanspruchs) als auch ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), deren tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft zu machen sind (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Zivilprozessordnung - ZPO -). Dabei soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebotes, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -), ist von diesem Grundsatz jedoch dann abzuweichen, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare später nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 sowie Beschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02).

Die Entscheidung des Landessozialgerichts hat wie bei in solchen Fällen in der Hauptsache statthaften Leistungs- bzw. Verpflichtungsklagen nach dem Rechtssach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zu erfolgen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Januar 2008 - L 9 B 600/07 KR ER; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 42).

Vorliegend fehlt es bereits am erforderlichen Anordnungsgrund. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats - vgl. Beschlüsse vom 22. September 2005 - L 9 AS 47/05 ER -, vom 7. Juni 2006 - L 9 AS 85/06 ER - und vom 30. August 2006 - L 9 AS 115/06 ER -; zuletzt Beschluss vom 10. Juni 2013 - L 9 AS 362/13 B ER -; Conradis in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, Anhang Verfahren Rdnr. 119). Entscheidend ist, ob es dem Betroffenen nach den Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2008, § 86b Rdnr. 28).

Da der Antragsteller die begehrte einstweilige Anordnung bis zum 28. Februar 2013 beschränkt hat, war Streitgegenstand alleine, ob dem Antragsteller für die beantragten Leistungen vom 1. Mai 2012 bis zum 28. Februar 2013 ein solcher Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite steht. Einen Anordnungsgrund erkennt der Senat in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig nicht für die Vergangenheit an, weil sich die aktuelle Notlage, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen vermag, erst im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht dokumentiert (vgl. Beschluss vom 25. Mai 2011 - L 9 SO 1/11 B ER - m. w. N. sowie Beschluss vom 15. August 2011 - L 9 SO 178/11 B ER und Beschluss vom 31. August 2011 - L 9 AS 273/11 B ER ). Dies war vorliegend der 22. Januar 2013. Deshalb konnte die Beschwerde - soweit sie sich auf die vorangehende Zeit bezieht - bereits aus diesem Grunde keinen Erfolg haben.

Doch auch für den nachfolgenden Zeitraum vermochte der Senat keine dringliche Notlage zum Entscheidungszeitpunkt zu erkennen. Der Antragsteller hat selbst angegeben, ab 1. März 2013 in einem Beschäftigungsverhältnis mit einem Umfang von 40 Stunden pro Woche zu stehen. Der Senat geht daher davon aus, dass der Antragsteller angesichts seiner Qualifikation ein Einkommen erzielt, dass es ihm unschwer ermöglicht, auch für den insoweit noch streitigen und in der Vergangenheit liegenden Monat vom 22. Januar 2013 bis 28. Februar 2013 noch eventuell offenstehende Kosten des Lebensunterhalts zumindest bis zur Entscheidung der Hauptsache zu tragen. Insoweit hätte es dem rechtskundigen Antragsteller oblegen, die Höhe seines Einkommens sowie eine dennoch bestehende aktuelle Notlage substantiiert darzulegen.

Darüber hinaus hat der Senat erhebliche Zweifel am Bestehen eines Anordnungsanspruchs, hierbei insbesondere am Bestehen der erforderlichen Hilfebedürftigkeit i. S. v. § 9 SGB II. Danach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Auch für den Senat spricht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung vieles dafür, dass der Antragsteller mit seiner Freundin, Frau QW., in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, weshalb es seinen auch im sozialgerichtlichen Verfahren bestehenden Mitwirkungspflichten (§ 103 SGG) entsprochen hätte, zur Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit Angaben zum Einkommen seiner Partnerin zu machen.

Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II (in der ab dem 1. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006, BGBl I 1706) gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs. 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (Nr. 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr. 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr. 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr. 4). Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen.

§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II normiert für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (BSG, Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R - m.w.N.). Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II.

Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" i. S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfordert das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". Unter "Zusammenleben" in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes "Zusammenwohnen", wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. Andererseits ist es für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern zwingend, dass sie in "einer Wohnung" zusammenleben, während bei einer Ehe die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft ist, jedoch bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (Ehewohnung) eine solche i. S. des § 1353 BGB sein kann (BSG, Urteil vom 23. August 2012 - B 4 AS 34/12 R - m.w.N.; s. auch BSGE 105, 291 = SozR 3-4200 § 7 Nr. 16, Rdnr. 13). Da es bei einer nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierte Verbundenheit mangelt, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw. nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern, dass deren Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird. Dies liegt im Falle des Antragstellers mit seiner Freundin, Frau QW., vor und wurde seitens des Antragstellers auch nicht substantiiert bestritten. Beide wohnen in derselben Wohnung, beide Namen sind dort nach den Feststellungen des Antragsgegners einer Klingel und einem Briefkasten zugeordnet, nach den eigenen Einlassungen des Antragstellers gegenüber einem Mitarbeiter des Antragsgegners teilen beide das Schlafzimmer sowie soll es in der Wohnung - abgesehen von der Trennung des Geschirrs in den Schränken - keine räumliche Trennung geben (Bl. 64 Bekl.-A.).

Zusätzlich bedarf es des gemeinsamen Wirtschaftens. Voraussetzung hierfür ist das wie bei Ehepaaren übliche "Wirtschaften aus einem Topf" (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 6 Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 = SozR 4-4225 § 1 Nr. 1, RdnNr. 3; BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 5/09 R - juris Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 9 Rdnr. 16). Wann dies vorliegt, kann nicht generell und für alle Fälle abschließend beantwortet werden. Es kommt stets auf die faktischen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Umstände des Einzelfalles an (vgl. bereits BVerfG vom 16. Dezember 1958 - 1 BvL 3/57, 1 BvL 4/57, 1 BvL 8/58 - BVerfGE 9, 20).

Maßstab für die Annahme einer sogenannten Wirtschaftsgemeinschaft ist der Vergleich mit einer bestehenden ehelichen Gemeinschaft. Maßgeblich ist, ob die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft in einer Weise gemeinsam wirtschaften, die dem bei Ehepaaren Üblichen entspricht. Ebenso wie bei zusammenlebenden Ehegatten das gemeinsame Wirtschaften in einem Haushalt die unwiderlegbare Vermutung begründet, dass durch ausreichendes Einkommen eines Ehegatten die Bedürftigkeit des arbeitslosen Ehegatten ausgeschlossen wird, bewirkt eine ehetypische Wohnung und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen nicht verheirateten Personen dasselbe (so bereits BSG, Urteil vom 24. März 1988 - 7 RAr 81/86 - juris). Ausreichend ist mithin ein nach den äußeren Umständen erkennbares sozialtypisches Verhalten, wie es für zusammenlebende Ehegatten eigentümlich ist. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, was nicht bedeutet, dass der finanzielle Anteil der Beteiligung am Haushalt oder der Wert der Haushaltsführung selbst gleichwertig sein müssen. Ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen.

Dass nach dem Vortrag des Antragstellers Frau QW. alleine die Handwerkerrechnungen bezahlt sowie die Nebenkosten des Hauptmietvertrages im Hinblick auf Strom, Wasser und Telefon trägt, zwingt nicht zu der Annahme, dass keine Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Charakteristisches Merkmal des Wirtschaftens aus dem gemeinsamen Topf ist, dass bei finanziellen Engpässen der weniger Belastbare auch weniger einzahlt. Umso weniger vermag das Argument zu überzeugen, dass der Antragsteller und Frau QW. an keinem einzelnen Gegenstand in der Wohnung Miteigentum hätten, weil alle Gegenstände im Alleineigentum entweder von Frau QW. im Hinblick auf alle Möbel bzw. im Alleineigentum des Antragstellers stünden, da sämtliche benannten Gegenstände in eine gemeinsame Wohnung eingebracht wurden und dementsprechend anscheinend von beiden gemeinsam genutzt werden. Auch dies kann eine Einstehens- und Wirtschaftsgemeinschaft charakterisieren, dass beide Bewohner die im Alleineigentum des anderen stehenden Gegenstände mitbenutzen dürfen. Auch innerhalb einer Ehe werden regelmäßig in die Ehe eingebrachte Möbelstücke nicht anderen zwecks Begründung gemeinsamen Miteigentums gegenseitig übereignet. Ferner spricht auch eine Gütertrennung gerade nicht gegen das Bestehen einer Ehe, sondern ist regelmäßig Folge der Vereinbarung dieses Güterstandes (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2012 B 4 AS 34/12 R - BSGE 111, 250-256). Ebenso wenig bedeutet das Fehlen von gegenseitigen Kontovollmachten, dass keine Wirtschaftsgemeinschaft besteht, weil dies auch innerhalb einer Ehe nicht zwingendes Merkmal gemeinsamer Haushaltsführung ist, und auch nicht typischerweise in allen Ehen anzutreffen ist.

Vorliegend ergibt sich zudem bereits aus dem Vortrag des Antragstellers, dass Frau QW. alleinige Mieterin der Wohnung nach dem Hauptmietvertrag ist, diese alleine die mietvertraglichen Rechte und Pflichten gegenüber der Vermieterin des Hauptmietvertrages innehat und der Antragsteller ihr seit ca. 3,5 Jahren ohne Ausnahme monatlich 200,00 Euro leistet. Bereits aus dieser Übung ergibt sich die zumindest konkludent getroffene Abrede, dass die gemeinsam bewohnte Wohnung nach außen durch Frau QW. bezahlt wird, im Innenverhältnis sich der Antragsteller in genannter Höhe an diesen Mietkosten beteiligt. Sofern der Antragsteller ein echtes Untermietverhältnis zwischen ihm und Frau QW. behauptet, handelt es sich um eine rechtliche Wertung, die nicht zwingend sowohl im Falle der Einräumung des selbständigen Mitgebrauchs als auch im Falle des unselbständigen Mitgebrauchs das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft ausschließt, da der Antragsteller dann jedenfalls in den Haushalt eingegliedert ist (vgl. Bayerisches OLG, Beschluss vom 6. Oktober 1997 - RE-Miet 2/96, 1Z RE-Miet 2/96 - NJW 1998, 1324; Weidenkaff in Palandt, BGB, § 540 Rdnr. 5 m. w. N.). Entscheidend sind die faktischen Umstände des Einzelfalles (s. o.). Alleine die Überlassung eines Teils der Wohnung zum selbständigen Alleingebrauch, für den der Antragsteller Untermietzins zahlen müsste, wäre u. U. geeignet, Indizwirkung gegen das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft zu entfalten. Hierzu hätte es aber zumindest der diesbezüglichen Darlegung sowie der Glaubhaftmachung einer vermieterseitigen Erlaubnis zu einer solchen Gebrauchsüberlassung an einen Dritten durch den Antragsteller bedurft, wie sie §§ 540, 553 BGB auch für den Lebensgefährten verlangen (BGH, Urteil vom 3. Oktober 1984 - VIII ARZ 2/84 - NJW 1985, 130 zu § 549 BGB a. F.; Weidenkaff in: Palandt a.a.O. Rdnr. 5). Der Senat geht aufgrund der Einlassungen des selbst rechtskundigen Antragstellers im Schriftsatz vom 15. Juni 2013 (Bl. 152) auf die gerichtliche Verfügung vom 11. Juni 2013 davon aus, dass weder die Gebrauchsüberlassung eines Teils der Wohnung zum selbständigen Alleingebrauch noch die Erteilung der vermieterseitigen Erlaubnis - und sei es nur aufgrund einer konkludenten Duldung nach Kenntniserlangung (vgl. Weidenkaff in Palandt, BGB, § 540 Rdnr. 7) - substantiiert seitens des Antragstellers, der seinerseits inzwischen als objektives Organ der Rechtspflege tätig ist, behauptet werden kann. Die rhetorische Frage "ob der Berichterstatter ernsthaft Zweifel am Einverständnis der Vermieterin mit dem Untermietverhältnis hat" vermag einen substantiierten Vortrag nicht zu ersetzen.

Nach Auffassung des Senats spricht damit vorliegend nach der gebotenen summarischen Prüfung für das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, dass der Antragsteller mit seiner Freundin, Frau QW., zu der er eine Liebesbeziehung eingeräumt hat, in einer gemeinsamen Wohnung zusammenlebt, dort jeweils ausgehend vom Vortrag des Antragstellers keine separaten Wohnbereiche bestehen sowie nach außen hin Frau QW. die alleinige rechtlich verpflichtete Schuldnerin aus dem Mietvertragsverhältnis ist und intern im Innenverhältnis der Antragsteller einen entsprechenden wirtschaftlichen Ausgleich an seine Freundin abführt. Besteht aber eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft sowie - was ebenfalls seitens des Antragstellers nicht bestritten wurde - eine Partnerschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II, greift auch die tatsächliche Vermutung ein, dass zwischen den beiden ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vorliegt, da unstreitig der Antragsteller und Frau QW. länger als ein Jahr zusammen leben.

Damit trifft den Antragsteller auch die Mitwirkungspflicht, Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen seiner Partnerin zu tätigen, sofern feststeht, dass ihm diese zumindest ungefähr bekannt sind (vgl. BSG vom 25. Oktober 1988 - 7 RAr 70/87 = SozR 1200 § 66 Nr. 13). Letzteres folgt nach Auffassung des Senats bereits aus dem Umstand, dass beide nach den Angaben des Antragstellers seit sechs Jahren ununterbrochen zusammen leben. Deshalb geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller weiß, wo und in welchem Beruf sie arbeitet und dementsprechend auch in der Lage ist, ungefähre Angaben über die Höhe des Einkommens zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - juris). Diese Auskunftserteilung war dem Antragsteller auch zumutbar. Zwar entbindet die mangelnde Mitwirkung das Gericht nicht von der Pflicht, selbst die noch möglichen und nicht unverhältnismäßigen Ermittlungen anzustellen (BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 88/03 R m. Anm A. Schmidt in: jurisPR SozR 52/04; BSG SozR 1500 § 103 Nr. 16; SozR Nr. 43 zu § 103 SGG ), zumal § 66 SGB I nicht ohne weiteres auf das sozialgerichtliche Verfahren übertragbar ist (Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, § 103 Rdnr. 15 a. E. ), jedoch verletzt das Gericht zumindest dann nicht seine Amtsermittlungspflicht, wenn es keine weiteren Ermittlungen anstellt, nachdem sich ein Beteiligter grundlos trotz Aufforderung geweigert hat, nähere Angaben zu machen, obwohl er dazu in der Lage wäre und dieses für ihn nicht unzumutbar wäre (BVerwG 16, 241, 245).

Dahinstehen kann demgemäß, ob der Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten zwecks Darlegung und Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Umstände sein Einverständnis mit einer Inaugenscheinnahme seiner Wohnung hätte erteilen müssen. Wie der Antragsteller zutreffend unter Bezugnahme auf die einschlägige Fachliteratur vorgetragen hat, besteht bei Hausbesuchen im Hinblick auf Art. 13 GG abgesehen von besonderen polizeirechtlichen oder strafprozessualen Ermächtigungsnormen keine Befugnis staatlicher Organe, das Betreten der Wohnung durch Zwang durchzusetzen; gleichwohl kann aus Mitwirkungspflichten (§ 103 Satz 2 SGG; §§ 60 ff. SGB I) eine Duldungspflicht des Hilfebedürftigen erwachsen, aus der die Zumutbarkeit der Einverständniserklärung resultiert. Wird diese nicht abgeben und der Zutritt verweigert, kann dies daher beweisrechtliche Konsequenzen haben (s. auch Luthe, jurisPR-SozR 14/2007 Anm. 3; ausführlich Hammel, ZfF 2012, 57 ff.).

Vorliegend bedurfte es mangels Anordnungsgrunds im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner Entscheidung darüber, ob der Antragsgegner Leistungen nach § 66 SGB I trotz Existenz des § 60 Abs. 4 SGB II versagen durfte, wenn als Mitwirkungshandlung ausdrücklich die Vorlage von Einkommensnachweisen eines Dritten verlangt wird, über welche der Antragsteller vorgibt nicht zu verfügen (vgl. BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - juris).

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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