Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 139/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 60/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Mehrere jeweilis in der Hauptsache erledigte Verfahren i.S.v. § 197a SGG können nicht in der Weise zur endgültigen Festsetzung des Streitwertes verbunden werden, dass die für die einzelnen Verfahren anzunehmenden Streitwerte addiert werden und ein einheitlicher Streitwert festgesetzt wird.
2. Eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers, kann (auch) in Verfahren nach § 197a SGG im Falle einer zulässig erhobenen Untätigkeitsklage als Klagerücknahme interpretiert werden, da die Kosten stets der/dem Beklagten zur Last fallen (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 7 VwGO).
2. Eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers, kann (auch) in Verfahren nach § 197a SGG im Falle einer zulässig erhobenen Untätigkeitsklage als Klagerücknahme interpretiert werden, da die Kosten stets der/dem Beklagten zur Last fallen (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 7 VwGO).
Bemerkung
verb. m. L 4 KA 62/09 B u.a.
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 15. Mai 2009 insgesamt aufgehoben.
Die gesondert festzusetzenden Streitwerte werden wie folgt festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 139/09 (hier: L 4 KA 60/09 B) wird der Streitwert auf 2.071,66 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 143/09 (hier: L 4 KA 62/09 B) wird der Streitwert auf 1.878,07 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 144/09 (hier: L 4 KA 63/09 B) wird der Streitwert auf 2.006,54 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 145/09 (hier: L 4 KA 64/09 B) wird der Streitwert auf 2.707,11 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 146/09 (hier: L 4 KA 65/09 B) wird der Streitwert auf 1.809,92 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 147/09 (hier: L 4 KA 66/09 B) wird der Streitwert auf 1.503,84 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 148/09 (hier: L 4 KA 67/09 B) wird der Streitwert auf 2.383,96 EUR festgesetzt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger hatte mit Schreiben vom 25.02.2006, 04.11.2006, 10.02.2007, 14.03.2007, 26.03.2007, 14.05.2007 und vom 04.07.2007 jeweils Widerspruch gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/05, III/05, IV/05, I/06, II/06, III/06 und IV/06 erhoben. Nachdem in der Folgezeit keine Entscheidung der Beklagten hierüber erging, erhob der Kläger mit Schriftsätzen vom 12.03.2009 bzw. vom 16.03.2009 Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht Marburg und zwar jeweils
hinsichtlich des Quartals II/07 unter dem Az.: S 11 KA 139/09,
hinsichtlich des Quartals III/05 unter dem Az.: S 11 KA 143/09,
hinsichtlich des Quartals IV/05 unter dem Az.: S 11 KA 144/09, hinsichtlich des Quartals I/06 unter dem Az.: S 11 KA 145/09, hinsichtlich des Quartals II/06 unter dem Az.: S 11 KA 146/09, hinsichtlich des Quartals III/06 unter dem Az.: S 11 KA 147/09 und hinsichtlich des Quartals IV/06 unter dem Az.: S 11 KA 148/09.
Nachdem die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide für diese Quartale mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 25.02.2009 zurückgewiesen und dem Sozialgericht diesen Bescheid unter Hinweis auf § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) übersandt hatte, erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 11.05.2009 in den vorgenannten Klageverfahren die Sache in der Hauptsache für erledigt. Mit Verfügung vom 15.05.2009 wies das Sozialgericht die Beklagte darauf hin, dass es sich bei den vorliegenden Verfahren um Untätigkeitsklagen gehandelt habe mit der Folge, dass diese mit Erlass des Widerspruchsbescheides in der Hauptsache erledigt seien. Eine Einbeziehung des Widerspruchsbescheids nach § 96 SGG in diese Verfahren komme nicht in Betracht, der Kläger habe vielmehr gegen den Widerspruchsbescheid erneut Klage erhoben.
Mit Beschluss vom 15.05.2009 hat das Sozialgericht sodann die vorgenannten Verfahren zum Zwecke der Streitwertfestsetzung verbunden und den Streitwert insgesamt auf 14.361,13 EUR festgesetzt, indem es jeweils die streitige Honorardifferenz für die streitgegenständlichen Quartale zu Grunde gelegt, addiert und im Hinblick darauf, dass es sich um Untätigkeitsklagen handelte, auf ein Zehntel herabgesetzt hat.
Mit Schriftsatz vom 09.07.2009 an das Sozialgericht hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Beschwerde gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss vom 15.05.2009 eingelegt. Zur Begründung führt er aus, die Herabsetzung des Streitwerts auf ein Zehntel der Summe, die als gesamter wirtschaftlicher Wert der zusammengefassten Untätigkeitsklagen angenommen worden sei, erscheine nicht sachgerecht. Auch wenn es sich um gleich gelagerte Sachverhalte handele, seien doch die Einzelabrechnungen jeweils einzeln zu würdigen, so dass es nach seiner Auffassung unzulässig erscheine, nun alle Verfahren zu verbinden und dann aus dem Gesamtstreitwert lediglich noch ein Zehntel als Streitwert für die Untätigkeitsklage anzunehmen. In diesem Falle hätte mindestens 25 % des Gesamtstreitwerts zu Grunde gelegt werden müssen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige 200 EUR. Bei einem Streitwert von 14.361,13 EUR betrage die Anwaltsgebühr 735,80 EUR netto und 899,40 EUR brutto, während bei einem angenommenen Streitwert von 25 % des Werts der Hauptsache die Anwaltsgebühr 1172,60 EUR netto und 1419,19 EUR brutto betragen hätte. Wären die Verfahren nicht verbunden worden, so wären für die Quartale II/05 bis IV/06 selbst bei einer Kürzung der Streitwerte auf 10% des jeweiligen wirtschaftlichen Wertes Anwaltshonorare in Höhe von insgesamt 1392,30 EUR netto und 1823,44 EUR brutto angefallen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt sinngemäß,
den Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Marburg vom 15.05.2009 aufzuheben und für die Verfahren Az.: S 11 KA 139/09, Az.: S 11 KA 143/09, Az.: S 11 KA 144/09, Az.: S 11 KA 145/09, Az.: S 11 KA 146/09, Az.: S 11 KA 147/09 und Az.: S 11 KA 148/09 jeweils einen gesonderten Streitwert festzusetzen,
hilfsweise,
im Rahmen der vorgenommenen zusammengefassten Streitwertfestsetzungen die Kürzung auf 25% des gesamten wirtschaftlichen Wertes zu begrenzen.
Nach Auffassung der Beklagten ist die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Marburg nicht zu beanstanden.
II.
Die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG zulässig. Sie erweist sich in der Sache auch als begründet. Die Streitwertfestsetzung durch das Sozialgericht ist rechtlich insoweit zu beanstanden und verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten, als die in dem angefochtenen Beschluss aufgeführten und in der Hauptsache anderweitig als durch Urteil erledigten Verfahren zum Zwecke der Bildung eines einheitlichen Streitwerts verbunden wurden.
Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss festsetzt, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt.
Bereits der Wortlaut dieser Regelung steht der Bildung eines einheitlichen Streitwerts für mehrere bis zu ihrer Erledigung in der Hauptsache selbständig geführte Gerichtsverfahren entgegen, ohne dass es hierbei auf Gesichtspunkte der Gleichartigkeit der Verfahren oder der Prozessökonomie ankommen kann. Abzustellen ist nach dieser Regelung auf den Rechtsstreit bzw. das Verfahren in der Hauptsache. Ist hierüber vollständig entschieden worden oder hat sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt, so ist die Rechtshängigkeit der Hauptsache beendet und deshalb nur noch Raum für eine Kostenentscheidung (vgl. für den Fall einer übereinstimmenden Erledigungserklärung BGH, Urteil vom 23.11.1966, NJW 1967 S. 564, 565). Der zu bildende Streitwert ist auf das jeweilige Verfahren bezogen, mit dem Eintritt der Verfahrensbeendigung (in der Hauptsache) tritt die Kostenfälligkeit nach dem Gerichtskostengesetz ein (§ 9 Abs.2 Nr. 2 und 5 GKG) mit der Folge, dass der Streitwert für dieses in der Hauptsache erledigte Verfahren nur noch durch einen Streitwertbeschluss konkret festgesetzt werden muss (§ 63 Abs. 2 S. 1 GKG). Diese Festsetzung kann nur noch innerhalb einer Frist von sechs Monaten geändert werden (§ 63 Abs. 3 S. 2 GKG). Der Streitwert eines erledigten Verfahrens kann hiernach jedoch nicht mehr dadurch verändert werden, dass er mit weiteren Streitwerten aus anderen erledigten Verfahren zusammengefasst und ein einheitlicher Streitwert gebildet wird. Eine solche Vorgehensweise sieht das Gerichtskostengesetz nicht vor. Unerheblich für das Kostenrecht ist hiernach, ob mehrere Gerichtsverfahren ihrer Art nach zu einem Zeitpunkt vor ihrer Erledigung in der Hauptsache hätten verbunden werden können, maßgeblich ist insoweit allein ein formaler Verfahrensbegriff. Diese Sichtweise findet ihre Bestätigung in den Wertberechnungsregelungen, wonach eine Zusammenfassung der Werte mehrerer Streitgegenstände (nur) dann stattfindet, wenn sie in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug geltend gemacht werden (§ 39 Abs. 1 GKG). Selbst Ansprüche, die in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemacht werden, dürfen nur dann zusammengerechnet werden, wenn sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt wurden (§ 45 Abs. 1 GKG).
Vorliegend handelte es sich bei den genannten Untätigkeitsklagen unstreitig um selbstständige Gerichtsverfahren. Hieran hat auch der Umstand nichts geändert, dass die Beklagte die mit der Untätigkeitsklage begehrten Entscheidungen über die Widersprüche des Klägers in einem Widerspruchsbescheid zusammengefasst hat. Das Sozialgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Bescheid nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand der Gerichtsverfahren geworden ist, er bedeutete lediglich den Umstand, der zur Erledigung der Untätigkeitsklagen geführt hat.
Die vorbezeichneten Klageverfahren sind in der Hauptsache auch anders als durch eine gerichtliche Entscheidung erledigt worden. Dabei kann der Senat im Ergebnis offen lassen, ob diese anderweitige Erledigung durch übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten (§ 202 SGG i.V.m. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO) eingetreten ist, wie das Sozialgericht ausweislich seiner Schlussverfügungen in diesem Verfahren angenommen hat, oder durch Klagerücknahme (§ 102 SGG).
Eine ausdrückliche Erledigungserklärung hat nur der Kläger abgegeben, die Zustimmungserklärung der Beklagten hierzu könnte jedoch gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 2 S. 2 VwGO zu fingieren sein, da die Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht binnen zwei Wochen seit der Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widersprochen hat. Auf diese Folge hätte die Beklagte allerdings vom Sozialgericht hingewiesen werden müssen, wobei offen bleiben kann ob der Hinweis des Gerichts vom 15.05.2009 diesen Anforderungen genügt.
Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers kann vorliegend auch als Klagerücknahme interpretiert werden. Für die Verfahren nach §§ 184 bis 195 SGG ist dies nach h. M. (vgl. z. B. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Auflage § 125 Rn 10) möglich, da bei diesen Verfahrensarten in jedem Falle über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden ist. Diese Auslegung wird in Verfahren nach § 197a SGG (wie dem vorliegenden) nicht für möglich gehalten, weil im Falle der Klagerücknahme die Kosten zwingend dem Kläger zur Last fallen (§ 197a Abs. 1 SGG). Dies ist im Falle von (begründeten) Untätigkeitsklagen jedoch anders. Bei dieser Klageart fallen die Kosten gemäß § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 161 Abs. 3 VwGO stets der Beklagten zur Last. Die für die Verfahren nach §§ 184 bis 195 SGG angenommene Auslegungsmöglichkeit besteht somit auch vorliegend, nachdem es sich um Untätigkeitsklagen gehandelt hat und der Kläger nach dem konkreten Sachverhalt mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung hätte rechnen dürfen.
Die Streitwertfestsetzung durch den Senat erfolgte nach § 63 Abs. 3 S. 1 GKG. Im Falle von Untätigkeitsklagen beträgt der Wert des Streitgegenstandes nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung 10 bis 25 % des Streitwerts der "Hauptsache", in der Regel abhängig von der Dauer der Nichtbescheidung (vgl. Straßfeld, Streitwertkatalog (Teil I), SGB 2008, Seite 109 ff, 120 m. w. N.). Nachdem es sich vorliegend um 7 gleich gelagerte einfache Untätigkeitsklagen gehandelt hat, ist die Kürzung des Streitwertes auf 10 % der streitigen Honorardifferenz angemessen.
Das Verfahren der Streitwertbeschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG); der Festsetzung eines Streitwertes für das vorliegende Beschwerdeverfahren bedarf es daher nicht.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar.
Die gesondert festzusetzenden Streitwerte werden wie folgt festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 139/09 (hier: L 4 KA 60/09 B) wird der Streitwert auf 2.071,66 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 143/09 (hier: L 4 KA 62/09 B) wird der Streitwert auf 1.878,07 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 144/09 (hier: L 4 KA 63/09 B) wird der Streitwert auf 2.006,54 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 145/09 (hier: L 4 KA 64/09 B) wird der Streitwert auf 2.707,11 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 146/09 (hier: L 4 KA 65/09 B) wird der Streitwert auf 1.809,92 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 147/09 (hier: L 4 KA 66/09 B) wird der Streitwert auf 1.503,84 EUR festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 148/09 (hier: L 4 KA 67/09 B) wird der Streitwert auf 2.383,96 EUR festgesetzt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger hatte mit Schreiben vom 25.02.2006, 04.11.2006, 10.02.2007, 14.03.2007, 26.03.2007, 14.05.2007 und vom 04.07.2007 jeweils Widerspruch gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/05, III/05, IV/05, I/06, II/06, III/06 und IV/06 erhoben. Nachdem in der Folgezeit keine Entscheidung der Beklagten hierüber erging, erhob der Kläger mit Schriftsätzen vom 12.03.2009 bzw. vom 16.03.2009 Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht Marburg und zwar jeweils
hinsichtlich des Quartals II/07 unter dem Az.: S 11 KA 139/09,
hinsichtlich des Quartals III/05 unter dem Az.: S 11 KA 143/09,
hinsichtlich des Quartals IV/05 unter dem Az.: S 11 KA 144/09, hinsichtlich des Quartals I/06 unter dem Az.: S 11 KA 145/09, hinsichtlich des Quartals II/06 unter dem Az.: S 11 KA 146/09, hinsichtlich des Quartals III/06 unter dem Az.: S 11 KA 147/09 und hinsichtlich des Quartals IV/06 unter dem Az.: S 11 KA 148/09.
Nachdem die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide für diese Quartale mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 25.02.2009 zurückgewiesen und dem Sozialgericht diesen Bescheid unter Hinweis auf § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) übersandt hatte, erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 11.05.2009 in den vorgenannten Klageverfahren die Sache in der Hauptsache für erledigt. Mit Verfügung vom 15.05.2009 wies das Sozialgericht die Beklagte darauf hin, dass es sich bei den vorliegenden Verfahren um Untätigkeitsklagen gehandelt habe mit der Folge, dass diese mit Erlass des Widerspruchsbescheides in der Hauptsache erledigt seien. Eine Einbeziehung des Widerspruchsbescheids nach § 96 SGG in diese Verfahren komme nicht in Betracht, der Kläger habe vielmehr gegen den Widerspruchsbescheid erneut Klage erhoben.
Mit Beschluss vom 15.05.2009 hat das Sozialgericht sodann die vorgenannten Verfahren zum Zwecke der Streitwertfestsetzung verbunden und den Streitwert insgesamt auf 14.361,13 EUR festgesetzt, indem es jeweils die streitige Honorardifferenz für die streitgegenständlichen Quartale zu Grunde gelegt, addiert und im Hinblick darauf, dass es sich um Untätigkeitsklagen handelte, auf ein Zehntel herabgesetzt hat.
Mit Schriftsatz vom 09.07.2009 an das Sozialgericht hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Beschwerde gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss vom 15.05.2009 eingelegt. Zur Begründung führt er aus, die Herabsetzung des Streitwerts auf ein Zehntel der Summe, die als gesamter wirtschaftlicher Wert der zusammengefassten Untätigkeitsklagen angenommen worden sei, erscheine nicht sachgerecht. Auch wenn es sich um gleich gelagerte Sachverhalte handele, seien doch die Einzelabrechnungen jeweils einzeln zu würdigen, so dass es nach seiner Auffassung unzulässig erscheine, nun alle Verfahren zu verbinden und dann aus dem Gesamtstreitwert lediglich noch ein Zehntel als Streitwert für die Untätigkeitsklage anzunehmen. In diesem Falle hätte mindestens 25 % des Gesamtstreitwerts zu Grunde gelegt werden müssen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige 200 EUR. Bei einem Streitwert von 14.361,13 EUR betrage die Anwaltsgebühr 735,80 EUR netto und 899,40 EUR brutto, während bei einem angenommenen Streitwert von 25 % des Werts der Hauptsache die Anwaltsgebühr 1172,60 EUR netto und 1419,19 EUR brutto betragen hätte. Wären die Verfahren nicht verbunden worden, so wären für die Quartale II/05 bis IV/06 selbst bei einer Kürzung der Streitwerte auf 10% des jeweiligen wirtschaftlichen Wertes Anwaltshonorare in Höhe von insgesamt 1392,30 EUR netto und 1823,44 EUR brutto angefallen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt sinngemäß,
den Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Marburg vom 15.05.2009 aufzuheben und für die Verfahren Az.: S 11 KA 139/09, Az.: S 11 KA 143/09, Az.: S 11 KA 144/09, Az.: S 11 KA 145/09, Az.: S 11 KA 146/09, Az.: S 11 KA 147/09 und Az.: S 11 KA 148/09 jeweils einen gesonderten Streitwert festzusetzen,
hilfsweise,
im Rahmen der vorgenommenen zusammengefassten Streitwertfestsetzungen die Kürzung auf 25% des gesamten wirtschaftlichen Wertes zu begrenzen.
Nach Auffassung der Beklagten ist die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Marburg nicht zu beanstanden.
II.
Die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG zulässig. Sie erweist sich in der Sache auch als begründet. Die Streitwertfestsetzung durch das Sozialgericht ist rechtlich insoweit zu beanstanden und verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten, als die in dem angefochtenen Beschluss aufgeführten und in der Hauptsache anderweitig als durch Urteil erledigten Verfahren zum Zwecke der Bildung eines einheitlichen Streitwerts verbunden wurden.
Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss festsetzt, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt.
Bereits der Wortlaut dieser Regelung steht der Bildung eines einheitlichen Streitwerts für mehrere bis zu ihrer Erledigung in der Hauptsache selbständig geführte Gerichtsverfahren entgegen, ohne dass es hierbei auf Gesichtspunkte der Gleichartigkeit der Verfahren oder der Prozessökonomie ankommen kann. Abzustellen ist nach dieser Regelung auf den Rechtsstreit bzw. das Verfahren in der Hauptsache. Ist hierüber vollständig entschieden worden oder hat sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt, so ist die Rechtshängigkeit der Hauptsache beendet und deshalb nur noch Raum für eine Kostenentscheidung (vgl. für den Fall einer übereinstimmenden Erledigungserklärung BGH, Urteil vom 23.11.1966, NJW 1967 S. 564, 565). Der zu bildende Streitwert ist auf das jeweilige Verfahren bezogen, mit dem Eintritt der Verfahrensbeendigung (in der Hauptsache) tritt die Kostenfälligkeit nach dem Gerichtskostengesetz ein (§ 9 Abs.2 Nr. 2 und 5 GKG) mit der Folge, dass der Streitwert für dieses in der Hauptsache erledigte Verfahren nur noch durch einen Streitwertbeschluss konkret festgesetzt werden muss (§ 63 Abs. 2 S. 1 GKG). Diese Festsetzung kann nur noch innerhalb einer Frist von sechs Monaten geändert werden (§ 63 Abs. 3 S. 2 GKG). Der Streitwert eines erledigten Verfahrens kann hiernach jedoch nicht mehr dadurch verändert werden, dass er mit weiteren Streitwerten aus anderen erledigten Verfahren zusammengefasst und ein einheitlicher Streitwert gebildet wird. Eine solche Vorgehensweise sieht das Gerichtskostengesetz nicht vor. Unerheblich für das Kostenrecht ist hiernach, ob mehrere Gerichtsverfahren ihrer Art nach zu einem Zeitpunkt vor ihrer Erledigung in der Hauptsache hätten verbunden werden können, maßgeblich ist insoweit allein ein formaler Verfahrensbegriff. Diese Sichtweise findet ihre Bestätigung in den Wertberechnungsregelungen, wonach eine Zusammenfassung der Werte mehrerer Streitgegenstände (nur) dann stattfindet, wenn sie in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug geltend gemacht werden (§ 39 Abs. 1 GKG). Selbst Ansprüche, die in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemacht werden, dürfen nur dann zusammengerechnet werden, wenn sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt wurden (§ 45 Abs. 1 GKG).
Vorliegend handelte es sich bei den genannten Untätigkeitsklagen unstreitig um selbstständige Gerichtsverfahren. Hieran hat auch der Umstand nichts geändert, dass die Beklagte die mit der Untätigkeitsklage begehrten Entscheidungen über die Widersprüche des Klägers in einem Widerspruchsbescheid zusammengefasst hat. Das Sozialgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Bescheid nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand der Gerichtsverfahren geworden ist, er bedeutete lediglich den Umstand, der zur Erledigung der Untätigkeitsklagen geführt hat.
Die vorbezeichneten Klageverfahren sind in der Hauptsache auch anders als durch eine gerichtliche Entscheidung erledigt worden. Dabei kann der Senat im Ergebnis offen lassen, ob diese anderweitige Erledigung durch übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten (§ 202 SGG i.V.m. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO) eingetreten ist, wie das Sozialgericht ausweislich seiner Schlussverfügungen in diesem Verfahren angenommen hat, oder durch Klagerücknahme (§ 102 SGG).
Eine ausdrückliche Erledigungserklärung hat nur der Kläger abgegeben, die Zustimmungserklärung der Beklagten hierzu könnte jedoch gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 2 S. 2 VwGO zu fingieren sein, da die Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht binnen zwei Wochen seit der Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widersprochen hat. Auf diese Folge hätte die Beklagte allerdings vom Sozialgericht hingewiesen werden müssen, wobei offen bleiben kann ob der Hinweis des Gerichts vom 15.05.2009 diesen Anforderungen genügt.
Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers kann vorliegend auch als Klagerücknahme interpretiert werden. Für die Verfahren nach §§ 184 bis 195 SGG ist dies nach h. M. (vgl. z. B. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Auflage § 125 Rn 10) möglich, da bei diesen Verfahrensarten in jedem Falle über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden ist. Diese Auslegung wird in Verfahren nach § 197a SGG (wie dem vorliegenden) nicht für möglich gehalten, weil im Falle der Klagerücknahme die Kosten zwingend dem Kläger zur Last fallen (§ 197a Abs. 1 SGG). Dies ist im Falle von (begründeten) Untätigkeitsklagen jedoch anders. Bei dieser Klageart fallen die Kosten gemäß § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 161 Abs. 3 VwGO stets der Beklagten zur Last. Die für die Verfahren nach §§ 184 bis 195 SGG angenommene Auslegungsmöglichkeit besteht somit auch vorliegend, nachdem es sich um Untätigkeitsklagen gehandelt hat und der Kläger nach dem konkreten Sachverhalt mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung hätte rechnen dürfen.
Die Streitwertfestsetzung durch den Senat erfolgte nach § 63 Abs. 3 S. 1 GKG. Im Falle von Untätigkeitsklagen beträgt der Wert des Streitgegenstandes nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung 10 bis 25 % des Streitwerts der "Hauptsache", in der Regel abhängig von der Dauer der Nichtbescheidung (vgl. Straßfeld, Streitwertkatalog (Teil I), SGB 2008, Seite 109 ff, 120 m. w. N.). Nachdem es sich vorliegend um 7 gleich gelagerte einfache Untätigkeitsklagen gehandelt hat, ist die Kürzung des Streitwertes auf 10 % der streitigen Honorardifferenz angemessen.
Das Verfahren der Streitwertbeschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG); der Festsetzung eines Streitwertes für das vorliegende Beschwerdeverfahren bedarf es daher nicht.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar.
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