Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 12 AL 28/04 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 195/04 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine laufende Leistung im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGB 3 wird nicht entzogen oder herabgesetzt, wenn die Bundesagentur für Arbeit von dem Arbeitslosengeld eine Abzweigung gemäß § 48 Abs. 1 SGB 1 vornimmt.
Die Klage gegen die Abzweigung hat aufschiebende Wirkung.
Für das Rechtsschutzbegehren auf Feststellung, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat, kommt die analoge Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG in Betracht.
Dadurch lässt sich der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz im Sinne des Artikel 19 Abs. 4 GG verwirklichen.
Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen vom 4.9.2002 (L 7 AL 283/02 ER) und LSG Rheinland-Pfalz vom 8.6.2004 (L 3 ER 29/04 AL)
Die Klage gegen die Abzweigung hat aufschiebende Wirkung.
Für das Rechtsschutzbegehren auf Feststellung, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat, kommt die analoge Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG in Betracht.
Dadurch lässt sich der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz im Sinne des Artikel 19 Abs. 4 GG verwirklichen.
Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen vom 4.9.2002 (L 7 AL 283/02 ER) und LSG Rheinland-Pfalz vom 8.6.2004 (L 3 ER 29/04 AL)
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Gießen vom 5. Mai 2004 wird zurückgewiesen
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Es geht in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren um die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese zugunsten des Beigeladenen Teile des dem Antragsteller bewilligten Arbeitslosengeldes abgezweigt hat. Der 1978 geborene Antragsteller absolvierte erfolgreich von September 1996 bis Januar 2000 eine Ausbildung als Werkzeugmaschinenspaner/Fräser, bezog im Anschluss Arbeitslosengeld bis zur Arbeitsaufnahme am 19. Juli 2000, war sodann bei Fa. E. Gesellschaft für Zeitpersonal mbH als Produktionsarbeiter bis zum 28. Februar 2001 und vom 2. April bis 9. Juni 2001 als Arbeiter bei der F. AG beschäftigt. Im Anschluss bezog er wieder Arbeitslosengeld bis 28. Juni 2001 und vom 13. Juli bis 5. August 2001. Von Oktober 2001 bis zum 13. Oktober 2003 arbeitete der Antragsteller als Einsteller für Pressen bei Armaturen G. GmbH & Co. KG, zuletzt mit einem Bruttoeinkommen (für die Zeit von Oktober 2002 bis September 2003) in Höhe von insgesamt Euro 24.136,67 bei 40 Stunden je Woche. Am 15. September 2003 meldete sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Ein zunächst erlassener Sperrzeitbescheid wurde später wieder aufgehoben. Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller sodann Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich Euro 193,48 (Bemessungsentgelt Euro 462,39 wöchentlich, Leistungsgruppe 1, Kindermerkmal 1). Mit Schreiben vom 11. November 2003 wies der Beigeladene darauf hin, dass der Antragsteller Vater des unter Beistandschaft stehenden minderjährigen Kindes H. und diesem zum Unterhalt verpflichtet sei. Der Beigeladene beantragte die Abzweigung eines angemessenen Teils der Leistungen des Antragstellers. Nach Anhörung des Antragstellers zweigte die Antragsgegnerin an die Beigeladene mit Wirkung ab 14. Oktober 2003 einen täglichen Betrag in Höhe von Euro 3,57 ab und teilte dies dem Antragsteller und dem Beigeladenen jeweils mit Bescheid vom 1. Dezember 2003 mit. Die Antragsgegnerin hat die Abzweigung mit Wirkung vom 14. Oktober 2003 umgesetzt. Gegen die Abzweigung hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt mit der Begründung, er sei nicht leistungsfähig und habe deshalb beim zuständigen Amtsgericht Dillenburg Abänderungsbegehren eingereicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt seien, könnten nach § 48 Sozialgesetzbuch 1. Buch (SGB 1) in angemessener Höhe an Kinder des Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn er ihnen gegenüber seiner Unterhaltspflicht nicht nachkomme. Der Beigeladene habe glaubhaft dargelegt, dass der Antragsteller seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Kind H. nicht nachkomme und von dort Leistungen erbracht würden. Bei der Bemessung des Eigenbedarfs durch die Arbeitsämter seien grundsätzlich die pauschalierten Richtwerte der sog. Düsseldorfer Tabelle zugrunde zu legen. Danach betrage der Eigenbedarfssatz für einen nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich monatlich Euro 730,-. Da der Antragsteller arbeitslos sei und laufende Leistungen des Arbeitsamtes beziehe, könne der erhöhte Eigenbedarfssatz keine Berücksichtigung finden. Das wöchentliche Arbeitslosengeld des Antragstellers von Euro 193,48 entspreche einem monatlichen Betrag in Höhe von Euro 838,41 (193,48 x 13: 3). Somit verbleibe im Monat ein Betrag in Höhe von Euro 108,41, der der Abzweigung zugrunde zu legen sei, woraus sich ein täglicher Abzweigungsbetrag in Höhe von Euro 3,57 ergebe (108,41 x 3: 13: 7). Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Der Antragsteller hat vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig (wird näher ausgeführt). Er hat auf das Urteil des erkennenden Senates vom 21. Juni 2000 (L 6 AL 259/00) hingewiesen. Die Antragsgegnerin hat der aufschiebenden Wirkung der Klage mit der Begründung nicht zugestimmt, die Weisungen der Bundesagentur für Arbeit sähen ausdrücklich vor, dass eine aufschiebende Wirkung nicht anzuerkennen sei. Eine Ausnahme sei lediglich dann vorgesehen, wenn der Abzweigungsempfänger der aufschiebenden Wirkung zugestimmt habe, was jedoch hier nicht vorliege. Mit Beschluss vom 5. Mai 2004 hat das Sozialgericht Gießen festgestellt, dass die Klage gegen den Bescheid vom 1. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2003 aufschiebende Wirkung habe gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Es liege kein Fall des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG vor, da mit dem angefochtenen Bescheid keine laufende Leistung herabgesetzt oder entzogen werde. Der Antragsteller habe nach wie vor den Anspruch auf die volle Leistung. Die Abzweigung führe lediglich dazu, dass die Antragsgegnerin einen Teil des ihr gegenüber dem Antragsteller bestehenden Anspruchs zur Erfüllung seiner Verpflichtung gegenüber dem unterhaltsberechtigten Kind verwende. Maßgebender Grund dafür sei, dass der Antragsteller mit der Abzweigung eine eigene Schuld gegenüber einem Dritten, dem Unterhaltsberechtigten, erfülle. Eine analoge Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG komme in Fällen der vorliegenden Art nicht in Betracht, da die Abzweigung hier vor allem privatrechtlichen und nicht öffentlichen Zwecken diene (vgl. Beschluss des LSG Chemnitz vom 19.1.2004 – 3 B 130/03 AL ER). Somit habe die Klage aufschiebende Wirkung, die jedoch von der Antragsgegnerin nicht beachtet werde. Es sei deshalb mittels deklaratorischem Beschluss auszusprechen, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe. Gegen den am 12. Mai 2004 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 11. Juni 2004 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht unter dem 24. August 2004 nicht abgeholfen hat. Die Antragsgegnerin trägt vor, aus Aufbau und Gesetzesbegründung zu § 86a Abs. 2 SGG folge, dass der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage in Abhängigkeit von den finanziellen Interessen sowohl der Behörden als auch der betroffenen Leistungsempfänger geregelt habe. Zwar werde durch einen Verwaltungsakt über eine Abzweigung gemäß § 48 SGB 1 die Leistungshöhe aus der Sicht der Antragsgegnerin nicht herabgesetzt, da der Zahlbetrag insgesamt gleich bleibe, jedoch handele es sich aus der Sicht des Leistungsempfängers durchaus um eine die Leistung herabsetzende Entscheidung, da in seinen Rechtskreis eingegriffen werde. Dass eine solche Entscheidung sofort vollziehbar sein müsse, folge daraus, dass hierbei auch die Interessen der die Abzweigung beantragenden Behörde zu berücksichtigen seien. Diese müsse aus ihrem Haushalt Unterhaltsleistungen gewähren und hätten deshalb ein berechtigtes und zumindest dem Rechtsgedanken nach durch § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gedecktes Interesse daran, auch im Falle eines lang andauernden Rechtsbehelfsverfahrens des Leistungsberechtigten gegen die Abzweigungsentscheidung den abzweigbaren Teil der Leistung zunächst weiterhin ungeschmälert zu erhalten. In den vergleichbaren Fällen der Pfändung und der Entscheidung über die Verrechnung von Sozialleistungsansprüchen habe die Rechtsprechung ebenfalls keine aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen hiergegen angenommen (vgl. Beschlüsse des LSG NRW 26.8.1991 – L 8 S 8/91 und des LSG BW 15.5.1990 – L 6 B 45/89). Das LSG Thüringen habe mit Beschluss vom 10.4.2003 (L 2 RJ 377/02 ER) bei einer Verrechnung des Rentenversicherungsträgers gemäß § 52 SGB 1 dem Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung beigemessen. Auch das LSG Niedersachsen-Bremen habe mit Beschluss vom 4. September 2003 [gemeint wohl 2002] (L 7 AL 283/02 ER) für Widersprüche gegen Abzweigungsentscheidungen keine aufschiebende Wirkung angenommen. Das Sozialgericht hätte deshalb allenfalls gemäß § 86b Abs. 2 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen dürfen, sofern die Voraussetzungen hierfür (Ermessensausübung des Gerichts, Interessenabwägung) vorgelegen hätten. Hierfür fänden sich jedoch in dem angefochtenen Beschluss keine Ausführungen. In der (an sich zulässigen) Feststellung, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe, sei die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 86b Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht etwa als "minus" enthalten.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichtes Gießen vom 5. Mai 2004 aufzuheben und den Antrag abzuweisen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Der Antragsteller bezieht sich auf den angefochtenen Beschluss und trägt vor, sein notwendiger Eigenbedarf sei zu niedrig angesetzt worden. Da er nicht leistungsfähig sei, hätte keine Abzweigung von dem Arbeitslosengeld vorgenommen werden dürfen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Der Beigeladene trägt vor, er führe auf Antrag der Mutter eine Unterhaltsbeistandschaft gemäß § 1712 BGB, um die Unterhaltsansprüche des Kindes H. (geb. 2002) geltend zu machen. Die Vaterschaft zu H. habe der Antragsteller am 7. Januar 2003 mit Urkunde des Jugendamtes Dillenburg (Urk.-Nr. xxxxx) anerkannt. Da er seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinem minderjährigen Kind nicht nachgekommen sei, sei die Abzweigung beantragt worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), insbesondere statthaft, sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, § 173 SGG. Der Beigeladene war gemäß § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen, da er hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit der Abzweigung und auch der hier zu entscheidenden Frage der aufschiebenden Wirkung der Klage derart an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet und war deshalb zurückzuweisen. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichtes Gießen vom 5. Mai 2004 ist nicht rechtswidrig und war deshalb nicht aufzuheben. Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 1. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2003 aufschiebende Wirkung hinsichtlich der streitbefangenen Abzweigung (§ 48 Abs. 1 SGB 1) gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG hat. Damit wäre eigentlich ein Rechtsschutzbegehren des Antragstellers unzulässig, da die von ihm angestrebte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bereits kraft Gesetzes eingetreten ist. Da die Antragsgegnerin jedoch die aufschiebende Wirkung (von Widerspruch und) der Klage verneint und den Abzweigungsbescheid tatsächlich vollzieht, muss dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnet werden, im Sinne des effektiven Rechtsschutzes gemäß Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Einstellung der tatsächlichen Vollziehung zu erreichen. Dies kann durch analoge Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG erfolgen (vgl. Beschlüsse LSG Niedersachsen-Bremen 4.9.2002 – L 7 AL 283/02 ER = FamRZ 2003, 1334 – und LSG Rheinland-Pfalz 8.6.2004 – L 3 ER 29/04 AL = juris KSRE054321327). Die vom Sozialgericht gewählte Form der Feststellung, dass die Klage gegen den angefochtenen Bescheid aufschiebende Wirkung hat, berücksichtigt dabei zutreffend, dass diese Wirkung kraft Gesetzes eingetreten ist und die Antragsgegnerin die gerichtliche Feststellung der kraft Gesetzes bestehenden aufschiebenden Wirkung respektieren und entsprechend auch die faktische Durchführung der Abzweigung beenden und die abgezweigten Beträge dem Antragsteller wieder auszahlen wird.
Die aufschiebende Wirkung der Klage entfällt auch nicht nach § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG, da der angefochtene Bescheid zwar von der Bundesagentur für Arbeit erlassen wurde, aber nicht eine laufende Leistung des Antragstellers entzogen oder herabgesetzt hat. Bei der dem Antragsteller bewilligten Leistung (Arbeitslosengeld) handelt es sich um eine laufende Leistung, die zum Zeitpunkt des Widerspruchs bzw. der Klage noch lief, also noch aktuell und noch nicht abgeschlossen war (vgl. Beschluss HLSG 17.11.2004 L 6 AL 116/04 ER). Die streitbefangene Abzweigung stellt jedoch keine Herabsetzung oder (teilweise) Entziehung dieser laufenden Leistung im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG dar (vgl. Beschlüsse LSG Niedersachsen-Bremen 4.9.2002 s.o. und LSG Rheinland-Pfalz 8.6.2004 s.o.). Denn das Arbeitslosengeld wird dem Antragsteller weiterhin in vollem Umfang gewährt; die Antragsgegnerin hat den Anspruch ungemindert zu erfüllen. Die abgezweigten Beträge dienen zur Erfüllung der den Antragsteller gegenüber seinem minderjährigen Kind treffenden Unterhaltspflicht gemäß §§ 1601, 1602, 1603 Abs. 2 BGB (vgl. LSG Rheinland-Pfalz 8.6.2004 – s.o.). Die Privilegierung der leistenden Stelle bei Herabsetzung oder Entziehung dieser laufenden Leistung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG im Sinne des automatischen Wegfalls der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage kann auch nicht vom Sinn und Zweck der Regelung übertragen werden auf die rechtliche Situation einer Abzweigung nach § 48 Abs. 1 SGB 1. Denn dort wird eine dritte Stelle oder Person, die außerhalb der Rechtsbeziehungen zwischen dem Leistungsempfänger und der Bundesagentur für Arbeit steht durch die Abzweigung begünstigt. Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung durch Widerspruch und Klage nach § 86a Abs. 1 SGG in diesen Fällen wirkt sich auf die Funktionsfähigkeit der Leistungsträger mithin nicht aus. Soweit die Antragsgegnerin auf die Beschlüsse des LSG NRW vom 26.8.1991 (L 8 S 8/91), des LSG BW vom 15.5.1990 (L 6 B 45/89) und des LSG Thüringen vom 10.4.2003 (L 2 RJ 377/02 ER) hinsichtlich der Verrechnung von Sozialleistungsansprüchen verweist, liegt bereits deshalb ein wesentlicher Unterschied zu den Fällen der Abzweigung vor, da es dort um Forderungen der Sozialversicherungsträger gegen einen Bezieher von Sozialversicherungsleistungen ging. Entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin hat das LSG Niedersachsen-Bremen mit Beschluss vom 4. September 2002 (s.o.) für Widersprüche gegen Abzweigungsentscheidungen doch die aufschiebende Wirkung angenommen.
Es liegt auch keiner der in § 336a Satz 1 Nr. 1 - 5 SGB 3 (über § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG anwendbar) geregelten Ausnahmefälle vor. Die in § 336a Satz 2 SGB 3 enthaltene Rückverweisung auf § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG bestätigt diese Regelung lediglich, führt aber zu keiner Veränderung.
Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Abzweigungsbescheides hatte im Rahmen des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG nicht zu erfolgen. Das Gericht hatte auch nicht über eine evtl. Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG zu entscheiden, da die Antragsgegnerin einen entsprechenden Antrag nicht gestellt hat und ihr Vorbringen auch nicht entsprechend ausgelegt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Es geht in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren um die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese zugunsten des Beigeladenen Teile des dem Antragsteller bewilligten Arbeitslosengeldes abgezweigt hat. Der 1978 geborene Antragsteller absolvierte erfolgreich von September 1996 bis Januar 2000 eine Ausbildung als Werkzeugmaschinenspaner/Fräser, bezog im Anschluss Arbeitslosengeld bis zur Arbeitsaufnahme am 19. Juli 2000, war sodann bei Fa. E. Gesellschaft für Zeitpersonal mbH als Produktionsarbeiter bis zum 28. Februar 2001 und vom 2. April bis 9. Juni 2001 als Arbeiter bei der F. AG beschäftigt. Im Anschluss bezog er wieder Arbeitslosengeld bis 28. Juni 2001 und vom 13. Juli bis 5. August 2001. Von Oktober 2001 bis zum 13. Oktober 2003 arbeitete der Antragsteller als Einsteller für Pressen bei Armaturen G. GmbH & Co. KG, zuletzt mit einem Bruttoeinkommen (für die Zeit von Oktober 2002 bis September 2003) in Höhe von insgesamt Euro 24.136,67 bei 40 Stunden je Woche. Am 15. September 2003 meldete sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Ein zunächst erlassener Sperrzeitbescheid wurde später wieder aufgehoben. Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller sodann Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich Euro 193,48 (Bemessungsentgelt Euro 462,39 wöchentlich, Leistungsgruppe 1, Kindermerkmal 1). Mit Schreiben vom 11. November 2003 wies der Beigeladene darauf hin, dass der Antragsteller Vater des unter Beistandschaft stehenden minderjährigen Kindes H. und diesem zum Unterhalt verpflichtet sei. Der Beigeladene beantragte die Abzweigung eines angemessenen Teils der Leistungen des Antragstellers. Nach Anhörung des Antragstellers zweigte die Antragsgegnerin an die Beigeladene mit Wirkung ab 14. Oktober 2003 einen täglichen Betrag in Höhe von Euro 3,57 ab und teilte dies dem Antragsteller und dem Beigeladenen jeweils mit Bescheid vom 1. Dezember 2003 mit. Die Antragsgegnerin hat die Abzweigung mit Wirkung vom 14. Oktober 2003 umgesetzt. Gegen die Abzweigung hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt mit der Begründung, er sei nicht leistungsfähig und habe deshalb beim zuständigen Amtsgericht Dillenburg Abänderungsbegehren eingereicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt seien, könnten nach § 48 Sozialgesetzbuch 1. Buch (SGB 1) in angemessener Höhe an Kinder des Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn er ihnen gegenüber seiner Unterhaltspflicht nicht nachkomme. Der Beigeladene habe glaubhaft dargelegt, dass der Antragsteller seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Kind H. nicht nachkomme und von dort Leistungen erbracht würden. Bei der Bemessung des Eigenbedarfs durch die Arbeitsämter seien grundsätzlich die pauschalierten Richtwerte der sog. Düsseldorfer Tabelle zugrunde zu legen. Danach betrage der Eigenbedarfssatz für einen nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich monatlich Euro 730,-. Da der Antragsteller arbeitslos sei und laufende Leistungen des Arbeitsamtes beziehe, könne der erhöhte Eigenbedarfssatz keine Berücksichtigung finden. Das wöchentliche Arbeitslosengeld des Antragstellers von Euro 193,48 entspreche einem monatlichen Betrag in Höhe von Euro 838,41 (193,48 x 13: 3). Somit verbleibe im Monat ein Betrag in Höhe von Euro 108,41, der der Abzweigung zugrunde zu legen sei, woraus sich ein täglicher Abzweigungsbetrag in Höhe von Euro 3,57 ergebe (108,41 x 3: 13: 7). Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Der Antragsteller hat vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig (wird näher ausgeführt). Er hat auf das Urteil des erkennenden Senates vom 21. Juni 2000 (L 6 AL 259/00) hingewiesen. Die Antragsgegnerin hat der aufschiebenden Wirkung der Klage mit der Begründung nicht zugestimmt, die Weisungen der Bundesagentur für Arbeit sähen ausdrücklich vor, dass eine aufschiebende Wirkung nicht anzuerkennen sei. Eine Ausnahme sei lediglich dann vorgesehen, wenn der Abzweigungsempfänger der aufschiebenden Wirkung zugestimmt habe, was jedoch hier nicht vorliege. Mit Beschluss vom 5. Mai 2004 hat das Sozialgericht Gießen festgestellt, dass die Klage gegen den Bescheid vom 1. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2003 aufschiebende Wirkung habe gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Es liege kein Fall des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG vor, da mit dem angefochtenen Bescheid keine laufende Leistung herabgesetzt oder entzogen werde. Der Antragsteller habe nach wie vor den Anspruch auf die volle Leistung. Die Abzweigung führe lediglich dazu, dass die Antragsgegnerin einen Teil des ihr gegenüber dem Antragsteller bestehenden Anspruchs zur Erfüllung seiner Verpflichtung gegenüber dem unterhaltsberechtigten Kind verwende. Maßgebender Grund dafür sei, dass der Antragsteller mit der Abzweigung eine eigene Schuld gegenüber einem Dritten, dem Unterhaltsberechtigten, erfülle. Eine analoge Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG komme in Fällen der vorliegenden Art nicht in Betracht, da die Abzweigung hier vor allem privatrechtlichen und nicht öffentlichen Zwecken diene (vgl. Beschluss des LSG Chemnitz vom 19.1.2004 – 3 B 130/03 AL ER). Somit habe die Klage aufschiebende Wirkung, die jedoch von der Antragsgegnerin nicht beachtet werde. Es sei deshalb mittels deklaratorischem Beschluss auszusprechen, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe. Gegen den am 12. Mai 2004 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 11. Juni 2004 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht unter dem 24. August 2004 nicht abgeholfen hat. Die Antragsgegnerin trägt vor, aus Aufbau und Gesetzesbegründung zu § 86a Abs. 2 SGG folge, dass der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage in Abhängigkeit von den finanziellen Interessen sowohl der Behörden als auch der betroffenen Leistungsempfänger geregelt habe. Zwar werde durch einen Verwaltungsakt über eine Abzweigung gemäß § 48 SGB 1 die Leistungshöhe aus der Sicht der Antragsgegnerin nicht herabgesetzt, da der Zahlbetrag insgesamt gleich bleibe, jedoch handele es sich aus der Sicht des Leistungsempfängers durchaus um eine die Leistung herabsetzende Entscheidung, da in seinen Rechtskreis eingegriffen werde. Dass eine solche Entscheidung sofort vollziehbar sein müsse, folge daraus, dass hierbei auch die Interessen der die Abzweigung beantragenden Behörde zu berücksichtigen seien. Diese müsse aus ihrem Haushalt Unterhaltsleistungen gewähren und hätten deshalb ein berechtigtes und zumindest dem Rechtsgedanken nach durch § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gedecktes Interesse daran, auch im Falle eines lang andauernden Rechtsbehelfsverfahrens des Leistungsberechtigten gegen die Abzweigungsentscheidung den abzweigbaren Teil der Leistung zunächst weiterhin ungeschmälert zu erhalten. In den vergleichbaren Fällen der Pfändung und der Entscheidung über die Verrechnung von Sozialleistungsansprüchen habe die Rechtsprechung ebenfalls keine aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen hiergegen angenommen (vgl. Beschlüsse des LSG NRW 26.8.1991 – L 8 S 8/91 und des LSG BW 15.5.1990 – L 6 B 45/89). Das LSG Thüringen habe mit Beschluss vom 10.4.2003 (L 2 RJ 377/02 ER) bei einer Verrechnung des Rentenversicherungsträgers gemäß § 52 SGB 1 dem Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung beigemessen. Auch das LSG Niedersachsen-Bremen habe mit Beschluss vom 4. September 2003 [gemeint wohl 2002] (L 7 AL 283/02 ER) für Widersprüche gegen Abzweigungsentscheidungen keine aufschiebende Wirkung angenommen. Das Sozialgericht hätte deshalb allenfalls gemäß § 86b Abs. 2 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen dürfen, sofern die Voraussetzungen hierfür (Ermessensausübung des Gerichts, Interessenabwägung) vorgelegen hätten. Hierfür fänden sich jedoch in dem angefochtenen Beschluss keine Ausführungen. In der (an sich zulässigen) Feststellung, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe, sei die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 86b Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht etwa als "minus" enthalten.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichtes Gießen vom 5. Mai 2004 aufzuheben und den Antrag abzuweisen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Der Antragsteller bezieht sich auf den angefochtenen Beschluss und trägt vor, sein notwendiger Eigenbedarf sei zu niedrig angesetzt worden. Da er nicht leistungsfähig sei, hätte keine Abzweigung von dem Arbeitslosengeld vorgenommen werden dürfen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Der Beigeladene trägt vor, er führe auf Antrag der Mutter eine Unterhaltsbeistandschaft gemäß § 1712 BGB, um die Unterhaltsansprüche des Kindes H. (geb. 2002) geltend zu machen. Die Vaterschaft zu H. habe der Antragsteller am 7. Januar 2003 mit Urkunde des Jugendamtes Dillenburg (Urk.-Nr. xxxxx) anerkannt. Da er seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinem minderjährigen Kind nicht nachgekommen sei, sei die Abzweigung beantragt worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), insbesondere statthaft, sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, § 173 SGG. Der Beigeladene war gemäß § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen, da er hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit der Abzweigung und auch der hier zu entscheidenden Frage der aufschiebenden Wirkung der Klage derart an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet und war deshalb zurückzuweisen. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichtes Gießen vom 5. Mai 2004 ist nicht rechtswidrig und war deshalb nicht aufzuheben. Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 1. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2003 aufschiebende Wirkung hinsichtlich der streitbefangenen Abzweigung (§ 48 Abs. 1 SGB 1) gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG hat. Damit wäre eigentlich ein Rechtsschutzbegehren des Antragstellers unzulässig, da die von ihm angestrebte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bereits kraft Gesetzes eingetreten ist. Da die Antragsgegnerin jedoch die aufschiebende Wirkung (von Widerspruch und) der Klage verneint und den Abzweigungsbescheid tatsächlich vollzieht, muss dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnet werden, im Sinne des effektiven Rechtsschutzes gemäß Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Einstellung der tatsächlichen Vollziehung zu erreichen. Dies kann durch analoge Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG erfolgen (vgl. Beschlüsse LSG Niedersachsen-Bremen 4.9.2002 – L 7 AL 283/02 ER = FamRZ 2003, 1334 – und LSG Rheinland-Pfalz 8.6.2004 – L 3 ER 29/04 AL = juris KSRE054321327). Die vom Sozialgericht gewählte Form der Feststellung, dass die Klage gegen den angefochtenen Bescheid aufschiebende Wirkung hat, berücksichtigt dabei zutreffend, dass diese Wirkung kraft Gesetzes eingetreten ist und die Antragsgegnerin die gerichtliche Feststellung der kraft Gesetzes bestehenden aufschiebenden Wirkung respektieren und entsprechend auch die faktische Durchführung der Abzweigung beenden und die abgezweigten Beträge dem Antragsteller wieder auszahlen wird.
Die aufschiebende Wirkung der Klage entfällt auch nicht nach § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG, da der angefochtene Bescheid zwar von der Bundesagentur für Arbeit erlassen wurde, aber nicht eine laufende Leistung des Antragstellers entzogen oder herabgesetzt hat. Bei der dem Antragsteller bewilligten Leistung (Arbeitslosengeld) handelt es sich um eine laufende Leistung, die zum Zeitpunkt des Widerspruchs bzw. der Klage noch lief, also noch aktuell und noch nicht abgeschlossen war (vgl. Beschluss HLSG 17.11.2004 L 6 AL 116/04 ER). Die streitbefangene Abzweigung stellt jedoch keine Herabsetzung oder (teilweise) Entziehung dieser laufenden Leistung im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG dar (vgl. Beschlüsse LSG Niedersachsen-Bremen 4.9.2002 s.o. und LSG Rheinland-Pfalz 8.6.2004 s.o.). Denn das Arbeitslosengeld wird dem Antragsteller weiterhin in vollem Umfang gewährt; die Antragsgegnerin hat den Anspruch ungemindert zu erfüllen. Die abgezweigten Beträge dienen zur Erfüllung der den Antragsteller gegenüber seinem minderjährigen Kind treffenden Unterhaltspflicht gemäß §§ 1601, 1602, 1603 Abs. 2 BGB (vgl. LSG Rheinland-Pfalz 8.6.2004 – s.o.). Die Privilegierung der leistenden Stelle bei Herabsetzung oder Entziehung dieser laufenden Leistung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG im Sinne des automatischen Wegfalls der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage kann auch nicht vom Sinn und Zweck der Regelung übertragen werden auf die rechtliche Situation einer Abzweigung nach § 48 Abs. 1 SGB 1. Denn dort wird eine dritte Stelle oder Person, die außerhalb der Rechtsbeziehungen zwischen dem Leistungsempfänger und der Bundesagentur für Arbeit steht durch die Abzweigung begünstigt. Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung durch Widerspruch und Klage nach § 86a Abs. 1 SGG in diesen Fällen wirkt sich auf die Funktionsfähigkeit der Leistungsträger mithin nicht aus. Soweit die Antragsgegnerin auf die Beschlüsse des LSG NRW vom 26.8.1991 (L 8 S 8/91), des LSG BW vom 15.5.1990 (L 6 B 45/89) und des LSG Thüringen vom 10.4.2003 (L 2 RJ 377/02 ER) hinsichtlich der Verrechnung von Sozialleistungsansprüchen verweist, liegt bereits deshalb ein wesentlicher Unterschied zu den Fällen der Abzweigung vor, da es dort um Forderungen der Sozialversicherungsträger gegen einen Bezieher von Sozialversicherungsleistungen ging. Entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin hat das LSG Niedersachsen-Bremen mit Beschluss vom 4. September 2002 (s.o.) für Widersprüche gegen Abzweigungsentscheidungen doch die aufschiebende Wirkung angenommen.
Es liegt auch keiner der in § 336a Satz 1 Nr. 1 - 5 SGB 3 (über § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG anwendbar) geregelten Ausnahmefälle vor. Die in § 336a Satz 2 SGB 3 enthaltene Rückverweisung auf § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG bestätigt diese Regelung lediglich, führt aber zu keiner Veränderung.
Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Abzweigungsbescheides hatte im Rahmen des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG nicht zu erfolgen. Das Gericht hatte auch nicht über eine evtl. Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG zu entscheiden, da die Antragsgegnerin einen entsprechenden Antrag nicht gestellt hat und ihr Vorbringen auch nicht entsprechend ausgelegt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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