Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3224/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5534/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22. November 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Verletztengeld, Heilbehandlung und Verletztenrente wegen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 12.10.2009 über den 14.03.2010 hinaus zusteht.
Der 1963 geborene Kläger erlitt auf der Fahrt zur Arbeit mit seinem Motorroller am 12.10.2009 einen Verkehrsunfall, als er mit einem Auto zusammenstieß und unter das Auto geriet. Er wurde an der Unfallstelle notärztlich versorgt und mit Rettungswagen intubiert/beatmet in die Klinik E., G. , eingeliefert. Dort wurde ein Thoraxtrauma mit Lungenkontusion beidseits diagnostiziert (Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. U. vom 16.10.2009). Aus der vom 12.10.2009 bis 16.10.2009 durchgeführten stationären Behandlung unter der weiteren Diagnose einer Prellung des linken Knies und des linken Handgelenks wurde er nach konservativer Behandlung mit Krankengymnastik und Atemgymnastik bei subjektivem Wohlbefunden entlassen. Eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde nach der Behandlung nicht erwartet (Entlassungsbericht der Klinik E. , Prof. Dr. U. , vom 21.10.2009).
Im Laufe der ambulanten Weiterbehandlung klagte der Kläger über Schmerzen im linken Handgelenk, rechten Sprunggelenk und rechten Knie (Zwischenbericht von Dr. Be. vom 10.11.2009), über Schmerzen wegen Prellungen beider Kniegelenke (Zwischenbericht von Dr. Be. vom 26.11.2009), über Halswirbelsäulen(HWS)-Schmerzen rechts und Schulterschmerzen rechts (Bericht von Dr. W. vom 30.11.2009), über anhaltende starke Schmerzen an der linken Hand und der HWS mit Brennen in beiden Händen (Bericht von Dr. W. vom 07.01.2010) und zuletzt über multiple Gelenkbeschwerden der Wirbelsäule und nahezu aller Gelenke am Körper (Bericht von Dr. W. vom 20.01.2010). Vom 03.02.2010 bis 25.02.2010 wurde in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) eine komplexe stationäre Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt, aus der der Kläger mit der Beurteilung, dass keine wesentlichen Unfallfolgen mehr vorlägen und der geklagte Ganzkörperschmerz nicht auf den Unfall zurückzuführen sei, entlassen wurde (Entlassungsbericht der BG-Klinik vom 09.03.2010). Die von Dr. W. verordnete Arbeits- und Belastungserprobung vom 01.03. bis 14.03.2010 brach der Kläger ab (Bericht von Dr. W. vom 08.03.2010).
In dem neurologischen Befundbericht von Prof. Dr. St. vom 22.02.2010, gestützt auf die Untersuchung des Klägers am 15.02.2010 durch Diplom-Psychologin L. (psychologischer Befundbericht vom 23.02.2010), wurden Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet verneint. Die vom Kläger geäußerten Beschwerden hätten kein medizinisch nachvollziehbares Korrelat. Die BG Klinik empfahl nach Vorstellung des Klägers am 11.03.2010 die Weiterbehandlung zulasten der gesetzlichen Krankenkasse (Bericht der BG-Klinik vom 25.03.2010.)
Mit Bescheid vom 27.04.2010 stellte die Beklagter den Arbeitsunfall vom 12.10.2009 fest und anerkannte als Folge eine Zerrung der Halswirbelsäule und Contusion der Lunge beidseits sowie Prellung des linken Handgelenks und des linken Kniegelenks, die folgenlos verheilt seien. Nicht als Folge des Unfalls wurde anerkannt eine Schmerzsymptomatik im Bereich des ganzen Körpers unklarer Genese. Festgestellt wurde eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 14.03.2010. Die Gewährung einer Rente wurde abgelehnt.
Der hiergegen bei der Krankenkasse des Klägers eingelegte und an die Beklagte weitergeleitete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2010 zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 15.09.2010 Klage vor dem Sozialgericht Ulm (SG) und legte das ärztliche Attest von Chefarzt PD Dr. Diplom-Psychologe H. , C. G. , vom 28.09.2010 vor. Danach habe sich beim Kläger infolge des Unfallereignisses vom 12.10.2009 eine posttraumatische Belastungsstörung und eine mittelschwere depressive Episode entwickelt. Außerdem liege eine chronische Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren vor. Vor dem Unfall habe keine psychische Vorerkrankung beim Kläger bestanden. Ein bereits 1985 erlittener Unfall mit lumbaler Spondylodese L 4 bis S 1 erkläre das jetzt vorhandene chronische, nahezu panalgetische Schmerzsyndrom nicht. Außerdem wurden vorgelegt die Berichte der Klinik C. vom 13.05.2011 (stationäre Behandlung vom 27.04. bis 13.05.2011), vom 22.06.2011 (stationäre Behandlung vom 09.06. bis 22.06.2011) und 06.07.2011, in denen jeweils die genannten Diagnosen wiederholt wurden. Der ebenso vom Kläger eingereichte Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik vom 14.09.2011 enthielt die Diagnosen: posttraumatische Belastungsstörung, mittelgradige depressive Episode und anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
In dem von Amts wegen eingeholten nervenärztlich-psychosomatischen Gutachten vom 30.03.2011 beurteilte der Sachverständige Dr. Sche. die von ihm diagnostizierten mittelgradige depressive Episode, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine posttraumatische Belastungsstörung als Folgen des Unfalls vom 12.10.2009. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit seit dem Unfall liege beim Kläger vor. Die MdE sei mit 40 v.H. zu bewerten.
Die Beklagte trat dem Gutachten unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. St. vom 11.05.2011 entgegen. Danach werde in der Befunderhebung nicht zwischen subjektiver Beschwerdeschilderung und eigenen Befunden getrennt. Die Eingangskriterien für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung seien bereits nicht erfüllt. Die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren sei falsch. Sie sei nicht zu stellen, wenn ohne auffälligen körperlichen Befund schlicht über anhaltende Schmerzen geklagte werde. Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet bestehe Arbeitsfähigkeit des Klägers.
Mit Urteil vom 22.11.2011 hob das SG die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger Verletztengeld und Heilbehandlung auch über den 14.03.2010 hinaus in gesetzlicher Höhe und Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. zu bewilligen. In den Entscheidungsgründen stützte das SG sich auf das nervenärztliche Gutachten von Dr. Sche ...
Gegen das Urteil hat die Beklagte beim Landessozialgericht am 15.12.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe fast ein Jahr nach dem Unfall erstmals psychische Beschwerden geltend gemacht, die im Attest des C. G. vom 28.09.2010 unter der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer mittelschweren depressiven Episode dem Unfall zugeordnet würden. Dr. Sche. habe im Rahmen seines Gutachtens lediglich den Beschwerdevortrag des Klägers bewertet, ohne anhand valider objektiver Testverfahren sowie der vorliegenden objektiven Befunde den Vortrag zu hinterfragen und seine Diagnose zu sichern. Die Beklagte hat die von ihr eingeholte beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. F. vom 05.01.2012 vorgelegt, wonach die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung beim Kläger nicht hinreichend gesichert worden seien. Außerdem sei das Erleben und Verhalten in der Unfallvorgeschichte nicht aufgeklärt worden. Hinweise auf eine vorbestehende seelische Entwicklung mit unfallunabhängigen Belastungsfaktoren hätten hierzu Anlass sein müssen. Eine Arbeitsunfähigkeit über den 15.03.2010 hinaus sei nicht zu rechtfertigen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22.11.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen
Er trägt vor, sein Gesundheitszustand verschlechtere sich infolge des erlittenen Arbeitsunfalls weiter. Er verweist auf den von ihm vorgelegten Befundbericht der Klinik C. vom 01.03.2013 (Diagnosen: schwere depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung, chronische Schmerzstörung, nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus, Prostatahyperplasie nach stationärer Behandlung von 22.10. bis 08.11.2012).
Der Senat hat das Vorerkrankungsverzeichnis der I. vom 18.04.2012 eingeholt, in dem für Mai 2002 eine Krankenhausbehandlung unter der Nebendiagnose "psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak: Abhängigkeitssyndrom", für November 2004 eine Arbeitsunfähigkeit unter der Diagnose "sonstige neurotische Störung, Reaktion auf schwere Belastung" und eine Arbeitsunfähigkeit im August 2009 unter der Diagnose "Hirninfarkt " enthalten sind.
Außerdem hat der Senat die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. V. vom 25.05.2012 (Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 04.11. bis 21.11.2004 wegen Psychasthenie und psychogener Belastungsreaktion) mit weiteren Arztunterlagen und die schriftliche Zeugenaussage von Dr. M. vom 22.06.2012, der ein Ausdruck des Entlassungsberichts der Klinik E. vom 12.06.2002 beigefügt worden ist (Bericht über Selbstverletzung bei Behandlung unter Diagnose Innenmeniskusläsion rechtes Kniegelenk), eingeholt.
In dem von Amts wegen eingeholten psychiatrischen Gutachten vom 30.01.2013 ist der Sachverständige Dr. Schw. zu dem Ergebnis gekommen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung des Klägers nicht mit notwendiger Sicherheit diagnostiziert werden könne. Eine somatoforme Schmerzstörung könne mangels konsistenten Musters von schmerzbedingten Beeinträchtigungen nicht mit der notwendigen Zuverlässigkeit von Symptomen der von ihm diagnostizierten kombinierten dissoziativen Störung (ICD-10 F 44.7) abgegrenzt werden. Außerdem spreche der psychopathologische Querschnittsbefund für eine leichtgradige depressive Störung (ICD-10 F 32.0). Die kombinierte dissoziative und die leichtgradige depressive Störung stehe nicht in einem wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Maßgebend hierfür sei die erkennbare biografische Belastung, die aus dem dramatisch erlebten Versterben von drei von vier Kindern entstanden sei. Das erste Kind sei kurz nach der Entbindung, das zweite im 2. Lebensjahr und das dritte Kind, offenbar behindert, mit 16 Jahren gestorben. Psychopathologisch seien die Fehlwahrnehmungen eines "Dschinns" als Pseudohalluzinationen zu klassifizieren, da zumindest in Teilbereichen dem Kläger der Trugcharakter klar sei. Die vom Kläger bildreich dargestellte Überzeugung, ein Dschinn wirke in ihm, korrespondiere mit dem islamischen Volksglauben und sei als kulturspezifische psychopathologische Ausprägung von personifizierten Gewissensbissen im klinischen Alltag regelmäßig anzutreffen. Der Kläger halte sich für schuldig an der durch einen Hauskauf und der gescheiterten beruflichen Wiedereingliederung entstandenen prekären wirtschaftlichen Situation und an dem Tod seiner Kinder. Die Ursache der Gesundheitsprobleme der Kinder führe er darauf zurück, dass er und seine Ehefrau miteinander verwandt seien, dass seine Ehefrau seine Cousine sei. Die Bedeutung des dem Kläger nicht mehr erinnerlichen Unfallgeschehens ohne relevante, morphologisch fassbar körperliche Veränderungen trete gegenüber den dargelegten biografischen Belastungsmomenten hinsichtlich der Kausalrelevanz der Verursachung und des Verlaufs der dissoziativen Störung klar zurück. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Erkrankungen auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet habe beim Kläger nicht bestanden.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, § 124 Abs. 2 SGG, ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Sie ist auch begründet. Gesundheitsstörungen als Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 12.10.2009 liegen über den 14.03.2010 hinaus beim Kläger nicht mehr vor. Das Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen. Insoweit konnte der Senat dahinstehen lassen, ob die Leistungsklage auf nicht konkretisierte Heilbehandlung insoweit zulässig ist, denn im Rahmen der zulässigen Klage auf Verletztenrente waren auf die Berufung der Beklagten auch alle gesundheitlichen Unfallfolgen in dem noch streitigen Zeitraum streitbefangen.
Hiervon ausgehend kommen Ansprüche auf die geltend gemachten Leistungen (Verletztengeld, Heilbehandlung und Verletztenrente) nach den vom Senat durchgeführten Ermittlungen für den Kläger nicht in Betracht.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis dem Unfallereignis geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits( erst )schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits( erst )schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 29.11.2011 B 2 U 23/10 R, Juris, Urteile vom 09.05.2006 B 2 U 1/05 R= SozR 4 2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV Recht Aktuell 2006, 419 422, B 2 U 26/04 R= UV Recht Aktuell 2006, 497 509, alle auch in juris).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 B 2 U 27/04 R BSGE 94, 269 = SozR 4 2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit )Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3 5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine wesentlich auf den Unfall des Klägers zurückzuführende Gesundheitsstörung nach dem 14.10.2010 nicht vor.
Die bei dem Unfall am 12.10.2009 erlittenen körperlichen Verletzungen, wie das Thoraxtrauma mit Lungencontusion, die Prellungen am linken Knie und linken Handgelenk sowie die anerkannte HWS-Zerrung sind nach den überzeugenden Berichten der BG-Klinik vom 04.02.2010 und 09.03.2010 ausgeheilt gewesen. Überzeugend ist darin auch dargelegt, dass die sich nach dem Unfall allmählich über verschiedene Körperorgane immer weiter zu einem Ganzkörperschmerz ausbreitenden Beschwerden aus unfallchirurgischer Sicht organisch nicht der Unfalleinwirkung zugeordnet werden können. Aus neurologischer Sicht sind Unfallfolgen von Professor Dr. St. und auch vom Sachverständigen Dr. Sche. nicht beschrieben worden.
Nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. Schw. liegen auf psychiatrischem Fachgebiet ebenso keine Erkrankungen, die wesentlich mit dem Unfall zusammenhängen, vor. In Übereinstimmung mit den beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 05.01.2012 und von Professor Dr. St. vom 11.05.2011 sieht er die Diagnosekriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung beim Kläger als nicht gegeben an. Nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. Schw. sind mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis, das nach Art und Schweregrad der Definition des A Kriteriums der posttraumatischen Belastungsstörung (ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß) wohl noch entspricht, nur ein Diagnosekriterium, entgegen Dr. Sche. nicht aber die B , C und D Diagnosekriterien (Nachhallerinnerungen, Flashbacks; Vermeidungsverhalten; vegetative und dissoziative psychoreaktive Symptomatik) der posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt. Aufgrund der vom Sachverständigen dargestellten evidenten Widersprüchlichkeit der Angaben des Klägers zu Nachhallerinnerungen und Albträumen, – bei seiner Untersuchung werden Erinnerungen an den Unfall verneint, aber unfallbezogene Albträume bejaht, dagegen in der Klinik C. Albträume verneint und bei der Untersuchung durch Dr. Sche. wiederum die Erinnerung an den eigentlichen Unfall verneint, aber die Erinnerung der Situation, unter dem Auto gelegen zu haben, bejaht –, und zum Vermeidungsverhalten – in der Klinik C. wurde angegeben, er fahre nicht mehr mit dem Motorroller, aber seit einiger Zeit wieder mit dem Auto, dagegen wird bei der Untersuchung durch Dr. Sche. angegeben, er fahre selbst kein Auto mehr – ist diese gutachterliche Einschätzung für den Senat überzeugend. Dr. Sche. hat sich insoweit mit den Angaben in den ärztlichen Vorbefunden nicht auseinandergesetzt, weshalb seine Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung den Senat nicht überzeugt.
Ebenso ist für den Senat durch Dr. Schw. nachvollziehbar dargelegt, dass beim Kläger entgegen Dr. Sche. und den behandelnden Ärzten der Klinik C. keine somatoforme Schmerzstörung vorliegt, weil einerseits überdeutliche Diskrepanzen von angegebenen und demonstrierten schmerzbedingten Bewegungsbeeinträchtigungen während der gezielten Untersuchung und während der übrigen Explorationsphase von Dr. Schw. beobachtet werden konnten. Solche auf Aggravation hinweisende Diskrepanzen werden auch von Dr. Sche. und Professor Dr. St. in ihren Gutachten beschrieben. So fand sich eine hochgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei der Untersuchung durch Professor Dr. St. , die im Widerspruch zu der bei Ablenkung vollständig freien Beweglichkeit der Halswirbelsäule stand. Dr. Sche. beschreibt eine demonstrativ mit theatralischen und dramatisierenden Tendenzen erfolgte Beschwerdeschilderung und eine in extremer Weise erfolgende Reaktion auf Berührung. Zum anderen weist Dr. Schw. überzeugend darauf hin, dass zwar schmerzbedingte körperliche Funktionsstörungen aus den im Berufungsverfahren ermittelten, unfallfremden anderen Vorfällen tatsächlich vorliegen, die aber die vom Kläger demonstrierten schmerzbedingten motorischen Beeinträchtigungen und das von ihm geschilderte Schmerzerleben nicht erklären. Ein konsistentes Muster von schmerzbedingten Beeinträchtigungen durch anhaltende, schwere und belastende Schmerzen ist den Unterlagen und den Beschwerdeangaben des Klägers wegen der deutlichen Demonstrationstendenzen nicht zu entnehmen.
Die Schmerzwahrnehmungen des Klägers stehen nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. Schw. im Kontext zu der von ihm diagnostizierten kombinierten dissoziativen Störung. Nach gegenwärtigem fachwissenschaftlichem Kenntnisstand wird einer genetischen Disposition für die Entwicklung dissoziativer Störungen eine hohe Bedeutung beigemessen. Dr. Schw. hat darauf hingewiesen, dass sich aus den aktenkundigen Arztunterlagen nicht ergibt, dass weitergehende anamnestische Angaben zu früheren Erkrankungen und zur aktuellen Beschwerdesituation erhoben wurden, obgleich in den ärztlichen Befundberichten Hinweise auf halluzinatorisches Erleben (Bericht der Klinik C. vom 06.07.2011 – Klägerangabe, er sehe nachts im Zimmer "Gestalten") oder auffälliges Verhalten außerhalb einer Traumafolgenstörung (ärztliches Attest der Klinik C. vom 28.09.2010 – Selbstverletzungen aktuell 2-3 mal täglich) enthalten sind. Die infolge der Exploration des Klägers und fremdanamnestisch durch dessen Ehefrau ermittelten Wahrnehmungsstörungen des Klägers führt Dr. Schw. für den Senat überzeugend auf die kombinierte dissoziative Störung des Klägers zurück. Die zunehmende Verstrickung des Klägers in die von Dr. Schw. als pseudo-schizophren umschriebene Symptomatik wird auch durch den zuletzt vom Kläger vorgelegten Entlassungsbericht der Klinik C. vom 01.03.2013 bestätigt, wo der Kläger vom 22.10.2012. bis 08.11.2012 stationär behandelt worden ist. Dort wird in Übereinstimmung zu der von Dr. Schw. geschilderten Symptomatik der Kläger als bewusstseinsgetrübt und mit einem Verhalten zu Therapiebeginn geschildert, das an Pseudodemenz erinnert habe. Schmerzen seien mit abstrusen, an Coanästhesien erinnernden Schilderungen angegeben worden. Diese psychische Erkrankung des Klägers ist nach den Ausführungen von Dr. Schw. bereits vor dem Arbeitsunfall im Oktober 2009 nach dem Tod des dritten Sohnes 2006 klinisch manifest gewesen. Die Entwicklung zum Symptombild der Gesundheitsstörung ist auch nach der Exploration durch Dr. Schw. unscharf geblieben, jedoch ist davon auszugehen, dass erst Monate nach dem Unfall im Oktober 2009 der Kläger erstmals von "Dschinns" sprach. In diesem Zusammenhang hat Dr. Schw. plausibel dargelegt, dass der Kläger als Oberhaupt der Familie die wirtschaftliche Verantwortung nach der gescheiterten beruflichen Wiedereingliederung nicht weiter zu tragen können glaubte und die früher vorhandene Schuldideen in Bezug auf die mögliche genetische Belastung der drei verstorbenen Kinder zur Ausweitung und Ausprägung der dissoziativen Störung führte. Das eigentliche Unfallgeschehen hat nach der medizinischen Einschätzung des Sachverständigen Dr. Schw. keine kausale Relevanz für die Verursachung und den Verlauf der dissoziativen Störung gewonnen. Der Senat gelangt aufgrund der medizinischen Darlegungen zu der damit übereinstimmenden Würdigung, dass der Arbeitsunfall gegenüber den anderen mitwirkenden Bedingungen gänzlich in den Hintergrund tritt und lediglich Anknüpfungspunkt für die psychopathologische Entlastungsstrategie des Klägers ist. Ein unfallbedingter Zusammenhang ist auch nicht deshalb herzustellen, weil die aus Anlass der auf den Unfall bezogenen Beschwerden verordnete Wiedereingliederung vom Kläger abgebrochen und letztlich zu seiner Arbeitslosigkeit mit nachfolgendem wirtschaftlichen Problemen geführt hat. Insoweit ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass der Abbruch der Wiedereingliederungsmaßnahme ohne fassbare morphologisch körperliche Veränderungen objektiv nicht mit dem Unfall und den dort erlittenen Verletzungen im Zusammenhang stand. Die durch die Arbeitsunfähigkeit erfolgte Entlastung und der durch die Zuwendung der Familie und den ihm erbrachten Therapieaufwand erzielte "Krankheitsgewinn" verstärkten das "chronische Krankheitsverhalten", wie dies Dr. Sche. in seinem Gutachten (Seite 12) ausführte. Damit beruht der Abbruch der Arbeits- und Belastungserprobung im Oktober 2010 nicht auf einem eingeschränkten unfallbedingten Leistungsvermögen, sondern auf der unfallvorbestehenden psychiatrisch relevanten Erkrankung, die sich im weiteren Verlauf zu der von Dr. Schw. beschriebenen pseudo-schizophrenen Ausprägung entwickelte. Damit haben nach Dr. Schw. zutreffend unfallunabhängige Bedingungen wesentlich zu der diagnostizierten dissoziativen Störung beigetragen.
Dies gilt auch für die bereits unfallvorbestehend erkennbaren depressionsfördernden psycho-sozialen Belastungsmomente, die mit der – wie dargelegt unfallunabhängigen – Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation die auf einem multifaktoriellen Bedingungsgeflecht beruhende depressive Störung mitverursachten und im Verlauf der sich entwickelnden und unterhaltenden dissoziativen Störung auch die von Dr. Schw. diagnostizierte leichtgradige depressive Störung bewirkten. Auch dieser Zusammenhang ist von Dr. Schw. für den Senat nachvollziehbar dargelegt worden, weshalb auch für diese Erkrankung ein wesentlicher unfallbedingter Zusammenhang zu verneinen ist.
Die der Diagnosestellung von Dr. Schw. entgegenstehenden Diagnosen von Dr. Sche. und der Klinik C. und der M.-B.-Klinik, die durchgehend eine posttraumatische Belastungsstörung und eine somatoforme Schmerzstörung bejahen, ist aus den oben genannten Gründen für den Senat nicht überzeugend, weshalb er deren medizinischen Beurteilungen nicht folgt.
Weitere Ermittlungen sieht der Senat nicht veranlasst. Das Gutachten von Dr. Schw. ist umfassend und überzeugend. Weitere konkrete Ermittlungen sind auch vom Kläger nicht beantragt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Verletztengeld, Heilbehandlung und Verletztenrente wegen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 12.10.2009 über den 14.03.2010 hinaus zusteht.
Der 1963 geborene Kläger erlitt auf der Fahrt zur Arbeit mit seinem Motorroller am 12.10.2009 einen Verkehrsunfall, als er mit einem Auto zusammenstieß und unter das Auto geriet. Er wurde an der Unfallstelle notärztlich versorgt und mit Rettungswagen intubiert/beatmet in die Klinik E., G. , eingeliefert. Dort wurde ein Thoraxtrauma mit Lungenkontusion beidseits diagnostiziert (Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. U. vom 16.10.2009). Aus der vom 12.10.2009 bis 16.10.2009 durchgeführten stationären Behandlung unter der weiteren Diagnose einer Prellung des linken Knies und des linken Handgelenks wurde er nach konservativer Behandlung mit Krankengymnastik und Atemgymnastik bei subjektivem Wohlbefunden entlassen. Eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde nach der Behandlung nicht erwartet (Entlassungsbericht der Klinik E. , Prof. Dr. U. , vom 21.10.2009).
Im Laufe der ambulanten Weiterbehandlung klagte der Kläger über Schmerzen im linken Handgelenk, rechten Sprunggelenk und rechten Knie (Zwischenbericht von Dr. Be. vom 10.11.2009), über Schmerzen wegen Prellungen beider Kniegelenke (Zwischenbericht von Dr. Be. vom 26.11.2009), über Halswirbelsäulen(HWS)-Schmerzen rechts und Schulterschmerzen rechts (Bericht von Dr. W. vom 30.11.2009), über anhaltende starke Schmerzen an der linken Hand und der HWS mit Brennen in beiden Händen (Bericht von Dr. W. vom 07.01.2010) und zuletzt über multiple Gelenkbeschwerden der Wirbelsäule und nahezu aller Gelenke am Körper (Bericht von Dr. W. vom 20.01.2010). Vom 03.02.2010 bis 25.02.2010 wurde in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) eine komplexe stationäre Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt, aus der der Kläger mit der Beurteilung, dass keine wesentlichen Unfallfolgen mehr vorlägen und der geklagte Ganzkörperschmerz nicht auf den Unfall zurückzuführen sei, entlassen wurde (Entlassungsbericht der BG-Klinik vom 09.03.2010). Die von Dr. W. verordnete Arbeits- und Belastungserprobung vom 01.03. bis 14.03.2010 brach der Kläger ab (Bericht von Dr. W. vom 08.03.2010).
In dem neurologischen Befundbericht von Prof. Dr. St. vom 22.02.2010, gestützt auf die Untersuchung des Klägers am 15.02.2010 durch Diplom-Psychologin L. (psychologischer Befundbericht vom 23.02.2010), wurden Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet verneint. Die vom Kläger geäußerten Beschwerden hätten kein medizinisch nachvollziehbares Korrelat. Die BG Klinik empfahl nach Vorstellung des Klägers am 11.03.2010 die Weiterbehandlung zulasten der gesetzlichen Krankenkasse (Bericht der BG-Klinik vom 25.03.2010.)
Mit Bescheid vom 27.04.2010 stellte die Beklagter den Arbeitsunfall vom 12.10.2009 fest und anerkannte als Folge eine Zerrung der Halswirbelsäule und Contusion der Lunge beidseits sowie Prellung des linken Handgelenks und des linken Kniegelenks, die folgenlos verheilt seien. Nicht als Folge des Unfalls wurde anerkannt eine Schmerzsymptomatik im Bereich des ganzen Körpers unklarer Genese. Festgestellt wurde eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 14.03.2010. Die Gewährung einer Rente wurde abgelehnt.
Der hiergegen bei der Krankenkasse des Klägers eingelegte und an die Beklagte weitergeleitete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2010 zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 15.09.2010 Klage vor dem Sozialgericht Ulm (SG) und legte das ärztliche Attest von Chefarzt PD Dr. Diplom-Psychologe H. , C. G. , vom 28.09.2010 vor. Danach habe sich beim Kläger infolge des Unfallereignisses vom 12.10.2009 eine posttraumatische Belastungsstörung und eine mittelschwere depressive Episode entwickelt. Außerdem liege eine chronische Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren vor. Vor dem Unfall habe keine psychische Vorerkrankung beim Kläger bestanden. Ein bereits 1985 erlittener Unfall mit lumbaler Spondylodese L 4 bis S 1 erkläre das jetzt vorhandene chronische, nahezu panalgetische Schmerzsyndrom nicht. Außerdem wurden vorgelegt die Berichte der Klinik C. vom 13.05.2011 (stationäre Behandlung vom 27.04. bis 13.05.2011), vom 22.06.2011 (stationäre Behandlung vom 09.06. bis 22.06.2011) und 06.07.2011, in denen jeweils die genannten Diagnosen wiederholt wurden. Der ebenso vom Kläger eingereichte Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik vom 14.09.2011 enthielt die Diagnosen: posttraumatische Belastungsstörung, mittelgradige depressive Episode und anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
In dem von Amts wegen eingeholten nervenärztlich-psychosomatischen Gutachten vom 30.03.2011 beurteilte der Sachverständige Dr. Sche. die von ihm diagnostizierten mittelgradige depressive Episode, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine posttraumatische Belastungsstörung als Folgen des Unfalls vom 12.10.2009. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit seit dem Unfall liege beim Kläger vor. Die MdE sei mit 40 v.H. zu bewerten.
Die Beklagte trat dem Gutachten unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. St. vom 11.05.2011 entgegen. Danach werde in der Befunderhebung nicht zwischen subjektiver Beschwerdeschilderung und eigenen Befunden getrennt. Die Eingangskriterien für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung seien bereits nicht erfüllt. Die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren sei falsch. Sie sei nicht zu stellen, wenn ohne auffälligen körperlichen Befund schlicht über anhaltende Schmerzen geklagte werde. Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet bestehe Arbeitsfähigkeit des Klägers.
Mit Urteil vom 22.11.2011 hob das SG die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger Verletztengeld und Heilbehandlung auch über den 14.03.2010 hinaus in gesetzlicher Höhe und Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. zu bewilligen. In den Entscheidungsgründen stützte das SG sich auf das nervenärztliche Gutachten von Dr. Sche ...
Gegen das Urteil hat die Beklagte beim Landessozialgericht am 15.12.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe fast ein Jahr nach dem Unfall erstmals psychische Beschwerden geltend gemacht, die im Attest des C. G. vom 28.09.2010 unter der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer mittelschweren depressiven Episode dem Unfall zugeordnet würden. Dr. Sche. habe im Rahmen seines Gutachtens lediglich den Beschwerdevortrag des Klägers bewertet, ohne anhand valider objektiver Testverfahren sowie der vorliegenden objektiven Befunde den Vortrag zu hinterfragen und seine Diagnose zu sichern. Die Beklagte hat die von ihr eingeholte beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. F. vom 05.01.2012 vorgelegt, wonach die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung beim Kläger nicht hinreichend gesichert worden seien. Außerdem sei das Erleben und Verhalten in der Unfallvorgeschichte nicht aufgeklärt worden. Hinweise auf eine vorbestehende seelische Entwicklung mit unfallunabhängigen Belastungsfaktoren hätten hierzu Anlass sein müssen. Eine Arbeitsunfähigkeit über den 15.03.2010 hinaus sei nicht zu rechtfertigen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22.11.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen
Er trägt vor, sein Gesundheitszustand verschlechtere sich infolge des erlittenen Arbeitsunfalls weiter. Er verweist auf den von ihm vorgelegten Befundbericht der Klinik C. vom 01.03.2013 (Diagnosen: schwere depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung, chronische Schmerzstörung, nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus, Prostatahyperplasie nach stationärer Behandlung von 22.10. bis 08.11.2012).
Der Senat hat das Vorerkrankungsverzeichnis der I. vom 18.04.2012 eingeholt, in dem für Mai 2002 eine Krankenhausbehandlung unter der Nebendiagnose "psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak: Abhängigkeitssyndrom", für November 2004 eine Arbeitsunfähigkeit unter der Diagnose "sonstige neurotische Störung, Reaktion auf schwere Belastung" und eine Arbeitsunfähigkeit im August 2009 unter der Diagnose "Hirninfarkt " enthalten sind.
Außerdem hat der Senat die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. V. vom 25.05.2012 (Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 04.11. bis 21.11.2004 wegen Psychasthenie und psychogener Belastungsreaktion) mit weiteren Arztunterlagen und die schriftliche Zeugenaussage von Dr. M. vom 22.06.2012, der ein Ausdruck des Entlassungsberichts der Klinik E. vom 12.06.2002 beigefügt worden ist (Bericht über Selbstverletzung bei Behandlung unter Diagnose Innenmeniskusläsion rechtes Kniegelenk), eingeholt.
In dem von Amts wegen eingeholten psychiatrischen Gutachten vom 30.01.2013 ist der Sachverständige Dr. Schw. zu dem Ergebnis gekommen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung des Klägers nicht mit notwendiger Sicherheit diagnostiziert werden könne. Eine somatoforme Schmerzstörung könne mangels konsistenten Musters von schmerzbedingten Beeinträchtigungen nicht mit der notwendigen Zuverlässigkeit von Symptomen der von ihm diagnostizierten kombinierten dissoziativen Störung (ICD-10 F 44.7) abgegrenzt werden. Außerdem spreche der psychopathologische Querschnittsbefund für eine leichtgradige depressive Störung (ICD-10 F 32.0). Die kombinierte dissoziative und die leichtgradige depressive Störung stehe nicht in einem wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Maßgebend hierfür sei die erkennbare biografische Belastung, die aus dem dramatisch erlebten Versterben von drei von vier Kindern entstanden sei. Das erste Kind sei kurz nach der Entbindung, das zweite im 2. Lebensjahr und das dritte Kind, offenbar behindert, mit 16 Jahren gestorben. Psychopathologisch seien die Fehlwahrnehmungen eines "Dschinns" als Pseudohalluzinationen zu klassifizieren, da zumindest in Teilbereichen dem Kläger der Trugcharakter klar sei. Die vom Kläger bildreich dargestellte Überzeugung, ein Dschinn wirke in ihm, korrespondiere mit dem islamischen Volksglauben und sei als kulturspezifische psychopathologische Ausprägung von personifizierten Gewissensbissen im klinischen Alltag regelmäßig anzutreffen. Der Kläger halte sich für schuldig an der durch einen Hauskauf und der gescheiterten beruflichen Wiedereingliederung entstandenen prekären wirtschaftlichen Situation und an dem Tod seiner Kinder. Die Ursache der Gesundheitsprobleme der Kinder führe er darauf zurück, dass er und seine Ehefrau miteinander verwandt seien, dass seine Ehefrau seine Cousine sei. Die Bedeutung des dem Kläger nicht mehr erinnerlichen Unfallgeschehens ohne relevante, morphologisch fassbar körperliche Veränderungen trete gegenüber den dargelegten biografischen Belastungsmomenten hinsichtlich der Kausalrelevanz der Verursachung und des Verlaufs der dissoziativen Störung klar zurück. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Erkrankungen auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Gebiet habe beim Kläger nicht bestanden.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, § 124 Abs. 2 SGG, ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Sie ist auch begründet. Gesundheitsstörungen als Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls vom 12.10.2009 liegen über den 14.03.2010 hinaus beim Kläger nicht mehr vor. Das Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen. Insoweit konnte der Senat dahinstehen lassen, ob die Leistungsklage auf nicht konkretisierte Heilbehandlung insoweit zulässig ist, denn im Rahmen der zulässigen Klage auf Verletztenrente waren auf die Berufung der Beklagten auch alle gesundheitlichen Unfallfolgen in dem noch streitigen Zeitraum streitbefangen.
Hiervon ausgehend kommen Ansprüche auf die geltend gemachten Leistungen (Verletztengeld, Heilbehandlung und Verletztenrente) nach den vom Senat durchgeführten Ermittlungen für den Kläger nicht in Betracht.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis dem Unfallereignis geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits( erst )schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits( erst )schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 29.11.2011 B 2 U 23/10 R, Juris, Urteile vom 09.05.2006 B 2 U 1/05 R= SozR 4 2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV Recht Aktuell 2006, 419 422, B 2 U 26/04 R= UV Recht Aktuell 2006, 497 509, alle auch in juris).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 B 2 U 27/04 R BSGE 94, 269 = SozR 4 2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit )Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3 5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine wesentlich auf den Unfall des Klägers zurückzuführende Gesundheitsstörung nach dem 14.10.2010 nicht vor.
Die bei dem Unfall am 12.10.2009 erlittenen körperlichen Verletzungen, wie das Thoraxtrauma mit Lungencontusion, die Prellungen am linken Knie und linken Handgelenk sowie die anerkannte HWS-Zerrung sind nach den überzeugenden Berichten der BG-Klinik vom 04.02.2010 und 09.03.2010 ausgeheilt gewesen. Überzeugend ist darin auch dargelegt, dass die sich nach dem Unfall allmählich über verschiedene Körperorgane immer weiter zu einem Ganzkörperschmerz ausbreitenden Beschwerden aus unfallchirurgischer Sicht organisch nicht der Unfalleinwirkung zugeordnet werden können. Aus neurologischer Sicht sind Unfallfolgen von Professor Dr. St. und auch vom Sachverständigen Dr. Sche. nicht beschrieben worden.
Nach dem überzeugenden Gutachten von Dr. Schw. liegen auf psychiatrischem Fachgebiet ebenso keine Erkrankungen, die wesentlich mit dem Unfall zusammenhängen, vor. In Übereinstimmung mit den beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 05.01.2012 und von Professor Dr. St. vom 11.05.2011 sieht er die Diagnosekriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung beim Kläger als nicht gegeben an. Nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. Schw. sind mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis, das nach Art und Schweregrad der Definition des A Kriteriums der posttraumatischen Belastungsstörung (ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß) wohl noch entspricht, nur ein Diagnosekriterium, entgegen Dr. Sche. nicht aber die B , C und D Diagnosekriterien (Nachhallerinnerungen, Flashbacks; Vermeidungsverhalten; vegetative und dissoziative psychoreaktive Symptomatik) der posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt. Aufgrund der vom Sachverständigen dargestellten evidenten Widersprüchlichkeit der Angaben des Klägers zu Nachhallerinnerungen und Albträumen, – bei seiner Untersuchung werden Erinnerungen an den Unfall verneint, aber unfallbezogene Albträume bejaht, dagegen in der Klinik C. Albträume verneint und bei der Untersuchung durch Dr. Sche. wiederum die Erinnerung an den eigentlichen Unfall verneint, aber die Erinnerung der Situation, unter dem Auto gelegen zu haben, bejaht –, und zum Vermeidungsverhalten – in der Klinik C. wurde angegeben, er fahre nicht mehr mit dem Motorroller, aber seit einiger Zeit wieder mit dem Auto, dagegen wird bei der Untersuchung durch Dr. Sche. angegeben, er fahre selbst kein Auto mehr – ist diese gutachterliche Einschätzung für den Senat überzeugend. Dr. Sche. hat sich insoweit mit den Angaben in den ärztlichen Vorbefunden nicht auseinandergesetzt, weshalb seine Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung den Senat nicht überzeugt.
Ebenso ist für den Senat durch Dr. Schw. nachvollziehbar dargelegt, dass beim Kläger entgegen Dr. Sche. und den behandelnden Ärzten der Klinik C. keine somatoforme Schmerzstörung vorliegt, weil einerseits überdeutliche Diskrepanzen von angegebenen und demonstrierten schmerzbedingten Bewegungsbeeinträchtigungen während der gezielten Untersuchung und während der übrigen Explorationsphase von Dr. Schw. beobachtet werden konnten. Solche auf Aggravation hinweisende Diskrepanzen werden auch von Dr. Sche. und Professor Dr. St. in ihren Gutachten beschrieben. So fand sich eine hochgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei der Untersuchung durch Professor Dr. St. , die im Widerspruch zu der bei Ablenkung vollständig freien Beweglichkeit der Halswirbelsäule stand. Dr. Sche. beschreibt eine demonstrativ mit theatralischen und dramatisierenden Tendenzen erfolgte Beschwerdeschilderung und eine in extremer Weise erfolgende Reaktion auf Berührung. Zum anderen weist Dr. Schw. überzeugend darauf hin, dass zwar schmerzbedingte körperliche Funktionsstörungen aus den im Berufungsverfahren ermittelten, unfallfremden anderen Vorfällen tatsächlich vorliegen, die aber die vom Kläger demonstrierten schmerzbedingten motorischen Beeinträchtigungen und das von ihm geschilderte Schmerzerleben nicht erklären. Ein konsistentes Muster von schmerzbedingten Beeinträchtigungen durch anhaltende, schwere und belastende Schmerzen ist den Unterlagen und den Beschwerdeangaben des Klägers wegen der deutlichen Demonstrationstendenzen nicht zu entnehmen.
Die Schmerzwahrnehmungen des Klägers stehen nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. Schw. im Kontext zu der von ihm diagnostizierten kombinierten dissoziativen Störung. Nach gegenwärtigem fachwissenschaftlichem Kenntnisstand wird einer genetischen Disposition für die Entwicklung dissoziativer Störungen eine hohe Bedeutung beigemessen. Dr. Schw. hat darauf hingewiesen, dass sich aus den aktenkundigen Arztunterlagen nicht ergibt, dass weitergehende anamnestische Angaben zu früheren Erkrankungen und zur aktuellen Beschwerdesituation erhoben wurden, obgleich in den ärztlichen Befundberichten Hinweise auf halluzinatorisches Erleben (Bericht der Klinik C. vom 06.07.2011 – Klägerangabe, er sehe nachts im Zimmer "Gestalten") oder auffälliges Verhalten außerhalb einer Traumafolgenstörung (ärztliches Attest der Klinik C. vom 28.09.2010 – Selbstverletzungen aktuell 2-3 mal täglich) enthalten sind. Die infolge der Exploration des Klägers und fremdanamnestisch durch dessen Ehefrau ermittelten Wahrnehmungsstörungen des Klägers führt Dr. Schw. für den Senat überzeugend auf die kombinierte dissoziative Störung des Klägers zurück. Die zunehmende Verstrickung des Klägers in die von Dr. Schw. als pseudo-schizophren umschriebene Symptomatik wird auch durch den zuletzt vom Kläger vorgelegten Entlassungsbericht der Klinik C. vom 01.03.2013 bestätigt, wo der Kläger vom 22.10.2012. bis 08.11.2012 stationär behandelt worden ist. Dort wird in Übereinstimmung zu der von Dr. Schw. geschilderten Symptomatik der Kläger als bewusstseinsgetrübt und mit einem Verhalten zu Therapiebeginn geschildert, das an Pseudodemenz erinnert habe. Schmerzen seien mit abstrusen, an Coanästhesien erinnernden Schilderungen angegeben worden. Diese psychische Erkrankung des Klägers ist nach den Ausführungen von Dr. Schw. bereits vor dem Arbeitsunfall im Oktober 2009 nach dem Tod des dritten Sohnes 2006 klinisch manifest gewesen. Die Entwicklung zum Symptombild der Gesundheitsstörung ist auch nach der Exploration durch Dr. Schw. unscharf geblieben, jedoch ist davon auszugehen, dass erst Monate nach dem Unfall im Oktober 2009 der Kläger erstmals von "Dschinns" sprach. In diesem Zusammenhang hat Dr. Schw. plausibel dargelegt, dass der Kläger als Oberhaupt der Familie die wirtschaftliche Verantwortung nach der gescheiterten beruflichen Wiedereingliederung nicht weiter zu tragen können glaubte und die früher vorhandene Schuldideen in Bezug auf die mögliche genetische Belastung der drei verstorbenen Kinder zur Ausweitung und Ausprägung der dissoziativen Störung führte. Das eigentliche Unfallgeschehen hat nach der medizinischen Einschätzung des Sachverständigen Dr. Schw. keine kausale Relevanz für die Verursachung und den Verlauf der dissoziativen Störung gewonnen. Der Senat gelangt aufgrund der medizinischen Darlegungen zu der damit übereinstimmenden Würdigung, dass der Arbeitsunfall gegenüber den anderen mitwirkenden Bedingungen gänzlich in den Hintergrund tritt und lediglich Anknüpfungspunkt für die psychopathologische Entlastungsstrategie des Klägers ist. Ein unfallbedingter Zusammenhang ist auch nicht deshalb herzustellen, weil die aus Anlass der auf den Unfall bezogenen Beschwerden verordnete Wiedereingliederung vom Kläger abgebrochen und letztlich zu seiner Arbeitslosigkeit mit nachfolgendem wirtschaftlichen Problemen geführt hat. Insoweit ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass der Abbruch der Wiedereingliederungsmaßnahme ohne fassbare morphologisch körperliche Veränderungen objektiv nicht mit dem Unfall und den dort erlittenen Verletzungen im Zusammenhang stand. Die durch die Arbeitsunfähigkeit erfolgte Entlastung und der durch die Zuwendung der Familie und den ihm erbrachten Therapieaufwand erzielte "Krankheitsgewinn" verstärkten das "chronische Krankheitsverhalten", wie dies Dr. Sche. in seinem Gutachten (Seite 12) ausführte. Damit beruht der Abbruch der Arbeits- und Belastungserprobung im Oktober 2010 nicht auf einem eingeschränkten unfallbedingten Leistungsvermögen, sondern auf der unfallvorbestehenden psychiatrisch relevanten Erkrankung, die sich im weiteren Verlauf zu der von Dr. Schw. beschriebenen pseudo-schizophrenen Ausprägung entwickelte. Damit haben nach Dr. Schw. zutreffend unfallunabhängige Bedingungen wesentlich zu der diagnostizierten dissoziativen Störung beigetragen.
Dies gilt auch für die bereits unfallvorbestehend erkennbaren depressionsfördernden psycho-sozialen Belastungsmomente, die mit der – wie dargelegt unfallunabhängigen – Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation die auf einem multifaktoriellen Bedingungsgeflecht beruhende depressive Störung mitverursachten und im Verlauf der sich entwickelnden und unterhaltenden dissoziativen Störung auch die von Dr. Schw. diagnostizierte leichtgradige depressive Störung bewirkten. Auch dieser Zusammenhang ist von Dr. Schw. für den Senat nachvollziehbar dargelegt worden, weshalb auch für diese Erkrankung ein wesentlicher unfallbedingter Zusammenhang zu verneinen ist.
Die der Diagnosestellung von Dr. Schw. entgegenstehenden Diagnosen von Dr. Sche. und der Klinik C. und der M.-B.-Klinik, die durchgehend eine posttraumatische Belastungsstörung und eine somatoforme Schmerzstörung bejahen, ist aus den oben genannten Gründen für den Senat nicht überzeugend, weshalb er deren medizinischen Beurteilungen nicht folgt.
Weitere Ermittlungen sieht der Senat nicht veranlasst. Das Gutachten von Dr. Schw. ist umfassend und überzeugend. Weitere konkrete Ermittlungen sind auch vom Kläger nicht beantragt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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