Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 89/13 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 212/13 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bestrittene Mitteilung der Abmeldung wegen künftiger Beschäftigungsaufnahme.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 21.05.2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg).
Die Antragstellerin (ASt) meldete sich am 08.10.2012 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Nach einem Aktenvermerk der Antragsgegnerin (Ag) gab sie dabei an, bereits eine mündliche Einstellungszusage bei der Firma A. GmbH (A) erhalten zu haben. Eine Einstellungszusage solle sie noch bei der Ag einreichen und sich Ende des Jahres telefonisch melden. Am 03.01.2013 meldete sich die ASt dann telefonisch bei der Ag. Nach dem dazu erstellten Aktenvermerk der Ag habe sie angegeben, ab 01.03.2013 ein Nebeneinkommen bei A zu erzielen. Das entsprechende Verfahren, sowie die "15h- und 165 EUR-Regelung" seien ihr erläutert worden. Ab 01.04.2013 erfolge eine Einstellung in Vollzeit.
Die Ag bewilligte mit Bescheid vom 18.01.2013 Alg für die Zeit ab 01.01.2013 für 360 Tage. Mit Bescheid vom 22.03.2013 hob sie die Bewilligung ab 01.04.2013 nach §§ 137 Abs 1, 138 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 48 Abs 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 SGB III wegen der "Aufnahme einer Beschäftigung" wieder auf. Ebenfalls mit dem Verweis auf die "Aufnahme einer Beschäftigung" bewilligte die Ag mit Bescheid vom 03.04.2013 Alg befristet für die Zeit vom 01.03.2013 bis 31.03.2013. Hierfür wurden wiederum die genannten Normen zitiert.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch trug die ASt vor, sie habe noch keine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen und sei weiterhin nur auf Minijob-Basis beschäftigt. Die Ag wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2013 zurück. Die ASt habe den Vermittlungsbemühungen der Ag ab 01.04.2013 nicht mehr zur Verfügung gestanden. Die Unkenntnis der Ag, dass die Arbeitsaufnahme zum 01.04.2013 nicht erfolgt ist, habe die ASt zu vertreten. Zudem sei durch die Mitteilung der Beendigung der Arbeitslosigkeit die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen. Über die dagegen erhobene Klage (Az: S 10 AL 90/13) zum Sozialgericht Würzburg (SG) ist bislang nicht entschieden. Nach erneuter persönlicher Arbeitslosmeldung der ASt am 22.04.2013 bewilligte die Ag mit Bescheid vom 30.04.2013 wieder Alg ab 22.04.2013.
Auf einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, mit dem die ASt vorgetragen hat, sie habe bei der Ag lediglich angegeben, ihr Arbeitgeber hätte vage eine Vollzeitbeschäftigung in Aussicht gestellt, hat das SG mit Beschluss vom 21.05.2013 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2013 und die Nachzahlung des einbehaltenen Alg für die Zeit vom 01.04.2013 bis 21.04.2013 angeordnet. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Aufhebung könne vorliegend nur § 45 SGB X, nicht aber § 48 SGB X sein. Ein Austausch der Rechtsgrundlagen komme nicht in Betracht, da § 45 SGB X eine Ermessensentscheidung voraussetze. Ein Ausschluss des Ermessens nach § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X komme nicht in Betracht. Eine grob fahrlässige Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung könne der ASt nur schwerlich angelastet werden. Sie habe zutreffende Angaben gemacht, die Ag habe dennoch zunächst zeitlich unbegrenzt Leistungen bewilligt. Die Thematik der beschränkten bzw negativen Arbeitslosmeldung sei der ASt nicht kommuniziert worden und sei so auch nicht im Merkblatt beschrieben.
Dagegen hat die Ag Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der ASt sei bekannt gewesen, dass ihr im Hinblick auf ihre Abmeldung im Telefonat vom 03.01.2013 zum 01.04.2013 kein Anspruch mehr auf Alg zugestanden habe. Darüber sei sie durch die Belehrung im Telefonat am 03.01.2013 zur 15-Stunden-Regelung und durch das Merkblatt unterrichtet gewesen. Im Hinblick auf die Aufhebung für die Zukunft handele es sich um eine gebundene Entscheidung. Zudem sei der ASt mit Zugang des Bescheides vom 22.03.2013, mithin vor dem 01.04.2013 der Wegfall ihres Anspruchs bekannt gewesen. Im Übrigen könnte auch noch ein neuer Rücknahmebescheid erlassen werden. Im Hinblick auf die erneute Alg-Bewilligung ab 22.04.2013 sei es der ASt zumutbar, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Ag (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Ag vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2013 richtigerweise angeordnet.
Nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise in Fällen anordnen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Nach § 86a Abs 2 Nr 2 SGG, § 336a Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem die Bundesagentur für Arbeit eine laufende Leistung entzieht oder herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 86a Rn 14).
Unter Berücksichtigung der Regelung in § 86a Abs 2 Nr 2 SGG, § 336a Satz 2 SGB III ist von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Suspensiveffektes auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten festzustellen ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl Keller aaO § 86b Rn 12a). Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 86a Abs 2 Nr 2 SGG, § 336a Satz 2 SGB III mit berücksichtigt werden (vgl zum Ganzen: Keller aaO Rn 12c).
Zwar ist der Bescheid der Ag vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2013 nicht als offensichtlich rechtswidrig anzusehen. Im Rahmen der daher erforderlichen Interessenabwägung ist jedoch von hohen Erfolgsaussichten auszugehen. Der Senat folgt insofern den Gründen des SG und sieht diesbezüglich von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Richtige Rechtsgrundlage wäre vorliegend allenfalls § 45 SGB X gewesen. Dieser findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden soll; dagegen kommt eine Aufhebung nach § 48 SGB X in Betracht, wenn nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung eine wesentliche Änderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eingetreten ist. Nach Auffassung der Ag hat die ASt ihre Arbeitslosmeldung in dem Telefonat am 03.01.2013 auf die Zeit bis 31.03.2013 beschränkt (zu einer solchen Möglichkeit vgl BSG, Urteil vom 07.09.2000 - B 7 AL 2/00 R - juris). Damit wäre aber die unbefristete Alg-Bewilligung ab 01.01.2013 über den 31.03.2013 - die Annahmen der Ag unterstellt - bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides vom 18.01.2013 rechtswidrig gewesen. Ein Austausch der Rechtsgrundlage, auf die sich die Ag gestützt hat (§ 48 SGB X), mit der richtigen Grundlage (§ 45 SGB X) ist grundsätzlich möglich, im Hinblick auf das in § 45 Abs 1 SGB X grundsätzlich vorgesehene Ermessen aber nur dann, wenn ein Fall des § 330 Abs 2 SGB III iVm § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X vorliegt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Rücknahme für die Vergangenheit oder die Zukunft erfolgt (vgl dazu insgesamt BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - juris).
Der allein in Betracht kommende Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X ist nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, warum der ASt die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Leistungsbewilligung hätte bekannt sein sollen. Die im Aktenvermerk vom 03.01.2013 vermerkte Belehrung über die 15-Stunden-Grenze ist dort nicht näher erläutert. Doch selbst wenn eine insofern zutreffende Belehrung unterstellt wird, ergibt sich daraus nur, dass der ASt erklärt worden ist, ein Anspruch auf Alg entfalle, wenn sie eine Beschäftigung mit 15 Stunden pro Woche oder mehr aufnimmt. Gerade dies hat die ASt aber ab 01.04.2013 nicht getan. Die 15-Stunden-Grenze wurde von ihr nicht erreicht oder überschritten. Entsprechendes gilt für die Hinweise im Merkblatt. Auch der Bescheid vom 22.03.2013 führte als Begründung für die Aufhebung der Alg-Bewilligung ab 01.04.2013 lediglich auf, die ASt habe eine Beschäftigung aufgenommen, wobei die Bösgläubigkeit der ASt iSd § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X nicht erst durch den Aufhebungsbescheid selbst herstellbar sein dürfte. Dies war - jedenfalls im Hinblick auf eine Beschäftigung mit 15 Stunden pro Woche oder mehr - nicht der Fall. Einen Hinweis darauf, dass die Aufhebung deshalb erfolgt ist, weil sie sich am 03.01.2013 ab dem 01.04.2013 aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet haben soll, enthielt weder der Bescheid noch der Vermerk über das Telefonat vom 03.01.2013 oder das Merkblatt. Vielmehr konnte die ASt aufgrund der zunächst unbefristeten Bewilligung davon ausgehen, weiterhin einen Anspruch auf Alg zu haben, sofern sie keine versicherungspflichtige Beschäftigung von zumindest 15 Wochenstunden aufnimmt.
Ein nach § 45 Abs 1 SGB X eingeräumtes Ermessen hat die ASt im Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2013 erkennbar nicht ausgeübt. Der Bescheid ist damit wohl rechtswidrig. Ein anderweitiger Bescheid wurde bislang auch nicht erlassen.
Im Übrigen stellt sich die Frage, ob die ASt tatsächlich ihre Arbeitslosmeldung am 03.01.2013 auf die Zeit bis 31.03.2013 beschränkt hat. Dies wird von ihr bestritten. Eine feste Einstellungszusage hatte die ASt anscheinend nicht. Entgegen der Aufforderung der Ag vom 08.10.2012 wurde eine solche - jedenfalls ausweislich der Akte - nicht vorgelegt. Warum sie deshalb bereits am 03.01.2013 eine so weitreichende Erklärung hätte abgeben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass die ASt tatsächlich nur auf die Möglichkeit einer Vollzeitbeschäftigung ab 01.04.2013 hingewiesen hat, dies aber von der Ag anders verstanden worden ist. Hier wären ggf. im Rahmen der Hauptsachenentscheidung weitere Ermittlungen anzustellen. Der Vermerk in der Akte der Ag ist insofern sehr knapp, weshalb schon nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob es sich dabei um die tatsächlichen Angaben der ASt oder die von der aufnehmenden Mitarbeiterin der Ag hieraus gezogenen Schlüsse gehandelt hat. Insofern trägt die Ag im Falle einer Unaufklärbarkeit auch die materielle Feststellungslast.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg).
Die Antragstellerin (ASt) meldete sich am 08.10.2012 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Nach einem Aktenvermerk der Antragsgegnerin (Ag) gab sie dabei an, bereits eine mündliche Einstellungszusage bei der Firma A. GmbH (A) erhalten zu haben. Eine Einstellungszusage solle sie noch bei der Ag einreichen und sich Ende des Jahres telefonisch melden. Am 03.01.2013 meldete sich die ASt dann telefonisch bei der Ag. Nach dem dazu erstellten Aktenvermerk der Ag habe sie angegeben, ab 01.03.2013 ein Nebeneinkommen bei A zu erzielen. Das entsprechende Verfahren, sowie die "15h- und 165 EUR-Regelung" seien ihr erläutert worden. Ab 01.04.2013 erfolge eine Einstellung in Vollzeit.
Die Ag bewilligte mit Bescheid vom 18.01.2013 Alg für die Zeit ab 01.01.2013 für 360 Tage. Mit Bescheid vom 22.03.2013 hob sie die Bewilligung ab 01.04.2013 nach §§ 137 Abs 1, 138 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 48 Abs 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 SGB III wegen der "Aufnahme einer Beschäftigung" wieder auf. Ebenfalls mit dem Verweis auf die "Aufnahme einer Beschäftigung" bewilligte die Ag mit Bescheid vom 03.04.2013 Alg befristet für die Zeit vom 01.03.2013 bis 31.03.2013. Hierfür wurden wiederum die genannten Normen zitiert.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch trug die ASt vor, sie habe noch keine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen und sei weiterhin nur auf Minijob-Basis beschäftigt. Die Ag wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2013 zurück. Die ASt habe den Vermittlungsbemühungen der Ag ab 01.04.2013 nicht mehr zur Verfügung gestanden. Die Unkenntnis der Ag, dass die Arbeitsaufnahme zum 01.04.2013 nicht erfolgt ist, habe die ASt zu vertreten. Zudem sei durch die Mitteilung der Beendigung der Arbeitslosigkeit die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen. Über die dagegen erhobene Klage (Az: S 10 AL 90/13) zum Sozialgericht Würzburg (SG) ist bislang nicht entschieden. Nach erneuter persönlicher Arbeitslosmeldung der ASt am 22.04.2013 bewilligte die Ag mit Bescheid vom 30.04.2013 wieder Alg ab 22.04.2013.
Auf einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, mit dem die ASt vorgetragen hat, sie habe bei der Ag lediglich angegeben, ihr Arbeitgeber hätte vage eine Vollzeitbeschäftigung in Aussicht gestellt, hat das SG mit Beschluss vom 21.05.2013 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2013 und die Nachzahlung des einbehaltenen Alg für die Zeit vom 01.04.2013 bis 21.04.2013 angeordnet. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Aufhebung könne vorliegend nur § 45 SGB X, nicht aber § 48 SGB X sein. Ein Austausch der Rechtsgrundlagen komme nicht in Betracht, da § 45 SGB X eine Ermessensentscheidung voraussetze. Ein Ausschluss des Ermessens nach § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X komme nicht in Betracht. Eine grob fahrlässige Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung könne der ASt nur schwerlich angelastet werden. Sie habe zutreffende Angaben gemacht, die Ag habe dennoch zunächst zeitlich unbegrenzt Leistungen bewilligt. Die Thematik der beschränkten bzw negativen Arbeitslosmeldung sei der ASt nicht kommuniziert worden und sei so auch nicht im Merkblatt beschrieben.
Dagegen hat die Ag Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der ASt sei bekannt gewesen, dass ihr im Hinblick auf ihre Abmeldung im Telefonat vom 03.01.2013 zum 01.04.2013 kein Anspruch mehr auf Alg zugestanden habe. Darüber sei sie durch die Belehrung im Telefonat am 03.01.2013 zur 15-Stunden-Regelung und durch das Merkblatt unterrichtet gewesen. Im Hinblick auf die Aufhebung für die Zukunft handele es sich um eine gebundene Entscheidung. Zudem sei der ASt mit Zugang des Bescheides vom 22.03.2013, mithin vor dem 01.04.2013 der Wegfall ihres Anspruchs bekannt gewesen. Im Übrigen könnte auch noch ein neuer Rücknahmebescheid erlassen werden. Im Hinblick auf die erneute Alg-Bewilligung ab 22.04.2013 sei es der ASt zumutbar, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Ag (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Ag vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2013 richtigerweise angeordnet.
Nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise in Fällen anordnen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Nach § 86a Abs 2 Nr 2 SGG, § 336a Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem die Bundesagentur für Arbeit eine laufende Leistung entzieht oder herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 86a Rn 14).
Unter Berücksichtigung der Regelung in § 86a Abs 2 Nr 2 SGG, § 336a Satz 2 SGB III ist von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Suspensiveffektes auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten festzustellen ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl Keller aaO § 86b Rn 12a). Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 86a Abs 2 Nr 2 SGG, § 336a Satz 2 SGB III mit berücksichtigt werden (vgl zum Ganzen: Keller aaO Rn 12c).
Zwar ist der Bescheid der Ag vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2013 nicht als offensichtlich rechtswidrig anzusehen. Im Rahmen der daher erforderlichen Interessenabwägung ist jedoch von hohen Erfolgsaussichten auszugehen. Der Senat folgt insofern den Gründen des SG und sieht diesbezüglich von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Richtige Rechtsgrundlage wäre vorliegend allenfalls § 45 SGB X gewesen. Dieser findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden soll; dagegen kommt eine Aufhebung nach § 48 SGB X in Betracht, wenn nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung eine wesentliche Änderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eingetreten ist. Nach Auffassung der Ag hat die ASt ihre Arbeitslosmeldung in dem Telefonat am 03.01.2013 auf die Zeit bis 31.03.2013 beschränkt (zu einer solchen Möglichkeit vgl BSG, Urteil vom 07.09.2000 - B 7 AL 2/00 R - juris). Damit wäre aber die unbefristete Alg-Bewilligung ab 01.01.2013 über den 31.03.2013 - die Annahmen der Ag unterstellt - bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides vom 18.01.2013 rechtswidrig gewesen. Ein Austausch der Rechtsgrundlage, auf die sich die Ag gestützt hat (§ 48 SGB X), mit der richtigen Grundlage (§ 45 SGB X) ist grundsätzlich möglich, im Hinblick auf das in § 45 Abs 1 SGB X grundsätzlich vorgesehene Ermessen aber nur dann, wenn ein Fall des § 330 Abs 2 SGB III iVm § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X vorliegt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Rücknahme für die Vergangenheit oder die Zukunft erfolgt (vgl dazu insgesamt BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - juris).
Der allein in Betracht kommende Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X ist nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, warum der ASt die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Leistungsbewilligung hätte bekannt sein sollen. Die im Aktenvermerk vom 03.01.2013 vermerkte Belehrung über die 15-Stunden-Grenze ist dort nicht näher erläutert. Doch selbst wenn eine insofern zutreffende Belehrung unterstellt wird, ergibt sich daraus nur, dass der ASt erklärt worden ist, ein Anspruch auf Alg entfalle, wenn sie eine Beschäftigung mit 15 Stunden pro Woche oder mehr aufnimmt. Gerade dies hat die ASt aber ab 01.04.2013 nicht getan. Die 15-Stunden-Grenze wurde von ihr nicht erreicht oder überschritten. Entsprechendes gilt für die Hinweise im Merkblatt. Auch der Bescheid vom 22.03.2013 führte als Begründung für die Aufhebung der Alg-Bewilligung ab 01.04.2013 lediglich auf, die ASt habe eine Beschäftigung aufgenommen, wobei die Bösgläubigkeit der ASt iSd § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X nicht erst durch den Aufhebungsbescheid selbst herstellbar sein dürfte. Dies war - jedenfalls im Hinblick auf eine Beschäftigung mit 15 Stunden pro Woche oder mehr - nicht der Fall. Einen Hinweis darauf, dass die Aufhebung deshalb erfolgt ist, weil sie sich am 03.01.2013 ab dem 01.04.2013 aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet haben soll, enthielt weder der Bescheid noch der Vermerk über das Telefonat vom 03.01.2013 oder das Merkblatt. Vielmehr konnte die ASt aufgrund der zunächst unbefristeten Bewilligung davon ausgehen, weiterhin einen Anspruch auf Alg zu haben, sofern sie keine versicherungspflichtige Beschäftigung von zumindest 15 Wochenstunden aufnimmt.
Ein nach § 45 Abs 1 SGB X eingeräumtes Ermessen hat die ASt im Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2013 erkennbar nicht ausgeübt. Der Bescheid ist damit wohl rechtswidrig. Ein anderweitiger Bescheid wurde bislang auch nicht erlassen.
Im Übrigen stellt sich die Frage, ob die ASt tatsächlich ihre Arbeitslosmeldung am 03.01.2013 auf die Zeit bis 31.03.2013 beschränkt hat. Dies wird von ihr bestritten. Eine feste Einstellungszusage hatte die ASt anscheinend nicht. Entgegen der Aufforderung der Ag vom 08.10.2012 wurde eine solche - jedenfalls ausweislich der Akte - nicht vorgelegt. Warum sie deshalb bereits am 03.01.2013 eine so weitreichende Erklärung hätte abgeben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass die ASt tatsächlich nur auf die Möglichkeit einer Vollzeitbeschäftigung ab 01.04.2013 hingewiesen hat, dies aber von der Ag anders verstanden worden ist. Hier wären ggf. im Rahmen der Hauptsachenentscheidung weitere Ermittlungen anzustellen. Der Vermerk in der Akte der Ag ist insofern sehr knapp, weshalb schon nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob es sich dabei um die tatsächlichen Angaben der ASt oder die von der aufnehmenden Mitarbeiterin der Ag hieraus gezogenen Schlüsse gehandelt hat. Insofern trägt die Ag im Falle einer Unaufklärbarkeit auch die materielle Feststellungslast.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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