L 13 R 1155/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 19/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 1155/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 14. September 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1963 geborene Kläger hat von August 1978 bis Februar 1982 den Beruf des Karosseriebauers erlernt und anschließend bis September 1982 ausgeübt. Nach Zeiten des Wehrdienstes (Zeitsoldat) von Oktober 1982 bis September 1986 absolvierte der Kläger einen Berufskraftfahrerlehrgang Fachrichtung Güterverkehr mit Gefahrgut, den er mit der IHK-Abschlussprüfung erfolgreich abschloss. Im Anschluss daran war er von Mai bis Juni 1987 als Busfahrer, von Oktober 1987 bis August 1988 als Werkarbeiter bei B. (Qualitätssicherung), ab August 1988 bis September1990 als Kraftfahrer und Lagerist, von Oktober 1990 bis Mai 1992 als Arbeiter in der Poststelle (Versorgungsamt B-Stadt) und von Juni 1992 bis Dezember 1998 als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Ab Mai 2000 bis Juni 2003 war der Kläger als Paketzusteller bei der Post tätig. Von August 2004 bis Juli 2006 wurde er zum Bauzeichner umgeschult. Von November 2006 bis September 2008 war er im Umschulungsberuf versicherungspflichtig beschäftigt, wobei er ab Juli 2007 wegen zwei Bandscheibenvorfällen arbeitsunfähig war. Er begann im September 2008 eine Fortbildung zum Bautechniker, die er jedoch nach der Entwicklung einer Schwindelsymptomatik abbrach.

Am 18. August 1998 erlitt der Kläger einen privaten Unfall (Treppensturz), bei der er sich eine Schultergelenksluxationsfraktur mit Abriss des Tuberkulum majus linkes Schultergelenk zuzog. Nach initialer Reposition erfolgte am 22. August 1998 eine osteosynthetische Refixation des abgerissenen Tuberkulum majus mittels 5 Schrauben. Aus einer Maßnahme der Anschlussheilbehandlung auf orthopädischer Grundlage im Klinikum Bad G. wurde der Kläger am 28. Oktober 1998 mit dem Hinweis entlassen, es sei in den nächsten Monaten nicht damit zu rechnen, dass er auf dem Arbeitsmarkt wieder vollschichtig einer geregelten Tätigkeit nachgehen könne.

Der Kläger begehrte daraufhin mit Antrag vom 16. Dezember 1998 erstmals Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit von der Beklagten unter Hinweis auf die Unfallfolgen. Der von der Beklagten beauftragte Dr. B. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 11. März 1999 eine Schultersteife nach Schultergelenksluxationsfraktur links, eine noch leichtgradige traumatische Nervus axillaris-Läsion links, in Remission befindlich, sowie eine ätylische Leberparenchymschädigung. Der Kläger sei für den Beruf als Karosseriebauer und Berufskraftfahrer nicht mehr einsatzfähig. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestünde aber noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichtere bis mittelschwere Arbeiten.

Nach Ablehnung des Antrags mit Bescheid vom 29. März 1999 und erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) unter dem Az. S 4 RJ 996/99. Die vom SG beauftragte Sozialmedizinerin Dr. H. stellte in ihrem Gutachten vom 26. Januar 2001 beim Kläger noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei zu vermeidenden Überkopfarbeiten fest. Das SG wies die Klage nach Einholung einer berufskundlichen Stellungnahme und unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. H. mit Urteil vom 24. Januar 2002 ab. Der Kläger genieße zwar Berufsschutz als Facharbeiter. Er könne aber noch vollschichtig Tätigkeiten eines Mitarbeiters in einer Funkleitstelle eines Taxiunternehmens sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten.

Im Rahmen des daran anschließenden Berufungsverfahren beim Bayerischen Landessozialgericht (Az. L 6 RJ 164/02) stellte der vom Gericht beauftragte Nervenarzt Dr. K. in seinem Gutachten vom 15. Januar 2003 beim Kläger neben den Gesundheitsstörungen an der linken Schulter einen Zustand nach zweimaliger Operation eines linksseitigen Karpaltunnelsyndroms mit noch deutlichen sensomotorischen Ausfallserscheinungen seitens des linken N. medianus fest. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wobei die linke Hand nur als Beihand eingesetzt werden könne. Der ebenfalls beauftragte Orthopäde Dr. F. kam in seinem Gutachten vom 14. Januar 2003 zu dem Ergebnis, der Kläger könne noch acht Stunden täglich vollschichtig etwa als Warenausfahrer im Pharmazie-Großhandel und im Bereich Dentallabor, als Telefonist oder als Mitarbeiter in einer Funkleitzentrale eines Taxiunternehmens tätig sein. Die Berufung wurde daraufhin mit Schreiben vom 10. Juli 2003 zurückgenommen.

Im Rahmen eines Rechtsstreits über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vor dem SG mit dem Az. S 12 R 1527/07 holte das SG ein chirurgisches Gutachten von Dr. G. vom 30. Dezember 2009 ein, wonach der Kläger als Bautechniker nicht arbeitsfähig sei. Tätigkeiten als Bauzeichner seien möglich, wenn der Kläger im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen arbeiten könne. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei eine drei- bis sechsstündige Tätigkeit ohne schwere körperliche Belastung im Wechselrhythmus, ohne Überkopfarbeiten und ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten bzw. in größerer Höhe zumutbar.

Mit Antrag vom 3. März 2010 begehrte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Er halte sich wegen Depressionen, eines Schulterleidens, eines Wirbelsäulensyndrom, chronischer Kopfschmerzen und einer Funktionseinschränkung der Kniegelenke seit Dezember 2009 für erwerbsgemindert.

Die Beklagte holte ein psychiatrisches Gutachten von Dr. P. vom 20. April 2010 ein. Die Sachverständige stellte beim Kläger eine Schädigung des Achselnerven links mit Bewegungseinschränkung am linken Arm, eine leichte Depression, medikamentös behandelt, gelenkabhängige Beschwerden mit Verschleißerscheinungen, einen medikamentös eingestellten Bluthochdruck sowie erhöhte Harnsäure- und Leberwerte fest. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Arbeiten im Wechselrhythmus ohne erhöhten Zeitdruck sechs Stunden und mehr zu verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit angefochtenem Bescheid vom 30. April 2010 ab.

Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger auf erhebliche Beschwerden und Funktionsbehinderungen an der Wirbelsäule. Auch lägen ein Schulter-Arm-Syndrom, Kniebeschwerden, ein Karpaltunnel-Syndrom sowie starke Depressionen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Erschöpfungszustände, Angst- und Panikzustände vor. Vorgelegt wurde eine ärztliche Stellungnahme des behandelnden Psychiaters Dr. F ... Der verharmlosenden Diagnose einer leichten Depression sei zu widersprechen. Sie werde der Schwere der Erkrankung des Klägers nicht gerecht.

Die Beklagte holte daraufhin ein psychiatrisches-neurologisches Gutachten von Dr. S. vom 1. Dezember 2010 ein. Dr. S. diagnostizierte beim Kläger eine mittelgradige depressive Episode, psychovegetative Störungen mit Schwindel und Kopfschmerzen, eine Beweglichkeitseinschränkung im linken Schultergelenk, Empfindungsstörung am linken Daumen und am linken Zeigefinger mit eingeschränkter Beweglichkeit, wirbelsäulenabhängige Beschwerden ohne schwerwiegende Funktionsminderung, einen Bluthochdruck, Übergewicht, eine Leberfunktionsstörung sowie Kniegelenksbeschwerden beidseits. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten mit Absturzgefahr, Überkopfarbeiten, länger andauernde Zwangshaltungen, Schicht- und Nachtdienst, besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und an die Feinmotorik der linken Hand. Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2010 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG unter dem Az. S 14 R 19/11 erhoben und unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. G. ausgeführt, der Kläger sei aufgrund seiner körperlichen und psychischen Beschwerden nicht mehr in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten.

Das SG hat nach Beiziehung diverser Befundberichte ein neurologisches Gutachten von Dr. P. vom 14. September 2011 eingeholt. Dieser hat bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Undifferenzierte Somatisierungsstörung
2. Chronische Schmerzstörung bei somatischen und psychischen Faktoren
3. Depressive Störung
4. Funktionsbehinderung im linken Schultergelenk
5. Funktionsbehinderung im rechten Kniegelenk nach operativem Eingriff am 22. August 2011.

Der Kläger könne noch leichte und teilweise mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Nicht mehr zumutbar seien schweres Heben und Tragen, Zwangshaltungen, nervliche Belastung und Überkopfarbeiten. Die Umstellungsfähigkeit sei auf einfachste Arbeiten sowie auf ungelernte Arbeiten, die einer Einweisung bzw. Einarbeitung betrieblicher Art bedürfen, begrenzt. Nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund des operativen Eingriffs am rechten Kniegelenk bestünden keine Einschränkungen der Wegefähigkeit mehr.

Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 14. September 2011 unter Berufung auf das Gutachten von Dr. P. abgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung wurde erneut auf das Gutachten von Dr. G. verwiesen, wonach seine Erwerbsfähigkeit auf drei bis sechs Stunden täglich eingeschränkt sei. Das Gutachten von Dr. P. sei fehlerhaft. Er besitze keine Qualifikation als Psychologe. Die psychologische Erkrankung habe von ihm also nicht fachärztlich bewertet werden können. Dr. P. habe die Depression des Klägers nicht erkannt. Auch sei die Nervenversorgung in den Fingern nicht gemessen worden. Die vom Gutachter festgestellte seitengleiche Muskulatur liege beim Kläger nicht vor. Auch sei die von Dr. P. prognostizierte Besserung der Kniebeschwerden des Klägers nicht eingetreten. Diese dauerten vielmehr an. Vorgelegt wurden Befundberichte der Klinik Bad R. u.a. über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 23. November bis 2. Dezember 2011, des Orthopäden Dr. S. und des Psychiaters Dr. F ...

Der Senat hat gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. D. und eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. E ...

Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 15. März 2012 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Zervikalsyndrom ohne altersüberdurchschnittliche nativ-radiologische Verschleißveränderungen mit nachgewiesenen Bandscheibenschäden multisegmental. Cervikogener Schwindel mit geringgradigen Funktionseinschränkungen.
2. Leichtgradiges degeneratives Lumbalsyndrom bei nachgewiesenem Prolaps L 5/S 1 und Ischialgie rechts mit pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen rechter Po.
3. Initialer Hüftgelenksverschleiß bei CAM-Impingement rechts.
4. Medialer und retropatellarer Knorpelschaden Kniegelenk links. Zustand nach additiver Tibiakopfumstellungsosteotomie rechts mit Retropatellaarthrose und verzögerter Knochenheilung.
5. Handwurzelarthrose und Daumensattelgelenksarthrose links. Residuelle Medianusschädigung linke Hand nach Rezidivmedianolyse mit Thenaratrophie links und Bewegungseinschränkung der medianusabhängigen Finger.
6. Zustand nach Luxationsfraktur Schulter links mit nicht klar objektivierbarer Funktionsbehinderung Schultergelenk links.

Er kam zu dem Ergebnis, der Kläger sei noch in der Lage, leichte Arbeiten, aktuell überwiegend sitzend, ab August 2012 wieder im Wechselrhythmus gehend, stehend und sitzend sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen von schweren Lasten, kraftvolle Überkopfarbeiten und Hebe- und Tragebelastung mit dem linken Arm, schwere manuelle Belastungen der linken Hand sowie häufig kniend, gebückt und gehockt zu erbringende Arbeiten, Arbeiten auf Leitern, Treppen und Gerüsten mit Absturzgefahr. Eine wesentliche Einschränkung des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünde nicht mehr. Die passagere Beeinträchtigung sei behoben. Der Kläger könne ein Kfz führen, die Fahrerlaubnisklasse 3 liege vor.

Der Kläger hat hierzu ausgeführt, aus dem Entlassungsbericht der Klinik Bad R. ergebe sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden. Dort sei festgestellt worden, dass aufgrund des gesamten Untersuchungsergebnisses die Selbstversorgung sowie die Aktivitäten des täglichen Lebens beim Kläger massiv eingeschränkt seien. Dort hätten sich auch andere Bewegungsausmaße in Bezug auf die Schultergelenke sowie für den Bereich Handgelenk und Finger ergeben. Erneut wurde auf das Gutachten von Dr. G. vom 30. Dezember 2009 hingewiesen. Dort sei festgehalten worden, dass das Entkleiden beim Kläger beschwerlich geschehe. Daher sei es überraschend, wenn Dr. D. die Funktionsgriffe (Faustschluss, Schlüssel- und Spitzgriff) beidseits als vollständig sowie das Entkleiden als selbstständig und ohne Hilfestellungen wahrgenommen habe. Schließlich habe Dr. D. zutreffend bestätigt, dass keine begründete Aussicht auf Besserbarkeit in absehbarer Zeit bestehe. Er habe also bestätigt, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung des Klägers behoben werden könne. Somit sei also durch den orthopädischen Teil der Begutachtung bereits eine nicht behebbare Erwerbsminderung des Klägers attestiert worden. Die wesentlichen Beeinträchtigungen des Klägers lägen jedoch in dessen Psyche. Der den Kläger seit Dezember 2009 behandelnde Arzt Dr. F. sei zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger nur noch ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich bestünde. Diese Einschränkung resultiere vorwiegend aus der reduzierten psychischen und geistigen Belastbarkeit. Maßgeblich sei, wie lang der jeweilige zeitliche Horizont der Begutachtung andauernde. Dies sei insbesondere bei der Beurteilung des psychischen Zustands des Klägers von besonderer Relevanz. Die Begutachtungen durch die Sachverständigen Dr. P. und Dr. D. seien jedoch sehr kurz gewesen.

Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 2. August 2012 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Mischsyndrom bestehend aus einer depressiven Episode leichter Ausprägung und eine Angststörung mit phobischer Prägung (Agoraphobie, Klaustrophobie) mit vegetativer Begleitsymptomatik
2. Undifferenzierte Somatisierungsstörung (Schwindel, anhaltende somatoforme Schmerzstörung)
3. Zustand nach Axillarisschädigung infolge Schulterluxationen links (remittiert)
4. Zustand nach KTS-Operation links im Jahr 2001 und Revision im Jahr 2002 bei persistierendem leicht ausgeprägtem Engpass-Syndrom des Nervus medianus links
5. Degeneratives Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle nervenwurzelbezogene sensible oder motorische Defizit-Symptomatik.

Der Kläger könne noch leichte Arbeiten möglichst wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen ausüben. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten in Zwangshaltungen, das Heben und Tragen schwerer Lasten, Tätigkeiten unter Zeitdruck und Nachtschichttätigkeiten. Einschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Die Umstellungsfähigkeit des Klägers auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt. Die Durchführung einer stationären Heilmaßnahme in einer psychiatrisch-psychosomatischen Klinik sei sinnvoll.

Der Kläger hat hierzu unter Vorlage einer Stellungnahme des behandelnden Psychiaters Dr. F. Stellung genommen Dr. E. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Dezember 2012 an seiner sozialmedizinischen Beurteilung festgehalten.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat ein Gutachten des behandelnden Psychiaters Dr. F. vom 8. März 2013 eingeholt. Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 8. März 2013 beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Somatisierungsstörung sowie die bereits vielfach erwähnten orthopädischen Erkrankungen festgestellt. Der Kläger könne nur noch leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen weniger als drei Stunden täglich verrichten. Arbeiten in geschlossenen Räumen seien aufgrund teils klaustrophober Ängste nicht möglich. Nicht mehr zumutbar seien das Tragen und Heben von Lasten, häufiges Bücken, Arbeiten an Maschinen, am Fließband und/oder unter Zeitdruck. Pro Arbeitsstunde sei eine halbe Stunde Pause erforderlich. Nur unter regelmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln könne eine Wegstrecke von weniger als 500 m in weniger als 20 Minuten zurückgelegt werden. Der Kläger könne nur kurze Strecken mit dem Kfz in Begleitung fahren. Privat fahre nur die Ehefrau. Die Umstellungsfähigkeit des Klägers sei eingeschränkt. Der Zustand bestehe seit 9. Dezember 2009 für voraussichtlich drei Jahre vom Zeitpunkt der Untersuchung (6. März 2013) an.

Die Beklagte hat sich in ihrer Stellungnahme den Ausführungen von Dr. F. nicht angeschlossen. Der Kläger ist der Auffassung, die Stellungnahme des prüfärztlichen Dienstes könne das ausführlich begründete und widerspruchsfreie Gutachten von Dr. F. nicht erschüttern.

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2013 hat der Kläger Arztbriefe des Klinikums B-Stadt vom 27. März 2013, der Praxisgemeinschaft B-Stadt vom 5. April 2013 und des Kardiologen und Internisten Dr. K. vom 22. April 2013 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom
14. September 2011 und des Bescheids der Beklagten vom 30. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2010 zu verurteilen, dem Kläger antragsgemäß Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des SG sowie der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 30. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2010 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI zu. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1, 2 SGB VI scheidet von vornherein aus, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist.

Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG und dem LSG und hierbei insbesondere aufgrund der überzeugenden Gutachten von Dr. D. und Dr. E. steht für den erkennenden Senat fest, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers zwar qualitativ hinsichtlich der Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert ist, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen rentenerheblichen Umfang angenommen haben. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nicht vor. Der Kläger kann noch täglich sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten verrichten. Der abweichenden Einschätzung von Dr. F. vermag der Senat nicht zu folgen.

Bei der Untersuchung der Wirbelsäule durch Dr. D. zeigte sich eine frei bewegliche Halswirbelsäule ohne neurologische Ausfälle mit röntgenologisch nicht altersüberdurchschnittlichem Verschleißbefund. Die Lendenwirbelsäule war nur gering- bis mittelgradig funktionseingeschränkt bei einem Finger-Boden-Abstand von 15 cm. Der Kläger war noch in der Lage, relativ schmerzfrei den Langsitz einzunehmen, so dass Ischialgien des rechten Beins nur bedingt objektivierbar waren. Dr. D. hat darauf hingewiesen, dass die wirbelsäulenbegleitende Muskulatur kräftig ausgebildet war. Der nachgewiesene Bandscheibenschaden führt nicht zu nachweisbaren radikulären Ausfällen. Hieraus hat Dr. D. für den Senat nachvollziehbar gefolgert, dass dem Kläger zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumutbar sind unter Ausschluss von stärker wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten.

Die Hüftgelenke des Klägers waren nach den Feststellungen von Dr. D. frei beweglich bei nur initialen Verschleißzeichen, das Zeichen nach Trendelenburg war negativ.

An den Kniegelenken zeigte sich rechts eine physiologische Achse mit freier Streckung bei Flexionsfähigkeit bis 125°. Das linke Kniegelenk war nahezu frei beweglich mit nur geringgradigem Verschleiß. Dr. D. hat darauf hingewiesen, dass sich nach der verzögerten Knochenheilung nach Umstellungsosteotomie im August 2011 eine Verbesserung mit Konsolidierung der Situation gezeigt hat. Die knöcherne Heilung findet statt. Die verzögerte Knochenheilung habe nur zu einer passageren Verschlechterung des Gangbilds geführt. Mit trainingsbedingter Kräftigung der Muskulatur sei auch noch das demonstrativ dargebotene rechts entlastende hinkende Gangbild abzustellen.

In Bezug auf das durch den Unfall im Jahr 1998 geschädigte Schultergelenk links hat Dr. E. Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Beweglichkeit des linken Arms im Schultergelenk gefunden. Er hat jedoch klargestellt, dass sich die Schädigung im Zusammenhang mit der 1998 erlittenen Schulterluxationen links quasi vollständig wieder zurückgebildet hat. Ein Defizit der durch den Nervus axillaris versorgten Muskulatur konnte Dr. E. nicht positivieren. Die vom Kläger demonstrierte Abduktionsschwäche des linken Arms ab etwa 70° konnte von Dr. E. nicht nachvollzogen werden. So erbrachte die elektromyographische Untersuchung des Musculus deltoideus und des Musculus abduktor pollicis bervis links Zeichen einer allenfalls leicht ausgeprägten älteren neurogenen Schädigung, während sich im Musculus biceps brachii ein Normalbefund fand. Auch Dr. D. hat darauf hingewiesen, dass sich nach der operativ versorgten Luxationsfraktur keine wesentliche Schulterhauptgelenksarthrose gebildet hat. Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Bild einer demonstrativ vor dem Körper in Schonhaltung gehaltenen linken Hand und der passiv freien Beweglichkeit ohne Nachweis jedweder Kontrakturen. Sonographisch zeigte sich eine intakte Rotatorenmanschette, wobei bei der vergleichenden Muskelumfangsmessung eine seitengleiche stabile Muskelummantelung festzustellen war, die darauf schließen lässt, dass die Gebrauchsfähigkeit des linken Armes deutlich geringer beeinträchtigt ist als dargestellt. Daraus resultiert nachvollziehbar nur ein Ausschluss von schwerer Kraftarbeit mit Hebe- und Tragebelastungen, aber keine quantitative Leistungsminderung für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts.

In Bezug auf die Funktionsstörungen an der linken Hand hat Dr. E. ausgeführt, dass die durchgeführte elektroneurographischen Untersuchung lediglich eine leichtgradige Herabsetzung der sensiblen Leitgeschwindigkeit des Nervus Medianus bei nicht sicher nachweisbarem motorischen Defizit, welches funktionell allerdings ohne Bedeutung ist, erbracht hat. Die vom Kläger geklagte Bewegungsstörung der Finger I und II lasse sich neurologischerseits nicht wirklich nachvollziehen. Eine komplette Beugung der Finger sei zumindest passiv möglich, wobei diese dann auch noch für einige Zeit in dieser Position verharrten, ehe sie dann wieder partiell gestreckt wurden. Dr. E. hat auch darauf hingewiesen, dass beim Kläger die Handinnenfläche rechts relativ deutlich beschwielt war, links nur etwas geringer. Dr. D. hat bei linksbetonter Kraftminderung und Reduzierung der Handinnenflächenbeschwielung festgestellt, dass dem Kläger schwere manuelle Belastungen der linken Hand nicht mehr zuzumuten sind.

Im Gutachten von Dr. F., der seinen Fokus auch nicht auf die körperlichen Störungen, sondern auf die depressive Störung und die Angststörung legt, findet sich insoweit keine abweichende Einschätzung. Auch die Klinik Bad R. hält die Leistungsfähigkeit des Klägers vor allem aufgrund der psychischen Störungen für eingeschränkt.
Dr. G. hat zwar eine drei- bis sechsstündige (und nicht drei bis unter sechsstündige) Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gesehen. Für den Fall der Möglichkeit zum Wechsel der Arbeitsposition hat er den Kläger sogar als arbeitsfähig für den Beruf des Bauzeichners erachtet, ohne insoweit eine quantitative Einschränkung anzunehmen. Sollte er dessen ungeachtet ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen gemeint haben sollen, ist darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sich aus dem Gutachten von Dr. G. keine Begründung hierzu findet. Der Fokus seines Gutachtens lag auch bei der Einsetzbarkeit des Klägers für Tätigkeiten als Bautechniker und Bauzeichner.

Bei der psychopathologischen Untersuchung durch Dr. E. zeigte sich eine ängstlich-depressive Verstimmung des Klägers, wobei eine Angststörung mit rezidivierenden Panikzuständen und phobischer Prägung im Vordergrund stand. Die depressive Episode war leichter bis mittlerer Ausprägung. Sie zeigte sich in einer derzeit leichten Niedergestimmtheit und einer Tendenz, über die eigenen Probleme zu grübeln. Hinzu kommt eine Angststörung mit rezidivierenden Panikzuständen, die sich darin zeigt, dass der Kläger räumliche Beengung meidet. Kognition, Abstraktionsvermögen, Gedächtnisleistungen und Merkfähigkeit waren ebenso ungestört wie Auffassungs- und Konzentrationsfähigkeit. Die vom Kläger geklagte Schwindelsymptomatik mit der Notwendigkeit, sich hinzulegen, lässt sich am ehesten als psychogen erklären. Auch Dr. F. hat den Kläger als wach, bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten orientiert bei etwas reduziertem Ausdrucksverhalten beschrieben. Auffälligkeiten im formalen oder inhaltlichen Denken zeigten sich ebenso wenig wie Störungen der kognitiven Funktionen. Die emotionale Schwingungsfähigkeit war nach den Ausführungen von Dr. F. leicht vermindert bei zum depressiven Pol hin verschobener Grundstimmung. Hinweise auf Halluzinationen, Ich- oder Wahrnehmungsstörungen zeigten sich aber nicht bei reduziertem Reizschutz, geringer Abgrenzungsfähigkeit und narzisstischer Selbstwertregulation.

Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten, dass sich aus diesem nur gering auffälligen Befund eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf unter drei Stunden nicht ableiten lässt. Seine Behauptung, die Vorgutachten würden die depressive Störung sowie die Angststörungen des Klägers bagatellisieren, wird durch Dr. F. nicht näher begründet. Ferner führt er aus, dass sich die seelischen Nöte des Klägers über längere Zeit im Sinne einer somatisierten Erkrankung darstellten, liege zum Teil an der eingeschränkten Introspektions- und der Verbalisierungsfähigkeit. Dies dürfe nicht der Grund dafür sein, dass die Schwere der seelischen Störung bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit in unzulässiger Form eine untergeordnete Rolle spiele. Zu diesem - von Dr. F. bereits in seiner Stellungnahme zum Gutachten von Dr. E. vorgetragenen -Vorwurf hat Dr. E. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Dezember 2012 bereits überzeugend ausgeführt, dass dem Kläger im Rahmen der bei Dr. E. durchgeführten Anamneseerhebung genügend Raum gegeben worden war, seine Beschwerden umfassend zu schildern und nachvollziehbar zu machen.

Auch sollte es nach Auffassung von Dr. F. keine Rolle spielen, dass der Kläger von seiner physischen Präsenz her eine vordergründige Belastbarkeit rein optisch signalisiere. Der damit unterschwellig erhobene Vorwurf, Dr. E. und Dr. D. würden allein aus dem muskulären Habitus des Klägers seine Erwerbsfähigkeit ableiten, ist nicht zutreffend. Dessen ungeachtet bleibt bei Dr. F. unbeantwortet, wie sich die doch erhebliche Beschwielung an der rechten Hand und die nur geringfügig verminderte Beschwielung an der linken Hand vereinbaren lässt mit den Behauptungen des Klägers, er sei bereits nach nur stundenweiser leichter Tätigkeit zu Hause völlig erschöpft. Letztlich beruht die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung von Dr. F. allein auf den Angaben des Klägers zu seinem Leistungsvermögen, ohne dass diese von Dr. F. kritisch hinterfragt würden. Dies wäre umso erforderlicher gewesen, als der Kläger sich noch niemals einer konsequenten Behandlung seiner psychischen Leiden unterzogen hat. Eine stationär-psychiatrische Behandlung hat bislang noch nicht stattgefunden, eine Psychotherapie ist in Bezug auf die geklagten phobischen Störungen ebenfalls nicht durchgeführt worden. Zudem nimmt der Kläger nach den Feststellungen von Dr. E. entgegen dem von ihm gemachten Angaben seine antidepressive und anxiolytische Medikation nicht ein. So hat Dr. E. in seiner ergänzenden Stellungnahme nochmals wiederholt, dass der Kläger ihm gegenüber erklärt hatte, dass er seine Medikamente seit Mai des Untersuchungsjahres regelmäßig in der beschriebenen Dosierung eingenommen habe. Diese Angabe war jedoch bei Berücksichtigung des von Dr. E. festgestellten Medikamentenspiegels nicht haltbar. Angesichts dieser Umstände hat es wenig Aussagekraft, wenn nach Zusendung des Gutachtens beim Kläger wieder ein erhöhter Medikamentenspiegel festgestellt wird. Der Senat ist der Auffassung, dass der von Dr. E. festgestellte Umstand der fehlenden adäquaten Therapie gegen das Vorliegen einer so schweren Beeinträchtigung des Klägers durch die psychische Störungen spricht, wie sie von ihm geltend gemacht wird. Vielmehr ist hierin ein deutlicher Hinweis auf eine geringe Therapiemotivation und einen sekundären Krankheitsgewinn zu sehen.

Der Senat ist daher in Übereinstimmung mit Dr. E. und Dr. D. davon überzeugt, dass der Kläger noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Auch die mit Schriftsatz vom 8. Mai 2013 übersandten Befundberichte führen zu keinem anderen Ergebnis. Vom Klinikum B-Stadt GmbH wird ein Verdacht auf Media Infarkt rechts mit HP Links und Hemihypästhesie Links diagnostiziert, von der neurologischen Praxisgemeinschaft B-Stadt eine zerebrale transistorische Ischämie mit kompletter Rückbildung innerhalb von ein bis 24 Stunden sowie ein Verdacht auf einen vasomotorischen Kopfschmerz, von dem Kardiologen Dr. K. ein PRIND und TIA mit Hemidysästhesie links. Beim Kläger trat ausweislich des Berichts des Klinikums B-Stadt danach am 27. März 2013 eine sensomotorische Hemiparese links mit verschwommenem Sehen vor beiden Augen auf. Im CCT mit Angiographie zeigte sich kein Hinweis auf frische Ischämie, Blutung oder Gefäßverschluss. Der Kläger war in guten Allgemeinzustand, cardio-pulmonal und abdominal im wesentlichen unauffällig. Der neurologische Befund erbrachte keine Nackensteifigkeit, unauffällige Hirnnerven, keine Pyramidenbahnzeichen, ein leichtes Absinken in den linken Extremitäten (schmerzbedingt?), eine regelrechte Koordination und Hemihyphästhesie links. Der Kläger war wach, orientiert, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Auffassung und Antrieb waren normal. Es bestanden keine inhaltlichen oder formale Denkstörungen, der Affekt war ausgeglichen. Die neurologische Praxisgemeinschaft B-Stadt bestätigte, dass sich die zerebrale transistorische Ischämie komplett zurückgebildet hat. Aus dem Befundbericht des Internisten Dr. K. ergibt sich ein guter Allgemeinzustand. Herz und Lungen seien ohne Befund. Dr. K. hat ausgeführt, der Kläger habe sich von den neurologischen Ereignissen gut erholt und habe von einer guten Blutdruckeinstellung berichtet, wie sich auch in der Praxisuntersuchung bestätigt habe. Die bildgebenden Verfahren des Schädels und die neurologische Untersuchung seien ebenfalls unauffällig gewesen.

Bei einer abweichenden Leistungsbeurteilung vermag der Senat angesichts dieser Feststellungen nicht zu gelangen.

Trotz dieses festgestellten Leistungsvermögens des Klägers von sechs Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch dann gegeben, wenn bei ihm eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen würde und dem Kläger keine Tätigkeit benannt werden könnte, die er trotz der qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B5 RJ 64/02 R). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen.

Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht für den Versicherungsträger die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG Urteil vom 10. Dezember 2003, B5 RJ 64/02 R, in juris).

Bei der Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, sind grundsätzlich alle qualitativen Einschränkungen zu berücksichtigen, die nicht bereits von dem Erfordernis "körperlich leichte Arbeit" erfasst werden. Es umfasst begrifflich unter anderem solche Leistungseinschränkungen, die das Seh- und Hörvermögen, die Handbeweglichkeit oder die Einwirkung bestimmter Witterungseinflüsse (Kälte, Nässe, Staub) betreffen (Kassler Kommentar zum SGB, § 43 SGB VI Rn. 47).

Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen mit der Pflicht der Benennung einer konkreten Tätigkeit ist aber dann zu verneinen, wenn sich bereits Arbeitsfelder bezeichnen lassen, die der Versicherte mit seinen Einschränkungen noch verrichten kann. Auch angesichts der von den Gerichtsachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, die nicht bereits durch das Erfordernis "körperlich leichte Tätigkeiten" erfasst werden. Bei der Prüfung von Verweisungstätigkeiten im Rahmen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen sind an das Benennungsgebot nicht derart strenge Anforderungen zu stellen wie bei einer Verweisung im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Hier genügt jedenfalls die Bezeichnung von Arbeitsfeldern wie Prüfer, Montierer oder Verpacker von Kleinteilen (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI Rdn. 117, BSG; Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 57/96, in juris).

Der Senat geht in Übereinstimmung mit Dr. D. und Dr. E. von einer Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auf leichte Arbeiten im Wechselrhythmus aus. Das Heben und Tragen von schweren Lasten, Zwangshaltungen, kraftvolle Überkopfarbeiten und Hebe- und Tragebelastungen mit dem linken Arm, schwere manuelle Belastungen der linken Hand, häufig kniend, gebückt und gehockt zu erbringende Arbeiten sowie Arbeiten auf Leitern, Treppen und Gerüsten mit Absturzgefahr, Nachtschichttätigkeiten und Zeitdruckarbeiten sind nicht mehr möglich.

Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt beim Kläger damit nicht vor. Insbesondere ist er keinesfalls mit einem Einarmigen vergleichbar. Dagegen spricht die noch vorhandene Beschwielung an der linken Hand. Die von ihm behauptete Bewegungsstörung der Finger I und II der linken Hand ließ sich auch neurologischerseits nicht nachvollziehen. Dr. D. und Dr. E. haben insoweit auch nur eine Einschränkung von schweren Belastungen wie das Heben und Tragen schwerer Lasten als qualitative Leistungseinschränkungen genannt. Dieser qualitativen Leistungseinschränkung wird durch die Beschränkung auf leichte Arbeiten aber ohnehin bereits Rechnung getragen. Beim Kläger liegt auch kein ungewöhnlicher Pausenbedarf vor. Für die von Dr. F. behauptete Notwendigkeit einer halbstündigen Pause pro Arbeitsstunde (bei einem Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden!) gibt es nach Auffassung des Senats keinen Anhalt. Dem Gutachten des Sachverständigen Dr. F. ist keine überzeugende Begründung hierfür zu entnehmen. Eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers besteht ebenfalls nicht. Eine nachvollziehbare Begründung für die von Dr. F. insoweit genannten Einschränkungen bleibt der Sachverständige vollständig schuldig. Auch insoweit fehlt eine Auseinandersetzung mit den Feststellungen von Dr. D. und Dr. E., die keine Einschränkung der Wegefähigkeit beim Kläger erkennen konnten.

Schließlich liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die zu einer Benennung von Verweisungstätigkeiten zwingen würde. Die von den Sachverständigen Dr. E. und Dr. D. genannten qualitativen Einschränkungen stellen keine Vielzahl ungewöhnlicher Einschränkungen dar. Sie korrespondieren mit der gutachterlich festgestellten Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf leichte Tätigkeiten

Damit scheidet die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung aus.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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