S 38 KA 1305/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
38
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 1305/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 43/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Bescheide des Beklagten jeweils vom 22.08.2012 (Wirtschaftli-che Verordnungsweise phys.med. Leistungen, Quartale 1/06, 1/07, 2/07, 3/07, 4/07, 2/08) werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über die Widersprüche des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

II. Der Beklagte trägt die Kosten der Verfahren.

Tatbestand:

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klagen ist die Wirtschaftlichkeitsprüfung in den Quartalen 1/06,1/07- 4/07 und 2/08 (6 Quartale). Durch den Beklagten wurde beim Kläger, der als hausärztlich tätiger Internist zu-gelassen ist, eine Durchschnittsprüfung der Verordnungsweise physikalisch-medizinischer Leistungen mit ergänzender Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung durchgeführt. In den angefochtenen Bescheiden wurde die Auffassung vertreten, eine repräsentative Einzelfallprüfung nach § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung sei aus verschiedenen Gründen zu "verwerfen". Die Prüfmethode der repräsentativen Einzelfallprüfung unterstelle nämlich, dass sämtliche Verordnungen, welche innerhalb des Regelfalles und somit heilmittelkatalogkonform erbracht würden, grundsätzlich wirtschaftlich seien. Es werde deshalb davon ausgegangen, dass die Prüfung nach Durchschnittswerten wegen ihres hohen Erkenntniswertes bei verhältnismäßig geringem Verwaltungsaufwand auch im Heilmittelbereich eine angemessene Methode darstelle. Zunächst wurde in allen Quartalen eine hohe Ausgangsüberschreitung zwischen 102,0 % und 201,1 % festgestellt. Was die Altersstruktur in der Praxis betreffe, so zeige die Statistik zwar einen höheren Rentneranteil, der mittels der Gewichtung der Prüfgruppenwerte Berücksichtigung finde. Heimpatienten könnten anhand der Gebührenordnungspositionen kaum erfasst werden. Es sei aber ein höherer Anteil chronisch Erkrankter festzustellen. Bezüglich des geltend gemachten orthopädischen Krankengutes sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger im üblichen Rahmen der hausärztlichen Versorgung liege.

Bei der ergänzenden Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung wurden vom Beklagten Verordnungen der Patienten der AOK Bayern ausgewertet und zwar bezogen auf fünf Indikationsbereiche. Im Bereich WS (Wirbelsäulenrezepte) gebe es ein marginales Einsparpotential. Es bleibe der Eindruck einer zu großen Anzahl an Lymphdrainagenverordnungen, sowie die fragliche medizinische Notwendigkeit einiger Rezepte.

Der Beklagte habe zum einen konkrete Einsparmöglichkeiten festgestellt, zum anderen habe der Kläger keine Praxisbesonderheiten nachgewiesen, welche die hohen Ausgangsüberschreitungen gegenüber der Prüfgruppe rechtfertigten. Dem Kläger wurden bis auf die Quartale 2/07 (Restüberschreitung 81 %) und 3/07 (Restüberschreitung 74,6 %) Restüberschreitungen von jeweils über 100 % belassen.

Dagegen ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte Klagen zum Sozialgericht München einlegen. Zunächst wurde die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide gerügt. So verstoße der Beklagte gegen § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung Bayern. Dort sei lediglich die Prüfmethode "repräsentative Einzelfallprüfung" geregelt. Bei der Prüfvereinbarung handle es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, dem Rechtsnormcharakter zukomme. Die Vorschriften seien von den Prüfgremien zwingend anzuwenden, zumal die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers darstelle. Wenn sich der Beklagte von Zweckmäßigkeitserwägungen leiten lasse, verstoße er damit gegen Recht und Gesetz und gegen den Rechtsstaatlichkeitsgrundsatz. In diesem Zusammenhang sei auf § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V hinzuweisen, wonach eine Durchschnittsprüfung nur dann gestattet sei, soweit diese Prüfmethode in der Prüfvereinbarung ausdrücklich vereinbart wurde. Der Gesetzgeber habe die Durchschnittsprüfung aufgrund ihrer Schwächen zum 01.01.2004 aus dem SGB V "gestrichen". Der Wortlaut von § 15 Abs. 4 Prüfvereinbarung sei eindeutig. Während die §§ 15 Abs. 1 und 2 der Prüfvereinbarung allgemeine Ausführungen zur Durchschnittswertprüfung träfen, seien in § 15 Abs. 4 spezielle Vorschriften für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Heilmitteln enthalten. Zu widersprechen gelte es auch der Darstellung des Beklagten, der Kläger habe seine Praxisbesonderheiten nicht genügend substantiiert dargelegt. Vielmehr habe der Kläger im Rahmen der mündlichen Anhörung vor dem Beschwerdeausschuss seine Praxisbesonderheiten substantiiert dargetan. Im Übrigen ergebe sich aus der Adresse auf dem Verordnungsblättern, welche Patienten im Wohnstift A. lebten und welche nicht.

Die Bescheide seien aber auch materiell rechtswidrig. Beim Kläger hätten als Praxisbesonderheit ein erhöhter Rentneranteil und die vermehrte Betreuung von Heimpatienten berücksichtigt werden müssen. Er betreue Heimpatienten im Wohnstift A., die teilweise jenseits der 90 Jahre alt seien. Diese Patienten könnten nicht mehr durch Sport oder andere Übungen Beschwerden am Bewegungs-apparat beseitigen. Auch die Einteilung in drei Gruppen, nämlich Familienangehörige, Mitglieder und Rentner sei zu grob und führe zu unsachgemäßen Ergebnissen.

Der Beklagte erwiderte, § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung bestimme, dass die Prüfung der Verordnungsweise von Heilmitteln in der Form der repräsentativen Einzelfallprüfung stattzufinden habe. Die Regelungen der §§ 15 Abs. 1,2 Prüfvereinbarung behandelten jedoch die Durchschnittsprüfung allgemein, die sich auch auf die Prüfung von Heilmittelverordnungen beziehe. In diesem Sinne habe auch das Sozialgericht München in seinem Urteil vom 20.12.2012 (Aktenzeichen S 38 KA 1464/11) entschieden. Soweit klägerseits die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten begehrt werde, sei anzumerken, dass diese unsubstantiiert dargelegt worden seien. Im Übrigen sei dem Kläger eine sehr hohe Restüberschreitung gelassen worden, so dass auf diese Weise die festgestellten vermehrten Hausbesuche und die Betreuung chronisch Erkrankter berücksichtigt worden seien.

In der mündlichen Verhandlung am 12.03.2013 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten besprochen. Der Vertreter des Beklagten machte geltend, die Beschränkung der Prüfmethode auf die Einzelfallprüfung bedeute, dass lediglich eine Prüfung nach dem Heilmittelkatalog zu erfolgen habe. Dies führe dazu, dass eigentlich eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Bereich der Heilmittelversorgungen nicht mehr möglich wäre.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte die Anträge aus den Schriftsätzen vom 27.02.2013.

Die Vertreter des Beklagten beantragten, die Klagen abzuweisen.

Die Vertreter der beigeladenen Krankenkassen stellten keine Anträge.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beklagtenakten. Im Übrigen wird auf die sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschrift vom 12.03.2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zum Sozialgericht München eingelegten Klagen sind zulässig und auch begründet. Die angefochtenen Widerspruchsbescheide sind rechtswidrig.

Der Beklagte führte eine Durchschnittsprüfung der Verordnungsweise physika-lisch-medizinischer Leistungen mit ergänzender Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung durch. Hierfür gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage.

Bis zum Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes galt die Durchschnittsprüfung als Regelprüfmethode und wichtigste Methode der Wirtschaftlichkeitsprüfung. § 106 SGB V in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) sieht anders als die vorherige Fassung eine Durchschnittsprüfung nicht mehr vor. In § 106 Abs. 2 SGB V sind lediglich unter Ziff. 1 die arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen bei Überschrei-tung der Richtgrößenvolumina nach § 84 (Auffälligkeitsprüfung) und unter Ziff. 2 arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben, die mindestens 2 v.H. der Ärzte je Quartal umfassen (Zufälligkeitsprüfung), genannt.

§ 106 Abs. 2 S. 4 SGB V gestattet zwar, dass die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen weitere Prüfmethoden vereinbaren können. Offenbar haben alle anderen KVen zusammen mit den Verbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen auf der Grundlage des § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V in ihren Prüfvereinbarungen nach wie vor die Durchschnittsprüfung der Vorordnungsweise im Bereich der Heilmittel vorgesehen. So sind zum Beispiel im Zuständigkeitsbereich der KV Sachsen und KV Niedersachsen ausdrücklich in den dort geltenden Prüfervereinbarungen Durchschnittsprüfungen der Verordnungsweise von Heilmitteln vorgesehen (KV-Bereich Sachsen, § 9 Abs. 1 Ziff. 5 Prüfvereinbarung in Verbindung mit Anlage 5 Abs. 2b; KV-Bereich Niedersachsen, § 25 Prüfvereinbarung). Wie das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 07.12.2011 (Az. L 11 KA 75/07) ausführt, hat jedenfalls im Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin-Brandenburg die Durchschnittsprüfung aufgrund der dortigen Prüfvereinbarung über den 01.01.2004 hinaus (Gesetzesänderung des § 106 SGB V) erhebliche Bedeutung behalten. Von der Möglichkeit, im Rahmen der Prüfvereinbarung die Durchschnittsprüfung zu regeln, wurde jedoch im Zuständigkeitsbereich der KV- Bayern kein Gebrauch gemacht. In § 9 Abs. 1 Ziff.1 1.2 ist zwar grundsätzlich eine Durchschnittsprüfung vorgesehen. Auch § 12 Abs. 1 der Prüfvereinbarung sieht eine Durchschnittsprüfung im Bereich der ärztlichen Behandlungsweise vor. Die Regelung in § 15 der Prüfvereinbarung steht unter der Überschrift Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise nach Durchschnittswerten. § 15 Abs. 2 der Prüfver-einbarung bestimmt, dass die Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise nach gewichteten Durchschnittswerten erfolgt. Dies könnte implizieren, dass auch die Prüfung der Verordnungsweise von Heilmitteln nach Durchschnittswerten zu erfolgen hat. Allerdings ist in § 15 Abs. 4 S. 1 der Prüfvereinbarung folgendes geregelt: "Die Prüfung der Verordnungsweise von Heilmitteln ist in Form einer repräsentativen Einzelfallprüfung durchzuführen." Anders als in der vom Beklagten zitierten Entscheidung des Sozialgerichts A-Stadt vom 20.12.2012 (Az. S 38 KA 1464/11), in der von einem Nebeneinander der Durchschnittsprüfung und der repräsentativen Einzelprüfung im Bereich der Verordnung von Heilmitteln ausgegangen wurde, stellt nach Auffassung der 38. Kammer in ihrer Besetzung am Tag der mündlichen Verhandlung unter Berücksichtigung o.g. Gesichtspunkte § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung im Vergleich zu den allgemeinen Regelungen der §§ 9,15 Abs. 2 der Prüfvereinbarung die speziellere Vorschrift dar. Zusammenfassend bedeutet dies, dass im Bereich der Prüfung von Heilmitteln weder in § 106 SGB V, noch in der Prüfvereinbarung eine Durchschnittsprüfung vorgesehen ist.

Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Prüfgremien daran gebunden sind. Dafür spricht zunächst die Vorschrift des § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V, wonach der Gesetzgeber ausdrücklich den Verbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen, sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen, nicht jedoch den Prüfungsgremien die Befugnis erteilt hat, zusätzliche Prüfmethoden zu vereinbaren. Weiterhin wird in § 1 Abs. 1 der Prüfvereinbarung ausgeführt, dass über die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung die Prüfgremien nach § 2 unter Beachtung der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen entscheiden. Danach sind die Prüfgremien an die gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben gebunden. Ihre Aufgabe ist darauf beschränkt, die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Heilmitteln anhand der gesetzlich beziehungsweise vertraglich vorgesehenen Prüfmethoden zu beurteilen. Dabei steht den Prüfgremien bei der Auswahl der Prüfmethoden ein Entscheidungsspielraum zu (vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2009; Az. B 6 KA 17/08 R). Sie sind jedoch nicht befugt, andere Prüfmethoden - als vorgesehen - anzuwenden. Zwar teilt das Gericht die Bedenken des Beklagten, dass eine Beschränkung der Prüfmethode auf die Einzelfallprüfung im Prinzip eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Bereich der Heilmittelversorgungen ausschließen würde, da beispielsweise Mehrfachverordnungen bei gleicher Diagnose und/oder Kosten nicht berücksichtigt werden könnten (Fälle, bei denen keine Heilmittelergänzungen notwendig oder billigere Varianten ausreichend sind; Prüfung erfolgt lediglich anhand des Heilmittelkatalogs). Die Beschränkung auf die gesetzlich und vertraglich vorgesehenen Prüfmethoden gilt nach Auffassung des Gerichts aber auch dann, wenn diese Prüfmethoden nicht aussagekräftig und/oder nicht durchführbar sind.

In dem Zusammenhang kann nach Auffassung des Gerichts die Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 08.04.1992, Az. 6 RKa 27/90) nicht herangezogen werden. Das Bundessozialgericht vertrat die Auffassung, die Prüfgremien seien aufgrund ihrer Verpflichtung zur umfassenden Sachaufklärung (§ 20 Abs. 1 SGB X) nicht auf die genannten Beweismittel beschränkt, sie könnten vielmehr alle zulässigen Erkenntnisquel-len heranziehen, "die über die Ermittlung von Hilfstatsachen Schlüsse auf die Wirtschaftlichkeit/Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise eines Arztes zulassen." Ferner wurde in einer neueren Entscheidung (BSG, Urteil vom 19.10.2011, Az. B 6 KA 38/10 R) ausgeführt, die Prüfgremien hätten die Frage der Unwirtschaftlichkeit mit allen dazu geeigneten und zulässigen Beweismitteln aufzuklären. Die Prüfgremien seien auch berechtigt und verpflichtet, ausnahmsweise auch andere Prüfmethoden anzuwenden beziehungsweise neu zu entwickeln, wenn sich im Einzelfall die Prüfung nach Durch-schnittswerten "als nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar" erweise.

Diese Rechtsgedanken lassen sich aus mehreren Gründen nicht auf die streitgegenständlichen Fälle übertragen. Denn in beiden Verfahren war Streitgegenstand die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise und nicht die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise im Bereich der Heilmittel, so dass bereits aus diesem Grund eine Übertragung dieser Rechtsgedanken nicht ohne weiteres möglich ist. Ferner ging es in diesen Entscheidungen darum, dass sich die Durchschnittsprüfung als mehr oder weniger ungeeignet erwies, weshalb sich die Frage stellte, ob es den Prüfgremien erlaubt war, andere Prüfmethoden anzuwenden. In den streitgegenständlichen Verfahren ist dagegen zu klären, ob statt der vorgesehenen repräsentativen Einzelfallprüfung eine Durchschnittsprüfung durchgeführt werden kann.

Hinzu kommt, dass den Verbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen die Möglichkeit im Vereinbarungswege durch § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V eröffnet wurde, die Durchschnittsprüfung als Prüfmethode in der Prüfvereinbarung zu verankern, der Gesetzgeber aber selber mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes zum 01.01.2004 in § 106 SGB V keine Durchschnittsprüfung mehr vorsah. Wie sich aus der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 106 SGB V (BT-Drucksache 15/1525) ergibt, sah der Gesetzgeber diese Prüfungsart als "qualitativ minderwertiges Prüfungsverfahren" und "nachrangig" an, da dieses ausschließlich auf statistischen Auffälligkeiten basiere und verdeckte Unwirtschaftlichkeiten nicht erkennbar würden. Die Abschaffung der Pflicht zur Durchführung der Durchschnittsprüfungen solle zudem "der Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen einen Impuls geben, den gesetzlich vorgegebenen Übergang zu anderen Prüfungsformen, insbesondere zu den qualitätsorientierten Wirtschaftlichkeitsprüfungen ohne weitere Verzögerungen durchzuführen". Eine selbstverständliche Überantwortung der "Entwicklung", Festlegung und Anwendung von Prüfmethoden auf die Prüfgremien ohne Rechtsgrundlage in der Prüfvereinbarung würde somit eindeutig auch gegen den gesetzgeberischen Willen verstoßen. Für diese Sichtweise sprechen schließlich auch die Ausführungen des Bundessozialgerichts in der Entscheidung vom 19.10.2011 (Az. B 6 KA 38/10 R), in der sich das BSG auch mit der Frage der Notwendigkeit einer Regelung in der Prüfvereinbarung auseinandersetzte. Aus der Formulierung "Einer entsprechenden Regelung in der Prüfvereinbarung bedurfte es nicht, da die Einzelleistungsprüfung einen Unterfall der - seinerzeit durch § 106 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V in der bis 31.12.1994 geltenden Fassung gesetzlich vorgegebenen und durch die Rechtsprechung des Senats konkretisierten - Auffälligkeitsprüfung darstellt." ist zu schließen, dass auch das Bundessozialgericht eine entsprechende Rechtsgrundlage für erforderlich hält; dies umso mehr, als eine Wirtschaftlichkeitsprüfung mit der möglichen Folge von Regressen/Kürzungen einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz darstellt, die nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann.

Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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